13.14

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! In Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren, beträgt der Anteil öffentlich Bediensteter an der Erwerbsbevölkerung 15,9 Prozent. Im internationalen Vergleich unter den westlichen Industrieländern liegen wir damit im hinteren Mittelfeld. Zum Vergleich: In den skandinavischen Ländern liegt der Anteil bei 30 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ich erwähne dies, um zu unterstreichen, wie professionell unsere Verwaltung und unsere Gerichte gerade in so schwierigen Zeiten, gerade in der Krise trotz jahrzehntelangem Mangel an personellen und finan­ziellen Ressourcen arbeiten. – Danke dafür!

Allerdings rächt sich dieser Kahlschlag gerade in der Krise. Denken wir an die Bedin­gungen, unter denen das medizinische Personal, LehrerInnen, PolizistInnen derzeit arbeiten müssen! Überall fehlt es an finanziellen und personellen Ressourcen, um den gesetzlichen Auftrag gut erfüllen zu können. Einen Teil der öffentlichen Leistungen erbringen auch Gerichtsdolmetscherinnen und Gerichtsdolmetscher. Auch sie leisten vor Gericht oder vor Verwaltungsbehörden einen wichtigen Beitrag, damit Menschen zu ihrem Recht kommen. Korrekte und kompetente Übersetzungen können nicht nur über Schuld und Unschuld entscheiden, vielmehr ist eine kompetente und richtige Überset­zung in vielen Verfahren unabdingbar, um gerechte Entscheidungen treffen zu können.

Der Gerichtsdolmetscherverband fordert mit Nachdruck die Erhöhung der Tarife für Übersetzungsarbeiten. Warum dies? – Seit 13 Jahren, also seit 2007, wurden die Tarife nicht erhöht, gab es nicht einmal eine Inflationsanpassung, also im Grunde genommen ist das ein Minusgeschäft für diese Berufsgruppe. Wenig überraschend ist die Zahl der gerichtlich zertifizierten Dolmetscherinnen und Dolmetscher in den letzten 14 Jahren um die Hälfte auf rund 730 gesunken. Das Durchschnittsalter steigt und liegt derzeit bei rund 60 Jahren.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat dramatische Auswirkungen auf den Rechtsstaat: Gerichte, Polizei, Asylbehörden müssen improvisieren und oft auf nicht zertifizierte DolmetscherInnen zurückgreifen, und darunter leidet mitunter die Qualität. Während im Budget 2021 zumindest ein erster Schritt für die Sachverständigen gesetzt wurde, die Gebühren für die psychiatrischen Sachverständigen erhöht wurden, werden die DolmetscherInnen einmal mehr auf die Zukunft vertröstet. Eine Tarifanpassung ist aber längst überfällig, daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die längst überfällige höhere Entlohnung für Gerichts-DolmetscherInnen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht,

- sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass im Sinne des Rechtsstaates, aber auch der Gerechtigkeit gegenüber den GerichtsdolmetscherInnen es zu einer deutlichen Erhöhung des Stundenlohnes für GerichtsdolmetscherInnen kommt, welche zumindest die Inflationsentwicklung seit 2007 abdeckt und

- dem Nationalrat in diesem Sinn eine Novellierung des Gebührenanspruchsgesetzes zuzuleiten.“

*****

In diesem Sinne danke ich. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

betreffend die längst überfällige höhere Entlohnung für Gerichts-DolmetscherInnen

eingebracht in der 62. Sitzung des Nationalrates am 17. November 2020 zu TOP 1

Das Recht auf Beiziehung einer/s Dolmetschers/in hat eine starke grundrechtliche Dimension: so wird etwa in „Art. 6 – Recht auf ein faires Verfahren“ der Europäischen Menschenrechtskonvention unter litera e festgelegt, dass jeder Angeklagte das Recht hat „die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn der Angeklagte die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder sich nicht darin ausdrücken kann.“

Im Strafverfahren kann die korrekte Übersetzung eines Wortes über Schuld oder Un­schuld entscheiden, aber auch im zivilgerichtlichen Verfahren spielen kompetente fachliche Übersetzungsleistungen eine wichtige Rolle. Hinter falschen Übersetzungen muss keine böse Absicht stecken, sondern sie können auch einfach in der mangelhaften Ausbildung begründet sein. Dolmetschen ist eine schwierige Technik, die mühsam erlernt werden muss und eine hohe fachliche Qualifikation auf diesem Gebiet ist für den Rechtsstaat unbedingt erforderlich. Die DolmetscherInnen leisten einen ganz wichtigen Beitrag dafür, dass die BürgerInnen zu ihrem Recht kommen.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders dramatisch, dass die finanzielle Situation der DolmetscherInnen seit vielen Jahren prekär ist. Die Tarife nach dem Gebühren­anspruchsgesetz wurden für DolmetscherInnen seit 2007 nicht mehr erhöht, zugleich ist die Zahl der gerichtlich zertifizierten DolmetscherInnen seit 2006 um fast die Hälfte auf rund 730 gesunken. Das Durchschnittsalter der DolmetscherInnen liegt bei rund 60 Jahren.

Die DolmetscherInnen werden nach dem Gebührenanspruchsgesetz bezahlt, welches aus dem Jahr 1975 stammt und zuletzt 2007 angepasst wurde. Für die erste halbe Stunde gibt es 24,50€, für jede weitere 12,40€.

Es ist auf Dauer ein unerträglicher Zustand, dass die DolmetscherInnen zwar hoch­qualifizierte Arbeit leisten, die für den Rechtsstaat unerlässlich ist, aber gleichzeitig sehr schlecht bezahlt werden und dass seit 13 Jahren nicht einmal mehr die Inflation abge­golten wird.

Während mit dem Budget 2021 immerhin ein erster Schritt für die Sachverständigen gesetzt wurde und die Gebühren für die psychiatrischen Sachverständigen erhöht wurden, werden die DolmetscherInnen einmal mehr auf die Zukunft vertröstet.

Kein Wunder, dass damit die DolmetscherInnen auch vor einem Überalterungsproblem und einem Nachwuchsproblem stehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht,

-           sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass im Sinne des Rechtsstaates, aber auch der Gerechtigkeit gegenüber den GerichtsdolmetscherInnen es zu einer deutlichen Erhöhung des Stundenlohnes für GerichtsdolmetscherInnen kommt, welche zumindest die Inflationsentwicklung seit 2007 abdeckt und

-           dem Nationalrat in diesem Sinn eine Novellierung des Gebührenanspruchs­gesetzes zuzuleiten.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.