Universitätsgesetz, Hochschulgesetz u.a., Änderung (108/SN-308/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschulgesetz 2005, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Fachhochschulgesetz und das Privathochschulgesetz geändert werden

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

An das
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
– legistik-wissenschaft@bmbwf.gv.at

Präsidium des Nationalrates https://www.parlament.gv.at/PERK/BET/VPBEST/#AbgabeStellungnahme



Wien, am 20.2.2024


Stellungnahme der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Österreich (ZooBot)
zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz 2002 - UG, das Hochschulgesetz 2005 - HG, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz - HS-QSG, das Fachhochschulgesetz - FHG und das Privathochschulgesetz - PrivHG geändert werden (Gz 2023-0.783.647)


Die Zoologisch-Botanische Gesellschaft in Österreich (ZooBot) ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck, das Studium aller Disziplinen der Biologie anzuregen. Die ZooBot sieht sich als Plattform, um die Kommunikation von Biolog:innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen zu fördern, seien es Wissenschafter:innen, Studierende, Privatforscher:innen oder interessierte Laien, Lehrende an Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen insbesondere für die Sekundarstufe (Allgemeinbildung). Die ZooBot will aktiv dazu beitragen, dass wir unsere Verantwortung für die Natur wahrnehmen und diesen gesellschaftlichen Auftrag nach außen tragen.
Viele der Mitglieder sind an den Universitätsstandorten Österreichs auch als Lehrende im Lehramtsstudium „Unterrichtsfach Biologie und Umweltbildung“ tätig. Das bedeutet, dass viele von uns langjährige Erfahrung in der Ausbildung der Lehrpersonen für die Sekundarstufe haben.

Treten die geplanten Veränderungen im Bachelor- und Masterstudium für das Lehramt für die Sekundarstufe (Allgemeinbildung) ein, ist die Qualität der fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Ausbildung der angehenden Lehrpersonen und damit die Ausbildung kommender Generationen in Österreich massiv gefährdet. Es ist zu befürchten, dass zukünftige Lehrpersonen nicht mehr in der Lage sein werden, alle Inhalte der Lehrpläne der Sekundarstufe entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu unterrichten. Wir beziehen uns in dieser Stellungnahme explizit auf des Lehramts-Studium „Unterrichtsfach Biologie und Umweltbildung“, wobei etliche aus den geplanten Gesetzesänderungen resultierenden Probleme und negativen Entwicklungen wohl auch für andere Fachbereiche gelten.

Die Zoologisch-Botanische Gesellschaft in Österreich bringt ihre Besorgnis zum Ausdruck, dass die geplanten Gesetzesänderungen in Richtung Eindämmung des Lehrkräftemangels und auf eine Kostenreduktion zielen, während absehbarer und nicht zu verantwortender Qualitätsverlust dabei in Kauf genommen wird. Diese Gesetzesmaßnahme findet in einer Zeit statt, in der wir mit einer Wissenschaftsskepsis in erheblichen Teilen der Bevölkerung Österreichs konfrontiert sind, und sie ist daher auch aus gesellschaftspolitischen Gründen klar abzulehnen. Darüber hinaus würde sich die Verkürzung der Studienzeit des Bachelor- und Masterstudiums für das Lehramt negativ auf das Image des Lehrberufes auswirken.

In Biologie, Medizin, Geo- und Umweltwissenschaften erleben wir in den letzten Jahrzehnten eine explosionsartige Zunahme an neuen Erkenntnissen und Entwicklungen, die sich auf das alltägliche Leben jedes Menschen niederschlagen. Die brennenden Themen unserer Zeit – Klima, Nachhaltigkeit, Umgang mit natürlichen Ressourcen, Biodiversitätsverlust, Sexualbildung, Gesundheitsbildung, Evolutionsforschung, Molekularbiologie mit den damit verbundenen modernen Methoden und Teil-Disziplinen (z. B. Impfstoffentwicklung, Genom-Editierung, Synthetische Biologie) – bringen unter anderem gesellschaftliche und ethische Herausforderungen mit sich. Gleichzeitig erleben wir eine Reduktion der Ausbildung von Lehrenden in Biologie und Umweltbildung. Das Unterrichtsfach “Biologie und Umweltbildung“ beinhaltet essentielle Bereiche der oben genannten Fachgebiete in der Sekundarstufe und vermittelt enorm wichtige Bildungsinhalte.

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung setzt derzeit einige Initiativen und Maßnahmen, um der hohen Wissenschaftsskepsis der österreichischen Bevölkerung zu begegnen. Diese werden aber durch eine weitere Verkürzung des Lehramtsstudiums massiv konterkariert. Zukünftige Lehrpersonen werden dann endgültig nicht mehr in der Lage sein zu vermitteln, wie Wissenschaft „funktioniert“. Fachwissen und Wissen über die Prozesse, wie wissenschaftliche Erkenntnisse prinzipiell generiert wird, müssen in Grundzügen verstanden werden, um sich in einer sich immer komplexer darstellenden Welt zurecht zu finden. Dies ist umso wichtiger, als wir angesichts der Biodiversitäts- und Klimakrise und eines sich bald schließenden Zeitfensters vor Erreichung von Kipppunkten, schnellstens ins Handeln kommen müssen. Nicht umsonst wird der Bildung in diesem Bereich für alle gesellschaftlichen Ebenen ein hoher Stellenwert eingeräumt und ein Ausbau gefordert (siehe: Biodiversitätsstrategie 2030; Langfriststrategie 2050 – Österreich). Bei Kürzung des Studiums ist absehbar, dass es hier zu folgelastigen Qualitätseinbußen kommen wird. Ein kompetenter Unterricht, der Schüler:innen in die Lage versetzt, den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen aktiv zu begegnen und an tertiären Bildungseinrichtungen diesem Ziel entsprechend zu studieren, wird mit der geplanten Studienzeitverkürzung nicht mehr möglich sein.

Curriculare Reformen sollten ausschließlich einer Qualitätsverbesserung dienen und nicht einer vermeintlichen Lösung des Lehrkräftemangels an Schulen.
• Die Verkürzung der Studienzeit auf 3 Jahre Bachelorstudium und 2 Jahre Masterstudium für das Lehramt für die Sekundarstufe (Allgemeinbildung) wird zu einer deutlichen Qualitätsverminderung der fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Ausbildung der zukünftigen Lehrpersonen führen und ist aus unserer Sicht somit klar abzulehnen.
• Es muss die Möglichkeit bestehen, das Bachelor- und Masterstudium ausschließlich als Vollzeitstudium zu absolvieren. Unsere Erfahrungen als Lehrende an Universitäten zeigen, dass das Unterrichten an Schulen durch Studierende während des Bachelorstudiums und des Masterstudiums nur zu einer Studienverlängerung führt.
• Ein Unterrichten an Schulen durch Studierende des Bachelorstudiums ist generell äußerst kritisch zu sehen und zu vermeiden.
• Die Induktionsphase darf nicht im Masterstudium anrechenbar sein. Eine fachwissenschaftliche und fachdidaktische Ausbildung im Masterstudium sollte keinesfalls durch pädagogische Praxis ersetzt werden. Die Anerkennung einer Schulunterrichtspraxis mit 20 ECTS würde zu einer weiteren Kürzung der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Ausbildung führen.
• Ebenso würde die Einführung von Fächerbündeln zu einer weiteren Verkürzung der fachlichen Ausbildung und somit zu schwerwiegenden Konsequenzen für die Qualität des Unterrichtes führen.
• Das seit langem notwendige Verbot des fachfremden Unterrichts, welches nun für die Ausbildungsphase gelten soll, müsste für die gesamte berufliche Anstellung gelten.

Für die Zoologisch-Botanische Gesellschaft in Österreich:
Priv.-Doz.in Dr.in Mag.a Elisabeth Haring (Präsidentin ZooBot; Naturhistorisches Museum Wien)
Dr.in Barbara-Amina Gereben-Krenn (Wiss. Beirat ZooBot, Universität Wien)
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Harald Krenn (Schriftführer ZooBot, Universität Wien)


Diese Stellungnahme wird unterstützt von weiteren Vorstands- und Beiratsmitgliedern der ZooBot, darunter Lehrende an sechs österreichischen Universitäten:

Hofrat Dr. Gerhard Aubrecht (Vorstand ZooBot)
Assoz.-Prof. Dr. Franz Essl (Vorstand ZooBot; Universität Wien)
Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Dötterl Stefan (Beirat ZooBot; Paris Lodron Universität Salzburg)
Mag. Dr. Anton Drescher (Beirat ZooBot; Universität Graz)
Priv.-Doz. Dr. Mag. Alexander Franz (Rechnungsprüfer ZooBot; MedUni Wien)
Univ.-Prof. i.R. Dr. Michael Götzinger (Beirat ZooBot; Universität Wien)
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Irmgard Greilhuber (Beirat ZooBot)
Univ.-Prof. Mag. Dr. Griebler (Beirat ZooBot; Universität Wien)
Hofrat Mag. Friedrich Gusenleitner (Vorstand ZooBot)
Dr. Stefan Kapeller (Beirat ZooBot; Austrian Biologist Association)
Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Kiehn (Vizepräsident ZooBot; Universität Wien)
Mag. Dr. Christian Komposch (Beirat ZooBot)
Elisabeth Kopp, MSc (ZooBot Geschäftsführung)
Priv.-Doz. Dipl.-Biol. Dr. Matthias Kropf (Beirat ZooBot)
Univ.-Profin Dr.in Andrea Möller (Beirat ZooBot; Universität Wien)
Assoz.-Prof.in DIin Dr.in Ursula Nopp-Mayr (Vorstand ZooBot)
Univ.-Prof. i.R. Dr. Jörg Ott (Beirat ZooBot; Universität Wien)
Maximilian Petrasko, BSc (Vorstand ZooBot; Universität Wien)
Hofrat Dr. Helmut Sattmann (Vorstand ZooBot)
Univ.-Prof.in Dr.in Birgit Schlick-Steiner (Beirat ZooBot; Universität Innsbruck)
Univ.-Prof. Dr. Mag. Gabriel Singer (Vorstand Zoobot, Universität Innsbruck)
Univ.-Prof. Dr. Christian Sturmbauer (Vizepräsident ZooBot; Universität Graz)
Mag.a Ruth Swoboda (Beirat ZooBot; inatura Dornbirn)
Assoz.-Prof. Dr. Andreas Tribsch (Vorstand ZooBot; Paris Lodron Universität Salzburg)
Univ.-Prof. i.R. Dr. Manfred Walzl (Beirat ZooBot; Universität Wien)
Univ.-Prof. Dr. Wanninger (Beirat ZooBot; Universität Wien)
Mag. Mathias Weis (Beirat ZooBot; Stift Seitenstetten)

Themen

Stellungnahme von

Zoologisch-Botanische Gesellschaft in Österreich