9.49
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Reden wir über Gerechtigkeit bei der Pension! Ich habe da (eine Tafel mit einem Säulendiagramm, das den staatlich finanzierten Anteil an den Pensionen unterschiedlicher Erwerbsgruppen zeigt, auf das Rednerpult stellend) etwas vorbereitet: Wie schaut denn die Gerechtigkeit bei der Pension aus?
Arbeiter und Angestellte bekommen 11 Prozent ihrer Pension aus Steuermitteln ersetzt, Beamte bekommen 47 Prozent ihrer Pension aus Steuermitteln ersetzt, Selbstständige bekommen 54 Prozent ihrer Pension aus Steuermitteln ersetzt, und Bauern bekommen 95 Prozent ihrer Pension aus Steuermitteln ersetzt. (Abg. Zarits: Immer das Gleiche!) Jetzt habe ich nichts gegen Bauernpensionen; die SPÖ hat sie eingeführt.
Man muss aber sehr genau hinschauen: Was machen jetzt Herr Bundesminister Anschober und die Partie? – Die Partie sagt: Obwohl das die Realität ist (auf das Säulendiagramm weisend), nehmen wir denen, bei denen die wenigsten Steuermittel drinnen sind, noch etwas weg. Das ist die Politik. Wer den Rechnungsabschluss 2019 – den haben wir gestern beschlossen – sehr genau ansieht, wird merken, dass wir für Arbeiter und Angestellte im Budget mehr Geld vorgesehen hatten. Wir haben im Rechnungsabschluss 900 Millionen Euro weniger bei den Pensionen für Arbeiter und Angestellte gebraucht, als eigentlich im Budget vorgesehen worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie Arbeiter und Angestellte sind, Sie haben das bezahlt und haben das zurückgegeben, wir haben es gar nicht gebraucht. Was machen Anschober und Co? – Sie nehmen uns jetzt dort eine Pensionsleistung weg. Lieber Rudi! Ganz einfach, wenn du den Arbeitern, die lange eingezahlt haben - - Wir haben nämlich ein Leistungsprinzip: Wer lange einzahlt, hohe Beiträge zahlt, der kriegt auch eine höhere Pension. Übrigens, wenn du das den Männern wegnimmst, nimmst du es auch den verheirateten Frauen weg, denn die können dann auch nicht auf Urlaub fahren. Ich sage es nur dazu: Eure Gerechtigkeitsform hätte ich gerne gesehen. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Abg. Wurm.)
Ich sage das jetzt in einfacher Sprache, ganz einfach (eine Tafel mit der Aufschrift „Wer ÖVP wählt, wird arm!“ auf das Rednerpult stellend – Beifall des Abg. Amesbauer): Wer ÖVP wählt, wird arm! – Das merkt man jetzt. (Abg. Wurm: Nicht alle! Nicht alle!) – Nicht alle, ein paar Reiche nicht, aber wer als Arbeiter ÖVP wählt, wird arm. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das erkennt man an den Pensionen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Und noch einmal, auch in einfacher Sprache (eine Tafel mit der Aufschrift „Wer im Alter gut leben will, muss SPÖ wählen!“ auf das Rednerpult stellend): Wer eine Pension haben will – und das kann man in der Geschichte beweisen –, muss SPÖ wählen. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren muss bleiben!“
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die abschlagsfreie Pension bei 540 Beitragsmonaten beizubehalten und keine Maßnahmen zu setzen, um diese Pensionsart wieder abzuschaffen.“
(Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Stöger, nimm dein Schild mit!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Kollege Stöger, du hättest den ganzen Text vorlesen sollen. Ich darf dich noch einmal an das Rednerpult bitten. (Abg. Hörl: Kannst gleich dein Taferl mitnehmen!) Du hast nur den ersten Satz vorgelesen. Bitte den gesamten Text lesen!
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (fortsetzend): Ich lese weiter:
„Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, die bestehende abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren dahingehend zu adaptieren, dass
- alle Berufsgruppen diese Pensionsmöglichkeit erhalten,
- eine Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen mit 1.1.2021, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitragsmonaten aufweisen, durchgeführt wird, damit diese Leistungen ab dem 1.1.2021 ohne Abschläge ausbezahlt werden und
- Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbstätigkeit für den Pensionsanspruch der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren anerkannt werden.“
*****
Herzlichen Dank.
9.54
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rainer Wimmer, Gabriele Heinisch-Hosek, Josef Muchitsch,
Genossinnen und Genossen
betreffend die abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren muss bleiben!
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über das Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021 – UG 22 Pensionsversicherung
Mit Beschlussfassung vom 19. September 2019 wurden Pensionsleistungen mit 540 Beitragsmonaten aus Erwerbstätigkeit mit Pensionsantritt ab 1.1.2020 abschlagsfrei gestellt. Seit diesem Beschluss ist vor allem die ÖVP bemüht, diese Regelung als ungerecht und unsozial darzustellen und deren Abschaffung voranzutreiben. Zuletzt hat Bundeskanzler Kurz angekündigt, dass die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren abgeschafft wird und damit hohe Abschläge für Langzeitversicherte wieder eingeführt werden.
Diese Abschläge sind sozialpolitisch nicht gerechtfertigt. Jemand der tatsächlich 45 Arbeitsjahre lang seine Beiträge in das Pensionssystem abgeführt hat, soll bei Inanspruchnahme seiner Pension, keine Abschläge haben. Dabei handelt es sich um jene Leistungsträger, die doch der ÖVP immer so am Herzen liegen, für die sie aber, wenn es um die Honorierung der Leistung geht, nichts übrig hat.
Aber nicht nur der Bundeskanzler will die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren abschaffen, auch Vizekanzler Kogler hat das bereits gefordert. Ein vermeintliches Argument beider Regierungsmitglieder ist, dass sie ausschließlich Männern zugutekommt.
Die Abschaffung dieser Pensionsart ist aber der vollkommen falsche Weg. Dadurch würde sich das Leben der arbeitenden Frauen in Österreich in keiner Hinsicht verbessern. Im Gegenteil, man rechtfertigt ein Unrecht mit einem anderem Unrecht.
Um die Pensionen der Frauen anzuheben, braucht es eine Reihe von Maßnahmen, vor allem aber den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, damit Frauen nicht aufgrund von Betreuungspflichten zur Teilzeitarbeit gezwungen werden. Teilzeitbeschäftigung reduziert das Einkommen, senkt damit die Pensionshöhe und erhöht die Gefahr der Altersarmut. Auch die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist dringend notwendig.
Es wird versucht, mit fadenscheinigen Argumenten Frauen gegen Männer auszuspielen, um die Abschaffung der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren zu rechtfertigen. Manchmal braucht es aber neben wissenschaftlicher Expertise auch politische Entscheidungskraft um den Menschen das zukommen zu lassen, was ihnen gebührt.
Rund 7.000 ASVG-, GSVG- und BSVG-Versicherte profitieren jährlich von dieser Pensionsregelung, deren Abschaffung für ASVG-Pensionisten pro Jahr Einbußen von bis zu rund 5.000 Euro und damit eine wesentliche Kürzung ihrer Pensionen bedeuten würde. In der größten Arbeitsmarktkrise, in der die Arbeitslosigkeit bei den Über-50-Jährigen weiterhin extrem steigt, die Langzeitarbeitslosigkeit gerade bei älteren Arbeitslosen ebenfalls stark ansteigt und die Unternehmen oftmals ältere Beschäftigte in die Pension drängen, ist es kontraproduktiv und der völlig falsche Weg, diese Pensionsart abzuschaffen und damit hohe Abschläge für Versicherte, die 45 Arbeitsjahre ins Pensionssystem eingezahlt haben, wieder einzuführen.
Auch das Finanzierungsargument geht ins Leere, denn es muss mehr als genug Geld vorhanden sein, wenn für Steuergeschenke an Konzerne, Superreiche und Großbauern rund 2 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung stehen. Alleine die gerade erst abgeschaffte Schaumweinsteuer würde jährlich jenen Betrag bringen, der für die abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren aufgewendet werden muss. Es kann dann wohl auch kein Problem sein, wenn rund 30 Millionen Euro pro Jahr für Pensionen von lang arbeitenden Menschen ausgegeben werden.
Jetzt bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu sparen, von denen viele aktuell ohnehin mit finanziellen Schwierigkeiten und ungewissen Zukunftsaussichten konfrontiert sind, ist absolut abzulehnen.
Es muss im Gegenteil dazu eine Ausdehnung der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren auf alle Berufsgruppen erfolgen. Auch sollte die Anrechnung von Präsenz- und Zivildienst-Ersatzzeiten als Beitragszeiten erfolgen, denn wer dieser Verpflichtung nachgekommen ist, darf nicht gegenüber jenen, die diesen Dienst nicht abgeleistet haben, benachteiligt werden. Auch die Neuberechnung der Pensionsleistung jener benachteiligten Jahrgänge, die zwischen der Abschaffung der alten „Hacklerregelung“ und dem Inkrafttreten der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren trotz 540 Beitragsmonaten mit hohen Abschlägen in Pension gegangen sind, ist eine Frage der Gerechtigkeit.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die abschlagsfreie Pension bei 540 Beitragsmonaten beizubehalten und keine Maßnahmen zu setzen, um diese Pensionsart wieder abzuschaffen.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, die bestehende abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren dahingehend zu adaptieren, dass
• alle Berufsgruppen diese Pensionsmöglichkeit erhalten,
• eine Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen mit 1.1.2021, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitragsmonaten aufweisen, durchgeführt wird, damit diese Leistungen ab dem 1.1.2021 ohne Abschläge ausbezahlt werden und
• Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbstätigkeit für den Pensionsanspruch der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren anerkannt werden.“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt ist der Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.