Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält fest, dass die streitgegenständliche Äußerung in amtlicher Funktion der Bundeskanzlerin getätigt wurde. Der bzw. Dem Bundeskanzler:in komme zwar im Vergleich zu den anderen Regierungsmitgliedern ein weiteres Äußerungsrecht zu. Das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot müsse dennoch beachtet werden.
Der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien unterliege keinem absoluten Differenzierungsverbot, so das BVerfG. Gründe, die Ungleichbehandlungen rechtfertigen und der Bundesregierung eine Befugnis zum Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien verleihen, müssten aber durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sein, das dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Waage halten könne. Dabei sei jedenfalls den Grundsätzen der Geeignetheit und Erforderlichkeit zur Erreichung der verfassungsrechtlich legitimierten Zwecke Rechnung zu tragen.
Im vorliegenden Fall sei der Eingriff in das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb durch die Äußerung der Bundeskanzlerin nicht gerechtfertigt: Weder könne sie sich auf den Schutz der Arbeitsfähigkeit und Stabilität der Bundesregierung berufen, noch die Wahrung des Ansehens der und des Vertrauens in die Bundesrepublik Deutschland in der Staatengemeinschaft geltend machen. Ebenso wenig handele es sich bei der streitbefangenen Äußerung um eine zulässige Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeskanzlerin.
Durch die eigeninitiativ erfolgte Veröffentlichung der Äußerung auf ihren offiziellen Internetseiten sei eine aktive Verbreitung einer einseitig zulasten der Antragstellerin getroffenen Äußerung erfolgt, bei der staatliche Ressourcen im politischen Meinungskampf eingesetzt worden seien, die anderen politischen Mitwerbenden nicht zur Verfügung stünden.
Der Senat des BVerfG kam somit zum Ergebnis, dass die Antragstellerin durch die Äußerung und deren Veröffentlichung in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des GG verletzt wurde.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.