In der Villa Blaimschein fanden zwischen dem 20. und 27. April die Verhandlungen zur Bildung der Provisorischen Regierung statt. Teilnehmer an den Gesprächen waren neben Renner auch Adolf Schärf und Theodor Körner als Vertreter der SPÖ, Leopold Kunschak und Josef Kollmann als Delegierte der ÖVP und Ernst Fischer und Johann Koplenig als Bevollmächtigte der KPÖ. Am 27. April wurde die von Renner verfasste Unabhängigkeitserklärung veröffentlicht, mit der „die demokratische Republik Österreich […] wiederhergestellt“ und der „im Jahre 1938 dem österreichischen Volk aufgezwungene Anschluß“ als „null und nichtig“ erklärt wurde (StGBl 1/1945).
Am selben Tag präsentierte sich die Provisorische Regierung dem sowjetischen Oberkommandierenden, Marschall Fjodor I. Tolbuchin. Sie bestand aus 29 Personen, von welchen zehn der SPÖ, neun der ÖVP und sieben der KPÖ zuzuordnen waren. Dazu kamen drei Unabhängige. Als Staatskanzler fungierte Renner. Ihm standen drei Staatssekretäre ohne Portefeuille (Figl, Schärf und Koplenig) zur Seite.
Eine der ersten Maßnahmen der Provisorischen Regierung war der Erlass des sogenannten Verfassungs-Überleitungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) von 1920 in der Fassung von 1929 „in Wirksamkeit gesetzt“ wurde, allerdings zunächst begleitet durch eine Vorläufige Verfassung (StGBl 4/1945 und 5/1945). Zudem wurden durch das am 8. Mai 1945 von der Provisorischen Staatsregierung als Verfassungsgesetz beschlossene (und 1947 novellierte) Verbotsgesetz sämtliche nationalsozialistische Organisationen aufgelöst (StGBl 13/1945 und BGBl 1947/25).
Die Provisorische Regierung wurde vorerst nur von der Sowjetunion anerkannt. Ihr Tätigkeitsbereich beschränkte sich folglich in den ersten Monaten auf die sowjetische Zone (Niederösterreich, Burgenland, Teile Oberösterreichs und Wiens). Erst am 20. Oktober 1945 wurde sie durch Beschluss des Alliierten Rates von den anderen alliierten Mächten, Frankreich, Großbritannien und den USA, als legitim anerkannt.
Trotz des internationalen Legitimationsdefizits verfügte die Provisorische Regierung über eine ungeheure Machtfülle: Zum einen legitimierte sie sich zur Neugründung Österreichs. Zum anderen vereinte sie durch das Fehlen eines Parlaments die Rechte der Exekutive und der Legislative auf sich. Diese Situation änderte sich erst im Spätherbst 1945, als nach der Anerkennung durch den Alliierten Rat die ersten Wahlen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchgeführt wurden.