10.10

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Inklusion findet sich im aktuellen Regierungsprogramm nur sehr oberflächlich. Papier ist geduldig, und so stehen dort klassische Schlagworte, die darauf warten, dass man ihnen Leben einhaucht.

Im Budget, UG 21, Soziales, konnte ich aber nun tatsächlich ein paar Zahlen finden, die mich vermuten lassen, dass die Regierung langsam aufwacht und erkennt, dass in diesem Bereich dringend etwas getan werden muss. So werden beispielsweise 40 Mil­lionen Euro zusätzlich für den Ausgleichstaxfonds aufgewendet. Dieses Geld stopft laut Österreichischem Behindertenrat leider nur die Löcher, die Corona in die Taschen gefressen hat, aber es wurde zumindest erkannt, dass es notwendig ist.

Für Pilotprojekte in den Bereichen Pflege, Demenz und Behinderung sind weitere 40 Millionen Euro angedacht – so weit, so gut. Wofür diese 40 Millionen Euro aber genau gedacht sind, war nicht so klar. Die persönliche Assistenz ist wohl eines dieser Projekte, so wie eine Demenzstrategie; aber wie viel genau dafür geplant ist, kann man wieder einmal nicht genau sagen.

Dass das Wirkungsziel 2, „Umfassende, barrierefreie Teilhabe von Menschen mit Behin­derungen in allen Bereichen des Lebens“, als zugeordnete Maßnahme die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Behinderung vorsieht, ist tatsächlich erwähnenswert, weil ich gar nicht oft genug sagen kann, wie notwendig es ist, da endlich zu handeln. 1,4 Mil­lionen Menschen haben ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstbe­stimmtes Leben, und die Politik hat dafür Sorge zu tragen, dass dies möglich ist. Die Empfehlung 11 von 27 Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans Behinderung sagt: „Ausreichende Finanzierung der Maßnahmen zur Umsetzung des NAP Behinde­rung 2022–2030“.

Ja, Inklusion ist kein Billigprodukt. Inklusion kostet viel Geld, aber dieses Geld inves­tieren wir in unsere Mitmenschen und in eine inklusive Zukunft, die uns allen zugute­kommt. Das heißt für Sie und das Budget 2022: Stocken Sie auf, und zwar ausreichend und zielgerichtet! (Beifall bei den NEOS.)

Nun aber zu einem anderen Schwerpunkt, UG 22: Pensionen. Gestern haben wir zwar lang und ausführlich über die abschlagsfreie Frühpension diskutiert, aber diese Antwor­ten auf meine Budgetfragen haben eine Erwähnung verdient. Meine Frage lautete, wie stark sich Auszahlungen in der UG 22 reduzieren, wenn ein Pensionsantritt einen Monat beziehungsweise ein Jahr später erfolgen würde. – Ein um einen Monat späterer Pensionsantritt würde im Jahr 2021 eine Einsparung von rund 172 Millionen Euro bedeuten, und ein um ein Jahr späterer Pensionsantritt würde die Auszahlung um rund 2,4 Milliarden Euro reduzieren. Das sind die Schulden, die unsere Kinder in Zukunft nicht zurückzahlen müssen, und dagegen können wir uns nicht wehren. Hätten wir unsere Großeltern fragen können, hätten auch sie sich gewünscht, dass es ihren Kindern und Enkerln gut geht. Und so komme ich von den Großeltern sofort zu den Alten- und Pflegeheimen.

Nirgendwo wurden in den letzten Jahren so viele Ankündigungen gemacht wie im Bereich der Pflege. Geschehen ist dabei aber rein gar nichts. Zahlreiche Presse­konfe­ren­zen unter Beate Hartinger-Klein, noch mehr Pressekonferenzen von Rudolf Anschober, und viele weitere werden folgen.

Konstant ist auch die hohe Schlagzahl beim Nachschussbedarf für die nimmersatten Landeshauptleute. Diese kommen nämlich dank komplizierter, ineffizienter und ineffek­tiver Pflegestrukturen nie mit dem Geld über die Runden. Darum werden heuer wieder zusätzliche 300 Millionen Euro für die Länder im Zuge der Abschaffung des Pflege­regresses nachgeworfen, aber ohne dass den Ländern dafür konkrete Ziele zur Ver­sorgung und Qualität vorgegeben werden.

Lieber Herr Gesundheitsminister, so kann das nicht weitergehen! Auf der einen Seite überschütten Sie die Bundesländer mit Geld, auf der anderen Seite kontrollieren Sie aber nicht, was die Bundesländer damit machen. Deshalb hat mich die Antwort auf meine Budgetfrage zu Covid-Verstorbenen in Alten- und Pflegeheimen auch so erschüttert. In Österreich sind derzeit 1 945 Menschen an Corona verstorben, davon laut Minister 607 in Pflegeheimen und Altenheimen, und davon wiederum 323 Menschen – also die Hälfte, mehr als die Hälfte – allein im letzten Monat. Offenbar wurden und werden da die Risikogruppen nicht ausreichend geschützt, und das zeigt wieder einmal mehr, dass auch da der Sommer grandios verschlafen wurde. (Beifall bei den NEOS.)

Wir leben jetzt acht Monate mit dieser Pandemie, und weder die Regierung noch die Landeshauptleute waren offensichtlich in der Lage, geeignete Schutzmaßnahmen für die Alten- und Pflegeheime zu treffen. Und eben diesen Landeshauptleuten, die die gesamte Krise verschlafen haben und zu inkompetent sind, für Pflegeheime Schutz­maßnahmen zu treffen, werfen Sie dreistellige Millionensummen nach – komplett ohne Zielvorgaben. Herr Minister, das ist fahrlässig! (Beifall bei den NEOS.)

Allein in Ihrem Heimatbundesland Oberösterreich sind 76 Pflegeheimbewohner an Corona verstorben, davon allein 62 im letzten Monat. Noch schlimmer ist es nur noch in Nie­derösterreich und im Burgenland: Im Burgenland sind sämtliche Pflegeheimbewohner, die an Corona verstorben sind, erst im letzten Monat verstorben. Das Tragische daran ist, dass sehr viele Ältere offensichtlich nicht mehr mit den gängigen Beatmungs­metho­den behandelt werden können, weil für sie die Beatmung oft noch kräfteraubender ist als die Coronaerkrankung an sich. Wenn sie beatmet werden können, brauchen sie durch­schnittlich eine längere Intensivbehandlung, um sich wieder halbwegs zu erholen, und dann kommt es natürlich zu Engpässen auf Intensivstationen.

Sehr geehrter Minister, es ist einfach nur unfassbar, wie Sie dabei zusehen, wie die Landeshauptleute beim Krisenmanagement komplett versagen. Binden Sie die Pflege­gelder an Leistung, Qualität und bessere Versorgung! Wir haben zu viel Coronatodes­fälle in Pflegeheimen und zu wenig Schutzmaßnahmen in den Ländern. Kommen Sie bitte ins Tun! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.