20.00
Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich danke für diese engagierte Debatte in Sachen Kunst und Kultur und auch für dieses Bekenntnis, dass hier von allen Rednerinnen und Rednern klargestellt wird, dass Kunst und Kultur in Österreich öffentlich finanziert werden und dass man sich dafür nicht rechtfertigen muss. Ich danke auch allen Fraktionen für die Anerkennung, für diese 30 Millionen Euro zusätzlich, die im regulären Kunst- und Kulturbudget für 2021 vorgesehen sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir alle wissen, dass Kunst und Kultur in dieser alles dominierenden Krisensituation namens Pandemie zwei der am schlimmsten betroffenen Bereiche unserer Gesellschaft sind. Es liegt auf der Hand – und das können Sie mir wirklich glauben –, dass mir das jeden Tag, jede Stunde, jede Minute von Neuem vor Augen geführt wird und ich diese Herausforderung auch in jedem Augenblick annehme, weil es ein Privileg ist, in Österreich für die Kunst tätig zu sein. Gerade deshalb will ich hier heute, wenn es um das Budget 2021 geht, den Versuch wagen, dieses Budget zunächst ohne Corona zu betrachten – und das hat ja auch Sinn, denn die 30 Millionen Euro plus, die wir 2021 veranschlagt haben, sind unabhängig von den Ausgaben, die zur Pandemiebewältigung im Kulturbereich notwendig sind. Sie sind ein echtes Plus zum regulären Budget der Kunst und Kultur, ein Zuwachs, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht gegeben hat, und genau deshalb ist das ja auch so erfreulich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Die geplante Verwendung dieser 30 Millionen Euro gliedert sich in drei Teile. Erstens werden wir große Bauprojekte in die Wege leiten, die weit über den Kulturbereich hinaus wirken werden. Zweitens werden wir einige der großen kulturpolitischen Baustellen angehen, die teilweise gleichfalls seit Jahren Lösungen brauchen. Und drittens – das ist mir persönlich sehr, sehr wichtig – werden wir in der Förderung der zeitgenössischen Kunst starke Akzente setzen, und zwar über alle Kunstsparten hinweg.
Im ersten dieser drei Bereiche gehen wir notwendige Sanierungen bei zwei der großen Aushängeschilder der österreichischen Kulturlandschaft an: Bregenzer Festspiele und Salzburger Festspiele. Diese Großbauprojekte zur Sanierung und Renovierung haben nichts mit einer Bevorzugung von Hochkultur zu tun, wie das ja auch manchmal im Raum steht, sondern sie sind notwendige Investitionen in wichtige Eckpfeiler der Kultur in Österreich. Dafür ist Österreich in der ganzen Welt bekannt.
Diese Festspiele, das darf man nicht vergessen, wirken ja weit über ihr eigenes Programm, ihren eigenen künstlerischen Output hinaus, und deshalb ist es wichtig, die Basis ihrer Arbeit – die Gebäude, die Technik, die Werkstätten, im Fall von Bregenz eben das Herzstück, die Seebühne – für die Zukunft auch räumlich und technisch fit zu machen. Wenn ich an Salzburg denke – Sie kennen sicher die Aufnahmen vom Regenguss, der während einer Vorstellung durch die Decke kommt –, dann kann ich nur sagen, es ist höchst an der Zeit, dass wir das angehen, und ich freue mich sehr, dass wir hier vonseiten der Bundesregierung ein so deutliches Commitment aussprechen konnten, das ja weit über das Budget 2021 und sogar über die aktuelle Legislaturperiode hinausgehen wird.
Der zweite große Bereich dieser Budgeterhöhung betrifft wie erwähnt weitere kulturpolitische Langzeitbaustellen, die wir damit endlich abschließen können. Wir werden die Förderungen für die drei großen Wiener Privattheater Josefstadt, Volkstheater und Theater der Jugend anheben und ihnen somit Planungssicherheit geben. Wir können Gelder für die seit Jahren diskutierte Frage bereitstellen, wie das österreichische Filmerbe langfristig abgesichert werden kann. Und wir können zum Beispiel auch in den bundeseigenen Ateliers im Wiener Prater – Orte, an denen täglich Kunst entsteht – wichtige Sanierungsarbeiten durchführen.
Damit kommen wir zum dritten Bereich, der aus meiner Sicht ganz, ganz zentral und eine Kernaufgabe meines Ressorts ist: die Kunstförderung. In früheren Jahren – ich kenne die Kunst- und Kulturbudgets ja schon viel länger, als mir eigentlich lieb ist, nämlich Jahrzehnte – war es oft so, dass, wenn es überhaupt Erhöhungen der Gelder für Kunst und Kultur gab, diese in Großprojekte geflossen sind und für die eigentliche Kunstförderung sehr wenig geblieben ist. Mir war es ein Anliegen, das diesmal anders zu gestalten, und deshalb werden wir im kommenden Jahr wesentlich mehr Geld in die Kunstförderung fließen lassen als in den Jahren davor.
Wir fangen dort an, wo das Geld auf direktestem Weg bei den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern ankommt: bei den Stipendien. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir werden insgesamt 1 Million Euro mehr ausgeben, und zwar sowohl bei der Höhe eines einzelnen Stipendiums, als auch indem wir die Anzahl der zu vergebenden Stipendien erhöhen.
Wir werden neue Förderschienen ins Leben rufen, die es uns ermöglichen, Projekte zu fördern, die bisher nicht förderbar waren, weil sie nicht in den althergebrachten Förderkanon der Kunst- und Kultursektion hineingepasst haben. Wahrscheinlich werden dort auch Projekte gefördert werden, die sich mit künstlerischen Mitteln innovativ mit der aktuellen Situation auseinandersetzen.
Das zentrale Instrument der Filmförderung in Österreich, das Österreichische Filminstitut, an dem eine Vielzahl an künstlerisch Tätigen dranhängt, bekommt ebenfalls eine Aufstockung der Mittel um 2 Millionen Euro – so viel wie seit mehr als zehn Jahren nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Auch die Mittel des Musikfonds, der gerade in den letzten Jahren so vielen österreichischen Bands zum Durchbruch und auch zum anhaltenden internationalen Erfolg verholfen hat, werden mit 1,2 Millionen Euro mehr als verdoppelt.
Ich könnte jetzt noch viele weitere Beispiele und Vorhaben aufzählen – von Fair Pay über Digitalisierungsakzente bis hin zum großen Thema der Internationalisierung –, ich möchte mich aber auf ein Beispiel beschränken, weil es mir ein Herzensanliegen ist und weil es ein großartiges Projekt für die österreichische Kultur ist, und das ist der Auftritt Österreichs als Gastland bei der Leipziger Buchmesse 2022. Gerade in dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, dass wir jetzt schon konkrete Projekte für die Zukunft vorhaben und nicht nur planen, sondern diese auch realisieren. Ich halte das wirklich für ein Projekt, dessen Wert für die österreichische Literatur man gar nicht hoch genug einschätzen kann, und diese Einschätzung teile ich auch mit dem Hauptverband des Buchhandels und der ganzen Buchbranche. Das wird auch eine Gelegenheit sein, dass sich Österreich in Deutschland, also auch im internationalen Umfeld, als ein Land von zeitgenössischer Kunst präsentieren kann. Ich freue mich auf die Vorbereitungsarbeiten, die wir jetzt angehen, und dann natürlich auf den Besuch in Leipzig selbst im Jahr 2022. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Damit komme ich in gewisser Weise zurück zum Ausgangspunkt meines Redebeitrags, in dem ich ja noch nicht viel über Corona gesprochen habe. Gerade jetzt, da vieles frustrierend ist und sich alles nur um dieses Thema dreht, brauchen wir solche Projekte, auf die wir uns freuen können, die uns Hoffnung und Inspiration geben. Ich bin sehr froh darüber, dass wir genügend finanzielle Mittel aufstellen konnten, um auch über Corona hinaus zu gestalten; das heißt im Übrigen nicht, dass wir Kunst und Kultur tatsächlich ohne Corona denken können – im Gegenteil! Genau deshalb hat die Bundesregierung eine Vielzahl an Maßnahmen getroffen, die die Auswirkungen dieser gravierenden Krise für die Kulturbranche abmildern. Der Umsatzersatz von 80 Prozent für den aktuellen Lockdown kommt allen Kulturbetrieben zugute. Es hat zwei Tage lang organisatorische Stolpersteine gegeben, die sofort behoben wurden. Diese politische Zusage und Vereinbarung steht ganz fix, dass alle Kulturbetriebe, egal, welcher Größe und welcher Rechtsform, diesen Umsatzersatz von 80 Prozent lukrieren können. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Es war mir natürlich auch bewusst, dass die freischaffenden Künstler ebenso eine Kompensation für diesen zweiten Lockdown brauchen, deshalb gibt es für sie eine Kompensation bei der SVS von 1 300 Euro netto zusätzlich im Monat im Rahmen unserer Überbrückungsfinanzierung. Das heißt, ein freischaffender Künstler, der bei der SVS selbstständig versichert ist, bekommt im November 2 300 Euro netto. Und jemand, der im Rahmen des Härtefallfonds angesucht hat, kann dort höchstens 2 500 Euro und zusätzlich diese Lockdownkompensation von der SVS bekommen, er bekommt also maximal 3 800 Euro netto. Diese Unterstützung gibt es international in keinem Land. Viele Künstlerinnen und Künstler bestätigen mir auch, dass sie sehr froh sind, hier in Österreich leben zu können. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, viel war in Ihren Redebeiträgen von den Bundeseinrichtungen, die ja wirklich große, zentrale Flaggschiffe unserer Kultur sind und für die wir auch weltberühmt sind, die Rede. Sie müssen sich keine Sorgen um die Bundeseinrichtungen machen. Die Bundesmuseen und die Bundestheater haben im Jahr 2020 zusätzlich zur Bewältigung der Coronakrise bereits 34 Millionen Euro bekommen – zusätzlich 34 Millionen Euro! Damit kommen die Bundeseinrichtungen, sowohl die Museen als auch die Theater, sehr gut über die Runden.
Insgesamt belaufen sich die zusätzlichen Mittel, die die Bundesregierung in dieser Krise für Kunst und Kultur in die Hand genommen hat, bereits auf über 220 Millionen Euro. Damit ist ein Rettungsschirm gespannt, der sich international sehen lassen kann. Ich möchte dafür nicht abgefeiert werden, aber es ist schon zu sehen, dass die Bundesregierung hier das Notwendige veranlasst und getan hat. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Ein Teil dieser Coronamittel wird ins nächste Jahr mitgenommen werden und steht über die verschiedenen Fonds weiterhin zu Verfügung, und dort – das kann ich Ihnen versichern, sehr geehrte Damen und Herren –, wo es notwendig ist, werden wir auch 2021 die nötigen Zusatzmittel in die Hand nehmen, um der Kunst- und Kulturlandschaft das Überleben zu sichern und ihr auch einen starken, kreativen Neustart zu ermöglichen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Brandstötter.)
20.15
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte, Frau Abgeordnete.