Parlamentskorrespondenz Nr. 1202 vom 16.11.2023

Budgetentwurf 2024 beschert Sozialministerium deutliches Budgetplus

Mehr Geld für Pflege und Armutsbekämpfung, auch Pensionsausgaben steigen

Wien (PK) – Die steigenden Ausgaben für Pensionen, die Finanzausgleichsverhandlungen zum Pflegebereich sowie die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von Armut und zur besseren Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt standen im Mittelpunkt der Beratungen des Budgetausschusses über die Budgetkapitel Soziales und Pensionen. Trotz deutlich höherer Aufwendungen in den kommenden Jahren sieht Sozialminister Johannes Rauch das österreichische Pensionssystem gut aufgestellt. Zwar hätten alle recht, die sagen, dass der Bund viel Geld zu den Pensionen beisteuere, meinte er, nach einem "Peak" in den nächsten Jahren würden die Zahlungen langfristig aber wieder abflachen. Er wolle das "gute und ausgewogene System", das sich wohltuend von Systemen in anderen Ländern unterscheide, jedenfalls nicht gegen ein anderes austauschen. Laut Rauch gibt es auch keine Pläne, die zweite und dritte Pensionssäule – also Betriebspensionen und Privatpensionen – stärker zu fördern.

Um die Ausgabendynamik bei den Pensionen zu dämpfen, setzt Rauch vor allem darauf, das faktische Pensionsantrittsalter näher an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen. Ein im Durchschnitt ein Monat späterer Pensionsantritt würde das Budget ihm zufolge um 178 Mio. € entlasten, bei einer Steigerung um ein 1 Jahr wären es 2,5 Mrd. €. Dazu brauche es aber passende Arbeitsbedingungen, betonte er. Ein wesentlicher Hebel wäre es, könnten Beschäftigte innerhalb eines Betriebs auf einen anderen, weniger belastenden Arbeitsplatz wechseln.

Das entsprechende Wirkungsziel des Sozialressorts ist allerdings wenig ambitioniert. Laut Budgetunterlagen soll der im Jahr 2022 erzielte Durchschnittswert von 61 Jahren beim faktischen Pensionsantrittsalter auf 61,2 Jahre im Jahr 2024 steigen und dann im Jahr 2030 – insbesondere bedingt durch die Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsalters – bei 62,5 Jahren liegen.

Als "eines der erfolgreichsten Projekte" des Sozialministeriums zur Armutsbekämpfung bezeichnete Rauch den Wohn- und Energieschirm. Damit hätten ganz gezielt Delogierungen und damit volkswirtschaftliche Folgekosten verhindert werden können. Die zusätzlichen 644 Mio. € für den Pflegefonds sind ihm zufolge insbesondere dafür gedacht, den in den Jahren 2022 und 2023 gewährten Gehaltsbonus für Pflegekräfte, den Ausbildungszuschuss für Pflegeausbildungen und das Projekt "Community Nurse" dauerhaft abzusichern. Als größte Herausforderung im Pflegebereich sieht er die Personalfrage.

Was die Behindertenanwaltschaft betrifft, hofft Rauch, die angestrebten Regionalstellen "im nächsten Jahr hinzubekommen".

Ausgaben für Pensionen wachsen weiter

Konkret sieht der Budgetentwurf 2024 (2178 d.B.) für den Bereich Pensionsversicherung Ausgaben (Auszahlungen) in der Höhe von 16,66 Mrd. € vor. Das sind um rund 2,71 Mrd. € bzw. 19,4 % mehr als 2023. 1,26 Mrd. € davon werden für die Ausgleichszulage verwendet. Der Rest fließt vor allem in staatliche Ausfallshaftungen für die Pensionen sowie in diverse Pensionsbeiträge (z.B. für Landwirt:innen und Gewerbetreibende). Die Einnahmen (Einzahlungen) in dieser Budget-Untergliederung sind mit 60,1 Mio. € vergleichsweise niedrig angesetzt und resultieren aus Nachtschwerarbeitsbeiträgen.

Als Grund für den Anstieg der Ausgaben werden in den Budgetunterlagen neben der steigenden Zahl der Pensionsbezieher:innen infolge der Pensionszugänge geburtenstarker Jahrgänge und der Pensionserhöhung 2024 von 9,7 % das vorübergehende Aussetzen der Aliquotierungsregelung für die erste Pensionsanpassung und die Schutzklausel für Pensionsneuzugänge 2024 genannt, die beide inflationsbedingte Pensionsverluste verhindern sollen. Außerdem wirkt sich die zum Teil verzögerte Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsalters aus, von der ein Sechstel der betroffenen Geburtenjahrgänge 1963 bis 1968 profitieren.

Aufgrund der relativ guten Wirtschaftslage steigen zwar auch die Beitragszahlungen höher als erwartet, die Mehraufwendungen können dadurch aber nicht zur Gänze kompensiert werden. Mindereinnahmen sind außerdem beim Nachtschwerarbeitsbeitrag zu erwarten: Der von Dienstgeberseite zu leistende Beitrag soll auch 2024 eingefroren bleiben. Ausgabendämpfende Wirkung hat hingegen der Wegfall der Direktzahlung 2023.

Bei ihren Berechnungen geht die Regierung von rund 2,55 Millionen Pensionsbezieher:innen im Jahr 2024 aus, bei gleichzeitig rund 4,4 Millionen Pflichtversicherten. Sie werden im Schnitt eine monatliche Pension von 1.569 € (14 mal jährlich) erhalten, was deutlich über dem für heuer prognostizierten Wert (1.405 €) liegt. Etwas rückläufig ist die Zahl der Ausgleichszulagenbezieher:innen, sie sinkt von 204.860 auf 201.280. Gleichzeitig wird die durchschnittliche monatliche Ausgleichszulage voraussichtlich von 416,87 € auf 447,51 € steigen.

Berücksichtigt man auch die Beamtenpensionen, die nicht in die Zuständigkeit von Sozialminister Rauch fallen, wird die Dynamik bei den Pensionsausgaben noch deutlicher sichtbar. In diesem Bereich erwartet die Regierung einen Ausgabenanstieg gegenüber dem Voranschlag 2023 um 1,27 Mrd. € bzw. 11,05 % auf 12,81 Mrd. €, wobei neben pensionierten Beamt:innen der Hoheitsverwaltung auch jene ausgegliederter Rechtsträger, der ÖBB und der Post sowie Landeslehrer:innen dieser Budget-Untergliederung zuzurechnen sind (inklusive Pflegegeldleistungen für diese Personengruppen). Den 12,81 Mrd. € stehen Einnahmen von 2,15 Mrd. € (+4,04 %) gegenüber. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei den Beamt:innen lag im Jahr 2022 bei 62,8 Jahren.

Bis 2027 sollen die Pensionsausgaben des Bundes laut Bundesfinanzrahmen (2179 d.B.) kontinuierlich auf 35,23 Mrd. € steigen, wobei 20,7 Mrd. € davon in den Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung und 14,54 Mrd. € in den Bereich der Beamtenpensionen fallen. Das sind um insgesamt 50,58 % mehr als noch 2022 (23,4 Mrd.€). Der Anteil der Aufwendungen für die gesetzliche Pensionsversicherung an den Gesamtausgaben des Staates steigt von rund 12,1 % 2023 auf voraussichtlich 16,2 % 2027.

Rauch: Österreich hat gutes, ausgewogenes Pensionssystem

Sozialminister Johannes Rauch denkt allerdings nicht daran, am österreichischen Pensionssystem zu rütteln. Die Ausgaben würden insbesondere deshalb steigen, weil die "Babyboomer" derzeit in Pension gehen. "Durch diese Spitze müssen wir durch", meinte er. Zudem sei zu bedenken, dass Pensionszahlungen auch Einnahmen für den Staat durch Konsumausgaben generieren. Wenig übrig hat Rauch im Vergleich dazu für das System in Deutschland: Die dortige Leistungshöhe sei "indiskutabel" und verursache Altersarmut in großem Stil.

Von den Abgeordneten Josef Muchitsch, Gabriele Heinisch-Hosek, Alois Stöger, Rainer Wimmer (alle SPÖ), Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Rosa Ecker (alle FPÖ) und Gerald Loacker (NEOS) auf einzelne Budgetposten angesprochen, informierte Rauch, dass das vorübergehende Aussetzen der Aliquotierung der ersten Pensionserhöhung 220 Mio. € im Jahr koste. Bei der Schutzklausel geht er von rund 94.000 Betroffenen und Kosten von 74 Mio. € im Jahr 2024 aus. Rauch plädierte dafür, auch für Pensionsneuzugänge 2025 eine Schutzklausel zu beschließen, sollte sich die Situation ähnlich darstellen wie im heurigen Jahr.

Der anstelle der "Hacklerregelung" eingeführte "Frühstarterbonus" wurde Rauch zufolge im Jahr 2022 insgesamt 50.709 Neo-Pensionist:innen zuerkannt, davon 21.682 Männern und 29.027 Frauen. Durchschnittlich sei die Pension dadurch um 43,7 € (Männer: 45,3  €, Frauen 42,5 €) erhöht worden. Von der "Hacklerregelung" hätten hingegen nur ganz wenige Frauen – in den Jahren 2020 bis 2022 waren es exakt 11 – profitiert. Die Pension aus der Arbeitslosigkeit angetreten haben laut Rauch 15,4 % der Männer und 13,6 % der Frauen. Für die "Ausgleichszulage plus" seien im Jahr 2022 47,9 Mio. € aufgewendet worden, für den Pensionsbonus 20,4 Mio. €.

Den Beitragsdeckungsgrad der Pensionen – ohne Ausgleichszulage – bezifferte Rauch mit 85,75 % im ASVG-Bereich, 55,96 % im GSVG-Bereich und 25,4 % im BSVG-Bereich, jeweils bezogen auf das Jahr 2022. Für 2024 werden 83,11 % (ASVG), 48,34 % (GSVG) bzw. 22,64 % (BSVG) erwartet.

Dass noch kein Gesetzentwurf für ein verpflichtendes Pensionssplitting vorliegt, begründete Rauch gegenüber NEOS-Abgeordnetem Loacker mit dem hohen Komplexitätsgrad dieser Frage, zumal es sehr unterschiedliche Formen des Zusammenlebens gebe. Das Ressort arbeite an Modellen, "die halten" und auch umsetzungsfähig seien, sagte er.

Diskussion um längeres Arbeiten

Was das Thema "längeres Arbeiten" betrifft, hielt Rauch gegenüber FPÖ-Abgeordneter Ecker fest, er habe mit der Pensionsversicherung Gespräche über eine Verbesserung des Pensionskonto-Rechners geführt. Die Kosten für die vor kurzem vorgestellten Maßnahmen – etwa ein höherer Bonus fürs Arbeiten über das gesetzliche Pensionsalter hinaus – sind einer Vertreterin des Sozialministeriums zufolge noch nicht im vorliegenden Budget eingepreist. Über ein längeres Arbeiten von Studierenden, wie ÖVP-Klubobmann August Wöginger in einem Interview angeregt hatte, wird laut Rauch aktuell nicht verhandelt.

FPÖ-Abgeordnete Belakowitsch hatte dazu gemeint, man könne Student:innen nicht über einen Kamm scheren. Manche würden schließlich neben dem Studium arbeiten, manche hätten davor schon gearbeitet. NEOS-Sozialsprecher Loacker hob allgemein hervor, dass Schwed:innen und Schweizer:innen im Schnitt vier Jahre länger arbeiten als Östereicher:innen, obwohl es auch dort Schwerarbeit gebe. Der Ansatz der SPÖ sei, Anreize zu schaffen, damit die Menschen vor dem Pensionsantritt länger arbeiten und nicht, dass sie in der Pension weiterarbeiten, sagte Josef Muchitsch. Er wies außerdem auf unbezahlte Mehrarbeit vieler Beschäftigter hin, was sich auch negativ auf die Einnahmen der Pensionsversicherung auswirke.

Auf die Frage der FPÖ, inwieweit er das Budget im Pensionsbereich als transparent beurteile, sagte der Leiter des parlamentarischen Budgetdienstes Helmut Berger, es brauche eine gewisse Expertise und Erfahrung, um die Zahlen richtig lesen zu können. Das Ressort bemühe sich aber, ergänzend benötigte Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Deutlich mehr Budget für den Bereich Soziales

Deutlich über der Inflationsrate steigen aber nicht nur die Ausgaben für die Pensionen, sondern auch das Sozialbudget, das in der Budget-Untergliederung 21 "Soziales und Konsumentenschutz" abgebildet ist. Mit veranschlagten Gesamtausgaben von 5,88 Mrd. € werden hierfür im Jahr 2024 um 16,8 % mehr Mittel zur Verfügung stehen als im Budgetvoranschlag 2023. Gegenüber 2022 beträgt das Plus sogar 44,76 %.

Maßgeblich für diese Steigerung sind insbesondere die in der Grundsatzeinigung zum neuen Finanzausgleich vereinbarte höhere Dotierung des Pflegefonds (+644,4 Mio. €), zusätzliche Aufwendungen für das Pflegegeld (+255,6 Mio. €), Maßnahmen zur Armutsbekämpfung (+326 Mio. €), höhere Fördersätze für die 24-Stunden-Betreuung (+30 Mio. €) sowie zusätzliche Mittel für Pilotprojekte für Menschen mit Behinderung (+50 Mio. €). Im Gegenzug entfallen jene 570 Mio. €, die der Bund 2022 und 2023 für den Gehaltsbonus für Pflegekräfte zur Verfügung gestellt hat.

Auch insgesamt bleibt die Pflege mit Auszahlungen von 4,89 Mrd. € der mit Abstand größte Ausgabenposten im Sozialbudget. Die Mittel werden unter anderem für das Pflegegeld inklusive Pflegekarenz (3,26 Mrd. €), die Dotierung des Pflegefonds (1,1 Mrd. €), die Förderung der 24-Stunden-Betreuung, Überweisungen an die Länder in Folge der Abschaffung des Pflegeregresses, die Unterstützung pflegender Angehöriger sowie für die Hospiz- und Palliativversorgung verwendet. Für das Pilotprojekt Community Nurses stehen laut Budgetunterlagen 15,78 Mio. € im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans der EU zur Verfügung.

Knapp 480.000 Pflegegeldbezieher:innen

Gemäß den Angaben des Sozialministeriums hatten zuletzt – Stand August 2023 – 478.276 Personen Anspruch auf Pflegegeld, das sind um 9.359 mehr als ein Jahr davor. Die Anzahl jener Personen, die eine Förderung für die 24-Stunden-Betreuung bezogen haben, ging hingegen leicht zurück (von 22.218 mit Stand Juli 2022 auf 21.971 mit Stand August 2023). Als Grund dafür werden zum einen die gesunkene Lebenserwartung durch die COVID-19-Pandemie und zum anderen die Abschaffung des Pflegeregresses genannt. Allgemein geht das Sozialministerium allerdings davon aus, dass sowohl die Zahl der stationär betreuten pflegebedürftigen Personen (erwartete Kennzahl für 2024: 106.272) als auch die Zahl der nicht stationär betreuten pflegebedürftigen Personen (330.701) steigen wird. Pflegekarenzgeld wurde im Jahr 2022 von 4.143 Angehörigen in Anspruch genommen.

Für die Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt, weitere Unterstützungsleistungen für diese Personengruppe und spezielle Förderprogramme sind im Bundesfinanzgesetz für das kommende Jahr 242,78 Mio. € veranschlagt (2023: 182,81 Mio. €). Ziel der Regierung ist es unter anderem, bis zum Jahr 2030 zwei Drittel der sogenannten "Begünstigt Behinderten" in Beschäftigung zu bringen, wobei im Jahr 2022 ein Wert von 61,5 % (69.621 aufrechte Dienstverhältnisse bei insgesamt 113.120 betroffenen Personen im Erwerbsalter) erreicht wurde. Auch in anderen Lebensbereichen soll die Teilhabe von Menschen mit Behinderung gemäß dem Nationalen Aktionsplan Behinderung 2022 bis 2030 forciert werden. Ebenso aus diesem Budgettopf finanziert werden Programme wie das Jugendcoaching, hier erwartet das Sozialministerium 2024 68.500 Förderfälle.

Maßnahmen zur Armutsbekämpfung

Um der steigenden Armutsgefahr durch die aktuellen Krisen entgegenzuwirken, setzt die Regierung unter anderem auf die Fortführung des "Wohnschirms" und des – bis Ende 2024 befristeten – monatlichen Kinderzuschusses von 60 € für von Armut betroffene bzw. armutsgefährdete Haushalte. Für diese und weitere Maßnahmen zur Armutsbekämpfung sollen im kommenden Jahr im Vergleich zum Voranschlag 2023 zusätzlich 326 Mio. € zur Verfügung gestellt werden, wobei der Budgettopf für diesen Bereich 2023 nachträglich erhöht wurde. Für Opferrenten und andere Versorgungsleistungen sind im Budgetentwurf 108,03 Mio. € (2023: 101,7 Mio. €) veranschlagt. Weiters werden aus dem Budget des Sozialministeriums u.a. diverse Förderungen für Freiwilligenarbeit und für Seniorenorganisationen sowie Projekte für Senior:innen finanziert. So soll etwa eine Wanderausstellung Bewusstsein für das Thema "Gewalt gegen Ältere" schaffen.

Um den zusätzlichen Personalbedarf infolge neuer Aufgaben in Zusammenhang mit der Bekämpfung von Krisen zu decken, sollen dem Sozialministerium, das auch die Gesundheitsagenden verwaltet, 44 zusätzliche Planstellen zugewiesen werden, wobei 35 davon auf das Ministerium selbst und neun auf das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen entfallen. Demnach ist auch eine Neustrukturierung der Behindertenanwaltschaft samt Schaffung regionaler Anlaufstellen in Aussicht genommen.

Auf der Einnahmenseite macht sich bemerkbar, dass die höhere Dotierung des Pflegefonds im Sozialministerium nur ein Durchgangsposten ist. Daher steigen auch die Einnahmen um 644 Mio. € auf nunmehr insgesamt 1,31 Mrd. €.

Mittel für Pflegefonds sollen ab 2025 valorisiert werden

Im Rahmen der Debatte wies Sozialminister Rauch darauf hin, dass bei den Finanzausgleichsverhandlungen nicht nur eine Erhöhung des Pflegefonds auf 1,1 Mrd. € im Jahr 2024 sondern auch eine Valorisierung in Höhe der Inflation plus einem Zuschlag von 2 % ab 2025 vereinbart worden sei. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kosten für die Pflege in den kommenden Jahren wohl weiter steigen werden. Die größte Herausforderung bleibt für ihn die Personalfrage, es werde qualifizierte Zuwanderung brauchen.

Durch die höhere Dotierung des Pflegefonds ist Rauch zufolge auch nach Auslaufen der EU-Fördermittel die Finanzierung der Community-Nurses sichergestellt. Derzeit gibt es ihm zufolge 116 aktive Projekte, die 273 Personen umfassen.

Von der SPÖ darauf angesprochen, was das Sozialministerium unternehme, damit im Pflegebereich kein "Profit und Gewinn" gemacht würden, verwies Rauch auf die Zuständigkeit der Bundesländer. Es liege in deren Verantwortung, darauf zu schauen, mit welchen Anbietern sie Verträge abschließen. Das Ministerium könne einen Markteintritt privater Anbieter nicht unterbinden. Man bemühe sich aber um eine Mindeststeuerung über den Finanzausgleich bzw. über die Pflege-Entwicklungs-Kommission, etwa in Bezug auf Mindestgehaltsvorschriften und Pflegeschlüssel.

Für den Angehörigenbonus für pflegende Angehörige werden Rauch zufolge heuer 57 Mio. € und im kommenden Jahr 122,5 Mio. € bereitgestellt. Vom Bildungsbonus für Pflegeausbildungen sollen vorausschichtlich 18.600 Personen profitieren. Das Pflegestipendium haben mit Ende September rund 5.500 Personen bezogen.

Zur Forderung der SPÖ nach einem erleichterten Zugang von Pflegekräften zur Schwerarbeiterpension meinte der Sozialminister, die gesamte Schwerarbeiterregelung müsse einer Neubewertung unterzogen werden. "Kalorienzählen" sei nicht mehr zeitgemäß, die gesamte Schwerarbeiterregelung sei "komplett antiquiert".

Die Zertifizierung von Pflegeheimen soll laut Rauch im kommenden Jahr der Gesundheit Österreich (GÖG) übertragen werden. Damit wolle er "die Schlagkraft der Zertifizierungen erhöhen". Bisher seien 137 Zertifizierungen und Rezertifizierungen abgeschlossen worden.

Rauch antwortete damit auf Fragen von Christian Drobits (SPÖ), Ernst Gödl (ÖVP), Bedrana Ribo (Grüne), Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS), wobei Fiedler bedauerte, dass das Sozialministerium nicht mehr Anstrengungen unternehme, damit mehr Männer Pflegekarenz in Anspruch nehmen.

Arbeitsmarktintegration von Menschen von Behinderung

Als Schwerpunkt der Behindertenpolitik nannte Rauch die Arbeitsmarkt-Integration von Menschen mit Behinderung. So soll es künftig etwa nicht mehr möglich sein, vor dem 25. Lebensjahr eine Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Auch die Ergebnisse einer Studie zum Thema "Lohn statt Taschengeld" in integrativen Werkstätten für Menschen mit Behinderung sollen demnächst vorliegen. Der Minister verwies überdies auf das Pilotprojekt "Persönliche Assistenz".

Was die kritische Bewertung Österreichs durch den UN-Behindertenrechtsausschuss anlangt, meinte Rauch, die Rüge betreffe insbesondere fehlende Inklusion im Bildungsbereich, etwa was die Abschaffung von Sonderschulen betrifft. Es werde aber auch eine bessere Kooperation zwischen Bund und Ländern brauchen, und den Nationalen Aktionsplan Behinderung umzusetzen, erklärte er. Für ihn sei jedenfalls klar, dass die UN-Behindertenrechtskonvention einzuhalten sei. Die angestrebte Regionalisierung der Behindertenanwaltschaft hofft er, "im nächsten Jahr hinzubekommen".

"Erfolgreiches Projekt" Wohn- und Energieschirm

Als eines der erfolgreichsten Projekte des Sozialministeriums zur Verhinderung von Armut bezeichnete Rauch den Wohn- und Energieschirm. Demnach wurden bisher 6.180 Anträge bewilligt, um Delogierungen zu verhindern. Dazu kommen mehr als 26.000 Anträge auf Energiekostenhilfe. Der Wohnschirm habe auch einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen, da dadurch Folgekosten von Delogierungen verringert würden, machte er geltend.

Neben der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit habe man außerdem gezielt Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut und Armut von Alleinerzieher:innen gesetzt, betonte Rauch. Zudem verwies er auf die nunmehr automatische Valorisierung von Familienleistungen, von der auch armutsgefährdete Haushalte massiv profitieren würden. Von NEOS-Abgeordnetem Loacker auf unterschiedliche Statistiken angesprochen, sagte Rauch, nach den vom Sozialministerium ausgewiesenen Daten würden 14,8 % der Bevölkerung als armutsgefährdet gelten.

Stromabschaltungen durch KELAG: Rauch rechnet mit Klagen

In Richtung FPÖ-Abgeordnetem Wurm hielt Rauch fest, es gebe nach wie vor keine bundesweite Sozialhilfestatistik, weil in drei Bundesländern – Wien, Tirol und Burgenland – nach wie vor vollständige Ausführungsgesetze fehlten. Auch sei es aufgrund unterschiedlicher Budgetierungen in den Bundesländern schwierig, die Gesamtkosten für diverse Sozialhilfeleistungen – inklusive Grundversorgung von Asylwerber:innen – darzustellen.

Zur Stromabschaltung bei 900 KELAG-Kund:innen – ein Thema, das ebenfalls von Wurm angeschnitten wurde – merkte Rauch an, diese Frage werde wohl über den Klagsweg geklärt werden. Seiner Meinung nach kann es nicht sein, dass ein Anbieter "Kunden aus der Stromversorgung wirft", weil diese nicht bereit seien, in einen anderen Stromtarif zu wechseln.

Fiona Fiedler kritisierte, dass für die 2022 beschlossene Verdoppelung von Licht-ins-Dunkel-Spenden Rücklagen zweckentfremdet verwendet worden seien, wobei ein Vertreter des Sozialministeriums auf die Zuständigkeit des Finanzministeriums verwies.

Fragen nach speziellen Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt gegenüber älteren Menschen beantwortete Rauch unter anderem mit dem Hinweis auf ein bestehendes Beratungstelefon, das vom Sozialministerium mit 400.000 € gefördert werde. Zudem würden Sensibilisierungsmaßnahmen, etwa in der Demenzbegleitung oder im Zuge der Gewaltpräventionskampagne, ergriffen. Auch ein Betreuungsnetz sei im Aufbau.

Kritik von NEOS-Abgeordnetem Loacker an den zusätzlichen Planstellen des Ressorts hielt Rauch entgegen, dass das Ministerium in den letzten Jahren "ausgeräumt" worden sei. Zudem sei zusätzliches Personal zur Bewältigung neuer Aufgaben – etwa in Zusammenhang mit dem Wohnschirm und der Umsetzung des Barrierefreiheitsgesetzes – nötig. Loacker hatte davor gemeint, die öffentliche Verwaltung blase sich auf "wie ein Kugelfisch". (Fortsetzung Budgetausschuss) gs

HINWEISE: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.

Details zum Budget 2024, den Änderungen zu den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten.