14.54

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Die Verhandlungen rund um das Dienstrecht für die öf­fentlich Bediensteten genießen (Unruhe im Saal) – anders als hier im Haus – in der Öf­fentlichkeit große Aufmerksamkeit. Im Fokus steht dabei meistens, wie hoch die Pro­zenterhöhung der Bezüge ausfällt, aber entscheidend ist viel mehr, wie sich das Rah­menrecht für den öffentlichen Dienst entwickelt: Gelten im öffentlichen Bereich die gleichen Regeln wie für die Arbeiter und Angestellten in der Wirtschaft oder gibt es Un­terschiede? Werden diese Unterschiede größer oder kleiner? Wenn es Unterschiede gibt: Sind diese sachlich gerechtfertigt oder nicht?

Daher richtet sich seit vielen Jahren die Forderung meiner Fraktion an die verantwortli­chen Regierungsmitglieder: Nehmen Sie Forderungen der Arbeitgeberseite mit in die Verhandlungen, wenn Sie sich mit der Gewerkschaft an den Tisch setzen! Das habe ich damals schon den roten Staatssekretärinnen Steßl und Duzdar mitgegeben, ich habe es dem blauen Beamtenminister Strache mitgegeben und Ihnen das als Wunsch in die Verhandlungen mitzugeben, Herr Minister Müller, habe ich mir auch erlaubt.

Ja, die öffentlich Bediensteten sollen natürlich – völlig außer Frage – wie andere Be­rufsgruppen auch eine Gehaltserhöhung bekommen, und es soll natürlich auch im Rahmenrecht Veränderungen geben. Wenn es beispielsweise in der Wirtschaft eine Wiedereingliederungsteilzeit nach einem langen Krankenstand gibt, sollen die öffentlich Bediensteten das auch haben – gleiches Recht für alle soll der Maßstab sein. Es gehören aber auch alte Zöpfe abgeschnitten, etwa eine bezahlte Mittagspause, die es im öffentlichen Dienst noch gibt, oder eine Besserstellung bei der Karfreitagsregelung. Gleiches Recht für alle darf eben keine Einbahnstraße sein, das gilt für das Gute wie für das Schlechte.

Wenn wir heute über eine Neuregelung dafür, wann einem öffentlich Bediensteten der Urlaub verfallen kann, abstimmen, dann müssen wir uns wieder dieselbe Frage stellen. Es gibt eine europarechtliche Entscheidung, die diese Neuerung im Urlaubsrecht erfor­derlich macht, man kann sich aber auch anschauen, was diesbezüglich für die Arbeiter und Angestellten nach dem Urlaubsgesetz gilt. Wenn die Bestimmung dort gut und richtig ist, dann könnte man sie ja ins Recht für die öffentlich Bediensteten überneh­men. Wenn die Bestimmung im Urlaubsgesetz europarechtlich nicht ausreicht, dann muss ich mich fragen: Warum sanieren wir sie jetzt nicht gleich mit dem Beamten­dienstrecht mit?

Da wird ein Unterschied gemacht, der sich sachlich nicht erklären lässt. Weil es um zwei Regeln geht, werden die Unterschiede zwischen zwei Welten einzementiert – oh­ne sachliche Gründe. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anglei­chung öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Angleichung des Dienstrechts für öffentlich Bedienstete in beide Richtungen vorzunehmen, sodass nicht nur Schlechterstellungen sondern auch Besserstellungen des öffentlichen Dienstes gegenüber dem privaten Ar­beitsrecht beseitigt werden.“

*****

Dieser Grundanforderung, auf mehr Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Berufs­gruppen hinzuwirken, entspricht die Gesetzesvorlage, die wir heute verhandeln, nicht, daher kann meine Fraktion das in dieser Form nicht mittragen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Angleichung des öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor

eingebracht im Zuge der Debatte in der 6. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 46/A der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofen­auer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das LandeslehrerDienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­vertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer Lehrverpflichtungsgesetz, das Mutter­schutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­theaterpensionsgesetz und das Bundesbahn Pensionsgesetz geändert werden – TOP 3

Das Dienstrecht für Bedienstete im öffentlichen Dienst unterscheidet sich in vielen Punkten signifikant vom Arbeitsrecht, das im privaten Sektor angewandt wird. In vielen Punkten sind die Regelungen für Bundesbedienstete flexibler oder besser als jene im privaten Arbeitsrecht. Bestes Beispiel dafür ist die bezahlte Mittagspause. Denn wäh­rend es für Erwerbstätige in der Privatwirtschaft gesetzlich vorgeschrieben ist, ihre Ar­beitszeit nach sechs Stunden für mindestens 30 Minuten zu unterbrechen, wodurch sich ein Arbeitstag in der Regel um eine halbe Stunde verlängert, gilt dasselbe nicht für Bedienstete des Bundes. Diese bekommen die vorgeschriebene Mittagspause nämlich bezahlt, weil sie als Dienstzeit angerechnet wird. Diese Praxis wurde auch vom Ver­waltungsgerichtshof bestätigt und stellt eine ungemeine Ungleichbehandlung gegen­über Angestellten oder Arbeiter_innen im privaten Sektor dar.

Im Rahmen vieler Dienstrechtsnovellen gibt es jährlich Modernisierungen des Dienst­rechts für Bundesbedienstete. Kürzlich wurde erst die Möglichkeit der Wiedereinglie­derungsteilzeit für öffentliche Bedienstete eingeführt. Öffentliche Bedienstete hatten Anspruch auf einen Papamonat, lange bevor dieser im privaten Sektor eingeführt wurde. Neben guten Gehaltsabschlüssen sind im öffentlichen Dienstrecht auch Vorrü­ckungen automatisch vorgesehen. Vielfach werden im Rahmen diverser Dienstrechts­novellen günstigere Regelungen für die Beamt_innen und Vertragsbediensteten des Bundes beschlossen.

Nun spricht grundsätzlich nichts dagegen, die bestmöglichen Arbeitsbedingungen für Erwerbstätige zu schaffen - allerdings müssten beide Rechtsmaterien und -systeme - das private Arbeitsrecht auf der einen Seite, das öffentliche Dienstrecht auf der ande­ren - möglichst aufeinander abgestimmt werden. Besonders aus dem Blickpunkt des Grundsatzes "gleiches Recht für alle" ist es schlicht unfair, privilegierten Bundesbe­diensteten die Mittagspause auf Kosten der Steuerzahler_innen zu bezahlen, während eine solche Regelung für die Privatwirtschaft rein finanziell untragbar ist und nicht um­gesetzt werden kann. Die Begünstigung einer Gruppe zu Lasten einer anderen kann auf Dauer nicht funktionieren und verfestigt gesellschaftliche Spannungen, die dadurch hervorgerufen werden. Ziel jeder Bundesregierung sollte aber die Gleichbehandlung aller Bürger_innen sein. Rechte und Pflichten müssen also so gestaltet sein, dass sie für alle gelten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Angleichung des Dienstrechts für öffentlich Bedienstete in beide Richtungen vorzunehmen, sodass nicht nur Schlechterstellungen sondern auch Besserstellungen des öffentlichen Dienstes gegenüber dem privaten Ar­beitsrecht beseitigt werden."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Kollege Mag. Friedrich Ofenauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.