Fachinfos - Judikaturauswertungen 20.01.2022

Berlin: Kein einstweiliger Rechtsschutz wegen behaupteter Wahlmängel

Erfolgloser Eilantrag zur Untersagung der Konstituierung des Abgeordnetenhauses von Berlin (20. Jänner 2022)

VerfGH Berlin 1.11.2021, 132 A/21

In Berlin wurde am 26. September 2021 das Abgeordnetenhaus neu gewählt. Bei der Durchführung der Wahlen und der Auszählung der Ergebnisse kam es zu zahlreichen organisatorischen Problemen. Ein Mitglied des Abgeordnetenhauses wandte sich daher an den Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (VerfGH), weil es der Ansicht war, dass dem neugewählten Abgeordnetenhaus die demokratische Legitimität fehle. Der VerfGH hat diesen Antrag als unzulässig abgelehnt. Das Abgeordnetenhaus müsse in jedem Fall zusammentreten.

Sachverhalt

Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der Einbringung seines Antrags am 26. Oktober 2021 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin (entspricht dem Landtag). Am 28. Oktober 2021 stellte die Landeswahlleiterin das endgültige Ergebnis der Wahlen fest und veröffentlichte dieses im Amtsblatt von Berlin. Demnach erlangte der Antragsteller, der bei den Wahlen kandidiert hatte, keinen Sitz im Abgeordnetenhaus.

Nach Ansicht des Antragstellers seien die Mängel bei der Durchführung der Wahlen so gravierend gewesen, dass die ganze Wahl wiederholt werden müsse. Seiner Ansicht nach fehle dem Abgeordnetenhaus die demokratische Legitimität. Daher begehrte er, dass die Konstituierung des neugewählten Abgeordnetenhauses von Berlin und der Bezirksverordnetenversammlungen in allen Berliner Bezirken auf der Grundlage des amtlichen Endergebnisses bis zur Entscheidung über seine Einsprüche zu untersagen sei.

Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofs des Landes Berlin

Der VerfGH lehnte den Antrag zunächst aus formalen Gründen als unzulässig ab, da der Antragsteller den Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben hatte, bevor die Bekanntmachung der Wahlergebnisse im Amtsblatt des Landes Berlin erfolgt war. § 40 Abs. 4 Verfassungsgerichthofgesetz bestimme eindeutig, dass Einsprüche innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses im Amtsblatt von Berlin einzubringen sind. Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei das durch die Landeswahlleiterin bekanntgemachte Ergebnis der Wahl. Dieses müsse eindeutig feststehen, bevor der VerfGH insoweit angerufen werden könne. Das sei erst der Fall, sobald das Wahlergebnis im Amtsblatt bekanntgegeben wurde.

Zugleich hielt der VerfGH fest, dass der Antrag auch bei fristgerechter Einbringung keinen Erfolg gehabt hätte. Art. 54 Abs. 5 Verfassung von Berlin stünde nämlich einer vorläufigen Untersagung der Konstituierung des Abgeordnetenhauses entgegen. Nach dieser Bestimmung müsse das neugewählte Abgeordnetenhaus spätestens sechs Wochen nach der Wahl zusammentreten, womit die Wahlperiode des alten Abgeordnetenhauses ende. Eine Verlängerung der Wahlperiode sei nicht zulässig. Das würde nach dem Willen des Gesetzgebers selbst dann gelten, wenn Rechtsverstöße bei der Wahl vorgebracht werden. Auch in einem solchen Fall müsste das neugewählte Abgeordnetenhaus konstituiert werden. Einwände gegen die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses könnten jedoch im Wahlprüfungsverfahren vorgebracht werden. Sollte ein solches später erfolgreich abgeschlossen werden, so seien die festgestellten Fehler im Wege einer Wiederholungswahl zu beheben.

Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.