Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 25

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Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

6/M

Aus welchen Gründen hat Österreich Rußland 35 Milliarden Schilling an Verbindlichkeiten erlassen, zumal der österreichischen Bevölkerung ein 100-Milliarden-Schilling-Sparpaket und Steuererhöhungen zugemutet werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Die Frage klingt gut, das hat aber natürlich überhaupt nichts miteinander zu tun, sondern ist glatte Polemik. Das muß ich schon sagen. Das 100-Milliarden-Schilling-Budgetkonsolidierungsprogramm hat mit der russischen Schuldensituation nicht das geringste zu tun, Herr Abgeordneter. Wir haben auch Rußland keinen einzigen Schilling an Schulden ... (Abg. Ing. Meischberger: Wir wollen keine Beurteilung der Frage, sondern eine klare Antwort!) – Ich sage es ja gerade. Haben Sie die Geduld, auch die Antwort zu hören.

Österreich hat Rußland auch nicht einen Schilling an Schulden erlassen, sondern wir haben gemeinsam mit allen anderen Gläubigerstaaten zugestimmt, daß Rußland in einem 25-Jahres-Rhythmus die bisherigen Schulden zurückzahlt, tilgt und jedes Jahr die aufgelaufenen Zinsen, die übrigens in nicht unbeträchtlicher Höhe anfallen, an Österreich zurückzahlt. Das ist, glaube ich, eine sehr gescheite Sache und hat für uns eine Reihe von Vorteilen, auf die ich vielleicht später noch eingehe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, bitte.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Herr Bundesminister! Es wird sehr schön dargestellt, aber in Wirklichkeit ist es so, daß die Republik Österreich auf Geld für Warenlieferungen wartet, die schon längst erfolgt sind. Dafür hat die Bevölkerung relativ wenig Verständnis, weil in einer Situation, in der der Staatshaushalt sehr angegriffen ist, großzügige Vorgangsweisen nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Das hat auch Ihr Amtsvorgänger schon einmal artikuliert. Herr Dr. Mock hat am 14. März 1995 anläßlich eines sogenannten Schuldenerlasses in einer viel bescheideneren Dimension im Zusammenhang mit den Entwicklungshilfegeldern ebenfalls von einer Sorglosigkeit – das war an die Adresse des Bundeskanzlers gerichtet – gesprochen. (Abg. Dr. Khol: Wo ist die Frage?)

Erblicken Sie darin nicht eine gewisse Sorglosigkeit der österreichischen Bundesregierung gegenüber dem Steuerzahler, einfach 35 Milliarden Schilling rückzahlbare Darlehen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, denn es gibt ja keine Garantie, daß das in Zukunft gezahlt wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Es klingt die Zusatzfrage schon ein bißchen anders als die erste Frage. Sie haben jetzt akzeptiert, daß wir Rußland nicht einen Schilling geschenkt haben. Das halte ich für sehr wichtig, und es ist auch gut, daß sich die Zuhörer davon ein Bild machen können, daß Ihre erste Frage überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat und daß Sie in der zweiten Frage schon sehr viel differenzierter argumentieren.

Es stimmt nur wiederum nicht, daß wir die Schuldenrückzahlung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag vertagen – es sei denn, Sie sind der Meinung, daß das Jahr 2002, das Jahr, in dem die Schuldenrückzahlung beginnt, der berühmte Sankt-Nimmerleins-Tag ist. Wenn das so ist, dann sollte man ihn auch in den Kalender hineinschreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Jäger, bitte.


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