Nach § 36 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) kann ein UsA beim BVwG die Verhängung einer Beugestrafe beantragen, wenn eine Auskunftsperson der ihr zugestellten Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet. Ein solcher Antrag ist vom UsA zu begründen.
Das BVwG erachtete das Erfordernis der Zustellung der Ladung für zweifellos erfüllt, da diese dem Antragsgegner (laut dessen eigener Aussage in der mündlichen Vernehmung) tatsächlich zugekommen war. Da der Antragsgegner den Erhalt der Ladung selbst nicht bestritt, müsse auf Fragen der Anwendbarkeit und Geltung des Zustellgesetzes nicht näher eingegangen werden.
Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls kam das BVwG zum Ergebnis, dass der Befolgung der Ladung durch den Antragsgegner keine zwingenden Gründe entgegenstanden. So hätte dem Antragsgegner spätestens seit Verhängung der ersten Beugestrafe im Frühjahr 2022 bewusst sein müssen, dass der UsA seine Befragung als Auskunftsperson anstrebt. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass seitens des Antragsgegners keinerlei Versuche erfolgten, mit dem UsA Kontakt aufzunehmen um diesen über sein Nichterscheinen zu informieren bzw. allfällige Entschuldigungsgründe zu nennen.
Zum Vorbringen des Antragsgegners, dass sich die Verpflichtung zur Befolgung einer Ladung nach der VO-UA – in Entsprechung des Territorialitätsprinzips und mangels Vorliegen eines anzuwendenden Amts- oder Rechtshilfeabkommens – nicht auf Personen mit Wohnsitz im Ausland erstrecke, sprach das BVwG aus: Zwar würde die Judikatur zu anderen Verfahrensgesetzen (als der VO-UA) sowie manche Literaturmeinungen das Argument des Antragsgegners durchaus stützen. Doch spräche die besondere Bedeutung der Tätigkeit eines UsA als parlamentarisches Kontrollrecht in Verbindung mit der gebotenen autonomen Auslegung der VO-UA gegen einen derartigen absoluten Vorrang des Territorialitätsprinzips. Denn auch wenn dieses grundsätzlich gelte, sei zudem das Personalitätsprinzip zu beachten. Demnach könne der Gesetzgeber an die eigenen Staatsbürger:innen Gebote auch dann richten, wenn sich diese außerhalb des Staatsgebietes befinden würden, vorausgesetzt, es bestünde ein ausreichender „inländischer Anknüpfungspunkt“. Dieser liege im vorliegenden Fall darin begründet, dass der Antragsgegner österreichischer Staatsbürger sei, es bei der konkreten Konstellation um einen im Inland verwirklichten Sachverhalt ginge, und der UsA der Aufklärung von Vorgängen zu politischen Zwecken diene (und nicht individuelle Interessen im Vordergrund stünden). Der Antragsgegner könne sich somit durch den Hinweis auf das Territorialitätsprinzip nicht von seiner Pflicht entbinden, eine genügende Entschuldigung für sein Nichterscheinen vor dem UsA vorzulegen. Daher sei über den Antragsgegner eine Beugestrafe zu verhängen. Der Antragsgegner legte in der Folge ordentliche Revision ein.
Vgl. zu diesem Verfahren den Volltext der Entscheidung.