Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 19

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen versichern, daß wir uns im Rat der Europäischen Außenminister, aber natürlich auch im Ministerkomitee zum Europarat sehr dafür einsetzen, daß diese Aufnahme erfolgt. Es ist mir in der letzten Sitzung des Allgemeinen Rats auch gelungen, einen gemeinsamen Beschluß sicherzustellen, daß es noch vor dem Sommer ein außerordentliches Ministerkomitee geben wird, das über die Frage der Aufnahme Kroatiens entscheiden kann. Dazu ist nicht mehr ein Konsens erforderlich, sondern dazu genügt die Zweidrittelmehrheit, und ich hoffe, daß auch andere Mitgliedstaaten zum Europarat dem Prinzip zustimmen, daß man nicht unterschiedliche Maßstäbe an Rußland, an Rumänien, an die Slowakei oder an Kroatien anlegen kann. Die Menschenrechte sind für alle gleich und unteilbar. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 4. Frage wird vom Kollegen Dr. Schwimmer (ÖVP) gestellt. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer: Herr Vizekanzler! Meine Frage an Sie lautet:

3/M

Welche Möglichkeiten sehen Sie, im Rahmen der Regierungskonferenz zur einer Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU zu gelangen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es läge nahe, jetzt mit einer formalen Antwort zu kommen, daß man die Verfahren vereinfachen will, daß man von – was weiß ich – über 20 Verfahren auf drei kommen will, ich fürchte nur, das wird gerade die Bürger nicht sehr interessieren. Ich glaube, daß die Handlungsfähigkeit und die Akzeptanz der Union sehr davon abhängen, ob und wie weit es uns gelingt, politisch erfolgreich zu sein, nämlich Politikfelder erfolgreich umzusetzen, die den Bürger besonders interessieren.

Zum Beispiel: Gestern war Jürgen Storbeck in Wien – das ist der Koordinator für Europol, der früher im Deutschen Bundeskriminalamt gegen die organisierte Kriminalität gekämpft hat – und hat uns einen Zwischenbericht über den Stand der Arbeiten zu Europol gegeben.

Das halte ich für eines der wichtigsten Anliegen überhaupt in der nächsten Zeit: daß wir ein Europa der Bürger so umsetzen können, daß wirklich jeder – von Spanien bis Österreich oder von Skandinavien bis Griechenland – das Gefühl hat, daß wir nicht mit den Methoden von vor zehn Jahren, was die Polizei betrifft, den organisierten Kriminellen hinterherjagen – quasi unter dem Schlagwort "Kottan ermittelt" – und mit den Justizmethoden wie vor 40 Jahren. Das ist ein wirkliches Problem. Und Europol etwa könnte hier sehr viel koordinieren.

Wir haben auch neue Deliktstypen, auf die es überhaupt keine internationale Antwort gibt, Computerkriminalität beispielsweise. Ein 15jähriger Australier hat voriges Jahr 4 000 Firmen in Europa an einem Wochenende lahmgelegt, indem er einfach als Hacker in die diversen Systeme eingedrungen ist. Es gibt dagegen keine nationale Grenzen übersteigende gemeinsame Aktion.

Wir haben ein wachsendes – und zwar mit Wachstumsraten von 100 Prozent pro Jahr – Schlepperwesen, Menschenhandel, Frauenhandel, unglaubliche Dinge. Zu glauben, daß das ein einfacher Zöllner in Arnoldstein bewältigen kann, ist eine Illusion.

Deswegen Europol! Ich erwähne das deswegen besonders stark, weil jetzt in Florenz wahrscheinlich die Würfel fallen werden, ob sich Europa dazu durchringt, eine gemeinsame Aktion zu setzen, dies endlich umzusetzen und den Parlamenten in 15 Mitgliedstaaten diesen Vertrag zur Ratifizierung vorzuschlagen.

Das gleiche gilt für die Beschäftigungspolitik, über die wir schon geredet haben, das gleiche gilt für eine akkordierte europäische Umweltpolitik, das gleiche gilt für eine ökosoziale Landwirtschaftspolitik, für ein vom Standard her einheitliches Wassermanagement, damit man nicht in


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite