ORF-Gesetz, Fernmeldegebührenordnung, u.a., Änderung; ORF-Beitrags-Gesetz 2024; Rundfunkgebührengesetz und Fernmeldegebührengesetz, Aufhebung (955/SN-266/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz, die Fernmeldegebührenordnung, das Fernsprechentgeltzuschussgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2017, das KommAustria-Gesetz, das Kommunikationsplattformen-Gesetz und das Fernseh-Exklusivrechtegesetz geändert werden, ein ORF-Beitrags-Gesetz 2024 erlassen wird sowie das Rundfunkgebührengesetz und das Fernmeldegebührengesetz aufgehoben werden

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Als Vereinigung unabhängiger Produktionsfirmen, die national wie international Filme, Serien und innovative Formate für Kino, TV sowie Streamingplattformen produzieren, bekennen wir uns uneingeschränkt zur Medienvielfalt, der demokratischen Notwendigkeit starker öffentlich-rechtlicher Medien und damit zum in Österreich etablierten dualen Mediensystem.

Der ORF muss auch in Zukunft seiner Rolle als wichtigster Partner der österreichischen Produktionslandschaft gerecht werden können. Als Auftraggeber bzw. Koproduzent sind seine Beiträge zu identitätsstiftenden, österreichischen Inhalten genauso unverzichtbar, wie für internationale, unser Land mit der Welt vernetzende, sowie für die Sicherung des Produktionsstandortes Österreich.

Wir begrüßen daher ausdrücklich die Entscheidung, über eine Haushaltsabgabe eine stabile Finanzierung des ORF als öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Interesse aller Menschen im Land sicherzustellen. Zugleich bedauern wir die Tatsache, dass die Chance nicht genutzt wurde, mit dieser nun zur Begutachtung vorliegenden Novelle für den ORF zugleich Strukturen einzuführen, die die politische Unabhängigkeit des Unternehmens stärken und die eine parteipolitische Einflussnahme auf den ORF dauerhaft ausschließen. Wir fordern die Regierung daher auf, hier nachzubessern und den parteipolitischen Einfluss auf den ORF strukturell auszuschalten.

Wir begrüßen die Schritte, die zur besseren Ansprache der jüngeren Zielgruppen gesetzt werden, sowie die Möglichkeit für den ORF, seine Inhalte verstärkt nicht-linear auf den zunehmend wichtiger werdenden Medien und Plattformen des 21. Jahrhunderts anzubieten.

Wir unterstützen vollinhaltlich die heutige Stellungnahme des Fachverbandes Film- und Musikwirtschaft der WKO zur aktuellen Novelle, insbesondere die Notwendigkeit, im ORF-Gesetz besser zwischen Inhouse- Produktionen, Auftragsproduktionen und Koproduktionen zu unterscheiden sowie die Forderung, 20% der Mittel der Haushaltsabgabe verbindlich für österreichische Produktionen zu verwenden.

Im Detail wollen wir noch zu folgenden Punkten vertiefend Stellung beziehen:

1. Qualitätsvolle Dokumentation als Kernstück des Bildungsauftrags
Wir plädieren dringend dafür, bei der Zweckwidmung von 20 % der Haushaltsabgabe für Programm aus österreichischer Produktion sicherzustellen, dass diese Mittel nicht allein quantitative Wirkung entfalten, sondern dass die Qualität der Produktionen gestärkt wird. In den letzten Jahren kam es zu massiven Kürzungen der Mittel pro Sendeminute vor allem im Bereich dokumentarischer Formate. Doch gerade Dokumentation ist ein Kernstück des Bildungsauftrags des ORF – und muss wieder gestärkt werden.

2. Abgeltung für die Ausweitung der Online-Verfügbarkeit
Wir stehen grundsätzlich positiv zu einer verlängerten Catch-up-Phase (Nachnutzung im Internet), doch die zusätzliche Nutzungsphase der Produktionen (von 7 Tage auf bis zu 90 Tage, bei Dokumentationen und Kinderprogrammen sogar bis zu 6 Monaten) vermindert die Verwertbarkeit der Programme für die ProduzentInnen. Die Ausweitung per Gesetz ohne zusätzliche Abgeltung der abgetretenen Rechte geht daher einseitig zu Lasten der ProduzentInnen. Wir fordern eine faire Abgeltung einer Nutzung über eine Frist von 30 Tagen hinaus in branchenüblichem Umfang.

3. Valorisierung der Mittel des ORF Film/Fernsehabkommens
Das Film-Fernseh-Abkommen ist eine wesentliche Finanzierungssäule des österreichischen Kinofilms, der auch in den letzten Jahren trotz schwieriger Rahmenbedingungen national wie international immer wieder herausragende Erfolge feiern konnte und ein kulturelles Aushängeschild unseres Landes ist. Doch der Wert der darin bereit gestellten Mittel hat sich inflationsbedingt seit der letzten Wertanpassung im Jahr 2011 (!) um 30-35% verringert. Wir fordern daher eine Valorisierung dieser Mittel von derzeit 8 Mio. € auf zumindest 10 Mio. € pro Jahr.

4. Mehr Transparenz in der Mittelvergabe
Der ORF verwaltet öffentliches Geld und sollte daher zu mehr Transparenz angehalten sein. Eine verpflichtende Aufschlüsselung vergebener Budgets nach Genres, Sendeplätzen, Produktionsfirmen – in einer Form, wie dies bei den Stellen der staatlichen oder regionalen öffentlichen Filmförderung (z.B. RTR/Fernsehfonds, Österreichisches Filminstitut oder Filmfonds Wien) seit Jahren geübte Praxis ist – sollte selbstverständlich sein. Darüber hinaus fordern wir die Veröffentlichung eine Gender-Auswertung der Produktionen – ebenfalls wie vom Österreichischen Filminstitut bereits praktiziert.

Als Allianz unabhängiger Produzent*innen sehen wir Film als Kulturgut und als essenzielle Ressource für gesellschaftspolitischen Diskurs, der aus einem Reichtum an Geschichten und Zugängen schöpfen muss. Es braucht daher viele – und viele verschiedene – österreichische Filme. Der ORF muss im Rahmen des öffentlichen Auftrags auch in Zukunft seine Rolle als starker Partner dafür wahrnehmen können.

Unser ausführliches Mission-Statement können sie hier lesen: www.dieproduzentinnen.at/mission-statement/