Parlamentskorrespondenz Nr. 1204 vom 16.11.2023

Rauch: Insgesamt eine Milliarde Euro mehr für das Gesundheitswesen

Ausschussdebatte über budgetäre Ausstattung des Ressorts im Jahr 2024 und über weitere Reformvorhaben

Wien (PK) -  Wenn die geplante Gesundheitsreform nicht "auf den Boden gebracht werde", dann werde das System nach fünf Jahren mit Mehrkosten in der Höhe von 7 Mrd. € konfrontiert sein, rechnete Minister Johannes Rauch heute im Budgetausschuss vor. Diese Aussage verdeutlicht, dass bei der Debatte über den aktuellen Haushaltsvorschlag 2024, der für den Bereich Gesundheit eine Steigerung der Ausgaben um 13,8 % auf 3,25 Mrd. € vorsieht, vor allem auch aktuelle Fragen im Vordergrund standen. Primär ging es dabei um eine Reihe von geplanten Gesetzesentwürfen des Ressorts, die medial bereits heftig diskutiert werden und zu massiven Protesten von Seiten der Ärztekammer geführt haben.

Einige Punkte der Gesundheitsreform wurden schon im Rahmen der Beratungen über das Budgetbegleitgesetz sowohl auf legistischer als auch auf finanzieller Ebene in die Wege geleitet. So beinhaltet etwa das ab 1. Jänner 2024 geltende Gesundheitsreformmaßnahmen-Finanzierungsgesetz die Schaffung von zusätzlichen 100 ärztlichen Vertragsstellen, die Gewährung eines Startbonus für schwer zu besetzende Kassenpraxen sowie die Ermöglichung von klinisch-psychologischer Behandlung auf Krankenschein. Insgesamt stellt der Bund den Krankenkassen für diese drei Maßnahmen allein im kommenden Jahr 110 Mio. € zur Verfügung.

Gesundheitsbudget weist eine Steigerung um 13,8 % auf

Die im Bundesfinanzgesetz (2178 d.B.) ausgewiesenen Auszahlungen für den Bereich Gesundheit (Untergliederung 24) belaufen sich im Jahr 2024 auf insgesamt 3,25 Mrd. €. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 393,4 Mio. € (+13,8 %) ist vor allem durch höhere Budgetmittel für den Finanzausgleich (+920,0 Mio. €) und diverse Sofortmaßnahmen im Rahmen des Gesundheitsreformpakets (z.B. 60 Mio. € für zusätzliche 100 Kassenarztstellen) bedingt. Gegenläufig wirken sich die auslaufenden Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie (-642,9 Mio. €) aus.

Die für den Finanzausgleich reservierten Mittel sollen nicht nur für den niedergelassenen Bereich (300 Mio. €), sondern auch für den spitalsambulanten Bereich sowie die Umsetzung von Strukturreformen (550 Mio. €) verwendet werden. Zusätzliche Gelder werden in Impfprogramme (30 Mio. €), die Gesundheitsförderung (20 Mio. €), in die Digitalisierung des Gesundheitssystems (17 Mio. €) sowie in ein Bewertungsboard für Medikamente (3 Mio. €) fließen. 

Zusätzliche Mittel für 100 Kassenarztstellen, für den Startbonus und für die psychische Gesundheit bereits ab 1. Jänner 2024

Das bereits im Juli im Ministerrat präsentierte "Sofortmaßnahmen Gesundheitsreformpaket" legt den Fokus auf den Ausbau der Kassenstellen, die weitere Förderung der psychosozialen Versorgung, Prävention und Digitalisierung. Im Zuge des Budgetbegleitgesetzes wurden dafür erste Weichen gestellt, wie etwa die Bereitstellung von insgesamt 60 Mio. € für die Schaffung von 100 zusätzlichen Kassenstellen im niedergelassenen Bereich. Darin ist auch ein Startbonus (10 Mio. €) enthalten, der es ermöglicht, schwer zu besetzende Stellen in den Fachbereichen Allgemeinmedizin, Gynäkologie sowie Kinder- und Jugendheilkunde mit bis zu 100.000 € zu fördern.  

Weitere 50 Mio. € im Jahr 2024 (und 25 Mio. € im Jahr 2025) werden von Seiten des Bundes für die klinisch-psychologischen Behandlungen in den Fonds fließen. Im Sinne einer besseren Versorgung sollen klinisch-psychologische Behandlungen durch Psycholog:innen künftig mit medizinischen Behandlungen durch Ärzt:innen bzw. Psychotherapeut:innen gleichgestellt werden. Das heißt, die Kosten dafür können künftig von der Krankenversicherung übernommen werden. Darüber hinaus wird Gesundheitsminister Johannes Rauch dazu ermächtigt, per Verordnung nähere Bestimmungen zu treffen, um eine "angemessene und kontinuierliche" Bereitstellung von Arzneimitteln bzw. Wirkstoffen für die Bevölkerung zu gewährleisten (35 Mio. €) .

Einen sehr starken Rückgang in der Höhe von 624,9 Mio. € ist bei den COVID-19-bezogenen Auszahlungen feststellbar, auch wenn noch immer 558,9 Mio. € zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen im Rahmen der Pandemie budgetiert sind. Damit sollen insbesondere die Nachzahlungen aus den Verdienstentgängen gemäß Epidemiegesetz finanziert werden.

Der mit in Verhandlung stehende Bundesrahmen, der einen mittelfristigen Ausblick auf die Haushaltsentwicklung in den Jahren 2024 bis 2027 gibt, weist im Bereich Gesundheit ebenso wie in fast allen anderen Untergliederungen eine beträchtliche Steigerung (insgesamt 3,93 Mrd. €) der Auszahlungsobergrenzen auf (2179 d.B.).

Höhere Basiszuwendung für die AGES aufgrund neuer Aufgaben und Entfall von Einnahmen

Im Zuge der Beratungen über das Budgetbegleitgesetz wurden auch Änderungen im Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz (GESG) vorgeschlagen. Diese beinhalten eine vorübergehende Erhöhung der Basiszuwendung für die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) von 54,5 Mio. € auf 70,6 Mio. € (2024) bzw. 78,7 Mio. € (2025). Begründet wird diese Maßnahme damit, dass die AGES aufgrund von EU-rechtlichen Verpflichtungen neue Aufgaben übernommen hat und Zusatzeinkünfte aus COVID-19-Maßnahmen entfallen sind. Die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) wiederum soll 2024 für ihr Arbeitsprogramm und die administrativen Aufwendungen 14,6 Mio. € erhalten.

Rauch: Bessere Steuerung des Gesundheitswesens unter dem Motto "digital vor ambulant vor stationär"

In den letzten Jahrzehnten sei es zu einer Reihe von Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen gekommen, denen man mit einem Bündel an Maßnahmen entgegenwirke wolle, erklärte Bundesminister Johannes Rauch heute im Ausschuss. So sei es unter anderem im Zuge des Finanzausgleichs gelungen, dass die Sozialversicherungsträger zusätzlich 300 Mio. € zur Stärkung des niedergelassenen Bereichs erhalten werden. Insgesamt würde über eine Milliarde Euro in  das Gesundheitswesen fließen. Es brauche aber nicht nur mehr Geld, sondern eine bessere Steuerung des Systems, gab Rauch zu bedenken, wobei der Grundsatz "digital vor ambulant vor stationär" gelten müsse. Um die Spitäler zu entlasten, sei es zudem wichtig, die Einrichtung von Primärversorgungseinheiten (PVE) voranzutreiben. Dabei sei man auf einem sehr guten Weg, da seit Mitte des Jahres, als Erleichterungen für die Gründung dieser Zentren beschlossen wurden, ein regelrechter Boom eingesetzt habe. In den letzten Monaten habe es 30 neue Anträge gegeben, fünf davon für spezielle Kinder-Primärversorgungeinheiten.

Dem Abgeordneten Philip Kucher gegenüber räumte der Minister ein, dass es noch eine stärkere Vereinheitlichung der Leistungsangebote geben müsse. Aktuell seien ca. 70 % der Kassenleistungen deckungsgleich. Außerdem seien die zusätzlichen Ausgaben für die ÖGK erstmals im Budget abgebildet. Was die Mittel für die Bundesländer angeht, so sei ein gewisser Betrag für die laufende Finanzierung der Spitäler reserviert, ein Teil davon aber auch für die Umsetzung von innovativen Reformen und Projekten. Durch die zusätzlichen Mittel würden die Bundesländer dazu in die Lage versetzt. Die genauen Details dazu seien in der Begleitlegistik zum Finanzausgleich zu finden, erläuterte der Minister, die einzelnen Gesetzesvorschläge würden in den nächsten Tagen und Wochen dem Parlament übermittelt werden. 

Was die generelle Kostenentwicklung betrifft – eine Frage des FPÖ-Mandatars Gehard Kaniak – so denke er, dass der angepeilte Kostendämpfungspfad (maximal 3,2 % Zuwachs) nicht eingehalten werden könne. Er rechne mit etwa 6 %, zumal sich vor allem die Gehaltsanpassungen deutlich durchschlagen würden.

Elektronische Gesundheitsakte und Telemedizin spielen wichtige Rolle bei Umsetzung der Gesundheitsreform

Bei der Umsetzung der Gesundheitsreform stehe auch der Ausbau der Telemedizin und der verstärkte Einsatz der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) im Zentrum der Bestrebungen, führte Rauch gegenüber Alexandra Tanda und Josef Smolle (beide ÖVP) aus. ELGA sei ein sehr gutes Instrument, auf dem man noch weiter aufbauen werde. Als Beispiele nannte der Minister etwa die Integration des E-Impfpasses oder von radiologischen Befunden, wobei der Datenschutz natürlich oberste Priorität haben müsse. Entscheidend sei auch, dass möglichst alle Ärzt:innen und Gesundheitsbereiche (z.B. auch Alters- und Pflegeheime) in das System eingebunden werden. Ebenso soll die Gesundheitshotline 1450, die sich in der Pandemie sehr gut bewährt habe, weiterentwickelt werden.

Auf eine Frage von Verena Nussbaum (SPÖ) zum Bewertungsboard stellte der Ressortchef mit Nachdruck fest, dass es im Gegensatz zu der damit verbreiteten "Propaganda" darum gehe, dass die bestmögliche Versorgung mit Medikamenten und Therapien für alle Patient:innen, unabhängig vom jeweiligen Krankenhaus, in dem die Behandlung stattfinde, sichergestellt werde. Derzeit sei dies nämlich nicht gewährleistet und hänge vom Verhandlungsgeschick der Spitäler ab. Generell plädierte der Minister dafür, die Medikamentenbeschaffung der Spitäler zusammenzuführen.

Durch die nun vorgesehene Verordnungsermächtigung könne auch die Versorgung mit Arzneimitteln besser gewährleistet werden, zeigte sich Rauch überzeugt. Bei Engpässen müssten verpflichtende Meldungen gemacht werden und auch bezüglich der Einlagerung von Wirkstoffen konnte eine Vereinbarung mit den Pharmafirmen erzielt werden.

Weitere Fragen zu Kindergesundheit, psychische Erkrankungen, Prävention, Tierschutz und Lebensmittelkennzeichnung

Ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt seines Hauses liege in der noch besseren Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die unter psychischen Problemen leiden würden, sagte Minister Rauch. Dafür würden ebenso wie für die Prävention mehr Mittel zur Verfügung ausgeschüttet. Im Besondern erwähnte er dabei das Projekt "Gesund aus der Krise", das sehr gut angenommen wurde und nun auch verlängert werden soll. Rauch merkte gegenüber Abgeordnetem Ralph Schallmeiner (Grüne) an, dass es bereits von über 8.000 Kindern genutzt wurde. Für das Impfprogramm seien auf Basis einer Drittelfinanzierung 33 Mio. € veranschlagt, führte der Gesundheitsminister aus, der zudem auf die Durchimpfungsraten bei Influenza sowie auf die Inanspruchnahme der HPV-Impfungen detailliert einging.

Auch der elektronische Eltern-Kind-Pass soll in Hinkunft noch mehr Leistungen umfassen, teilte Minister Rauch mit, wie unter anderem eine vierte Ultraschalluntersuchung, eine zusätzliche Hebammenberatung und weitere Laboruntersuchungen. Auch soll die Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie neu überarbeitet werden. Froh zeigte sich Rauch zudem darüber, dass die Finanzierung der sogenannten Frühen Hilfen (21 Mio. €) sichergestellt werden konnte. Mehr Angebote brauche es noch in den Bereichen Physio-, Ergo- und Logotherapie sowie bezüglich des zunehmenden Adipositas-Problems bei Kindern und Jugendlichen. Neben einem Ausbau der schulpsychologischen Angebote sollen auch Facharztstellen für Kinder- und Jugendpsychiatrie vorrangig besetzt werden. In den nächsten Jahren werde überdies ein Schwerpunkt auf der Suizidprophylaxe liegen.

Rauch pflichtete dem Abgeordneten Rudolf Silvan (SPÖ) bei, dass dem Thema Long-Covid verstärkt Augenmerk geschenkt werden müsse. Der Oberste Sanitätsrat habe dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet und bereits eine Liste an Empfehlungen, wie etwa die Einrichtung eines zentralen Referenzzentrums oder die Ausarbeitung eines nationalen Aktionsplans, vorgelegt. Diesen Empfehlungen wolle sein Ressort auch folgen. Ebenso stellte er eine Überarbeitung der Berufskrankheitenliste in Aussicht.

Beim Thema sexuelle Gesundheit informierte der Minister darüber, dass im heurigen Jahr 300 bis 400 neue HIV-Infektionen verzeichnet wurden. Da sich die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) als sinnvoll erwiesen habe, werde über ein kostenloses Angebot nachgedacht. Dieses soll im Rahmen eines Pilotprojekts getestet werden.

Was die COVID-19-Impfstoffe angeht, so seien mittlerweile 18,7 Millionen Dosen abgelaufen (davon 11,3 Millionen Dosen entsorgt) merkte Rauch gegenüber FPÖ-Vertreter Gerald Hauser an, der zudem auf die Einbindung des Parlaments bei der Debatte über den neuen Pandemievertrag der WHO pochte.

Die verpflichtende Herkunftsbezeichnung von Fleisch, Milch und Eiern, die in Großküchen und Kantinen verwendet werden, sei seit dem 1. September in Kraft, bestätigte der Minister gegenüber Abgeordneter Ulrike Fischer (Grüne). Dies sei jedoch nur ein erster Schritt, weitere müssten folgen. Beim Thema Gentechnik vertrete Österreich die Haltung, dass es nicht nur eine verpflichtende Kennzeichnung auf EU-Ebene brauche, sondern dass auch die Opt-out-Regelung weiter gelten müsse. Für den Bereich "Gesunde und nachhaltige Ernährung" sei ein Budget von 1,3 Mio. € reserviert, stellte Rauch in Beantwortung einer weiteren Frage fest. 

Dem Abgeordneten Dietmar Keck (SPÖ) teilte er mit, dass die Gelder für den Tierschutz um 500.000 € auf 1,5 Mio. € aufgestockt wurden. Im Besonderen hob er dabei das Programm "Tierschutz macht Schule" sowie ein Projekt zur Reduktion von Tierqualen beim Transport hervor. (Schluss Budgetausschuss) sue

HINWEISE: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.

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