RN/38
Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (136 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Telekommunikationsgesetz 2021, das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden (164 d.B.)
Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 354/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Staatsschutzes im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus (165 d.B.)
Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 210/A(E) der Abgeordneten Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zu Bundestrojaner und Messenger-Überwachung (166 d.B.)
Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 248/A(E) der Abgeordneten Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis zur echten Terrorbekämpfung statt Lizenz zur Massenüberwachung (167 d.B.)
Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 315/A(E) der Abgeordneten Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Umkehr der BVT-Reform (168 d.B.)
Präsident Peter Haubner: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Dazu begrüße ich den Herrn Bundesminister und den Herrn Staatssekretär.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gernot Darmann. – Ich habe Ihre Zeit auf 5 Minuten eingestellt, Herr Abgeordneter.
RN/39
11.40
Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Besten Dank, Herr Präsident, für das erteilte Wort! Hohes Haus! Werter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Diese in dieser Regierungsvorlage hinkünftig vorgesehene Bürgerbespitzelungssoftware ist in Wahrheit und für sich genommen ein überzogener, massiv überschießender Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte unserer Staatsbürger und darüber hinausgehend auch noch verfassungswidrig. (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist vielleicht die beste Zusammenfassung für Ihr Langzeitprojekt, Herr Bundesminister Karner, denn ich erinnere mich gut daran, was in den letzten Jahren nach jedem islamistischen Anschlag in Österreich passiert ist. Obwohl niemals ein Zusammenhang mit irgendwelchen Messengernachrichten gegeben war, ist nach jedem Anschlag der Herr Innenminister medial ausgerückt und hat gesagt: Wir brauchen eine Messengerüberwachung. (Beifall bei der FPÖ.)
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich muss euch schon eines sagen: Abgesehen davon, dass es für mich jenseitig ist, immer wieder solche Anschläge zu nutzen, um eine eigene Überwachungsfantasie voranzutreiben, gibt oder gäbe es auf der anderen Seite natürlich die Möglichkeit, in diese Regierungsvorlage Formulierungen hineinzunehmen, die wenigstens die Zielrichtung klarmachen würden. Wenn es einen islamistischen Anschlag gegeben hat und der Herr Bundesminister meint, solche Anschläge damit in Hinkunft bekämpfen zu müssen, dann wäre es nur logisch gewesen, in diese Regierungsvorlage Wörter wie Islam, Islamismus, radikaler Islam, islamistische Anschläge in irgendeiner Art und Weise, mit nur irgendeiner Silbe hineinzuschreiben. Diese Worte finden sich nicht in diesem Gesetz, sehr wohl aber: verfassungsgefährdende Angriffe auf den Staat.
Jetzt ist es nicht so weit hergeholt, den Gedanken weiterzuspinnen, wer denn in der Vergangenheit, in den letzten Jahren rund um die Coronamaßnahmenpolitik dieser verheerenden schwarz-grünen Bundesregierung regelmäßig an die Öffentlichkeit gegangen ist und gesagt hat: Die schlimmen Demonstranten auf unseren Straßen – Zigtausende, Hunderttausende, die die Coronamaßnahmen der Bundesregierung kritisiert haben – sind Verfassungsgefährder! – Das war die ÖVP, genau jene ÖVP, die jetzt dieses Werkzeug in die Hand bekommen will, um in Hinkunft diese Bürgerbespitzelungssoftware anwenden zu können – wie gesagt: ohne Bezug zum islamistischen Terror! (Beifall bei der FPÖ.)
Werte Kolleginnen und Kollegen, es gab unzählige Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf. Diese Stellungnahmen haben allesamt – und diese Zusammenfassung ist nicht so falsch – diese Initiative der schwarz-rot-rosaroten Bundesregierung, insbesondere aber auch des Herrn Innenministers Karner, wegen entsprechender IT-Vorbehalte sprichwörtlich in der Luft zerrissen, weil es ja nicht nur um die Messengernachrichten unserer Bürger gehen wird, die zu überwachen sind, sondern dies rein technisch nur möglich sein wird, wenn auf das gesamte Endgerät, auf das gesamte Handy zugegriffen wird, wofür die Republik Österreich – entgegen ihrer Schutzpflicht gegenüber unseren Bürgern, gegenüber den Institutionen, Unternehmen, hinsichtlich kritischer Infrastruktur – Sicherheitslücken nutzen muss, Sicherheitslücken, die in weiterer Folge logischerweise bekannt sind, sonst könnte man sie ja nicht nutzen, und diese offen halten muss, um dann in die Endgeräte eindringen zu können. Entgegen der Schutzpflicht des Staates Österreich, Schaden von unseren Bürgern, von Unternehmen und von kritischer Infrastruktur abzuwenden, nutzt der Herr Innenminister mit seiner Mannschaft in weiterer Folge diese Lücken, um entsprechend da und dort gegebenenfalls – laut eigenem Plan – 30 Personen im Jahr zu kontrollieren, und das um zig Millionen Euro. Man mache sich seine Gedanken! (Beifall bei der FPÖ.)
Datenschutzexperten, Menschenrechtsorganisationen, die Kirchen, die Rechtsanwaltskammer – allesamt haben sie diesen Gesetzentwurf massivst kritisiert. Werte Kollegen, es ist auch nicht so weit hergeholt, sich Sorgen zu machen, was da alles passieren kann. Dabei geht es mir jetzt nicht einmal um die hauptsächliche Sorge, dass der Herr Innenminister dieses Recht in irgendeiner Art und Weise für sich und für seine politischen Weggefährten ausnutzen könnte; nein, es geht mir darum, was mittlerweile auf europäischer Ebene in Mitgliedstaaten, beispielsweise Spanien, Griechenland und Polen, schon mit solcher Schadsoftware passiert ist. Dort hat es einen Datenmissbrauch von staatlichen Institutionen, von Behörden, von Regierungen gegen Oppositionspolitiker, gegen Journalisten, gegen Institutionen gegeben, weil man diese Daten abgesaugt und dann auf anderem Wege – nicht wie geplant – widerrechtlich verwendet hat. Das ist aktenkundig, das ist keine Erfindung der Freiheitlichen, und dagegen ist massiv vorzugehen. Diesem Missbrauch ist von Anfang an entgegenzutreten.
Herr Bundesminister, ich sage Ihnen eines: Weil wir – seitens der Freiheitlichen – im Ausschuss auch noch dazu klargestellt haben, dass es natürlich eine massive Unterstützung unseres Staatsschutzes in budgetärer und personeller Art und Weise im Kampf gegen den radikalen Islam, gegen den islamistischen Terror zu geben hat, und dann noch dazu Ihre Partei – samt SPÖ und den NEOS – gegen diesen Antrag gestimmt hat, sind Sie in Wahrheit rücktrittsreif. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
11.46
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Ich habe Ihre Redezeit auf 9 Minuten eingestellt, Herr Abgeordneter.
RN/40
11.46
Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Danke, Herr Präsident, für das Wort! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Plenum! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Novelle des Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetzes schaffen wir heute tatsächlich einen Meilenstein in der Sicherheitspolitik unseres Landes. Wir sind eines der sichersten Länder auf dieser Welt. Wir sind es, wir wollen es auch bleiben, und wir werden es auch bleiben (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ]), aber: Wir sind keine Insel der Seligen. Sicherheit muss tagtäglich (Ruf bei der FPÖ: ... Stasi!) erarbeitet und erkämpft werden – von unseren Polizistinnen und Polizisten, aber genauso von unseren Staatsschutzbehörden.
Diese Novelle ist die längst überfällige Antwort auf die Frage, wie wir in einem Zeitalter modernster Kommunikationstechnologien Terroristen und potenziellen Gefährdern unseres Gesellschaftsmodells, unseres Lebensmodells entschieden entgegentreten können. Es ist nämlich nicht nur eine Möglichkeit, meine Damen und Herren, sondern es ist unsere Pflicht als Gesetzgeber, hier jenen das Handwerk zu legen, die das Lebensmodell der liberalen Demokratie, der Freiheit in einem breiten Wohlstand gefährden wollen. Daher ist es dringend geboten, auch unseren Behörden jene Instrumente in die Hand zu geben und jene Ermittlungsmethoden zu gewähren, die man in der heutigen Zeit benötigt, um Staatsgefährdern, Extremisten und Terroristen auf Augenhöhe entgegentreten zu können. (Abg. Deimek [FPÖ]: Dann dürfen Sie sie nicht hereinlassen!)
RN/40.1
Ich sage Ihnen noch etwas: Es ist in den meisten Demokratien unseres Zuschnittes längst üblich, sie schicken die Staatsschützer schon längst auf das Spielfeld, auf dem sich Terroristen, Extremisten und Staatsgefährder tummeln. Ich zeige Ihnen eine Karte von Europa. (Der Redner hält eine Tafel in die Höhe, auf der unter der Überschrift „Gefährderüberwachung“ eine Europakarte abgebildet ist, die darstellt, in welchen Ländern diese „vorhanden“ oder "nicht vorhanden beziehungsweise unbekannt" ist.) Sie sehen hier in Hellgrau – fast alle Länder sind hellgrau eingefärbt – jene Länder, die viel mehr Kompetenzen haben, um Staatsgefährdern, Terroristen und Terrorverdächtigen entgegenzutreten. (Abg. Stefan [FPÖ]: Staatsgefährdern!) Ganz wenige Länder (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Frankreich ist ein gutes Beispiel!), Moldawien oder auch die Balkanstaaten, haben diese Möglichkeiten nicht (Abg. Stefan [FPÖ]: Sind wir sicherer als diese Länder, oder ...?), und Österreich hat sie nicht. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Geht es uns besser als Frankreich?) Unsere Nachbarländer haben sie, mit Ausnahme von Liechtenstein, okay. (Abg. Stefan [FPÖ]: Ist es bei uns besser oder schlechter?) Also: Moderne Demokratien unseres Zuschnitts geben den Staatsschützern viel mehr Kompetenzen in die Hand, um effektiv dagegen anzutreten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stefan [FPÖ]: Und deswegen sind sie dort sicherer? – Abg. Kassegger [FPÖ]: Ist ein Coronademonstrant ein Gefährder, Herr Kollege?)
Diese Länder um uns herum sind längst auf dem Spielfeld (Abg. Kassegger [FPÖ]: „Gefährderüberwachung“ – ist ein Coronademonstrant ein Gefährder? Wer entscheidet das?), und unsere Staatsschützer sitzen auf der Tribüne (Ruf bei der FPÖ: ... Deutschland!), in der Hoffnung, dass sie Nachrichten von jenen bekommen, die bereits auf dem Spielfeld sind. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].) Meine Damen und Herren, das ändern wir jetzt. Wir schicken unsere Staatsschützer auch auf genau dieses Spielfeld.
Auf diesem Spielfeld, und das ist in einer liberalen, modernen Demokratie auch wichtig (Abg. Stefan [FPÖ]: Spielfeld ist ein interessanter Ausdruck!), gibt es wichtige Schiedsrichter. Erster Schiedsrichter ist der Richtersenat, der diesen Eingriff überhaupt erlauben muss. Und quasi als Linienrichter – vorher, während der Maßnahmen und auch danach – haben wir den Rechtsschutzbeauftragten. Es gibt, um bei diesem Sprachbild zu bleiben, auch einen VAR. Der VAR ist das Parlament in Form des Ständigen Unterausschusses des Innenausschusses, dem ja der Staatsschutz ständig berichten muss, welche Maßnahmen er ergreift. (Ruf bei der FPÖ: ... Entscheidung zurücknehmen!) Wir haben hier also ein gutes System ausgearbeitet, wo unser Staatsschutz aufs Spielfeld kommt.
25 bis 30 Personen, bei denen ein dringender Tatverdacht besteht, dürfen pro Jahr in ihrer Kommunikation überwacht werden. Wenn es mehr werden, dann muss definitiv sofort auch dieser Ständige Unterausschuss des Innenausschusses informiert werden.
Jetzt die Frage an die Grünen, aber durchaus auch an die Blauen: Ist der Schutz der Privatsphäre von 25 bis 30 Personen, nämlich Hochrisikogefährdern, tatsächlich wichtiger als die Sicherheit der gesamten Gesellschaft, als die Vereitelung eines oder mehrerer Terrorangriffe? – Mit Sicherheit nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Die kennt man schon?!)
Würde man Ihre Prinzipien weltweit anwenden (Ruf bei den Grünen: Das ist Verfassung! – Ruf bei der FPÖ: Kennen Sie die Gefährder schon?), dann wäre das eine Kapitulation vor Staatsgefährdern, vor Terroristen (Abg. Stefan [FPÖ]: Die kann man doch nicht überwachen!) und vor jenen, die es mit unserer Gesellschaft nicht gut meinen. Staatsschutz lebt nicht vom Prinzip Hoffnung, indem wir auf der Tribüne sitzen und hoffen, dass jene, die vielleicht mit anderen Methoden Kenntnisse erlangen, dann unsere Geheimdienste informieren, sondern wir müssen aktiv aufs Spielfeld.
Nun zur FPÖ: Es war ja sehr hanebüchen, was mein Vorredner, Herr Darmann, hier gesagt hat (Ruf bei der FPÖ: Was ist mit islamistischem Terror?), nämlich deswegen: Sie hatten einmal Verantwortung, übrigens auch im Innenministerium. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das war eine gute Zeit!) Sie wissen, 2018 waren diese Ermittlungsmethoden auch ein Thema – dass man auch moderne Kommunikation überwachen kann, dass man unserem Staatsschutz die notwendigen Befugnisse gibt. (Abg. Deimek [FPÖ]: Hat es ein Gesetz gegeben? Nein! Also!)
Ich bringe jetzt ein Zitat, und Sie dürfen dann nur ein Mal raten, wer das gesagt hat – ja, nur ein Mal raten! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wir sind da nicht in einer Ratestunde!) –: „Dann geben wir den Beamtinnen und Beamten doch auch in technischer Hinsicht das Rüstzeug an die Hand, das man braucht, um auf der Höhe der Zeit zu sein! [...] Wir reden da nicht vom Hendldieb [...], wir reden von Schwerkriminellen, wir reden von organisierter Kriminalität, Schlepperei und Drogenhandel.“ – Sie dürfen jetzt nur ein Mal raten, wer das gesagt hat! (Ruf bei der SPÖ: Herbert Kickl!) – Es war ein gewisser Herbert Kickl. (Zwischenruf des Abg. Scherak [NEOS].)
Oder, die nächste Frage: „Ich bin auch überzeugt davon, dass es [...] gelungen ist, die notwendige und richtige Balance zwischen der Hochhaltung und der Verteidigung der Grund- und Freiheitsrechte auf der einen Seite und den berechtigten Schutzinteressen der Masse der Bevölkerung – die sich ja nichts zuschulden kommen hat lassen, sondern die man schützen muss – auf der anderen Seite zu finden, das notwendige Maß zu finden.“ – Sie dürfen ein Mal raten, wer das gesagt hat! (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].) – Ja, genau, das hat Ihr jetziger Klubobmann, jetziger Parteiobmann und seinerzeitiger Innenminister gesagt, genau um unseren Staatsschutz zu stärken, um sie aufs Spielfeld zu lassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].)
Es führt zwar momentan gerade nicht Herr Präsident Rosenkranz hier den Vorsitz, aber auch er hat sich damals zu Wort gemeldet und hat gesagt: „Liebe Menschen, die ihr euch in Österreich aufhaltet, um hier terroristische Anschläge zu verüben, um organisierter Kriminalität nachzugehen, [...], ja, ihr könnt euch fürchten, und das ist gut so!“ – Das war die Meldung Ihres jetzigen Nationalratspräsidenten zum Thema Staatsschutz, zum Thema Ausweitung der Ermittlungsmethoden. (Abg. Deimek [FPÖ]: Hat es das Gesetz gegeben oder nicht? Das hat es nicht gegeben ...!)
Und das, was Sie seinerzeit im Interesse der Sicherheit Österreichs vorgehabt haben, das wollen Sie jetzt bekämpfen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Äpfel und Birnen!) Meine Damen und Herren von der FPÖ, Sie sind völlig in der Sackgasse, weil Sie gegen die Sicherheit Österreichs, gegen die Interessen Österreichs arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff [NEOS]. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Und wer ein Staatsgefährder ist, das definiert der Herr Gödl!)
Diese neue Regelung zeigt einmal mehr, auf wen sich die Menschen in Österreich verlassen können (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wer definiert, wer ein Staatsgefährder ist? Der Herr Karner und der Herr Gödl!): auf unsere Bundesregierung (Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP! – Heiterkeit bei der FPÖ), angeführt von Christian Stocker, auf unseren Innenminister, auf unseren Staatssekretär und ganz besonders auch auf die Sicherheitspartei ÖVP.
RN/40.2
Wir, meine geschätzten Damen und Herren, schicken unseren Staatsschutz aufs Spielfeld (die Tafel mit der Überschrift „Gefährderüberwachung“ neuerlich auf das Redner:innenpult stellend), damit sie dort tätig werden können (Abg. Steiner [FPÖ]: Damit wir gleich sicher sind wie in Deutschland!), wo sie Terror, wo sie Staatsgefährder und dergleichen bekämpfen können – zur Sicherheit Österreichs und im Interesse Österreichs. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
11.54
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Süleyman Zorba. Ich habe die Redezeit auf 9 Minuten eingestellt. (Abg. Erasim [SPÖ]: Der hat etwas zu sagen!)
RN/41
11.55
Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Danke, Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Seit knapp neun Jahren versucht die ÖVP, ihre Überwachungsfantasie vom Bundestrojaner umzusetzen, und heute steht sie kurz davor, denn die SPÖ und die NEOS sind in einem Rekordtempo umgefallen und haben ihre Überzeugungen über Bord geworfen, kurz nachdem sie in die Bundesregierung eingetreten sind. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)
Ich gehe einmal davon aus, dass der Herr Minister davon sprechen wird, dass heute ein historischer Tag ist. Es ist wahrlich ein historischer Tag (Abg. Steiner [FPÖ]: Ja, für die ÖVP!), aber nicht im positiven Sinne, sondern es ist eigentlich ein trauriger Anlass. (Abg. Deimek [FPÖ]: ... für diktatorische Abhörmaßnahmen!)
Wer die letzten Monate und Jahre die Nachrichten in Österreich verfolgt hat, weiß, dass der ÖVP jeder Anlass recht war, nach dem Bundestrojaner zu verlangen. Sie hat das ja schon einmal fast umgesetzt oder es wurde in diesem Haus schon einmal umgesetzt, aber nach kurzer Zeit wurde das dann vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Es wurden die gravierenden Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte bemängelt. Da geht es nicht um irgendwelche Kleinigkeiten, sondern um die Grundrechte von uns allen.
Wir Grüne haben diesbezüglich eine ganz klare Haltung, egal ob in der Opposition oder in der Regierung. Wir stehen für einen wirksamen Schutz gegen Terrorismus – da ist die Betonung auf wirksam.
Als wir in Regierungsverantwortung waren, hat die ÖVP das Ganze ja auch verlangt. Wir haben aber deutlich gemacht, es braucht ein Gesetz, das weder gegen unsere Verfassung verstößt noch eine große Gefahr des Missbrauchs birgt. Geliefert wurde damals eigentlich nichts – nichts, was dem gleichgekommen wäre. Und auch der Entwurf, der uns heute vorliegt, ist weit entfernt davon. Der einzige Unterschied ist: Wir haben es nicht umgesetzt und die SPÖ und die NEOS sind leider umgefallen. – Das ist kein Vorwurf an die ÖVP, denn die hat seit vielen, vielen Jahren eine klare Haltung, daran hat sich nichts geändert. Es ist aus meiner Sicht die falsche Haltung, aber es ist eine Haltung.
Gehen wir aber einmal Schritt für Schritt durch, worum es geht: Innenminister Karner und Staatssekretär Leichtfried sprechen – wir hören das seit Wochen – von einer ominösen Spionagesoftware, die einzig und allein auf die Nachrichten zugreift. Der Haken an der Gesamtgeschichte ist: Das ist technisch nicht möglich. Sie können jeden IT-Sicherheitsexperten oder jede Sicherheitsexpertin fragen, er oder sie wird Ihnen das bestätigen. Genau das hat der VfGH ja auch gefordert, dass man eben nicht auf das Gesamtgerät zugreifen soll, und das gibt es einfach nicht.
Vielleicht einmal den technischen Hintergrund, warum das gar nicht funktioniert: Wenn Sie jetzt Whatsapp, Signal oder teilweise Telegram nutzen, dann sind die Nachrichten, die verschickt werden, verschlüsselt. Das heißt, die Nachricht kann man entweder beim Absender oder beim Empfänger ablesen. Natürlich kann man die Nachricht auch dazwischen abfangen, nur wird man sie nicht auslesen können, denn da wird man Zeichen, Buchstaben und Zahlen bekommen, die nichts ergeben. Das heißt, man muss mit einer Spionagesoftware entweder beim Absender oder beim Empfänger auf dem Gerät sitzen, auf dem gesamten Gerät, denn anders wird das nicht funktionieren.
Wie macht man das Ganze? – Eben mit einer Spionagesoftware, indem man Sicherheitslücken ausnutzt. Aber diese Sicherheitslücken haben ja nicht nur diese Gefährder oder die Terroristen, die man bekämpfen möchte, sondern alle Bürgerinnen und Bürger in Österreich.
Das ist das erste große Problem: Eigentlich hätte der Staat ja die Sorgfaltspflicht, wenn er Kenntnis von Sicherheitslücken erlangt, dass er dahin gehend arbeitet, diese Sicherheitslücken zu schließen. Jetzt dreht sich das Ganze aber, wir wollen diese Sicherheitslücken anscheinend nicht mehr schließen, sondern sie aktiv ausnutzen.
Jetzt fragen wir – die Frage nach der Software; wir haben das in allen Ausschüssen gemacht, in denen wir es konnten –: Welche Software möchte man einsetzen? – Wir kennen die Marktteilnehmer in diesem Bereich und man kann eigentlich relativ locker sagen, dass sich alle Anbieter von staatlicher Spionagesoftware in einem rechtlichen Graubereich bewegen. Das sind nicht unbedingt Unternehmen, die hohes Vertrauen genießen – teilweise aus dem nachrichtendienstlichen Bereich. Es sind einfach ein bisschen dubiose Unternehmen. (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].)
Das mit den Sicherheitslücken hat ja noch eine Komponente, die aus meiner Sicht zu wenig besprochen wird: Wo kommen diese Sicherheitslücken denn her? – Es gibt kriminelle Organisationen, die sich nur dadurch finanzieren, dass sie Sicherheitslücken auffinden und diese an Staaten verkaufen oder an jene, die Spionagesoftware herstellen. (Abg. Deimek [FPÖ]: Unseriöse ...!) Das heißt, vielleicht finanziert man am Ende mit solch einem Gesetz genau jene, die man ja eigentlich bekämpfen wollte.
Überlegen wir uns einmal kurz: Was haben wir alles auf unseren Smartphones? – Bilder vom letzten Familienurlaub, Kommunikation mit Freundinnen und Freunden, Onlinebanking, vielleicht Dating-Apps, Dokumente und Daten, die es vielleicht möglich machen, Rückschlüsse auf Ihre politische Gesinnung, eigentlich Ihr gesamtes Leben im Jahr 2025 zu ziehen, wenn wir ehrlich sind. Das Smartphone hat alles.
Jetzt werden sicherlich einige denken: Na ja, und, ich bin ja kein Gefährder, ich habe nichts verbrochen, warum sollte mir etwas passieren?, und dann kommen wir zum Thema Missbrauch; da hätte ich gerne deine Karte ausgeborgt, Herr Kollege (in Richtung Abg. Gödl), aber die wolltest du mir nicht geben. (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].)
In allen Ländern, in denen es zum Einsatz von staatlicher Spionagesoftware gekommen ist, gab es Missbrauchsfälle, und ich rede da nicht von irgendwelchen diktatorischen Regimen, die Oppositionspolitiker damit unterdrückt haben, sondern von europäischen Rechtsstaaten (Abg. Oberhofer [NEOS]: Völliger Blödsinn, das stimmt nicht!) – auch von unseren Nachbarländern – von Dänemark bis Griechenland. Überall dort, wo es zum Einsatz von Spionagesoftware gekommen ist, gab es Missbrauchsfälle. Teilweise gab es in diesen Ländern strengere Gesetze als in Österreich, und dennoch ist es zu einem Missbrauch gekommen.
Auch dort war die Idee, dass man das Ganze gegen Terroristen oder gegen Gefährder einsetzen wollte. Am Ende hat es getroffen: die Zivilgesellschaft, Menschen, die sich für Menschenrechte eingesetzt haben, oder kritische Journalistinnen und Journalisten, die einfach ihrer Arbeit nachgegangen sind; Bürgerinnen und Bürger. (Ruf bei der FPÖ: Jeder dort oben auf der Tribüne kann davon betroffen sein!) – Alle können davon betroffen sein. Es ist keine Massenüberwachung, aber es bietet das Potenzial dazu. (Abg. Erasim [SPÖ]: Dieser Schulterschluss, der ist für mich etwas gruselig!)
All diese und noch schwerwiegendere Einwände zu diesem Gesetzentwurf gab es in der Begutachtungsphase. Mehr als 90 namhafte Organisationen haben diesen Gesetzentwurf eigentlich in der Luft zerrissen. Dazu zählen eindringliche Warnungen von der Rechtsanwaltskammer bis zur Österreichischen Liga für Menschenrechte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestern haben Sie alle ein Mail von 46 Organisationen aus 15 verschiedenen Ländern bekommen, die Sie alle nochmal gewarnt haben. Das sind Organisationen aus Ländern, in denen es diese Missbrauchsfälle schon einmal gegeben hat. Ich hoffe, dass Sie diesen offenen Brief ganz genau gelesen haben und sich auch Ihrer Verantwortung bewusst werden.
Macht das die ÖVP jetzt alleine? – Das kann sie ja nicht, da braucht sie ja Partner dazu. Da gibt es ja die SPÖ und die NEOS. Bis vor Kurzem waren die auch dagegen. Erinnern wir uns an ein Zitat von Herrn Klubobmann Kucher: „Seitens der SPÖ wird es keine Zustimmung für [...] den Bundestrojaner geben.“ – Das ist noch gar nicht so lange her, dass er das gesagt hat. (Abg. Kucher [SPÖ]: Ganz was anderes!)
Das war im April 2024. Jetzt haben wir Juli 2025, jetzt ist man ganz anderer Meinung. Ich finde es ja ein bisschen lustig, wie man das Ganze argumentiert. (Abg. Erasim [SPÖ]: Das ist eine Gefährderabwehr, die wir jetzt beschließen, kein Bundestrojaner!) – Ah, genau. Genau das wollte ich gerade erzählen. Danke, dass du es jetzt vor mir gesagt hast. (Abg. Steiner [FPÖ]: Das ist wohl die Expertin für eh alles! – Abg. Kucher [SPÖ]: Das bist schon du! Das bist eh noch du!)
Die SPÖ redet ja davon, dass der Trojaner, gegen den sie ja früher waren, auch der Trojaner von Kickl gewesen sei: Der war Massenüberwachung, der war schlimm! – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, am Trojaner hat sich nichts verändert, die Systematik ist dieselbe. (Abg. Deimek [FPÖ]: Sie kennen sich da nicht aus!) Das Einzige, das sich verändert hat, ist eure Position dazu. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Darüber solltet ihr einmal nachdenken. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)
RN/41.1
Zu den Kollegen von den NEOS: Bis vor Kurzem hat man die NEOS auf der Straße gesehen, gegen Überwachung, gegen den Trojaner. (Der Redner hält eine Tafel in die Höhe, auf der ein Foto von NEOS-Aktivist:innen und Beate Meinl-Reisinger zu sehen ist, die pinke sprechblasenförmige Plakate in die Höhe halten, auf denen unter anderem „Meine Daten gehören mir“ und „Nicht wegschauen beim Überwachen“ zu lesen ist.) Da haben Sie laut geschrien, aber heute wird eine Mehrheit Ihrer Abgeordneten dem Gesetz zustimmen! Ja, es gibt ein paar Abweichler in den eigenen Reihen, und ich habe großen Respekt davor, dass sie sich auch lautstark dazu gemeldet haben. Da möchte ich die Frage stellen: Sind die vernünftigen Argumente vom eigenen Verfassungssprecher nicht relevant? Bedeuten die nichts? Ist seine Expertise nichts wert? Wieso hört man da gar nicht hin?
Wo bitte sind in diesem Gesetz die wesentlich schärferen parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten, die Frau Beate Meinl-Reisinger gefordert hat? Wo sind die Regelungen gegen den Missbrauch, die Kollege Shetty immer wieder gefordert hat? (Abg. Shetty [NEOS]: Musst halt einmal den Ministerratsvortrag lesen! Das ist nicht deine Stärke!)
RN/41.2
Kollege Shetty, ich habe ein Geschenk für dich mit. (Der Redner hält ein T-Shirt mit der Aufschrift „Stopp Überwachungsstaat“ in die Höhe.) Diese T-Shirts hattet ihr an, als ihr gegen Überwachung auf die Straße gegangen seid, als ihr gegen den Bundestrojaner gekämpft habt, als ihr das zum VfGH gebracht habt. Du hast jetzt die Möglichkeit - - Ich schenke dir dieses T-Shirt, das kannst du gerne anziehen. (Abg. Lausch [FPÖ]: ... zieht er’s verkehrt an!) Ich hoffe, es löst vielleicht etwas in dir aus, sodass du eine Rede hältst, die der Yannick Shetty von vor knapp 100 Tagen hier gehalten hätte. (Beifall bei Grünen und FPÖ. – Abg. Voglauer [Grüne]: Aber eine Überraschung!)
Zusammengefasst: Die SPÖ und die NEOS sind umgefallen und ermöglichen der ÖVP ihre Überwachungsfantasien. (Abg. Shetty [NEOS]: Spannend, weil Umfallen eigentlich eure Kernkompetenz ist!) Die ÖVP ist aber schon wieder drei Schritte weiter. Die redet ja schon von Ausweitungen. Die möchten das Gesetz schon ausweiten oder haben danach gerufen, noch bevor das Gesetz da ist.
Es fängt ja immer so an: Es wird am Anfang ein Bereich vorgegeben, bei dem vermeintlich niemand etwas dagegen haben kann – es geht ja um Terroristen, es geht ja um Gefährder! –, und dann geht es schrittweise weiter. Das kennen wir aus Überwachungsgesetzen, nicht nur aus Österreich.
Zusammengefasst: Dieses Gesetz ist technisch nicht machbar, rechtlich nicht haltbar, es gibt keinen ernstzunehmenden Rechtsschutz, keinen wirklichen Schutz gegen Missbrauch. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)
Wir wissen – und das zeigt uns auch die Erfahrung auch aus europäischen Staaten –: Wenn es zum Einsatz von Spionagesoftware kommt, ist die Frage nicht, ob es zu einem Missbrauch kommt, sondern wann es zu einem Missbrauch kommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen – die ÖVP spreche ich gar nicht an, weil eh klar ist, wo sie steht –, wollen Sie wirklich einem trojanischen Pferd trotz aller Warnrufe die gesetzlichen Tore öffnen? Wollen Sie das wirklich? Für uns steht fest: Grün hält Grundrechte hoch und die Augen offen. Das heißt, wenn dieses Gesetz in dieser Form heute hier beschlossen werden sollte, werden wir eine Klage vor dem VfGH prüfen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)
12.06
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Maximilian Köllner. Ich habe die Redezeit auf 5 Minuten eingestellt. – Herr Abgeordneter, bitte.
RN/42
12.06
Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Geschätzter Herr Innenminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich im Namen meiner Kollegin Sabine Schatz die Pensionisten aus dem Bezirk Urfahr begrüßen – herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Wir hätten es uns leicht machen und uns wie die FPÖ vor der Verantwortung drücken können. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Die SPÖ ist in diese Regierung gegangen, um in der herausforderndsten Zeit - - (Zwischenrufe bei der FPÖ) – runterkommen, ich komme noch zu Ihnen! –, um in der herausforderndsten Zeit seit Jahrzehnten in unserer Republik Verantwortung zu übernehmen, Verantwortung für ein Budgetloch zu übernehmen, das andere hinterlassen haben, Verantwortung zu übernehmen, um die Sicherheit unserer Bevölkerung zu erhöhen. (Abg. Steiner [FPÖ]: Aber dafür hat euch niemand gewählt!)
Wenn es notwendig ist, unserer Exekutive (Ruf bei der FPÖ: Die Überstunden zu zahlen!) – um Terroristen und Spione aus dem Verkehr ziehen zu können – auch Instrumente in die Hand zu geben, dann hört man plötzlich von der FPÖ nichts mehr.
Und ja, ich sage auch das in aller Deutlichkeit: Die SPÖ ist in der Vergangenheit Vorschlägen für eine Überwachungssoftware kritisch gegenübergestanden, weil sie zu weit gingen (Abg. Deimek [FPÖ]: ... sind wir jetzt endlich dafür!): zu großer Eingriff, zu wenig Kontrolle. (Abg. Reifenberger [FPÖ]: Ist jetzt nichts anders, Kollege!)
Genau deshalb liegt heute ein Gesetz vor, das genau jene Schutzmechanismen enthält, die damals gefehlt haben, zum Beispiel unter Innenminister Herbert Kickl. (Abg. Stefan [FPÖ]: Beispiel!) Dieses Werkzeug, das jetzt vorliegt, darf ausschließlich bei konkretem Verdacht und nur mit richterlicher Genehmigung eingesetzt werden. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das war damals nicht?!) Und das ist der wesentliche Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lausch [FPÖ]: Beispiel! Beispiel! – Abg. Erasim [SPÖ]: Aber nicht mit einem Dreirichtersenat! – Zwischenrufe der Abgeordneten Zorba [Grüne] und Giuliani-Sterrer [FPÖ].)
Wir machen zuerst das Gesetz und erst dann prüfen wir, welche Software unseren Anforderungen entspricht. Es hat eine ausführliche Begutachtung gegeben, es wurden auch etliche Stellungnahmen eingeholt, damit die Gefährderüberwachung noch sicherer und besser wird. Es gibt extrem strenge Regeln beim Einsatz der Software. Es gibt Vorkehrungen gegen den Missbrauch. Jeder Einsatz, jeder Mausklick muss dokumentiert werden. Die richterliche Genehmigung einer Überwachung erfolgt durch einen unabhängigen Dreiersenat. Ein Rechtsschutzbeauftragter muss alles engmaschig begleiten. (Abg. Zorba [Grüne]: Wo sitzt denn der Rechtsschutzbeauftragte?)
Bei mehr als 30 Überwachungsfällen pro Jahr muss der Innenminister dem Parlament – Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen – Bericht erstatten. Alleine an dieser Zahl 30 sieht man schon, dass der Überwachungsfall die Ultima Ratio ist, wenn die Möglichkeiten des Verfassungsschutzes ausgeschöpft sind. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Shetty [NEOS] und Strasser [ÖVP].)
Eines möchte ich schon noch sagen: Ich kann mich noch gut an die Reaktionen nach den terroristisch motivierten Anschlägen in Wien 2020 und zuletzt in Villach zu Beginn dieses Jahres erinnern. (Abg. Steiner [FPÖ]: ... Nehammer!) Wir waren alle fassungslos und geschockt, und die gesamte Republik ist zusammengestanden und hat gemeinsam - - (Abg. Stefan [FPÖ]: Was hätte das mit dem Bundestrojaner geändert? Inwiefern hätte der Bundestrojaner etwas geändert?) – Sie können sich zu Wort melden. Lassen Sie mich bitte kurz ausreden (Abg. Erasim [SPÖ]: Nein, er hat schon 2018 gesprochen! Der Herr Stefan hat doch 2018 gesprochen, wie sie dafür waren!), das gehört sich in Österreich so. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Die gesamte Republik ist zusammengestanden und hat gemeinsam mit den Angehörigen der Opfer getrauert. Auch wenn wir nie alles verhindern können, waren wir uns einig, alles zu tun, um die Sicherheit in unserem Land zu erhöhen. Jetzt, wenige Monate später haben manche anscheinend schon vergessen, was passiert ist. (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].)
Jetzt liegt ein Gesetz vor, das ausschließlich auf jene fokussiert, von denen tatsächlich Gefahr ausgeht (Zwischenrufe bei der FPÖ), und gewisse Akteure hier im Hohen Haus haben nicht nur keine Lösungsansätze, sondern auch anscheinend nichts Besseres zu tun, als politisches Kleingeld zu schlagen. (Zwischenruf des Abg. Reifenberger [FPÖ].) Das ist unredlich – ich finde das nicht okay (Abg. Kassegger [FPÖ]: Herr Kollege, jetzt sind wir total unterirdisch unterwegs! Eine Falschbehauptung nach der anderen!) –, und das ist vor allem unehrlich und unfair den Familien und Freunden der Angehörigen gegenüber. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Zum Abschluss noch zur FPÖ, die sich jetzt hier künstlich als Hüterin der Freiheit inszeniert: Ihr habt offensichtlich bei euch intern ein Vergesslichkeitsthema. Ihr habt den kleinen Mann immer noch verraten und hinters Licht geführt. Ihr wart in jeder Regierungsverantwortung beim Sozialabbau dabei. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da reden die Richtigen!) Im Sommer 2017 habt ihr das geplante Sicherheitspaket von Rot-Schwarz als – ich zitiere – „Papier der Grässlichkeiten“ und „DDR 4.0“ bezeichnet.
Wer hat ein halbes Jahr später den Innenminister gestellt? – Die FPÖ. Dann hat es plötzlich geheißen: Ja, wir haben uns „eines Besseren belehren lassen“, „es ist ja nicht verboten, gescheiter zu werden“! (Abg. Erasim [SPÖ]: Und jetzt werdet ihr wieder gescheiter!)
Jetzt, wieder in der Opposition und obwohl das Gesetz extrem strenge Regeln beim Einsatz voraussetzt, seid ihr wieder dagegen. – Na, was jetzt? (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Es ist ja was passiert in der Zwischenzeit ...! – Zwischenruf des Abg. Kassegger [FPÖ].) Das ist ein Zickzackkurs vom Feinsten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Noch ein Wort zu Kollegen Darmann – ich gratuliere ihm herzlich nachträglich zu seinem 50. Geburtstag, aber ich kann ihn da auch nicht ausnehmen –: Er hat nach den letzten Attentaten auch im Ausschuss stets von Behördenversagen gesprochen. Gleichzeitig wollen Sie ihnen aber das nötige Werkzeug nicht in die Hand geben, damit wir so etwas verhindern. Abgesehen davon, dass Sie mit dem Ausdruck Behördenversagen pauschal Tausende engagierte Exekutivbeamte diskreditieren (Abg. Stefan [FPÖ]: Eben nicht! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eben nicht!), können wir nur mutmaßen, worum es Ihnen wirklich geht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Und zu guter Letzt – dann bin ich schon fertig – zu den Grünen: Oberlehrerhaft nur zu sagen, was nicht geht (Abg. Gewessler [Grüne]: Drei Anträge ...! Drei Anträge! Ihr könnt allen zustimmen! Drei Anträge, heute!), aber keine eigenen Lösungen zur Erhöhung der Sicherheit anzubieten, ist aus meiner Sicht auch zu wenig. Wer den Staat daran hindert, seine Bevölkerung zu schützen, schützt am Ende des Tages die Falschen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
12.12
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister, Sie gelangen zu Wort.
RN/43
12.13
Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus beziehungsweise vor den Geräten! Heute ist in der Tat ein ganz besonderer Tag, manche sagen, ein historischer Tag. Es ist jedenfalls ein besonderer Tag für die Sicherheit in unserem Land, für die Polizei in unserem Land, vor allem für den Verfassungsschutz in unserem Land.
Und ich gebe zu, wir haben lange, sehr, sehr lange und intensiv darum gerungen, gekämpft, eine entsprechende Vorlage ins Parlament zu bringen. Ich bin allen dankbar, dass heute die Beschlussfassung in diesem Hohen Haus ansteht, und ich darf an dieser Stelle um breite Unterstützung für diese Vorlage bitten, nicht für mich, nicht für irgendeine Regierung, sondern (Abg. Steiner [FPÖ]: Für die ÖVP!) für die Polizei, für unseren Verfassungsschutz, sodass sie diese Arbeit auch tun können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Hinter dieser Gefährderüberwachung, wie sie heute vorliegt, stehen keine ideologischen Gründe, da geht es nicht um Interessen von Einzelnen. Sie ist einfach notwendig für die polizeiliche Arbeit, für die Arbeit des Verfassungsschutzes, um auf Augenhöhe gegen Terroristen kämpfen zu können, um eben auch Anschläge verhindern zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Art der Kommunikation, wie wir miteinander kommunizieren, wie wir Informationen austauschen, hat sich einfach in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten massiv geändert. Wir schreiben uns sehr selten Briefe, wir telefonieren sehr selten über Festnetz. Wir kommunizieren sehr, sehr oft über sogenannte Messengerdienste: Whatsapp, Signal, Telegram oder andere. Ja, da hat sich die Zeit weitergedreht, das sehen wir täglich. Und es ist eben auch so, dass Terroristen nicht über Briefe kommunizieren (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber über Whatsapp auch nicht mehr!), sondern das heute letztendlich auch über Messengerdienste tun. Die Polizei darf heute schon, wenn es einen begründeten Verdacht gibt, nach richterlicher Anordnung bei besonderen Straftaten Briefe öffnen und Telefone überwachen. Nur: Die werden nicht dazu verwendet. Es sind eben die Messengerdienste, die von Terroristen letztendlich für die Planung von Attentaten benutzt werden. Es geht um eine zeitgemäße, moderne Möglichkeit für unsere Polizei, für den Verfassungsschutz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Und ich möchte das auch an dieser Stelle noch einmal unterstreichen: Es geht um einige wenige Fälle pro Jahr – das sind Einschätzungen der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst –, in denen letztendlich diese Art der Gefährderüberwachung zum Einsatz kommt.
Ich möchte hier – und das sei mir gestattet – einen Ermittler zitieren – so wie eben Ermittler sprechen –: Die Handys der Bevölkerung, die Smartphones der Bevölkerung sind uns völlig wurscht, aber die Sicherheit der Bevölkerung ist uns nicht wurscht! (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Es geht darum, dass wir Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung tragen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.) Daher benötigen wir, daher brauchen wir letztendlich diese moderne Art, um Gefährder zu überwachen und Terror abwehren zu können. – Zitatende. Das ist das Zitat eines Ermittlers, nicht von mir oder von einem anderen politischen Vertreter. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Machen Sie einmal Ihre E-Mails auf vor einem Terroranschlag! Das wäre einmal ein Anfang! So könnte man beginnen! E-Mails aufmachen: Das wäre ein Start! – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen. – Abg. Stefan [FPÖ]: Mistkübel kontrollieren!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei aller Skepsis – vielleicht bei manchen auch Ablehnung – habe ich ein Ersuchen und eine Bitte: Ich hatte in den letzten Tagen, in den letzten Wochen schon den Eindruck, dass manche Äußerungen, auch manch offener Brief zum Ausdruck gebracht haben, dass es tiefes Misstrauen gegenüber der Polizei und dem Verfassungsschutz gibt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein, gegenüber der ÖVP!) Man hat den Eindruck vermittelt, als ob die Polizei nur darauf warten würde, in jedes Handy, in jedes Smartphone hineinzuschauen. Dieses Misstrauen und diese Abneigung haben sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Verfassungsschutz, unsere Polizei nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eh nicht, aber das Misstrauen ist gegen die Österreichische Volkspartei ...!)
Die Polizei – und das wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wir stehen hinter der Polizei, aber nicht hinter Ihren ÖVP-Führungskräften!) – genießt zu Recht höchstes Vertrauen in der Bevölkerung (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Seit Corona besonders!), weil sie exzellente Arbeit leistet, weil sie vertrauensvolle Arbeit leistet (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und Sie missbrauchen sie schon wieder!), in oft schwierigen Situationen da ist, wenn es um die Sicherheit der Bevölkerung geht. Daher sollte man unserer Polizei, unserem Verfassungsschutz auch jenes Handwerkszeug in die Hand geben, das sie benötigen. Das tun wir. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
Ich möchte noch einmal unterstreichen – es wurde von Vorrednern angesprochen –, es geht um eine zeitgemäße Möglichkeit (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Es geht um Kompetenz statt Parteibuch!) nach hohen internationalen Standards und vor allem – auch das sei noch einmal erwähnt – in einem sehr, sehr engen rechtlichen Korsett. So liegt dieser Vorschlag heute zur Beschlussfassung vor. Ich möchte zum Schluss – und auch das sei mir gestattet; es ist mir ein besonderes Anliegen – Danke dafür sagen, dass heute dieses Gesetz so zur Beschlussfassung vorliegt.
Ich bedanke mich bei Staatssekretär Jörg Leichtfried, mit dem wir in den letzten Wochen intensiv darüber beraten haben. Ich bedanke mich bei den Koalitionsparteien für die intensiven, notwendigen, guten Gespräche. Ich bedanke mich auch – ich habe das auch im Innenausschuss getan, ich tue das noch einmal – bei den Grünen, denn es war auch Thema in der Vorgängerregierung, so etwas umzusetzen. Das heißt, eine gewisse Vorarbeit ist da geleistet worden, auch das muss man zur Kenntnis nehmen. Es ist wichtig, dass es jetzt kommt. (Abg. Koza [Grüne]: Wird so sein! – Rufe bei der FPÖ: Ah! Bei uns nicht bedanken! Nicht bedanken bei uns!)
Ich möchte explizit sagen: Ich bedanke mich auch bei manchen in der FPÖ (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na, bitte net! – Ruf bei der FPÖ: Das ist geschäftsschädigend! – neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen), weil ich weiß, dass manche in der FPÖ auf Seite der Polizei und des Verfassungsschutzes stehen – auch bei denen möchte ich mich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Bei wem will er sich bedanken? Bei den Guten, den Konstruktiven!)
Zum Schluss: Mein besonderer Dank – und das möchte ich noch einmal ansprechen – gilt unserer Polizei, gilt unserem Verfassungsschutz. Dieser Verfassungsschutz, diese Polizei leisten exzellente Arbeit. Es ist eine enorm hohe Verantwortung, die sie tragen. Die Bedrohungslagen haben sich verändert, vor allem seit dem 7. Oktober 2023. Das heißt, die Herausforderungen sind größer geworden. Daher müssen wir, wollen wir und werden wir sie in dieser schwierigen Arbeit mit dem heutigen Vorschlag unterstützen.
Ich bitte nochmals um eine breite Unterstützung. Tun wir das, damit sie das tun können, wofür sie, wofür wir Verantwortung tragen, nämlich für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
12.21
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michael Schilchegger. – Ich habe die Redezeit auf 4 Minuten eingestellt, Herr Abgeordneter.
RN/44
12.22
Abgeordneter MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ): Werte Damen und Herren! Werter Herr Innenminister! Werter Herr Staatssekretär! Eingangs darf ich die Vertreter der Zukunftsakademie Kärnten im Namen der freiheitlichen Abgeordneten ganz herzlich begrüßen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Kommen wir zurück zur Beschlussvorlage. Es geht um diese Messengerdienstüberwachung. Wir haben es schon gehört, einige Redebeiträge hat es schon dazu gegeben. Wir wären natürlich auch bereit, eine solche Maßnahme hier zu unterstützen, wenn sie die Sicherheit in Österreich erhöhen und etwas dazu beitragen würde. Aber es bietet aus unserer Sicht kein Mehr an öffentlicher Sicherheit, sondern ein Weniger, und das kann man ganz einfach daran festmachen, dass die technischen Aspekte dieser Maßnahme unvermeidlich dazu führen, dass im Bereich der Cybersecurity einfach Sicherheitslücken offen gehalten und nicht geschlossen werden. (Abg. Shetty [NEOS]: ... in einer viel schlechteren Version beschlossen!) Das gefährdet die Cybersecurity in einem ganz sensiblen Bereich. (Ruf bei der ÖVP: Was ist denn das für eine Ausrede?)
Warum es kein Mehr an Sicherheit bringt? – Das zeigt ja die Tatsache, dass etwa das Messerattentat in Kärnten – meine Vorredner, Herr Kollege Köllner zum Beispiel, haben schon davon gesprochen – durch diese Maßnahme nicht verhindert worden wäre. (Abg. Schroll [SPÖ]: Wer sagt denn das?) Viele andere Terrorattentate – denken Sie an den Anschlag in Wien 2020 – wären durch diese Maßnahme auch nicht verhindert worden. Dafür, dass Sie sozusagen 30 islamistische Gefährder, die es in unserem Land gibt, noch ein bisschen – womöglich ein bisschen, weil auch diese Gefährder natürlich Mittel und Wege haben, um diese Messengerüberwachung zu umgehen – besser beobachten, sind 20 Millionen Euro Steuergeld pro Jahr wirklich nicht gut eingesetzt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kucher [SPÖ]: Also nix tun! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Ihr braucht es für den Umbau von den Häusern eurer Parteivorsitzenden, das Geld!)
Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben auch schon angesprochen – sie haben mehrere Zitate dazu erwähnt, und Sie halten uns das auch immer wieder vor –, dass wir ursprünglich, vor sieben Jahren, für einen solchen Bundestrojaner gestimmt und uns dazu auch gemeinsam mit der ÖVP verständigt haben. Seither ist aber doch einiges passiert: Es hat eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gegeben, man hat sehr viele Erfahrungen auch aus anderen Ländern gesammelt, vor allem auch, was den Datenmissbrauch bei solchen Maßnahmen betrifft – und nicht zu vergessen: Es kam 2020 die Coronapandemie, bei der man gesehen hat, wozu solche Überwachungsfantasien der ÖVP führen. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, abgesehen von diesen Aspekten glaube ich schon, dass unser Wandel sehr glaubwürdig ist und nichts damit zu tun hat, ob wir jetzt eine Oppositions- oder eine Regierungsrolle einnehmen. Man hat ja in den Regierungsverhandlungen vom Jänner dieses Jahres gesehen, dass – und das ist ja durch sogenannte Leaks dokumentiert, durch die man Zwischenstände aus den Verhandlungen an die Medien weitergespielt hat – diese Maßnahmen alle nicht konsentiert waren, sie waren auf Rot gestellt. Wir haben der ÖVP also nicht den roten Teppich ausgerollt, aber Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ und von den NEOS, rollen nun den rot-pinken Teppich für diese ÖVP-Überwachungsmaßnahme aus. (Beifall bei der FPÖ.)
Es wird immer wieder davon gesprochen, dass wir keine eigenen Konzepte hätten, um dem Problem der Terrorabwehr zu begegnen. Herr Kollege Gödl hat das auch wieder angesprochen und uns vorgehalten: Geben Sie uns doch einmal einen Plan, wie man dem Terror in Österreich künftig effektiv begegnen kann! – Gerne. Wir Freiheitliche scheuen uns wirklich nicht davor, ÖVP-Sicherheitskonzepte und freiheitliche Sicherheitskonzepte zu vergleichen. Für das Problem von Messerattacken – wenn beispielsweise syrische Banden und tschetschenische Banden in Wien gegeneinander kämpfen oder Messerattentate wie jenes in Villach von einem Asylwerber passieren – war Ihre Lösung vom letzten Jahr, Herr Innenminister, ein Messertrageverbotsgesetz für die gesamte Bevölkerung. – Unsere Lösung: ein Abschieben in die Herkunftsländer. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Da ist es dann auch schon zu spät!)
Kommen wir abschließend zum Bereich der islamistischen Gefährder, die noch nicht aktiv tätig sind, sondern womöglich Anschläge planen, sich im Internet radikalisieren und bei denen es vielleicht noch keine Handhabe für das Ermitteln nach dem Strafrecht gibt, um dagegen vorzugehen. Ihre Beschlussvorlage, die Maßnahme, die Sie vorschlagen, ist also: 20 Millionen Euro pro Jahr für einen Bundestrojaner, der die Cybersecurity in Österreich massiv gefährdet, um 30 Gefährder im Land – mehr sind es nicht – möglicherweise ein bisschen besser überwachen, besser beobachten zu können.
Die freiheitliche Lösung ist ganz einfach: Islamistische Gefährder müssen in Strafhaft oder in Abschiebehaft, damit Kriminalpolizei und Fremdenpolizei dementsprechend aktiv werden können – und nicht nur der Nachrichtendienst. Damit die Polizei auch die Mittel in der Hand hat, um Abschiebungen durchführen zu können, benötigen wir unter anderem – es ist ja nur ein Baustein von vielen Maßnahmen – das Verbotsgesetz gegen den politischen Islam. (Beifall bei der FPÖ.)
12.27
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Yannick Shetty. – Ich habe Ihre Redezeit auf 5 Minuten eingestellt, Herr Klubobmann.
RN/45
12.27
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Liebe Schülerinnen und liebe Schüler! Ich glaube, Sie haben sich eine spannende Debatte ausgesucht, der Sie heute folgen können.
Es ist kein Geheimnis: Die Messengerüberwachung – anders als beispielsweise die Bundesstaatsanwaltschaft oder das Integrationsprogramm ab Tag eins, im Übrigen zwei Maßnahmen, die wir in den ersten vier Monaten dieser Regierung auf den Weg gebracht haben – war nie ein und ist auch jetzt kein Leuchtturmprojekt von NEOS.
Ich möchte Ihnen in meiner Rede heute darstellen, warum wir hinter diesem vorliegenden Gesetzentwurf stehen. (Rufe bei der FPÖ: „Wir“! Wer ist „wir“? Wer denn aller?) Ganz offen möchte ich sagen – vielleicht schaffen es die Kollegen von der FPÖ auch einmal, kurz zuhören, vielleicht 1, 2, 3 Minuten, dann wird es eh wieder losgehen (Unruhe im Saal – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen) –: In einer perfekten, liberalen, freien und offenen Gesellschaft würden wir heute nicht über ein solches Gesetz diskutieren.
In einer perfekten, liberalen, freien und offenen Gesellschaft gäbe es keine islamistischen Extremisten, die in Europa mit Selbstmordanschlägen gegen unsere freiheitsliebende Gesellschaft vorgehen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wer weist seit Jahrzehnten darauf hin?)
In einer perfekten, liberalen, freien und offenen Gesellschaft gäbe es keine extremistischen, staatsfeindlichen Netzwerke, die Weihnachtsmärkte, Konzerte, Regenbogenparaden, Synagogen oder Kirchen zu Unsicherheitszonen machen. (Ruf bei der FPÖ: Festung Österreich!)
Wir leben in keiner perfekten, liberalen, freien und offenen Gesellschaft – leider. Ich glaube, das sehen wir hier alle so. Wir leben vielmehr in einer Realität, in der – gerade in Österreich – allerspätestens seit 2015 mangelnde Ordnung und Kontrolle in der Integrationspolitik häufig dazu geführt hat, dass jungen Menschen viele Chancen verwehrt bleiben und dadurch ein Nährboden, ein fruchtbarer Boden für Turboradikalisierung entstanden ist.
Wir leben in einer Realität, in der der politische Islam nicht nur ideologisch, sondern auch strukturell an Stärke gewonnen hat – Stichwort: der global operierende Islamische Staat.
Wir leben also in einer Realität, in der der Staat vorbereitet sein muss, rechtsstaatlich, klar begrenzt, demokratisch kontrolliert auf diese Gefahren zu reagieren – und zwar präventiv, bevor in das wichtigste Grundrecht eingegriffen wird, nämlich – Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention – das Recht auf Leben. (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)
Was für eine Handhabe hat der Staat gegen Extremisten? – Einen effektiven Staatsschutz und Nachrichtendienst – da müssen wir besser werden –, V-Männer, ein gutes Netzwerk von Partnerdiensten – auch das wird es, und das sage ich auch explizit, prioritär brauchen und das müssen wir stärker ausbauen. Das hat unabhängig von zusätzlichen Befugnissen, die wir heute beschließen, zu erfolgen und muss nachhaltiger passieren als in der letzten Regierung. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Zorba [Grüne].)
Wir wissen aber auch, Terroristen kommunizieren nicht via Fax und planen auch keinen Anschlag via Festnetz. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne].) Der Staat muss auch im 21. Jahrhundert wehrhaft gegen den Terror sein. (Abg. Stögmüller [Grüne]: ... NEOS ...!) Genau deshalb haben wir als NEOS die Überwachung von Hochrisikogefährdern nie kategorisch ausgeschlossen, sondern schon immer gesagt: Wenn es ein solches Instrument geben soll, dann muss es das strengste, das engmaschigste und am besten kontrollierte sein, das es in Österreich je gegeben hat – kurzum, es muss verfassungskonform ausgestaltet sein.
Ich bin überzeugt, wir sind überzeugt (Abg. Gewessler [Grüne]: Wer ist „wir“?), das ist uns gelungen. Entscheiden kann das aber nicht Abgeordneter Zorba, Abgeordneter Darmann oder ich – niemand von uns hier –, sondern das kann nur der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Dazu sage ich dann später noch ein paar Sätze. (Zwischenrufe bei den Grünen.)
Nach einem intensiven Begutachtungsverfahren von über acht Wochen haben wir mehr als zwei Dutzend Änderungen in dieses Gesetz eingebracht. Über zwei Dutzend Anregungen zu massiven Änderungen und Verschärfungen bei der Kontrolle, die von uns NEOS, aber auch von Expertinnen und Experten eingebracht wurden, wurden in diesem Gesetzesbeschluss, den wir heute hier fassen, realisiert. Ich kenne kein anderes Gesetz – und, Kollege Zorba, nenn mir ein anderes Gesetz –, das in einer Begutachtung je so umfassend überarbeitet wurde wie dieses. Strenger als dieses Gesetz geht es nicht. (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zorba [Grüne]. – Abg. Reifenberger [FPÖ]: Hast ja nicht einmal ...!)
Drei Bedingungen waren für uns dabei nicht verhandelbar: erstens der größtmögliche Rechtsschutz (Abg. Zorba [Grüne]: Wo ist der? Wo ist dieser Rechtsschutz?), zweitens engste Anwendungsgrenzen und drittens härteste Sanktionen bei Missbrauch.
Ich sage Ihnen, was das konkret heißt, weil da Fragen kommen – ich habe das Gefühl, Sie haben die Entwürfe und die Änderungen nicht gelesen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Erstens: Die Überwachung bedarf einer Genehmigung durch einen unabhängigen Dreirichtersenat des Bundesverwaltungsgerichts. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wer bestellt die Richter?) Zweitens: Keine einzige abgefangene Datei am Handy eines mutmaßlichen Islamisten oder Neonazis geht am Rechtsschutzbeauftragten vorbei. Dieser bekommt vollen Zugriff auf alle Daten und das Recht, Löschungen zu verlangen. Drittens: Das Parlament wird ab dem 31. Fall pro Jahr automatisch eingebunden. (Ruf bei den Grünen: Benachrichtigt! Benachrichtigt!) Viertens: Diese Maßnahmen greifen nur bei Terrorverdacht beziehungsweise bei sogenannten staatsfeindlichen Angriffen mit einer Strafdrohung von über zehn Jahren, keine Ausnahmen dabei – eine Massenüberwachung durch dieses Gesetz ist ausgeschlossen! (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zorba [Grüne]. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Hättest du die Rede vor einem Jahr auch gehalten?)
Dazu kommt noch etwas anderes: Es gibt kein einziges anderes Land in der Europäischen Union – auch diesbezüglich, Kollege Zorba, bitte um einen Gegenbeweis –, das einen so strengen Rechtsschutz für diese Maßnahme vorsieht, wie wir ihn heute beschließen.
Ich möchte auch ausdrücklich erwähnen (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie öffnen die Büchse der Pandora! – Zwischenruf bei den Grünen), es ist ja auch kein Geheimnis, dass es bei uns im Klub dazu unterschiedliche Perspektiven gibt. (Ruf bei der FPÖ: Warum wohl?) Niki Scherak, den ich persönlich auch sehr schätze, hat ja bereits in den Regierungsverhandlungen und schon vor langer Zeit gesagt und klargemacht, dass er die Überwachung von Messengerdiensten aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnt. Ich respektiere seine Meinung, der Klub respektiert seine Meinung. Auch wenn wir in der Gesamtabwägung zu einem anderen Ergebnis gekommen sind – ich führe ja gerade die Gründe aus, warum (Abg. Kassegger [FPÖ]: Und der Wähler wählt jetzt wen, den Scherak oder den Shetty?!) –, respektieren wir unsere Gegensätze und arbeiten trotzdem gemeinsam daran, dass das Gesetz unseren hohen Ansprüchen genügt. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Hätte der Kollege Shetty diese Rede auch voriges Jahr gehalten?) Das ist übrigens auch gelebter Parlamentarismus – ich weiß, für einige von Ihnen ein Fremdwort! (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und ÖVP.)
Wir alle – und das eint uns in der Koalition – wollen schließlich sicherstellen, dass dieses Gesetz keine Neuauflage des Kickl-Trojaners wird. Der wurde damals nämlich von der FPÖ umgesetzt und vom VfGH aufgehoben. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja unerhört! – Abg. Schroll [SPÖ]: Unerhört, unerhört, unerhört!) Das da ist das genaue Gegenteil von dem, was Sie damals umgesetzt haben: Es ist Resultat eines harten Verhandlungsprozesses gegen Massenüberwachung, gegen Generalverdacht und gegen den Missbrauch von staatlicher Gewalt! (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ. – Abg. Schroll [SPÖ]: Ihr habts es gemacht! Ihr habts es gemacht! )
Ich sage Ihnen aber auch ganz deutlich hier am Rednerpult: Die ersten Rufe nach einer Ausweitung der Messengerüberwachung lehnen wir entschieden ab, und ich sage das auch in aller Deutlichkeit. (Unruhe im Saal.) Eine Ausweitung der heute zu beschließenden Befugnisse wird es in dieser Legislaturperiode niemals geben! (Abg. Stefan [FPÖ]: Ja, ja, Staatsgefährder ...!) Die Gefährderüberwachung bleibt ein Instrument gegen Terroristen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Staatsgefährder!) – und zwar nur gegen Terroristen, nicht gegen Einbrecher, nicht gegen Demonstranten (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na ja, Staatsgefährder, hat der Herr Minister gesagt!), nicht gegen Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren. Ich nehme auch die Kritik der Opposition - - (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was sind die Coronamaßnahmengegner in dem Zusammenhang? Was wären die? Sind die Staatsgefährder? Oder wer ist das dann?) – Herr Hafenecker, geht es? (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen. – Ruf bei der FPÖ: Schwurbler!)
Präsident Peter Haubner: Der Herr Klubobmann ist am Wort, und ich darf um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bitten. – Danke.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (fortsetzend): Wenn das die Kollegin Belakowitsch schafft, schaffen Sie es, glaube ich, auch.
Ich nehme die Kritik der Opposition zur Kenntnis, auch wenn mich irritiert – das möchte ich schon sagen –, dass gerade von Politikern, die sich doch, glaube ich, in den redlichen Sektor einreihen, über Medien Dinge kritisiert werden, die unbestritten im ursprünglichen Entwurf standen (Abg. Zorba [Grüne]: Ein Beispiel! Ein Beispiel!), aber die ja geradezu in der Begutachtung herausgestrichen wurden. Ich kann das hier aufführen.
Man hat das Gefühl, es geht hier manchen nicht um die Sachpolitik, sondern darum, um jeden Preis einen politischen Punkt zu machen. (Abg. Zorba [Grüne]: Ein Beispiel ..., ein einziges Beispiel!) Ich sage, man kann das tun, aber ich lehne diese Haltung ab! (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und ÖVP. – Abg. Götze [Grüne]: Nicht einmal ein Beispiel!)
Ich sage noch abschließend, weil mich das schon sehr ärgert, bezüglich der FPÖ: Das ist die Partei, die einst mit dem Kickl-Trojaner potenziell alle Österreicherinnen und Österreicher überwachen wollte und unter Generalverdacht gestellt hat. Just jene Partei spielt sich jetzt als Bürgerrechtspartei auf. (Abg. Ragger [FPÖ]: So ein Schwachsinn!) Wie nennt man so ein Verhalten noch einmal? Herr Präsident, ich glaube, ich nenne es jetzt nicht beim Namen, um die Würde dieses Hauses zu respektieren. (Abg. Stefan [FPÖ]: Ja, blöd, dass Sie ...!) Sie sind keine Bürgerrechtspartei, und die Menschen wissen das auch! (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Eine Karikatur Ihrer selbst!)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir NEOS übernehmen Verantwortung für Sicherheit und für den Grundrechtsschutz, mit einem Gesetz, das unserer Auffassung nach den strengsten grundrechtlichen Anforderungen entspricht – und das ist aus meiner persönlichen Perspektive der wichtigste Punkt – und bei dem der VfGH ausreichend Zeit hat, bevor auch nur ein Islamist, ein Neonazi, ein anderer Extremist überwacht wird, es auf die Verfassungskonformität zu überprüfen. (Ruf bei den Grünen: Scheinheilig! – Zwischenruf der Abg. Prammer [Grüne].)
Deswegen möchte ich mich abschließend explizit bedanken: bei allen Bürgerinnen und Bürgern, bei allen Expertinnen und Experten, die diesen Prozess kritisch begleitet haben und deren Ideen wir im Rahmen der Begutachtung zur Verbesserung des Entwurfs heranziehen konnten – auch das ist in dieser Form eine Premiere. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Du überzeugst ...!)
12.37
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Alma Zadić. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Frau Abgeordnete.
RN/46
12.37
Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzter Herr Innenminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! 2019 hieß es, mit Spionagesoftware „hat die türkis-blaue Regierung das Tor zur absoluten Überwachungsgesellschaft geöffnet.“ (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Absolut, bei 30 Fällen!) „Die Grundrechte der Bürger“:innen „werden schwer missachtet“, so der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. (Ruf bei den Grünen: Störenfried!)
2024, anlässlich der Causa Ott, sind auch neue Überwachungsmaßnahmen für die DSN im Gespräch, unter anderem die Überwachung von Whatsapp-Nachrichten. Solche Maßnahmen lehnte der SPÖ-Klubchef Kucher aber ab (Ruf bei den Grünen: Oh!): „Seitens der SPÖ wird es keine Zustimmung für eine Massenüberwachung und für den Bundestrojaner geben.“ (Abg. Stögmüller [Grüne]: ...partei!)
Jänner 2020: Sie erinnern sich, das türkis-grüne Regierungsprogramm wurde vorgelegt – und im Regierungsprogramm stand da sogar etwas von einem Bundestrojaner. Das stimmt – und Meinl-Reisinger, Chefin der NEOS, hält das Regierungsprogramm für eine „Bankrotterklärung“ der Grünen bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Sie appelliert an den Bundeskongress der Grünen, da nicht mitzugehen, wegen der Pläne zum Bundestrojaner. Sie spricht davon: „Das hätte es mit uns nicht gegeben.“ (Beifall bei den Grünen.)
Fünf Jahre lang haben wir Grüne dagegengehalten, haben keinen Bundestrojaner eingeführt, obwohl es bei uns im Regierungsprogramm gestanden ist. Was machen die NEOS und die SPÖ (Abg. Shetty [NEOS]: Du hast ja nicht einmal die Bundesstaatsanwaltschaft zusammengebracht!), ein bisschen mehr als 100 Tage in der Regierung? – Sie fallen um und beschließen gemeinsam mit dem Innenminister den Bundestrojaner! Meine Damen und Herren Abgeordnete, ja, es regt mich auf! Es regt mich auf, denn eine Einschränkung der Freiheit hat nie zu mehr Sicherheit geführt. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Innenminister: Ja, überwachen Sie bitte die Terroristen! (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!) Kümmern Sie sich um die Gefährder in unserem Land! Unser Geheimdienst braucht ganz dringend Personal, braucht auch ganz dringend bessere Ausstattung, braucht ganz dringend Ressourcen, denn nur so kann man sich um die Terroristen in diesem Land kümmern, denn nur so kann man sie auch wirklich gezielt überwachen. (Abg. Erasim [SPÖ]: Wer war denn die letzten fünf Jahre Justizministerin? Wer? – Abg. Deckenbacher [ÖVP]: Was hat sie gemacht?)
Aber was macht der Bundestrojaner? – Er macht viel mehr als das. Er macht viel, viel mehr als das, er gefährdet uns alle, denn durch das Offenlassen von Sicherheitslücken können potenziell wir alle – Sie, ich, wir alle, unsere Handys – überwacht werden. Aufgrund des Bundestrojaners bleiben ja nicht nur die Sicherheitslücken offen; der Bundestrojaner braucht auch eine Software, damit er funktioniert. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Die kaufen wir eh ein!) Davon gibt es einige wenige, und alle davon sind einschlägig bekannt. Sie sind einschlägig dafür bekannt, dass sie – oh Wunder! – Journalistinnen und Journalisten ausspähen, dass sie Regimegegner ausspähen, dass sie Aktivistinnen und Aktivisten überwachen. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Was heißt Regime?) Ja, dafür gibt es Beispiele. (Abg. Erasim [SPÖ]: Das Ausspähen von Regimegegnern, da ist ein Regime die Voraussetzung! Ich sehe uns als Republik!) Dafür gibt es Beispiele, ich nenne nur Italien vor ein paar Monaten, der Paragon-Skandal: Streng reguliert, so wie es der Innenminister gesagt hat, es gibt ein sehr, sehr enges rechtliches Korsett in Italien, und trotzdem (Abg. Erasim [SPÖ]: Ja, genau! Weil ja Italien für die Datenschutzrechtslage bekannt ist!) kam es zu einer systematischen Überwachung von Regimegegnern, zur systematischen Überwachung von Journalist:innen, Aktivist:innen. Nein, das wollen wir nicht für unser Land. (Beifall bei den Grünen.)
Schon gut, dass da steht: Es braucht eine richterliche Genehmigung. Ja, eh! Aber wenn man einmal den Bundestrojaner einführt, dann führt man ihn ein und dann sind die Sicherheitslücken für uns alle offen – ob es eine richterliche Genehmigung gibt oder nicht, ist egal. Wir sind potenziell alle gefährdet.
Und das möchte ich schon noch sagen: Wir haben jetzt einen ÖVP-Innenminister, einen sozialdemokratischen Staatssekretär, aber wir wissen nicht, wer morgen im Innenministerium sitzen wird (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Karner!), wir wissen nicht, wer morgen für die Geheimdienste zuständig sein wird. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Großes Weinen!) Was wir jetzt mit dem Bundestrojaner beschließen, gefährdet uns alle, weil der Geheimdienst potenziell die Möglichkeit hat, auf uns alle zuzugreifen. (Abg. Gerstl [ÖVP]: Nein! Nein! Nein!) Das wird es mit uns Grünen nicht geben, denn wir Grüne halten Wort! (Abg. Erasim [SPÖ] – erheitert –: Der war gut! Der war gut!) Wir haben fünf Jahre dagegengehalten und werden auch weiter dagegenhalten (Beifall bei den Grünen) – im Gegensatz zu den Sozialdemokraten und den NEOS, auf die man sich eben nicht verlassen kann, die eben nicht Wort halten, wenn es um unsere Grundrechte, um die Menschenrechte, um unsere Freiheit geht. (Abg. Shetty [NEOS]: Sag das noch einmal, dass die Grünen immer Wort halten! Nochmal, fürs Protokoll noch einmal wiederholen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Die Grünen halten Wort!)
RN/46.1
Ich zeige noch einmal das Plakat von meinem Kollegen (eine Tafel in die Höhe haltend, auf der ein Foto von NEOS-Aktivist:innen und Beate Meinl-Reisinger zu sehen ist, die pinke sprechblasenförmige Plakate in die Höhe halten, auf denen unter anderem „Meine Daten gehören mir“ und „Nicht wegschauen beim Überwachen“ zu lesen ist): Da ist eure Chefin, die Chefin der NEOS Beate Meinl-Reisinger, bei einer Anti-Bundestrojaner-Demonstration zu sehen und sie hält ein Schild: „Nicht wegschauen beim Überwachen“. Liebe NEOS, bitte halten Sie Wort (Ruf bei der ÖVP: Das Richtige! Nicht wegschauen!) und stimmt da nicht zu! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
12.43
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Ich habe Ihre Redezeit auf 4 Minuten eingestellt. Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/47
12.43
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Debatte war sehr erleuchtend. (Abg. Deimek [FPÖ]: Das glaub’ ich dir!) Als der Herr Bundesminister der Freiheitlichen Partei in gewisser Form vielleicht unterstellt hat, dass sie gegen den Staatsschutz sei, hat die Freiheitliche Partei herausgerufen: Nein, nicht gegen den Staatsschutz, sondern nur gegen die ÖVP.
Entlarvender kann es nicht sein. (Abg. Steiner [FPÖ]: Ist ja die Wahrheit! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Ja, das ist ja ein Unterschied! Für euch ist es offensichtlich kein Unterschied! Es ist aber ein Unterschied!) Aus Ihrer Sicht: Wenn Herr Innenminister Kickl hier wäre, dann wäre alles okay, denn Sie sind mit den Maßnahmen vollkommen einverstanden. Nur: Sie wollen einen anderen Minister haben. Geben Sie es zu, dass es Ihnen nur um Parteipolitik geht und um nichts anderes! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)
Dafür darf ich Ihnen Innenminister Kickl zitieren (Abg. Steiner [FPÖ]: Endlich!): „Ich habe mich von Experten eines Besseren belehren lassen“, hat er gesagt. „Und es ist ja nicht verboten, gescheiter zu werden.“ (Rufe bei der FPÖ: Ja, eh! Nicht schwach!) Wir müssen uns einmal anhören, „was dort an Ermittlungsarbeit de facto verloren gehen kann, nur weil diese Lücke besteht!“ – All das (Abg. Deimek [FPÖ]: ... jämmerlich!) hat Ihr Innenminister Kickl (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und dann kam Corona! Dann kam Corona!) zu dieser Sicherheitslücke gesagt, die dringend notwendig zu schließen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP]. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Und weil genau solche Leute wie du Polizisten werden, haben wir dieses Problem!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Die Freiheitliche Partei versucht einfach, Panikmache zu betreiben, und sie ändert ihre Position, wie sie es gerade benötigt: 2017 war das noch ein DDR-Regime, 2018 waren sie voll dafür; 2019, als der Verfassungsgerichtshof es aufgehoben hat, haben sie noch davon gesprochen, dass dies eine Tür, ein Einfallstor für organisierte Kriminalität ist, und heute, da sie jetzt länger in Opposition sind, sind sie wieder dagegen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und dazwischen drei Jahre Coronaregime der Österreichischen Volkspartei!) Das ist das Spiel der FPÖ – das nimmt lhnen niemand mehr ab, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Erasim [SPÖ]. – Ruf bei der FPÖ: ... kennt sich nicht aus! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Wohl, der Gerstl kennt sich schon aus!)
Ich nehme gerne diesen Aufruf von der Freiheitlichen Partei auf (Ruf bei der FPÖ: Gemma!): Wie läuft nun eine solche Überwachungsmaßnahme? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: So, wie es die ÖVP will!) – Es sind im Gesetz zehn detaillierte Punkte aufgelistet, die notwendig sind, um überhaupt eine solche Überwachung zu ermöglichen. Zuallererst müssen die Sicherheitsbehörden alle Ermittlungsmaßnahmen getroffen haben, die zu keinem Erfolg führen; das müssen sie darlegen und beweisen. (Abg. Stögmüller [Grüne]: ... super gut, wie es überwacht ist ...!) Danach müssen sie zum Rechtsschutzbeauftragten gehen, der unabhängig und weisungsfrei ist, und dieser Rechtssschutzbeauftragte muss ihnen die Genehmigung geben, damit sie danach zu Gericht gehen (Abg. Stögmüller [Grüne]: ... brauchen sie eine Genehmigung!). Dort – und da darf ich die Worte von Kollegen Shetty aufgreifen – ist es nicht so, dass nur ein Richter entscheidet, sondern – das haben wir nach dem Begutachtungsverfahren entsprechend geändert – dort sind drei Richter, dort ist ein Dreirichtersenat erforderlich, um eine solche Maßnahme zu genehmigen. Wenn es genehmigt ist, nachdem alle einzelnen Punkte genau aufgelistet wurden, hat der Rechtsschutzbeauftragte noch immer die Aufgabe, jeden Detailpunkt und jeden Teil der Überwachung weiterhin zu kontrollieren (Abg. Zorba [Grüne]: Wo sitzt denn der Rechtsschutzbeauftragte?), und er kann die Überwachung jederzeit beenden.
Und dann: Es ist nicht so, dass das gesamte Handy oder so etwas kontrolliert wird (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Nein! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein! Bestimmt nicht! Sicher nicht! – weiterer Ruf bei der FPÖ: Nur die erste Seite!), sondern die Anordnung muss auch genau zum Inhalt haben, welches Detail man herausnehmen darf, also nur eine ganz bestimmte Whatsapp-Information (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Alle ganz bestimmt von Whatsapp! Sie glauben auch, die Terroristen kommunizieren über Whatsapp, oder was?) oder eine ganz bestimmte Signal- oder Telegram-Information. Nichts anderes darf ausgeleitet werden. (Abg. Prammer [Grüne]: Das funktioniert ja nicht einmal bei der Telefonüberwachung! – Ruf bei der FPÖ: Nur die erste Seite vom Handy wird kontrolliert!) Das Ganze passiert mit einem Vieraugen- oder Sechsaugenprinzip, mit einer genauen, detaillierten Kommunikation, die von den Sicherheitsbehörden schriftlich dargelegt werden muss, damit es zu keinem Missbrauch kommen kann. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ach so! Was ist, wenn es zu Missbrauch kommt?)
Meine Damen und Herren, detaillierter konnten es die Experten nicht mehr machen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Und wenn das Ministerium insgesamt missbraucht wird? Was ja der Fall ist?) Sie haben sich die beste Mühe gegeben, dass dieses Gesetz verhältnismäßig ist, dass dieses Gesetz verfassungskonform ist – und das ist im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich brauche die Messengerüberwachung nicht missbrauchen, wenn ich das ganze Ministerium missbrauche!) Da möchte ich zum Schluss noch einmal den ehemaligen Innenminister Kickl zitieren (Abg. Deimek [FPÖ]: Hast was anderes auch noch?): Die Masse wird geschützt (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, das war alles vor Corona, Herr Kollege!) und nicht die kriminellen Aktivitäten Einzelner. – Darum geht es, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
12.48
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Frau Abgeordnete, ich habe Ihre Zeit auf 4 Minuten eingestellt. Bitte.
RN/48
12.48
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere darf ich auch die Besucher der Zukunftsschmiede Salzburg ganz herzlich in unseren Reihen begrüßen! (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS sowie der Abg. Prammer [Grüne].)
Der Herr Innenminister und auch die Vorredner von den Regierungsparteien erzählen uns die Geschichte der Einführung der Messengerüberwachung so: Sie sei international bewährt, es sei eine moderne, zeitgemäße Terrorabwehr. Die Polizei sei nun auf Augenhöhe mit den Terroristen, denn diese schreiben keine Briefe, telefonieren nicht auf Festnetz, sondern tauschen sich über Messenger aus. Es gehe um unsere Sicherheit (Abg. Köllner [SPÖ]: Geht’s auch!), betroffen seien nur ganz wenige. Es gebe einen Rechtsschutz, und das alles sei sehr, sehr gut für uns.
Nun, was für ein Humbug! Was wird da wirklich beschlossen? – Der Staat Österreich finanziert und installiert eine Spähsoftware auf einem Smartphone. Das ist nur bei Vorhandensein einer Sicherheitslücke möglich, die aber nicht nur auf dem einen Gerät oder auf den 30 ist, sondern auf allen baugleichen I-Phones, das heißt auf Hunderttausenden.
Entdeckt werden die Sicherheitslücken von Hackern – oder solchen Nerds. Wenn sie anständig sind, melden sie dem Hersteller die Lücke, melden diese an Apple oder Google. Diese zahlen auch etwas dafür und schließen die Lücke. Dann haben wir alle ein Update, und das Ganze ist erledigt. Wenn der Hacker nicht ganz so anständig ist, schmeißt er die Lücke auf den Schwarzmarkt. Dort wird sie von der Überwachungsindustrie, von Schwerkriminellen, die wesentlich besser zahlen als die Hersteller, erstanden. Mit solch dubiosen Quellen arbeitet nun unsere Bundesregierung zusammen (Beifall bei der FPÖ), um die Lücke auszunutzen und die Spähsoftware auf ein I-Phone zu spielen, ohne dass man eben das Gerät in Händen hat; und darum geht es. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Da steckt sicher die WHO dahinter!)
Es gibt dann zwei Ebenen der Nutzung – eine verschweigen Sie uns –: Die eine ist die Nutzung durch das BMI, durch die Sicherheitsbehörden. Da haben wir diese Beschränkung mit 30 Personen, mit Rechtsschutz, mit allem, was Sie uns da an Romanen erzählen.
Erstens ist schon einmal der Begriff Messengerüberwachung irreführend, denn es ist eine Totalüberwachung. Sie sagen, man muss den Beamten vertrauen. – Das tun wir. Das Misstrauen ist anderen gegenüber: Die Beamten sind ja an Politiker weisungsgebunden, und wenn man sich Innenminister Karner und auch die Vorgänger von der ÖVP anschaut, dann ist da sehr großes Misstrauen angebracht. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich erinnere an die extensive Auslegung des Gefährderbegriffs, den Sie auch bei der Überwachung verwenden, die sich in den letzten Jahren leider eingebürgert hat. Einer Ihrer Vorgänger, Innenminister Nehammer, sprach von Lebensgefährdern. Die Coronamaßnahmenkritiker – Hunderttausende – sind solche Gefährder, und die müssen jetzt überwacht werden. Wer sich der Neutralität verpflichtet fühlt: Russlandspion, überwachen! – Wer die Regierung zu scharf kritisiert: Staatsfeind, Verfassungsfeind, überwachen! (Abg. Sieber [ÖVP]: Geh bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie haben zwar im Ausschuss zugestanden, dass nicht jeder Regierungskritiker ein Verfassungsfeind ist (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Wer liest, ist im Vorteil! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Die meisten! Nicht jeder, aber die meisten!), was ich sehr großzügig finde, aber da sieht man schon, wie der Begriff ausgelegt werden kann. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: ... nicht verstanden hat!)
Das ist das eine, aber das Zweite – was Sie uns komplett verschweigen – ist: Selbst wenn sich das Innenministerium, der Verfassungsschutz, die Sicherheitsbehörden, alle vollkommen in Ordnung verhalten, vollkommen rechtskonform vorgehen, so besteht ja – was Sie uns aber verschweigen – die Lücke auf allen Handys, und Sie lassen sie offen – absichtlich – für Kriminelle, für die organisierte Kriminalität, für Betrüger, für die Hersteller von Cyberwaffen.
Sie lassen sie offen, und diese verwenden die Lücke parallel zur Nutzung durch das Innenministerium und die Sicherheitsbehörden. Die scheren sich nicht um den Rechtsschutz oder die Begrenzung auf 30. Das heißt, entgegen Ihrem Argument: Wir müssen die Menschen vor Terrorismus schützen!, machen sie alle Handys auf, gerade auch für die Kriminellen und Terroristen, für die finanziellen Hacker und für alle, die zum Beispiel auch Ihre Regierungskoordination, sofern sie so interessant ist, ausspionieren wollen, auch für jene, die die Kommunikation der Polizei aufmachen wollen.
Sie erwähnen die große Gefahr durch die Russen. Es gibt die Chinesen, die Amerikaner, die Iraner – alle haben ausgefuchste Spionagesysteme. (Abg. Hanger [ÖVP]: Moskau!) Sie machen alle unsere Handys für diese Form der Überwachung auf, und davon sprechen Sie nicht.
Das heißt, wenn es um den Schutz der Bevölkerung geht, müssten Sie die Lücke für uns alle schließen. Wenn Sie sagen, es geht um Leib und Leben: ja, bei Terrorakten! Fast alle der Terroristen waren schon auf offenen Kanälen unterwegs und auffällig. Da müssten wir die Kapazitäten und die vielen Millionen, die Sie da jetzt investieren, hinlenken. Die Radikalisierung geschieht nicht auf Whatsapp, sondern auf offenen Kanälen, die überwacht und geschlossen werden sollten. Auch die meisten Warnungen aus dem Ausland stammten von offenen Kanälen.
Wenn Sie sagen, international bewährt: Ja, bei der Überwachung von Journalisten, von der Opposition. Auch der eigene Ministerpräsident ist schon einmal überwacht worden. In den Ländern, die dieses System haben, finden leider trotzdem noch Terroranschläge statt. Auf Augenhöhe sind Sie mit den Terroristen nicht, diese verabreden sich nicht auf Whatsapp, sondern die sind schon ganz woanders (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Auf euren Kanälen, oder was?), nämlich auf ihren eigenen Betriebssystemen und gehärteten Handys.
Zum Schluss – weil Sie sagen, wir sind doch für die Polizei, für mehr Sicherheit –: absolut, aber dann streichen Sie nicht die Überstunden der Polizei! Machen Sie die Grenzen zu und schieben Sie breitenwirksam ab, nicht nur einen, nicht nur 30, sondern Zigtausende! (Beifall bei der FPÖ.)
12.55
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Melanie Erasim. – Ich habe die Zeit auf 4 Minuten eingestellt, Frau Abgeordnete.
RN/49
12.55
Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst möchte ich im Namen meiner Kollegin Muna Duzdar eine Gruppe von Jugend am Werk aus Wien ganz herzlich begrüßen. Herzlich willkommen ihr fleißigen Jugendlichen, die ihr euch in der Facharbeiterausbildung befindet! (Allgemeiner Beifall.)
Geschätzte Jugendliche! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Der Themenbereich, über den wir gerade diskutieren, ist ein sehr, sehr heikler, zu heikel, um ihn dafür zu verwenden, politisches Kleingeld zu verdienen. Deshalb ist es meines Erachtens auch wichtig, sich anzusehen, von welcher Seite welche Kritik kommt. Wenn sich die Grünen hierherstellen und sagen, sie waren immer dagegen und werden immer dagegen sein, dann ist das eine Meinung, die man haben kann. Die negativen Auswirkungen, die es geben könnte, sind für uns auch immer Anlass gewesen, genau hinzusehen (Abg. Deimek [FPÖ]: Ihr habt ja nichts dagegen getan! Jetzt kommt wieder: Kickl, Kickl, Kickl!), genau darzulegen, wie es mit dem Datenschutz ist und so weiter und so fort. (Abg. Stefan [FPÖ]: Das macht doch das Gesetz nicht besser!)
Wenn sich aber meine Vorrednerin von der FPÖ hierherstellt: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fürst, dass Sie uns Einblick in Ihre Denkweise gegeben haben, denn so, wie der Schelm denkt, so ist er! – Das ist wirklich erschütternd. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Stefan [FPÖ]: Das macht doch das Gesetz nicht besser!) – Herr Stefan, schön, dass Sie dazwischenschreien. Sie waren 2018 einer der sieben Abgeordneten – ich war nämlich auch schon 2018, als der Bundestrojaner beschlossen worden ist, Abgeordnete in diesem Haus –, Sie waren einer der glühenden Fürsprecher. (Abg. Stefan [FPÖ] – erheitert –: Nein, das ist eine Fake News!) Darum frage ich mich, warum Sie heute nicht hier stehen, um Ihre Meinung kundzutun. (Abg. Deimek [FPÖ]: ... im Protokoll nachlesen! Lies das Protokoll!)
Ich habe das Protokoll hier. Ich habe die Rede hier (Abg. Deimek [FPÖ]: Na siehst du, dann lies es dir doch durch, wenn du es kannst!), nur ist sie zu langweilig, um sie vorzulesen. Damals wurde eben von Herrn Bundesminister Kickl (Abg. Deimek [FPÖ]: Na sicher, jetzt kommt wieder: Kickl, Kickl, Kickl!), auch voll Enthusiasmus, präsentiert, wie wichtig das alles sei, wie toll das alles sei. Er hat sich als sicherheitspolitischer Arzt verkauft; als Ärzte habt ihr euch verkauft (Abg. Stefan [FPÖ]: Macht es das Gesetz besser? Sind das Argumente für das Gesetz oder dass die FPÖ gescheiter ist als die anderen?), die handeln müssen, bevor es wehtut. Ohne solche Tools entstünde eine „Komfortzone für Schwerstkriminelle“, was untragbar sei. (Abg. Stefan [FPÖ]: Was ist das für ein Argument? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Können Sie jetzt ...? – Abg. Stefan [FPÖ]: Wenn wir dafür sind, dann ist es gut, deswegen beschließt ihr es?)
Ich habe mich mit diesem Gesetz sehr gut auseinandergesetzt, auch 2018. Deshalb haben wir auch dagegengestimmt, und der Verfassungsgerichtshof hat uns im Anschluss ja recht gegeben. (Abg. Stefan [FPÖ]: Das ist ein eigenartiges Argument, weil wenn ... 2017 dafür war, ist es ein gutes Gesetz!) Wir wollen beides zusammenfließen lassen, auf der einen Seite höchstmögliche Sicherheit vor Terror (Abg. Deimek [FPÖ]: Das ist urfad, das hat ja der Zorba schon erklärt!) und auf der anderen Seite höchstmöglichen Datenschutz. (Abg. Stefan [FPÖ]: Was auch immer „höchstmöglich“ ist! – Abg. Deimek [FPÖ]: Das ist nicht fad, das dem Kollegen Zorba ...!) Wir realisieren diesen optimalen Schutz.
Es sind auch viele Verbesserungen durch die Begutachtungsphase eingeflossen. Zum Beispiel: Die Bewilligung darf ausschließlich durch einen Dreiersenat (Abg. Deimek [FPÖ]: Immer die gleiche Leier!) anstelle eines Einzelrichters erfolgen (Abg. Darmann [FPÖ]: Was ist denn bei Gefahr im Verzug?); Stärkung des Rechtsschutzbeauftragten, sowohl juristisch als auch technisch; Regelung der Verwertbarkeit von sogenanntem Beifang.
Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, nur damit Sie wissen, über welche Größenordnung wir sprechen (Abg. Deimek [FPÖ]: Ich glaube, du gehst besser wieder zur Eisenbahn!): Die erste Einschätzung hat ergeben, dass es sich um rund 30 Fälle pro Jahr handeln wird. Sollte diese Zahl 30 überschritten werden, ist das Innenministerium verpflichtet, sofort dem Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses zu berichten. Da nehme ich unsere parlamentarische Kontrolle schon sehr ernst, nicht so wie die Grünen im Ausschuss: Na, das ist eh wurscht! – Es ist gar nicht wurscht. (Abg. Zorba [Grüne]: Was passiert, wenn wir wissen, das ist 31-mal eingesetzt worden? Was ändert sich dann?)
Während der Anwendung herrscht strengstes Sechsaugenprinzip, und ebenso gibt es die Einführung eigener Missbrauchstatbestände im Strafgesetzbuch.
Bei allem Verständnis dafür, dass es Vorbehalte oder gar Ängste diesbezüglich gibt, ist es in Zeiten wie diesen wichtig, unserem Staatsschutz den Zugang zu zeitgemäßen Ermittlungsmethoden zu geben. Eines möchte ich schon anmerken: Ich möchte nicht, dass unsere Republik ausschließlich auf Infos von ausländischen Geheimdiensten angewiesen ist oder wir gar unsere Souveränität verlieren.
Ich möchte auf sehr ungewöhnliche Art und Weise meine Rede beenden, und zwar mit den Worten des Nationalratspräsidenten Rosenkranz aus seiner Rede 2018 – er war nämlich damals auch Redner hier zu diesem Thema (Abg. Stefan [FPÖ]: Deswegen ist es gut! – Abg. Zorba [Grüne]: Sie waren damals dafür und ihr seid eh dafür! Was ...? – Abg. Stefan [FPÖ]: Also wenn wir für was ...!): „und da brauchen Sie kein Misstrauen in unseren Rechtsstaat zu haben. [...] Sie brauchen kein Misstrauen zu haben in unsere Polizei, in unsere Staatsanwaltschaft und in unsere Richterschaft. Da brauchen Sie keinen Verdacht zu haben.“ (Abg. Maurer [Grüne]: Fällt dir was auf, Meli? Als SPÖ die FPÖ zu kritisieren ... – Abg. Kucher [SPÖ]: Das ist ja unglaublich! – Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne]. – Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
In diesem Sinne werden wir mit Staatssekretär Jörg Leichtfried und auch mit dem Herrn Bundesminister alles daransetzen, dass bei dem, was wir jetzt erst auf den Weg bringen (Abg. Disoski [Grüne]: ... zitiert die FPÖ! – Ruf: ... Vertrauen!) – und es steht auch im Gesetz, dass ausschließlich eine Software verwendet werden darf, die das auch kann – penibel darauf geachtet wird, dass die Grundrechte der Menschen in diesem Land bis auf den letzten Beistrich eingehalten werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das haben wir eh schon mal erwähnt, wie Sie die Grundrechte ...! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Wenn es um die Sicherheit geht, muss die Freiheit leiden! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das haben wir ... auch schon mal gehört! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Dann muss man die Freiheit leider ...!)
13.01
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Staatssekretär Jörg Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.
RN/50
13.01
Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Mag. Jörg Leichtfried: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn man sich manchmal Zeit nimmt, über das Leben zu reflektieren (Abg. Gewessler [Grüne]: Fällt dir deine Klage ein! – Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Erzähl uns von deiner Verfassungsklage jetzt!), gibt es viele Erkenntnisse, die man treffen kann, und gibt es wahrscheinlich auch viele unterschiedliche Meinungen zu diesen Erkenntnissen. (Abg. Zorba [Grüne]: ... du auch, gell! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich glaube aber, eine Erkenntnis teilen wir gemeinsam, zumindest die, die im Rahmen meiner Generation in Mitteleuropa aufgewachsen sind, nämlich dass die Menschen in diesem Mitteleuropa lange Jahrzehnte unglaublich privilegiert waren – privilegiert, weil das System, in dem wir aufgewachsen sind, ein stabiles war, der Sozialstaat funktioniert hat, die Demokratie funktioniert hat, die innere und die äußere Sicherheit funktioniert haben.
Das ist wirklich ein Privileg, insbesondere wenn man jetzt darüber nachdenkt, wie sich die Dinge in unserem Leben verändern, wie Dinge, von denen wir geglaubt haben, dass sie selbstverständlich sind, verschwinden. Und sie verschwinden nicht still und heimlich, sondern schnell. Hybride Bedrohungen, Spionage, Desinformation, Extremismus, Terrorismus und Kriege prägen jetzt unser Leben und kommen uns immer näher. (Abg. Zorba [Grüne]: 2017 war ...!)
Die neue Generation, die jetzt aufwächst, wächst in einer Zeit der Unsicherheit auf. Die weltpolitische Lage ist massiv angespannt, und wir sehen ein Phänomen, das scheinbar schon vorbei war, aber jetzt wieder da ist: Es gilt international nicht mehr die Stärke des Rechts, sondern wieder das Recht des Stärkeren, und das ist ein Zustand, der wirklich auch bei uns zu großen Problemen führt. Ich kenne eine Umfrage aus der Europäischen Union, bei der 64 Prozent der Menschen meinten, sie fühlen sich unsicher. (Abg. Steiner [FPÖ]: ... seit 2015 ...!) Wir müssen den Mut haben, wieder offen über Sicherheitspolitik zu sprechen, denn unsere Demokratie, unser Zusammenleben ist bedroht, und dagegen müssen wir uns wenden, geschätzte Damen und Herren. Das ist Aufgabe von Politik. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Ich möchte kurz ausholen: Mut galt schon in der Antike als sogenannte Kardinaltugend. Aristoteles hat unter Mut nicht nur Furchtlosigkeit verstanden, das alleine wäre zu wenig, sondern sinngemäß, nicht wörtlich übersetzt, kluge Selbstüberwindung im Dienste des Guten. Und diese kluge Selbstüberwindung im Dienste des Guten brauchen wir jetzt.
Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus – Radikalisierung ist kein Randphänomen in unserem Land, sie ist mitten in unserer Gesellschaft angekommen. (Abg. Zorba [Grüne]: War das 2018 anders, ...? ) Sie trifft nicht nur einzelne Gruppen, sie trifft uns alle. Radikalisierung bedroht unsere Sicherheit, unser Vertrauen, unser Zusammenleben. Diese Radikalisierung geschieht oft im Verborgenen, im Netz, in Hinterhöfen, in Einsamkeit. Extremistische Akteur:innen nutzen gezielt soziale Medien und digitale Plattformen, um Erwachsene, Jugendliche und sogar Kinder zu manipulieren, und dafür kann man doch nicht sein, geschätzte Damen und Herren! Man kann doch nicht dafür sein, dass Kinder und Jugendliche manipuliert werden! Diese Anbahnung erfolgt oft schleichend, mit sektenähnlichen Methoden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zorba [Grüne]), und sie funktioniert. Radikalisierung im Internet hat sich seit 2022 verdoppelt, und Radikalisierung im digitalen Raum stellt eine der größten sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit dar.
Extremismus dringt gezielt in die Onlinewelt ein, versucht so, radikales Gedankengut zu verbreiten, und aus diesem radikalen Gedankengut können Anschläge entstehen, geschätzte Damen und Herren. Wir brauchen deshalb eine klare, strategische Herangehensweise gegen Extremismus, Radikalisierung, Terrorismus und gegen Menschen, die planen, andere Menschen zu ermorden.
Geschätzte Damen und Herren, das muss erkannt und isoliert werden und dem muss entgegengewirkt werden. Auch das ist Aufgabe der Politik. Und ich verspreche Ihnen: Gegen die, die das vorhaben, werden wir handeln, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Gegen die, die das vorhaben, werden wir handeln, und zwar mit stärkeren Gesetzen, mit neuen Werkzeugen, mit Entschlossenheit und Mut, gleichzeitig aber auch mit Bedacht, Maß und einem klaren Ziel. Jene Menschen, die unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat, das Leben unserer Mitmenschen, unsere offene, demokratische Gesellschaft angreifen, die sollen sich in Zukunft unsicherer fühlen; und die Menschen, für die wir arbeiten, die sollen sich sicherer fühlen, geschätzte Damen und Herren! Das ist die Aufgabe, die vor uns steht und die wir umzusetzen haben. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)
Ich habe bei Ihren Reden sehr genau zugehört und mir einige Anmerkungen aufgeschrieben, insbesondere dass wir angeblich glauben, mit dieser Gefährderüberwachung wäre alles gelöst. Selbstverständlich ist dadurch nicht alles gelöst! Aber mit dieser Gefährderüberwachung wird dem Verfassungsschutz ein wichtiges Werkzeug in die Hand gegeben, um effizient, zeitgemäß gegen Bedrohungen für unsere Gesellschaft vorzugehen. Es geht hier um gezielte, rechtlich abgesicherte, zeitlich begrenzte und durchgehend durch unabhängige Gremien kontrollierte digitale Eingriffe, die Gewalt verhindern sollen, bevor sie passiert.
Es ist viel besser, Gewalt zu verhindern, bevor sie passiert, geschätzte Damen und Herren, als nachher schauen zu müssen, wie man das am Ende aufklären kann. Das hat Priorität und das ist das Ziel der Gefährderüberwachung! Und das ist etwas, hinter dem man schon geschlossen stehen kann, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne]. – Abg. Gewessler [Grüne]: Drei Anträge von uns in der Dringlichen morgen!)
Das ist für unsere Rechtsordnung nicht fremd, das muss man auch einmal ganz klar sagen. Die StPO sieht die Handyauswertung vor. Bei der Handyauswertung wird ein ganzes Handy ausgewertet. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Ruf: ... Trojaner ...! – Abg. Zadić [Grüne]: Von einem ...!) Die Voraussetzung für die Handyauswertung laut StPO ist aber entweder der Versuch oder das erfolgte Delikt. Die Gefährderüberwachung hingegen setzt an, bevor der Versuch oder das Delikt geschieht. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Ein bisschen peinlich, der Vergleich! – Abg. Scherak [NEOS]: Merkt das dann quasi ...?) Deswegen ist sie auch die Ultima Ratio, wenn sonst nichts mehr helfen könnte. Deswegen braucht es auch einen massiven Rechtsschutz, einen massiven Missbrauchsschutz. Ja, es ist ein Grundrechtseingriff, da sind wir uns einig, und deswegen braucht es auch genau diesen Schutz: Rechtsschutz und Missbrauchsschutz.
Geschätzte Damen und Herren, mein Zugang ist ein ganz simpler (Ruf bei den Grünen: Stimmt, ja!): Ich lehne eine verdachtsunabhängige Massenüberwachung strikt ab, und diese Gefährderüberwachung ist keine verdachtsunabhängige Massenüberwachung (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), sie ist genau das Gegenteil! Ich lehne es aber auch ab, zu sagen: Wir können gegen Terrorismus nichts mehr tun, wir können nichts mehr tun dagegen, dass Menschen ermordet werden. – Das lehne ich genauso ab. (Abg. Kogler [Grüne]: Es wäre ja schon super, wenn du dir die Facebook-Accounts anschauen tätest von den ganzen Massenmördern! Das passiert nämlich nicht!)
Es geht um die Wahrung unserer Sicherheit, unseres sozialen Friedens und um die gezielte Abwehr von terroristischen Anschlägen in unserem Land. Dafür brauchen wir Befugnisse, dafür brauchen wir Technologien, geschätzte Damen und Herren. Das ist die Voraussetzung, damit das gelingen kann. Diese Voraussetzungen sind bewusst eng gefasst, wie es in einem demokratischen Rechtsstaat sein soll und auch ist: Es geht um Verhinderung von Terrordelikten, von Spionage und um Abwehr von verfassungsgefährdenden Delikten, die mit mindestens zehn Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Es ist schon erwähnt worden: der Rechtsschutzbeauftragte, der Dreirichtersenat, die wenigen Anwendungsfälle und so weiter und so fort. Sie garantieren Rechtsschutz und sichern vor Missbrauch ab.
Geschätzte Damen und Herren, um zum Schluss zu kommen: Die Gesellschaft und ihre demokratischen Grundwerte zu schützen, das ist eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, vor der wir uns nicht drücken können. Der Verfassungsschutz, das ist die dünne rote Linie, auf die Menschen, Organisationen, Staaten treffen, die bei uns massive Verbrechen begehen wollen. Diese dünne rote Linie braucht stählerne Spitzen. Die Gefährderüberwachung ist eine dieser Spitzen.
Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich bei all jenen Menschen bedanken, die den österreichischen Verfassungsschutz ausmachen, die unermüdlich daran arbeiten, unsere Demokratie und unseren sozialen Frieden zu schützen. Ihre Expertise und ihr Einsatz sind wesentliche Faktoren, damit die Bürgerinnen und Bürger, die Menschen in Österreich ihren Alltag sicher leben können. Wir dürfen nicht zulassen, dass Gewalt, Hass, Extremismus oder Terror unsere Grundwerte bedrohen. Freiheit braucht Sicherheit. Sicherheit ist kein Luxus, Sicherheit ist kein Privileg, Sicherheit, geschätzte Damen und Herren, ist ein Grundrecht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
13.11
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort gemeldet. – Bitte.
RN/51
13.11
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Nein, wir misstrauen nicht grundsätzlich der Polizei (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wir auch nicht! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wir auch nicht, aber der ÖVP!), und nein, wir misstrauen auch nicht grundsätzlich der DSN, aber wir misstrauen dubiosen Softwareanbietern, die sich um hohe Geldbeträge von Hackern Sicherheitslücken kaufen und diese dann nutzen, damit diese Software hergestellt werden kann.
Ja, wir misstrauen diesen Firmen, und ja, wir misstrauen ihnen, weil sie diejenigen sind, die als Erste all diese Daten bekommen, die da gesammelt werden. Diese Firmen sind die, die die Daten auslesen, und erst dann gehen sie an die Polizei und erst dann gehen sie an die DSN. Das ist das grundsätzliche Problem bei dieser Sache. Es ist nicht so, wie Sie es uns glauben lassen, dass die Polizisten, die Staatsschützer dasitzen, die Beamten aus dem Nachrichtendienst, und sagen: Bitte, gib mir diese Nachricht von dem an den!, und dann kommt ein Text und dann kann man lesen: Oh, der plant einen Anschlag! – So funktioniert das nicht.
Es funktioniert nur so, dass man eine Software in ein Gerät implantiert. Die geht da rein, sitzt da drin und sitzt dort auf einem Beobachtungsposten, schaut sich alles an, was da rein- und rausgeht. Dann kriegt sie einen Befehl, der sagt: Schick mir Kommunikation XY! – Aber alles andere ist auch im Verfügungsbereich dieser dubiosen Unternehmen. (Beifall bei den Grünen.)
Ja, es gibt Rechtsschutz in diesem Gesetz. Es gibt Mechanismen, die dafür sorgen könnten, dass das sicher ist – wenn es denn nur die Software gäbe, die bei diesen Regelungen mitspielen würde, aber die gibt es nicht. Es gibt keine Software, die sich an Ihre gesetzlichen Regelungen hält. Das heißt, wir haben ein Gesetz, das eigentlich im Moment keinen Anwendungsbereich hat. Sie hoffen – sie hoffen! –, dass es irgendjemanden gibt, der so etwas in Zukunft einmal erfindet. Das ist doch keine Grundlage, um ein Gesetz zu machen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gödl [ÖVP]: Legalitätsprinzip!)
Trotzdem stellt sich Kollegin Erasim hierher und befürwortet mit jenen Worten des jetzigen Präsidenten Rosenkranz, mit denen er den damaligen Trojaner befürwortet hat, ein Gesetz, obwohl sie dann den Trojaner selbst vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft hat. (Beifall bei den Grünen.)
Aber auch bei den NEOS: Kollege Shetty, du stellst dich hierher und sagst, es ist super, dass es bei euch unterschiedliches Abstimmungsverhalten gibt. Was es bei euch gibt, ist, dass die Spitze in einem neu gewonnenen Machtrausch über die Expertinnen und Experten in den eigenen Reihen drüberfährt. Das ist es, was ihr macht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Ja, es gibt eine Frist, um dieses Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen. Macht ihr das? Werdet ihr das Gesetz vor den VfGH bringen? Gebt ihr dem VfGH die Gelegenheit, euer Gesetz zu überprüfen? – Nein, sicher nicht. (Abg. Shetty [NEOS]: Haben Sie die Bestimmungen der Verfassung gelesen? – Zwischenruf des Abg. Gödl [ÖVP].) Das bedeutet das Gegenteil davon, Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet, Verantwortung abzuschieben. Wir müssen die Verantwortung dafür übernehmen und dieses Gesetz vor den VfGH bringen (Abg. Shetty [NEOS]: Ihr seids immer so arm!), damit er die Gelegenheit hat, es zu prüfen. Macht euch aber keine Sorgen: Wir werden das schon machen, weil Grün hält! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Shetty [NEOS]: Hält Wort! Grün hält Wort!)
13.15
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff.
RN/52
13.15
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Unser Klubobmann Yannick Shetty hat, glaube ich, schon sehr klargemacht, dass so eine Debatte natürlich gerade für Liberale immer eine äußerst schwierige ist. Wir haben – und das hat er auch klargemacht – natürlich sehr, sehr intensiv und sehr lange dazu im Klub, aber auch darüber hinaus diskutiert. Ich glaube, es ist in solchen wesentlichen Fragen auch sehr notwendig, das zu tun.
Ganz grundsätzlich muss man sagen, dass selbstverständlich das Ziel der Republik sein muss, Sicherheit für jeden zu gewährleisten. Sowohl innere Sicherheit als auch äußere Sicherheit sind zu gewährleisten, damit jeder Bürger, jede Bürgerin in diesem Land leben kann und sich sicher sein kann, dass das eigene Leben nicht in Gefahr ist. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren sehr oft erlebt, dass dieser Sicherheitskompass der Bürgerinnen und Bürger, dieses Sicherheitsgefühl – durchaus berechtigt in vielen Fragen – nicht mehr da ist. Da muss man sich die Frage stellen: Was können wir mit möglichst wenig Eingriff machen, damit diese Sicherheit hergestellt werden kann? – Diesbezüglich sind ganz viele Hausaufgaben zu machen, wie beispielsweise eine Personaloffensive im Polizeibereich, in der DSN. Es sind auch ganz viele Personalfragen mit Blick auf die DSN zu klären – und ich weiß, dass das dem Herrn Minister sehr bewusst ist –, da auch weitere Schritte zu gehen, und es ist hart daran zu arbeiten, dass die DSN nach ihrer ersten Entwicklungsphase, in der sie ist, auch die Möglichkeiten hat, da wirklich tätig zu werden. Personal ist zur Verfügung zu stellen, die technischen Ressourcen sind zur Verfügung zu stellen et cetera.
Dann stellt sich natürlich die Frage: Welche Kompetenzen braucht es darüber hinaus? Das ist – und ich habe es vorhin angesprochen – keine einfache Entscheidung. Da gibt es gewisse Parameter, an die man sich in Verhandlungen, in Koalitionsverhandlungen gebunden hat – und es ist auch das Thema Gefährderüberwachung im Koalitionspakt festgeschrieben. Sie wissen auch, wie der Prozess war, der uns wesentlich war, nämlich von Anfang an zu sagen: Wenn es dazu einen Prozess gibt, dann setzen wir alles daran, dass es möglichst wenig Eingriff gibt, dass dieser sehr klar geregelt ist, dass es möglichst viel Rechtsschutz gibt und – da setzen wir alles daran – dass das auch verfassungskonform ist.
Klubobmann Shetty hat schon gesagt, das können nicht wir entscheiden – schon gar nicht ich als Hobbyjurist, wie ich mich selber bezeichne –, sondern das müssen andere entscheiden. Deswegen war es uns so wichtig, einerseits die Begutachtung so lange wie möglich, also eine außergewöhnlich lange Begutachtung, zu machen und im Verfahren auch ernst zu nehmen, was in der Begutachtung herausgekommen ist.
Ich glaube, kaum jemand bei uns würde sagen, dass der Entwurf, der in Begutachtung gegangen ist und nach der Begutachtung mit Stellungnahmen dagelegen ist, so umzusetzen gewesen wäre. Deswegen gibt es auch eine Vielzahl an Maßnahmen – Kollege Shetty hat sie schon ausgeführt –, die wir umgesetzt haben. Wir haben den Rechtsschutz in langen und zähen Verhandlungen verbessert. Ich denke an den Rechtsschutzbeauftragten, die Verlängerung der Begutachtungsfrist. Nicht nur hat der Rechtsschutzbeauftragte jetzt drei Monate Zeit hat, sondern der Unterausschuss kann auch die Verträge einsehen und sich im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle entsprechend damit auseinandersetzen. Ich denke an den Dreirichtersenat, der natürlich eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem, wie es davor war, ist. Bleiben wir auch beim Rechtsschutzbeauftragten: Es ist festgelegt, dass wir selbstverständlich die personellen Ressourcen und auch die fachlichen Ressourcen in der Rechtsschutzabteilung schaffen wollen. Jeglicher Datentransfer, der stattfindet, jegliche Bewegung muss gekennzeichnet sein, und dementsprechend kann auch der Rechtsschutzbeauftragte alles einsehen, die Löschung verlangen und ist natürlich als Kontrollinstanz in einer Art und Weise eingebunden, wie das bisher noch nie da war. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Weil von den Grünen, glaube ich, das Thema Schutz von Journalist:innen angesprochen wurde: auch das als klare Kennzeichnung, dass hier immer der Dreirichtersenat entscheiden muss – eine massive Verbesserung zu davor. Auch dass Zufallsfunde im Hinblick auf Vermögensdelikte nicht angewendet oder gebraucht werden dürfen, ist eine klare Verbesserung. Und – das halte ich schon fest – das Wesentliche ist, dass genug Zeit für den VfGH vorhanden ist, zu entscheiden, ob diese Software verfassungskonform ist oder nicht. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne].)
All diese Veränderungen haben dazu geführt, dass dieses Gesetz sicherlich ein wesentlich besseres ist, als es das in der Vergangenheit war.
Ich möchte aber abschließend auch eine Sache feststellen; das hat auch der Herr Klubobmann schon gemacht, aber es ist wesentlich: Es gibt keinen Millimeter mehr, als wir heute hier in diesem Parlament beschließen wollen, Herr Bundesminister! (Abg. Maurer [Grüne]: Das könnt ihr doch überhaupt nicht bestimmen! Die fragen euch doch gar nicht! ) Keinen einzigen Millimeter mehr, keine weitere Ausweitung in irgendeiner Form! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne].)
13.21
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Leinfellner.
RN/53
13.21
Abgeordneter Markus Leinfellner (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Also bei einigen meiner Vorredner fehlen mir schlicht und ergreifend die Worte angesichts dieser Überwachungsfantasien. Anstatt endlich ein Verbotsgesetz für den politischen Islam auf den Weg zu bringen, träumt unser Innenminister von einer Überwachung von unseren Österreichern. Er träumt davon, die Grund- und Freiheitsrechte wieder einmal mit Füßen zu treten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Überwachungsfantasien treffen ja nicht nur die Verbrecher, die treffen ja nicht nur Verdächtige, sondern sie treffen jeden einzelnen Österreicher, der diese Messengerdienste – Whatsapp, Signal, Threema, Telegram und wie sie alle heißen – nützt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit werden Sie den Terror in Österreich keinesfalls bekämpfen. (Beifall bei der FPÖ.) Damit werden Sie einen Überwachungsstaat in Österreich einführen, und das ist etwas, was wir Freiheitliche definitiv nicht wollen.
Wenn Sie den Terror tatsächlich bekämpfen wollen, dann frage ich mich schon: Warum erwähnen Sie in diesem Gesetz mit keinem einzigen Wort den islamistischen Terror? Herr Innenminister, Sie können uns aktuell nicht einmal sagen, wie viele Illegale sich in unserem Land aufhalten, aber Sie wollen mit dieser Software diese Illegalen überwachen. Das ist ja schlicht und ergreifend ein Treppenwitz, Herr Innenminister! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich frage mich auch: Wie wollen Sie diese Software auf die Handys bringen? – Eine Möglichkeit hat ja Kollegin Fürst bereits genannt: mit der Ausnutzung von Sicherheitslücken bei Apple, bei Google und dergleichen. Mit einer Amazon-SMS, in der man aufgefordert wird, ein Paket zu bestätigen, das man gar nicht erhalten hat, wird es wahrscheinlich nicht funktionieren, aber wer sagt uns, dass das nicht mit der ID Austria auf das Handy geladen wird, nämlich mit jener staatlichen Software, die inzwischen jeder Österreicher in diesem Land braucht, ohne die man ja nahezu nichts mehr machen kann. Da frage ich mich auch, Herr Innenminister: Wie viele Asylanten und Illegale verwenden diese ID Austria? – Kein einziger, Herr Innenminister! Also damit wird es wahrscheinlich auch nicht funktionieren. Das wäre nach diesem unsäglichen Coronaregime der größte Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte, den wir je in diesem Land erlebt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sagt uns, dass der grüne Pass nicht ein erster Testballon gewesen ist (Zwischenrufe bei den Grünen), um einmal zu schauen, wie viele Österreicher tatsächlich bereit sind, sich diese Software, eine staatliche Software, auf dem Mobiltelefon zu installieren? (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend: Herr Innenminister, ist Österreich wirklich das einzige Land, das diese Messengerüberwachung nicht hat? Sie haben am 19.8.2024 selbst gesagt: „Das ist mittlerweile internationaler Standard. Alle anderen europäischen Länder dürfen das, nur die österreichische Polizei darf das nicht.“ – Ich will ja wirklich nicht sagen, um keinen Ordnungsruf zu bekommen, dass Sie die Österreicher angelogen haben, aber ich sage, ein wenig Zweifel an der Wahrheit ist hier schon angebracht. Es gibt keine einzige Aufstellung über Länder in Europa, die Messengerdienste zur Überwachung verwenden – die gibt es nicht. Erst seit der Aufklärung des Pegasus-Skandals wissen wir, dass acht Länder genannt wurden. Ich glaube, dieser Pegasus-Skandal ist vielen noch immer ganz gut in Erinnerung. Was ist dabei passiert? – Zehntausende Handys wurden teils in staatlichem Auftrag ausspioniert.
Herr Bundesminister, diese Überwachungsfantasien können wir Freiheitliche nicht unterstützen. Wenn Sie den Terror bekämpfen wollen: Remigration wäre ein erster Anfang. (Beifall bei der FPÖ.)
13.25
RN/54
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, für den weiteren Verlauf der Debatte möchte ich Sie nur darauf hinweisen, dass ich, wenn Sie sagen: Ich möchte nicht sagen, aber anschließend eine Formulierung verwenden, die ordnungsrufwürdig ist, in Zukunft auch dafür einen Ordnungsruf erteilen werde, aber das, denke ich, ist jetzt ausgeräumt, und es ist klar, dass auch so eine Formulierung nicht zu verwenden ist.
Nun gelangt Frau Abgeordnete Margreth Falkner zu Wort.
RN/55
13.26
Solche Bilder könnten auch bei uns Wirklichkeit werden. Niemand von uns will das, aber es wäre fahrlässig, so zu tun, als könnte es nicht passieren. Wir hier tragen Verantwortung, nicht für Meinungen, nicht für Parteiprogramme, sondern für die Sicherheit der Menschen in unserem Land.
Diese Sicherheit beginnt mit einer ganz einfachen Frage: Darf unsere Polizei dort hinschauen, wo sich Gefährder heute verstecken, oder knebeln wir sie weiter mit einem Gesetz, das – so ehrlich und selbstkritisch müssen wir sein – aus der Zeit gefallen ist? Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Realität: Wenn zwei Terroristen miteinander telefonieren und einen Anschlag planen, dann darf man sie abhören, völlig klar, völlig unbestritten, aber wenn sie genau denselben Anruf per Whatsapp machen, ist plötzlich Schluss, Funkstille für den Rechtsstaat. Gleiches Gerät, gleiche Stimme, gleicher Plan, und trotzdem keine Überwachung. Das ist nicht logisch, das ist nicht zeitgemäß und das ist gefährlich.
Wer das nicht ändern will, handelt nicht mutig, handelt nicht rechtsstaatlich, sondern verantwortungslos, denn wir dürfen doch nicht zusehen, wie Täter sich der Überwachung mit einem ganz einfachen App-Wechsel entziehen. Das ist doch absurd. Ich frage Sie: Wo sollen Polizistinnen und Polizisten ihren Auftrag erfüllen, wenn wir ihnen die notwendigen Werkzeuge verwehren? Wie wollen wir unsere Kinder, unsere Familien, unser Land schützen, wenn wir aus Angst vor politischem Gegenwind Maßnahmen verhindern, die fast in ganz Europa längst Standard sind?
Die Niederlande setzen auf Überwachung, Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, ja selbst die Schweiz und Ungarn, falls Ihnen dieses Beispiel lieber ist. Der Unterschied ist nur, in Österreich werden diese Möglichkeiten derzeit nicht genutzt – nicht weil sie nicht gebraucht werden, sondern weil sie politisch blockiert werden.
Noch ein Mythos gehört heute einmal mehr entlarvt: Dieses Gesetz bedeutet keine Massenüberwachung. Wir reden von maximal 30 Fällen pro Jahr – 30! – und nur dann, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt. Wenn mehr Fälle auftreten, muss das transparent und nachvollziehbar dem Parlament gemeldet werden. Es wird kontrolliert, geprüft und begrenzt – genau so, wie es in einem Rechtsstaat auch sein muss.
Der Rechtsstaat darf nicht blind sein, er darf nicht taub sein, er darf sich nicht selbst entmachten. Wenn Sie immer vor Missbrauch warnen – so ehrlich müssen wir sein –: Die Gefahr besteht, und zwar bei jedem Gesetz, das wir hier im Hohen Haus beschließen. Gerade deshalb haben wir so viel Wert auf den Rechts- und Missbrauchsschutz bei diesem Gesetz gelegt, deshalb ist es eines der strengsten Gesetze. Wir träumen nicht, Herr Kollege Leinfellner, wir schützen die Menschen in unserem Land und wir setzen Zeichen genau mit diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir stehen an einem Scheideweg: Entweder wir modernisieren den Rechtsrahmen und geben der Polizei Mittel in die Hand, wie sie in fast jedem der EU-Mitgliedsländer längst bestehen, oder wir schauen weiter dabei zu, wie sich Terroristen in digitalen Schattenräumen verschanzen, unbeobachtet und unkontrolliert. Wir sind nicht bereit, dieses Risiko in Kauf zu nehmen, nicht wenn es um Menschenleben geht. Deshalb bitten wir hier um breite Zustimmung: aus Verantwortung für die Sicherheit in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP.)
13.30
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Mit der Einführung des Bundestrojaners sollen künftig Nachrichten, wie sie Millionen Österreicher über Dienste wie Whatsapp, Signal oder Telegram versenden, mitgelesen werden können, und zwar nicht punktuell oder bei akuter Gefahr, sondern präventiv auf bloßen Verdacht hin. Der Begriff des verfassungsgefährdenden Angriffs ist im Gesetz so vage formuliert, dass er praktisch auf alles angewendet werden kann, was der Regierung gerade nicht passt. (Abg. Erasim [SPÖ]: Haben Sie das Gesetz jemals gelesen? Sie tun sich ja schon schwer beim Runterlesen der Rede!)
Eines ist auch noch erwähnenswert: Das Wort Islamismus kommt im gesamten Entwurf kein einziges Mal vor (Abg. Erasim [SPÖ]: Da redet jemand über ein Gesetz, das er nie gelesen hat!), obwohl dieser aktuell die größte reale Bedrohung für unsere Gesellschaft ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir von der FPÖ sagen Ja zur Sicherheit, aber Nein zu einem Überwachungsstaat, der die Überwachung der eigenen Bürger normalisiert. Ein Staat, der zur Überwachung absichtlich Sicherheitslücken im Betriebssystem
Von der Illusion, dass nur Sicherheitsbehörden davon wissen, muss man sich verabschieden. Wenn es eine Sicherheitslücke gibt und sie offen ist, wird sie auch von anderen gefunden und verwendet. Da befindet man sich in der organisierten Kriminalität, in Betrugsfällen. Die Auswirkungen sind viel breiter, diese treffen die gesamte Bevölkerung, während die Sicherheitsbehörden aus legitimer Verwendung heraus, um Schwerstkriminelle zu überwachen, viel weniger Fälle überwachen. Das heißt, das Interesse, die gesamte Bevölkerung zu schützen, indem man die Sicherheitslücken so schnell wie möglich schließen lässt, überwiegt gegenüber den
Im „Report“ vom 1. Juli war
Auf die Frage, ob die Bundesregierung die Unwahrheit sagt, wenn behauptet wird, dass das dann so leicht ginge, antwortet er:
Dann noch zu meinen Vorrednern:
Zu Herrn Gödl von der ÖVP, der die Karte von Europa gezeigt und gemeint hat, dass wir da in Österreich
Der Kollege von den Grünen hat gesagt: Über
Dann weiter, der Kollege von der SPÖ, Herr Köhler (Rufe bei der SPÖ: Köllner!), hat gemeint: So leicht wie die FPÖ kann man sich es einfach nicht machen und sich
Der Herr Bundesminister hat gesagt: Das
Jetzt noch zum Schluss: Wenn die Regierung den politischen Islam tatsächlich bekämpfen möchte, braucht es ein Verbotsgesetz gegen Organisationen wie die
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Warum brauchen wir diese Überwachung? – Weil die Gefährder über Messengerdienste Informationen austauschen und sich radikalisieren. Früher waren es Telefone oder irgendwelche Stammtische und Treffen; diese nutzen sie leider nicht mehr. Früher hatten wir die Telefonüberwachung, jetzt müssen wir auf Messengerdienste wie zum Beispiel Whatsapp, Telegram oder Signal zugreifen können.
Außerdem brauchen die Polizei und der Verfassungsschutz moderne und vor allem rechtsstaatliche Mittel, um in diesem Bereich überwachen zu können. Österreich – wie es zuerst schon angesprochen wurde – hinkt da nach. Fast alle europäischen Länder haben eine Form der Überwachungsmöglichkeit. Es kann nicht sein, dass wir immer auf Informationen der Nachrichtendienste anderer Länder angewiesen sind.
Was ist vorgesehen? – Es ist grundsätzlich keine Massenüberwachung, es gibt kein willkürliches Abhören. Die Anwendung erfolgt nur dann, wenn es terroristische und
Beispiele aus der Realität zeigen, dass die Zahl von Bombendrohungen und Bedrohungen durch Extremisten und Terroristen immer mehr steigt. Wir haben da als Österreich Handlungsbedarf. Fakt ist, dass es jeder verhinderte Anschlag wert ist, dieses Werkzeug zu nutzen. Uns ist auch klar, dass es immer eine große Abwägung zwischen der Privatsphäre, also Datenschutz, und der Sicherheit gibt.
Ein Wort noch zur Opposition und vor allem zu den Freiheitlichen: Als wir noch mit Ihnen in der Regierung waren, waren Sie dafür, jetzt sind Sie dagegen. Die Gefährdungslage hat sich aber nicht geändert, es hat sich nur Ihre parteipolitische Einstellung geändert. Man sieht, es geht Ihnen nicht um die Sache, es geht Ihnen nicht um die Sicherheit der Bürger, es geht um parteipolitische Spielchen. (Ruf bei der FPÖ: Gegen den Überwachungsstaat!) Sicherheit kann kein parteipolitisches Spiel
Wir vertrauen unseren Sicherheitsbehörden. Freiheit braucht Sicherheit, und Sicherheit braucht einen handlungsfähigen Rechtsstaat. In diesem Sinne unterstützen wir diese Gefährderüberwachung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
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Herr Bundesminister, ich habe Ihnen vorher zugehört, und wissen Sie, ich kenne Ihre Plattitüden und Ihre Ankündigungen, aber Herr Bundesminister, wenn Ihnen die Sicherheit der Österreicher so wichtig ist, warum stellen Sie sich gegen ein Gesetz gegen den politischen Islam? Dann hätten wir einen Straftatbestand, dann könnten wir sofort vorgehen. Das wollen Sie aber nicht, warum auch immer. Es wäre interessant, wie Sie das begründen. (Beifall bei der FPÖ.) Dann würden nämlich die vorhandenen Mittel völlig ausreichen, diese Gefährder zu überwachen – das nur nebenbei gesagt.
Wenn Sie uns vorwerfen, dass die FPÖ nicht hinter der Polizei steht, dann würde ich Ihnen empfehlen, Herr Bundesminister: Schauen Sie einmal die Ergebnisse der Personalvertretungswahlen an, denn dann wissen Sie, was Ihre Polizei von Ihrer Politik hält. Wogegen wir uns stellen, sind die parteibuchbesetzten Kommandanten der Polizei – das betreiben Sie seit Jahrzehnten. (Abg. Zarits [ÖVP]: Wer hat denn die Mehrheit bei der Polizei?) Sie haben die Polizei in den Führungspositionen dunkelschwarz eingefärbt, und da geht es nicht um Kompetenz, sondern nur um das Parteibuch, und das ist das Problem, das wir hier haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Und dann machen Sie immer solche Maßnahmen wie zum Beispiel ein Messerverbot in
Und dann stellen Sie von der ÖVP ernsthaft die Frage, warum wir nicht dabei mitmachen, Ihren
Weil Sie dauernd mit dieser Messengerüberwachung kommen und weil Sie dauernd das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland bringen: Es gibt die tägliche Messerstecherei in Deutschland, den täglichen Anschlag in Deutschland. Ist dort irgendetwas sicherer geworden? Hat man irgendwelche Anschläge vermeiden können in Deutschland? – Nein (Abg. Gödl [ÖVP]: Sicher!), die werden der Lage nicht Herr. Das Problem haben Sie verursacht. (Abg. Gödl [ÖVP]: Wovon redest denn du? Ja, sicher!) Das Problem war die ungezügelte Migration. Sie haben Leute ins Land gelassen, von denen Sie nicht gewusst haben, woher sie kommen, wer sie sind und was sie machen werden. Das ist Ihr Problem, Herr Innenminister, aber nicht die eigene Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn man die Gefahren nicht ins Land lässt, dann hat man kein Problem, aber deswegen ist ja auch das, was wir sagen, das Richtige. Wir brauchen keine Turboüberwachung der eigenen Bevölkerung. Wir brauchen eine Turbanüberwachung. Das wäre einmal interessant, in die Richtung sollten wir einmal nachdenken. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich möchte es nicht unnötig in die Länge ziehen, aber reden wir über die letzten drei schlimmen Ereignisse, die es in diesem Land gegeben hat, die uns alle beschäftigt und erschüttert haben, Herr Bundesminister, Sie wissen das auch.
Reden wir über den Terroranschlag von Wien. Da hätte es keine Messengerüberwachung gebraucht. Da hätte es jedenfalls ein Innenministerium gebraucht, das in der Lage gewesen wäre, die eigenen E-Mails abzurufen, die aus der Slowakei gekommen sind, in welchen vor den Terroristen gewarnt wurde. Das haben Sie nicht gemacht. Da hätten Sie die Bevölkerung nicht überwachen brauchen, nur Ihre E-Mails lesen, Herr Bundesminister, das wäre ein Ansatz gewesen. Wien hätte man verhindern können. (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt komme ich zum unglaublich tragischen Fall
Der Fall Graz ist ebenso ein Fall, bei dem Sie wieder weggeschaut und versagt haben, Herr Bundesminister, denn das hätte man sofort
Was wäre mit der
Frau Kollegin Zadić, weil Sie vorher gesagt haben, dass Sie jetzt sozusagen
Da kommt Kollege Gerstl von der ÖVP und sagt uns: Na ja, es ist ja überhaupt kein Missbrauch möglich, das Gesetz ist so dermaßen wasserdicht, dass man es nicht missbrauchen kann! (Abg. Stögmüller [Grüne]: Das haben
Ein Beispiel ist die
Dann sind die
Da gibt es immer so ein nettes Wort, wenn die ÖVP unabsichtlich etwas ermittelt, da gibt es die sogenannten Beifänge. Das ist ja das, Herr Bundesminister, wo Sie hinwollen: Sie wollen die Handys der Österreicher komplett auslesen und hoffen dann auf Beifänge, die Sie dann gegen den politischen Gegner, gegen sonst jemanden einsetzen können. – Das ist Ihre Interessenlage. (Abg. Hanger [ÖVP]: Hafi, das glaubst nicht einmal selber, oder?) Sie wollen Ihre Macht verfestigen, aber Sie wollen ganz sicherlich nicht die Bevölkerung schützen. So ehrlich sollte man schon auch sein. (Beifall bei der FPÖ.)
Deswegen auch mein Appell: Es mag schon sein, dass Sie jetzt nach 100 Tagen und ein bisschen mehr in einer Honeymoonphase sind, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ und von den NEOS, aber diese Phase wird auch irgendwann wieder vorbei sein (Abg. Wöginger [ÖVP]: Für euch aber auch!), und dann haben Sie der ÖVP ein Instrument in die Hand gegeben, das gegen Sie verwendet wird, Kollege Shetty, darauf können Sie sich verlassen. Das wird schneller gehen, als Sie bis drei zählen können.
Frau Kollegin Erasim, zu Ihnen auch noch, weil Sie vorhin davon gesprochen haben: Alles ist sicher, alles wird geschützt, alles ist großartig. – Sie haben den ständigen Unterausschuss des Innenausschusses erwähnt, der dann das Kontrollgremium ist. Ich meine, Sie sitzen dort auch drinnen. Ich versuche, mich jetzt nicht strafbar zu machen (Abg. Shetty [NEOS]: Ein guter Vorsatz! Vielleicht sagst du das den Kollegen auch einmal!), aber das, was man dort im Keller, wo man keine technischen Geräte mitnehmen darf, hört, das ist das, was man am Vortag in der Zeitung gelesen hat, und das, was dort neu ist, erzählt der DSN-Chef am nächsten Tag sowieso dem
Mir läuft schon die Zeit davon. Ein Wort noch zu Herrn Staatssekretär
Und ein letztes Wort noch zu Kollegen Shetty von den NEOS: Herr Kollege Shetty, ich würde nicht in Ihrer Situation sein wollen. (Abg. Shetty [NEOS]: Das beruht auf Gegenseitigkeit!) – Das ehrt mich. Sie vertreten als Klubobmann eine Partei, die an einem einzigen Tag dreimal umfällt, und nicht bei irgendwelchen Kleinigkeiten, sondern bei wesentlichen Grundlagen Ihrer Partei. Ich kann es Ihnen sagen: Alle Prinzipien sind bei Ihnen weg, Sie geben der ÖVP das
Die Chuzpe muss man wirklich einmal haben, dass man ein Gesetz verabschiedet, das sozusagen illegale Parteispenden legal macht. Das machen Sie dann gleich später mit der SPÖ, mit den Grünen und mit der ÖVP gemeinsam. Ich würde mich schämen. Sie wollen sich einfach nur 70 000 Euro Strafe ersparen und lassen dafür de facto rückwirkende Gesetze vom Stapel. (Abg. Krainer [SPÖ]: Fake News!) Darauf können Sie sich was einbilden – wunderbar!
Damit wir das Ganze abrunden, Herr Kollege Shetty, reden wir dann auch noch über den Untersuchungsausschuss. Auch da sind Sie Wasserträger der ÖVP. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Machts einmal einen! Brauchts ja nur einen machen!) Ich bin gespannt, wie das Frau Kollegin Krisper sieht, die ja für Aufklärung bekannt war. Sie sehen es ja offenbar ein bisschen anders. Ich finde es auch schade, dass die SPÖ dabei mitspielt. Das heißt also, es dauert nicht lange, bis man grundsätzlich von der ÖVP korrumpiert wird.
Was ich wirklich auch schade finde – gerade in Ihrer Partei, Herr Shetty, da können Sie auch gleich wieder tatsächlich berichtigen –, ist, dass altgediente und respektierte Abgeordnete wie Kollege Scherak sich von ihrer Parteichefin im
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Freiheitliche stellen uns gegen den ÖVP-Überwachungswahn. Wir wissen, was die ÖVP in der Lage ist, zu tun. Genau deswegen werden wir jedenfalls jede politische Gegenwehr einsetzen, um zu verhindern, dass Sie mit Ihren Plänen durchkommen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP. Der tiefe Staat wird aufgedeckt, aber ganz sicherlich nicht ausgebaut. (Beifall bei der FPÖ.)
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Kollege Hafenecker kippt immer mehr in diese ganzen Verschwörungsgeschichten hinein. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Du spürst es ja bei ihm, es war plötzlich der tiefe Staat, von dem er jetzt gesprochen hat. Wieder ist der Zugang der FPÖ: Alles ist eine böse Verschwörung, das böse System. – Er glaubt es ja zunehmend selber. Hauptsache dagegen, gegen alles und jeden: Dieser blaue Weg wird uns ganz sicher nicht weiterbringen.
Den anderen Weg haben heute die Grünen gewählt, die sind ja besonders mutig unterwegs und sagen: Besser gar nichts tun in dieser Frage, Augen zu, Kopf in den Sand, Prinzip Hoffnung. (Abg. Gewessler [Grüne]: Geh bitte, Philip! Ganz konkrete Vorschläge!) Das ist der grüne Weg gewesen, von dem wir heute auch mehrmals gehört haben. Auch das wird es nicht lösen und uns in Österreich, in dieser Republik nicht sicherer machen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Besonders fair ist es nicht, dann zu sagen, so en passant: Die ausländischen Nachrichtendienste werden uns schon irgendwie warnen, wir selber machen uns die Hände nicht schmutzig. Kollege Zorba, das ist nicht der Zugang, der der richtige ist. (Ruf bei den Grünen: Ja, genau, das machts ihr nicht, euch die Hände schmutzig ...! Umgefallen! –Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].)
Politik hat natürlich immer die Aufgabe – und das ist auch die Kunst, die wir alle meistern müssen –, dass mehrere Interessen und Perspektiven unter einen Hut gebracht werden müssen. Das ist in der Frage, die wir heute ausführlich diskutiert haben, nicht leicht. Ja, es geht um Grund- und Freiheitsrechte auf der einen Seite, aber es geht auch um neue Bedrohungslagen und um die Sicherheit hier in der Republik, und dazu braucht es auch Antworten aller politischen Parteien in diesem Land. Jedes Kind begreift doch bitte, dass das Bisherige im Jahre 2025 einfach nicht mehr reicht, weil Terroristen und Gefährder vielleicht etwas anders kommunizieren als mit den klassischen alten SMS, die wir alle noch kennen. Bei den alten Handyverträgen, die wir von früher kennen, waren der Goldstandard 1 100 Frei-SMS, die du nutzen konntest. Die Terroristen tun uns halt nicht den Gefallen, dass sie genau so kommunizieren, dass wir sie am allerleichtesten überwachen können. Da hat sich schon auch die Welt geändert (Abg. Zorba [Grüne]: Was hat sich seit 2017 geändert da? Warum warst du 2017 dagegen? Warum warst du 2017 dagegen? Sag es mir einmal!), und es ist Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik, genau diese Interessenabwägung zu schaffen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Zorba [Grüne]: Das ist ja eine Frechheit, Philip! Unter deiner Würde ist das!)
Wenn wir alle miteinander wollen, dass die Behörden in der Lage sind, für Sicherheit zu sorgen (Abg. Zorba [Grüne]: Was hat sich seit letztem Jahr geändert, außer dass du jetzt in der Regierung sitzt? Das ist peinlich!), dann müssen wir ihnen auch gemeinsam die Instrumente dafür geben und das auf eine ordentliche und intelligente Art und Weise umsetzen.
Weil es heute so oft gekommen ist – und es wird nicht wahrer, wenn man den Topfen immer und immer wieder erzählt –: Es wird keine Massenüberwachung geben. Den Kickl-Trojaner, den wir auch gemeinsam erfolgreich verhindert haben, wird es nicht geben. Das, was die Blauen immer wieder wollten, haben wir verhindert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Das kannst du gar nicht verhindern, wenn ihr die Sicherheitslücken offen lasst! Stellt sich da hin! Das kannst du gar nicht verhindern, das ist ja genau der Punkt! Das verstehe sogar ich als Nichttechniker!)
Wenn wir von 30 Fällen pro Jahr reden, wenn wir von scharfen Kontrollen sprechen – 30 Fälle pro Jahr, Herr Kollege! –, dann ist das ganz sicher keine Massenüberwachung. Wenn du es auf die 9 Millionen Menschen, die in Österreich leben, hochrechnest, würdest du 300 000 Jahre brauchen. Das ist alles ein Topfen, den Grüne und FPÖ uns heute den ganzen Tag hier auftischen.
Ich möchte abschließend sagen, dass wir leider nicht jeden Horror verhindern können werden. Es ist aber unsere Verantwortung, doch alles dafür zu tun, dass wir zumindest die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit minimieren – daher die beiden Wege, die wir heute kennengelernt haben. Ich sage es noch einmal dazu: Lösen wir doch bitte die Probleme! Nehmen wir die Kritik auch gerne auf, wie wir es nach dem Begutachtungsverfahren getan haben, um noch einmal gemeinsam nachzuschärfen. Aber lösen wir miteinander Probleme, glauben wir nicht jeden Verschwörungstopfen, nur weil er von den Blauen kommt, und machen wir es auch nicht wie die Grünen, die nur den Kopf in den Sand stecken! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
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Ich habe mir die Zitate im Vorfeld der Sitzung angeschaut. Ich habe im Halbjahrestakt Zitate von Philip Kucher gefunden, warum der Bundestrojaner ein Problem ist. Jetzt stellst du dich hier heraus und redest das Ganze schön und behauptest, wir hätten gar keine Vorschläge gebracht? Warst du in den Ausschusssitzungen dabei? (Abg. Kucher [SPÖ]: Wo denn?) In jedem Innenausschuss gab es von uns Vorschläge – zur Reformierung der DSN beim Personal, bei den Befugnissen, überall. Du hast es dir aber nicht einmal angeschaut, und ich glaube nicht einmal, dass du dir den Entwurf angeschaut hast, über den du jetzt abstimmen wirst, denn wenn du ihn angeschaut hättest, würdest du verstehen, dass er sich nicht groß von dem unterscheidet, wogegen du jahrelang warst. (Beifall bei den Grünen und bei
Du bist ein Kollege, den ich sehr, sehr schätze. Ich verstehe auch, dass du jetzt diese Funktion übernommen hast, hier herauszugehen und auszuputzen. Überlege dir das nächste Mal aber, bevor du hier herausgehst, zweimal, was du sagst. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei
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Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
RN/62
RN/62.1
Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Telekommunikationsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 164 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichnen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
RN/62.2
Für diese ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden, und daher gehe ich auch so vor.
Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen die Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnungen „Ja“ beziehungsweise „Nein.“ Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.
Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die soeben bereitgestellte Urne zu werfen.
Ich ersuche jene Abgeordneten, die zu Tagesordnungspunkt 6 in dritter Lesung für den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 164 der Beilagen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen sind, „Nein“-Stimmzettel zu verwenden. Ich würde Sie bitten, auch darauf zu achten, dass Sie nur einen Stimmzettel einwerfen.
Frau Schriftführerin Petra Tanzler wird mit dem Namensaufruf beginnen; Frau Abgeordnete Tanja Graf wird sie später dabei ablösen. – Bitte.
(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Tanzler und Tanja Graf werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)
Ich bitte die damit beauftragten Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführer mit der Auszählung zu beginnen. Ich werde dafür die Sitzung für einige Minuten unterbrechen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
RN/62.3
Sitzungsunterbrechung von 14.07 Uhr bis 14.12 Uhr
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor.)
Abgegebene Stimmen: 176, davon „Ja“-Stimmen: 105, „Nein“-Stimmen: 71.
Der Gesetzentwurf in 164 der Beilagen ist somit in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.
RN/62.4
Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:
Auer, Auinger-Oberzaucher;
Baumann, Baumgartner, Bayr, Bernhard, Binder, Bogner-Strauß, Brandstötter, Brandweiner, Bures;
Deckenbacher, Della Rossa, Dengler, Diesner-Wais, Doppelbauer, Duzdar;
Eder, Egger Kurt, Elian, Erasim;
Falkner, Feichtinger, Fiedler;
Gasser, Gerstl, Gmeinbauer, Gödl, Graf Tanja, Greiner Karin, Grünberg, Grüner;
Haitzer, Hammer Michael, Hanel-Torsch, Hanger, Harrer, Haubner, Hechenberger, Herr, Herzog, Himmer, Hofer Markus, Höfinger Johann, Hofinger Manfred, Höfler, Holzegger, Hoyos-Trauttmansdorff;
Jachs, Jantscher, Jeitler-Cincelli, Juvan;
Köllner, Krainer Kai Jan, Kucher, Kugler, Kühberger, Kumpan-Takacs, von Künsberg Sarre;
Laimer, Lindinger, Lindner Mario;
Mair Klaus, Marchetti, Minnich, Moitzi, Muchitsch;
Neumann, Neumann-Hartberger, Nussbaum;
Oberhofer, Oberrauner, Ofenauer, Ottenschläger, Oxonitsch;
Pöttinger, Pramhofer;
Raab, Reiter;
Sams, Schatz, Scheucher-Pichler, Schmuckenschlager, Schnabel, Schroll, Seemayer, Seltenheim, Servus, Shetty, Sieber, Silvan, Stark, Stich, Strasser;
Tanzler, Taschner, Teiber, Totter;
Weber, Wieninger, Wöginger, Wotschke;
Yildirim;
Zarits, Zopf.
Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:
Belakowitsch, Berger Ricarda, Berger Tina Angela, Brückl;
Darmann, Deimek, Disoski;
Ecker Rosa, Eisenhut;
Fuchs, Fürst, Fürtbauer;
Gewessler, Giuliani-Sterrer, Gmeindl, Götze, Graf Martin;
Hafenecker, Hammer Lukas, Hammerl Paul, Heiß, Herbert;
Kainz, Kaniak, Kassegger, Kogler, Kolm, Koza, Krisper;
Lausch, Leinfellner, Linder Maximilian, Litzke;
Maier Reinhold, Maurer, Mölzer;
Nemeth, Neßler;
Oberlechner;
Petschnig, Pfeifer, Pracher-Hilander, Prammer;
Ragger, Ranzmaier, Reifenberger, Royer;
Schallmeiner, Schandor, Schartel, Scherak, Schiefer, Schilchegger, Schmiedlechner, Schuch-Gubik, Schuh, Schwaighofer, Schwarz, Spalt, Stefan, Steiner, Stögmüller, Sunitsch;
Thau, Tschank;
Voglauer;
Weinzierl, Wurm;
Zadić, Zanger, Zorba.
RN/62.5
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 165 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
RN/62.6
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 166 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit angenommen.
RN/62.7
Abstimmung über Tagesordnungpunkt 9: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 167 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
RN/62.8
Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 168 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.