RN/58
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Österreichs Neutralität in Gefahr – Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj am 16. Juni 2025“ (2530/J)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Meine Damen und Herren, wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2530/J. Diese wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.
Der Wortlaut der Anfrage ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/58.1
Ich erteile Frau Abgeordneter Fürst als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/59
15.00
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! (Auf den Plätzen der FPÖ-Abgeordneten stehen Tafeln mit der Aufschrift „Zeit für Frieden“ und „Zeit für Neutralität“.) Diese Woche haben wir jetzt hier von Montag bis Mittwoch die Budgetdebatte, eine der wichtigsten Plenarsitzungen jeder Gesetzgebungsperiode, und ich richte mich gerade an Sie, sehr geehrte Damen und Herren. Besonders für Sie ist es interessant, da es ja um Ihr Geld geht, um das Steuergeld, welches Ihnen im Rekordausmaß abgenommen wird, von ÖVP und Grünen vernichtet wurde und auch von dieser Bundesregierung nun für Dinge ausgegeben wird, die nicht in Ihrem Interesse, nicht im Interesse Österreichs liegen. (Präsident Haubner übernimmt den Vorsitz.)
Um all das aber zu diskutieren, was mit dem Geld geschieht, ist diese Budgetdebatte hier angesetzt. (Zwischenruf des Abg. Ofenauer [ÖVP].) Parallel dazu einen Staatsbesuch zu organisieren, der die mediale Aufmerksamkeit zu einem guten Teil auf sich zieht, ist für diese Bundesregierung natürlich sehr, sehr praktisch – praktisch, um vom Budgetdesaster abzulenken, von den unfairen Belastungen für Kinder und Pensionisten abzulenken. Es ist aber dennoch ein Bruch der Tradition, dass man die Plenartage freihält, es ist eine Abwertung der Plenarsitzungen, und es ist auch überheblich gegenüber den Bürgern, die Anspruch darauf haben, die ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben, was mit ihrem Geld passiert. (Beifall bei der FPÖ.)
Um beim Budget zu bleiben: Der Staatsbesuch, die Einladung an den ukrainischen Präsidenten Selenskyj – die näheren Umstände erklären Sie uns vielleicht dann in der Beantwortung der Fragen – ist auch budgetrelevant, denn ein nicht unerheblicher Teil des österreichischen Steuergeldes wandert in die Ukraine, sodass man schon fast das Gefühl hat, unsere Politiker sind mehr für die Ukraine da als für die eigenen Bürger. (Beifall bei der FPÖ.)
Da sitzen die Millionen locker, aber nicht nur die Millionen, sondern der ORF, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, berichtet vor zwei Monaten: Österreich unterstützt die Ukraine bisher mit 3 Milliarden Euro. – 3 Milliarden Euro, die hier in Österreich ganz dringend benötigt würden. Die Österreicher haben sich nicht dafür entschieden, dieses Geld in die Ukraine zu schicken, wo man nicht weiß, wo es landet. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Außenministerium vergibt direkt bilateral 300 Millionen Euro, auch die neue Außenministerin bringt bei jeder Reise Millionen Euro mit, die Europäische Friedensfazilität – der Name ist grotesk angesichts dessen, was mit dem Geld gemacht wird! – 160 Millionen Euro, und der große Brocken der 3 Milliarden Euro fließt über Brüssel in die Ukraine.
Die EU selbst hat schon bis zu 100 Milliarden Euro aufgebracht, zweimal 50 Milliarden Euro lockergemacht. Wo geht das Geld hin, was passiert mit dem Geld? Wer glaubt, das kommt einem guten Zweck zugute, zumindest der ukrainischen Zivilbevölkerung, und wird vor allem für die Beilegung, die Entschärfung des Konflikts verwendet, zum Ansetzen diplomatischer Verhandlungen (Abg. Kogler [Grüne]: Zeit für Frieden, sehr gescheit!), der irrt. Nein, wird es nicht, es wird kaum ein Cent dieser Abermilliarden für die Lösung des Konflikts aufgebracht, diese Zweckwidmung gibt es nicht. Es gibt auch keine Kontrolle gegen die Korruption, die natürlich weit verbreitet ist.
Wofür ist das Geld bestimmt? – Sogar das Außenministerium schreibt es völlig ungeniert – ich weiß nicht, ob es der Frau Ministerin bekannt ist –, auch jetzt noch, drei Jahre nach Kriegsbeginn, steht das auf der Homepage: Die Ukraine wird in die Lage versetzt, ihre Souveränität und territoriale Integrität gegen Russland zu verteidigen. (Ruf bei der ÖVP: Ja, das ist eh richtig!) Das muss man sich vorstellen. Was heißt das übersetzt? – Das heißt, nach drei Jahren gilt immer noch der Spruch, man muss die Ukraine in eine Verhandlungsposition bringen, damit sie dann aus guter Position, aus der Stärke verhandeln kann.
Jetzt weiß man nach drei Jahren, dass es immer schlechter für die Ukraine geworden ist. Sie hätte im April 2022 eine gute Verhandlungslösung erreicht, doch gerade der Westen hat die Ukraine aufgefordert, zu kämpfen. Nun, drei Jahre später – oder man weiß es nicht, wann – wird es eine viel, viel schlechtere Lösung für die Ukraine geben. (Ruf bei den NEOS: Putins Sprachrohr!) Vor allen Dingen, was bereits Fakt ist, was auch immer dann herauskommen wird: Es sind Hunderttausende auf beiden Seiten tot, in der Ukraine, wird jetzt schon geschätzt, sind es bis zu einer Million. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Radio Moskau!) Millionen Vertriebene, das Land wird geleert. – Interessiert niemanden.
Es steht immer noch auf der Homepage, die Ukraine muss kämpfen, sie muss die Lösung auf dem Schlachtfeld suchen, gegen einen übermächtigen Gegner. (Abg. Shetty [NEOS]: Das ist Putin-TV! – Abg. Kogler [Grüne]: Richtig!) Die Ukraine muss gewinnen, heißt es immer noch von der Regierung, von der EU-Kommission, was nichts anderes heißt als: Die Ukraine muss sterben. (Abg. Kogler [Grüne]: Sie haben wohl Ihr Sponsorschild vergessen! Freundlich finanziert vom Kreml! – Abg. Kickl [FPÖ]: Das sagst du auch nur da herinnen!) Sie wird gerade vom Westen, von der EU dazu gedrängt. Warum? – Weil sich die europäischen Politiker, Sie inklusive, in ihrer totalen Fehleinschätzung festgefahren haben, eingegraben haben, weil sie nicht zugeben wollen, wie unrecht sie hatten, und weil es natürlich auch um viel Geld geht, denn es geht in der Ukraine um viel, aber nicht um unsere Freiheit. (Beifall bei der FPÖ.)
Da wird Eskalation und Sterben in Kauf genommen. Man redet auch immer noch vom Nato-Beitritt der Ukraine, wohl wissend, dass es Russland nie akzeptieren wird. Was immer man davon hält, es ist eine rote Linie, es ist Realität, verlängert den Krieg.
Abgesehen von den unglaublichen finanziellen Belastungen, von den Milliarden, die dahin fliegen, die in der EU fehlen, die in Österreich fehlen, die irgendwo versickern, ist das sicherheitspolitische Risiko, welches auch das Verhalten der Bundesregierung bringt, noch viel größer. Wir haben alle die Gedenkfeiern 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs gerade hinter uns gebracht, all die Veranstaltungen zur Erinnerung an den Abschluss des Staatsvertrags vor 70 Jahren, all das hat offensichtlich bei Ihnen nichts bewirkt.
Kommenden 26. Oktober 2025 feiern wir 70 Jahre Neutralitätsgesetz. Vielleicht erinnern Sie sich da dann: Da war doch irgendetwas! Es ist eine Verpflichtung und eine Berechtigung zur immerwährenden Neutralität. Das war essenzieller Bestandteil unserer Befreiung von den Besatzungsmächten, Teil der Erlangung unserer Unabhängigkeit und Souveränität. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist eine verfassungsgesetzliche Verpflichtung, Österreich hat sich verpflichtet: „Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität“ und „wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.“ Das ist Verpflichtung und außenpolitische Vorgabe für jede Bundesregierung. Es steht nicht im Belieben der Regierung, darüber zu verfügen, wie man das auslegt oder wie man das lebt. Es ist Verpflichtung. Es ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, die auch durch den EU-Beitritt nicht abgeändert wurde. (Abg. Ofenauer [ÖVP]: Natürlich wurde sie abgeändert!) Es ist nicht zuletzt und vor allen Dingen eine Verpflichtung gegenüber der österreichischen Bevölkerung, die zu einem ganz überwiegenden Teil zu Recht hinter diesem Grundprinzip, das es für unseren Staat und unsere Verfassung geworden ist, steht. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie will keine Änderung. Über all das setzt man sich seit über drei Jahren, seit Kriegsausbruch hinweg. Es ist ja in Friedenszeiten nicht schwer, sich zur Neutralität zu bekennen, aber als man sich beim Belastungstest – natürlich auch einem Charaktertest für die regierenden Politiker – beweisen hätte müssen, wurde dieser nicht nur verfehlt, sondern wirklich spektakulär nicht bestanden. Es braucht natürlich auch Persönlichkeit, die Neutralität zu leben, zu verkörpern und nicht im Rudel mitzuschwimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
ÖVP und Grüne haben versagt, die neue Ampelregierung setzt dies fort. Wir Freiheitliche haben uns von Anfang an, seit Februar 2022 dagegengestellt. Wir wurden dafür unterirdisch angefeindet, aber es ist selbstverständlich. (Zwischenruf des Abg. Ofenauer [ÖVP].) Wir bleiben seit drei Jahren und auch weiterhin dabei – aufgrund der Verpflichtungen, die ich gerade aufgezählt habe, aufgrund der Vernunft und des Realitätssinnes und aus Verantwortung gegenüber Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)
Man muss nicht müde werden, dazu zu bemerken, dass Ihr Kurs der Ukraine nicht geholfen hat, sondern im Gegenteil für sie ins Verderben führt.
Nun, was sind die Möglichkeiten eines kleinen Landes in Mitteleuropa mit neutralem Status im Falle eines Kriegsausbruchs; wie hätte man sich verhalten können? – Es gibt durch unsere Verpflichtungen einen ganz klaren außenpolitischen, geopolitischen Kompass. Die Regierung – auch Sie, Herr Staatssekretär Schellhorn, der jetzt hinausgeht – wäre verpflichtet, uns aus dem Krieg herauszuhalten und die österreichische Bevölkerung vor allen nachteiligen Folgen zu schützen. Und dann fragt man sich: Was kann man zur Beilegung des Konflikts beitragen? Wie kann man irgendeine Lösung unterstützen, sofern möglich? Und das Dritte ist: Wie kann ich helfen? Da sind wir bei der Aufnahme von Flüchtlingen und humanitärer Hilfe.
Das Gegenteil wurde gemacht. Der Krieg wurde von Tag eins zu unserem erklärt. Man gefährdet die europäische und die österreichische Bevölkerung. (Ruf bei den Grünen: Putin gefährdet ...!) Es wurde jede Diskussion unterbunden, Kriegsursachen geleugnet – denn dann wäre ja klar, dass es nicht unser Krieg ist. Das will man nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Man kommt mit der Moralkeule. Es ist in höchstem Ausmaß verantwortungslos und es ist schwach, da sofort jedem Druck nachzugeben. (Beifall bei der FPÖ.)
Nichts, gar nichts hat man zur Entschärfung des Konflikts getan. Durch das Nachplappern von Floskeln und Plattitüden wurde nichts beigetragen. Die EU-Floskel, die Ukraine muss siegen, führt ins Verderben. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff [NEOS].) Man hat den Konflikt nur angeheizt. Hier haben wir den Flüchtlingen natürlich geholfen, aber ohne jede Kontrolle (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... Trump ... der schon gemacht!) werden nun Milliarden Euro hingeschickt. Die Bundesregierung erklärt: Wir sind neutral, wir beteiligen uns an keinen Waffenkäufen! – Na, wir schicken nur das Geld nach Brüssel und dort werden Waffen und Munition gekauft, damit der Krieg verlängert wird.
Die Bundesregierung und vor allen Dingen auch die Außenministerin Meinl-Reisinger erklären uns laufend: Wir sind neutral, aber die Neutralität alleine schützt nicht. – Das ist richtig. Man braucht auch verantwortungsvolle Persönlichkeiten in der Politik (Ruf bei der ÖVP: So ist es! – Abg. Shetty [NEOS]: Frau Kneissl zum Beispiel!), die eben Neutralitätspolitik leben können (Beifall bei der FPÖ) und die das Rückgrat dazu haben. Eine Garantie gibt es nicht, aber die Neutralität (Abg. Shetty [NEOS]: War die Frau Kneissl eine verantwortungsvolle Person?), so wie Sie sie verkörpern, die schützt uns nicht, weil sie da nur mehr eine hohle Phrase ist. (Abg. Kogler [Grüne]: Die ehemalige Außenministerin sitzt bei Putin auf dem Schoß! Speichellecker!) Vorgesehen ist Neutralität aber als rechtliche und völkerrechtliche Stellung, und die zweite Seite der Medaille ist eine starke eigene Verteidigung. (Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].)
Man muss von Provokationen der Regierungspolitiker absehen; mit zurückhaltender Rhetorik wird man Sitz von internationalen Organisationen und man profiliert sich bei humanitärer Hilfe. Das nennt man umfassende Neutralität – aber man kann nicht die bedingungslose Solidarität mit einer Kriegspartei und eine totale gemeinsame Verschränkung erklären. (Ruf bei der ÖVP: Wer ist der Aggressor? – Abg. Gewessler [Grüne]: Das darf sie nicht sagen!)
Wie die aktuelle Aussendung von heute von Vizekanzler Babler aussieht, ist das offensichtlich auch ein intellektuelles Problem. Darum habe ich mir jetzt die Mühe gemacht, unsere Neutralität hier zu erklären, denn Vizekanzler Babler erklärt uns, nachdem diese Einladung ausgesprochen worden ist, unter der Erklärung, dass man bedingungslos auf einer Seite im Krieg stehe (Zwischenruf des Abg. Silvan [SPÖ]), er möchte bei dieser Einladung und im Gespräch mit Präsidenten Selenskyj Wien als neutralen Austragungsort für Friedenskonferenzen anbieten. (Abg. Erasim [SPÖ]: So, wie es oft war!) Ich meine, das war oft (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Zorba [Grüne]), als unsere Politiker aller Parteien noch imstande waren, die Neutralität zu leben (Beifall bei der FPÖ) – aber jetzt? Nach diesen drei Jahren ist das Geschichte.
Sie haben sie totgetrampelt, sie muss erst wiederbelebt werden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger [ÖVP] und Erasim [SPÖ].) Man fragt sich schon: Kriegt dieser Mann irgendetwas mit oder kriegen auch die Einlader jetzt da irgendetwas mit, dass wir uns nicht in einer Phase der Deeskalation befinden, in einer Phase der Beruhigung des Konfliktes? Ganz im Gegenteil, wir sind jetzt nach über drei Jahren in einer total gefährlichen Eskalationsstufe, womöglich haben wir nach dieser totalen Offensive auf beiden Seiten und auch mit Einbeziehung der nuklearen Komponente (Abg. Gerstl [ÖVP]: ... Russland ... Drohne ...!) den bisher wirklich gefährlichsten Zeitpunkt (Abg. Hanger [ÖVP]: Haben Sie vielleicht ein kritisches Wort über Putin auch?) des Krieges erreicht. (Zwischenruf des Abg. Egger [ÖVP].)
Man fragt sich: Kriegen Sie das mit? – Offensichtlich nicht. Denn was machen Sie genau zu diesem Zeitpunkt der totalen Eskalation? (Abg. Gewessler [Grüne]: ... Putin ... grad zu diesem Zeitpunkt?) Sie laden den Präsidenten einer Kriegspartei zum Staatsbesuch hierher ein. (Abg. Kogler [Grüne]: Haben Sie ... im Völkerrecht nachgeschaut? Wer ist hier überfallen und wer ist der Aggressor?) Die gesamte Regierungsspitze, die Staatsspitze, die Bundesregierung, der Bundespräsident als Vertreter eines kleinen neutralen Landes laden den Präsidenten einer Kriegspartei hierher ein und feiern ihn mit vollen militärischen Ehren. (Abg. Kogler [Grüne]: Das ist unfassbar, dass das im österreichischen Nationalrat gesagt wird! Sie haben keine Ahnung von der Neutralität, keine Ahnung!) Das ist verantwortungslos. (Abg. Wurm [FPÖ]: Halt den Mund, Werner!) Dann reden Sie auch noch davon, Vertrauen aufzubauen, damit wir hier Friedenskonferenzen abhalten. (Abg. Kogler [Grüne]: Opfer-Täter-Umkehr, das können Sie! Das ist Ihre Kernkompetenz! – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) Vertrauen aufzubauen, zu beiden Seiten? Es ist unglaublich (Abg. Kogler [Grüne]: Putin-Partei! – Abg. Erasim [SPÖ]: Na, vielleicht ... Taferl schreibt ...!), dass Sie glauben, auf diese Weise zu beiden Parteien Vertrauen aufzubauen. Wie gesagt, ich halte Ihnen zugute, dass es auch ein intellektuelles Problem ist. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Genau!)
Ich hoffe – das ist der beste Fall –, dass wir international eher als Lachnummer herauskommen (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Erasim [SPÖ] und Krisper [NEOS]) und dass das alles nicht ernst genommen wird. Ich bin auch gespannt, ob Sie uns dann berichten, worüber mit dem ukrainischen Staatschef gesprochen wird: über die Todeslisten, die es ja immer noch gibt (Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ]), was das Thema Gaslieferungen betrifft (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz [FPÖ]), wie man verhindert, dass die vielen Milliarden versickern (Abg. Kogler [Grüne]: Die Gaslieferungen haben uns erst das Wirtschaftsproblem eingebrockt!), wie die Kontrolle funktioniert und wie man aus dem Konflikt heraus will. (Abg. Kickl [FPÖ] – in Richtung Abg. Kogler [Grüne] –: Na, da wo wir alle gegangen sind, habts ihr ...!) Wie gesagt: Es ist eben nicht lustig, was Sie machen, es ist hochgefährlich, und die Bundesregierung rückt Österreich ins Blickfeld. Sie machen uns hier gar nicht mehr so indirekt zur Kriegspartei. Sie exponieren Österreich und die österreichische Bevölkerung, und das ist unverantwortlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie möchten offensichtlich die russischen Pfeile und die Aggression mit aller Gewalt auf uns richten. Was brauchen Sie eigentlich noch? Was brauchen diese neutralitätsmüden Politiker und Moralisten eigentlich noch (Ruf bei den Grünen: Damit es der Kickl auch glaubt! – weiterer Zwischenruf bei den Grünen), damit sie verstehen, in welcher Lage wir uns befinden, und damit sie verstehen, was ihre Aufgabe ist, nämlich Österreich und die Bevölkerung zu schützen? (Beifall bei der FPÖ.)
Warum immer Sie das machen – Eitelkeit, Wichtigtuerei, schöne Fotos, EU-Hörigkeit, vom innenpolitischen Desaster abzulenken –, es ist nicht in Ordnung, es ist eine politmediale Inszenierung, die dem Eigennutz dient, aber sicher nicht Österreich. (Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne].)
Wenn Sie dann daherkommen und diesen ganzen Besuch auch damit erklären, dass ja Österreich beim Wiederaufbau so viele Milliarden verdienen will, nur eine Anmerkung dazu: Das finde ich wiederum wirklich unmoralisch. Da ist noch nicht einmal Frieden, da wird jeden Tag noch zerstört, jeden Tag sterben in der Ukraine die Soldaten – und hier redet man vom Wiederaufbau und davon, was es da alles zu holen gibt. (Zwischenrufe bei den Grünen sowie des Abg. Michael Hammer [ÖVP].) Es wird dabei auch nicht zu einer Belebung unserer Wirtschaft kommen – das zu glauben, es Ihnen, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, zu erklären, ist mehr als naiv. Glauben Sie das ja nicht! Der gesamte Staatshaushalt der Ukraine wird bereits von den USA und von der EU bezahlt, künftig wird er nur mehr von der Europäischen Union bezahlt werden, und alles, was österreichische Unternehmen dort vielleicht verdienen, kommt von unserem Geld, das Ganze ist maximal ein Nullsummenspiel. (Beifall bei der FPÖ.)
Wer glaubt, dass wir da wirklich einen Löwenanteil bekommen: Bitte erzählen Sie den Österreichern da keine Märchen! Großbritannien hat schon solche Verträge, den USA gehört sowieso ein beträchtlicher Teil der Ukraine (Zwischenrufe bei den NEOS sowie des Abg. Kogler [Grüne]) – und glauben Sie mir, die Ukraine hat in die türkische und in die chinesische Baubranche wesentlich mehr Vertrauen als in die europäische. Die haben nämlich nicht solche bürokratischen (Ruf bei der ÖVP: Das wissen Sie alles, ja?) und klimapolitischen Auflagen, sondern die können einen Flughafen und Straßen noch in sehr kurzer Zeit bauen, wir nicht mehr. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)
Es ist leider nicht zum Lachen. Wir sehen es ja im eigenen Land, was Sie angerichtet haben. Die Neutralität schützt nicht, behaupten Sie hier und behauptet unsere Bundesregierung laufend. Sie schützt sicher nicht absolut, aber sie ist die beste Lösung von allen für Österreich. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: ... Sie’s einfach dem Volk vor, ganz einfach!) Ich habe gerade eine Schlagzeile in einer Schweizer Zeitung gelesen, auf die Schweiz gemünzt: Wenn man glaubhaft neutral ist, reduziert dies die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs in der Zukunft erheblich.
Ich würde sagen, das ist schon etwas, und das gilt für Österreich genauso. (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) Aber das Vorgehen dieser Bundesregierung bewirkt das Gegenteil. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Erasim [SPÖ] – auf die FPÖ weisend –: Herr Präsident! Herr Präsident! Herr Präsident, die Taferl!)
15.20
Präsident Peter Haubner: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Staatssekretär Alexander Pröll zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Herr Staatssekretär, Sie gelangen zu Wort.
RN/60
15.20
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Alexander Pröll, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Schmidt! Sehr geehrter Herr Kollege Schellhorn! Sehr geehrte Abgeordnete zum Nationalrat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Seit mittlerweile drei Jahren, drei Monaten und drei Wochen führt Putin seinen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Österreich verurteilt diesen auf das Allerschärfste. Wir stehen seit Tag eins als verlässlicher Partner auf der Seite der Ukraine. Das wird auch in Zukunft so bleiben. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Neutralität ist das, ja?) Die Ukrainer verdienen unseren höchsten Respekt für den Verteidigungskampf um ihr Land und ihre Heimat. Wir sind uns auch bewusst: Mit diesem Kampf verteidigt die Ukraine Europa, unsere Werte, die Einhaltung des Völkerrechts und ihre Souveränität. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen.) Ich bin froh, dass unser Bundeskanzler dies heute bei seinem Treffen mit Präsident Selenskyj so klar ausspricht. (Abg. Kogler [Grüne]: Bravo!)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle wollen ein Ende dieses Krieges und endlich wieder Frieden. Österreich unterstützt die Initiativen, die zu einem Waffenstillstand und in weiterer Folge zu einem nachhaltigen, langfristigen und gerechten Frieden führen. Auch für uns ist klar, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten einen Beitrag leisten müssen und wollen.
Für Friedensverhandlungen braucht es mindestens die beiden Seiten eines Krieges. Russland lehnt bis heute trotz dramatischer Verluste auch auf seiner Seite einen bedingungslosen Waffenstillstand ab. Dass Putin nicht ernsthaft an Verhandlungen interessiert ist, ist zutiefst enttäuschend. Nichtsdestotrotz werden wir gemeinsam mit unseren internationalen und EU-Partnern unsere Bemühungen um einen Frieden mit aller Kraft fortsetzen und den Druck auf allen Ebenen erhöhen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Schatz [SPÖ].)
Sehr geehrte Damen und Herren, es darf keine Täter-Opfer-Umkehr geben. Lassen Sie mich auch ganz klar festhalten, was bisher galt und für uns auch weiterhin gilt: Österreichs militärische Neutralität steht unserer humanitären, finanziellen und politischen Unterstützung für die Ukraine nicht im Wege. (Abg. Kogler [Grüne]: Richtig!) Gerade unsere Neutralität ist es, die uns dazu mahnt, an der regelbasierten internationalen Ordnung festzuhalten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen. – Abg. Kogler [Grüne]: Bravo!)
Es darf nicht das Recht des Stärkeren gelten. Vor diesem Hintergrund sind bilaterale Kontakte mit der Ukraine selbstverständlich im Einklang mit unserer Neutralität. (Abg. Kickl [FPÖ]: Gilt das überall auf der Welt?) Auch die Schweiz hat Präsident Selenskyj seit Kriegsausbruch schon mehrfach empfangen, sowohl zu einem bilateralen Besuch im Rahmen der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock als auch als Gast beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
Ein wichtiger Aspekt ist für uns auch der Wiederaufbau der Ukraine. Wir sehen da große Chancen für österreichische Unternehmen, die bereitstehen, mit Expertise, Innovation und langfristigem Engagement zu unterstützen, vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Bau, Energie und Nachhaltigkeit.
Aktuell sind rund 1 000 österreichische Unternehmen in der Ukraine aktiv, 200 davon mit eigener Niederlassung. Diese schaffen knapp 25 000 Arbeitsplätze vor Ort.
Ende März war eine große österreichische Wirtschaftsdelegation in Kiew, geleitet von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Auch der Regierungskoordinator für den Wiederaufbau, Wolfgang Anzengruber, war erst letzte Woche in der Ukraine und hat sich mit einigen Regierungsmitgliedern getroffen. Auch das zeigt das große Interesse Österreichs, aktiv zu unterstützen und zu helfen.
Was den heutigen Besuch betrifft, ist festzuhalten, dass Präsident Selenskyj heute als Gast des österreichischen Bundespräsidenten in Österreich ist. Ich werde daher im Folgenden Ihre Fragen gemäß den uns vorliegenden Informationen so umfangreich wie möglich beantworten. Ich bitte um Verständnis, sollten gewisse Fragen in die Zuständigkeit der Präsidentschaftskanzlei fallen und mangels Zuständigkeit daher nicht alle beantwortet werden können.
Ich darf nun zur Beantwortung der Fragen kommen.
Zu Frage 1:
Der Präsident ist zu einem offiziellen Besuch bei seinem österreichischen Visavis, dem Herrn Bundespräsidenten, in Wien und ist damit Gast des Herrn Bundespräsidenten. Der Besuch des Präsidenten erfolgt auf Grundlage einer bereits im Jahr 2022 ausgesprochenen Einladung des Bundespräsidenten.
So wie bei diesen Besuchen üblich wird der Präsident auch den Herrn Bundeskanzler und Mitglieder der Bundesregierung treffen. Darüber hinaus wird auf die österreichische Präsidentschaftskanzlei verwiesen.
Zu Frage 2:
Im Ministerrat findet ein regelmäßiger Austausch zu Projekten und Reisen statt.
Zu Frage 3:
Es handelt sich um einen Besuch des ukrainischen Präsidenten beim Bundespräsidenten auf Grundlage der bereits erwähnten Einladung aus dem Jahr 2022.
Wie bei Besuchen dieser Art üblich wurde auch angefragt, ob ein Treffen mit dem Bundeskanzler möglich ist. Im Bundeskanzleramt liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Besuchs auf dem Wiederaufbau der Ukraine und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit.
Zu Frage 4:
Wie bei anderen Staatsbesuchen dieser Art werden die üblichen protokollarischen Standards eingehalten. Für Details zum protokollarischen Ablauf verweise ich auf die österreichische Präsidentschaftskanzlei.
Zu Frage 5:
Geplant sind Gespräche mit dem Bundespräsidenten sowie dem Bundeskanzler. An den Gesprächen beim Bundespräsidenten nehmen nach unseren Informationen auch der Vizekanzler, die Außenministerin und der Infrastrukturminister teil. Beim Bundeskanzler werden neben dem Wirtschaftsminister der Infrastrukturminister, der Wiederaufbaukoordinator sowie Vertreter der Wirtschaft anwesend sein. Thematisch stehen im Bundeskanzleramt Wirtschaft, Wiederaufbau, Bemühungen um den Frieden sowie aktuelle EU-Themen im Vordergrund.
Zu Frage 6:
Die Auswahl erfolgt auf Basis wirtschaftlicher und diplomatischer Gesichtspunkte.
Zu Frage 7:
Die Organisation des Besuchs erfolgte über den regulären Dienstweg und die etablierten diplomatischen Kanäle.
Zu den Fragen 8 und 9:
Seitens des Bundeskanzleramts wurden gezielt Vertreter der österreichischen Wirtschaft eingeladen, um das Potenzial für eine Beteiligung am Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen. Interventionen gab es unseres Wissens keine. Uns sind keine Absagen oder Ablehnungen von eingeladenen Persönlichkeiten bekannt.
Zu Frage 10:
Teil der ukrainischen Delegation sind unter anderem der Außenminister, der Landwirtschaftsminister und die stellvertretende Premierministerin.
Zu den Fragen 11 bis 17 darf ich ausführen:
Die Medienakkreditierung erfolgt, wie bei Besuchen mit ähnlicher Sicherheitseinstufung üblich, per Vorabverständigung von Medienschaffenden und Agenturen, Vorabmeldungen per Onlineakkreditierung und damit einhergehenden Sicherheitsüberprüfungen.
Zu Frage 18:
Die Gesamtkoordination des Besuches und damit die Kostenabrechnungen liegen in der Zuständigkeit der österreichischen Präsidentschaftskanzlei und des BMEIA. Das Treffen im Bundeskanzleramt liegt im Rahmen des laufenden Betriebs. Allfällige Abrechnungen davon liegen noch nicht vor.
Zu Frage 19:
Es darf da nicht zu einer Täter-Opfer-Umkehr kommen. Die Ukraine ist nicht Aggressor, sondern sieht sich einem völkerrechtswidrigen Angriff ausgesetzt.
Österreich hat seit Beginn des Kriegs stets unmissverständlich betont: Wir sind militärisch neutral, aber politisch klar solidarisch mit jenen Staaten, die das Völkerrecht und die regelbasierte Weltordnung verteidigen. Unsere Neutralität bedeutet weder Passivität noch Gleichgültigkeit. Sie verpflichtet uns vielmehr zu einem aktiven Eintreten für Frieden, Dialog und internationale Rechtsordnung. Ein gerechter und nachhaltiger Frieden kann nur durch Verhandlungen erreicht werden, an denen alle relevanten Akteure beteiligt sind. Dabei gilt: Es kann keine Gespräche über die Ukraine ohne die Ukraine geben. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Österreich hat mehrfach seine Bereitschaft erklärt, Wien als neutralen Ort für ernsthafte Friedensgespräche zur Verfügung zu stellen, auch unter Einbeziehung aller Konfliktparteien einschließlich Russlands.
Zu Frage 20:
Selbstverständlich wird der Bundeskanzler im Gespräch mit Präsident Selenskyj auf Österreichs Neutralität hinweisen.
Zu Frage 21:
Wir erkennen den Wunsch dieser Staaten an, Teil der europäischen Familie zu werden. Die Entscheidung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und der Republik Moldau ist unter anderem auch ein wichtiges Zeichen unserer Unterstützung und Solidarität. Gleichzeitig ist wichtig, alle Kriterien und Verfahren des Beitrittsprozesses einzuhalten. Ein beschleunigtes Verfahren ist nicht vorgesehen.
Die Ukraine und die Republik Moldau haben wichtige Fortschritte gemacht. Nun beginnt aber ein harter Weg, auf dem alle EU-Normen und -Standards übernommen werden müssen. Dies ist der einzige Weg, um Richtung EU voranzukommen. Wir müssen vor einer überbordenden Erwartungshaltung warnen, sowohl innerhalb der EU als auch bei den Beitrittskandidaten. Der Beitrittsprozess wird viele Jahre dauern, die Eröffnung von Verhandlungen bedeutet per se nicht, dass ein Land beitreten wird.
Für Österreich ist ausgeschlossen, ein Land, das sich im Kriegszustand befindet, als Mitglied der EU aufzunehmen. Der geopolitische Ansatz wie bei der Ukraine und der Republik Moldau muss auch für den Westbalkan und insbesondere für Bosnien-Herzegowina gelten.
Zu Frage 22:
Es liegt nicht im Vollzugsbereich der Bundesregierung, vorherzusagen, wie sich Präsident Selenskyj äußern wird.
Zu den Fragen 23 und 24:
Das Bundeskanzleramt hat keine Information darüber, wann und wie die österreichische Präsidentschaftskanzlei das Parlament über den Besuch informiert hat.
Zu Frage 25:
Seitens des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten wurden seit Kriegsbeginn die bilateralen staatlichen finanziellen und humanitären Hilfen in der Höhe von rund 294 Millionen Euro – Stand 11.4.2025 – für die Ukraine und Nachbarländer zur Verfügung gestellt, davon 102,46 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds. Dies inkludiert auch jene, die bilateral im Wege von jeweils besonders geeigneten multilateralen und sektoriellen Partnerorganisationen geleistet wurden. Österreich hat die Ukraine somit politisch und humanitär umfassend unterstützt, und zwar durch bilaterale Maßnahmen und im Rahmen der EU, unter anderem durch Beitragsleistung für nicht letale Ausrüstung im Wege der Europäischen Friedensfazilität.
Prioritäten im Rahmen der bilateralen humanitären Unterstützung waren unter anderem humanitäre Entminung und Reparatur der Energieinfrastruktur.
Ein wesentlicher Teil der österreichischen Hilfsleistungen wurde über internationale Organisationen und verschiedene Partnerorganisationen geleistet.
Die österreichische Bundesregierung beabsichtigt, auch weiterhin die Ukraine in diesem Sinne mit Hilfsleistungen im Rahmen der budgetären Möglichkeiten zu unterstützen.
Zu den Fragen 26 und 27:
Im Rahmen des Besuchs wird im Bundeskanzleramt eine politische Absichtserklärung zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit unterzeichnet. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Beteiligung österreichischer Unternehmen am Wiederaufbau der Ukraine. Unterzeichnende sind auf österreichischer Seite der Wirtschaftsminister, auf ukrainischer Seite die stellvertretende Premierministerin.
Zu Frage 28:
Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine konkreten Kosten bekannt. Im Gegenteil: Ziel ist es, die österreichische Wirtschaft gezielt beim Wiederaufbau der Ukraine zu positionieren und Chancen zu eröffnen.
Zu Frage 29:
Zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium wurden keine finanziellen Zusagen im Zusammenhang mit dem Besuch vereinbart.
Zu den Fragen 30 und 31:
Österreich enthält sich konstruktiv zu allen Beschlüssen über letale Ausrüstung im Rahmen der EFF und leistet stattdessen einen freiwilligen Ersatzbeitrag in der Höhe seines Anteils für nicht letale Ausrüstung. Österreich beteiligt sich damit ausschließlich an der Finanzierung nicht letaler Ausrüstung. Im Einklang mit seiner militärischen Neutralität beteiligt sich Österreich somit nicht an der Finanzierung und Lieferung von Waffen und Munition an die Ukraine und enthält sich zu Beschlüssen über die Bereitstellung letaler Ausrüstung im Rahmen der EFF.
Zu Frage 32:
Ja, die wirtschaftliche Zusammenarbeit steht im Zentrum. Es geht uns vor allem um eine zukunftsgerichtete Perspektive. Der Wiederaufbau bietet ein großes Potenzial für die österreichische Wirtschaft. Zudem wird die Abhaltung einer Wiederaufbaukonferenz in Österreich angestrebt, um die heimische Wirtschaft strategisch zu positionieren und zusätzliche Chancen zu erschließen.
Zu Frage 33:
Die Vorbereitungen erfolgten in enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium und relevanten Interessenvertretungen und Stakeholdern.
Zu den Fragen 34 bis 37 sowie 39 bis 43:
Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten nimmt Listungen dieser Art von Österreicherinnen und Österreichern vor dem Hintergrund möglicher Auswirkungen auf deren Lebensumstände sehr ernst. Das BMEIA steht mit der ukrainischen Seite im Austausch, um zu eruieren, inwieweit staatliche Organisationseinheiten der Ukraine in den Betrieb der gegenständlichen Plattformen involviert sind, und drängt diese, gegen derartige Listungen von Österreichern und Österreicherinnen vorzugehen.
Es gibt bisher keinerlei Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den genannten Plattformen und den ukrainischen Behörden. Die Urheberschaft dieser Plattformen bleibt daher bis dato unbekannt.
Zu Frage 38:
Der Bundeskanzler hatte bisher lediglich zwei kurze Kontakte: ein erstes Kennenlernen beim außerordentlichen EU-Rat am 6. März sowie ein Telefonat mit dem ukrainischen Premierminister. Vertiefte Gespräche zu bilateralen Themen, etwa in Bezug auf die genannten Listen, haben bislang nicht stattgefunden, da die bisherigen Treffen in erster Linie dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Austausch zur aktuellen Lage dienten.
Zu Frage 44:
Nach derzeitigem Stand sind keine Besuche hochrangiger ukrainischer Politiker in Österreich oder österreichischer Politiker in der Ukraine für die nächsten Monate geplant. Dies kann aber auch nicht vollkommen ausgeschlossen werden.
Zu Frage 45:
Eine Reise des Bundeskanzlers in die Ukraine ist derzeit nicht geplant. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS.)
15.36
Präsident Peter Haubner: Danke vielmals, Herr Staatssekretär.
Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich darauf hinweisen, dass es üblich ist, Kundgebungen mit Tafeln zeitlich zu beschränken. Ich war jetzt, glaube ich, sehr großzügig. Ich darf Sie (in Richtung FPÖ) also einladen, wie es der Usance des Hauses entsprechend ist, die Tafeln zu entfernen. (Abg. Nemeth [FPÖ]: Zur Geschäftsordnung!)
RN/61
Präsident Peter Haubner: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Nemeth zu Wort gemeldet.
RN/62
15.36
Abgeordneter Mag. Norbert Nemeth (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich kann mich erinnern, dass der Klub der SPÖ vor nicht allzu langer Zeit – ich glaube, es war am Tag des Kindes – ebenfalls solche Tafeln aufgestellt hatte und das den gesamten Parlamentstag akzeptiert wurde. Ich würde mich gerne bei der nächsten Präsidiale einmal darüber unterhalten, warum es in Ordnung geht, wenn die linke Seite sich für Kinder starkmacht (Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Das waren auch nur maximal 5 Minuten ...! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), aber wenn die rechte Seite sich für Frieden starkmacht, das nicht in Ordnung gehen soll. (Beifall bei der FPÖ.)
15.37
Präsident Peter Haubner: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung?
Wie gesagt: Ich habe Sie eingeladen. Wir werden das dann in der Präsidiale besprechen. Gut. (Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Trotz alledem war es zeitlich begrenzt!)
Als Nächste zur Geschäftsbehandlung: Frau Kollegin Maurer, bitte.
RN/63
15.37
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Wiewohl ich den Einwand von Kollegen Nemeth gewissermaßen nachvollziehen kann, weil es tatsächlich stimmt – es hat damals die Diskussion gegeben, dass es bei der Sozialdemokratie sehr, sehr kleine Schilder waren –, bin ich auch der Meinung, dass wir das in der Präsidiale besprechen sollten, aber ich bin trotzdem der Meinung, dass die Freiheitliche Partei ihre Schilder jetzt so wie üblich wegräumen sollte. Sie sind jetzt wesentlich länger als die üblichen 30 Sekunden gestanden.
Und ich erwarte mir, dass die Regeln dieses Hauses, die wir uns gemeinsam gegeben haben und die wir uns gemeinsam geben – auch mit den Freiheitlichen in der Präsidiale – selbstverständlich von Ihrer Fraktion (in Richtung FPÖ) jetzt auch eingehalten werden. – Nein, Frau Belakowitsch, jetzt das Schild hinter dem Bildschirm zu verstecken, wird es nicht tun! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: So klein ist das, dass man es verstecken kann? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Bei einer GO-Meldung muss man einen Antrag stellen, Frau Kollegin! Sonst ist sie keine! – Abg. Krainer [SPÖ]: Und was war der Antrag vom Herrn Nemeth? – Abg. Wöginger [ÖVP]: Ja, genau!)
15.38
Präsident Peter Haubner: Gut.
Wir gehen jetzt in die Debatte ein. (Unruhe im Saal.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hafenecker.
RN/64
15.38
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke, Herr Präsident. – Ich möchte eingangs die Klassen 3a und 3d der neuen Mittelschule Rechnitz hier im Haus begrüßen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Hanger [ÖVP] und Voglauer [Grüne].)
Erlauben Sie mir vielleicht noch eine ganz kurze Aussage zu den Ausführungen von Frau Kollegin Maurer, die die Regeln des Hauses da jetzt immer wieder beschwört, und das in sehr, sehr oftmaliger Art und Weise! – Frau Kollegin Maurer, Sie sind die einzige Abgeordnete hier herinnen, die hier einmal Hausverbot hatte, weil Sie sich genau nicht an die Regeln gehalten haben (Abg. Maurer [Grüne]: Nicht als Abgeordnete!) – interessant, welche Wendung Sie da hingelegt haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber, Frau Kollegin Maurer, ich sage Ihnen gleich noch etwas dazu – ich möchte mit einem Zitat beginnen –: „Kaum wo wird da die Position vertreten, dass die Annexion der Krim im März 2014 auch eine Vorgeschichte hatte, nämlich verantwortungsloses Gerede von einem Nato-Beitritt der Ukraine, womit Russland vom Schwarzen Meer praktisch abgeschnitten gewesen wäre. Glaubte wirklich jemand, Wladimir Putin würde dem tatenlos zusehen? Wer Kritik an der ukrainischen Regierung übt, wird sofort als ‚Putin-Versteher‘ abgestempelt.“ – Wissen Sie, wer das in seinem Buch geschrieben hat? – Herr Bundespräsident Van der Bellen, der heute Herrn Selenskyj eingeladen hat, meine Damen und Herren von den Grünen! Das ist Ihr ehemaliger Parteichef. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn das der Herr Bundespräsident ein Jahr nach der Annexion der Krim in ein Buch schreibt, ist das in Ordnung, da verlieren Sie kein Wort darüber, aber wenn wir Freiheitliche uns zu Recht Sorgen um die Neutralität und um die Zukunft des Kontinents machen und wenn wir der Kriegstreiberei nicht auch noch Beistand leisten wollen, dann wird es kritisiert. Das ist verräterisch, was hier in diesem Haus geübt wird! (Beifall bei der FPÖ.)
Apropos verräterisch: Verräterisch ist auch der Umgang der Bundesregierung mit der aktuellen Debatte: Wir haben die größte Bundesregierung aller Zeiten und der Herr Bundeskanzler findet es nicht der Mühe wert, persönlich zu kommen, weil er lieber Fotos mit Herrn Selenskyj macht. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne].) Mir ist jetzt klar, warum wir drei Staatssekretäre hier sitzen haben: Weil sich die Regierung ja nicht einmal zum Arbeiten herbequemt, sondern sich immer vertreten lässt. Herr Pröll, ich habe nicht gewusst, was Ihre Funktion in dieser Bundesregierung, in diesem Kabinett überhaupt ist, jetzt weiß ich es: Sie müssen immer dann den Kopf hinhalten, wenn Ihre Minister zu feige sind, sich selber zu erklären. Es ist ein bezeichnendes Bild, das die ÖVP hier abgibt. (Beifall bei der FPÖ.)
Und weil ich vorhin von einem verräterischen Bild gesprochen habe: Ja, das findet auch statt. Warum? – Es war früher Usus, es war Common Sense im Hohen Haus, dass die Regierung zumindest ein Mal im Monat, wenn der Nationalrat tagt, auf Spezialmaßnahmen verzichtet. Das war früher ein Zeichen des Respekts der Exekutive vor der Legislative, und Sie haben gemeinsam mit den Grünen in den letzten fünf Jahren damit begonnen, das mit Füßen zu treten. Und wenn es Debatten hier im Haus gibt, die Ihnen unangenehm und unbequem sind, dann versuchen Sie das mit irgendwelchen Nebelgranaten zuzudecken, zum Beispiel das Budgetdesaster, das Sie jetzt drei Tage lang vor der Bevölkerung verantworten müssen oder sollten.
Was machen Sie? – Sie covern die ganze Diskussion damit ab, dass Sie Herrn Selenskyj einladen. Sie haben ganz genau gewusst, dass heute die wichtigste Sitzung des Jahres stattfindet. Was wird denn in den Medien stehen? – Das, was von der Verliererkoalition bei der Generaldebatte hier herumgeeiert worden ist, oder das, was gerade beim Bundespräsidenten stattfindet? Das ist doch eine gezielte Sabotage des parlamentarischen Betriebs! (Abg. Gewessler [Grüne]: Geh bitte!) Sie wollen einfach nicht, dass in den Medien transportiert wird, was hier herinnen passiert. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Du hast mittlerweile ein bissl einen Verfolgungswahn! – Abg. Kogler [Grüne]: Das ist ja nicht einmal eine Verschwörungstheorie, das ist ein Verschwörungstopfen!)
Und es geht ja so weiter: Sie müssen drei Tage überbrücken, drei Tage, in denen wir über das Budget sprechen. Drei Tage müssen Sie überbrücken. Und was machen Sie dann am Mittwoch noch? – Na, da machen wir noch schnell einen Ministerrat und dann ändern wir noch das Waffenrecht! – Na, was, glauben Sie, wird am Mittwoch in den Medien sein? Sie benutzen tatsächlich das alles, um vom eigentlichen Desaster, von Ihrem Budget, abzulenken, und dazu ist Ihnen wirklich kein Mittel zu dumm. Das muss man hier auch einmal ganz klar sagen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne].)
Ja, aber sei’s drum. Die Frage ist aber trotzdem, woher Sie eigentlich die Legitimation für Ihre Ukrainepolitik nehmen. Die Frage ist: Haben Sie mit der Bevölkerung darüber gesprochen, ob Österreich sich bedingungslos an die Seite der Ukraine stellen soll und damit Verfassungsbruch begeht, weil wir nämlich unsere Neutralität damit zum Teufel jagen? (Abg. Kogler [Grüne]: Geh bitte! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Haben Sie die Bevölkerung dazu befragt? – Offensichtlich nicht. Sie haben es aber indirekt gemacht, Sie haben es nur nicht verstanden – vielleicht ist auch das ein intellektuelles Problem, das da und dort vorherrscht. Wissen Sie, dass sich die Bevölkerung gegen diesen Kurs entschieden hat? Und wissen Sie, woran man das festmachen kann? – Daran, dass die ehemaligen Großparteien mittlerweile bei 20 Prozent herumgrundeln. (Zwischenruf bei den Grünen.) Die Bevölkerung hat Ihnen am Wahltag schon gesagt, was sie von Ihrer Politik hält.
Sie haben die Bevölkerung auch nicht dahin gehend befragt, ob sie es haben möchte, dass Österreich direkt und indirekt 3 Milliarden Euro, nämlich jene 3 Milliarden Euro, die uns jetzt im Budget noch fehlen, taxfrei in die Ukraine verschiebt; auch das haben Sie sie nicht gefragt. Und Sie haben die Bevölkerung auch nicht dazu befragt, ob Herr Selenskyj heute bei uns Politik machen soll oder nicht. Genau das ist Ihnen am Wahltag auf den Kopf gefallen, und das tut es noch immer. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Neutralität ist eine der wichtigsten Angelegenheiten für die Österreicher, und gerade in einem Gedenk- und Jubiläumsjahr sollte man eben nicht das machen, was Sie hier gerade treiben, nämlich die Neutralität mit Füßen zu treten. Wenn man diese aus dem Blick, aus dem Herr Kanzler Figl und Herr Kanzler Kreisky sie noch gesehen hatten, verloren hat, dann sollte man das Jubiläumsjahr dazu nutzen, um sich vielleicht noch einmal neu zu fokussieren und darüber nachzudenken, ob man jetzt richtig handelt. Ganz ehrlich, eine militärische Neutralität oder die Aufklärung betreffend Neutralitätsbegriffe ist doch vom Verfassungsgeber nicht vorgesehen gewesen, sonst hätte er es nämlich hineingeschrieben. Das ist eine nachträgliche Erfindung von Ihnen, dass man die Neutralität jetzt auch schon zersprageln kann. Das, was Sie uns jeden Tag weismachen, das stimmt doch so nicht! (Zwischenruf des Abg. Oxonitsch [SPÖ].) Die österreichische Bevölkerung steht mit einer großen Mehrheit hinter der Neutralität, und gerade deswegen sollten wir dem auch Rechnung tragen! (Beifall bei der FPÖ.)
Übrigens: Ich weiß auch nicht, ob die österreichische Bevölkerung 700 000 Euro für Gendergerechtigkeit in der Ukraine mitbeschlossen hat – auch das ist eine Frage.
Und wenn wir schon beim Geld sind: Ich habe gestern eine interessante Anfragebeantwortung von Frau Minister Meinl-Reisinger bekommen. Sie von der Bundesregierung – jetzt Frau Meinl-Reisinger, zuletzt war es Herr ehemaliger Bundeskanzler Nehammer, der jetzt zum Banker mutiert ist – sind es doch, die immer mit Geld zu Herrn Selenskyj in die Ukraine fahren. Da stelle ich schon die Frage – nach Informationen aus dem Innenministerium –, warum diese Minister und Bundeskanzler immer dermaßen viel Personenschutz mit sich brauchen. Wissen Sie, was man da hört? – Dass sie mit den Geldkoffern dorthin fahren und diese dem Herrn Präsidenten in die Hand drücken. (Abg. Disoski [Grüne]: Du verwechselst da was, das mit der Sporttasche war dein Chef! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Ihr seid die Sporttaschenpartei!) Die Antwort, die ich von Frau Meinl-Reisinger diesbezüglich bekommen habe, ist: Na, es gibt eh einen Vertrag dazu. – Ich bin gespannt, wie dieser Vertrag aussieht und ob Sie den auch vorlegen werden. Ich habe andere Informationen, ich bin gespannt, wie Sie das rechtfertigen werden.
Übrigens: 4 Millionen Euro dort, 20 Millionen Euro da – auch das ist vom Steuerzahler so nicht genehmigt worden! (Beifall bei der FPÖ.)
Leider läuft mir schon die Zeit davon, aber ich möchte nur noch ganz kurz antizipieren, was heute wohl nicht besprochen wird: Es wird wohl heute nicht darüber gesprochen werden, dass österreichische Politiker und österreichische Journalisten auf ukrainischen Todeslisten stehen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich glaube, darüber wird man heute nicht sprechen. Es wird nicht darüber gesprochen werden, dass man mit der Sprengung der Nord Stream das Energierückgrat ganz Europas sabotiert, wo übrigens Österreich, der österreichische Steuerzahler mit 1 Milliarde Euro mit dabei ist. Es wird wohl nicht darüber diskutiert werden, dass in der ukrainischen Botschaft in Österreich Söldner rekrutiert worden sind – auch das unter Ihren Augen, unter den Augen der Bundesregierung; auch das wird nicht besprochen.
Das Einzige, was man macht, ist, dass man versucht, den Konflikt zu verlängern, um die Verhandlungsposition der Ukraine zu verschlechtern und um möglichst großen Schaden anzurichten. Dann kommt das, was Herr Staatssekretär Pröll gerade gesagt hat: Dann werden wir uns am Wiederaufbau beteiligen. Ich kann Ihnen sagen, wie die Geschichte ausgehen wird: Man macht jetzt möglichst viel kaputt, dann wird das Giebelkreuz alles Mögliche finanzieren, damit man dort wieder alles herrichtet, was man zuerst mit unserem Geld zerstört hat. Am Ende des Tages wird auch Herr Haselsteiner noch ein paar Aufträge bekommen, damit er die NEOS weiterhin sponsern kann.
Das ist die Politik, die Sie nachvollziehen. Das ist die Politik, die Sie machen. Das ist aber nicht die Politik, die man sich in Österreich wünscht! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
15.47
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Ich habe Ihre Redezeit auf 6 Minuten eingestellt.
RN/65
15.47
Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretäre! Werte Abgeordnetenkollegen hier im Hohen Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Österreicher vor den Fernsehbildschirmen und auch hier auf der Galerie! Ja, das, was Sie gerade von meinen Vorrednern, Kollegin Fürst und Kollegen Hafenecker, gehört haben, das kann eigentlich direkt aus Radio Moskau stammen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen.) Das sind die Worte aus dem Paralleluniversum unserer FPÖ. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wieso horchen Sie so oft Radio Moskau? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wo liegt denn der Staatsvertrag, den Sie feiern? Wo liegt denn der?)
Wenn man schon über Geschichte spricht (Abg. Lausch [FPÖ]: Fragen Sie Minnich, der Minnich weiß es!) – ja, Herr Kollege Lausch –: Es gibt einen Bundeskanzler in der Geschichte, der schon gesagt hat: Lernen Sie Geschichte! Um Ihnen einen kurzen Exkurs zu geben, möchte ich Ihnen jetzt schon noch eines sagen, weil Sie das angesprochen haben, Frau Kollegin Fürst: vor 70 Jahren, 1955, der Staatsvertrag, die immerwährende Neutralität Österreichs.
Wissen Sie, was ein Jahr später passiert ist? (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Warum trauen sich der Kanzler und die Außenministerin nicht her? Weil sie euch lieber ins Feuer schicken?) – 1956 wurde der Ungarnaufstand von der Sowjetarmee blutigst niedergeschlagen. Panzer überrollten Menschen, viele Tausende Tote, über Zehntausende wurden verschleppt und nach Sibirien deportiert. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wer hat die Waffen zahlt?) Über 200 000 Menschen sind damals geflüchtet, 180 000 Ungarn sind nach Österreich geflüchtet, die hier aufgenommen worden sind.
Wissen Sie, was die Gründerväter der Neutralität, des Staatsvertrages 1956 gemacht haben? – Sie haben hier eine Resolution und einen Entschließungsantrag gegen den Einmarsch der Sowjetarmee in Ungarn gemacht. Sie haben hier im Hohen Haus Resolutionen gegen die Verbrechen der Sowjetunion mit einem Allparteienbeschluss verabschiedet.
Und wissen Sie, wer damals die Parteien waren, wer die Allparteienriege für diesen Beschluss gegen die Verbrechen Russlands war? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die ehemalige ...! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das war die UdSSR, Sie verwechseln da ein bissel was! Lesen bildet!) – Alle Parteien: SPÖ, ÖVP, FPÖ, inklusive der KPÖ. 1956 gab es nämlich schon die FPÖ, also können Sie sich hier auch nicht aus dieser Verantwortung stehlen. (Ruf bei der FPÖ: Was will er uns sagen?)
Wenn Sie damals gesagt haben, Österreich ist militärisch neutral (Abg. Hafenecker [FPÖ]: ..., wir wollen Frieden verhandeln! Sie wollen Krieg führen!), aber nicht in der Meinung und nicht in unseren Werten, dann stehen Sie doch bitte heute auch dazu! Auch 1968 haben Sie es wieder genauso gehalten. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie haben es irgendwie nicht verstanden, gell? – Ruf bei der FPÖ: Jetzt haben wir die Taferl extra ..., aber noch immer zu komplex!) In diesem Sinne muss man sich schon fragen: Wie ehrlich meint es die FPÖ? (Abg. Steiner [FPÖ] hält die Tafel mit der Aufschrift „FPÖ“, „die soziale Heimatpartei“, „Zeit für Neutralität“ in die Höhe.)
Gibt es überhaupt einen einzigen Abgeordneten in der Riege der FPÖ, der das benennen kann, was sich Putin mit größter Aggressivität in der Ukraine leistet? (Ruf bei der FPÖ: Wir dürfen es ja nicht sagen!) Angriff auf ein souveränes Land, Bruch des Völkerrechts (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Habts ihr vorgestern nicht zugehört? – weiterer Ruf bei der FPÖ: Redet und sagt nichts!), Vergewaltigung Zigtausender Frauen und Einsatz dessen als Waffe im Krieg (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wir haben das sofort verurteilt! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Abg. Wurm [FPÖ]: Hast du geschlafen oder ...? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wir haben das sofort verurteilt!), über 19 000 entführte und verschleppte Kinder – und so weiter und so fort, jeden Tag neue kriminelle Handlungen (Abg. Kickl [FPÖ]: Der Unterschied zu Ihnen ist: Wir verurteilen das überall! Überall! – Abg. Höfinger [ÖVP]: Doppelmoral! Doppelzüngigkeit und Doppelmoral!), ja, Kriegsverbrechen, die man jetzt aufgrund der so großen Anzahl gar nicht mehr wirklich beziffern kann. Ich finde es wirklich beschämend, dass hier von Ihnen nicht ein einziges Mal ein Satz dazu kommt, was hier wirklich passiert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen. – Abg. Wurm [FPÖ]: Hast du geschlafen drei Jahre lang oder was, Kollege?)
Aber die größte Unverfrorenheit ist eigentlich, wenn man sich hier herausstellt und dann redliche Friedensbemühungen - - (Rufe bei der FPÖ: Was? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo sind redliche Friedensbemühungen? – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Hast du deinem eigenen Staatssekretär nicht zugehört?) – Herr Vizekanzler Babler hat heute hier vorgeschlagen, dass man Wien als Ort von Friedensgesprächen einbringt, und Sie reden das schlecht und klein. (Abg. Kickl [FPÖ]: Beim gleichzeitigen Haftbefehl für den, mit dem Sie verhandeln wollen! Großartig! – Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr seids komplett daneben mittlerweile! So weit daneben! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja wie bemühen Sie sich denn um den Frieden? Haben Sie schon mit Herrn Putin telefoniert? Sie haben ja den Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Sowjetunion gibt’s schon seit ... nicht mehr! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Sowjetunion gibt’s nicht, noch einmal! Ich sag’s Ihnen noch einmal!), Nachfolgestaat Russland, abgeschlossen. Also man muss sich ja wirklich fragen: Was ist Ihr Beitrag zum Krieg, ah zum - - Was ist Ihr Beitrag zum Frieden? (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ] – die Tafel mit der Aufschrift „FPÖ“, „die soziale Heimatpartei“, „Zeit für Frieden“ in die Höhe haltend –: Das ist Ihr Beitrag zum Krieg! Ein Freud’scher Versprecher, Herr Kollege! Genau so sind Sie! Das ist Ihr Beitrag zum Krieg! Sie sagen es ganz richtig! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Da leisten wir keinen Beitrag! Sie haben es richtig gesagt! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Das war jetzt die Wahrheit!) – Ja, genau! Ihr Beitrag zum Krieg ist, dass Sie jeden Tag diese Radio-Moskau-Litaneien veranstalten. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Jetzt habt ihr die Wahrheit durchblicken lassen!) Es ist Zeit für Frieden, genau, aber da müssen Sie sich auch einmal redlich dafür einsetzen und redlich darum kümmern. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das war ein Freud’scher Versprecher! Genau so denken Sie!)
Wenn hier gesagt wird, mit dem Besuch Selenskyjs sei die Neutralität Österreichs gefährdet, dann muss man schon dazusagen: Selenskyj hat jedes Land in Europa besucht, die neutrale Schweiz mehrfach besucht, für Friedenskonsultationen. (Ruf bei der FPÖ: Bussi-Bussi, ja!) Da muss man wirklich sagen: Es stimmt einfach nicht, so wie Sie hier an das Thema herangehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
Ändern Sie Ihren Kurs, überdenken Sie, wer der Aggressor, wer der Angreifer ist, wer es redlich meint, wer es ehrlich meint (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr lernt es nie mehr!), wer völkerverbindend ist, wer für den Frieden ist. (Abg. Lausch [FPÖ]: Wenn Sie Friedensverhandlungen führen, na dann ...!) Überdenken Sie diesen Standpunkt, setzen Sie sich dafür ein, dass Wien zukünftig für Friedensgespräche zur Verfügung stehen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Wurm [FPÖ]: War ja super erfolgreich, eure Taktik! Die Taktik war erfolgreich, oder, nach drei Jahren?)
15.54
Präsident Peter Haubner: Da jetzt mehrere Abgeordnete der FPÖ die Tafeln in die Höhe gehalten haben, würde ich jetzt um Folgendes ersuchen: Wir haben ja an und für sich die bestehende Praxis, Schilder nach 30 Sekunden wegzuräumen. Ich habe Sie zuerst eingeladen, dass Sie der Usance des Hauses gerecht werden. Ich würde Sie noch einmal ersuchen, die Tafeln wegzuräumen (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wenn die Grünen den ganzen Tag mit einem Button am Pullover dahocken, ist es wurscht!), damit wir die Diskussion dann weiter fortführen können. (Die Abgeordneten der FPÖ stellen die Tafeln unter die Pulte.) – Danke vielmals.
Frau Abgeordnete Bayr, Sie gelangen als Nächste zu Wort. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 7 Minuten.
RN/66
15.54
Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Vielen Dank. – Sehr geehrte Damen und Herren! Was ist das für ein eigentümliches Verständnis von Neutralität, wenn so getan wird, als würde sie außer Kraft gesetzt, wenn ein Präsident eines anderen souveränen Landes zu Gast ist? (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, NEOS und Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Haben Sie den Schrebergarten schon verkauft?)
Kollegin Fürst hat am Ende ihrer Rede die Schweiz erwähnt. – Ja, das ist, glaube ich, ein ganz guter Gradmesser. Selenskyj war am 14. Juni 2024 – also ziemlich genau vor einem Jahr – in der Schweiz, auf dem Bürgenstock. Wenn die Neutralität der Schweiz seither in sich zusammengebrochen oder sonst irgendetwas Dramatisches passiert wäre, könnte man das nach einem Jahr schon feststellen – ich sehe aber nichts dergleichen. Ich verstehe also wirklich nicht, woher Sie diese Annahme haben, dass das irgendein Problem sein könnte. Wenn es nicht Raum für Debatten gibt, wenn es nicht Raum dafür gibt, darüber zu diskutieren, wie denn auch Österreich als neutrales Land zum Entstehen von Frieden beitragen kann, ja was denn dann? Was denn sonst soll unsere Aufgabe, was denn sonst soll unser Beitrag zu einem möglichen Frieden sein, frage ich mich. (Abg. Kickl [FPÖ]: Vor fünf Monaten haben Sie das Wort Frieden noch nicht einmal rausgebracht!) Also das ist wirklich vollkommen verrückt, wie Sie das darstellen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Lassen Sie mich klarstellen: Österreich steht natürlich seit Tag eins dieses völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der Russischen Föderation auf der Seite der Ukraine, und gerade als neutraler Staat leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Menschen in der Ukraine – für die Menschen –, indem wir bislang 327 Millionen Euro an Unterstützung geleistet haben – an die Ukraine selbst, aber auch an die Nachbarstaaten, in die die Menschen aufgrund dieses brutalen Krieges fliehen mussten.
Dieser Krieg verursacht weiterhin großes Leid, extremes Leid, und damit bleibt auch der Bedarf an humanitärer Hilfe enorm. Gerade im humanitären Bereich ist Österreichs Engagement, weil wir eben neutral sind, auch wirklich beachtlich und sehr breit getragen, von sehr vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen: von Nachbar in Not, der Caritas, von freiwilligen Feuerwehren bis hin zu vielen, vielen Gemeinden, die Hilfslieferungen organisieren und Spitalsbetten, OP-Material oder Schulmöbel spenden. Ich habe vor wenigen Wochen auch involviert sein dürfen, als beispielsweise der Samariterbund ein Rettungsauto für Charkiw gespendet hat und die Ukrainehilfe diese Überstellung abgewickelt hat. All das hilft den Menschen vor Ort, all das ist für Menschen in der Ukraine momentan wirklich lebenswichtig, überlebenswichtig, und wir werden uns das von niemandem schlecht- oder kleinreden lassen – ganz sicher nicht. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Darüber hinaus ist ein anderer ganz wichtiger Aspekt unserer Unterstützung die Entminung, die zivile Entminung. Wir haben bis jetzt 12 Millionen Euro dafür ausgegeben. Da geht es darum, dass große landwirtschaftliche Flächen entmint werden, denn wir wissen genau, diese Landminen sind, wenn sie vergraben sind, vergraben bleiben, eine unglaubliche Gefahr für Zivilistinnen und Zivilisten, ganz besonders für spielende Kinder, aber natürlich auch für die Landwirte. Wir wissen, dass die Ukraine ein großer Agrarproduzent, ein großer Agrarexporteur ist, gerade auch für den globalen Süden, by the way, sehr wichtig. Indem wir beim Entminen helfen, leisten wir auch einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Wiederaufbau der Ukraine – und das tun wir als neutrales Land. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Österreichische Unternehmen haben schon vor Ausbruch des Krieges – und tun es in großem Ausmaß auch noch weiterhin – Arbeitsplätze in der Ukraine geschaffen, etwa 25 000, und sie leisten auch einen großen Beitrag für die Wertschöpfung im Land. Natürlich wird der Wiederaufbau eine Mammutaufgabe sein. Natürlich ist es uns ein großes Anliegen, dass davon nicht einige wenige profitieren, sondern dass dieser Wiederaufbau wirklich breiten Bevölkerungsschichten zugutekommt. Ich freue mich sehr, dass es ziemlich sicher eine österreichische Organisation sein wird, die ganz vielen kleinen Gemeinden, die zu klein sind, um große EU-Töpfe mit über 50 Millionen Euro ansprechen zu können, dabei helfen wird, dass sie in der Lage sein werden, genau dieses Geld vonseiten der Europäischen Union abzuholen, für einen Wiederaufbau des Wohnbaus, der durch den russischen Angriff zerstört worden ist. Das ist etwas, durch das Menschen dann wirklich wieder ein Dach über dem Kopf haben, das ist ausgesprochen wichtig, und ich freue mich, dass da eine österreichische Organisation so erfolgreich dabei ist. Das ist wunderbar.
Natürlich, was zum Wiederaufbau, zum Neuaufbau der Ukraine auch dazugehört, ist die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit der Ukraine und die Bekämpfung der Korruption. Nur so wird es auch einen Weg in Richtung Europäische Union geben.
Und – es ist schon gesagt worden – es wird keine Shortcuts geben oder keine augenzwinkernden Zugeständnisse, sondern nein, natürlich wird auch die Ukraine alle Erfordernisse erfüllen müssen, die notwendig sind, um beizutreten.
Österreich wird sich mit allen diplomatischen internationalen und nationalen Möglichkeiten für einen gerechten, für einen umfassenden und dauerhaften Frieden in der Ukraine einsetzen – alles andere verdient das Wort Frieden nicht. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Das Angebot, Wien als eine solche Plattform für Gespräche anzubieten, herzunehmen, ist wahrscheinlich wesentlich effektiver als irgendwelche Kniefälle ehemaliger freiheitlicher Außenministerinnen vor Herrn Putin, da bin ich mir ziemlich sicher. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Grünen. – Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, nein, die gehört schon noch der ÖVP! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Glauben Sie, hat der Herr Gusenbauer auch Kontakte zu den Russen gehabt? Hat der ... Geld her? ... Schrebergarten gekauft?)
Um zum Ende zu kommen: Es gilt aus meiner Sicht einmal mehr, dass die Rolle Wiens auch als Sitz der OSZE in diesem Zusammenhang Platz greift – wir werden ja im Dezember dieses Jahres ein Ministerkomitee ausrichten. Ich weiß, dass es auch während des Kalten Krieges, wenn Wien Austragungsort von bilateralen oder trilateralen Gesprächen war, sehr oft belächelt worden ist, nach dem Motto: Haha, wie schön! Die OSZE ist aber eine der wenigen Organisationen, bei denen Russland immer noch Mitglied ist, wo es auch eine Möglichkeit der Auseinandersetzung auf Augenhöhe gibt, und ich bin mir sicher, dass dieser Ministerrat – zwar unter finnischer Präsidentschaft, aber in Wien ausgetragen – im Dezember Möglichkeiten bieten wird, da entscheidende Schritte vorwärtszugehen, entscheidende Schritte – wie auch immer die Situation dann aussehen wird, aber jedenfalls entscheidende Schritte – als Wien, auch als Österreich, auch als österreichische Bundesregierung zu gehen.
Das Schöne ist, dass ich weiß, dass die Bevölkerung Österreichs sich diesen Frieden wünscht und auch bei allem, was wir tun, hinter uns steht. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von NEOS und Grünen.)
16.02
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Yannick Shetty. Eingestellte Redezeit: 7 Minuten.
RN/67
16.02
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, es ist nicht zu ertragen, dass manche an einem Tag wie heute so schnell zurück in die Parteipolitik verfallen. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Eigentlich hätte ich gedacht, dass wir heute ein gemeinsames Verständnis haben, dass heute etwas anderes im Zentrum steht: Die Erinnerung (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was denn?) – Frau Belakowitsch, ich sage es Ihnen (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Ihr macht uns nicht zur Einheitspartei! – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Die Pride-Parade?) – an die Opfer von Graz (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Habt ihr ... bei der Pride-Parade? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Pride-Parade hat ja auch stattgefunden! – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Ich habe schon geglaubt, ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), die gemeinsame Trauer, das Mitgefühl, das, was der Herr Klubobmann der FPÖ heute Früh auch angesprochen hat. Ich habe dem zugestimmt und trotz aller inhaltlichen Differenzen, die es zwischen unseren Parteien gibt, auch Beifall bekundet. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, Herr Shetty, es hätte auch der Bildungsminister sprechen können! Der wäre zuständig gewesen!) Vor allem sollte im Zentrum stehen: der feste Wille, alles zu tun, damit so etwas nie wieder in einem österreichischen Klassenzimmer geschieht. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Und deswegen laden wir Selenskyj ein!?)
Doch leider gibt es Kräfte in diesem Haus, denen selbst dieser Moment der Einigkeit nicht heilig ist. Ich glaube, es gibt etwas, was uns Österreicherinnen und Österreicher ausmacht, quer durch alle Bundesländer, Generationen und quer durch alle Parteien: dass wir in der Krise zusammenstehen, Schulter an Schulter. Genau das erwarten sich jetzt auch die Menschen von uns als Politik: dass wir uns als politische Vertreterinnen und Vertreter an einen Tisch setzen, gemeinsam Verantwortung übernehmen, Lösungen erarbeiten. Und es gibt ja auch andere Teile der Opposition – ich denke an Klubobmann Kogler, der hier ganz konkrete Vorschläge gemacht hat. Auch wir als Bundesregierung haben ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgestellt und werden es diese Woche auch noch zur Beschlussfassung im Ministerrat bringen.
Was kommt von der FPÖ? – Keine Lösungen, keine Verantwortung, nur ein parteitaktisches Schauspiel mitten in einer der sensibelsten Sitzungen dieses Parlaments in dieser Gesetzgebungsperiode. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)
Zeitgleich, als der Herr Bundeskanzler hier am Rednerpult stand und der Opfer gedacht hat, und während Sie, Herr Kickl, hier am Rednerpult staatspolitische Verantwortung einforderten, wanderten ihre Abgeordnetenkollegen still und leise zur Nationalratskanzlei und haben diese Dringliche Anfrage eingebracht. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, nicht das - -! ... Parlamentarismus! Na hallo, jetzt reicht es aber dann! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: ... Parlamentarismus habt ihr ...!) Das ist nichts anderes als eine blanke Provokation, eine weitere populistische Scheindebatte über die Neutralität. (Abg. Kickl [FPÖ]: Keine Anfragen, keinen U-Ausschuss, ...!) Es ist ein durchsichtiges populistisches Manöver mit nur einem Ziel: spalten, spalten, spalten. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie des Abg. Kogler [Grüne].)
Herr Klubobmann Kickl, Abgeordnete Fürst hat mit ihrer Dringlichen Anfrage, mit ihrer Begründung alle Ihre Appelle zum Zusammenhalt zur Makulatur gemacht (Abg. Kickl [FPÖ]: Reden Sie doch nicht so einen Blödsinn daher!), weil sie heute alles in den Schatten gestellt hat, was Sie heute Früh eingefordert haben. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Für die falsche Sache werden wir nie zu gewinnen sein, nie!)
Die Menschen erwarten sich nach diesem Amoklauf von Graz, dass wir Konsequenzen ziehen in der Sicherheitspolitik, in der Gewaltprävention (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie ziehen da eine Löwinger-Bühne ab und beschweren sich, dass Parlamentarismus auch noch stattfindet!), im Schutz unserer Schulen, in der Stärkung der psychischen Gesundheit der jungen Menschen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Haben Sie heute in der Früh nichts zu sagen gehabt?) Und sie erwarten sich gerade nicht, dass sich die Politiker in solchen Momenten auseinanderdividieren lassen, sondern dass sie im Gedenken an die Opfer zusammenrücken. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Die Opfer missbrauchen, dass man eure Kriegstreiberei mitträgt! Also tiefer geht ja nicht! – Weitere Rufe bei der FPÖ: Tiefer geht eh nicht! Tiefer geht nicht!)
Und was machen Sie, was machen die Vertreter der FPÖ? – Herr Präsident, ich kann schon weiterreden, ich habe eh das Mikrofon und man hört sie nicht reinbrüllen, aber ich finde es nicht in Ordnung (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na, Sie sind nicht in Ordnung!), dass sie jede Debatte auf diese Art und Weise stören müssen.
Was macht die FPÖ? – Sie spaltet, sie provoziert (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie provozieren!), und Sie betreiben damit Polemik und Parteitaktik in einem Moment, in dem wir genau darauf verzichten sollten.
Und Frau Fürst, man hat bei Ihnen auch das Gefühl, Sie halten es einfach nicht aus, wenn in dieser polarisierten Welt einmal für wenige Tage das Gemeinsame vor das Trennende gestellt wird. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie des Abg. Lindner [SPÖ].) Ich habe das Gefühl, man hat das Gefühl, dass Ihre Parteistrategen dann so richtig nervös werden, denn in der Spaltung liegt Ihre Chance. Das ist Ihr Geschäftsmodell, und deswegen treten Sie hier die Flucht nach vorne an und machen genau das, was Sie gut können, nämlich das Trennende vor das Gemeinsame stellen (Abg. Kickl [FPÖ]: Ich mache jetzt den Psychologen beim Humboldt!), so wie wir es heute auch in dieser Debatte gesehen haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
RN/67.1
Ich möchte aber auch in der Sache noch eine Anmerkung zum Inhalt Ihrer Dringlichen Anfrage machen, Frau Fürst. Darf ich Sie fragen, Frau Fürst, ob Sie schon einmal in der Ukraine waren? Oder Herr Hafenecker? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich war zweimal ...! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist keine Fragestunde! Halten Sie die Rede und setzen Sie sich ...!) Frau Fürst, ich war in der Ukraine, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was soll denn das überhaupt?) – in meinem Fall eine Delegation mit Kollegen von der ÖVP und von den Grünen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich habe sogar gesehen, unter welchen Umständen der Herr Selenskyj gewählt worden ist!) Sie waren jedes Mal auch eingeladen; Sie haben sich geweigert, teilzunehmen. Wir waren in Kiew, wir waren in Butscha (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Schön für euch!), wir haben dort die Massengräber gesehen, wir haben dort mit Angehörigen jener Menschen gesprochen, deren Kinder nach Russland (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da habt ihr viel Spaß gehabt dabei, gell?) verschleppt wurden. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Nein, das ist kein Spaß! – Ruf: Das ist ja unfassbar! – Ruf: Was seid ihr für Leute? – Unruhe im Saal.)
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, glaube ich, nicht, was die FPÖ hier alles Widerliches zwischenruft. Nein, wir haben keinen Spaß dabei gehabt, als wir uns das angeschaut haben. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... Kriegstouristen! Das ist Kriegstourismus!) Wir haben das gemacht, um uns ein Bild zu machen, ein objektives Bild (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen), und ich sage Ihnen: Ich schäme mich dafür, dass sich Abgeordnete hier herausstellen und russische Propaganda vom Feinsten propagieren. Das ist unerträglich! (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist ja unglaublich so etwas!)
Abschließend: Sie kennen unsere Meinung, Sie kennen unsere Haltung (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wie reden Sie über den Bundespräsidenten und sein Buch?), weil wir lange genug Oppositionsarbeit in diesem Haus gemacht haben: In diesem Parlament soll nicht nur, es muss gestritten werden. Aber ich bin der Meinung, wir sind der Meinung, es gibt Tage, an denen muss die Parteitaktik zurückrücken. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na dann tritt doch zurück!) Es gibt noch andere Tage hier im Parlament, an denen man diese Fragen, die Sie heute vorgebracht haben (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Und wann soll man streiten, wenn da von dir aus kein ...?), diskutieren kann. Heute ist kein solcher Tag.
Ich finde das enttäuschend, und ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Ich schäme mich für dieses unser Hohes Haus, dass Sie diese Abmachungen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Welche Abmachung?), dass Sie diese Art und Weise so vorsätzlich missachten. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)
16.08
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Werner Kogler. Die Redezeit habe ich für 8 Minuten eingestellt. – Bitte.
RN/68
16.08
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke schön, Herr Präsident. – Falls Sie es nicht gehört haben, verwende ich gerne eine Minute der Redezeit darauf: Es ist unfassbar, was in dem Haus schon passiert und möglich ist. Abgeordneter Shetty hat vor wenigen Minuten an dieser Stelle ausgeführt – Bezug nehmend auf Ihre (in Richtung FPÖ) Fraktion; Sie hätten in die Ukraine mitfahren sollen –, wie er an den Massengräbern von Butscha gestanden ist. Und von da (in Richtung FPÖ weisend) kam der Zwischenruf einer Kollegin – das ist so unglaublich, dass ich gleich den Namen weglasse –, er hätte dabei Spaß gehabt. – So weit sind Sie (in Richtung FPÖ) hier gekommen, so weit ist es gekommen (Abg. Kickl [FPÖ]: So war es ja gar nicht! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ]), und, Herr Präsident, das können wir – ich sage es noch einmal – nicht durchgehen lassen! (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: So war es ja gar nicht! So war das gar nicht! So war es gar nicht!) Das hat mit einer normalen parlamentarischen Debatte nichts zu tun, das ist die Desavouierung von allem und jedem!
Das ist das Prinzip, das Sie (in Richtung FPÖ) hier anwenden, die ganze Show da. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Schauen Sie bitte die Fotos in den sozialen Medien der NEOS an, wie sie dort dreinschauen!) Ich bin zwar ein bisschen anderer Meinung als Abgeordneter Shetty, dass man an einem Tag, an dem Selenskyj kommt, das schon thematisieren kann – ich werde schon darauf eingehen, ich werde es auch machen (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Der Innenminister lacht Sie aus, ...! Wenn ihr solche Fotos produziert, braucht ihr euch nicht zu wundern!), ein bisschen anders –, aber das ist so unterirdisch, das ist unter jeder nicht nur Würde des Hauses, das ist unter allem, was den letzten Grundkonsens noch zusammenhält.
Genau darum geht es Ihnen ja die ganze Zeit schon: das zu zerstören – deshalb werden sich die anderen Fraktionen überlegen müssen, wie hier ein Umgang zu finden ist –, nur erstens werden wir es uns nicht gefallen lassen, und zweitens werden wir es erzählen. Es sollen genug hören. Wir haben es gehört, was Abgeordnetem Shetty hier vorgehalten wird. Da ist man ja schon wieder sprachlos. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Rücktritt eigentlich!) Das ist ja unfassbar, was Sie hier aufführen! (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)
So! Ja, es wäre ja viel zu diskutieren, wenn Sie nicht dauernd alles umdrehen würden wie Ihre Vorbilder Putin und Trump. Man ist sich hier herinnen eh fast vorgekommen wie beim Putin-Sender, aber am Rednerpult darf man ja viel (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz [FPÖ]), das geht sich ja noch aus. (Abg. Kickl [FPÖ]: Sie erinnern manchmal an den Herrn Jelzin!)
„Zeit für Frieden“ (in Richtung FPÖ weisend); nehmen wir das: „Zeit für Frieden“.
Also erstens einmal bin ich unheimlich dankbar, muss ich fast sagen, der Bundesregierungsspitze – ich nenne Sie ganz bewusst zuerst (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was sagen Sie zum Buch des Bundespräsidenten, Herr Klubobmann?) und dann den Bundespräsidenten, der uns ja nähersteht –, dass Sie Präsident Selenskyj empfangen; damit das einmal klar ist, denn das haben Sie auch alles hineingerührt in Ihren krausen Verschwörungstopfen, den Sie da aufführen. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.) Als ob Selenskyj genau deshalb jetzt nach Wien kommen würde, damit Sie nicht irgendwo eine Zeitungsmeldung mehr haben mit Ihren Tagesauftritten – das ist so absurd (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was dominiert die Medien jetzt? – Abg. Shetty [NEOS]: Er schaut nicht den ganzen Tag FPÖ-TV!), das können Sie ja nicht einmal mehr auf Ihrem komischen AUF-Sender verkaufen, selbst dort biegen sich die Antennen. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Der Plenartag wird auf ORF III verräumt, für den Herrn Selenskyj gibt es eine Sondersendung! So schaut’s aus! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo ist denn die Bundesregierung? – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.)
„Zeit für Frieden“: Jetzt sage ich Ihnen einmal, wo Sie da immer schiefliegen. Es ist gut, dass wir einmal über Frieden und Neutralität reden. „Zeit für Frieden“: Wissen Sie, wir hatten eine Zeitenwende, eine große: 1989/90/91 – das hatte große Auswirkungen auf die Sowjetunion. Die Länder dort, sage ich jetzt einmal salopp, haben sich zum Teil verselbstständigt. Die meisten Atomwaffen der UdSSR standen auf ukrainischem Gebiet. Die sich herauskristallisierende Ukraine hat gegen eine Sicherheitsgarantie eingewilligt, dass die dann Russische Föderation den Zugriff auf die Atomwaffen – nicht ganz ausschließlich, aber in allererster Linie – erhält; gegen eine Sicherheitsgarantie! Es war immer noch Zeit für Frieden, alle haben daran geglaubt. 2000/2001/2002: eine legendäre, eine fast berühmte – aber nur fast! – Rede Putins im Deutschen Bundestag: schalmeienhaft, friedensversprechend. Mittlerweile ist es eine berüchtigte Rede, eine der größten Irreführungen der Geschichte, mit Anlauf – mit Anlauf! –, und da wäre auch immer noch Zeit für Frieden gewesen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: ... Corona ...!) Und die Sache geht weiter.
Es sind nicht mehr viele Jahre vergangen, und der Angriff auf den Kaukasus und auf die Länder dort ist unter unglaublichen Gräueln erfolgt. 2014 – wir haben es damals schon gesagt – war auch die Beteiligung Russlands an der Tragödie, die sich in Syrien abgespielt hat, nachvollziehbar: Fassbomben, Chemiewaffeneinsatz; wir haben die Berichte im Ausschuss gehabt, ich war damals auch Abgeordneter. Es ist bis heute zum Heulen, was es da für Schilderungen gab. Ich sage nicht, dass all das die russische Truppe selber gemacht hat – sie hat sich an den Bombenangriffen beteiligt –, aber sie hat das geduldet und mit herbeigeführt. Das war im Übrigen, wie sich herausgestellt hat und erkennbar wird, Teil einer kommenden hybriden Kriegsführung, weil die damals schon Flüchtlingsströme nach Europa mit befeuern wollten.
Das war die Spielanlage. Das ist Ihr Freund Putin, das ist der, mit dem Sie einen Freundschaftsvertrag haben. Jemand, der mit einem Massenmörder einen Freundschaftsvertrag abschließt, braucht uns nicht zu erklären (Abg. Kickl [FPÖ]: Unglaublich! Unglaublich!), was der Staatsvertrag in Sachen Neutralität bedeutet. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: Die Frau Edtstadler klatscht, die mit ihm durch Wien defiliert ist, zum selben Zeitpunkt! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Frau Edtstadler hat sogar russische Farben angehabt! Gibt’s auch Fotos!)
Deshalb ist es ja so wichtig und richtig, dass das Augenmerk auf das gerichtet wird, was eigentlich die Vorgänge rund um die Ukraine sind. Also für mich ist es immer noch so, dass die Bevölkerung, auch die politische Führung im Übrigen – weil Sie die ja dauernd angreifen – größten Respekt verdienen, weil dort – und man kann es gar nicht oft genug sagen – auch die europäischen Werte verteidigt werden. Es ist ein Angriff auf Europa, der dort passiert, und wenn dem nicht Einhalt geboten wird, wird Putin keine Ruhe geben. Das ist der Unterschied.
So, und was heißt jetzt Frieden? Welcher Frieden? – Es braucht einen wahrhaftigen, es braucht einen gerechten Frieden, aber doch kein Diktat und keine Unterwerfung. Das ist es. Es stimmte noch immer, bis dorthin war Frieden – und all die Sinnsprüche, die da gekommen sind, sind wahrer denn je: Stell dir vor, es ist Frieden und einer macht alles hin! (Abg. Wurm [FPÖ]: Was ist aus den Grünen geworden, Werner?) Das sage ich zu Ihrem Friedenstaferl.
Das ist passiert, und deshalb müssen wir uns hinstellen und sagen, von welchem Frieden wir überhaupt reden. Es wäre gut, wenn heute die Gelegenheiten ausgelotet werden würden. Österreich könnte vielleicht einen kleinen Beitrag für einen vorläufigen Waffenstillstand und dann für einen gerechten Frieden leisten. Das wäre gut und richtig; da verschließen wir uns ja nicht, man muss ja immer mit jedem reden (Abg. Wurm [FPÖ]: Aha! Aha! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ah so, mit jedem!), ja, trotzdem ist meine Analyse von vorhin richtig. Das ist es, worum es geht. Man kann nicht wegschauen und sich – das war Ihr zweites Taferl – auf die Neutralität berufen, wenn es um Massenmord, um Massenvergewaltigung (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, wenn das nur überall gelten würde, Herr Kogler! Überall! – Ruf bei der ÖVP: Das gilt überall!), um Kinderverschleppung und um Folter geht. Das ist die Konsequenz von dem, was Sie hier verbreiten. (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist das Problem!) – Ja, das mag woanders auch gelten, okay (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja eh, aber da hör' ich nix von Ihnen! Da gibt’s auch andere Konflikte, jetzt, gegenwärtig: Schweigen im Wald!), aber da sollten wir auch eine eindeutige Haltung haben. Also uns brauchen Sie das nicht vorzuwerfen. Dass es nicht so sei, da würde ich Ihnen recht geben, aber das ist ein überflüssiger Zwischenruf. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, das ist nicht überflüssig! – Abg. Wurm [FPÖ]: Das ist die Wahrheit, Werner!)
Eigentlich geht es – noch einmal – ums Völkerrecht, wenn wir über die Neutralität reden. Es ist ein völlig völkerrechtswidriger Aggressionsangriff auf die Ukraine – das ist alles eindeutig –, und es muss Schluss sein mit dieser Täter-Opfer-Umkehr, die da laufend betrieben wird. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.) Sie sind ja ärger als Trump. Das Völkerrecht gibt die Selbstverteidigung her, und in diesem Zusammenhang ist die Neutralität zu interpretieren.
Im Übrigen, was unsere Beteiligung über die Europäische Union betrifft – der Staatssekretär hat es ja ausgeführt; das war der Kompromiss in unserer Regierung, diese Linie zu machen –: Es würde neutralitätskonform noch mehr gehen. Ich sage das in aller Bewusstheit, nur weil da falsche Bilder verbreitet werden. Es würde sogar noch mehr gehen, sowohl nach dem Völkerrecht als auch nach unseren Neutralitätsbestimmungen und erst recht, was unsere gemeinsame Verpflichtung im Rahmen der Union betrifft; damit wir das auch noch einmal gesagt haben.
Es wird auch noch gegen die Sanktionen aufgetreten: Das halte ich für den nächsten Blödsinn. Tatsächlich wirken sie langsamer und nicht so direkt, weil sie auch sehr oft umgangen werden, aber es ist gerade für Neutrale sinnvoll, richtig und wichtig, dass es auch diese Instrumente gibt, weil das eine Reaktion ist, die nicht militärisch ist, und zwar per definitionem. Würden Sie einfach sagen: Super, machen wir weiter mit dem Massenmörder superlustige Geschäfte!? Es gibt eh immer noch zu viele (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Raiffeisen macht ...!), und deshalb sollten wir eigentlich die Umgehungen bekämpfen und nicht die Sanktionen; das muss doch jedem Aufrichtigen klar sein. (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ihr Koalitionspartner, der Herr Schüssel, hat sich auch schwergetan, seinen Beratervertrag und sein Aufsichtsratsmandat zurückzulegen!)
Und apropos: Leider, leider – auch da mussten wir Kompromisse machen; und so schließt sich im Übrigen der Kreis zur morgendlichen Budgetdebatte – ist es so, dass eine der Hauptursachen für die Krise Österreichs die 90-prozentige Gasabhängigkeit von Russland war; da rede ich aber nur vom ethischen Problem, das da drinnen steckt. Bis heute – es ist weniger, Gott sei Dank, aber immer noch; vorher war es viel mehr – wurden Milliarden überwiesen, offensichtlich genau für diesen Kriegszweck, auch von Österreich. Das ist, finde ich, nicht in Ordnung. Wir konnten nicht gleich aussteigen, wir mussten über den nächsten Winter kommen – ein Wunder, dass das alles geglückt ist! Erinnern wir uns: Vor drei Jahren sind wir dagestanden und haben nicht gewusst, ob die Voest zugedreht wird, die Spitäler, die Kindergärten oder ob es daheim kalt ist. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ah, da haben Sie schon alle eingesperrt gehabt vor drei Jahren!) Das war doch die Situation – damit wir einmal wissen, von welchen Krisen wir gesprochen haben. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Da waren die Kindergärten schon geschlossen! Von Ihnen!)
Putin setzt das als Waffe ein, und da gehören wir raus. Ich sage Ihnen, Leonore Gewessler hat ein ganzes Paket an Gesetzen, an anderen Bestimmungen, Möglichkeiten und wirtschaftlichen Anreizen geschaffen, damit wir da bis 2027 rauskommen. Selbst auf die Gefahr hin, dass es dort oder da um ein paar Cent teurer wird: Wenn Sie das langfristig rechnen, auch volkswirtschaftlich, ist es deshalb günstiger, weil dieses Bedrohungspotenzial wegfällt (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie haben ganz Österreich zugesperrt vor drei Jahren!), wenn Sie diesen Risikofaktor einpreisen.
Es ist deshalb sowohl unsere wirtschaftliche Pflicht – im Übrigen auch, wenn man so will, unsere ökologische Pflicht, aber das steht jetzt nicht an erster Stelle – und erst recht unsere moralische Pflicht, von dieser Drogennadel, vom russischen Gas möglichst rasch wegzukommen. Das ist wirklich nicht mehr einzusehen. Wir wissen, dass mehrere daran beteiligt waren, dass es so weit gekommen ist – gegen unsere Warnungen, seit, weiß ich nicht, neun Jahren oder elf Jahren; seit 2014.
Auch das sollten wir uns – abschließend – zu Herzen nehmen; ich muss das leider bei aller sonstigen Einigkeit mit den Regierungsparteien kritisch anmerken. Lassen wir die Vergangenheit in dieser Minute ruhen – Sie kennen meine Zitate –, aber wenigstens für die Zukunft sollten wir es schaffen, zumindest ab 2027/28; für diese Jahre wäre alles hergerichtet. Ich hoffe also darauf, dass Sie das einlösen, gerade vor dem Hintergrund der jetzigen Debatte. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
16.19
Präsident Peter Haubner: Herr Abgeordneter Kogler, ich habe den von Ihnen angeführten Zwischenruf nicht wahrgenommen, aus diesem Grunde habe ich das Protokoll angefordert; ich werde mir das dann zeitgerecht anschauen.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/69
16.20
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe mir jetzt vorgenommen, bei aller Emotionalität dieses Themas meine Rede möglichst sachlich, faktenbasiert und faktenorientiert zu gestalten, muss aber, bevor ich damit beginne, schon auf das eingehen, was Kollege Shetty als Vorvorredner gesagt hat.
Erster Punkt: Die Freiheitliche Partei hat Herrn Selenskyj nicht eingeladen. (Abg. Shetty [NEOS]: Das hat niemand behauptet!)
Zweiter Punkt: Die Freiheitliche Partei hat nicht dafür gesorgt, dass die Generaldebatte zum Budget auf den Vormittag verlegt wurde und damit viel, viel näher zur Trauerminute – weil Sie beklagt haben: So nahe bei der Trauerminute beschäftigen wir uns jetzt mit derartigen Dingen. – Das ist im Übrigen Parlamentarismus, Herr Kollege Shetty. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie Tendenzen hier auf den Weg geben, als Klubobmann einer 9-Prozent-Partei zu bestimmen, was wir als 30-Prozent-Oppositionspartei tun dürfen und was nicht, dann geht das erstens in die falsche Richtung und hat zweitens nichts mit dem zu tun, womit NEOS im Jahr 2013 angetreten sind, nämlich als liberale, offene Partei des Parlamentarismus (Beifall bei der FPÖ), sondern Sie haben da in einer sehr, sehr schnellen Geschwindigkeit eine Metamorphose zu einem Verteidiger des Systems gemacht, das eben diese Freiheitsgrade und den Parlamentarismus einschränkt. Da würde ich Sie bitten, einmal darüber nachzudenken. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das war wohl ein Dollfuß-Seminar, was Sie gemacht haben, Kollege Shetty!) Das geht in die falsche Richtung.
Ich bin ein Politiker der Freiheitlichen Partei Österreichs. Die Freiheitliche Partei Österreichs hat eine oberste Maxime, nämlich die Zuwendung zum eigenen Volk und die Vertretung der Interessen der Österreicher. Ich ersuche Sie jetzt, das ganze Thema unter diesem Schirm zu sehen. Wir wollen die Interessen der Österreicher vertreten. Das ist unser Auftrag, und zwar sowohl ökonomisch als auch sicherheitsbezogen, die innere Sicherheit und die äußere Sicherheit betreffend. Hinsichtlich der äußeren Sicherheit hat das Modell der Neutralität seit 1955 als Schutzschirm der äußeren Sicherheit ausgezeichnete Arbeit geleistet, und wir sehen nicht den geringsten Anlass, so etwas Bewährtes zu gefährden oder gar abzuschaffen. Das ist unsere Grundlinie. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn man sich jetzt das gesamte große Bild anschaut, ohne jetzt historische Abrisse vom Zusammenbruch der Sowjetunion zu geben, sehen wir mehrere Felder. Wir haben einen Krieg, wir haben Profiteure, wir haben – ich sage es einmal – Zahler, und wir haben den Bereich der Neutralität. Das hängt ja alles miteinander zusammen. Wir haben einen furchtbaren Krieg in Europa, in dem Europäer sich gegenseitig umbringen. Wir haben bis vor Kurzem hier Parteien gehabt, deren einzige Idee es war: Kämpfen bis zum Sieg und Waffen liefern, bis der Sieg gelungen! (Abg. Herr [SPÖ]: Geh!)
Wir als Freiheitliche Partei haben relativ rasch, im 2022er-Jahr schon, gesagt: Das ist eine vollkommen falsche Lagebeurteilung. (Abg. Herr [SPÖ]: Das hat nichts mit der Realität zu tun!) Das ist ein Irrweg, das werden wir nicht gewinnen. Was wir in den nächsten Jahren haben werden, sind Milliarden an Kosten und Hunderttausende von Toten. Das wollen wir verhindern, vermeiden.
Jetzt höre ich von der Außenministerin, aber auch hier, erstmalig auch von der ÖVP, das Wort Frieden, für das wir als Freiheitliche Partei als Putin-Freunde beschimpft worden sind. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Was heißt „erstmalig“? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Auf diese Absurditäten gehe ich gar nicht ein. Ein Neutraler ist äquidistant. Äquidistant heißt: gleicher Abstand zu - - (Zwischenrufe der Abgeordneten Höfinger [ÖVP], Oxonitsch [SPÖ] und Gewessler [Grüne].) Wir sind äquidistant. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie auch hundertmal sagen, wir haben eine Nähe zu dem und dem – das stimmt nicht!
Also: Dieser Krieg hätte schon längst beendet werden können. Vielleicht hat der Wechsel in Amerika, in den USA, etwas damit zu tun, von der Biden-Administration zur Trump-Administration. Das finden wir gut, das gehört weiter verfolgt.
Schauen wir uns die Profiteure an: Das sind nicht die Österreicher, das ist nicht die österreichische Bevölkerung. Was da seit drei Jahren stattfindet, ist doch eine brutale Ausweitung der Rüstungsindustrie. Die ganz großen Profiteure sind die Rüstungskonzerne. Das ist eigentlich ganz komisch, Kollege Kogler, dass du jetzt da offensichtlich bewusst oder unbewusst der größte Proponent und Förderer der Übergewinne der Rüstungskonzerne wirst. Also das muss einmal einer verstehen! Wir sind das nicht, denn wir sind keine Aktionäre von Rheinmetall oder sonst jemandem. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Gödl [ÖVP] und Herr [SPÖ].)
Unsere Verantwortung besteht darin, die Interessen der Österreicher zu vertreten. Da sind wir jetzt beim Zahler. In diesem großen Feld sehe ich die Österreicher als große Zahler. Wo ist da der Nutzen? Wir haben jetzt die Budgetsitzungen, es geht uns eh das Geld hinten und vorne aus. Wir machen - - Oder nicht wir, sondern Sie als Regierung machen ja Budgetdefizite ohne Ende, aber das ist trotzdem egal. Wir zahlen 3,7 Milliarden Euro an die Ukraine.
Der Schmäh mit: Wir finanzieren keinen Krieg, die Friedensfazilität – im Übrigen ein sehr eigenartiger Ausdruck für Waffenfinanzierungen –, damit zahlen wir ja keine Waffen!, zieht nicht. Das ist so, wie wenn ich sage: Der österreichische Beitrag ist jetzt ein Glas hier (ein halb volles Wasserglas in die Höhe haltend), das sind 3 Milliarden Euro, das schütten wir in ein Schwimmbad rein, dann kommt die EU, nimmt einen Kübel Wasser heraus und kauft damit 1 000 Panzer. Wie wollen Sie denn das feststellen? Natürlich sind da österreichische Tropfen dabei. Das ist doch absurd, eine Kleinkinderlogik, zu sagen: Wir zahlen keine Waffen, mit unserem Geld werden nur Entminungen und Ähnliches bezahlt. – Das stimmt ja so nicht. Die Österreicher zahlen 3,7 Milliarden Euro – das ist viel, viel Geld.
Der vierte Bereich: die Neutralität. Noch einmal: Das ist ein Erfolgsmodell seit 1955. Das ist sehr wohl ein Schutzschild betreffend die äußere Sicherheit. Allerdings haben wir als Österreich schwer versagt – und da schaue ich jetzt Kollegen Volker Reifenberger an –, was die eigene Verteidigungsfähigkeit betrifft. Da haben wir 25 Jahre oder noch länger unsere eigene Verteidigungsfähigkeit strengstens oder schärfstens vernachlässigt. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: ÖVP-Verteidigungsminister!) Wir sehen es nicht als dienlich. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Kunasek!)
Die Neutralität ist im Übrigen, das wissen Sie, völkerrechtlich keine Einbahnstraße. Das ist ja nicht so: Ich erkläre mich jetzt als neutral und mache dann permanent als Regierung Handlungen, die mit der Neutralität nicht vereinbar sind beziehungsweise von den Staaten als nicht mit der Neutralität vereinbar empfunden werden – dann war es das mit der Neutralität! Das beruht doch auf Reziprozität! (Abg. Reiter [ÖVP]: Welche Staaten empfinden das?) Die Gefahr, in die wir uns da begeben, ist ja auch klar: dass wir in einem Konflikt legitimes Ziel werden, Legitimate Target, wenn wir diese Neutralität international aufgeben.
Jetzt erzählen Sie mir nicht, dass die Tatsache, dass die Frau Außenministerin bei ihrem ersten Besuch nach Kiew fährt, 20 Millionen Euro zusätzlich mitnimmt, dass die Tatsache, dass Präsident Selenskyj nach Österreich eingeladen wird, in das neutrale Österreich, der internationalen Rezeption unserer Neutralität dienlich ist – ganz im Gegenteil –, und dann – da wird es ja noch absurder – reden Sie irgendetwas von: Wien sollte dann Ort der Verhandlungen sein. – Das wird so nicht stattfinden. Da muss man die Dinge zu Ende denken. Das kann sich nicht ausgehen. Das ist nicht logisch. Es wird Genf werden, es wird Istanbul werden et cetera. Das heißt, bei Ihnen klaffen Wunsch und Realität vollkommen auseinander. Das Einzige, was wir wollen, ist eine realitätsbezogene Politik im Interesse unserer eigenen Landsleute, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der FPÖ.)
16.28
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gudrun Kugler. – Ich habe Ihre Redezeit auf 5 Minuten eingestellt, Frau Abgeordnete.
RN/70
16.28
Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt 40 Minuten lang Reden von den Freiheitlichen gehört und keine einzige Sekunde, kein einziger Halbsatz war eine Verurteilung des brutalen Angriffskriegs, der Eskalation und der zivilen Opfer. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Und als Kollege Minnich über die Kriegsverbrechen gesprochen hat und über die Vergewaltigungen, da haben einige von Ihnen schallend gelacht. (Widerspruch bei der FPÖ. – Abg. Mölzer [FPÖ]: Also bitte!) – Ja, diese Seite, in der Mitte Kollege Lausch – ich sitze direkt daneben –, hat schallend gelacht. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Der ist nicht einmal da!)
Stattdessen, statt einer Verurteilung der Kriegsverbrechen, hören wir von Kollegen Kassegger: Äquidistanz gegenüber Russland, dem Angreifer, und der Ukraine. Wir hören von Frau Kollegin Fürst: Wir packen die „Moralkeule“ aus. – Das ist eine falsch verstandene Neutralitätspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir haben eine diplomatische Verantwortung, und die Übernahme derselben bedeutet keine Gefährdung der Neutralität. Auch andere Länder sehen das so. Wir haben bereits über die Schweiz gesprochen. Ein Beispiel, das nicht gefallen ist, ist der Vatikan. Auch dort war Selenskyj auf Besuch.
Ich sage Ihnen noch etwas: Sie meinen vielleicht, wir nehmen – einseitig – Seiten ein und treffen nur die einen. Wir würden mit allen reden. Bei der OSZE, in der parlamentarischen Versammlung – das ist das beste Beispiel –, haben sich die österreichischen Abgeordneten quer über alle Parteien für einen Verbleib Russlands in der parlamentarischen Versammlung eingesetzt, weil wir an den Dialog glauben. Der heutige Besuch ist eine Manifestation eines solchen Dialogs. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Frau Kollegin Fürst: Ja, die Ukraine geht uns schon etwas an. Sie wissen vielleicht, von Wien bis zu Grenze der Ukraine sind es nur 400 Kilometer. Wie sollen wir hier in Frieden leben, wenn in unserer unmittelbaren Nachbarschaft die Bomben fliegen? (Ruf bei der FPÖ: Darum wollen wir ja Frieden in der Ukraine!)
Herr Kollege Hafenecker, Sie haben gesagt: Ja, die Österreicher wollen das nicht, weil die FPÖ ein gutes Wahlresultat hatte! – Ich sage Ihnen etwas: 71 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben nicht die FPÖ gewählt, und diese Leute setzen sich sehr wohl für den Frieden ein. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber nicht alle! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die Meinungsumfragen sagen auch ganz eindeutig, dass drei Viertel der Österreicher (Abg. Steiner [FPÖ]: Das sind aber drei ...!) für eine Unterstützung der Ukraine sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, man könnte ja die Bevölkerung ...! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wenn das die Wahlanalyse ist, ist klar, warum wir jetzt schon bei knapp 40 Prozent liegen!)
Es gibt schon so etwas wie eine Wertegemeinschaft in Europa. (Zwischenrufe der Abgeordneten Michael Hammer [ÖVP] und Schnedlitz [FPÖ]. – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) Da gehören zum Beispiel die Menschenrechte dazu, aber da gehört auch die territoriale Integrität dazu. Und was hören wir an Vorschlägen von der FPÖ? – Der Stärkere soll es sich richten können. Das ist kein Miteinander-Lösungen-Finden und das ist kein dauerhafter und kein gerechter Friede.
Was wir heute gesehen haben, nämlich wie sie mit der Taferlfrage umgegangen sind, ist ein gutes Beispiel dafür, wie Sie Miteinander verstehen. Wir haben einen Konsens im Parlament, dass die Taferl nur kurz stehen. Sie lassen sie 30 Minuten dort, und der Präsident muss mehrfach freundlich bitten, dass Sie sich an die gemeinsamen Usancen halten. Das ist nicht Respekt, das ist Pubertät. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].)
Herr Kollege Kassegger hat gesagt: Also von Frieden haben wir von der ÖVP noch nie etwas gehört! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Entschuldigung: Zuhören könnte vielleicht helfen! Wir sprechen von Tag eins an von Frieden. (Rufe bei der FPÖ: Nein! Nein!) Wissen Sie - - (Abg. Wurm [FPÖ]: Nein, Frau Kollegin! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Ihr eigener Staatssekretär heute nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Alleine, wenn Sie sich meine Postings dazu anschauen: von Tag eins.
Ein Weg zum Frieden hat mit Dialog zu tun. Ich sage Ihnen, wir sehen das an vielen Beispielen. Im Dialog können Fortschritte gemacht werden. Der Gefangenenabtausch und die Fortschritte bei den Verhandlungen für die Rückkehr entführter Kinder: Das sind kleine Schritte, aber es sind wichtige Schritte, und wir werden an diesem Dialog festhalten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Herr [SPÖ].)
Mehr als drei Jahre illegaler Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, jeden Tag weit mehr als tausend Tote: Österreich kann und muss einen Beitrag leisten, und ja, das beginnt bei der humanitären Hilfe. Alleine das Beispiel Entminung wurde schon gebracht, Entminung, die wiederum für die Kinder so wichtig ist, die einen Lebensraum brauchen.
Wir werden uns weiterhin für diesen Frieden einsetzen, weil wir Solidarität richtig verstehen, und uns für den Frieden auf Basis einer richtig verstandenen Neutralität einsetzen. Nur dann und nur so erreichen wir einen Frieden, der dauerhaft und gerecht ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
16.33
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klaus Seltenheim. – Ich habe Ihre Redezeit auf 5 Minuten eingestellt, Herr Abgeordneter.
RN/71
16.33
Abgeordneter Klaus Seltenheim (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen und auf der Besuchergalerie! Schade, dass es der FPÖ immer nur um Inszenierung geht. Ich habe mir ein bisschen schwergetan, wie man am heutigen Tag mit dieser Dringlichen Anfrage umgeht. (Ruf bei der FPÖ: Ja, das glaube ich!) Einerseits haben wir die Budgetdebatte, andererseits – Kollege Shetty hat es schon angesprochen – blicken wir natürlich auch immer noch in Richtung Graz.
Die Tischdeko der FPÖ, aber vor allem auch das Eingangsstatement der Kollegin Fürst haben es dann ein bisschen leichter gemacht. Man muss, glaube ich, ein paar Dinge einordnen: Neutralität bedeutet vor allem Unabhängigkeit von allen Machtblöcken. Die FPÖ will uns heute mit ihrer Dringlichen weismachen, dass der Besuch von Präsident Selenskyj unsere Neutralität gefährde. Tatsächlich versucht die FPÖ mit dieser Inszenierung, von ihrem eigenen Kurs abzulenken (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Frieden ist ein böses Wort, haben wir gelernt, das ist nämlich draufgestanden!), der eigentlich seit Jahrzehnten die Neutralität in diesem Land aushöhlt und immer mehr die Interessen Putins bedient. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.)
Ich möchte Sie da ganz kurz auf eine Zeitreise mitnehmen. Diese Zeitreise veranschaulicht ganz gut, wie die SPÖ – ein Freud’scher Versprecher, hopsi (Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, ihr habt ja wirklich die Butter ganz dicht da oben! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das wird selber ein Freud’scher Versprecher gewesen sein!) –, wie die FPÖ die österreichische Neutralität sieht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Vielleicht weiß er nicht, was ein Freud’scher ist!), nämlich immer nur als innenpolitischen Spielball; wenig überraschend, denn auf Bundesebene steht die FPÖ ja wenig für Ernsthaftigkeit und schon gar nicht für Verantwortung. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Entweder er weiß wirklich nicht, was ein Freud’scher ist, oder er hat sich jetzt wirklich offenbart!)
Am 26. Oktober 1955 stimmte der VDU, die Vorgängerorganisation der FPÖ, als einzige Fraktion in diesem Haus gegen das Neutralitätsgesetz. 1997 brachte Jörg Haider einen Entschließungsantrag ein, um Verhandlungen über einen Nato-Beitritt von Österreich zu beginnen. (Abg. Kickl [FPÖ]: War nicht alles gscheit!) Die FPÖ erklärte damals die Neutralität für obsolet. Jörg Haider, der Übervater der FPÖ, wollte Österreich in die Nato führen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Wer war da Generalsekretär? – Abg. Kickl [FPÖ]: War nicht alles gscheit!)
2014 entsandte die FPÖ Spitzenfunktionäre als Wahlbeobachter auf die bereits von Russland besetzte Krim. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, da war der Gusenbauer noch Chefberater drüben!) Sie erklärte das Scheinreferendum für legitim und stellte sich offen an Putins Seite. Am 19. Dezember 2016 unterzeichnete die Parteiführung einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland (Abg. Kickl [FPÖ]: Da war Putin Staatsgast von Van der Bellen), und erst unter öffentlichem Druck 2024 begann sie, diesen zu relativieren. Seit Oktober 2022 fordert die FPÖ eine Volksbefragung zur Aufhebung aller EU-Sanktionen gegen Russland. Das alles zeigt sehr schön: Die FPÖ ist nicht Beschützerin, sondern Gefährderin der Neutralität. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie ist einmal Vorkämpfer der Nato, dann Kreml-Sprachrohr – ein Schelm, wer dabei Böses denkt!
Seit Kriegsbeginn unterstützt Österreich die Ukraine mit humanitärer Hilfe, streng kontrolliert über UNO, das Rote Kreuz und die Caritas. Das ist gelebte Neutralität: Wir liefern keine Waffen, wir retten Leben und lindern Leid! (Beifall bei der SPÖ.)
So wie eingangs schon gesagt: Neutralität bedeutet die Unabhängigkeit von Machtblöcken, nicht die Abhängigkeit von Moskaus Propaganda. Wer Freundschaftsverträge mit Putins Partei unterschreibt, Scheinreferenden legitimiert und Sanktionen torpediert, kann sich nicht zum Schutzpatron der Neutralität erklären. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die SPÖ steht für das Völkerrecht, das Russland vehement bricht, und für Neutralität mit Rückgrat. Darum sage ich, die FPÖ ist Österreichs größte Sicherheitslücke. Unser Platz bleibt an der Seite der Demokratie, von Völkerrecht und Neutralität. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Gasser [NEOS].)
16.37
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Veit Valentin Dengler. – Ihre freiwillige Redezeit beträgt 5 Minuten. Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/72
16.38
Abgeordneter Veit Valentin Dengler (NEOS): So, also auch an diesem Tag, an dem wir eigentlich an Graz denken sollten und an dem Herr Präsident Selenskyj zu Besuch ist, müssen wir uns mit dem Psychodrama der FPÖ beschäftigen. Dann tun wir das. (Abg. Kickl [FPÖ]: Sie müssen nicht, Sie können sich auch wieder niedersetzen!) – Na, na, ich tue es gern, Herr Kickl, ich tue es gern. Wir wissen inzwischen auch, wie lange Sie eine staatsmännische Pose durchhalten: ungefähr 2 Stunden – von Ihrer ersten Rede, die sehr vernünftig klang, bis dann zu dem Selenskyj-Besuch. (Abg. Shetty [NEOS]: Die Halbwertszeit! – Abg. Kickl [FPÖ]: Oberlehrer und Chefpsychologe!)
Ich frage mich hier oft, warum Sie das tun, warum Sie so stark für Russland Partei ergreifen. Ich glaube, die erste Frage ist: Tun Sie das? – Diese Dringliche Anfrage wird für die Historiker ein interessantes Beispiel sein, wie sehr Sie in der Tasche Moskaus stecken.
Ich fange einmal mit der Frage Nummer 4 an: „Wird Präsident Selenskyj mit allen protokollarischen Ehren empfangen – und wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?“ – Es ist ein offizieller Besuch. Der Herr Bundespräsident lädt ein. Der Herr Bundespräsident ist auch Oberbefehlshaber des Heeres, wie Sie wissen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Und das wissen wir seit der Beantwortung der Frage 1!) Das heißt, ein Begrüßungsakt ist Routine, wie er es für alle anderen Staatsoberhäupter auch ist.
„Welche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wird Selenskyj im Rahmen seines Besuchs treffen [...]?“ – Sie fragen dann auch in Frage 24: „Warum wurde der Hauptausschuss des Nationalrats nicht im Vorfeld über den Besuch und dessen Inhalte informiert?“ – Wir leben in einer Demokratie, weder Einladungen noch Besuche durch den Herrn Bundespräsidenten müssen irgendwie vorher vom Parlament behandelt, geschweige denn genehmigt werden. Ich glaube, das zeigt schon, was für ein - - (Abg. Wöginger [ÖVP]: Der ist auch nicht informiert worden, wie die Kneissl geheiratet hat! – Abg. Kickl [FPÖ]: Da waren aber mehr von euch dabei als von uns!)
Was aber wirklich interessant für mich ist, ist dann die Frage 36: „Ist dem Bundeskanzler bekannt, dass auf den Seiten ‚Mirotworez‘ und ‚Molfar‘ zahlreiche österreichische Staatsbürger, darunter Journalisten und Politiker, namentlich als ‚Staatsfeinde‘ gelistet werden?“
Für die von uns, die diese Websites nicht kennen: Das sind sogenannte Osint-Seiten, also Open Source Intelligence, offen gesourcte Nachrichten. Myrotworez ist übrigens von einem Poroschenko-Minister gegründet worden, also von der jetzigen Opposition zu Selenskyj, und Molfar ist eine klassische Osint-Seite, wie wir sie kennen. Und da gibt es tatsächlich einen Tab „Feinde der Ukraine“, und wenn Sie dort draufklicken – das ist sehr interessant –, dann sehen Sie verschiedene Kategorien, nämlich „Russische Kriegsverbrecher“, wo versucht wird, Kriegsverbrecher zu identifizieren, „FSB“-Agenten, die auch durch Osint-Methoden zu identifizieren versucht werden, und dann gibt es die sogenannten „Ausländischen Propagandisten“ für Russland.
Wenn man da auf Österreich draufklickt, kommen zehn Namen. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie mich auf diese Fährte gebracht haben, ich hätte mir das sonst nicht so angeschaut. Die zehn Namen, die da unter Österreich zu finden sind, sind sehr interessant: zuerst Ulrike Guérot und Ulrike Reisner, zwei Publizistinnen, die ein bissel falsch abgebogen sind, dann Irina Moutchkina – die kennen Sie vielleicht, die ist von der Vereinigung der Russen in Österreich – und Oleg Ksenofontov – das ist der Leiter des Russischen Kulturinstituts –, weiters Stefan Magnet – das ist der Gründer von „AUF1“, kennen Sie sicher gut – und Alexander Markovics, der Gründer der Identitären Bewegung in Österreich. Weiters finden Sie da Werner Murgg von der KPÖ – den kennen wir leider alle, die Steirer von uns auf jeden Fall –, und drei FPÖ-Politiker: Harald Vilimsky, Herbert Kickl und Robert Stelzl. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Das ist aber nicht lustig! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und das finden Sie witzig? – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Eine Todesliste!)
Als Frage 37 schreiben Sie: „Welche Schritte hat die Bundesregierung [...] unternommen, um gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten österreichischer Staatsbürger auf diesen Seiten vorzugehen?“
Wissen Sie, was auf dieser Seite drauf ist? – Da ist drauf Ihr Instagram-Handle, da ist drauf Ihr Twitter-Handle, und es sind drei oder vier Zitate zu finden, was Sie so zur Ukraine geschrieben oder gesagt haben. That’s it! Und wenn Sie das so schmerzt, wenn Sie sich deswegen solche Sorgen machen, dann sollten Sie sich vielleicht einmal überlegen: Warum wollen Sie eigentlich ausländische Propagandisten für Russland sein? – Das wäre meine Frage dazu. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Kickl [FPÖ]: Kennen Sie überhaupt die Bedrohungslage der Leute, über die Sie da reden?)
Und dann müssen wir natürlich jedes Mal über Ihr Heiligtum reden, das ist die Neutralität. Lustigerweise war mein Vater Legationssekretär in den Fünfzigerjahren und am Rande an den Verhandlungen über die Neutralität beteiligt. Mein Großvater war mit Figl bekannt, und der hat damals ganz klar gesagt: Die Neutralität ist die Kröte, die wir für unsere Unabhängigkeit schlucken müssen. Und wie schon gesagt: Die FPÖ war ja immer gegen die Neutralität.
Frau Fürst, Sie haben zwei Sätze aus dem Neutralitätsgesetz vorgelesen. Wissen Sie, wie lang das Neutralitätsgesetz ist? – Es ist drei Sätze lang. Sie haben nur den dritten Satz nicht vorgelesen, und wenn Sie den vorgelesen hätten, wüssten Sie auch, was drinsteht, nämlich dass wir keinem militärischen Bündnis beitreten werden und dass es keine fremden Truppen in Österreich geben soll. (Abg. Kogler [Grüne]: Genau!) Das ist es. Das ist unsere Verpflichtung nach dem Neutralitätsgesetz. Alles andere ist irgendein Popanz, den Sie dazuerfinden, was Sie gerne hätten oder was Moskau gerne hätte. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, nein, das ist ein bisschen komplizierter! – Abg. Reifenberger [FPÖ]: Neutralität ist völkerrechtlich definiert!)
So, und jetzt komme ich zurück auf das Thema des Motivs, denn was mich immer beschäftigt, ist: Warum ist die FPÖ unbedingt immer auf der Linie von Moskau? Wenn man Ihre Rhetorik liest: Ich war Student in den Achtzigerjahren, wissen Sie, welche Partei damals so geredet hat, immer über Frieden geredet hat – Frieden, Frieden, Frieden? – Die KPÖ, nicht die FPÖ; die FPÖ war für den Nato-Beitritt. Die KPÖ hat immer über Frieden geredet: Wir sind für den Frieden!, hat Friedensdemonstrationen organisiert und so weiter. In der DDR, wie Sie ja auch wissen, gab es mehrere Parteien. Da gab es ja Liberale und Christdemokraten und so weiter in der DDR-Volkskammer. Sie wissen auch, wie die hießen, das waren die sogenannten Blockflöten, weil die halt immer nachgeflötet haben, was die Kommunistische Partei vorgegeben hat.
Sie geben sich so gern als Patrioten, und die Frage, die ich Ihnen stelle: Für welches Land sind Sie Patrioten?, denn Blockflöten sind keine Patrioten. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)
16.44
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meri Disoski. Als Redezeit habe ich 5 Minuten eingestellt.
RN/73
16.44
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke für das Wort, Herr Präsident! Sehr geschätzte Staatssekretärin! Sehr geschätzte Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jetzt haben wir es schon gehört: Präsident Selenskyj besucht heute Österreich. Jetzt wissen es alle, vielleicht auch dank der Dringlichen der FPÖ. Er ist Präsident eines Landes, das seit drei Jahren gegen diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den Russland führt, kämpft, die Bevölkerung leidet. Und der FPÖ fällt heute einmal mehr nichts anderes ein, als eine Dringliche Anfrage einzubringen, die ein weiteres Kapitel in ihrer langen, langen, langen Geschichte der politischen Anbiederung an den Kreml darstellt. Diese Dringliche Anfrage, Kolleginnen und Kollegen, ist kein Ausdruck von Sorge um unsere Verfassung oder um unsere Neutralität, sie ist ein politischer Kniefall vor Russland, und das nicht zum ersten Mal in Ihrer Geschichte. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben es heute schon ein paarmal gehört, ich erinnere gerne nochmals daran: Der Knicks Ihrer Außenministerin Karin Kneissl vor Wladimir Putin auf ihrer eigenen Hochzeit vor den Augen der Weltöffentlichkeit, das war nicht einfach nur irgendein diplomatischer Fauxpas, das war ein sichtbares Zeichen (Abg. Shetty [NEOS]: Der Äquidistanz!) blauer Unterwerfung unter einen Autokraten – das war es.
Und heute setzen Sie mit dieser Dringlichen dieses Knicksen auf einem anderen Weg, auf eine andere Art und Weise fort, mit einer Dringlichen, in der Sie versuchen, die Verantwortung umzukehren. Sie versuchen, den Täter zum Opfer zu machen. Sie versuchen, einen Präsidenten, der um den Fortbestand, um das Überleben seines Landes kämpft, zu einer Provokation zu erklären, während Sie gegenüber dem Kriegsverbrecher schweigen.
Sie tun so, als würde ein Besuch von Selenskyj Österreichs Neutralität gefährden, und da widerspreche ich Ihnen mit großer Vehemenz. Nein, Neutralität bedeutet ganz sicher nicht, ganz, ganz sicher nicht, dass wir nicht wissen, auf welcher Seite wir stehen, wenn Unrecht passiert. Neutralität heißt nicht, dass wir gegenüber Kriegsverbrechern und Kriegsverbrechen gleichgültig sind.
Wir dürfen niemals gleichgültig sein, wenn wir an Butscha oder an Irpin denken, so wie es auch Klubobmann Shetty vorhin ausgeführt hat: Dort wurden Zivilistinnen, Zivilisten auf offener Straße exekutiert, mit gefesselten Händen, mit Einschusswunden am Hinterkopf. Das sind keine tragischen Begleiterscheinungen eines Krieges, das sind systematische Kriegsverbrechen, das ist staatlich organisierter Terror. (Abg. Kogler [Grüne]: Jawohl! So ist es!) Und wer angesichts dessen Neutralität einfordert, relativiert das Unvorstellbare! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kogler [Grüne]: Bravo!)
Und wenn Sie, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, angesichts zerbombter Geburtskliniken, vergewaltigter Frauen und Tausender verschleppter Kinder einer österreichischen Regierung tatsächlich Kritik entgegenstellen, weil sie der Ukraine die Hand reicht, dann stehen Sie nicht auf dem Boden der österreichischen Verfassung, sondern auf dem dünnen Eis politischer Verirrung. Deshalb sage ich Ihnen heute nochmals hier mit aller Eindeutigkeit, und wir haben die Reden auch der vorherigen Fraktionen gehört: Vier Fraktionen in diesem Haus stehen an der Seite der Ukraine, nur eine Fraktion, eine Partei steht regelmäßig an der Seite Russlands (Abg. Kickl [FPÖ]: Nein!), und das sind Sie, die FPÖ. (Abg. Pracher-Hilander [FPÖ]: Nein, das stimmt nicht!)
Sie erweisen mit Ihrer Dringlichen Anfrage Österreich keinen Dienst. Sie stellen sich vielmehr in den Dienst eines Regimes, das die Pressefreiheit abschafft, das Menschenrechte missachtet und das einen brutalen völkerrechtswidrigen Eroberungskrieg führt. Das ist, was Sie heute machen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Ja, Österreich hat seit Kriegsbeginn die Ukraine unterstützt: finanziell, humanitär, medizinisch, strukturell. Das war notwendig, das war richtig, und das ist es auch weiterhin. Deshalb – bei allem Konsens, den es hier mit den anderen Parteien gibt – muss ich trotzdem anmerken und kritisieren, dass in diesem aktuellen Budget, das beschlossen werden soll, gerade bei der humanitären Hilfe gekürzt wird. Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien, das ist sehr problematisch, und wir erachten das als falsch, weil klar ist: Solidarität kürzt man nicht. Solidarität lebt man vor allem in Krisenzeiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Für uns ist auch klar: Hilfe ist mehr als Geld. Hilfe heißt auch, dass man politische Verantwortung übernimmt. Die Ukraine will in die Europäische Union, das haben wir schon vorhin gehört, da gehört sie auch hin – vielleicht nicht gleich morgen, aber in Zukunft. Das ist der Weg, den die Ukraine nehmen soll: in die Europäische Union, und unsere Aufgabe hier als österreichische Parlamentarier:innen, auch der österreichischen Regierung ist es, sie bei jedem Schritt dorthin zu unterstützen, wo und wie wir nur können, so wie das in der Vergangenheit auch unsere Ministerinnen Gewessler und Zadić gemacht haben, beispielsweise bei der interministeriellen Zusammenarbeit. Wir hoffen sehr und sind sehr zuversichtlich, dass auch die jetzige Regierung diesen Weg fortschreiben wird.
Eine Sache ist auch noch klar – ich glaube, Kollegin Bayr hat das ein bisschen in den Raum gestellt –: Auch Europa selber muss sich handlungsfähiger machen, muss handlungsfähiger werden. Deswegen setzen wir Grüne uns auf europäischer Ebene dafür ein, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der EU-Außenpolitik fällt, weil wir in der Vergangenheit gesehen haben, wie nationale Vetos Europa lähmen und wie das genau jenen nutzt, die Europa von innen heraus schwächen wollen. Es ist ja kein Zufall, dass diejenigen, die den Rechtsstaat, die Pressefreiheit, die Minderheitenrechte aushöhlen wollen, häufig auch dieselben sind, die die Nähe zu Putin suchen. Das sind, Herr Kickl, Ihre guten Freunde, ob sie Orbán oder Fico heißen, die kennen Sie sehr gut. Sie bezeichnen sie ja auch als Ihre Vorbilder.
Ich möchte aber abschließend noch zu dieser Dringlichen Anfrage kommen, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Ich habe mir die letzte Frage hier hervorgehoben, Frage Nummer 45, da fragen Sie: „Sind in den nächsten Monaten (bis Ende 2025) weitere Besuche österreichischer Politiker in der Ukraine geplant? [...] Wenn ja, wer wird in die Ukraine reisen?“ – Ich hätte da eine Gegenfrage an Sie: Plant denn die FPÖ in nächster Zeit Besuche in Russland? Wenn ja, wer reist und wer zahlt? (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Nein, weil wir unsere Neutralität nicht opfern wie Sie! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Gibt es dann vielleicht wieder ein Selfie vor dem Kreml und einen neuen Freundschaftsvertrag, aber diesmal abgeschlossen mit einem Mann, gegen den ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen vorliegt? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)
16.50
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Martin Graf. Ich habe Ihre Redezeit auf 5 Minuten eingestellt. (Abg. Shetty [NEOS]: Jetzt bin ich gespannt, weil die Russlandfreundlichkeit passt eigentlich nicht ins Weltbild! – Abg. Kogler [Grüne]: Hauptsache durcheinander!)
RN/74
16.51
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Danke, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Seien Sie nicht ungehalten, wenn ich in diese bellizistische Runde vielleicht ein bisschen eine andere Meinung einbringe – das wird im Parlament in diesem Zusammenhang vielleicht noch gestattet sein.
Ich repliziere nur auf ein paar Themen: Frau Kollegin Bayr, ich kann vieles von Ihren Inhalten teilen. Sie haben den „Raum für Debatten“ gefordert. – Ja, wir wollen auch Raum für Debatten in der Ukrainefrage (Abg. Kogler [Grüne]: Ist eh okay!), in den Zahlungsverpflichtungen, die wir eingehen, in der Kriegsangelegenheit hier im Parlament. (Abg. Bayr [SPÖ]: Wer verweigert Ihnen die Debatte?) Die Einzigen, die dafür sorgen, dass es hier im Parlament – hier im Plenum – überhaupt zu Debatten kommt, sind die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage das nur dazu, damit auch über die nicht öffentlichen Ausschüsse hinaus die Bevölkerung über die Standpunkte informiert wird. Das ist Aufgabe eines Abgeordneten, und diesen Standpunkt und dieses Thema lassen wir uns auch nicht wegnehmen.
Sie sagen immer wieder: Wir kämpfen für einen „gerechten Frieden“. – Kollege Kogler, ja, ich auch, wir alle. Kennen Sie einen gerechten Frieden in den letzten 200 Jahren auf dieser Welt? – Ich kenne keinen. Das, was ich kenne, sind Waffenstillstände. Meinen Sie gerechten Frieden so wie in Korea? (Abg. Shetty [NEOS]: Dünnes Eis ist das jetzt! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Meinen Sie gerechten Frieden so wie in Zypern? (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Das zeigt Ihr Geschichtsverständnis! – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne]. – Abg. Shetty [NEOS]: Kein gerechter Frieden in den letzten 200 Jahren!) Meinen Sie gerechten Frieden so wie in Bosnien? Sie tun ja so, als ob in Europa – auf dem Boden Europas – in den letzten Jahren und Jahrzehnten nie ein Krieg stattgefunden hätte. Das ist ja unwahr. Wir haben ständig Krieg, leider – weil wir viel zu viele Bellizisten haben (Abg. Schallmeiner [Grüne]: Ein bissl zu viel „AUF1“ geschaut!), und da gehören Sie mittlerweile ganz, ganz stark dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Jetzt kann man sich aber ein bissl einbremsen auch!)
Wissen Sie was? Ich kämpfe und setze mich auch dafür ein, dass wir einmal zu einem Waffenstillstand kommen, damit dieses Töten und Morden auf beiden Seiten aufhört. Ich glaube, die ukrainische Bevölkerung, aber letztlich auch die russische Bevölkerung haben sich verdient, dass das Töten aufhört. (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne]. – Abg. Disoski [Grüne]: Sagen Sie das dem Putin! – Abg. Schallmeiner [Grüne]: ... Moskau!) Um nichts anderes geht es in diesem Punkt.
Ja, ich will gar nicht darauf eingehen, wer aller Lobeshymnen auf Putin gehalten hat. (Zwischenruf der Abg. Krisper [NEOS].) Sie können das in der Debatte gerne auch uns vorwerfen. Nur sind die Eigenwahrnehmung und die Außenwahrnehmung ja in Wirklichkeit diametral anders. (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne].) Das heißt, die Bevölkerung, unser Volk glaubt Ihnen das ja alles nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner [Grüne]: Wie viele Völker haben wir denn, Herr Kollege?)
Weit über unseren Wählerkreis hinaus vertreten wir Menschen in diesem Land, und das ist gut und richtig so, finde ich, weil in diesem Punkt auch noch eine Lanze für den Frieden gebrochen werden muss.
Wenn ich dann von Herrn Kollegen Veit Dengler, der wieder viel Gratismut bewiesen hat, sehe oder höre, wie er sich denn nicht einsetzt, und wenn er uns dann dafür geißelt, wer sich aller je mit Putin getroffen hat: Nehmen Sie sich bei der Nase! Kollegin Edtstadler ist gerade weggegangen. Sie hat bis vor Kurzem auf ihrem Account noch gehabt: einer der schönsten Tage ihres Lebens, als sie die Kranzniederlegung anlässlich des Staatsbesuches mit Putin gemacht hat – bei der übrigens Herbert Kickl es verweigert hat, dort hinzugehen, und sie als Staatssekretärin hat es sich nicht nehmen lassen. Ich sage es nur dazu. Vielleicht fangen Sie einmal an, vor der eigenen Türe zu kehren (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne] – Abg. Disoski [Grüne]: Die ÖVP ...!) und darüber nachzudenken, wer aller dort wirklich Geschäfte gemacht hat – und führen nicht irgendwelche Scheindebatten, weil vielleicht ein paar frühere Freiheitliche kurze Zeit einen Irrweg gegangen sind.
Wir sind nie in einer gemeinsamen Fraktion mit russischen Kriegstreibern gesessen – das waren schon Sie, Herr Kogler, im Europarat mit den Sozialisten und vielen anderen, die dort in einer Fraktion gesessen sind, und die ÖVP in der EVP genauso. (Zwischenrufe der Abgeordneten Disoski [Grüne] und Voglauer [Grüne].) Schirinowski ist im Europarat gemeinsam mit Van der Bellen in einer Fraktion gesessen – haben Sie das vergessen? (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP].) Wir sind es nie gewesen. Sie haben nie eine Vereinbarung mit Putin gebraucht, weil Sie in Koalition mit ihm gewesen sind – das ist der Unterschied. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer [Grüne].)
Meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne]), Sie kennen das vielleicht noch: kurz nach Amtsantritt von Donald Trump (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... die Frau Fürst bei ihm, ja!) die Jubelnachricht von einem herausragenden Mainstream-Journalisten, Elmar Theveßen. Können Sie sich noch erinnern, was er in der Nacht, als die Angelobung war, gesagt hat? – Er hat gesagt: „Die gute Nachricht ist, es wird nicht am ersten Tag schon der Frieden ausbrechen in dieser Region.“
Das ist Ihre Grundhaltung: Die gute Nachricht ist, es wird nicht Frieden ausbrechen – in diesem Irrtum verharren Sie. (Zwischenruf der Abg. Krisper [NEOS].) Sie glauben immer noch, dass man diesen Krieg gewinnen kann – einen Krieg gegen eine Atommacht. Nicht einmal gegen Israel wird irgendjemand einen Krieg gewinnen, weil es auch eine Atommacht ist. (Zwischenruf des Abg. Schwarz [Grüne]. – Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Red weiter, red weiter!) Da kann man machen, was man will, man muss Realitäten auch zur Kenntnis nehmen. (Abg. Shetty [NEOS]: Wenn Sie noch ein bisschen reden ...!)
Dass Sie sich permanent an ewige Irrtümer klammern, wissen nicht nur wir Freiheitliche, sondern auch unsere Bevölkerung und unser Volk. Seien es Coronapolitik, Fiskalpolitik, Migrationspolitik, Klimapolitik, Budgetpolitik, Sanktionspolitik – alles Irrtümer, an die Sie sich klammern, und vieles andere mehr. Ich mache heute eine kurze Analyse und sage: Hier befindet sich heute nicht gerade das Hauptquartier des gesunden Menschenverstandes. (Beifall bei der FPÖ.)
16.57
Präsident Peter Haubner: Herr Kollege Graf, Sie haben den Begriff „Bellizisten“ und „bellizistische Runde“ verwendet. Ich glaube, Ihnen ist bekannt, was die Begrifflichkeit bedeutet: Man kann sie mit Kriegshetzer oder Kriegstreiber gleichsetzen, und Sie haben uns alle als solche bezeichnet. Ich ersuche Sie, diesen Begriff zurückzunehmen. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Ich nehme ihn zurück und sage halt Kriegsfreunde! – Die Abgeordneten Greiner [SPÖ] und Krainer [SPÖ]: Sag einmal! – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... geht’s echt nicht mehr! – Ruf bei der ÖVP: Ordnungsruf!) – Gut, danke. (Beifall bei der FPÖ.)
RN/75
Präsident Peter Haubner: Ich habe mir inzwischen das Protokoll kommen lassen, und in diesem Protokoll habe ich auch diesen Zwischenruf von Abgeordneter Belakowitsch gesehen. – Sie wissen, was Sie gesagt haben? (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ich habe hier eine Frage gestellt, ob er viel Spaß gehabt hat ...!) – Na ja, es ist darum gegangen, dass Kollege Shetty gesagt hat (Ruf bei der FPÖ: Der war in Kiew!): Wir sind an den Massengräbern gestanden, „wir haben dort mit Angehörigen jener Menschen gesprochen, deren Kinder nach Russland verschleppt wurden“, und Sie haben gesagt: „Da habt ihr viel Spaß gehabt [...], gell?“ (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein! Habt ihr viel Spaß gehabt! Habt ihr viel Spaß gehabt! „Da“ habe ich nicht gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – „Da habt ihr viel Spaß gehabt“ – es gibt das Protokoll. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ist ja unpackbar!) Ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf, Frau Kollegin. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Jawohl! – Abg. Greiner [SPÖ]: Wer Benehmen hätte, würde sich dafür entschuldigen! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Henrike Brandstötter. 4 Minuten Redezeit habe ich eingestellt.
RN/76
16.59
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Danke, Herr Präsident. – Gleich einmal zu Beginn ein Wort an Kollegen Graf – ein gutes Beispiel dafür, dass lebenslanges Lernen wirklich wichtig ist –, der die Frage gestellt hat, welcher Krieg denn jemals durch einen Waffenstillstand beendet wurde. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: ... falsch zitiert! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Die hören dauernd irgendwas, was keiner gesagt hat!) Das war der Koreakrieg, das war der Jom-Kippur-Krieg, das war der Bürgerkrieg in Bosnien und das war der Erste Weltkrieg.
Der ukrainische Präsident Selenskyi kommt nach Wien und die FPÖ hyperventiliert (Abg. Kogler [Grüne]: Wenn es nach denen ihrem Frieden ginge, wären wir heute noch im Tausendjährigen Krieg!): neutralitätszersetzender Staatsbesuch! – Die FPÖ fährt auch nach Russland und unterschreibt einen Freundschaftsvertrag mit Moskau. Meine Damen und Herren, das ist die Außenpolitik der FPÖ: nicht konsistent, aber konsistent auf der falschen Seite! (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die FPÖ spricht von Neutralitätsverletzungen und von Propaganda, aber was sie wirklich meint, ist: Sie will keine Solidarität mit der Ukraine, sie will einen Putin-nahen Kurs gegen die europäische Wertegemeinschaft, gegen den Westen, gegen die Freiheit. Die FPÖ nennt den Besuch auch eine Provokation, und ich nenne die Haltung der FPÖ eine Schande! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die FPÖ hat kein Problem mit Diktatoren, kein Problem mit Putin, kein Problem mit Gewalt, aber ein riesiges Problem mit europäischer Solidarität, ein riesiges Problem mit westlichen Werten und offenbar ein riesiges Problem mit jeder Form von Mitgefühl. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die westlichen Werte!)
Neutralität, meine Damen und Herren, heißt nicht Gleichgültigkeit. Neutralität heißt, dass wir nicht schweigen, wenn ein demokratisches Land von einem autoritären Regime überfallen wird. Neutralität heißt nicht, dass wir einen Präsidenten, der für die Freiheit seines Volkes kämpft, und zwar mit Mut, mit Haltung und mit einem enormen menschlichen Preis, nicht empfangen.
Die FPÖ will Österreich aus dieser europäischen Solidarität herausbrechen, sie will uns isolieren, will Kriegsverbrechen relativieren, und sie stellt sich ganz klar auf die Seite des Aggressors. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Nein! Wir wollen uns in keinen Krieg hineinziehen lassen!) Und die FPÖ inszeniert sich auch ganz gerne als die Stimme des Volkes, aber ich frage mich: Ist das die Stimme eines Volkes, das zwei Weltkriege erlebt hat, eines Volkes, das weiß, wohin Schweigen und Wegschauen führt? Ist das die Stimme eines Volkes, das für Demokratie, Frieden und Menschenrechte steht? – Ich denke nicht!
Neutralität ist für euch kein Prinzip, sie ist eine Ausrede – eine Ausrede fürs Wegschauen, eine Ausrede fürs Ducken und eine Ausrede dafür, sich politisch und moralisch einfach feige davonzustehlen.
Ich war vor wenigen Wochen selber in der Ukraine, in Kiew, in Butscha und in Charkiw an der Front (Abg. Wurm [FPÖ]: Kämpfen, oder?), und ich habe gesehen, was es bedeutet, wenn Kinder 10 Meter unter der Erde unterrichtet werden müssen, wenn sie nicht in einer Schule sein können, die sonnen- und lichtdurchflutet ist. Ich habe mit dem Staatsanwalt einen Schrottplatz besucht, wo Überreste von Raketen und Drohnen gesammelt werden, als Beweise für die Kriegsverbrechen, für die Aggressionen gegen Zivilistinnen und Zivilisten. Ich habe in Charkiw ein Stadtviertel besucht, wo es tags zuvor eine Rakete in der Luft zerrissen hat. Sie ist nicht eingeschlagen, deswegen gab es nur einen kleinen Schaden von 5 000 zerbrochenen Fenstern und Balkontüren; 5 000 Fenster und Türen – und wäre diese Rakete eingeschlagen, hätte es deutlich mehr Tote gegeben als jenen bedauernswerten Mann, der durch das Schrapnell gestorben ist. Ich habe Stadtviertel besucht, die belagert und kaputtgeschossen worden sind, Stadtviertel, wo Zivilistinnen und Zivilisten leben. Ich habe Butscha besucht, wo russische Besatzer in wenigen Wochen 419 Menschen gefoltert, vergewaltigt, erschlagen und umgebracht haben. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja eh!) Ich habe die Auswirkungen dieses Verbrechens mit eigenen Augen gesehen, und niemand sollte, so wie Sie, von der gemütlichen, von Putin finanzierten Couch aus hier Maulheld spielen und gerne dann auch gratis Mut verteilen. (Präsident Rosenkranz übernimmt den Vorsitz.)
Wir stehen ganz klar an der Seite der Ukraine, weil wir wissen, was es heißt, die Freiheit zu verlieren, und weil wir wissen, dass man sie verteidigen muss – mit Haltung! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
17.03
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Steiner. Die Restredezeit Ihrer Fraktion beträgt 3 Minuten. (Zwischenrufe bei NEOS und Grünen.) Diese ist auch eingestellt.
RN/77
17.03
Abgeordneter Christoph Steiner (FPÖ): Danke, Herr Präsident. – Jetzt hat sich die Einheitspartei die ganze Zeit über unsere Schilder beschwert, wir haben sie dann eh weggenommen. (Der Redner stellt eine der Tafeln mit der Aufschrift „FPÖ“, „die soziale Heimatpartei“, „Zeit für Neutralität“ auf das Redner:innenpult.) Ich weiß nur nicht, und das sollte man uns vielleicht noch erklären, was an den zwei Worten – auf dem anderen Taferl ist „Frieden“ gestanden und auf diesem steht jetzt „Neutralität“ – so schlimm ist; aber das müsst ihr uns erklären. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Wir stehen klar für Frieden und Neutralität, leider Gottes als einzige Partei in diesem Haus! (Beifall bei der FPÖ.)
Frau Kollegin, weil Sie vorhin etwas erwähnt haben: Wir wollen uns als Freiheitliche Partei nicht in einen Krieg hineinziehen lassen und wir wollen auch nicht österreichische Soldaten in diesem Krieg wissen – mit Sicherheit nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Zur Russlandnähe, zu „Radio Moskau“ (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne]) und was heute alles gefallen ist – was denn die Freiheitliche Partei hätte – will ich nur kurz in Erinnerung rufen: Wir sind nicht die, die von Russland Jahre und Jahrzehnte zuvor wirtschaftlich profitiert haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schallmeiner [Grüne] und Stögmüller [Grüne].) Ich sage es nur kurz. Wer war bei Lukoil? – Schüssel. Gazprom? – Schelling, Beratervertrag, ehemaliger Finanzminister. Ganze WKO-Delegationen waren noch 2022 in Sankt Petersburg – ehemaliger WKO-Präsident Leitl, ein Best Buddy von Putin: ÖVPler. (Abg. Shetty [NEOS]: Der ist eh auch Teil des Problems! – Abg. Kogler [Grüne]: Das ist leider wahr!) Die Raiffeisen-Bank macht immer noch Geschäfte mit Russland. 2019 sind wir aus der Regierung ausgetreten, wer hat die Außenministerin behalten? – Es war die ÖVP! Ihr habt übrigens auch den Grasser behalten, nur so am Rande.
Und die SPÖ sollte ganz ruhig sein, wenn es um dieses Thema geht, ganz, ganz ruhig mit ihrem Gusenbauer, und die NEOS mit ihrem Haselsteiner. Also ihr habt alle ganz, ganz, ganz viele Steine im Glashaus – Kollege Shetty von den NEOS hat es letztens erwähnt –, also: Ganz, ganz ruhig bei diesem Thema! (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Ah, ah! – Abg. Shetty [NEOS]: Also der Haselsteiner ist uns zuzurechnen, aber die Kneissl euch nicht? Das ist schon eine interessante Logik!)
Wenn man sich die Neutralität einmal richtig in Erinnerung ruft – ich glaube, das ist notwendig –: Bundesverfassungsgesetz, 26. Oktober 1955, Artikel 1 – gut zuhören, denn das erklärt vieles –, „Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.“ (Abg. Shetty [NEOS]: Die Redezeit ist gleich vorbei, weil Martin Graf so lange geredet hat!) – Nur, dies funktioniert weder mit dieser Regierung noch mit dieser skandalösen Außenministerin. Das muss man auch einmal ganz klar benennen. (Beifall bei der FPÖ.)
Es lohnt sich jedenfalls, um unsere Neutralität zu kämpfen, und die Freiheitliche Partei wird das tun, egal auf welcher Ebene, egal in welchem Parlament – ob das in Landesparlamenten ist, ob das hier im Parlament ist, ob das im Bundesrat ist. (Abg. Shetty [NEOS]: Warum wolltet ihr dann der Nato beitreten?) Wir werden nicht müde, die Neutralität gegen euch zu verteidigen – gegen die Sozialisten, gegen die Grünen, gegen die NEOS und gegen die ÖVP!
Schlusssatz: Darauf könnt ihr euch einstellen, denn es lohnt sich, für die Neutralität zu kämpfen, weil wir keine österreichischen Toten in irgendeinem Krieg beklagen wollen und schon gar nicht österreichischen Kinder! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Das nächste Mal wird er zum Tourismus ...! – Ruf bei der ÖVP: Mehr hat er nicht drauf! Ist leider so!)
17.07
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Debattenredner: Herr Abgeordneter Oberhofer. Eingemeldete Redezeit: 4 Minuten.
RN/78
17.07
Abgeordneter Dominik Oberhofer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssekretäre! Hohes Plenum! Sehr geehrter Herr Kickl, das ist ja eine Premiere für uns beide! Sie haben mich noch nie reden gehört, ich Sie schon sehr, sehr oft. (Abg. Kickl [FPÖ]: Mir ist nichts abgegangen! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Ich habe Sie hier am Pult auch oft gesucht.
Wir zwei feiern eine Premiere, und deshalb habe ich heute auch ein Taferl mit, denn das Taferl von der FPÖ hat ja geheißen: „Zeit für Neutralität“. – Ich würde gerne sagen: Zeit für Ehrlichkeit – dass wir einmal sehen, wo denn wirklich die Neutralität ist. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der die vor Wladimir Putin knicksende Karin Kneissl zu sehen ist, auf das Redner:innenpult. – Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.) – Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, meine Damen und Herren, ein Bild sagt mehr als 1 000 Worte! (Abg. Shetty [NEOS]: Das ist die Äquidistanz, Herr Klubobmann!) Das ist die ehemalige Außenministerin der FPÖ (Rufe bei der FPÖ: ÖVP!), und wie heute schon öfters hier diskutiert - - (Abg. Kaniak [FPÖ]: War unabhängige Außenministerin, die ihr euch behalten habt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Also: Das ist die FPÖ-Ministerin, die sich heute in Sankt Petersburg befindet. Mir ist schon klar, dass Sie damit nichts mehr zu tun haben, deshalb habe ich auch ein anderes Bild mit. Aber vorab möchte ich noch einmal Frau Kollegin Fürst zitieren: Frau Kollegin Fürst hat in ihrer ersten Rede hier heute gesagt, es brauche Persönlichkeiten, die Österreichs Neutralität verteidigen. – Ja, Frau Fürst, aber da denkt niemand an Sie und vor allem auch nicht an Frau Kneissl (Zwischenruf des Abg. Martin Graf [FPÖ]), denn vor einer Woche, Frau Fürst, waren Sie in Frankreich, waren Sie bei Le Pen bei einer Wahlkampfveranstaltung. Und dieses Bild (eine Tafel mit einem Foto, auf dem Susanne Fürst in Großaufnahme zwischen mehreren Personen zu sehen ist, sowie einem Foto, das Susanne Fürst neben Viktor Orbán und Andrej Babiš hinter der an einem Redner:innenpult sprechenden Marine Le Pen sitzend zeigt, auf das Redner:innenpult stellend) zeigt Sie dort auf der Bühne, mit Ihren Freunden und Freundinnen, mit Ihren Patrioten (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wer ist denn das?), Staats- und Regierungschefs. (Beifall bei der FPÖ.) – Die FPÖ klatscht! Sehr gut, sehr gut!
Jetzt stellen wir uns einmal vor, meine Damen und Herren, bei uns in Österreich würden für den Wahlkampf von Parteien Staats- und Regierungschefs eingesetzt! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, kommen ja eh immer wieder! Es ist ja so! – Abg. Kaniak [FPÖ]: Ist ja eh so! Was passiert denn da, was ist da mit dem Scholz gewesen?) Dann gäbe das eine Diskussion, dann würde man sagen: Um Gottes willen, unsere Neutralität ist gefährdet! – Sie wollen ja nicht einmal einen Staatsbesuch eines Präsidenten aus Europa bei uns in Österreich zulassen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Oh je, oh je! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Am Ende des Tages, sehr geehrte Frau Fürst, haben Sie sich mit Ihrem Zitat hier heraußen im Prinzip selber geoutet (die Tafel mit den beiden Fotos in die Höhe haltend): Es ist eine verräterische (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz [FPÖ]), politische und mediale Inszenierung. Ja, Sie haben vollkommen recht: Das ist Ihr Stil. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Aber, sehr geehrte Frau Fürst, wo sind Sie denn da (die zuletzt gezeigte Tafel neuerlich in die Höhe haltend) gelandet? – Schauen wir uns das einmal an: Sie sind gelandet bei Frau Le Pen. Frau Le Pen hat bis vor wenigen Monaten noch einen Kredit über 9,4 Millionen Euro für ihre Partei bei der großen russischen First Czech-Russian Bank gehabt, weil sie, wie sie selber vor einem Untersuchungsausschuss der französischen Nationalversammlung gesagt hat, keine andere Möglichkeit gehabt hat; sie habe ja keinen Kredit in Europa bekommen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, das wird so sein!), sie musste ja zu einer russischen Bank gehen. – Und da sagen Sie, Frau Belakowitsch: Ja, super! (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: ... dass wir noch in einer Demokratie leben ...!) – Ja, ganz einfach: weil das ein unbesicherter Kredit war. Kriegen Sie einmal in Europa einen Kredit über 9,4 Millionen Euro ohne Sicherheiten! Das wird niemand zusammenbringen, auch nicht Frau Le Pen. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Meine Güte! – Ruf bei der FPÖ: Der Benko hat das nur so gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Das war der einzige Grund, warum sie ihr Geld in Russland geholt hat, und erst am 22. – ich habe es herausgesucht: am 22.4.2023; im Prinzip war der Krieg in der Ukraine schon zwei Jahre ins Land gezogen – hat man diesen Kredit getilgt. Das sind Ihre Freunde, und da reden Sie hier heraußen an diesem Pult noch von Neutralität? – Dass Sie sich nicht schämen! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Auf den Scheiterhaufen mit Le Pen! – Abg. Belakowitsch [FPÖ] – erheitert –: Das ist unpackbar!)
Herr Kassegger hat über Äquidistanz gesprochen. Jetzt steht es mir nicht an, Ihnen das zu erklären – wir haben Herrn Prof. Taschner hier im Saal, der Ihnen das wahrscheinlich genau erklären kann –, aber eines ist sicher: dass all Ihre Freunde – Salvini, Orbán, Le Pen – zwei Dinge gemeinsam haben: erstens, Finanzierungsquellen in Moskau für ihre Wahlkämpfe in Europa – die Patrioten –, und auf der anderen Seite hat jede dieser Parteien genau das Gleiche wie Sie, nämlich einen Freundschaftsvertrag mit Einiges Russland. (Abg. Steiner [FPÖ]: Haselsteiner? Haselsteiner?)
Und um das jetzt einmal den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen: Das ist der wahre Grund, warum Sie hier in dieser Sache nicht neutral sind (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Deine Partei gäbe es nicht ohne russisches Geld!), sondern eindeutig auf einer Seite stehen, nämlich auf der Seite des Angreifers, auf der Seite von Putin, auf der Seite des Aggressors. Der Rest der Österreicherinnen und Österreicher steht ganz sicher nicht dort. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Ruf bei den NEOS: Bravo! – Abg. Kickl [FPÖ]: Hat sich nicht ausgezahlt, dass ich da war!)
17.12
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.