Fachinfos - Judikaturauswertungen 11.08.2022

Anfechtung der Gemeinderatswahl in Eferding wurde abgewiesen

Kein Verstoß gegen die Oberösterreichische Kommunalwahlordnung (11. August 2022)

VfGH 2.3.2022, W I 6/2021

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wies die Anfechtung einer Gemeinderatswahl in Oberösterreich ab, weil die Gemeindewahlbehörde bei der Ausfolgung des Wählerver­zeichnisses und bei der Gewährung der Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis nicht – wie in der Anfechtung behauptet – gegen die Oberösterreichische (Oö.) Kommunal­wahlordnung verstoßen habe.

Sachverhalt

Bei der Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Eferding im September 2021 kan­didierte auch die Wählergruppe „Offene Liste Eferding“. Sie brachte ihren Wahlvor­schlag am 6. August 2021 ein. Bereits zuvor, am 8. Juli 2021, hatte sie bei der Gemein­dewahlbehörde eine Ausfolgung des Wählerverzeichnisses beantragt. Dies wurde ihr mit der Begründung verweigert, dass die Ausfolgung gemäß der Oö. Kommunalwahl­ordnung nur an eine wahlwerbende Partei erfolgen dürfe, was die Einbringung eines gültigen Wahlvorschlags voraussetze. Es bestehe jedoch die Möglichkeit der Einsicht­nahme in das Wählerverzeichnis im (näher bezeichneten) Auflagezeitraum Ende Juli 2021. In diesem Zeitraum erschien der Zustellungsbevollmächtigte der Wählergruppe zur Einsichtnahme. Das Wählerverzeichnis wurde der wahlwerbenden Partei nach Ein­bringung ihres Wahlvorschlags am 9. August 2021 übermittelt. Bei der Wahl erreichte die „Offene Liste Eferding“ eines von 25 Mandaten.

In einer Wahlanfechtung gemäß Art. 141 B-VG beantragte die „Offene Liste Eferding“ beim VfGH die Nichtigerklärung der Wahl aus zwei Gründen: Zum einen sei ihr das Wählerverzeichnis zu spät übermittelt worden. Zum anderen sei ihrem Zustellungsbe­vollmächtigten bei der Einsichtnahme nur die Kontrolle seiner eigenen Daten gewährt, eine „gründliche und umfassende Einsichtnahme“ jedoch verweigert worden. Diese Rechtswidrigkeiten seien ergebnisrelevant, weil die Wählergruppe dadurch beim Sam­meln von Unterstützungserklärungen, bei der Kandidat:innensuche für ihre Liste sowie bei der Kontaktaufnahme mit Wahlberechtigten behindert worden sei. Sie habe einen Nachteil gegenüber anderen Parteien gehabt, die das Wählerverzeichnis früher erhal­ten hätten.

Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofs

Der VfGH wies die Wahlanfechtung als unbegründet ab.

Für die Frage der Zustellung des Wählerverzeichnisses sei die Auslegung des Begriffs der „wahlwerbenden Partei“ in der Oö. Kommunalwahlordnung entscheidend. Der VfGH verwies dazu auf seine ständige Judikatur, wonach der verfassungsrechtliche Be­griff der „wahlwerbenden Partei“ (Art. 26 Abs. 2, Art. 26a Abs. 1 und Art. 95 Abs. 3 B-VG) auf eine Wählergruppe abstelle, die nach der jeweiligen Wahlordnung einen Wahl­vorschlag eingebracht hat. Auch die Oö. Kommunalwahlordnung gehe von diesem Be­griffsverständnis aus. Es sei daher rechtmäßig, dass dem Antrag auf Ausfolgung des Wählerverzeichnisses vor Einbringung des Wahlvorschlags nicht Folge gegeben wurde.

Die Auflage des Wählerverzeichnisses zur öffentlichen Einsicht diene ausschließlich der Richtigkeit und Vollständigkeit des Wählerverzeichnisses. Ein davon losgelöstes Recht auf unbeschränkte Einsicht in das gesamte Wählerverzeichnis räume die Oö. Kommu­nalwahlordnung nicht ein. Dass eine Einsichtnahme zum Zweck der Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Wählerverzeichnisses nicht möglich gewesen oder nicht gewährt worden wäre, habe die Anfechtungswerberin jedoch nicht behauptet. Nach den Ausführungen in der Anfechtung hätte die Einsichtnahme nur erfolgen sollen, um die Wahlberechtigung potentieller Unterstützungswerber:innen zu prüfen und de­ren Adressen zur Werbung um eine Unterstützungserklärung zu erlangen. Diesem Zweck diene die Auflage zur öffentlichen Einsicht jedoch nicht, weshalb kein Verstoß gegen die Oö. Kommunalwahlordnung vorliege.

Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.