Das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, das am 1. Mai 1997 in Kraft trat, wurde von zwei wesentlichen Säulen getragen: Erstmals konnte die Polizei Gewalttäter:innen aus der gemeinsamen Wohnung wegweisen und ein zweiwöchiges Betretungsverbot aussprechen. Außerdem konnten nun Zivilgerichte mithilfe einer einstweiligen Verfügung GewalttäterInnen auftragen, die Wohnung langfristig zu verlassen. Als begleitende Maßnahmen wurden außerdem in allen österreichischen Bundesländern Interventionsstellen bzw. Gewaltschutzzentren eingerichtet.
Nach kleineren Teiländerungen des Gesetzes in den Jahren 1999, 2002 und 2004 trat am 1. Juni 2009 das Zweite Gewaltschutzgesetz in Kraft. Es verbesserte den Schutz für und die Unterstützung von Opfern, indem das Betretungsverbot verlängert, ein neuer Straftatbestand neuer Strafbestand „fortgesetzte Gewaltausübung“ (§ 107b Strafgesetzbuch (StGB)) geschaffen sowie das Recht auf kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung auch im Zivilverfahren etabliert wurde. In einer Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes 2013 wurde das Betretungsverbot auf Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen ausgedehnt, um den Schutz Minderjähriger zu verstärken.
Seit 1. Jänner 2020 ist das Gewaltschutzgesetz 2019 in Kraft, das Änderungen von insgesamt 25 Gesetzen umfasst. Die zentralen Punkte sind ein personenbezogenes Annäherungsverbot im Sicherheitspolizeigesetz (anstelle des Betretungsverbots von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen), eine verpflichtende Gewaltpräventionsberatung nach Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots, das Erfassen von Cybermobbing (hinsichtlich der Anti-Stalking-Verfügung), Strafverschärfungen sowie Melde- und Anzeigeverpflichtungen für Angehörige bestimmter Berufsgruppen.
Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens übten verschiedene Organisationen Kritik am Gesetzentwurf für das Gewaltschutzgesetz 2019. Beispielsweise gab der Berufsverband Österreichischer Psycholog:innen in seiner Stellungnahme zu bedenken, dass die Verschärfung des Strafrahmens Opfer davon abhalten könnte, die Täter:innen anzuzeigen, weil sie mit diesen oft in einer engen persönlichen Beziehung stehen. Auch die Anzeigepflicht für bestimmte Berufsgruppen wurde kritisch gesehen: In ihrer Stellungnahme verliehen die Österreichischen Kinderschutzzentren ihrer Sorge Ausdruck, dass sich Kinder, die Opfer eines Gewaltverbrechens werden, infolge dieser Neuerung seltener einer möglichen Vertrauensperson anvertrauen könnten. Wie der Überblick über das parlamentarische Verfahren zum Gewaltschutzgesetz 2019 zeigt, zogen die kritischen Stellungnahmen keine Änderungen der angesprochenen Punkte im letztendlich beschlossenen Gesetzestext nach sich.
Eine weitere, am 1. Jänner 2022 in Kraft getretene Änderung betrifft ein vorläufiges Waffenverbot, das mit Ausspruch eines Betretungs- und Annäherungsverbots sofort in Kraft tritt (siehe Waffengesetz 1996, § 13 Bundesgesetz über die Waffenpolizei).
Auf europäischer Ebene gilt die Istanbul Konvention, ein Übereinkommen des Europarates. Sie ist das erste völkerrechtlich verbindliche Instrument zur umfassenden Bekämpfung aller Formen von Gewalt an Frauen in Europa. In Österreich trat sie am 1. August 2014 in Kraft. Im ersten offiziellen Evaluationsbericht 2017 der ExpertInnengruppe GREVIO des Europarates wurde darauf verwiesen, dass Österreich zwar lange Zeit eine Führungsrolle eingenommen hat. Spezifischeren Formen von Gewalt gegen Frauen, wie Vergewaltigung und sexueller Gewalt, Zwangsheirat und weiblicher Genitalverstümmelung, sei allerdings zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden. Mit 1. Juni 2023 trat auch die Europäische Union der Istanbul-Konvention bei. Damit werden internationale Normen für die gesamte EU bindend.