17.03
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Kinderarbeit ist ja in Österreich Gott sei Dank schon länger abgeschafft. Es stellt sich nämlich die Frage: Wann hätte denn eine Frau, die bis vor Kurzem mit 60 Jahren in Pension geschickt wurde, zu arbeiten beginnen sollen, um in den Genuss einer abschlagsfreien Frühpension zu kommen? Mit zehn Jahren? Mit zwölf Jahren?
Wenn eine Frau vielleicht gleich nach der Volksschule zu arbeiten begonnen hätte, dann könnte sich das knapp ausgehen, aber auch nur dann, wenn sie nicht zu viel Zeit mit Kinderbetreuung verbracht hätte. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)
Sie finden, dass das ein absurdes Gedankenspiel ist? – Ich finde, das zeigt vielmehr, wie absurd diese Debatte um die Frühpensionsgeschenke ist. Die Frühpension hilft nicht den von Altersarmut bedrohten Menschen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm), sie trägt nichts dazu bei, Wohlstand zu sichern, sie löst keines der Probleme unseres Pensionssystems. Diese Frühpension ist ein Geschenk an jene, die das Glück einer ununterbrochenen und geradlinigen Berufslaufbahn hatten (Zwischenruf der Abg. Herr), und sie ist ein Geschenk an Männer. (Abg. Drozda: Ein „Geschenk“, ja!)
Frauen kommen nämlich, wie wir heute schon mehrmals gehört haben – aber man kann es nicht oft genug betonen –, nicht in den Genuss dieser Regelung. Frauen werden früher in Pension geschickt, ob sie wollen oder nicht. Derzeit ist ja das Frauenpensionsantrittsalter um fünf Jahre niedriger als das von Männern, nur ein Jahr länger zu arbeiten würde aber die Pension von Frauen um bis zu 9 Prozent erhöhen – das ist ja nicht nichts. Frauen wird also die Möglichkeit genommen, mit einem besseren Gehalt am Ende ihrer Berufslaufbahn noch einmal ihre Pension aufzubessern.
Was passiert stattdessen? – Frauen werden in die Altersarmut geschickt, während auf der anderen Seite milliardenteure Geschenke verteilt werden. Dazu gibt es harte Zahlen – die haben wir heute auch schon mehrmals gehört, man kann sie aber nicht oft genug betonen –: Im ersten Halbjahr 2020 haben 8 033 Menschen die abschlagsfreie Frühpension in Anspruch genommen, davon eine Frau. Das wundert ja auch nicht, denn wir leben ja in a man’s world. Es sind ja zwei Gewerkschafter, die die abschlagsfreie Männerfrühpension erfunden haben: Beppo Muchitsch und Rainer Wimmer, zwei Männer, die einen Verein leiten, dessen Mitglieder zu zwei Dritteln aus Männern bestehen, die in den acht ÖGB-Einheiten acht Obleute haben, von denen sieben wiederum Männer sind. Also wie SPÖ-Frauen diesem Wahnsinnspaket zustimmen konnten, ist mir völlig schleierhaft.
Der Genderpensiongap war ja bis jetzt schon dramatisch, das haben wir heute auch schon gehört. Durch dieses Missverhältnis ist er mittlerweile von 51 Prozent im letzten Jahr auf unfassbare 67 Prozent heuer angestiegen – exponentielles Wachstum also auch hier.
Eine weitere Zahl, die man auch nicht oft genug nennen kann: Die durchschnittliche Höhe dieser 8 033 Frühpensionen liegt bei 2 900 Euro brutto 14 Mal im Jahr.
Ich begrüße es also, wenn diese Fehlentscheidung heute korrigiert wird, aber wir kommen vom Regen in die Traufe: Jetzt kommt der Frühstarterbonus. Wir wissen noch nicht viel davon, wir kennen nur die Marketingfloskeln, und eine dieser Floskeln ist, dass dieser Frühstarterbonus feministisch wäre. Ganz ehrlich: Nur weil man vegan, garantiert glutenfrei, saisonal, regional, bio und dem Tierwohl verpflichtet auf eine Packung schreibt, ist deren Inhalt das alles noch nicht. Nur weil man feministisch über ein Projekt schreibt, ist es noch nicht feministisch. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)
Dieser Frühstarterbonus – nach dem, was wir jetzt davon wissen – basiert anscheinend wieder einmal nur auf dem teuren Gießkannenprinzip, ohne jede soziale Treffsicherheit. Da haben sich die Grünen wieder einmal über den Tisch ziehen lassen, und ich kann wirklich nur jedem Anbieter von Kaffeefahrten raten, den Grünen Klub auf eine Busfahrt einzuladen. Ihr kauft euch nicht nur eine Heizdecke, sondern gleich zwei, weil ihr glaubt, das trägt doppelt zu sozialer Wärme bei. (Beifall bei den NEOS.)
17.08
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.