10.22

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle, die wir in der Politik arbeiten, sind ja immer wieder mit gewissen wahrscheinlich auch berechtigten Vorwürfen der Bevölkerung konfrontiert, dass Politiker oft viel reden, dass es dann bei der Umsetzung aber irgendwie hapert und den Worten oft nicht wirklich auch konkrete Taten folgen.

Jetzt haben wir alle hier im Parlament und auch die Menschen zu Hause die Möglichkeit, all das, was wir heute über die Pflege gehört haben, auch ganz konkret nachzuprüfen, weil wir heute ein Budget fürs Jahr 2021 beschließen. Mitten in der größten Gesund­heitskrise seit 100 Jahren wird natürlich niemand sagen: Im Bereich der Pflege müssen wir einsparen! Alle Parteien haben heute gesagt, wie wichtig es ist, dass wir jetzt in der Pflege ordentlich Gas geben und die Menschen nicht im Stich lassen dürfen.

Das Spannende ist jedoch: In dem Budget, das heute beschlossen werden soll und das wir jetzt auch diskutieren, findet sich gar nichts. Der Herr Bundesminister hat ein paar kleine Projekte bekommen, damit er sagen kann, dass er auch etwas macht. Während in anderen Bereichen Geld offenbar keine Rolle spielt und, wenn es um die Großspender von Herrn Kurz geht, immer wieder sozusagen die Millionen- und Milliardenbeträge da sind, passiert im Pflegebereich gar nichts.

Die Valorisierung des Pflegegeldes, dass jedes Jahr auch mehr Geld gezahlt wird und die Inflationsanpassung erfolgt, haben wir gegen den Willen der ÖVP durchgesetzt. Wir haben gesagt, dass es nicht sein kann, dass man jedes Jahr immer zur Politik gehen und Bitte, Bitte sagen muss, wie das die ÖVP gerne sieht. Wir haben gesagt, dass es da vielmehr einen Rechtsanspruch geben muss.

Für all die Maßnahmen in der Pflege, über die wir heute diskutieren, findet sich im Budget aber leider gar nichts. Es ist aus meiner Sicht gegenüber all den Menschen, die jetzt Tag für Tag an den Krankenbetten und im mobilen Pflegebereich arbeiten, gegenüber den Ärztinnen und Ärzten und all den Menschen in den Gesundheitsberufen, die jetzt Tag für Tag ihr Bestes geben, eigentlich schäbig, dass die Politik nicht deutlich mehr leistet, sondern dass man die Coronakrise jetzt als Ausrede nimmt und sagt: Das muss warten, im Pflegebereich können wir nichts machen.

Jeden Tag verlieren wir Menschen, die einfach sagen, dass sie nicht mehr können, weil sie ohnehin in einem schwierigen Bereich ihr Bestes geben, und die Politik sagt: Ihr müsst einfach noch warten!, aber nichts Konkretes geschieht.

Bei Rudi Anschober erkenne ich ein Muster: Er hat in der kurzen Zeit sehr, sehr viel von Sebastian Kurz gelernt. Für Rudi Anschober ist der allererste Schritt, um Maßnahmen zu setzen, nicht, sich zu überlegen, was geschehen soll, sondern es ist entweder ein Inserat oder eine Werbeschaltung. Wenn es nicht so tragisch wäre, müsste man sich darüber wundern: Letzte Woche hat Herr Minister Anschober eine Pressekonferenz gegeben – das ist nichts Besonderes, das macht er eh, glaube ich, acht Tage die Woche –, bei der er allerdings Videos vorgestellt hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Amesbauer und Loacker.)

Er hat Videos vorgestellt und gesagt: Wir müssen auch das Image der Pflege heben. – Das ist ja an sich nichts Unanständiges. Glauben Sie aber wirklich, dass irgendwelche Sonntagsreden und Imagevideos ohne konkrete Daten reichen werden? Wir müssen doch etwas tun, um die Arbeitsbedingungen konkret auch im Pflegebereich zu ver­bessern! Wie sollen denn die Menschen Vertrauen in die Politik haben, wenn wir Geld für Videos ausgeben, aber sagen, dass konkrete Maßnahmen, um die Arbeitsbe­din­gungen der Menschen, die jetzt 24 Stunden am Tag für uns alle da sind, zu verbessern, warten müssen? Das ist eine Politik, die ich nicht ernst nehmen kann.

Ein Punkt nur, weil jetzt alle von Wertschätzung reden: Während wir alle diskutieren, plant Frau Ministerin Schramböck nebenbei heimlich bereits die Einführung einer Pflegelehre. – Die Frage ist: Warum macht das die Wirtschaftsministerin? Man könnte, da sie ohnehin im Wirtschaftsbereich nicht viel zustande bringt, meinen, dass sie dazu vielleicht Zeit hat. Jedenfalls ist Frau Schramböck nun als fachlich unzuständige Ministerin gerade dabei, die Pflegelehre einzuführen, und zwar gegen die Warnung all der Menschen, die auch in diesem Bereich arbeiten. Alle halten das für einen Blödsinn. Warum macht das Frau Ministerin Schramböck? – Da geht es auch um Lohndumping, denn sie sagt: Wenn man 15- oder 16-jährige Burschen und Mädels ans Krankenbett stellt, dann wird es vielleicht billiger werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Das ist nicht die Wertschätzung, die wir für den Pflegeberuf brauchen. Leider fehlen für diesen Bereich das Geld und der Mut, hier etwas zu tun. Daher bitte ich wirklich, dass den Worten aller Parteien, von denen heute behauptet wurde, dass Pflege und Wert­schätzung gegenüber den Menschen so wichtig sind, auch endlich Taten folgen und nicht nur Werbevideos und Inserate. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kollross: Das war einmal eine Rede! – Rufe bei der SPÖ: Danke! Danke, Philip! Danke! – Ruf bei der ÖVP: Vernachlässigbar!)

10.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Litschauer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.