11.09

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Das war ein erschütternder Tatsachenbericht der Grünen Abgeordneten Neßler darüber, was diese Regierung angerichtet hat. (Ruf bei der ÖVP: Na bitte!) Vielleicht zur Erinnerung an die Grünen: Ihr seid in der Regierung! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt ja noch weitere Rekorde dieser Regierung zu vermelden – Bundeskanzler Kurz war ja immer sehr stolz, so nach dem Motto: Wir sind die Besten! –, und mit diesen Rekorden werden Sie sicher in die Geschichtsbücher eingehen: Wir haben dank dieser Regierung die höchste Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist ein Rekord, den Sie sich einmal umhängen können. (Abg. Obernosterer: Was du redest! Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben dank dieser schwarz-grünen Bundesregierung die höchste Staats­verschul­dung seit dem Zweiten Weltkrieg. Wir haben dank dieser Regierung den größten Rück­gang des Bruttoinlandsproduktes (Zwischenruf bei den Grünen) seit dem Zweiten Welt­krieg und wir haben dank dieser Regierung weltweit die höchsten Ansteckungs­zahlen, was Covid betrifft. Also diese Regierung geht mit Sicherheit in die Geschichts­bücher ein. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe der Abgeordneten Litschauer und Schallmeiner.) Ja, die Wahrheit tut weh, ich weiß, aber man muss es immer wieder erwähnen, damit es auch keiner vergisst. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Schallmeiner: ... vor lauter Schmer­zen!)

So, noch einmal zu den Detailzahlen: Arbeitslos sind aktuell rund 450 000 Personen und 170 000 sind in der Kurzarbeit. Das steigt wöchentlich dramatisch an und wir stehen jetzt erst am Anfang dieses zweiten oder eigentlich dritten Lockdowns. Dramatisch ist – wenn man sich die Zahlen vom AMS genauer anschaut –, Frau Minister, dass wir in der Breite eine Zunahme der Arbeitslosigkeit haben. Das heißt, wir haben vor allem mehr Arbeits­lose bei Männern im Haupterwerbsalter zwischen 25 und 50, wir haben – was so auch erstmalig in dieser Brutalität da ist – über alle Ausbildungszweige hinweg, das heißt vom Akademiker bis zum Absolventen der Grundschule, mehr Arbeitslose. Im Prinzip steigt die Arbeitslosigkeit überall dramatisch an und wir stehen, was die Arbeitslosigkeit betrifft – das ist ja auch ein Rekord dieser Bundesregierung – in Europa nicht einmal mehr unter den Top Ten. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen wir betreffend geringste Arbeitslosigkeit entweder Erster, Zweiter oder Dritter waren, jetzt sind wir, glaube ich, auf Platz elf oder zwölf. Also das sind die Erfolge dieser türkis-grünen Bun­desregierung.

Frau Minister! Sie haben auch mir in Diskussionen immer wieder gesagt, Optimismus und Mut sind wichtig. Ich würde Sie also bitten, auch heute wieder ein Zeichen zu setzen. Frau Minister, nehmen Sie bitte die Maske ab, zeigen Sie der Bevölkerung, dass diese Bundesregierung nach vorne geht, Optimismus, Zuversicht und Mut verbreiten will! Sie könnten auch heute wieder ein Zeichen setzen, es wird Sie auf diese Distanz niemand anstecken, darauf können Sie sich verlassen, Frau Minister. (Abg. Hafenecker: ...hat gestern auch Maske aufgehabt! Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was grundsätzlich einfach klar sein sollte (Abg. Obernosterer: Hast schlecht geschlafen heute?) – bei den Grünen habe ich nie angenommen, dass es so ist, aber bei der ÖVP –: Arbeitsplätze schafft natürlich die Wirtschaft. (Abg. Haubner: Gott sei Dank!) Wenn ich die Wirtschaft kontinuierlich kaputtmache – es sind ja einige vom Wirtschaftsbund da –, dann kann auch die Arbeitslosigkeit nicht sinken. Ihr wisst das ganz genau und ihr kennt die Verzweiflung der Unternehmer draußen. 90 Prozent der Unternehmen in Österreich sind Kleinstunternehmer mit bis zu zehn Mitarbeitern. Die zerstört ihr jetzt seit dem Frühjahr kontinuierlich. Bitte, liebe ÖVP, ich appelliere an euer Gewissen, stellt die Sys­tematik um, stellt euer System um, redet mit Bundeskanzler Kurz – der ist ein ewiger Student, der wird es nicht verstehen –, denn Wirtschaft schafft Arbeitsplätze (Zwischen­rufe bei der ÖVP), und ihr müsst die Unternehmer bitte endlich stützen! Schafft Möglich­keiten, dass der Konsum wieder in Gang kommt (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), dass man auch einkaufen kann bei Unternehmen, sonst kann und wird das nichts werden!

Das soziale Netz hält noch, wir geben zwar Milliarden aus, aber es hält noch. Wer es dann bezahlen wird, wird man dann in den nächsten Jahren sehen. Ihr habt ja diese Woche bereits einen ersten Einblick geliefert: Das sind vor allem die Leistungsträger, die 45 Jahre gearbeitet haben. Die sind die Ersten, die das zurückzahlen müssen. Wir haben immer gesagt, das soziale Netz kann nur halten, wenn es von Tüchtigen und Fleißigen finanziert wird. Auch da gibt es leider eine sehr schlechte Entwicklung.

Ich möchte zum Abschluss noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Er­höhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 31.Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein ‚COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslose in Form eines 30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale AntragsteIlung, ausgezahlt werden.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (449 d.B): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlags für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021-BFG 2021) samt Anlagen (380 d.B.)-UG 20 Arbeit in der 62. Sitzung des Nationalrats ( XXVII. GP) am 19.November 2020

Die von der schwarz-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler gesetzten COVID-19-Maßnahmen seit März 2020 haben massive negative Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt, die Österreich die höchste Zahl an Arbeitslosen und die meisten Arbeitnehmer in Kurzarbeit seit 1945 beschert haben.

Das bedeutet, dass zeitweise weit mehr als eine halbe Millionen Menschen seit März 2020 mit lediglich 55 Prozent ihres letzten Nettogehalts ihre Lebenshaltung (Nahrungs­mittel, Wohn- und Betriebskosten usw.) bestreiten müssen. Die weit überwiegende Anzahl dieser betroffenen Arbeitslosen hat durch die COVID-19-Maßnahmen der Bun­desregierung den Arbeitsplatz verloren bzw. wurde der Chance beraubt, nach einer Phase der Arbeitslosigkeit oder einer AMS-Aus-, Fort- und Weiterbildung wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

Um dieser Gruppe von rund 500.000 Personen einen finanziellen Ausgleich für die Arbeitsplatzvernichtung durch die COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung zu gewährleisten und damit ihr ökonomisches Überleben abzusichern, ist aber eine Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes (inklusive Notstandshilfe) von 55 Prozent auf 70 Prozent dringend notwendig und auch volkswirtschaftspolitisch ver­nünftig. Dies ist durch eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe inklusive der Familienzuschläge um 30 Prozent (entspricht einer Nettoersatzrate von 70 Prozent) umzusetzen.

Durch diese Nettorersatzratenerhöhung um 15 Prozentpunkte werden die Kaufkraft und damit auch die innerösterreichische Konjunktur durch vermehrte Konsumausgaben gestärkt. Dies führt wiederum zu vermehrten Einnahmen der Unternehmer, aber auch Steuereinnahmen und schafft dadurch neue Arbeitsplätze bzw. sichert bestehende Arbeitsplätze ab.

Über die Sommermonate und nach Ende des ersten Lockdowns sind die Arbeitslosen­zahlen zwar kurzfristig wieder zurückgegangen, durch den zweiten Lockdown werden die Arbeitslosenzahlen jedoch wohl bis Ende 2020 die arbeitsmarkpolitische „Schall­mauer“ von 500.000 Arbeitslosen wieder deutlich durchschlagen.

Demgegenüber sind die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der schwarz-grünen Bun­desregierung, die von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Anschober (Die Grünen) vorgestellt wurden, absolut untauglich. Ein „Arbeits­marktbonus“ von lediglich 450 Euro für die Monate Juli bis September, wobei man zwei von diesen drei Monaten durchgehend arbeitslos sein muss, war und ist weder treffsicher noch sozial. Ganz im Gegenteil: Die seit Mitte März durch Regierungsmaßnahmen be­wusst produzierte Arbeitslosigkeit wird ignoriert, und man enthält den betroffenen Arbeit­nehmern einen gerechten Ausgleich vor.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 31.Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein „COVID-19-Ausgleich“ für Arbeitslose in Form eines 30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale AntragsteIlung, ausgezahlt werden.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht daher auch mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Plakolm zu Wort. – Bitte.