Fachinfos - Judikaturauswertungen 11.08.2022

Hintergrundgespräche des Deutschen Bundeskanzleramts

Kein presserechtlicher Auskunftsanspruch zu Hintergrundgesprächen des Deutschen Bundeskanzleramts (11. August 2022)

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 8.6.2022, OVG 6 B 1/21

Ein Redakteur einer Berliner Tageszeitung klagte das Bundeskanzleramt auf Erteilung von Auskünften zu Hintergrundgesprächen im Jahr 2016. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG B-B) stellte fest, dass Informationen dazu nicht in den Akten des Bundeskanzleramts dokumentiert waren. Ebenso seien Personen, die an diesen Ge­sprächen beteiligt waren, mittlerweile nicht mehr dort tätig. Es bestehe auch keine Ver­pflichtung des Bundeskanzleramts zu diesbezüglichen Ermittlungen. Das Gericht wies die Klage auf Erteilung von Auskünften ab.

Sachverhalt

Der Kläger ist Redakteur einer Tageszeitung. Im Mai 2016 ersuchte er das Bundeskanz­leramt um Auskunft darüber, welche Hintergrundgespräche für Journalist:innen in die­sem Jahr stattgefunden hatten und welche Themen behandelt wurden. Außerdem wollte er wissen, an welchen Hintergrundgesprächen die Bundeskanzlerin auf Einla­dung von Journalist:innen teilgenommen habe. Der Kläger erachtete die Antworten, die er auf sein Auskunftsersuchen erhielt, für ungenügend. Seine Frage wäre auf sämtliche Hintergrundgespräche bezogen gewesen. Daraufhin verwies das Bundeskanzleramt auf die Vertraulichkeit solcher Gespräche und betonte, dass es folglich keine Auskünfte er­teilen könne.

Der Journalist erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Berlin und verwies auf den aus der Verfassung folgenden presserechtlichen Auskunftsanspruch. Insbesondere wollte er wissen, warum anderen Journalist:innen offenbar Zugang zu schutzbedürfti­gen Informationen ermöglicht worden sei, während ihm dieser verweigert werde.

Das Verwaltungsgericht Berlin gab der Klage des Journalisten statt. Gegen dieses Urteil erhob das beklagte Bundeskanzleramt Berufung.

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg

Das OVG B-B erachtete die Berufung für begründet und wies die Klage des Journalisten als unbegründet ab.

Das Gericht stützte seine Entscheidung darauf, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Aus­kunftsanspruchs vorliegen, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Beru­fungsgericht sei.

Es verweist auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der Presseangehörige auf hinreichend bestimmte Fragen zu einem konkreten Tatsachen­komplex behördliche Auskünfte verlangen können. Dieser Anspruch bestehe jedoch nur, soweit die Informationen bei der Behörde vorhanden sind und berechtigte schutz­würdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen dem nicht entgegenstehen. Der Auskunftsanspruch bestehe jedenfalls auch im Zusammenhang mit Hintergrund- und Einzelgesprächen. Auch solche Kommunikationsformen seien Teil der behördlichen Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit. Allerdings, so das OVG B-B, bestehe keine Verpflichtung, solche Gespräche zu dokumentieren.

Das OVG B-B stellte fest, dass die Auskunftsanträge des Klägers zwar hinreichend be­stimmt waren. Jedoch mangle es ihnen an dem erforderlichen Bezug zu einem konkre­ten Tatsachenkomplex. Bei den vom Kläger erfragten Inhalten handle es sich nach Auf­fassung des OVG B-B zudem um behördliche Eigeninformationen. Diese könne die Be­hörde freiwillig herausgeben, doch bestehe kein durchsetzbarer Rechtsanspruch da­rauf.

Das OVG B-B betonte weiters, dass eine Behörde dann, wenn sie sich dazu entschließe, bestimmte Informationen im Rahmen eines Hintergrundgesprächs zugänglich zu ma­chen, alle interessierten Pressevertreter:innen in gleicher Weise beteiligen müsse. Zu berücksichtigen sei jedoch der Umstand, dass die Plätze für Teilnehmer:innen an sol­chen Gesprächen immer begrenzt wären. Die Auswahl der teilnehmenden Journa­list:innen müsse stets nach sachlichen Kriterien erfolgen. Der Kläger habe jedoch nicht geltend gemacht, dass er aus unsachlichen Gründen von der Teilnahme an Hintergrund­gesprächen ausgeschlossen worden wäre.

Schließlich beschränke sich der Informationszugang auf die bei der informationspflich­tigen Stelle tatsächlich vorhandenen Informationen. Dazu habe das Bundeskanzleramt schlüssig dargelegt, dass die in Rede stehenden Informationen zum Zeitpunkt der Be­rufungsverhandlung nicht mehr vorhanden waren, und dass es auch niemanden mehr gäbe, der dienstliches Wissen dazu habe. Die Behörde sei nicht verpflichtet zu ermit­teln, welche bei ihr aktuell noch tätigen Personen potenziell in der Lage wären, zu den erfragten Umständen Angaben zu machen.

Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung.