19.58

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wo stehen wir heute? – Wir befinden uns quasi ein Jahr nach dem ersten Lockdown, 445 000 Coronainfektionen später, und wir haben es jetzt endlich geschafft, flächendeckende Gratiscoronatestungen zur Verfügung zu stellen.

Wir als SPÖ fordern schon seit Beginn der Pandemie ausreichende und vor allem kos­tenlose Tests. Heute beschließen wir etwas, was wir ebenfalls schon lange gefordert haben: dass es diese Antigentests zur Eigenanwendung, die sogenannten Wohnzim­mertests, gibt. Es sollen jetzt fünf kostenlose Tests pro Monat von Menschen in Österreich, die eine E-Card haben und über 15 Jahre alt sind, in den Apotheken abgeholt werden können, und jetzt hoffe ich schon, Herr Minister, dass das funktionieren wird, wenn ich an diese FFP2-Masken für über 65-Jährige denke – Anfang Dezember haben wir das beschlossen, bis Mitte Februar waren noch immer nicht alle Masken bei den Menschen zu Hause angelangt. (Bundesminister Anschober: Ich arbeite nicht bei der Post!) – Ja, das ist richtig, Sie arbeiten nicht bei der Post (Abg. Greiner: Aber die Verantwortung haben Sie!), aber ich hoffe, wir haben jetzt genügend Tests, dass die Apotheken sich ordentlich vorbereiten können und dass sie auch genügend Zeit haben, das dann aufzuteilen und unter die Menschen zu bringen.

Was noch immer nicht umgesetzt wurde, ist unsere Forderung, dass diese Wohn­zim­mertests auch als Berufsgruppen- und Eintrittstests gelten sollen, wenn man sie direkt dort, vor Ort, macht. Das ist für uns eine ganz wesentliche Sache. Ich gehe aber jetzt einmal davon aus, dass wir das vielleicht in drei Monaten hier beschließen, denn um diesen Zeitraum verzögert sich immer die Umsetzung unserer Forderungen. Es besteht also noch ein bisschen Hoffnung, dass das auch noch kommt.

Wichtig ist für uns natürlich, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung nicht vom Geldbörserl abhängig gemacht wird. Es ist wichtig, dass diese Tests gratis sind. Wir sehen das schon so, dass diese Tests ein Schlüssel zur Pandemiebekämpfung sind. Da ja, Stichwort Impfstrategie, die Impfungen bei uns eher im Schneckentempo voran­gehen, werden die Tests noch lange ein Instrument sein, um die Weiterverbreitung des Virus in dieser Pandemie einzudämmen.

Wir müssen aber festhalten – und das muss ich heute wieder sagen; Sie wissen jetzt schon, was kommt –: Wir brauchen eine Strategie, ein Ziel, auf dessen Erreichung wir gemeinsam hinarbeiten. Die Menschen kennen sich mit dem Hin und Her nicht mehr aus, sie wissen nicht mehr, welche Maßnahmen jetzt aktuell sind. Es werden Zahlen genannt, diese Zahlen werden nicht erreicht, aber es kommt trotzdem etwas anderes. Es wird gelockert, obwohl die Zahlen nicht erreicht werden. Die Zahlen sind derzeit wieder auf einem hohen Niveau und wir glauben, dass sie auch weiter steigen werden, aber es wird jetzt von weiteren Lockerungen gesprochen. Man darf sich daher nicht wundern, dass die Bevölkerung zu einer gewissen Maßnahmenfaulheit, so möchte ich das jetzt einmal bezeichnen, kommt.

Wir brauchen ein solidarisches Miteinander, um diese Pandemie in den Griff zu be­kommen, und dafür braucht es ein Gesamtkonzept und Ziele, die bestehen bleiben und auf deren Erreichung wir gemeinsam hinarbeiten können.

Beim Thema solidarisches Handeln mache ich jetzt einen Sprung – weg von Corona, doch nicht ganz, denn ein sehr solidarisches Handeln in unserem Gesundheitssystem legen Menschen an den Tag, die Blut spenden. Wir haben schon im Dezember im Ge­sundheitsausschuss ein Hearing abgehalten. Ich möchte, dass wir die noch immer bestehende Diskriminierung hinsichtlich Blutspenden von schwulen und bisexuellen Männern sowie Transgenderpersonen endlich beenden. Es kann nicht sein, es gibt keine wissenschaftliche Begründung dafür, dass dieser Personenkreis ausgeschlossen wer­den soll. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Da handelt es sich eindeutig um eine politische Entscheidung. Wir brauchen keine Studien mehr, wir brauchen keine weiteren Hearings. Sie haben jetzt gesagt, die Warte­zeit soll von zwölf Monaten auf vier Monate gesenkt werden, und da muss ich Ihnen schon sagen: Allein deshalb, weil die Frist verkürzt wird, ist es nicht weniger diskrimi­nierend.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blut­spende-Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern, sowie Transgenderper­sonen endlich beenden!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Blutspendeverordnung umge­hend zu ändern, sodass ein genereller Ausschluss von Spendern aufgrund ihrer sexu­ellen Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht mehr zulässig ist.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

20.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Mag.a Verena Nussbaum, Genossinnen und Genossen

betreffend Blutspende-Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern, sowie Transgenderpersonen endlich beenden!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 85. Sitzung des Nationalrats TOP 23 zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1215/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (673 d.B.)

Selten war es wichtiger als jetzt, dass möglichst viele Menschen in Österreich durch ihre Blutspende einen Beitrag leisten. Die Corona-Pandemie bringt nicht nur unser Sozial-, sondern auch das österreichische Gesundheitssystem an seine Grenzen. Umso weniger ist es daher verständlich, dass noch immer große Personengruppen ohne wissen­schaftliche Basis von der Möglichkeit zur Blutspende ausgeschlossen werden. Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), und auch Transgender-Personen wird in Österreich trotz intensiver Diskussionen in den letzten Monaten und Jahren noch immer der Zugang zur Blutspende verweigert, während andere Länder von Ungarn, über Großbritannien, bis Brasilien die aktuelle Krise genutzt haben, um ähnlich veraltete Regelungen endlich abzuschaffen. Auch hierzulande ist es höchste Zeit, dass die Diskriminierung endlich ein Ende hat.

Denn neben dem viel diskutierten Ausschluss von MSM für 12 Monate erfahren in Öster­reich auch Transgenderpersonen durch einen generellen Ausschluss Diskriminierung, wie in den letzten Wochen von NGOs offengelegt wurde. Dies geschieht unter Bezug auf die Lage in Deutschland und ohne zugrundeliegendes europäisches Studienmaterial – ohne Differenzierung des medizinischen Status von Transgenderpersonen. Während Hormon-Therapien explizit keinen Einfluss auf die Voraussetzung zum Blutspenden haben und im Fall von Operationen dieselben Richtlinien wie bei allen anderen Spender*innen anzuwenden sind, wird die gesamte Trans-Community einzig und allein aufgrund ihrer Geschlechtsidentität ausgeschlossen. Dieser Zustand ist untragbar.

Trotz zahlreicher Ankündigung sind die De-Facto-Blutspende-Verbote in Österreich bis heute aufrecht. Auch das Expert*innen-Hearing im Gesundheitsausschuss des National­rats im Dezember 2020 hat, wie viele vorangegangene Diskussionen, klar gezeigt, dass es dafür keine wissenschaftliche Begründung gibt. Der oft diskutierte Lösungsweg eines aktualisierten Anamnesebogens ist, wie der Ausschluss von Transgenderpersonen zeigt, unzureichend – das Ende der Diskriminierung beim Blutspenden ist eine politische Frage und muss politisch gelöst werden: Durch die Verankerung eines Antidis­kriminie­rungsparagraphs in der Blutspendeverordnung durch den zuständigen Bundesminister. Denn zählen muss das individuelle Risikoverhalten aller Spender*innen, nicht deren sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Blutspendeverordnung umgehend zu ändern, sodass ein genereller Ausschluss von Spendern aufgrund ihrer sexuellen Orien­tierung oder Geschlechtsidentität nicht mehr zulässig ist.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Werner Saxinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.