Stenographisches Protokoll

105. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 12. Dezember 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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105. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Freitag, 12. Dezember 1997

Dauer der Sitzung

Freitag, 12. Dezember 1997: 9.02 – 20.34 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 535/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 649/A der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), das Führerscheingesetz (FSG), die Gewerbeordnung 1994 (GewO) und das Strafgesetzbuch (StGB) geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 651/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Thomas Barmüller, Dr. Andreas Khol, Mag. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, und über den Antrag 647/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, insbesondere gegen den Alkoholmißbrauch im Straßenverkehr, sowie über den Antrag 650/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit speziell im Zusammenhang mit Alkohol am Steuer

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz geändert wird

5. Punkt: Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 – EIRAG 1997

6. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden

7. Punkt: Postgesetz 1997

8. Punkt: Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlagen

9. Punkt: Kündigung des Kooperationsabkommens zwischen der Republik Österreich und dem Europäischen Hochschulinstitut

10. Punkt: Übereinkommen über die Gründung eines Europäischen Hochschulinstituts samt Protokoll und Schlußakte, Beschlüsse des Obersten Rates, Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens sowie Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens


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105. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 297/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Familienbeihilfe für ausländische Mitbürger

13. Punkt: Bericht über den Antrag 373/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 374/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (5. BFG-Novelle 1997)

16. Punkt: 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – 2. BÜG 1997

17. Punkt: Abgabenänderungsgesetz 1997

18. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz geändert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993, das Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Aktiengesetz 1965 und das Bankwesengesetz geändert werden

20. Punkt: Bericht über den Antrag 526/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (3. ZollR-DG Novelle)

22. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen

23. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VII) der Asiatischen Entwicklungsbank

*****

Inhalt

Nationalrat

Ansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer 185

Personalien

Verhinderungen 14, 32

Ordnungsrufe 72, 89

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2945/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 32


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105. Sitzung / Seite 3

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 104

Redner:

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 104

Erhard Koppler 106

Paul Kiss 107

Dr. Helene Partik-Pablé 108

Mag. Terezija Stoisits 109

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 110

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Ausschuß zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens zur Berichterstattung über das Gentechnik-Volksbegehren gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 20. Jänner 1998 zu setzen 32

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 32

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 112

Heinz Gradwohl 114

Maria Rauch-Kallat 115

Ing. Mathias Reichhold 116

Mag. Thomas Barmüller 117

Mag. Gabriela Moser 118

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 119

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 33

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend Abfolge der Redner 39

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Erstellung der Rednerliste (in bezug auf die Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler) 39, 40

Unterbrechungen der Sitzung 39, 104

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser betreffend Gebrauch von verunglimpfenden Ausdrücken in der Debatte 72

Selbständiger Antrag des Abgeordneten Andreas Wabl: Unterstützungsfrage – genügend Unterstützung 166

Fragestunde (25.)

Landesverteidigung 14

Dr. Karl Maitz (161/M); Andreas Wabl, Hans Helmut Moser, Otmar Brix, Wolfgang Jung

Andreas Wabl (168/M); Hans Helmut Moser, Marianne Hagenhofer, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Dr. Karl Maitz

Herbert Scheibner (166/M); Günther Platter, Andreas Wabl, Hans Helmut Moser, Dr. Dieter Antoni


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105. Sitzung / Seite 4

Ing. Gerald Tychtl (164/M); Herbert Scheibner, Werner Amon, Mag. Helmut Peter, Andreas Wabl

Walter Murauer (185/M); Andreas Wabl, Hans Helmut Moser, Günter Kiermaier, Dr. Harald Ofner

Justiz 28

Rosemarie Bauer (174/M); Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Heide Schmidt, Dr. Martin Graf, Dr. Elisabeth Hlavac

Ausschüsse

Zuweisungen 31

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 535/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird (960 d. B.) 33

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 649/A der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), das Führerscheingesetz (FSG), die Gewerbeordnung 1994 (GewO) und das Strafgesetzbuch (StGB) geändert werden (1041 d. B.) 33

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 651/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Thomas Barmüller, Dr. Andreas Khol, Mag. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, und über den Antrag 647/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, insbesondere gegen den Alkoholmißbrauch im Straßenverkehr sowie über den Antrag 650/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit speziell im Zusammenhang mit Alkohol am Steuer (1040 d. B.) 33

Redner:

Peter Rosenstingl 34

Rudolf Parnigoni 37

Peter Rosenstingl (tatsächliche Berichtigung) 40

Robert Sigl (tatsächliche Berichtigung) 40

Mag. Thomas Barmüller 40

Mag. Helmut Kukacka 43

Mag. Gabriela Moser 49

Bundesminister Dr. Caspar Einem 52

Gabriele Binder 52

Dr. Jörg Haider 54

Mag. Thomas Barmüller (tatsächliche Berichtigung) 61

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) 61

Dr. Erwin Rasinger 62

Mag. Helmut Peter 63

Winfried Seidinger 65

Theresia Haidlmayr 66

Johann Kurzbauer 68


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105. Sitzung / Seite 5

Ing. Walter Meischberger 69

Josef Edler 71

Hans Helmut Moser 72

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 75

Jakob Auer 76

Franz Lafer 78

Anton Leikam (tatsächliche Berichtigung) 79

Helmut Dietachmayr 79

Dr. Brigitte Povysil 80

Ernst Fink 83

Andreas Wabl (tatsächliche Berichtigung) 84

Dkfm. Holger Bauer 85

Peter Rosenstingl (persönliche Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 87

Dr. Alois Pumberger 87

Dr. Hans Peter Haselsteiner (tatsächliche Berichtigung) 89

Mag. Terezija Stoisits 89

Annahme der Gesetzentwürfe in 960 und 1040 d. B. 92, 93

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 960 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Änderung der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (E 100) 92

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1041 und 1040 d. B. 92, 93

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1040 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend permanente Aufklärungsarbeit; Bericht über Fahrlässigkeitsdelikte unter Alkoholeinfluß; Überwachung der sicherheitsrelevanten Verkehrsvorschriften sowie Schaffung der notwendigen Personalvoraussetzungen; Entwicklung eines Testverfahrens zur Überprüfung von Beeinträchtigungen der Fahrfähigkeit durch Alkohol, Suchtgift, Medikamente und dergleichen auf Basis der tatsächlichen Reaktionsfähigkeit sowie Unterstützung von Angeboten nächtlicher Heimbringdienste (E 101) 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten


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105. Sitzung / Seite 6

Mag. Gabriela Moser und Genossen betreffend die Schaffung einer bundesweiten "Verkehrssicherheitspolizei" – Ablehnung 51, 94

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (914 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz geändert wird (965 d. B.) 94

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (948 d. B.) Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 – EIRAG 1997 (1038 d. B.) 94

6. Punkt: Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (1039 d. B.) 94

Redner:

Reinhart Gaugg 94

Josef Edler 95

Mag. Thomas Barmüller 96

Mag. Helmut Kukacka 97

Mag. Gabriela Moser 99

Franz Hums 99

Mag. Reinhard Firlinger 101

Bundesminister Dr. Caspar Einem 101

Katharina Horngacher 103

Dr. Volker Kier 119

Gabriele Binder 120

Karl Öllinger 121

Robert Sigl 124

Peter Rosenstingl 125

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 126

Annahme der Gesetzentwürfe in 965, 1038 und 1039 d. B. 127

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme – Ablehnung 122, 127

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme – Ablehnung 125, 127

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (940 d. B.): Postgesetz 1997 (966 d. B.) 128

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (770 d. B.): Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlagen (964 d. B.) 128

Redner:

Peter Rosenstingl 128

Rudolf Parnigoni 128

Mag. Helmut Kukacka 129

Kurt Wallner 130

Annahme des Gesetzentwurfes in 966 d. B. 131

Genehmigung des Staatsvertrages in 964 d. B. 131

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (906 d. B.): Kündigung des Kooperationsabkommens zwischen der Republik Österreich und dem Europäischen Hochschulinstitut (1022 d. B.) 131

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (908 d. B.): Übereinkommen über die Gründung eines Europäischen Hochschulinstituts samt Protokoll und Schlußakte, Beschlüsse des Obersten Rates, Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens sowie Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens (1023 d. B.) 131

Redner:

Sonja Ablinger 131

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 132

Dr. Martina Gredler 133

Bundesminister Dr. Caspar Einem 134

Mag. Walter Posch 135


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105. Sitzung / Seite 7

Dr. Gertrude Brinek 135

MMag. Dr. Willi Brauneder 136

Genehmigung der Staatsverträge in 1022 und 1023 d. B. 137

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 137

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (891 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1033 d. B.) 137

12. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 297/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Familienbeihilfe für ausländische Mitbürger (1036 d. B.) 137

13. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 373/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, geändert wird (1034 d. B.) 137

14. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 374/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus (1035 d. B.) 138

Redner:

Edith Haller 138

Dr. Sonja Moser 139

Klara Motter 140

Dr. Ilse Mertel 142

Karl Öllinger 143

Dr. Ilse Mertel (tatsächliche Berichtigung) 145

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 145

Franz Riepl 147

Elfriede Madl 148

Ridi Steibl 150

Franz Koller 151

Manfred Lackner 151

Sigisbert Dolinschek 152

Edeltraud Gatterer 153

Hannelore Buder 154

Elfriede Madl (tatsächliche Berichtigung) 155

Johann Schuster 155

Dr. Helga Konrad 156

Annahme des Gesetzentwurfes in 1033 d. B. 157

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1036, 1034 und 1035 d. B. 157, 158

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (896 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (5. BFG-Novelle 1997) (978 d. B.) 158

16. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (897 d. B.): 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – 2. BÜG 1997 (979 d. B.) 158

Redner:

Hermann Mentil 158

Ing. Kurt Gartlehner 159


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105. Sitzung / Seite 8

Johann Kurzbauer 160

Josef Edler 160

Mag. Franz Steindl 161

Robert Sigl 161

Rainer Wimmer 162

Manfred Lackner 162

Mag. Gilbert Trattner 163

Annahme der Gesetzentwürfe in 978 und 979 d. B. 164

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (933 d. B.): Abgabenänderungsgesetz 1997 (998 d. B.) 164

18. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz geändert werden (999 d. B.) 164

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (929 d. B.) Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993, das Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Aktiengesetz 1965 und das Bankwesengesetz geändert werden (993 d. B.) 164

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 526/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird (991 d. B.) 164

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (916 d. B.). Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (3. ZollR-DG Novelle) (994 d. B.) 164

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (913 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen (997 d. B.) 165

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (892 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VII) der Asiatischen Entwicklungsbank (996 d. B.) 165

Redner:

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 165

Dr. Alfred Gusenbauer 166

Mag. Helmut Peter 168

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 169

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 171

Mag. Reinhard Firlinger 171

Anna Huber 176

Dr. Hans Peter Haselsteiner 177

Ernst Fink 178

Mag. Gilbert Trattner 179

Kurt Eder 179

Jakob Auer 180

Mag. Herbert Kaufmann 180

Mag. Dr. Josef Höchtl 182

Annahme der Gesetzentwürfe in 998, 999, 993, 991, 994, 997 und
996 d. B .183, 184, 185


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105. Sitzung / Seite 9

Eingebracht wurden

Petition 31

Petition betreffend "Schutz der Pensionen" (Ordnungsnummer 35) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Dr. Harald Ofner)

Bericht 32

III-106: Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1996; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Helmut Haigermoser und Genossen betreffend die Mautpflicht bei Fahrzeugen mit Probe- und Überstellungskennzeichen (657/A) (E)

Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus (658/A) (E)

Andreas Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform (659/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gleiche Höhe der Vergütung der Zivildiensteinrichtungen an den Bund (660/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Zuleitung aller Abkommen mit der NATO und der WEU (661/A) (E)

Karl Öllinger und Genossen betreffend Weiterführung der Assistentenstellen an Höheren Technischen Lehranstalten (662/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird (663/A)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend B-VG, mit dem das B-VG in der Fassung von 1929 (B-VG) geändert wird (664/A)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme (665/A) (E)

Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend bundeseinheitliche Anerkennung des Berufes von AltenfachbetreuerInnen und FamilienhelferInnen (666/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/1997, geändert wird (667/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 104/1997, geändert wird (668/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Änderung des Namensänderungsgesetzes (669/A)

Andreas Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (670/A)

Andreas Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (671/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten


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105. Sitzung / Seite 10

Mag. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (648/A)

Anfragen der Abgeordneten


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105. Sitzung / Seite 11

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beseitigung der Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung (3430/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Beseitigung der Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung (3431/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Beseitigung der Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung (3432/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Beseitigung der Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung (3433/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beseitigung der Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung (3434/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Beseitigung der Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung (3435/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Führung der Bundesmuseen (3436/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kasernen (3437/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend "Mehrdienstleistungen von Lehrern an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen" (3438/J)

Franz Stampler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kasernenstandorte Gratkorn, Fehring, Bad Radkersburg und Leibnitz (3439/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundeskanzler betreffend schleppende Umsetzung der Technologieoffensive (3440/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berücksichtigung der Umstellungskosten auf Euro im Rechnungs- und Finanzwesen (3441/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Nebentätigkeiten von Bediensteten der Universitätskliniken (3442/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an dem Bundesminister für Inneres betreffend Waffen für MitarbeiterInnen von privaten Wachdiensten (3443/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Nicht-Dienstausübung an der Universitäts-Augenklinik Innsbruck (3444/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die öffentliche Ausschreibung der Funktion der Leitung des Bundesdenkmalamtes (3445/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die beabsichtigte Ausgliederung der Bundesmuseen (3446/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Mittelkürzung für Institut für Österreichkunde (3447/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Grünbuch der Kommission "Zusätzliche Altersversorgung im Binnenmarkt" (3448/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Frauenberatungseinrichtungen (3449/J)

Mag. Gabriela Moser und Genossen an dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend finanzielle Beteiligung des Bundes an Verkehrsprojekten (3450/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend fehlende Rehabilitation nach Schädel-Hirn-Trauma (3451/J)

Karl Öllinger und Genossen Bundeskanzler betreffend rechtsextreme Umtriebe des Bundeskanzleramt-Beamten MR Dipl.-Ing. Mag. Günter Rehak (3452/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend entwicklungspolitische Relevanz von Exportförderungen (3453/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Erstellung der Arbeitslosenstatistiken (3454/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend entwicklungspolitische Relevanz von Exportförderungen (3455/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend offene Fragen zur Dringlichen Anfrage betreffend Defizite der österreichischen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik (3456/J)

Mag. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend mögliche gesundheitliche Gefährdung durch GSM-Mobilfunknetze sowie fehlende Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Mobilfunkbasisstationen (3457/J)

Mag. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend mögliche gesundheitliche Gefährdung durch GSM-Mobilfunknetze sowie fehlende Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Mobilfunkbasisstationen (3458/J)

Mag. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend mögliche gesundheitliche Gefährdung durch GSM-Mobilfunk


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105. Sitzung / Seite 12

netze sowie fehlende Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Mobilfunkbasisstationen (3459/J)

Mag. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend mögliche gesundheitliche Gefährdung durch GSM-Mobilfunknetze sowie fehlende Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Mobilfunkbasisstationen (3460/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend offene Fragen zur Dringlichen Anfrage betreffend Defizite der österreichischen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik (3461/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend sozialer und ökologischer Kahlschlag bei der Österreichischen Bundesforste AG (3462/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend sozialer und ökologischer Kahlschlag bei der Österreichischen Bundesforste AG (3463/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Pensionen der Beamten (3464/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Kriegsverbrechen zum Opfer gefallene österreichische Angehörige der seinerzeitigen Deutschen Wehrmacht (3465/J)

Dr. Stefan Salzl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Schauschlachtung von Stieren und Schweinen durch Hermann Nitsch (3466/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Besetzung der Planstelle eines Direktors an der Berufspädagogischen Akademie des Bundes in Wien (3467/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Lehramtsprüfungen an den Berufspädagogischen Akademien (3468/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulversuch "Schulverbund Mittelschule" (3469/J)

Mares Rossmann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Mitarbeiterbefragung beim AMS-Graz (3470/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend diffamierende Äußerungen gegenüber der Person Dr. Jörg Haider in der pädagogischen Fachzeitschrift "Der Altsprachliche Unterricht" (3471/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verleihung des Titels eines Ehrensenators (3472/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Subventionierung österreichischer Verlage (3473/J)

Katharina Horngacher und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Schulfahrtbeihilfe (3474/J)


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105. Sitzung / Seite 13

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Die Europäische Union und die Familie" (3475/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend LKW-Verbot auf der Südost-Tangente (3476/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vergabe einer Konzession an die Österreichische Lotterien GesmbH (3477/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend zusätzliche erste Klassen an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen im Schuljahr 1997/98 (3478/J)

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "freie Klasse" von Dr. Zinggl (3479/J)

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "freie Klasse" von Dr. Zinggl (3480/J)

*****

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend die Parkplatzsituation für Abgeordnete (21/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Genossen (3081/AB zu 3308/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (3082/AB zu 3091/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3083/AB zu 3114/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (3084/AB zu 3121/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (3085/AB zu 3146/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3086/AB zu 3174/J)


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Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich zur 105. Sitzung des Nationalrates begrüßen, die ich hiermit für eröffnet erkläre. Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen.

Die Amtlichen Protokolle der 102. und der 103. Sitzung vom 10. Dezember sind geschäftsordnungsgemäß aufgelegen und ohne Einspruch geblieben. Sie gelten daher als genehmigt.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind folgende Mitglieder des Hohen Hauses: Herr Dipl.-Ing. Prinzhorn, Herr Mag. Schweitzer, Frau Ing. Langthaler, Frau Mag. Gabriela Moser, Herr Dipl.-Ing. Kummerer und Herr Kopf.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung ist eine Fragestunde vorgesehen. Ich beginne jetzt – um 9.03 Uhr – mit dem Aufruf der einzelnen Anfragen.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage wurde von Herrn Abgeordneten Dr. Karl Maitz an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung eingebracht. Ich bitte Herrn Abgeordneten Maitz, den Wortlaut seiner Frage zu wiederholen. – Bitte sehr.


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Abgeordneter Dr. Karl Maitz
(ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

161/M

Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um die Ausbildung im österreichischen Bundesheer auf allen Ebenen den modernen Erfordernissen anzupassen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! Ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Ausbildungsreform war für uns einer der Schwerpunkte der Reformierung beziehungsweise der Neustrukturierung des österreichischen Heeres überhaupt. Wir haben daher sowohl bei der Ausbildung der Grundwehrdiener als auch bei der Ausbildung der Unteroffiziere und der Offiziere entscheidende Maßnahmen gesetzt. Bei den Grundwehrdienern in der Form, daß wir ein neues Ausbildungskonzept erstellt haben, wo wir zwischen der Basisausbildung und der Verbandsausbildung unterschieden haben. Damit haben wir klare Vorgaben für die Einsatztauglichkeit und für die zu erreichenden Ziele gemacht und auch mehr Freiraum geschaffen.

Was den Bereich der Unteroffiziersausbildung betrifft, haben wir die Heeresunteroffiziersschule aufgewertet zu einer Heeresunteroffiziersakademie. Wir haben dort neue Lehrgänge, neue Kurse und ein neues Kaderleitbild eingeführt. Bei den Offizieren haben wir eine weitere Verbesserung in der Form vorgenommen, daß ab 1. Jänner des nächsten Jahres die Militärakademie in Wiener Neustadt auch den Status eines Fachhochschullehrganges haben wird, und damit ist auch dieser Bereich auf internationales Niveau angehoben worden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Bundesminister! Seit 37 Jahren leisten österreichische UNO-Soldaten Friedensarbeit im Ausland. Wie hat sich die Ausbildung dieser UNO-Soldaten bewährt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben an sich eine ganze Reihe von Ausbildungslehrgängen für den internationalen Bereich. Es sind in den letzten Jahren in Österreich nicht nur einige Hunderte, sondern sogar, wenn man es gesamthaft sieht, Tausende Soldaten auf den Einsatz im Ausland vorbereitet und entsprechend ausgebildet worden. Der Einsatz erfolgt natürlich ausschließlich auf freiwilliger Basis.

Darüber hinaus hat Österreich gerade auf dem Gebiet der Auslandseinsätze des Peace-keepings nicht nur in ganz Europa, sondern weltweit einen hervorragenden Ruf und einen hervorragenden Rang. Es haben sich daher auch über 200 fremde, ausländische Soldaten in Österreich allein in den letzten fünf Jahren ausgebildet, um bestens vorbereitet zu sein. Und wir können sagen, die Erfolge lassen sich wirklich sehen, und zwar in der Form, daß einige Nachbarstaaten sich ja direkt auch in österreichische Einheiten integriert haben, etwa Ungarn, Slowenien und in Zukunft auch die Slowakei.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Eine Zusatzfrage wünscht Abgeordneter Wabl. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Nach dieser "sehr schwierigen" Frage des Abgeordneten Maitz meine Frage: Haben die NATO-Generäle auf Ihre Einladung hin schon überprüft, ob das Ausbildungssystem in Österreich auch NATO-kompatibel ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich kann Ihnen dazu nur sagen, daß für uns der beste Maßstab unser Modellmaßstab ist, und zweifellos ist das, was die NATO an Effizienz bietet, auch modellhaft für uns. Wir können allerdings sagen, daß wir gerade auf dem Gebiet der Ausbildung wirklich bereits einen hervorragenden Status besitzen, daß wir sicherlich zu den bestausgebildeten Armeen Europas zählen und daher keinen Vergleich zu scheuen brauchen. (Abg. Wabl: Was sagen die NATO-Generäle?)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Schon bei der Heeresreform 1992 haben Sie eine Reform der Waffenschulen angekündigt, aber nicht realisiert. Bei den nun von Ihnen vorgelegten verunglückten Reformplänen ist wiederum kein gesamtheitlicher Ansatz erkennbar. Welchen Zeitplan und welche Überlegungen haben Sie hinsichtlich der wirklich dringend notwendigen Reform der Waffenschulen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es hatte die Heeresreform 1992 bereits die Zielsetzung, schrittweise vorzugehen und nicht nur die Offiziersausbildung, die Unteroffiziersausbildung und die Grundwehrdienerausbildung entsprechend zu verbessern, sondern in weiterer Folge dann selbstverständlich auch in die Systematik der Waffenschulen hineinzugehen. Dazu ist zu sagen, daß es auch bei den gegenwärtigen Planungen und Überlegungen ganz konkrete Schritte gibt, etwa daß das Ausbildungszentrum Jagdkampf keine Ausbildungsstätte mehr ist, sondern in eine Truppe umgewandelt wird und daß es auch zu Verschränkungen im Schulbereich kommen wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Nächste Zusatzfrage: Herr


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Abgeordneter Otmar Brix. – Bitte.

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Bundesminister! Wann werden Sie ein der Heeresgliederung 92 angepaßtes Standortkonzept vorlegen und damit wichtige Voraussetzungen für ein modernes Ausbildungskonzept schaffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Der Standort für die militärische Offiziersausbildung ist mit Wiener Neustadt gegeben. Es ist dies die traditionsreichste militärische Ausbildungsstätte Europas, ja weltweit, das heißt die älteste Militärakademie der Welt. Und erfreulich ist, daß sie ein besonders hohes Niveau und einen besonders hohen Status hat.

Wir haben darüber hinaus die Landesverteidigungsakademie in Wien, die die weiterführende Offiziersausbildung zum Inhalt hat, wo die entsprechenden Truppenkommandantenkurse, Generalstabskurse, Intendanzkurse et cetera stattfinden, und auch diese Stätte hat ein hervorragendes Niveau. Das heißt, es sind die Standorte gegeben, ebenso für die Unteroffiziersausbildung, die in Enns stattfindet, wo die Unteroffiziersakademie ihren fixen Standort hat.

Weitere Überlegungen, inwieweit Veränderungen beim Standort der einen oder der anderen Schule, bei den Waffenschulen in Zukunft vorzunehmen sind, sind im Gange und Bestandteil der jetzigen Planungen im Rahmen der Neustrukturierung des Heeres.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Es liegt mir noch ein Wunsch auf Zusatzfrage des Abgeordneten Jung vor. – Bitte sehr.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben vorhin gesagt, daß Sie entscheidende Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung gesetzt haben. Eine dieser entscheidenden Maßnahmen war die Entlassung einer Vielzahl von jungen Militärpersonen auf Zeit, und das ist gerade jener Personenkreis, der hauptsächlich die Ausbildner für unsere jungen Soldaten stellt. Das ist gegen den Willen der Kommandanten und auf Ihre Weisung als Folge des Sparpakets geschehen. Damit hat sich die Ausbildung qualitativ verschlechtert. Was wollen Sie unternehmen, damit in Zukunft diese falsche Sparsamkeit nicht mehr zum Tragen kommt und die Leute nicht mehr entlassen werden, die man vorher mühsam geworben hat?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ich verstehe Ihre Frage nicht ganz.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Jung! Wollen Sie noch präzisieren?

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Ja, ich möchte präzisieren. – Herr Bundesminister, das kann ich mir vorstellen, weil Sie sie nicht verstehen wollen. Ich habe gefragt: Was wollen Sie tun, damit nicht wie im vergangenen Jahr wiederum eine große Zahl – mehrere hundert – von jungen Ausbildnern entlassen wird, obwohl der Bedarf für sie besteht? Sie selbst haben ja die Weisung dazu als Folge des Sparpaketes gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben gerade auf diesem Gebiet in unserem Ressort besondere Maßnahmen gesetzt. Sie haben mitverfolgen können, daß es beim Aufnahmestopp, der im gesamten Bundesdienst gegolten hat, gerade für den Bereich der Zeitsoldaten eine Ausnahmeregelung gegeben hat. Damit konnten wir sicherstellen, daß entsprechender Nachwuchs für die Zukunft gesichert ist.

Was wir zusätzlich in den letzten Jahren getan haben, ist, daß wir das Institut des Zeitsoldaten qualitativ aufgewertet haben, nämlich durch die Einführung der Militärperson auf Zeit, wodurch


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105. Sitzung / Seite 17

ein dauerhaftes Dienstverhältnis, ein ordentliches Dienstverhältnis und auch wesentlich bessere Bedingungen für die betroffenen Ausbildner gegeben sind.

Das zweite, was wir getan haben, ist, daß wir die gesamte Unteroffiziersausbildung so reformiert haben, daß Ausbildungstätigkeiten erst dann ausgeübt werden dürfen, wenn ein Unteroffizierskurs entsprechend absolviert worden ist. Das ist nicht nur wichtig für die Grundwehrdiener, damit sie entsprechend wehrpädagogisch behandelt werden, sondern selbstverständlich auch für das betroffene Kaderpersonal, damit es auf Grundlage einer soliden Ausbildung dann seine eigene Ausbildung mit den Grundwehrdienern durchführen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Wir kommen zum zweiten Thema: Ausgaben für Panzerbeschaffung. Die Frage formuliert Herr Abgeordneter Wabl.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

168/M

Erachten Sie es in Ihrer Funktion als Verteidigungsminister als zweckmäßig, daß 8 Milliarden Schilling für die Panzerbeschaffung ausgegeben werden, während in Österreich und unseren Nachbarländern der soziale Friede durch Armut gefährdet ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Sie wissen ganz genau, daß das österreichische Wehrbudget eine auf seine Aufgabenstellung bezogene begrenzte Ausformung hat und daß wir immer sehr sparsam vorgegangen sind. Es wäre aber absolut unverantwortlich, würden wir die Sicherheit unseres Landes total in Frage stellen. Das tun Sie manchmal. Ich verwahre mich dagegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade die letzten Jahre haben sehr deutlich gezeigt, wie sehr es notwendig ist, auf diesem Gebiet etwas zu tun. Denken Sie nur wenige Jahre zurück, als unmittelbar an der Grenze Österreichs in Exjugoslawien, im heutigen Slowenien, die Kämpfe ausgebrochen sind und durchaus auch ein Überschwappen dieser Kämpfe auf Österreich nicht auszuschließen war. Da waren es österreichische Soldaten, die die Grenze dort gesichert haben und darüber hinaus auch heute sichern müssen. Und selbstverständlich haben diese jungen Männer, die aus idealistischen Gründen, die aufgrund ihrer Einstellung zu ihrem Heimatland, ihrer Einstellung zur Republik Österreich ihren Dienst versehen, ohne daß sie dafür besonders bezahlt werden, die sich ein dreiviertel Jahr ihres Lebens der Republik und damit der Gemeinschaft zur Verfügung stellen, auch ein Recht darauf, so ausgerüstet zu sein, daß sie im Ernstfall auch eine Gefahr bestehen können. Und dazu gehört auch, daß sie über gepanzerte Fahrzeuge verfügen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Auf das warten wir, Herr Minister! Das hätten Sie längst umsetzen müssen! Das ist ein frommer Wunsch!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wabl. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Ich verwahre mich entschieden dagegen, daß Sie uns vorwerfen, wir nähmen die Sicherheit nicht ernst. Wir meinen nur, daß in dieser Zeit Sicherheit nicht mit Panzern und Abfangjägern gewährleistet ist. Aber Sie, Herr Bundesminister, haben in Ihrem eigenen Ministerium trotz Ihres merkwürdigen Sicherheitsbegriffes 140 Milliarden Schilling für Investitionsbedarf in den nächsten zehn Jahren errechnen lassen. Ist das eine Luftblase? Sind das von irgendwo herbeigezauberte Zahlen? Oder hat das mit tatsächlichen Berechnungen zu tun?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Wabl! Ich weiß, daß Sie versuchen, das Beschaffungswesen im österreichischen Heer, wenn es nur irgendwo geht, zu skandalisieren. Es wird Ihnen auch da nicht gelingen. (Abg. Wabl: Denken


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Sie an den Herrn Kraft! Der hat skandalisiert, nicht wir! Denken Sie an die Waffenschieber!) Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, daß wir die allernotwendigsten Anschaffungen nicht nur planen, sondern alles daransetzen, um sie auch durchzuführen. Und selbstverständlich haben die österreichischen Beschaffungen auch positive Auswirkungen auf unsere eigene Volkswirtschaft. Es wäre, hätten wir nicht den PANDUR bestellt (Abg. Jung: Den haben Sie doch nicht bestellt! Das ist die Unwahrheit! – Abg. Dr. Ofner: Das ist nicht wahr!), hätten wir nicht eine Beschaffung bei einem österreichischen Unternehmen durchgeführt, gar nicht möglich gewesen, dieses Produkt auch international anzubieten. (Beifall bei der ÖVP.) Tatsache ist, daß wir damit Aufträge von über einer halben Milliarde Schilling für ein österreichisches Unternehmen auch im Ausland bewirken konnten. (Abg. Jung: Sie sagen schon wieder die Unwahrheit!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie haben das Landesverteidigungsbudget angesprochen. Die Struktur des Landesverteidigungsbudgets ist dergestalt, daß 63 Prozent für Personalkosten und nur 37 Prozent für Mittel im Investitions- und Betriebsbereich zur Verfügung stehen. Was, Herr Bundesminister, werden Sie tun, um eine Umschichtung von den Personalkosten zugunsten des Investitionsanteils zu erreichen, da international üblicherweise nur 50 bis 52 Prozent des Budgets für Personalkosten vorgesehen sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich werde auf der einen Seite versuchen, den Anteil des Sachaufwandes konstant zu erhöhen, wie ich das ja bereits beim diesjährigen beziehungsweise beim nächstjährigen Budget getan habe, wo das Ausmaß des Sachaufwandes um 400 Millionen Schilling im Vergleich zum heurigen Budget steigen wird.

Selbstverständlich ist es auf der anderen Seite auch notwendig, entsprechende Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen. Wir haben ja diesbezüglich auch bereits gewisse Vorstellungen entwickelt, die sich derzeit in Diskussion befinden. Das Niedrighalten der Betriebskosten ist erforderlich, um dem Heer das nötige Ausmaß an Investitionsmitteln für die Zukunft bereitzustellen. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung. Und jeder, der sich dagegen verwahrt oder dagegen anrennt, begeht eigentlich eine Tat, die dagegen ausgerichtet ist, daß das österreichische Heer in Zukunft die nötigen Investitionsmittel zur Verfügung hat. Das möchte ich mit aller Ausdrücklichkeit sagen. Ein Unternehmen, das nicht rationalisieren kann, ein Unternehmen, das nicht mehr Mittel für Anschaffungen zur Verfügung hat, wird es im Laufe der Zeit immer schwerer haben, seine Aufgabenstellung zu erfüllen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das Bundesheer ist kein Unternehmen!) Und insofern ist die Rationalisierung eine ganz wichtige Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Betrieb in der Zukunft.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Marianne Hagenhofer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Bundesminister! Können jene Soldaten, die im Rahmen der UN-Friedenstruppen in Zypern und am Golan eingesetzt sind, bei den Bataillonen tätig sind, mit gepanzerten Transportfahrzeugen der Type PANDUR rechnen, und vor allem, wann, damit für diese ein Mehr an Sicherheit gegeben ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist uns die Sicherheit unserer Soldaten im In- und im Ausland ein ganz besonderes Anliegen. Und wir haben daher bereits im Frühjahr Gespräche mit den Vereinten Nationen aufgenommen, um auch den Einsatz von gepanzerten Radfahrzeugen in Zypern in Zukunft zu ermöglichen. Wir sind zurzeit an einem Punkt angelangt, wo wir zumindest informell bereits eine Zusage der Vereinten Nationen haben, daß wir ab dem nächsten Jahr auch Radpanzer in Zypern einsetzen können, was bedeuten wird, daß wir nicht nur die Radpanzer einer praktischen Erprobung im Einsatz unterziehen können,


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sondern daß insbesondere die Sicherheit unserer Soldaten deutlich höher sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Nächste Zusatzfrage: Herr Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Die Modernisierung der Panzertruppe ist laut Ihren Ausführungen im Gange. Da die Panzer aber nicht nur fahren, sondern auch schießen können sollten, meine Frage: Wieviel Schuß Munition stehen pro Fahrzeug zur Verfügung? Steht diese Munition tatsächlich zur Verfügung, und wieviel Munition wird für Übungszwecke verwendet werden müssen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Wie Ihnen ja bekannt ist, Herr Abgeordneter, haben wir mit dem heurigen Jahr neue Kampfpanzer, nämlich vom Typ LEO (Abg. Dr. Ofner: "Neu" ist übertrieben!) , und neue Raketenpanzer, nämlich vom Typ JAGUAR, in das Bundesheer integriert. Selbstverständlich erfolgt das im Rahmen eines bestimmten Zeitplanes, und zwar ist es so, daß diese Kampfpanzer und diese Raketenpanzer ab dem nächsten Jahr der Truppe zugehen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage nach der Bestückung mit Munition noch nicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Bundesminister! Die Situation für die Bevölkerung in Bosnien ist nach wie vor äußerst schwierig. Welche Leistungen haben unsere UNO-Soldaten in diesem Land sowohl dienstlich als auch privat in ihrer Freizeit erbracht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß dazusagen, daß unsere Soldaten in Visoko in Bosnien nicht nur hervorragende Leistungen im Bereich des NATO-Einsatzes und damit für die Sicherheit der Bevölkerung erbracht haben – es gibt auch eine hervorragende Zusammenarbeit im Rahmen des Bataillons mit den anderen Nationen –, sondern sie haben darüber hinaus in ihrer Freizeit Zusatzaktivitäten gestartet. Sie haben versucht, in Eigeninitiative der Bevölkerung mit Transportmitteln zu helfen. Außerdem setzten sie auch Maßnahmen im ureigensten privaten Bereich. So haben sie sich etwa bemüht, die Schule in Visoko, die übrigens noch in der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie erbaut wurde, zu renovieren, was auch in hervorragender Art und Weise gelungen ist. Sie haben neue Büromöbel und Schulmöbel organisiert, Altbestände aus österreichischen Schulen hinuntertransportiert und dort der Schule zur Verfügung gestellt. Sie haben weiters in engster Zusammenarbeit mit anderen österreichischen Stellen, etwa der Aktion "Nachbar in Not" oder auch der österreichischen Caritas, äußerst wertvolle soziale Hilfe in sehr großem Umfang geleistet und tun das auch heute noch. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals.

Wir kommen zum dritten Fragethema. Herr Abgeordneter Herbert Scheibner formuliert seine Anfrage. – Bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

166/M

Weshalb werden die Projekte "Lufttransportsystem" und "Bewaffnete Hubschrauber" gegenüber dem Rechnungshof als nicht im mittelfristigen Beschaffungsprogramm und im langfristigen Investitionsprogramm bezeichnet, obwohl diese von Ihnen zuletzt am 30. September 1997 als Priorität bezeichnet wurden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe die Beschaffung und die Ausrüstung und den gesamten Sektor der Luftraumverteidigung als einen prioritären, ja als den für die Zukunft wahrscheinlich wichtigsten Bereich der Landesverteidigung im Rahmen eines Vortrages, bei dem Sie anwesend waren, dargestellt. Zweifellos muß man davon ausgehen, daß auf dem Sektor der Luftraumverteidigung nicht nur das Überraschungsmoment am größten ist, sondern dort selbstverständlich auch die Entwicklungsdynamik am stärksten ist. Zusätzlich muß man dazusagen, daß die Luftraumkomponente im Rahmen einer Verteidigung eine immer größere Bedeutung bekommt, wie man auch aus allen Krisenfällen ersehen kann. Insofern hat dieser Bereich enorme Bedeutung.

Selbstverständlich können wir bei unseren Beschaffungsvorgängen aufgrund der begrenzten Mittel nicht alles auf einmal beschaffen, sondern wir müssen schrittweise vorgehen. Es war so, daß wir in der ersten Hälfte der neunziger Jahre neu in den gesamten Raketensektor, in den Lenkwaffensektor eingestiegen sind und versuchen mußten, dort einmal einen ganz großen Nachholbedarf des österreichischen Bundesheeres zu befriedigen. Das haben wir mit den zwei Systemen "Bill-Boden-Boden" und "Mistral-Boden-Luft" getan. Die Sidewinder-Beschaffung ist ja von ihrem Umfang her nicht so groß, als daß sie nennenswerte Beträge verschlungen hätte.

Es war weiters so, daß wir in der unmittelbaren Folgezeit darangegangen sind, die Beschaffung der mechanisierten Truppe zu verbessern, weil sie natürlich das Kernstück einer Landarmee ist. Da sind wir gerade mitten dabei. Sie kennen die Gespräche und auch die Fragen und Probleme, die dabei durchaus auftreten: auf der einen Seite aus der Integration des Kampfpanzers LEOPARD oder des Raketenpanzers JAGUAR und natürlich auch betreffend die Beschaffung von ASCOD/ULAN beziehungsweise PANDUR. 68 Stück vom PANDUR haben wir in einer ersten Tranche gekauft. Jetzt stehen die Verträge unmittelbar bevor, um in die beiden anderen Systeme einzusteigen.

Wenn dieser Bereich abgeschlossen ist, dann müssen wir zwangsläufig in den Sektor der Luftraumüberwachungs- und -kampfsysteme einsteigen, wenn wir nicht verantwortungslos gegenüber der Sicherheit unseres Landes handeln wollen. Es stellt sich natürlich auch die Frage, wie wir dabei vorgehen. Ich glaube, daß es sinnvoll wäre, ähnlich wie wir das auch bei der mechanisierten Truppe getan haben, das durchaus in einem gesamthaften Konzept, das eigentlich alle Typen und alle Möglichkeiten umfaßt, durchzuführen, weil es sich zweifellos lohnt, das im Verbund zu sehen und nicht sozusagen einzeln dabei vorzugehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Es ist nur leider so, daß jetzt sehr viele Systeme zugleich auszuwechseln wären. Bei der Hubschrauberflotte müssen einige Hubschrauber ausgeschieden werden, aber gerade im Bereich des Katastrophenschutzes, des Sanitätseinsatzes und auch des Grenzeinsatzes ist es unbedingt notwendig, diese Hubschrauberflotte aufrechtzuerhalten. Transportsystem gibt es überhaupt keines, was gerade für den Auslandeinsatz wichtig wäre.

Deshalb meine konkrete Frage, Herr Bundesminister: Welche Zeitleiste und welchen Finanzierungsplan haben Sie, um diese wichtigen Vorhaben, von der Abfangjägerbeschaffung über die Hubschrauber bis zu den Lufttransportkapazitäten, umzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Budgets für die nächsten beiden Jahre, für 1998 und 1999, liegen ja bereits vor, sie sind beschlossen beziehungsweise soweit ausverhandelt, daß man absehen kann, welche Finanzierungsmöglichkeiten sie bieten. Dort ist ja erst ein Teil des mechanisierten Paketes untergebracht. Das heißt, die Beschaffung der Luftraumsysteme wird zweifellos der Schwerpunkt ab der nächsten Legislaturperiode sein. Sie wird sicherlich nicht innerhalb kurzer Zeit durchzuführen sein, sondern, weil es sich um mehrere Systeme handelt, insgesamt von der Finanzierung her einen weiten Bereich


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umfassen, das heißt, mehrere Systeme und aufgeteilt auf mehrere Jahre. (Abg. Scheibner: Das ist aber eher tragisch!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Platter, bitte.

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Herr Minister! Die Hubschrauber werden in vielseitiger Art und Weise verwendet, sei es zur Unterstützung der Bodentruppen, aber auch im Assistenzeinsatz. Gibt es in diesem wichtigen Rüstungsbereich Verbesserungen? Wenn ja, welche?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben auf diesem Sektor Verbesserungen durchgeführt, um auch verbesserte Überwachungsmöglichkeiten zu haben, und zwar insbesondere bei den Hubschraubern, die im Assistenzeinsatz jetzt nicht nur an der burgenländischen, sondern auch an der niederösterreichischen und oberösterreichischen Grenze eingesetzt werden beziehungsweise einzusetzen sind. Wir haben sie mit einer besonderen Nachtsichtfähigkeit und anderen technischen Ausrüstungen ausgestattet, wodurch sich die Sicherheit und auch die Möglichkeiten der Erkennung deutlich gegenüber der bestehenden Flotte erhöht haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit der Beschaffung von Transportflugzeugen und Kampfhubschraubern hat es im Vorfeld einen Bestechungsversuch gegeben, in den ein Mitglied des Verteidigungsausschusses verwickelt war, ein Mitglied der ÖVP. Dieses Mitglied mußte zurücktreten. Wie weit waren Sie von dieser Bestechungsaffäre im Vorfeld informiert? (Unmutsäußerungen bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: In keiner Weise. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die von Ihnen angesprochenen begrenzten Mittel sind in erster Linie darauf zurückzuführen, daß wir einen zu hohen Personalkostenanteil im Budget haben und Sie nicht bereit sind, diesen hohen Anteil an Personalkosten zu reduzieren. Daher fehlt es Ihnen an Mitteln für den Investbereich. (Rufe bei der ÖVP: Frage!) Was die Frage der angesprochenen Transportsysteme betrifft, ist es so, daß diese für die Versorgung unserer Verbände im Ausland und für die Rückführung in der Krise sehr wichtig sind. Warum wehren Sie sich so dagegen, daß jene Systeme, die für die Sicherheit unserer Soldaten so wichtig sind, auch beschafft werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ich muß Sie in der ersten Phase leicht korrigieren. Es ist so, daß wir seit 1991 ständig Rationalisierungen und einen Abbau von Planstellen durchgeführt haben, um eben Freiraum für Investitionen zu bekommen beziehungsweise um den Betriebskostenanteil möglichst niedrig zu halten. Wir werden das in eiserner Konsequenz auch in Zukunft durchführen, einfach weil es eine Notwendigkeit darstellt. Es ist aber nicht zu erwarten, weil es ja auf der anderen Seite auch das Bedürfnis nach einer Professionalisierung gibt, weil die Systeme komplexer werden und weil das ja teilweise nur mit berufsmäßigen Leuten durchzuführen ist, daß das sozusagen eine ausreichende Möglichkeit ist, entsprechende Mittel für Investitionen bereits in so großem Umfang zu bekommen, daß damit alles angeschafft werden könnte.


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Wir versuchen auf der einen Seite, damit einfach dringend notwendige Anschaffungen zu ermöglichen, und müssen uns auf der anderen Seite bemühen, auch den Sachaufwandsanteil selbst zu erhöhen, weil dort ja natürlich – zumindest in gewissen Bereichen – auch steigende Kosten vorhanden sind, um das durchführen zu können. Ich würde gerne den gesamten Bereich der notwendigen Anschaffungen unmittelbar in nächster Zeit erledigen. Leider geht es mir da so ähnlich wie den meisten meiner Berufskollegen in den anderen Ländern: Die Mittel sind begrenzt, und wir müssen uns auf das Notwendigste beschränken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage: Herr Dr. Antoni, bitte.

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Halten Sie im Lichte der verstärkten Anforderungen aus dem internationalen Bereich, der Friedenssicherung, der humanitären und der Katastrophenhilfe, den Aufbau einer entsprechenden österreichischen Lufttransportkapazität für erforderlich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich halte ihn langfristig für erforderlich. Selbstverständlich ist die Abstützung auf ein eigenes System eine wichtige Komponente auch der Sicherheit in Krisenfällen und einer ordnungsgemäßen Versorgung der eigenen Truppe. Sie ist langfristig unverzichtbar. Sie ist unter dem Mittelfristaspekt natürlich immer eine Frage der Prioritätenreihung.

Da man auf dem Gebiet des Lufttransportes Kapazität im Normalfall zukaufen kann und es auch derartige Angebote gibt, haben wir diesen Komplex bisher immer in der Priorität soweit zurückgereiht, weil wir etwa im Bereich der mechanisierten Kräfte der eben angesprochenen Panzertruppe oder im Bereich der Hubschrauber oder der Kampfflugzeuge selbstverständlich nichts durch private Zusatzleistungen ersetzen können, sondern dort sind wir auf das angewiesen, was wir haben. Daher steht das im Vordergrund der Beschaffungsprogramme in der unmittelbaren Zukunft.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir kommen zum vierten Fragenthema: militärische Beschaffungen. Die Frage formuliert Abgeordneter Ing. Tychtl.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

164/M

Halten Sie es für sinnvoll, daß es bei militärischen Beschaffungen neben dem militärischen Pflichtenheft ein wirtschaftliches gibt, damit insbesondere bei Beschaffungen, die nur im Ausland getätigt werden können, auch wirtschaftliche und industriepolitische Überlegungen miteinbezogen werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ja, ich halte das im Rahmen der Möglichkeiten für sinnvoll und unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten auch für notwendig.

Es ist so, daß der überwiegende Anteil aller Beschaffungen des österreichischen Bundesheeres – im Durchschnitt der letzten Jahre in einem Ausmaß von deutlich über 80 Prozent – im Inland erfolgt und damit direkt der österreichischen Wirtschaft zugute kommt, daß wir aber bei dem verbleibenden Anteil, das heißt, bei den Systemen, die im Inland nicht erhältlich sind, großen Wert darauf legen, daß bei dessen Beschaffung auch Kompensationsgeschäfte durchgeführt werden. Selbstverständlich muß für uns dabei sozusagen der militärische Nutzen im Vordergrund stehen. Es gibt aber bei jedem größeren dieser Aufträge auch die zusätzliche Ver


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pflichtung, die im Offert bereits enthalten ist, für Kompensationsgeschäfte Offerte zu legen, die dann vom Wirtschaftsministerium entsprechend zu bearbeiten sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Zusatzfrage wird gewünscht.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich darf beim Thema bleiben. Es gab heute schon eine Frage betreffend dieses zehnjährige Rüstungsbeschaffungsprogramm. Wann werden Sie dieses zehnjährige Programm vorlegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Wir sind laufend in Gesprächen über die Beschaffungsvorhaben. Es ändert sich natürlich auch das Beschaffungsprogramm aufgrund der Notwendigkeiten und der budgetären Möglichkeiten laufend. Das heißt, das ist nicht ein einmal abgeschlossenes Programm, sondern es setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Projekten, die im Laufe der Zeit eben auch unterschiedliche Prioritäten haben. Genau über diese Prioritäten und über diese Projekte, wie etwa das Mech-Paket oder die Frage der notwendigen Beschaffungen für ein zukünftiges Kampfflugzeug, für Hubschrauber et cetera, sind Gespräche im Gange. Da ist es wichtig, daß die Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt getroffen und nicht jahrelang Diskussionen geführt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Scheibner.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Bei Beschaffungen für das Bundesheer ist es natürlich am besten, soweit wie möglich auf inländische Produkte oder auf Produkte mit einer möglichst hohen inländischen Wertschöpfung zurückzugreifen. Wir haben im vorigen Jahr im Rahmen des Mech-Pakets auch beschlossen, 250 Radpanzer der Firma Steyr und auch 114 Schützenpanzer der Firma Steyr zu beschaffen. Sie haben zugesichert, daß noch heuer der Vertrag abgeschlossen wird. Meinen Informationen nach ist das bis jetzt nicht passiert.

Meine Frage: Können Sie Ihre Zusage einhalten, daß dieses österreichische Produkt noch heuer vertragsmäßig abgesichert wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben im Rahmen des Landesverteidigungsrates im letzten Jahr beschlossen, daß das sogenannte Mech-Paket aus vier Bestandteilen besteht, nämlich Übernahme von LEOPARD und JAGUAR und Neukauf der zwei von Ihnen angesprochenen Produkte: damals hat es noch ASCOD geheißen, heute heißt es ULAN sowie PANDUR. Es hat sich gleichzeitig aufgrund der Komplexität und der Größe dieses Paketes auch ergeben, daß eine gewisse Abfolge in der Beschaffung eintritt.

Selbstverständlich war es notwendig, zuerst die zwei schwierigsten Systeme, nämlich JAGUAR und LEOPARD, zu übernehmen, weil es da einen immens langen Vorlauf, was die technische Vorbereitung und die Übernahme betrifft und auch was bezüglich der Ausbildung des Kaderpersonals und der Grundwehrdiener et cetera erforderlich ist, gibt. Letztendlich geht das bis hin zu den Planungen der bereits angesprochenen Munitionsbeschaffung.

In unmittelbarer Folge, nämlich in der zweiten Hälfte des Jahres, sollte dann auch mit der Beschaffung von ASCOD/ULAN beziehungsweise PANDUR begonnen werden. Es sind die entsprechenden Gespräche bereits angelaufen. (Abg. Jung: Keine Beschaffung! Die Unwahrheit vorher!) Das heißt, es gibt äußerst intensive Gespräche, in deren Verlauf durchaus auch offene Fragen aufgetreten sind. Bei ASCOD/ULAN steht zweifellos die Frage der Vergleichbarkeit von Kosten im Vordergrund. Beim PANDUR hat sich aus der praktischen Erprobung, weil wir ja den PANDUR als ersten beschafft und damit auch die ersten Erfahrungen im praktischen Einsatz und in der Übung gehabt haben, die Frage ergeben, etwa was die Größe, die Länge und Breite betrifft, ob man genau bei den ersten 68 bleiben soll oder ob es nicht zweckmäßiger wäre, auf etwas veränderte Größenverhältnisse überzugehen, was sich daraus ableiten läßt. Diese


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Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Ich lege aber größten Wert, ja sogar Druck darauf, daß es diesbezüglich zu einem raschest möglichen Abschluß kommt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage: Kollege Amon, bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Welche Auswirkungen hätte ein eventueller NATO-Beitritt auf das Beschaffungswesen des österreichischen Bundesheeres?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Eine NATO-Zugehörigkeit, das heißt ein Vollbeitritt zur NATO, hat keine unmittelbaren Auswirkungen im Sinne von Verpflichtungen oder auch von bestimmten Vorteilen beim Beschaffungswesen. Aber was man langfristig zweifellos ableiten kann, ist, daß es durch die Zugehörigkeit zu einer Organisation in der Form Verbesserungen gibt, daß man bei der Stückanzahl von Systemen darauf Bedacht nehmen kann, daß man sich im Krisenfall auf die Gesamtorganisation abstützen kann. Das heißt, daß man tatsächlich auf Minimalbestände übergehen kann und daß man natürlich gemeinsam auch deutlich günstiger einkaufen kann, als wenn man als relativ kleines Land für eine kleine Armee in die Eigenentwicklung beziehungsweise in die vollständige Eigenbeschaffung von Großsystemen eingeht.

Das heißt, aus dem Verbund ergibt sich zweifellos ein eindeutiger Kostenvorteil. Das ist nicht nur meine Ansicht. Genau die gleiche Ansicht vertreten auch sämtliche neuen Mitglieder der NATO, die als Kandidaten dabei sind übernommen zu werden, wie Ungarn, wie ich erst in der letzten Woche unmittelbar aus einem Gespräch erfahren konnte, oder die Tschechen oder die Polen, aber auch die alten Mitglieder. Ich kenne aus meinen Gesprächen mit den Verteidigungsministern von Dänemark, Belgien und Holland, also von Staaten vergleichbarer Größenordnung, deren Ansicht und auch deren Praxis, daß sie etwa zu dritt oder zu viert ein Großsystem bestellt und damit auch den Vorteil gehabt haben, wie ein Großstaat einkaufen zu können, das heißt den Vorteil der großen Mengen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Mag. Peter.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Kompensationsgeschäfte sind bei Beschaffungsvorgängen eine Selbstverständlichkeit. Die Frage erübrigt sich, wieweit sie erfüllt werden. Welche Möglichkeiten des Controllings haben Sie inhaltlich und zeitlich, ob diese im Zuge des Beschaffungsvorgangs abgeschlossenen Kompensationsgeschäfte auch tatsächlich stattfinden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben die Möglichkeit, darauf Einfluß zu nehmen, daß wir bei der Offertstellung nicht nur dazu auffordern, sondern daß wir auch mit der Zuschlagserteilung solange zuwarten, bis entsprechende Angebote von den bietenden Firmen nicht nur für den unmittelbaren Hauptnutzen, nämlich das militärische Gerät, erfolgen, sondern auch für Kompensationsgeschäfte vorhanden sind. Die Abwicklung, das heißt die Angebotserstellung, die Überprüfung, die Bewertung und auch die entsprechende Abwicklung über Jahre hinaus, erfolgt im Bereich des dafür zuständigen Ministeriums, das ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, weil dort auch die entsprechende Fachkompetenz vorhanden ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts haben sich nun die Rüstungsindustrien der NATO-Länder verstärkt in diesen Reformländern engagiert. Ebenso sind nach Ihrer Ankündigung, daß Österreich der NATO beitreten sollte und daß sich Österreich so verhalten sollte, als ob es NATO-Mitglied wäre, ver


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stärkte Bemühungen der Waffenindustrie in Österreich zu verzeichnen. Wie beurteilen Sie diesen Vorgang?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe von diesen verstärkten Bemühungen der Waffenindustrie in Österreich bisher nichts bemerkt. Offensichtlich kommt sie zu Ihnen und nicht zu mir. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum fünften Fragenkomplex: Herr Abgeordneter Murauer formuliert seine Anfrage.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

185/M

Wie beurteilen Sie eine – kürzlich auch vom Bundesministerium für Inneres gewünschte – Verlängerung des Assistenzeinsatzes des österreichischen Bundesheeres an der Ostgrenze über das Jahr 1999 hinaus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich stehe absolut positiv dazu, weil ich es nicht nur als verfassungsmäßige Aufgabe ansehe, daß wir für den Schutz unseres Landes da sind und auch Assistenzleistungen im Sicherheitsbereich oder in Katastrophenfällen erbringen. Selbstverständlich haben wir auch humanitäre Hilfeleistungen zu erbringen oder auch Solidarität im Ausland zu üben. Das ist die verfassungsmäßige Komponente.

Darüber hinaus ist es mir gerade als jemand, der selbst an der Grenze wohnt, ein unmittelbares Anliegen, daß unsere Grenzen auch über den unmittelbaren Aspekt der äußeren Sicherheit hinaus entsprechend für die dort ansässige Bevölkerung geschützt und sicher sind. Ich bin daher dem Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres im Burgenland von allem Anfang an äußerst positiv gegenübergestanden, weil er für die dort ansässige Bevölkerung nach meinen eigenen Erfahrungen ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer persönlichen Sicherheit ist.

Wir haben zurzeit 2 000 Soldaten an der burgenländischen Grenze. Wir haben im Laufe der letzten Jahre weit über 30 000 Aufgreifungen gehabt und haben darüber hinaus – wahrscheinlich aufgrund unserer Präsenz – auch verhindern können, daß es zu keinen weiteren 10 000, wenn nicht 100 000 illegalen Grenzübertritten gekommen ist. Selbstverständlich ist das nicht nur unter diesem Nützlichkeitsaspekt für die Sicherheit zu sehen, sondern wirft auch die Frage auf, ob dies auch einen Vorteil für das österreichische Bundesheer hat. Und der Vorteil, den man unmittelbar daraus ableiten kann, ist, daß es dort zu einem Leben außerhalb der Kaserne kommt, das heißt, Kaderpersonal mit Grundwehrdienern, die gesamte Mannschaft geht hinaus und führt einen Einsatz durch. Sie können bestimmte Organisations- und Führungssysteme nicht nur erproben, sondern müssen sie auch leben.

Weiters habe ich auch festgestellt, daß die Grundwehrdiener selbst einen sehr hohen demokratiepolitischen Gewinn aus dieser Funktionserfüllung ziehen können, und zwar in der Form, daß sie zum ersten Mal mit Flüchtlingsfragen konfrontiert sind, daß sie sich auch damit auseinandersetzen, welches Schicksal sich dahinter verbirgt oder welches Schicksal hinter dem Versuch steht, illegal eine Grenze zu übertreten. Es wird sehr viel darüber diskutiert, ich sehe das auch als eine Weiterbildung im humanitären Sinne beziehungsweise im demokratiepolitischen Sinne an. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Murauer wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte sehr.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben in der Beantwortung darauf hingewiesen, daß ein entsprechender Nutzen für das Bundesheer und für die dort eingesetzten Präsenzdiener beziehungsweise Berufssoldaten erwächst. Für mich stellt sich natürlich


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auch eine Frage im Zusammenhang mit den Kosten. Wie hoch sind die Kosten für diesen Einsatz der Grenzsicherung im Osten im Vergleich zum Nutzen, und steht das in einem entsprechenden Verhältnis?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben im Vorjahr einen Gesamtaufwand in der Größenordnung von zirka 377 Millionen Schilling für diesen Bereich gehabt. Das ist selbstverständlich nur ein Bruchteil dessen, was man aufwenden müßte, wenn man das mit Polizei- oder Gendarmeriekräften organisieren wollte. Eine derart dichte Überwachung – sie macht nur Sinn, wenn sie auch tatsächlich dicht ist – mit beamteten Kräften würde einen mehrfachen Aufwand mit sich bringen, der allerdings dadurch, daß es sich auf Sicht gesehen um eine begrenzte Zeit handeln soll, nicht sinnvoll wäre.

Das heißt, es ist ein Aufwand gegeben, der auch unser Budget belastet; das muß ich dazusagen. Ich sehe allerdings die Sicherheitsfunktion des Heeres auch auf diesem Gebiet als so wichtig an, daß ich auch bereit bin, diesen Aufwand zu tragen. Es ist eine unserer verfassungsmäßigen Aufgaben, nicht nur den Schutz der Grenzen im militärischen Bereich zu gewährleisten, sondern auch Assistenzleistungen für die Sicherheit unseres Landes auf Anforderung anderer Behörden zu erbringen. Das ist eine unmittelbare und sehr wichtige Aufgabe des österreichischen Bundesheeres, die überdies auch von der Bevölkerung in einem besonders hohen Ausmaß akzeptiert wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Im Falle kurzer Fragen und kurzer Antworten könnten wir es schaffen, alle noch vorgesehenen Anfragen aufzurufen.

Eine Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte sehr.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Abgesehen von der problematischen Entwicklung einer zivilen Gesellschaft, daß, nachdem jahrzehntelang die Nachbarn verhöhnt worden sind, daß sie einen Eisernen Vorhang haben, wir diesen jetzt auf der anderen Seite errichten, wäre es nicht angesichts dieser Tatsache sinnvoller, das Geld, das wir für die Verteidigung zur Verfügung haben, für soziale und wirtschaftliche Hilfe in unseren Nachbarländern zu verwenden und nicht an der Grenze hochzurüsten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Das ist eine Frage, die sich mancher Staatsbürger vielleicht im ersten Augenblick oberflächlich stellen könnte. Gehen Sie nur von der ganz konkreten Situation in Exjugoslawien aus: Hunderttausende Menschen haben dadurch, daß sie keine Sicherheitsleistung erfahren haben, daß niemand bereit war, sie zu schützen, ihr Leben eingebüßt. Andere sind vergewaltigt worden, vertrieben worden, das Land ist zerstört worden. Auf Jahrzehnte hinaus, kann man sagen, befindet sich das Land in einem wirtschaftlichen Zustand, der nicht nur jämmerlich ist, sondern der auch besagt, daß sie auf den niedrigst möglichen Standard überhaupt zurückgefallen sind. Wenn Sie einmal nach Bosnien fahren und sich anschauen, was dort passiert ist, wie dort heute noch die Häuser aussehen, wie dort die Wirtschaftsstruktur aussieht, dann werden Sie sagen (Abg. Wabl: Das war die eigene Armee, Herr Minister! Das war die eigene Armee! Die eigene Armee war das!), es lohnt sich wirklich, auch wirtschaftlich, für die Sicherheit vorzusorgen, und daher trete ich auch dafür ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Moser. – Bitte sehr.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich glaube, daß die Entwicklung am Balkan nicht im Zusammenhang mit dem Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Grenze zu Ungarn gesehen werden kann. Und ich möchte Ihnen auch ganz entschieden widersprechen, daß es eine Aufgabe des Bundesheeres ist, gegen illegale Grenzgänger eingesetzt zu werden. (Beifall der Abg. Dr. Schmidt. )


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Ich möchte Sie daher fragen: Auf welcher verfassungsmäßigen Grundlage sehen Sie den Einsatz des Bundesheeres, nachdem wir damit jetzt schon in das sechste Jahr gegangen sind und wir offensichtlich sicherheitspolizeiliche Aufgaben zu übernehmen haben? Worin sehen Sie die verfassungsmäßigen Grundlagen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Als erstes möchte ich Sie einmal in der Form korrigieren, daß man zweifellos die Auswirkungen des Balkankrieges auch bei den illegalen Grenzübertritten in einem enormen Ausmaß zu spüren bekommt. Selbstverständlich ergibt sich aufgrund einer militärischen Krise eine Flüchtlingsbewegung, und wir alle haben es miterlebt, wie Zehntausende, ja Hunderttausende sozusagen in angrenzende Staaten gedrängt haben. (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. ) Da geht es darum, sie ordnungsgemäß aufzunehmen. Wir haben auch in diesem Falle eine Asylpolitik, die, wenn es die politischen Umstände erfordern, Flüchtlingen eine entsprechende Aufnahme bietet. (Abg. Hans Helmut Moser: Das sind doch keine Flüchtlinge!) Noch immer sind etliche Gebäude in Österreich dafür vorgesehen. Das österreichische Bundesheer hat etwa in Vorarlberg eine ganze Kaserne dem Bundesministerium für Inneres überlassen, um sie für die Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung zu stellen, wie Ihnen sicherlich bekannt ist.

Auf der anderen Seite wissen wir aber auch, daß darüber hinaus eine Reihe von illegalen Grenzübertritten erfolgt, die dann, wenn keine entsprechende Überwachung gegeben ist, Jahr für Jahr in die Zehntausende gehen würden. Selbstverständlich bedeutet das nicht nur eine soziale Problematik für Österreich, für die Betroffenen selbst, sondern hat auch enorme wirtschaftliche Auswirkungen. Denken Sie nur an die Kosten! Das, was die verfassungsmäßige Grundlage ist, ist die verfassungsmäßige Aufgabe des österreichischen Bundesheeres, Assistenzen zu leisten.

Herr Abgeordneter! Die Frage, die Sie sicherlich berechtigterweise stellen können, die auch von etlichen in dieser oder ähnlicher Form gestellt wird, lautet: Ist es richtig, eine Aufgabenstellung, die sich über mehrere Jahre hinzieht, durch Assistenzen durchzuführen, oder sollte man nicht sozusagen eine konstante Vorsorge treffen? – Ich bin bereits in meiner letzten Anfragebeantwortung in der Form darauf eingegangen, daß man davon ausgehen muß, daß sich das trotz alledem über eine begrenzte Zeit erstrecken wird. Wir müssen auch davon ausgehen, daß das Ende des kalten Krieges eine derart globale Maßnahme war, daß sich daraus auch nicht in den üblichen Zeiträumen Konsequenzen und Gegenmaßnahmen ableiten lassen, wie das etwa bei einer Naturkatastrophe der Fall ist, sondern daß man auch auf diese Zeiträume Bezug nehmen muß.

Daher trete ich dafür ein, daß für einen begrenzten Zeitraum, auch in der Zukunft, diese Assistenzleistung des österreichischen Bundesheers an der burgenländischen Grenze erfolgt, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, denn das muß im Vordergrund stehen. Die verfassungsmäßige Grundlage ist vorhanden, auf ihr bauen wir auf, um das entsprechend durchführen zu können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hans Helmut Moser: Nicht die illegalen Grenzgänger!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Zusatzfrage dazu von Herrn Abgeordneten Kiermaier. – Bitte.

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Bundesminister! Welche Pionierkräfte stehen nach der von Ihnen vorgesehenen Adaptierung der Heeresgliederung 92 für die Assistenzleistung bei Elementarereignissen und in Katastrophenfällen zur Verfügung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Wir haben keine Veränderung bei den Pionierkräften geplant, ganz im Gegenteil. Die geplanten Maßnahmen beziehen sich im wesentlichen darauf, in den Verwaltungsstellen zu rationalisieren, in den Kommanden zu rationalisieren und freiwerdendes Potential den Truppen zur Verfügung zu stellen. Das, was passiert, sind gewisse Umgruppierungen, auch aufgrund der veränderten


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Aufgabenstellung, etwa aufgrund verstärkter Führungsfähigkeit für Auslandsaktivitäten, und auf der anderen Seite auch teilpräsente Kräfte im Bereich der Infanterie, in ähnlicher Weise wie wir das bei der mechanisierten Truppe bereits haben.

Zu den Pionierkräften ist zu sagen, daß wir großen Wert darauf legen, daß wir sie in Zukunft verdichten können, das heißt, daß wir mehr Grundwehrdiener, auch mehr Kaderpersonal von dem Potential, das zur Verfügung steht, auch für die Pionierkräfte aufwenden können. Das heißt, sie sind Nutznießer dieser Rationalisierungsmaßnahmen in den anderen Bereichen.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Letzte Zusatzfrage zu diesem Thema: Herr Abgeordneter Dr. Ofner.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben vergessen, Abgeordneten Kiermaier zu sagen, daß es derzeit kein Pioniergerät, keine schweren Pionierfahrzeuge in Österreich gibt, weil alle in Bosnien sind. Alle Brücken sind irgendwo eingebaut. Die Pioniere können derzeit nur mit Hammer und Zange arbeiten und vielleicht mit ein paar Nägeln. Aber jetzt zu meiner Frage, Herr Bundesminister. Ich bitte Sie, in meinem Fall nicht rechtspolitische und politphilosophische Ausführungen zu machen, sondern konkret auf meine Frage zu antworten.

Man weiß, daß es bei einzelnen Einrückungsjahrgängen drei Verwendungen an der Grenze gibt. Manche Einheiten, manche Soldaten müssen also dreimal mindestens vier Wochen an der Grenze sein. Das führt zu Ausbildungsdefiziten, die nicht mehr wettgemacht werden können. Was werden Sie konkret wann tun, um diesem Übelstand abzuhelfen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Dazu ist zu sagen, daß die Planung vorsieht, daß Grundwehrdiener jeweils nur einmal in den Einsatz gehen. Tatsache ist, daß die Einberufungen nicht regelmäßig erfolgen, sondern es stärkere und schwächere Einberufungstermine gibt. Es ist zum Beispiel der Herbst der mit Abstand beliebteste Einberufungstermin. Das heißt, ein wesentlich größeres Kontingent rückt im Oktober ein als am 1. Jänner oder im Februar oder im April. (Abg. Dr. Ofner: Das wissen wir! Was werden Sie tun?)

Was wir tun, ist, daß wir versuchen, die Einberufungstermine – natürlich auch unter Berücksichtigung der individuellen Erfordernisse – der Grundwehrdiener möglichst gleichmäßig zu gestalten, damit wir auch in den unterschiedlichen Zeiträumen möglichst gleich viele Grundwehrdiener zur Verfügung haben, sodaß wir das möglichst planungsoptimal durchführen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Ausnahmen wird es leider wahrscheinlich auch in Zukunft geben müssen, weil es nicht, auch wenn die Bestrebungen da sind, so exakt durchgeführt werden kann, da sonst die entsprechenden Ausbildungspläne der jungen Grundwehrdiener, die im Herbst dann mit einem Studium, mit einer weiteren beruflichen Ausbildung beginnen wollen, unterbrochen werden oder sich so verzögern würden, daß sie unnötig viel Zeit verlieren, sodaß wir da oder dort Kompromisse machen müssen. Das Ergebnis davon ist, daß wir das bei der Beorderung dann entsprechend zu berücksichtigen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Verteidigungsminister.

Bundesministerium für Justiz

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt noch zu einer Anfrage an den Herrn Justizminister. Diese Frage wird von Frau Abgeordneter Bauer formuliert. – Bitte.

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

174/M

Welche konkreten Maßnahmen planen Sie im Bereich des Familien- und Scheidungsrechts?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Allgemein ist das Ziel der Reform die Stärkung des wirtschaftlich schwächeren Partners in der Ehe und im Falle der Scheidung, insbesondere bei der Teilung der Aufgaben während der Ehe, beim Schutz vor Verlust der Wohnung und im Aufteilungs- und Unterhaltsbereich. Konkrete Maßnahmen sind im Ehewirkungsrecht, im Scheidungsrecht und im Scheidungsfolgenrecht geplant.

Im Ehewirkungsrecht soll eine Verdeutlichung der Pflicht zur partnerschaftlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorgenommen werden, also insbesondere was die in Summe tunlichst möglichst gleichmäßig zu verteilenden Lasten der Erwerbstätigkeit, Haushaltsführung und Kinderbetreuung anlangt. Von einem erzielten Einvernehmen soll bei besonders berechtigten Gründen von einem Partner auch einseitig abgegangen werden können, etwa bei Aufnahme einer Berufstätigkeit. – Unterhalt auch in Geld statt nur in natura, Sicherung des Wohnungsbedürfnisses, Aufhebung der Mitwirkungsverpflichtung im Erwerb des Ehegatten, bessere Entlohnung, wenn solch eine Mitwirkung stattfindet.

Im Ehescheidungsrecht wird es vermutlich nicht möglich sein, vom Verschuldensprinzip gänzlich abzugehen. Wir wollen allerdings alle Verschuldensscheidungsgründe in einem Verschuldenstatbestand, schwere Eheverfehlung mit Zerrüttung, zusammenfassen.

Im Scheidungsfolgenrecht soll aber das Verschuldensprinzip doch in den Hintergrund treten, insofern als es auch möglich ist, den Bedarf stärker als bisher zu berücksichtigen, etwa dadurch, daß unabhängig vom Verschulden dem Bedürftigen Unterhalt dann gewährt wird, wenn die Bedürftigkeit sozusagen ehebezogen ist, sei es, daß er innerhalb der Ehe wegen Kinderbetreuung nicht in der Lage war, einen Beruf zu ergreifen, oder sei es danach. Der Unterhalt soll auch zeitlich befristet sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage.

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Das, was Sie jetzt vorgebracht haben, war uns immer schon ein großes Anliegen, zumal es meistens die Frauen sind, die dann in der Lebensabsicherung, in ihrer weiteren Lebensplanung sogar zu Sozialfällen werden. Immer wieder wird auch – das ist ein Grundproblem – über die gemeinsame Obsorge für die Kinder diskutiert, die zum Teil arm sind, nicht nur weil sie zu Scheidungswaisen, sondern auch förmlich zu Geiseln werden. Aus internationalen Erfahrungen wissen wir aber, daß dieses gemeinsame Sorgerecht nicht unbedingt gerade die beste Lösung ist. Welche Überlegungen stellen Sie in diesem Zusammenhang an?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Abgeordnete! Ich habe schon in einem anderen Zusammenhang erklärt, daß in jenen Fällen, in denen die Eltern trotz Scheiterns ihrer Beziehung zumindest in Fragen der gemeinsamen Kinder einvernehmlich vorgehen wollen und auch – objektiv betrachtet – können und ein solches gemeinsames Vorgehen durchaus – auch objektiv betrachtet – im Interesse und zum Wohle des Kindes ist, die Ausübung der Obsorge durch beide Teile nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.

Ich kann mir etwa ein Modell vorstellen, daß nach der Scheidung bei entsprechendem Einvernehmen, wenn es zum Wohle des Kindes ist, zwar einem Ehegatten die Obsorge übertragen wird, dem anderen aber eine Teilhabe an dieser Obsorge eingeräumt wird, die solange besteht, bis das Einvernehmen nicht mehr gegeben ist oder es nicht mehr zum Wohle des Kindes ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt große Mißstände im Zusammenhang mit Scheidungen, wenn es um die Kosten von Scheidun


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gen geht. Anwälte verdienen Unsummen. Die Gerichtsgebühren sind in Unterhaltsverfahren und bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens meiner Meinung nach ungebührlich hoch. Sie haben diesbezüglich schon Reformen angekündigt. Wann ist mit konkreten Vorschlägen Ihrerseits zu rechnen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.


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Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek:
Ich habe die Rechtsanwaltschaft gebeten, Vorschläge, vor allem was das Aufteilungsverfahren und das Unterhaltsverfahren und deren entlohnungsmäßige Behandlung anlangt, zu machen. Das wurde mir zugesichert. Wir werden zu Beginn des nächsten Jahres in Verhandlungen eintreten, sodaß wir eventuell die für das Frühjahr nächsten Jahres zu erwartende Novelle zur Rechtsanwaltsordnung benützen können, um zumindest eine teilweise Regelung des anwaltlichen Tarifes für diesen Bereich unterzubringen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Dr. Schmidt.

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sowohl Ihren jetzigen Ausführungen als auch Ihren Ausführungen in der Öffentlichkeit ist zu entnehmen, daß Sie am Verschuldensprinzip in Scheidungsverfahren festhalten wollen. Sowohl Beamte Ihres Hauses als auch Sie haben das öfters damit begründet, daß angeblich der gesellschaftspolitische Konsens fehle, um das Verschuldensprinzip zu eliminieren. Aber abgesehen davon, daß ich meine, daß Politik gestalterisch und nicht nur nachvollziehend wirken sollte, frage ich Sie: Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht – unabhängig davon, daß Sie meinen, der gesellschaftspolitische Konsens sei nicht vorhanden – dagegen, das Verschuldensprinzip aus dem Scheidungsverfahren, aus dem Scheidungsrecht zu eliminieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Abgeordnete! Es haben die Diskussion und auch der Vergleich mit Rechtsordnungen anderer vergleichbarer Länder gezeigt, daß bei Verdrängung des Verschuldensprinzips aus der Scheidung selbst dieses bei den Scheidungsfolgen quasi durch die Hintertüre wieder hereingelangt und man auch bei der Regelung der Scheidungsfolgen, insbesondere im Unterhaltsrecht, dann doch im Wege über die grobe Unbilligkeit und andere Instrumente nicht darum herumkommt, auch auf Verschuldenskomponenten Rücksicht zu nehmen. (Abg. Dr. Schmidt: Schuld ist moralisch, und Billigkeit ist finanziell!)  – Nein, keineswegs, Frau Abgeordnete! Das Verschulden selbst kann doch auch dazu führen, daß es unbillig erscheint, jemandem einen Anspruch auf Unterhalt einzuräumen, obwohl er das alleinige Verschulden an dem Auseinandergehen hat.

Was die Aufhebung der Verschuldensscheidungstatbestände als solche anlangt, kann ich nur sagen, daß sich gezeigt hat, daß quer durch alle politischen Lager, insbesondere von seiten der Frauen, darauf gedrungen wurde, daß wir das Verschulden bei der Scheidung selbst grundsätzlich nicht abschaffen. (Abg. Dr. Schmidt: Aber nicht quer durch alle Lager!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wir haben schon öfters gehört – darüber besteht auch Konsens –, daß die wahren Opfer im Scheidungsfall natürlich die Kinder sind, da sie in der Regel einen Elternteil oder das Recht auf einen der beiden Elternteile verlieren und wechselseitig Rechte und Pflichten ungerecht verteilt werden. Sie haben auch gesagt, daß Sie bemüht sein werden, im Scheidungsfalle ein Mediatisierungsverfahren einzurichten, um derartige Härtefälle abzubauen.

Sind Sie der Meinung, daß ein Mediatisierungsverfahren in der weiteren Folge auch Rechtsansprüche ableiten sollte, sodaß nicht nur Pflichten übrigbleiben? Zusätzlich noch: Gedenken Sie bei den Kosten des Scheidungsverfahrens letztendlich auch den Notariatstarif zu ändern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister! Ich bitte um Beantwortung einer Zusatzfrage.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Sie wissen, daß die Mediation im Rahmen eines Modellprojektes durchgeführt wurde, das sich sehr bewährt hat. Wir wollen das verallgemeinern, sowohl durch entsprechende Bestimmungen im Verfahrensrecht, die das Zugänglichmachen der Mediation erleichtern sollen, als auch durch organisatorische Maßnahmen, sodaß Institutionen die Mediation im Wege der Komediation zwischen Juristen, Psychiatern, Psychologen, Psychotherapeuten anbieten und in jenen Fällen, in denen den Mediationspartnern die Bezahlung Schwierigkeiten macht, durch Subventionen unterstützt werden. Insofern sind wir guter Hoffnung, daß es gelingen wird, das auch in die Tat umzusetzen.

Was die Kosten anlangt, ist es so, daß der relative Anwaltszwang im Scheidungs- und im Aufteilungsverfahren eine notarielle Vertretung gar nicht ermöglicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Letzte Zusatzfrage: Frau Dr. Hlavac. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Danke, Herr Präsident. – Herr Bundesminister! Ich möchte nochmals zur Verschuldensscheidung zurückkommen. Sie haben ausgeführt, daß das Hauptproblem eigentlich die Frage des Unterhalts ist, und ich stimme Ihnen diesbezüglich auch zu. Jetzt wird es aber mit der geplanten Novelle eine Änderung im Bereich des Unterhaltsrechts dahin gehend geben, daß mehr auf den Bedarf abgestellt werden soll. Glauben Sie nicht, daß das ein erster Schritt sein könnte, um von der Verschuldensscheidung wegzukommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Ich sehe das schon auch so, daß man eben, wenn man die Frage des Verschuldens nicht von vornherein auch aus dem Scheidungsverfahren wegbekommt, schrittweise das Verschulden im Scheidungszusammenhang zurückdrängen muß. Das ist ein solcher Weg, das Verschulden zurückzudrängen und mehr den Bedarf in den Vordergrund zu stellen. Vielleicht ist das der erste Schritt, dem dann ein weiterer wird folgen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Minister. Ich erkläre die Fragestunde damit für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 3081/AB bis 3086/AB.

2. Initiativanträge:

Zurückziehung: 648/A.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 35 betreffend "Schutz der Pensionen", überreicht von den Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Dr. Harald Ofner.


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2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird (1032 der Beilagen),

Antrag 656/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Novelle zum Waffengesetz;

Rechnungshofausschuß:

Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1996 (III-106 der Beilagen);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 652/A der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird,

Antrag 653/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die heute als verhindert gemeldete Frau Abgeordnete Mag. Gabriela Moser an der heutigen Sitzung doch teilnehmen kann. Die Mitteilung über ihre Verhinderung ist damit gegenstandslos.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2945/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mitteilen, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 2945/AB der Anfrage des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann betreffend internationaler Schlepperring durch den Herrn Bundesminister für Inneres vorzunehmen.

Die kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4, da mir ein Verlangen nach dringlicher Behandlung einer Anfrage nicht vorliegt, um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters gebe ich bekannt, daß Frau Abgeordnete Dr. Petrovic beantragt hat, dem Ausschuß zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens zur Berichterstattung über das Gentechnik-Volksbegehren eine Frist bis zum 20. Jänner 1998 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Diese kurze Debatte wird im Anschluß an die soeben bekanntgegebene Debatte über die Anfragebeantwortung stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Punkte 1 bis 3, 4 bis 6, 7 und 8, 9 und 10, 11 bis 14, 15 und 16 sowie 17 bis 23 der heutigen Tagesordnung jeweils zusammenzufassen und unter einem zu verhandeln.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann werden wir so vorgehen und die genannten Punkte in der Debatte zusammenfassen.


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Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung der heutigen Sitzung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es ist eine Tagesblockredezeit von 9 Stunden in Aussicht genommen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135, ÖVP 126, Freiheitliche 117, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Die Entscheidung darüber liegt beim Hohen Haus.

Ich frage: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit hat der Nationalrat das so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 535/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird (960 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 649/A der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), das Führerscheingesetz (FSG), die Gewerbeordnung 1994 (GewO) und das Strafgesetzbuch (StGB) geändert wird (1041 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 651/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Thomas Barmüller, Dr. Andreas Khol, Mag. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, und über den Antrag 647/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, insbesondere gegen den Alkoholmißbrauch im Straßenverkehr sowie über den Antrag 650/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit speziell im Zusammenhang mit Alkohol am Steuer (1040 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 3 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte, wie soeben vereinbart, gemeinsam durchgeführt wird.

Einem ausdrücklichen Wunsch der Präsidialkonferenz folgend möchte ich im Hinblick auf die komplizierten Vorberatungen, die beschlossenen Fristsetzungen und insbesondere das Ergebnis der gestrigen Sitzung des Verkehrsausschusses zur Erläuterung folgendes darlegen:

Entgegen dem ursprünglich ausgegebenen Aviso für die Tagesordnung, in welchem zur Straßenverkehrsmaterie nur ein Ausschußbericht zum Führerscheingesetz vorgesehen war, zu dem Abänderungsanträge einschließlich eines Antrages betreffend die Promille-Grenze möglich gewesen wären, wurde in den letzten Tagen ein Weg vereinbart, der darin bestanden hat, zusätzliche Anträge zu diesem Thema zu ermöglichen und zuzuweisen und für deren Vorberatung einstimmig eine Frist zu setzen, was zur Folge hat, daß heute mehrere Anträge zu dieser Thematik auf der Tagesordnung stehen, die gemeinsam diskutiert werden.

Dabei handelt es sich erstens um den bereits erwähnten Antrag betreffend Änderung des Führerscheingesetzes, zweitens um einen Antrag der freiheitlichen Abgeordneten betreffend


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Änderung der Straßenverkehrsordnung sowie weiterer Gesetze und drittens um einen gemeinsamen Antrag von Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP, der Liberalen und der Grünen, ebenfalls betreffend Änderung der Straßenverkehrsordnung mit dem zentralen Punkt einer Herabsetzung der sogenannten Alkoholpromille-Grenze, wobei aufgrund der Ausschußberatungen der erst- und der letztgenannte Antrag inhaltlich zur Verhandlung stehen.

Beim zweitgenannten Antrag der Freiheitlichen, das heißt der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen, wurde ein sogenannter negativer Ausschußbericht erstattet. Das heißt, der mit Mehrheit beschlossene Antrag des Verkehrsausschusses lautet dahin gehend, diesen Antrag nicht weiter zu verfolgen.

Meine Damen und Herren! Diese Anträge, die die Punkte 1, 2 und 3 der heutigen Tagesordnung bilden und die vom Verkehrsausschuß vorberaten wurden, werden nunmehr gemeinsam verhandelt und nach Schluß der Debatte getrennt abgestimmt, wobei vom vorsitzführenden Präsidenten vor der Abstimmung noch einmal genau der Gegenstand der jeweiligen Abstimmung bezeichnet werden wird.

Verlangen auf Berichterstattung liegen uns nicht vor. Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als erster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl gemeldet – mit einer freiwilligen Redezeit von 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.14

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verkehrssicherheit ist ein Anliegen, dem in Österreich absoluter Vorrang zukommen muß. Und Alkohol am Steuer hat dabei eine ganz besondere Bedeutung. Ziel einer verantwortungsvollen Verkehrspolitik in diesem Bereich kann daher nur sein, daß die Bürger zum Verzicht auf Alkohol im Straßenverkehr gezwungen werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Freiheitliche Politik war immer darauf ausgerichtet, daß das eintreten soll. Wären unsere Vorschläge in der Vergangenheit angenommen worden, wären unsere Initiativen, Herr Klubobmann, in der Vergangenheit angenommen worden, dann hätten wir heute viele Probleme nicht mehr. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur sind Sie leider wie immer uneinsichtig. Sie wollen keine echten Rahmenbedingungen schaffen, um dieses Problem zu lösen.

Die schrecklichen Unfälle der Vergangenheit beweisen, daß in Österreich der fahrende Trinker das Problem ist. Nicht der Autofahrer selbst, nur der fahrende Trinker ist in Österreich das Problem. Gott sei Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind diese fahrenden Trinker in Österreich eine Minderheit.

Mit der Senkung des Alkohollimits alleine werden Sie dieses Problem nicht lösen. Es gehören Rahmenbedingungen dazu, es gehören gesetzliche Vorschriften dazu, die Sie heute leider auch nicht schaffen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die einzige Lösung ist ein umfassendes Verkehrssicherheitspaket, ein Verkehrssicherheitspaket, das wir nicht verschieben dürfen. Wir haben nichts davon, wenn es, wie ich immer wieder bei den Parteienverhandlungen gestern im Ausschuß gehört habe, heißt: Wir haben einen Unterausschuß, der wird beraten, und dann wird schon irgend etwas kommen. – Das Verkehrssicherheitspaket, die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen heute geschaffen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben keine Zeit mehr, das auf Juni zu verschieben. Die Zeit drängt, wir müssen heute dieses Problem lösen. Aber ein Verkehrssicherheitspaket ist im Vier-Parteien-Antrag nicht enthalten. Der Vier-Parteien-Antrag enthält überhaupt keine Rahmenbedingungen, um das Problem der alkoholbeeinträchtigten Fahrer in Österreich zu lösen.


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Bei uns Freiheitlichen steht der Mensch im Mittelpunkt. Wir wollen durch gesetzliche Rahmenbedingungen Verletzte und Todesfälle verhindern. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden mit Ihren Initiativen, die keine Rahmenbedingungen schaffen, in denen Sie nichts zur stärkeren Überwachung gesetzlich verankern, keine Toten verhindern. Die Unfälle mit Toten gibt es durch Wiederholungstäter, durch Trinker und nicht durch alle Autofahrer in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den vier anderen Parteien! Die Promillesenkung alleine ist zuwenig. Sie ist eine Maßnahme, aber viel zuwenig, um das Problem zu lösen. Unser freiheitlicher Antrag ist daher wesentlich weitreichender als der Antrag der anderen vier Parteien. Ein Verkehrssicherheitspaket ist im freiheitlichen Initiativantrag enthalten. Leider wurde dieser Initiativantrag der Freiheitlichen von allen vier anderen Parteien abgelehnt. Das ging sogar so weit, daß kein einziger Teil, kein einziger Satz der freiheitlichen Initiative in den Vier-Parteien-Antrag übernommen wurde.

Sie waren uneinsichtig. Sie von den vier anderen Parteien haben nur untereinander verhandelt und unseren Antrag, der rechtzeitig auf dem Tisch gelegen ist, überhaupt nicht berücksichtigt. Sie waren nicht bereit, auch nur einen Satz, eine Bestimmung des Initiativantrags der Freiheitlichen zu übernehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bleibe dabei: Sie müssen Rahmenbedingungen schaffen, wenn Sie das Problem Alkohol am Steuer tatsächlich bekämpfen wollen. Unser Initiativantrag beinhaltet gesetzliche Maßnahmen zur stärkeren Überwachung auf Österreichs Straßen. Wir wollen das im Gesetz geregelt haben. Uns genügt es nicht, daß irgendein Minister verspricht: Wir werden das schon machen. Uns genügt es nicht, daß eine Meinungsäußerung des Parlaments vorliegt, während Sie aber nicht bereit sind, die stärkere Überwachung im Gesetz zu verankern. Wir wollen das gesetzlich verankert haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen gesetzlich verankert haben, daß vermehrt Personal auf Österreichs Straßen zum Einsatz kommt. Wir wollen eine verstärkte Verkehrsüberwachung haben. Auch das beinhaltet unser Initiativantrag, nämlich daß wir das gesetzlich regeln, daß wir gesetzlich mehr Personal auf die Straße bringen.

Was machen Sie? – Überhaupt nichts! Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Initiativen der Freiheitlichen in diesem Bereich immer wieder abgelehnt. Ich komme heute noch darauf zurück. Warum haben Sie nicht zum Beispiel diesen einen Absatz über verstärkte Verkehrsüberwachung auf den Straßen, über mehr Einsatz von Personal für die Verkehrsüberwachung in Ihren Initiativantrag übernommen? Was spricht dagegen, wenn Sie das wollen? (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. ) Was spricht dagegen, Kollege Barmüller? – Wenn Sie das wollen, dann hätten Sie es übernehmen können. Sie haben sich aber alle geweigert, das zu machen, weil Sie dieses Problem in Wahrheit nicht ernst nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir fordern die Abschaffung der "Blaulichtsteuer", weil jetzt oft bei Sachschäden nicht mehr die Exekutive gerufen wird. Es gibt wahrscheinlich auf Österreichs Straßen Tausende von Unfällen mit Sachschäden, bei denen Alkoholbeeinträchtigung vorliegt.

Wir wollen, daß die Exekutive auch zu diesen Unfällen mit Sachschäden kommt, und wir wollen, daß die Exekutive dann Überprüfungen vornimmt, ob eine Alkoholisierung vorliegt. Warum verhindern Sie das? – Die "Blaulichtsteuer" ist ein Mittel dagegen, daß die Exekutive gerufen wird. Sie bringt fürs Budget relativ wenig, und ihre Abschaffung wäre eine Maßnahme, die zur Folge hätte, daß mehr Exekutive für die Überwachung, auch im Hinblick auf Alkohol, eingesetzt würde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden endlich zur Kenntnis nehmen müssen, daß sich die Entdeckungswahrscheinlichkeit bei vielen Untersuchungen als die wirksamste Maßnahme zur Bekämpfung des Alkoholproblems erwiesen hat. Daher müssen wir diese Ent


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deckungswahrscheinlichkeit in Österreich erhöhen, daher müssen wir alles dazu tun, daß der Autofahrer, der trinkt, damit rechnen muß, daß er wirklich überprüft wird, und damit rechnen muß, daß das Konsequenzen hat.

In dieser Richtung ergreifen Sie keine Maßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. ) Heute wäre die Gelegenheit dazu – warum machen Sie es nicht, Herr Kollege? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum sind wir Freiheitlichen die einzigen, die jetzt solche Initiativen gesetzt haben? Warum haben Sie sich nur darauf beschränkt, über die Senkung der Promille-Grenze zu sprechen? Warum wollen Sie keine Rahmenbedingungen schaffen? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lippenbekenntnisse genügen uns nicht. Wir wollen, daß Sie endlich handeln!

Und wenn Sie vorhin gesagt haben, Sie wollten eine Überwachung, Sie seien ja sowieso dafür: Warum haben Sie dann am 27. November 1997, also vor wenigen Tagen, im Innenausschuß einen Antrag der Freiheitlichen, der dieses Problem behandelt, der fordert, daß es zu mehr Verkehrssicherheit, zu mehr Verkehrsüberwachung in Österreich kommt, abgelehnt? Es soll einmal gesagt werden: Diesen Antrag hat die Regierungskoalition – die Sozialdemokraten und die ÖVP – abgelehnt! Daher sind das alles nur Lippenbekenntnisse Ihrerseits. Das, was Sie machen, kann dieses Problem nicht lösen.

Ich glaube daher auch nicht, was ich heute im Radio gehört habe: Der Innenminister soll vermehrte Planquadrate angekündigt haben. Wenn Sie das ernst nehmen würden, dann hätten Sie diesen Antrag vom 27. November annehmen müssen. Alles andere sind Lippenbekenntnisse. Es klingt eben gut, wenn man in der Früh in den Nachrichten hört, daß ohnehin mehr getan wird. Das ist populär, aber das ist zuwenig für eine verantwortungsvolle Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir müssen die trinkenden Autofahrer durch Abschreckungsmaßnahmen von der Straße bringen. Daher fordern wir Freiheitlichen in unserem Initiativantrag, daß der Strafrahmen verschärft wird. Was machen Sie? – Viel zuwenig in diesem Bereich! Unser Initiativantrag beinhaltet auch die Erhöhung des Strafrahmens bei fahrlässiger Tötung. Warum wurde im Verkehrsausschuß darüber überhaupt nicht diskutiert – außer von unserer Seite? – Ich habe das eingebracht! Sie haben überhaupt nicht darüber diskutiert – obwohl es Tote, obwohl es Schwerverletzte gibt –, den Strafrahmen zu erhöhen. Das wäre angebracht, das wären Abschreckungsmaßnahmen – aber nicht ein Antrag, der nichts anderes beinhaltet als eine Promillegrenzensenkung!

Für uns Freiheitliche beinhaltet der Vier-Parteien-Antrag keine konsequenten Lösungen. Was wollen Sie damit? – Die Bevölkerung beruhigen, weil die Bevölkerung gesagt hat, es gehört endlich etwas gemacht? (Abg. Mag. Barmüller: Du hast das Gesetz nicht verstanden!) Nein, lieber Kollege Barmüller, du hast es nicht verstanden! Du hast nicht verstanden, daß Abschreckungsmaßnahmen gesetzt werden müssen und die Entdeckungswahrscheinlichkeit erhöht werden muß! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich würde mit dir gerne einmal ernsthaft über Maßnahmen – über umfassende Maßnahmen! – diskutieren. Weißt du, was du in der letzten Zeit gemacht hast? – Weil dich die Medien gefragt haben, hast du deine Öffentlichkeitswirkung genossen! Aber du hast keine einzige Begleitmaßnahme vorgeschlagen, auch im Ausschuß nicht! Wo bleiben deine Vorschläge? Du hast immer nur einen Satz gesagt: Promille-Grenze senken, aber sonst brauchen wir nichts! Du hättest Gelegenheit gehabt, mehr einzubringen, aber das hast du nicht getan. Das gehört einmal gesagt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was soll denn überhaupt Ihr Initiativantrag? Der Beweis, wie inkonsequent Sie sind, ist doch die Form, wie Sie das durchführen! Sie verankern die Senkung der Promille-Grenze im Führerscheingesetz; in der Straßenverkehrsordnung verweisen Sie nur auf das Führerscheingesetz. Wissen Sie eigentlich, was das bedeutet? – Das bedeutet, daß es in der Straßenverkehrsordnung, im § 5, weiterhin heißt, daß man bei Beeinträchtigung nicht fahren darf, man jedenfalls aber beeinträchtigt ist mit 0,8 Promille. Was ist denn das für eine Inkonsequenz? Damit lösen Sie doch nur Verwirrtheit aus! Wenn jemand die Straßen


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verkehrsordnung zur Hand nimmt, liest er, daß die 0,8-Promille-Grenze gilt, wenn jemand das Führerscheingesetz zur Hand nimmt, liest er, daß die Promille-Grenze 0,5 beträgt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Herr Kollege Peter! Nimm bitte zur Kenntnis, daß das ein Unsinn ist! Du trägst diesen Unsinn mit! Ich akzeptiere das, aber es ist und bleibt ein Unsinn! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Ist der Hintergrund dieser Regelung, daß wir in der Straßenverkehrsordnung noch 0,8 Promille stehen haben und im Führerscheingesetz 0,5 Promille, vielleicht der, daß Sie es gar nicht so ernst meinen mit dieser Senkung, daß Sie es gar nicht so ernst meinen damit, das zu bekämpfen, so wie du, Kollege Parnigoni, es mir im Juli im Ausschuß gesagt hast? Du hast damals gesagt: Wenn du willst, daß Planquadrate in Heurigengegenden gemacht werden, dann sage das öffentlich! Traust du dich das? – Ich habe es öffentlich gesagt, nämlich hier am Pult! Und ich würde mir wünschen, daß auch du für Planquadrate in Heurigengegenden eintrittst! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Initiativantrag hat auch versucht, ein anderes Problem zu lösen: die Einnahme von Suchtmitteln. Diesbezüglich haben Sie überhaupt nichts gemacht! Wir verlangen, daß Suchtmitteleinnahme damit verbunden ist, daß man kein Fahrzeug mehr lenken darf, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses Problem, das in Österreich ein sehr bedeutendes ist, haben Sie überhaupt nicht gelöst! Auch dazu gibt es nur eine Initiative der Freiheitlichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihr Vier-Parteien-Antrag beinhaltet keine Initiativen. Ich bin glücklich darüber, daß wir eine gemeinsame Entschließung zustande gebracht haben, mit der kleine gemeinsame Rahmenbedingungen verlangt werden – nicht geschaffen werden, sondern nur verlangt werden! Ich bin auch dankbar dafür, daß das geschehen ist, möchte aber abschließend doch eines feststellen: Die Trinker werden Sie mit der heutigen Beschlußfassung nicht abschrecken. Sie müssen daher mehr machen, als nur die Promille-Grenze zu senken! Die Promillegrenzensenkung alleine ist zuwenig.

Wir Freiheitlichen wollen konsequent gegen trinkende Autofahrer vorgehen. Wir Freiheitlichen wollen Verletzte auf der Straße vermeiden. Wir Freiheitlichen wollen Tote auf Österreichs Straßen vermeiden. Wir Freiheitlichen sind für Alibilösungen nicht zu haben. Freiheitliche Politik bedeutet nämlich Lösungspolitik hier in diesem Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.) Also, Kollege Barmüller, das Liberale Forum hat noch nie etwas gelöst. Du brauchst dich in eine Diskussion über Lösungspolitik nicht einzumischen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich: Beschließen Sie heute nicht nur die Absenkung der Promille-Grenze, machen Sie mehr! Schaffen Sie Begleitmaßnahmen, nehmen Sie die freiheitliche Initiative an – im Interesse der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Rosenstingl! Die Anträge werden offenbar dann von einem anderen Redner eingebracht.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

10.28

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Die Politiker sollten darüber nachdenken, wie es wäre, wenn ihnen selbst ein so tragisches Unglück passiert, argumentiert eine Gymnasiastin des Gymnasiums aus Baden. "Ein einziges verlorenes Menschenleben ist Grund genug, etwas zu tun." – "Kurier", 4. Dezember 1997.


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Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Endlich, im dritten Anlauf, ist es geschafft: Eine Mehrheit für die Absenkung der Alkoholgrenze auf 0,5 Promille im Straßenverkehr erscheint gesichert, und damit wird auch eine langjährige Forderung der Sozialdemokraten erfüllt. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Vorsitzender des Verkehrsausschusses möchte ich einfach danke sagen, allen innerhalb und außerhalb des Parlaments, daß sie mitgeholfen haben, daß Alkohol am Steuer nicht mehr als Kavaliersdelikt betrachtet werden kann. Dank gebührt den vielen Initiativen, etwa der Familie Schauer-Benesch aus Salzburg, die wie viele andere durch einen tragischen Unfall einen ihrer Liebsten verloren hat, den Schülerinnen und Schülern, die mit Demonstrationen, mit Unterschriftenaktionen, mit einer Vorsprache beim Parlamentspräsidenten Unterstützung gegeben haben. Es ist weiters zu danken den Autofahrerklubs – dem ARBÖ, dem ÖAMTC, dem Kuratorium für Verkehrssicherheit –, den vielen Journalisten in allen Bereichen: Mit ihrem Bemühen haben sie zu mehr Verkehrssicherheit, zu weniger Verkehrstoten und Verletzten auf Österreichs Straßen beigetragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Laut APA vom 11. Dezember 1997 hat Herr Klubobmann Mag. Stadler angekündigt, daß eine große Zahl von "F"-Abgeordneten heute für die 0,5 Promille stimmen könnten. Dieser Wandlungsprozeß ist beachtlich, aber, meine Damen und Herren von der FPÖ, er ist zu akzeptieren. 1994 und auch noch heuer im Sommer haben Sie eine Absenkung vehementest abgelehnt. Nun entnehme ich Ihrem Antrag, daß Sie bei über 0,5 Promille Alkohol im Blut als Blutalkoholgrenze Strafen zwischen mindestens 10 000 S und 100 000 S und den Entzug des Führerscheins über einen Zeitraum von zwei Wochen bis sechs Monaten verlangen.

Meine Damen und Herren! Diesen Spagat bringt nicht einmal eine Primaballerina zustande (Beifall bei der SPÖ), und Populismus kann sich auch gegen jenen wenden, der ihn anwendet. Es wird Ihre Angelegenheit sein, dies der Bevölkerung zu erklären, vor allem jenen Menschen, die nicht zu den Großverdienern gehören.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Durch die Änderungen im Führerscheingesetz und in der Straßenverkehrsordnung in zwei Etappen, nämlich im Sommer und heute, haben wir nach dem Grundsatz: Wenn du fährst, trinke nicht, und wenn du trinkst, fahre nicht!, eine umfassende und sinnvolle Regelung zustande gebracht. Wir haben eingeführt, daß die 0,1-Promille-Grenze gelten soll bis zum 20. Lebensjahr für alle Besitzer des Probeführerscheins, für Fahrer von LKWs über 7,5 Tonnen, für alle Busfahrer. Neu eingeführt haben wir die 0,5-Promille-Grenze, und das ist Inhalt des Abänderungsantrages in zweiter Lesung, den ich heute einbringe.

Darin ist vorgesehen, daß es bei der ersten Übertretung 3 000 S bis 50 000 S Strafe und die Androhung des Führerscheinentzuges mit Bescheid geben soll, beim zweiten Mal innerhalb eines Jahres eine höhere Geldstrafe und mindestens drei Wochen Führerscheinentzug, und bei der dritten Übertretung innerhalb eines Jahres soll es eine noch höhere Geldstrafe und mindestens vier Wochen Führerscheinentzug sowie eine Regreßmöglichkeit geben. Diese Regreßmöglichkeit soll allerdings nur für den Fall eines dritten Deliktes innerhalb eines Jahres mit 0,5 Promille eingeführt werden, weil das nicht zu einem Geschäft für die Versicherungen werden sollte, wie das etwa der ARBÖ befürchtet.

Die 0,8-Promille-Grenze bleibt so wie bisher. Im Sommer haben wir uns doch darauf verstanden, und nunmehr nehmen wir mit der Änderung des Führerscheingesetzes auch die entsprechenden Verweisungen vor. Das bedeutet, daß es bei 1,2 Promille 8 000 S bis 50 000 S Geldstrafe und mindestens drei Monate Führerscheinentzug sowie den Regreß und eine verpflichtende Nachschulung gibt, ab 1,6 Promille eine höhere Geldstrafe, mindestens vier Monate Entzug, Regreß, Nachschulung, und außerdem muß ein ärztliches Attest vorgelegt werden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle all jenen, die sich bisher bei 0,8 Promille gesetzestreu verhalten haben, danken, aber gleichzeitig auch anmerken, daß eben medizinische und psychologische Erkenntnisse eine Absenkung auf 0,5 Promille erfordern.


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105. Sitzung / Seite 39

Hohes Haus! Verkehrssicherheit muß natürlich permanent gestaltet werden. Daher haben wir diesen Unterausschuß eingerichtet, daher haben wir uns auf eine gemeinsame Entschließung geeinigt – alle fünf Parteien –, damit wir die Möglichkeit haben, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen. Diese Maßnahmen müssen auch permanent evaluiert werden, neu gestaltet werden, um mehr Verkehrssicherheit zu erzielen.

Hohes Haus! Durch die Änderungen im Führerscheingesetz und in der Straßenverkehrsordnung haben wir nunmehr, glaube ich, eine gute Lösung erreicht. Bei aller Erleichterung über die gesetzliche Regelung bleibt aber die Frage Alkohol am Steuer eine Bewußtseinsfrage. Daher ist auch an dieser Stelle ein Appell an die soziale Verantwortung des einzelnen angebracht.

Ich schließe mit der Erklärung, daß die Sozialdemokraten den Regelungen zustimmen werden, und ich richte an den Verkehrsminister, an die Medien, an die Schulverantwortlichen und an die Autofahrerklubs die Bitte, ihre Aufklärung zu diesem Thema wesentlich zu verstärken. Ich möchte meine Bitte auch auf die Exekutive ausdehnen und bin froh über die gestrige Erklärung, daß durch entsprechende Kontrollen – natürlich auch in Heurigengegenden, gar keine Frage! – dieses Gesetz wirksam werden kann. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP, der Grünen und des Liberalen Forums.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemeldet. – Bitte.

10.36

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates regelt, daß bei der Abfolge der Redner darauf zu achten ist, daß nach einem Für- jeweils ein Gegenredner kommt und sich somit die Für- und Gegenredner jeweils in der Reihenfolge abwechseln.

Ich stelle nun fest, daß bei der ausgegebenen Reihenfolge der Redner offensichtlich Fraktionen wie die Liberalen und die Grünen, die in der Präsidiale angekündigt haben, für den Ausschußbericht zu stimmen, somit also für die eigenen Anträge und nicht gegen die eigenen Anträge zu stimmen, sich bereits als Kontraredner gemeldet haben, was einen eklatanten Mißbrauch der Geschäftsordnung darstellt, der an einem entsprechenden Präzedenzfall in der Präsidialkonferenz schon einmal festgemacht wurde.

Herr Präsident! Ich ersuche Sie, die Rednerliste so umzustellen, wie die Fraktionen in der Präsidiale angekündigt haben, daß sie hier abstimmen werden.

10.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Stadler! § 60 Abs. 1 der Geschäftsordnung besagt: "Jene Abgeordneten, die zu einem in der Sitzung zur Verhandlung kommenden Gegenstand zu sprechen wünschen, haben sich bei einem vom Präsidenten zu diesem Zweck bestimmten Bediensteten der Parlamentsdirektion" – und das geschieht da drüben (auf die neben ihm sitzenden Beamten der Parlamentsdirektion weisend), da bin ich gar nicht eingeschaltet – "mit der Angabe, ob sie ,für‘ oder ,gegen‘ sprechen werden, zu melden." Und je nach diesen Meldungen werden dann die Rednerlisten erstellt.

Ich habe hier das Original: Es haben sich ÖVP pro, ÖVP pro, Freiheitliche kontra, Liberale kontra und Grüne kontra gemeldet. Ich möchte aber, damit wir hier keine Geschäftsordnungsdebatte führen, die fünf Klubvorsitzenden zu mir bitten. Ich unterbreche zu diesem Zweck kurz die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 10.38 Uhr unterbrochen und um 10.41 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, die Plätze einzunehmen.


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Wir haben eine gemeinsame Verhandlung von mehreren Ausschußberichten. Die Vertreter der Liberalen und der Grünen haben mir versichert – und ich glaube das –, daß sie im Ausschuß gegen den 1. Punkt der Tagesordnung Kontrastimmen abgegeben und sich unter Bezugnahme darauf auch im Plenum als Kontraredner zu Wort gemeldet haben. Kollege Haider hat gewünscht, daß wir in der Präsidialsitzung diese ganze Praxis noch einmal besprechen. Das wird auch geschehen. Ansonsten bin ich verpflichtet, Prowortmeldungen als Prowortmeldungen und Kontrawortmeldungen als Kontrawortmeldungen, die sich im vorliegenden Fall auf einen der drei Verhandlungsgegenstände beziehen, entgegenzunehmen.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Peter Rosenstingl gemeldet. Die Redezeit beträgt 2 Minuten. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten.

10.42

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Parnigoni hat behauptet, daß die Freiheitlichen bei Erreichen einer 0,5-Promille-Grenze Strafen zwischen 10 000 S und 100 000 S und Führerscheinentzug für eine Dauer von zwei Wochen bis sechs Monaten fordern. Das ist unrichtig.

Die Freiheitlichen wollen einen Strafrahmen für alle Alkoholdelikte, das heißt, also auch dann, wenn das Blut des Autofahrers einen hohen Promillewert aufweist. Die Verwaltungspraxis zeigt, daß die Verwaltungsbehörden dann je nach Schwere des Deliktes diesen Strafrahmen einsetzen. Das bedeutet, daß natürlich bei 0,5 Promille die geringsten Strafen eines Strafrahmens ausgesprochen werden und bei höheren Promille-Grenzen beziehungsweise bei Wiederholungstätern hohe Strafen.

Es zeigt sich wieder einmal, daß die Behauptungen des Herrn Abgeordneten Parnigoni unrichtig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Sigl gemeldet. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten.

10.43

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Rosenstingl hat behauptet, daß im Verkehrsausschuß nicht besprochen wurde, warum die 0,5-Promille-Frage im Führerscheingesetz geregelt wurde. Ich berichtige tatsächlich, daß im Ausschuß sehr wohl darüber gesprochen wurde. Es muß im Führerscheingesetz geregelt sein, weil nämlich bereits beim zweiten Mal der Führerscheinentzug droht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

10.44

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn noch einmal festhalten, daß heute drei Tagesordnungspunkte unter einem verhandelt werden, daß davon die Punkte 2 und 3 neu sind und daß der Punkt 1 jener Punkt ist, gegen den ich auch im Ausschuß gestimmt habe. Ich halte deswegen auch heute an dieser Meinung fest, weil es in Punkt 1 ausschließlich um das Führerscheingesetz gegangen ist, ohne irgendwelche Begleitmaßnahmen oder eine Absenkung der Promille-Grenze enthalten zu haben. Das ist unzureichend, was ja Herr Abgeordneter Rosenstingl heute bereits mannigfach dargelegt hat.

Aber, Herr Abgeordneter Rosenstingl, insgesamt kann man von dem, was Sie gesagt haben, eigentlich nichts berichtigen, sondern man kann darüber nur den Kopf schütteln. Denn wahr ist vielmehr, daß Sie zu den vehementesten Vertretern der 0,8-Promille-Grenze gehört und Ihr Abstimmungsverhalten auch hier im Hause immer darauf ausgerichtet haben. Sie haben noch im Juli einen Antrag der Liberalen, der selbstverständlich auch schärfere Kontrollen verlangt hat, hier im Hause abgelehnt.


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Sie waren doch auch einer derjenigen, die offensichtlich innerhalb der Freiheitlichen dafür plädiert haben, sodaß Frau Abgeordnete Povysil, die in der zweiten Lesung vor dem Sommer für die 0,5-Promille-Grenze gestimmt hat, die dann auch beschlossen war, letztlich offenbar unter Anwendung des Klubzwangs in der dritten Lesung dagegen gestimmt hat. Sie dürfen auf Ihre Fahnen heften, daß Sie vorigen Juli die Einführung der 0,5-Promille-Grenze verhindert haben. Stellen Sie sich heute nicht hierher und tun Sie nicht so, als wären Sie in diesem Zusammenhang in irgendeiner Art und Weise konstruktiv gewesen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Böhacker! Ich habe Abgeordneten Rosenstingl im Ausschuß erlebt, und ich kann Ihnen in Anbetracht dessen, was dort geboten wurde, nur sagen: Politik ganz ohne Sachverstand ist ein Abenteuer, und das beweist Abgeordneter Rosenstingl immer wieder, auch wenn er hier am Rednerpult steht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Faktum ist doch, daß heute hier ein Antrag zur Diskussion steht und voraussichtlich auch beschlossen werden wird, der eine Senkung der 0,5-Promille-Grenze zum Inhalt hat. Es wird die FPÖ sein, die dagegen stimmen wird, obwohl Herr Abgeordneter Rosenstingl in seiner eigenen Rede sagte: Die Bürgerinnen und Bürger müssen gezwungen werden, auf Alkohol im Straßenverkehr zu verzichten. Gleichzeitig sagte Herr Abgeordneter Rosenstingl: Nur die Senkung der Promille-Grenze ist zuwenig. Wir brauchen mehr Kontrolle.

Ich wiederhole noch einmal: Im Juli haben die Liberalen folgenden Entschließungsantrag eingebracht:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres werden ersucht, die Effizienz des Einsatzes verfügbaren Personals und vorhandener Geräte zur Messung der Fahrgeschwindigkeit und zur Messung des Alkoholgehaltes der Atemluft weiter zu verbessern und dadurch die Kontrolltätigkeit gezielt an neuralgischen Punkten zu verstärken. Darüber hinaus werden die Bundesregierung, insbesondere die Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr und für Inneres ersucht, bewußtseinsbildende Maßnahmen zu setzen, die geeignet sind, beizutragen, das Lenken eines Fahrzeuges unter jeglichem Alkohol-, Suchtgift- oder Medikamenteneinfluß sowie das Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit gesellschaftlich zu ächten."

Das ist genau das, was die Freiheitlichen im Juli abgelehnt haben, und insofern ist Herr Abgeordneter Rosenstingl ein politischer Wiederholungstäter. (Abg. Ing. Reichhold: Das ist alles Blabla! Wo ist eine Personalaufstockung? Wo ist eine Budgetaufstockung? Heiße Luft ist das!) Denn als es am 25. November im Verkehrsausschuß neuerlich um diesen Antrag gegangen ist, hat er ihn in den Unterausschuß verwiesen. Heute hingegen sagt er: Wir müssen unbedingt sofort irgend etwas machen, denn es geht nicht an, daß wir zuwarten. Er ist aber jener gewesen, der auch im Verkehrsausschuß dafür plädiert hat, daß diese Maßnahmen nicht sofort gesetzt werden, sondern erst mit Fristsetzung bis zum Sommer behandelt werden.

Das herauszustreichen ist wichtig, Herr Abgeordneter Rosenstingl, insbesondere deshalb, weil heute auf der Galerie eine Delegation jener Schülerinnen und Schüler aus der V a in Baden sitzt, die ganz wesentlich dazu beigetragen haben, daß ein emotionales Umdenken hier im Hause stattgefunden hat. Daß es Unbelehrbare gibt wie Sie, das nehme ich einfach zur Kenntnis. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ sowie den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Präsident hat heute eingangs festgestellt, daß das Vorgehen insgesamt ein besonderes ist. Es ist unüblich, daß wir noch einen Ausschuß eingeschoben haben, aber auch die Liberalen haben dieser Vorgangsweise ebenso wie alle anderen Fraktionen dieses Hauses zugestimmt. Es ist wesentlich, auch für künftige Fälle, daß, wenn die fünf Fraktionen des Hauses einvernehmlich der Meinung sind, daß so etwas gemacht werden soll, es dann auch stattfinden kann.

Ich möchte auch sagen, meine Damen und Herren, daß in den Bestimmungen, die heute beschlossen werden sollen, rückwirkende Bestimmungen mit enthalten sind. Die Liberalen haben sich oft aus grundsätzlichen Überlegungen gegen rückwirkende Bestimmungen ausgesprochen. Im Fall des Führerscheingesetzes geht es aber darum, etwas zu berichtigen und richtigzustellen,


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was durch die Abstimmung im Juli verbockt worden ist. Damit sind Bestimmungen am 1. November in Kraft getreten, die in ihrer Gesamtheit mangelhaft sind. Dieser Mängelbehebung dient die Tatsache, daß wir die Bestimmungen heute rückwirkend in Kraft setzen. Insofern stimmen die Liberalen auch ausnahmsweise dieser Rückwirkung zu.

Es hat Herr Abgeordneter Parnigoni ausgeführt, daß das Paket, das jetzt insgesamt herausgekommen ist, ein in sich schlüssiges Paket ist, daß in Wahrheit die Promille-Grenzen bereits bei 0,1 beginnen, und zwar für bestimmte Kraftfahrlenker, nämlich für jene mit C- und D-Führerschein und Probeführerschein, und daß sie dann über andere Stufen ansteigen. Betrachtet man jetzt das Gesetz im gesamten, dann wird man erkennen, daß, sowohl was den Strafrahmen als auch die Abstufungen beim Führerscheinentzug angeht, die Lösung insgesamt sehr sinnvoll und auch nachvollziehbar ist. Wir sind froh, daß es heute diese Gelegenheit gibt, etwas nachzuholen, was wir eigentlich schon vor dem Sommer hätten machen können.

Meine Damen und Herren! Ich bin damit bei der langen Geschichte der 0,5-Promille-Grenze in diesem Haus. Es stimmt, daß sowohl die Sozialdemokraten als auch die Grünen und Liberalen, am Anfang auch Herr Abgeordneter Kukacka, für die 0,5-Promille-Grenze eingetreten sind. Und es war erfrischend, zu sehen, daß es durch die Aktion der Schülerinnen und Schüler aus Baden zu einem wirklichen Umdenken hier in diesem Hause gekommen ist, weil dem ganzen parteipolitischen Hin und Her, den ganzen lobbyistischen Interessen auch einmal jene Artikulation der Betroffenheit entgegengestellt werden konnte, die dadurch gegeben ist, daß auf Österreichs Straßen nach wie vor zu viele Menschen aufgrund von unsinnigen Handlungen, Risikobereitschaft und Alkohol am Steuer ums Lebens kommen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Hat er 0,7 gehabt oder was?)

Herr Abgeordneter Bauer! Wenn schon Ihr Verkehrssprecher nur ein bestimmtes Niveau in Verkehrssachen hat, dann sollten Sie sich nicht auch noch einmischen. Es wird nicht besser. Es wird wirklich nicht besser, wenn Sie sich inhaltlich einbringen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Arroganter ...!)

Herr Abgeordneter! Ich sage das vor allem auch deshalb, weil ich mich noch gut an die Sitzung vom 25. November 1997 im Verkehrsausschuß erinnere, in der es die Liberalen waren, die vehement dafür gekämpft haben, und zwar unter Ausnutzung aller Möglichkeiten der Geschäftsordnung, daß wir heute diese Abstimmung haben. Aber es ist in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, daß insbesondere auch ein Umdenken im Bereich der Öffentlichkeit stattgefunden hat, das artikuliert worden ist, daß die Aktion der Petitionsübergabe an den Herrn Präsidenten und viele andere Aktionen maßgeblich dazu beigetragen haben, daß man sich dem nicht mehr verschließen hat können.

Der Vier-Parteien-Antrag, der heute hier zur Abstimmung steht, ist ein Ergebnis konstruktiver Verhandlungen von jenen vier Parteien, die diese Verhandlungen betrieben haben. Daß sich die "F" nicht einbringen wollte, ist ihre Sache. Das müssen sie mit jenen Personen ausmachen, denen sie dann eben gegenüberstehen werden. Aber festzuhalten ist, daß die inhaltliche Lösung, über die heute hier, insbesondere unter Tagesordnungspunkt 3, abgestimmt werden wird, eine sehr sinnvolle und auch eine gemeinsam erarbeitete ist.

Meine Damen und Herren! Es darf aber insgesamt jetzt nicht dabei bleiben. Es darf doch nicht sein Bewenden damit haben, daß wir eine Absenkung auf 0,5 Promille machen und sagen: Jetzt haben wir es geschafft, jetzt können wir uns zurücklehnen! Der erste und wichtigste Schritt wäre doch, daß wir jenen Unterausschuß, der sich mit Verkehrssicherheitsfragen beschäftigt, in diesem Hause auch für permanent erklären. Warum sollen wir denn nicht jenen Unterausschuß, der schon eingesetzt ist, genau dafür verwenden, über einen längeren Zeitraum, jedenfalls bis zum Ende dieser Legislaturperiode, Verkehrssicherheitsmaßnahmen zu beraten, sukzessive umzusetzen, zu beobachten und allfällige Adaptierungen vorzunehmen? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Denn das Ziel sollte doch sein, daß Österreich innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht mehr, so wie es jetzt der Fall ist, im oberen Drittel der europäischen Staaten steht, was Verkehrsunfälle,


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was Tote im Straßenverkehr angeht, sondern wir sollten uns bemühen, innerhalb der nächsten fünf Jahre ins untere Drittel zu kommen. Das geht, da sollte auch Konsens möglich sein. Wir sollten dafür eine nationale Anstrengung unternehmen, denn über 1 500 Menschen, die jährlich auf Österreichs Straßen ihr Leben lassen, sind ein zu hoher Blutzoll. Das Parlament wäre deshalb gut beraten, den Unterausschuß für Verkehrssicherheitsfragen bis zum Ende dieser Legislaturperiode tagen zu lassen und dort auch Maßnahmen sukzessive auszuarbeiten.

Zu diesen Maßnahmen, meine Damen und Herren, gehört jedenfalls, daß Bewußtsein gebildet wird. Das ist mehrfach angesprochen worden und ist Konsens. Es gehört aber nach unserem Dafürhalten, nach Sicht der Liberalen auch zu diesen Maßnahmen, daß wir etwa Spitalskosten nicht länger auf die Allgemeinheit überwälzen, wenn sie im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen stehen, sondern daß wir sagen, das ist ebenfalls über die Haftpflicht abzudecken. Damit wäre gewährleistet – und das ist ein marktwirtschaftlicher Zugang –, daß Personen, die risikobereiter fahren und damit für andere eine erhöhte Gefährdung darstellen, daß Personen, die auch alkoholisiert fahren oder mit einem bestimmten Quantum an Alkoholgehalt im Blut fahren, daß Personen, die sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten, durch ihr gefährdungsorientiertes Verhalten höhere Prämien zur Haftpflichtversicherung zahlen müssen. Das wäre etwas, was sehr konkret gemacht werden könnte und was jedem einzelnen, jeder einzelnen klarmachen würde, daß es auch eine persönliche Verantwortung gibt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum letzten: Meine Damen und Herren! Es sollte auch vermehrt, so wie das im "Report" zu sehen war, das Schicksal jener Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden, die durch Verkehrsunfälle schwer verletzt werden und dann etwa aufgrund eines schweren Schädel-Hirn-Traumas erst wieder die ursprünglichsten und notwendigsten Dinge lernen müssen. Das beginnt bei der Sprache und geht bis hin zur Motorik. Es ist interessant, daß es zwar für Erwachsene ein Rehabilitationszentrum gibt, daß für Erwachsene etwas gemacht wird, aber daß es für Kinder mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma keine Rehabilitationszentren gibt. Es ist notwendig, diese nicht nur für Erwachsene anzubieten, sondern auch für Kinder. Ich glaube, das wäre ebenfalls etwas, was im Rahmen dieses Unterausschusses besprochen werden könnte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wenn es heute gelingt, die 0,5-Promille-Grenze in zweiter Lesung zu beschließen und in dritter Lesung zu bestätigen, dann glaube ich, daß das ein Trost für all jene sein kann, die in den letzten Wochen oder in den letzten Monaten Angehörige durch Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol im Spiel war, verloren haben. Wenn das ein Trost für diese Menschen ist, dann ist das Lohn genug für diese Arbeit. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Es wurde gewünscht, daß die Redezeit auf 13 Minuten eingestellt wird. – Bitte.

10.56

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Für die Österreichische Volkspartei hat seit jeher der Grundsatz gegolten: Jeder Tote, jeder Verletzte im Straßenverkehr ist einer zuviel, und es müssen vor allem Vernunft und Einsicht helfen, Leben zu retten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

So wie man mit Vernunft und Einsicht Auto fahren muß, so muß man auch mit Vernunft und Einsicht und klarer Analyse die eigentlichen Ursachen des Unfallverhaltens analysieren. Mit Emotionalisierung, mit Anheizen der Gefühle werden zwar spektakuläre Bilder in den Magazinen erzeugt, vordergründige Medienkampagnen zur Auflagensteigerung produziert, aber die Sachprobleme, die eigentlichen Ursachen des Unfallverhaltens kommen dabei ganz sicher nicht zutage. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb lehnen wir es ab und haben es von Anfang an abgelehnt, daß dieses Thema für irgendwelche Formen von ideologischen Grabenkämpfen und Ersatzglaubenskriegen mißbraucht wird,


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wie das in den letzten Wochen auch geschehen ist. Und ich lasse weder mich noch einen Teil der österreichischen Volkspartei, noch sonst jemanden in diesem Haus, der bisher für die 0,8-Promille-Grenze war oder es auch in Zukunft noch sein wird, als Schutzpatron der Alkohollenker denunzieren. (Beifall bei der ÖVP.) Wer das tut, meine Damen und Herren, ist entweder unredlich oder unfair, hat sich mit den wirklichen Folgen des Unfallgeschehens nicht auseinandergesetzt oder handelt aus vordergründig parteipolitischen Motiven. Es geht uns ausschließlich um den richtigen Weg zu mehr Verkehrssicherheit! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Das Unfallgeschehen und dessen Ursachen sind so komplex, daß es dafür kein Patentrezept gibt. Das muß einfach gesagt und sollte auch anerkannt werden. Aber ich konzediere zweifellos eines: Die Absenkung auf 0,5 Promille ist für uns primär ein politisches Signal, eine klare Deklaration, daß beim Autofahren kein Alkohol getrunken werden soll, daß Trinken und Autofahren klar getrennt werden müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und in diesem Sinne akzeptiere ich diese Senkung auch als sinnvoll zur Förderung des richtigen Bewußtseins und zur positiven Veränderung des Trink- und Fahrverhaltens mancher Autofahrer. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Viele scheinen aber vergessen zu haben oder zu verdrängen, was unsere Straßenverkehrsordnung bereits jetzt vorsieht. Dort heißt es nämlich in § 5: Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. – Das gilt also schon heute.

Jeder, der unter Alkoholbeeinträchtigung einen Unfall verursacht oder an einem beteiligt ist, ist im Sinne des Gesetzes schuldig und hat alle entsprechenden Rechtsfolgen zu tragen, auch wenn er unterhalb der 0,8-Promille-Grenze liegt. (Beifall bei der ÖVP.) Daher gibt es die 0,8-Promille-Grenze nur für Alkoholisierung ohne Folgen, das heißt, wenn kein Unfall passiert und "nur" eine Alkomatkontrolle vorgenommen wird. – Das sind die Fakten, die wir uns anläßlich der Diskussion der letzten Wochen noch einmal vor Augen führen sollten, da sie bisweilen bewußt verdreht wurden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist angesichts der Tatsache, daß ich mich in der Diskussion der letzten Monate für die Beibehaltung der 0,8-Promille-Grenze ausgesprochen habe, vorgeworfen worden – auch Herr Kollege Barmüller hat das heute wieder gesagt –, ich hätte mir bereits im Jahre 1992, und zwar habe ich das in einer Presseaussendung gesagt, vorstellen können, daß es zu einer Senkung des Limits auf 0,5 Promille kommt. – Jawohl! Ich konnte mir das damals vorstellen, weil es zweifellos bei etlichen Leuten bereits bei 0,8 Promille zu Einschränkungen der Leistungsfähigkeit beim Auto fahren kommen kann. Die Alkoholbeeinträchtigung ist ja eine sehr individuelle Angelegenheit, die nicht nur von der Menge des konsumierten Alkohols, sondern auch von der Körpergröße, vom Gewicht, von den Eßgewohnheiten, vom körperlichen Zustand, vom Gesundheitszustand oder auch vom Geschlecht abhängt.

Es gibt ja entsprechende Untersuchungen dazu, die ich gar nicht in Abrede stellen will. Aber es geht bei unserer Entscheidung nicht um irgendwelche theoretischen verkehrspsychologischen Untersuchungen und deren Ergebnisse, sondern um die konkrete Analyse, wann und bei welchem Alkoholisierungsgrad tatsächlich Unfälle infolge Alkoholkonsums passieren. Die Datenlage ist da ganz klar: Das Problem von Unfällen infolge von Alkoholkonsum liegt nicht im Bereich zwischen 0,5 und 0,8 Promille, sondern weit darüber. Es liegt auch in der Überwachung der bestehenden Gesetzesnormen, denn Alkoholisierung, Einhalten des Tempolimits und Gurtenanlegepflicht werden in diesem Lande zu wenig kontrolliert. (Beifall bei der ÖVP.)

Jeder Verletzte, jeder Tote ist einer zuviel. Wir sollten jedoch anerkennen, daß sich trotz der Vervielfachung des Verkehrsaufkommens die Zahl der Verkehrstoten zwar gegenüber dem Vorjahr erhöht hat, die Bilanz des heurigen Jahres aber noch immer die zweitbeste seit Bestehen der Unfallstatistik in Österreich ist.

Wir sollten uns auch vor Augen führen, daß der Anteil der Verunglückten bei Unfällen unter Alkoholeinfluß an der Gesamtzahl der Verunglückten nur rund 7 Prozent beträgt. Sicherlich ist dies noch immer zu hoch, aber, meine Damen und Herren, das Hauptproblem an unserer Ver


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kehrssituation sind nicht die Unfälle unter Alkoholeinfluß. Das sollten wir zur Kenntnis nehmen. Zuerst kommen nämlich nicht angepaßte Fahrgeschwindigkeit, Vorrangverletzung, weiters riskantes Überholen, Mängel in der Gurtenanlegepflicht – und erst an siebenter Stelle kommt die Alkoholisierung. Auch alle anderen Ursachen müssen massiv bekämpft werden, denn dort könnte man wahrscheinlich quantitativ sogar noch bessere und schnellere Erfolge erzielen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das zeigt auch die Tatsache, daß laut Kuratorium für Verkehrssicherheit in Österreich nur jeder tausendste alkoholisierte Autofahrer erwischt wird, in der Bundesrepublik Deutschland ist es jeder siebenhundertste. – Meine Damen und Herren! Zuerst müssen die wichtigen Punkte angegangen werden – und nicht das vordergründig Populistische und legistisch Einfache. (Abg. Scheibner: Und deshalb können Sie unserem Antrag zustimmen!) Deshalb treten wir auch für eine massive Verkehrsüberwachung ein.

Der Dienstpostenplan zeigt aber leider, daß sich die Zahl der Planstellen, die durch die Zweckbindung von Strafgeldern zur Verfügung stehen, in den letzten Jahren nicht erhöht hat und auch in den nächsten zwei Jahren nicht wirklich erhöht werden wird, obwohl der Betrag an zweckgebundenen Strafgeldern ständig steigt. Meine Damen und Herren! Das widerspricht klar der Intention des Gesetzgebers, die er mit der Zweckbindung der Strafgelder verfolgt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne ist die ÖVP der Ansicht, daß die Zahl des Überwachungspersonals erhöht werden muß, da sonst die Forderung nach einer niedrigeren Promille-Grenze sinnlos bleibt. Die Wahrscheinlichkeit, einen alkoholisierten Autolenker zu fassen, muß erhöht werden. Da muß die Verkehrssicherheitspolitik ansetzen! (Beifall bei der ÖVP.) Normen, die wiederum nicht überwacht werden, beruhigen vielleicht das Gewissen, lösen aber das Problem nicht. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Herr Innenminister Schlögl nun verstärkte Kontrollen für die Zukunft ankündigt, dann ist das positiv; aber es ist schon die Frage zu stellen: Warum ist das nicht schon in den letzten zwei Jahren geschehen? (Beifall bei der ÖVP.)

Das Liberale Forum und im besonderen Herr Kollege Barmüller haben sich in den letzten Wochen als politische Vorreiter einer scharfen 0,5-Promille-Regelung hervorgetan; seit drei Tagen auch von der Freiheitlichen Partei gefolgt. – Das ist wahrlich eine seltsame Koalition ungleicher Zwillinge, wissen wir doch, daß sie aus demselben Ei stammen! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Wie meinen Sie denn das: dasselbe Ei? Besser dies als dieses schwarze Knödel, das Sie da darstellen!)

Vor einigen Wochen tönte es noch ganz anders. Kollege Barmüller hat sich noch im Juli dieses Jahres in einer Sitzung des Verkehrsausschusses gegen höhere Strafen, aber für ein Organmandat, also einen Strafzettel, bis maximal 500 S bei Überschreitung der 0,5-Promille-Grenze ausgesprochen. – Meine Damen und Herren! Das riecht ziemlich nach Alibipolitik, so nach dem Motto: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß". Heute versucht Barmüller, auf der Woge medialer Emotion mitzuschwimmen, gleichsam als politischer Abstauber der Promillediskussion. Doch das ist nicht wirklich überzeugend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Guggenberger: Sie sind ja nicht einmal ein Abstauber!)

Meine Damen und Herren! Auch die FPÖ hat eine Kehrtwendung gemacht. (Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Wir nehmen diese Kehrtwendung der Freiheitlichen Partei zur Kenntnis. (Abg. Haigermoser: Kukacka, du kannst sogar noch im Liegen umfallen! Du bist ein anatomisches Wunder!) Diese Kehrtwendung ist ja nicht nur uns, sondern auch der breiten Öffentlichkeit aufgefallen. Die Freiheitlichen wollen bei diesem Thema auf der Welle des Populismus mitschwimmen, um auch in diesem Bereich ein paar Stimmen zu fischen (Abg. Dr. Ofner: Ihr schwimmt ja schon dort!) , aber ich meine, diese Rechnung bei diesem "Promilleslalom" wird nicht aufgehen. Die Wähler sind zu klug, um das nicht zu bemerken. (Abg. Dr. Ofner: Gott sei Dank!)


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Meine Damen und Herren! Im Juli dieses Jahres wurde auf Initiative der Österreichischen Volkspartei im Nationalrat eine Staffelung der Strafen abhängig von der Höhe der Alkoholisierung beschlossen. Dabei wurde der Führerscheinentzug in einer Stufenpyramide wie folgt gestaffelt: bei 0,8 bis 1,2 Promille mindestens 4 Wochen Entzug, bei 1,2 bis 1,6 Promille drei Monate Mindestentzug mit verpflichtender Nachschulung, bei 1,6 Promille und mehr Mindeststrafe von vier Monaten Führerscheinentzug, verkehrspsychologisches Gutachten, Nachschulung und ärztliche Untersuchung. Das war ein wichtiger Meilenstein für eine problemorientierte Verkehrssicherheitspolitik. (Beifall bei der ÖVP.) Heute wird diese Pyramide auf der untersten Stufe erweitert werden. Das zeigt, wie ernst wir dieses Anliegen schon damals genommen haben.

Meine Damen und Herren! Ich kann mit einer Absenkung der Promille-Grenze aus didaktischen und verkehrspsychologischen Gründen gut leben. Ich möchte jedoch vor Illusionen warnen, die offensichtlich manche Abgeordnete in diesem Saal haben, denn in jenen Ländern, in denen die 0,5-Promille-Grenze schon gilt, sind statistisch nachweisbar kaum weniger Verkehrsunfälle passiert oder waren weniger Unfalltote zu verzeichnen als in anderen Ländern, in denen es die 0,8-Promille-Grenze gibt. (Abg. Wabl: Was heißt "kaum"? Wie meinen Sie das?)

Ich verweise auf eine Studie, die aufzeigt, daß Schweden mit der Herabsetzung des Grenzwertes von 0,5 auf 0,2 Promille keine guten Erfahrungen gemacht hat. Die Senkung des Grenzwertes hat das Trink- und Fahrverhalten der Schweden nicht beeinflußt. Das zeigen dortige Untersuchungen.

Auch in Holland wurde mit der Senkung der Promille-Grenze auf 0,5 Promille nicht der erwartete Erfolg verzeichnet. Dort bewirkte das zwar einen kurzfristigen Rückgang der Fahrten unter Alkoholeinfluß, aber nur bis die Autofahrer feststellten, daß die Exekutive nicht in der Lage war, diese Grenze zu kontrollieren, da weder ausreichend Personal noch die entsprechende Ausrüstung vorhanden waren. Die Folge war ein Anstieg auf das alte Niveau ein Jahr später.

Aus diesen Gründen werden nur die Ausschöpfung der behördlichen und gerichtlichen Strafrahmen, eine stärkere Verkehrsüberwachung, massive Alkoholkontrollen, massive Strafsanktionen gegen alkoholisierte Fahrer sowie eine umfassende und verbesserte Aufklärungsarbeit für jugendliche Verkehrsteilnehmer entscheidende Verbesserungen der Verkehrssicherheit mit sich bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Und darum lehnen Sie unseren Antrag ab?)

Deshalb habe ich auch der Freiheitlichen Partei in der gestrigen Sitzung des Verkehrsausschusses das Angebot gemacht, ihren Antrag in unseren Unterausschuß zu übernehmen, weil viele ihrer Vorschläge richtig und gut sind und daher auch intensiv behandelt werden sollen. Dazu stehen wir; dazu bekennen wir uns auch. Aber solch komplexe Maßnahmen wie die Veränderung der Strafnormen etwa bei gerichtlichen Strafsanktionen können nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden. Deshalb haben wir auch einer Fristsetzung zugestimmt, damit Berichte des Verkehrsministers, des Innenministers und des Justizministers zu dieser Problematik bis Mai nächsten Jahres vorzulegen sind und im Anschluß daran der Unterausschuß sofort zu einem Ergebnis kommen kann.

Meine Damen und Herren! Damit haben wir gezeigt, wie ernst uns diese Sache ist und daß wir auch bereit sind, auf die Vorschläge der Freiheitlichen einzugehen. Wir haben sogar in den Entschließungsantrag, der heute von uns eingebracht werden wird, den Großteil der Vorschläge der Freiheitlichen Partei mitaufgenommen, um ihr zu zeigen, daß es uns um den gemeinsamen Kampf für mehr Verkehrssicherheit geht. Die Freiheitlichen wollen aber wieder eine Sonderrolle spielen: Sie waren nicht bereit, auf unsere Vorschläge einzugehen, und das bedauere ich zutiefst. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Zum Schluß kommend: Das Jugendvolksbegehren gegen Alkohol am Steuer sehe ich grundsätzlich positiv. Es schafft das Bewußtsein, daß Alkohol und Auto fahren so unvereinbar wie Feuer und Wasser sind. Dieses Bewußtsein ist vor allem bei Jugendlichen besonders wichtig. Ich sage folgendes in Richtung jener Leute, die für eine Absenkung der Promille-Grenze eintreten: Trotz der 0,0-Promille-Grenze beim Probeführerschein ist unter den Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren der Anteil der Toten und Verletzten im Straßenverkehr zwei- bis dreimal


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so hoch, als er ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Da handelt es sich um eine ganz besondere Risikogruppe. Deshalb halte ich es für richtig und notwendig, wenn Jugendliche bei Jugendlichen Aufklärung betreiben. Das unterstützen wir auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Ich hoffe, daß mit der heutigen Diskussion und Beschlußfassung wieder eine sachliche und problemorientiertere Behandlung der Verkehrssicherheitsthematik eintritt und die in den letzten Wochen betriebene Emotionalisierung und Kampagnisierung in den Hintergrund tritt. (Abg. Wabl: Was heißt "Emotionalisierung"?) Vor allem hoffe ich, daß alle mit der Absenkung der Promille-Grenze verbundenen Erwartungen – weniger Unfälle und weniger Tote infolge Alkoholkonsums – auch erfüllt werden: im Interesse der Verkehrssicherheit und aller Verkehrsteilnehmer Österreichs. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

11.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Parnigoni hat in seinem Debattenbeitrag einen umfangreichen Abänderungsantrag in seinen Kernpunkten vorgetragen. Im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ist veranlaßt worden, daß dieser Abänderungsantrag vervielfältigt und im Saal verteilt wird; er wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Thomas Barmüller, Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka, Franz Morak, Mag. Gabriela Moser, Klara Motter, Rudolf Parnigoni, Dr. Madeleine Petrovic, Maria Rauch-Kallat, Dr. Heide Schmidt, Andreas Wabl und Genossen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) (BGBl. Nr. 120/1997) in der Fassung des Ausschußberichts (960 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Die Bezeichnung "Artikel I" entfällt.

2. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

,2a: In § 14 wird folgender Abs. 8 angefügt:‘

"(8) Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt."

3. Z 3 wird wie folgt geändert:

,3. § 26 lautet:‘

"§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt, die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 bis 7 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, oder

3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt,


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105. Sitzung / Seite 48

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

(2) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig

1. eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen und beträgt der Alkoholgehalt des Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr, oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,8 mg/l oder mehr, oder

2. eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

(3) Im Fall der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung – sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt – hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

(4) Beträgt bei einem Lenker eines Kraftfahrzeuges der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 g/l (0,5 Promille) oder mehr, aber weniger als 0,8 g/l (0,8 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,4 mg/l, und ist dies der zweite Verstoß gegen § 14 Abs. 8 innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem ersten Verstoß, und liegt bei keinem der Verstöße auch eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 vor, so ist ihm die Lenkberechtigung für mindestens drei Wochen zu entziehen; bei einem dritten derartigen Verstoß innerhalb desselben Zeitraums für die Dauer von mindestens vier Wochen. Beim ersten Verstoß gegen § 14 Abs. 8 ist die Entziehung anzudrohen.

(5) Leistet der Besitzer einer Lenkberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, die Gutachten gemäß § 24 Abs. 4 beizubringen, innerhalb von vier Monaten nach Zustellung des Bescheides keine Folge, so ist ihm die Lenkberechtigung jedenfalls bis zur Beibringung der Gutachten zu entziehen.

(6) Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

(7) Eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei diesen Entziehungen darf die Behörde keine begleitenden Maßnahmen anordnen, es sei denn, die Übertretung erfolgte durch einen Probeführerscheinbesitzer.

(8) Bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z 3 oder Abs. 2 Z 1 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 Z 1 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8."

4. Z 5 wird wie folgt geändert:

"5. § 37 Abs. 3 Z 3 lautet:

"3. eines Kraftfahrzeuges der Klasse D entgegen der Bestimmung des § 21 Abs. 3, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 StVO 1960 vorliegt."

5. Nach Z 5 wird folgende Z 6 angefügt:

,6. § 37 Abs. 5 lautet:‘

"(5) Bei einer Verwaltungsübertretung nach Abs. 3 Z 2 und 3, nach Abs. 4, sowie nach § 37 a finden die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, keine Anwendung."


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105. Sitzung / Seite 49

6. Nach dem § 37 wird folgender § 37a eingefügt:

"§ 37a. Wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 3 000 S bis 50 000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen."

7. In § 43 wird folgender Abs. 7 angefügt:

"(7) § 4 Abs. 8, § 26 Abs. 1 bis 3 und § 26 Abs. 5 bis 8 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. ..., treten mit 1. November 1997 in Kraft."

8. Artikel II entfällt.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.16

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler! Liebe ZuseherInnen und ZuhörerInnen auf der Galerie! Mein Vorredner hat es mir sehr leicht gemacht: Er hat eine sachliche und problemorientierte Diskussion gefordert; er hat den Aspekt der Verkehrssicherheit vorangestellt und gesagt, Alkohol als Unfallursache rangiere erst an siebenter Stelle. – Wenn dem so ist, stellt es trotzdem – ich betone: trotzdem – eine unabdingbare Notwendigkeit dar, auch da den Hebel anzusetzen.

Diese 0,5-Promille-Grenze hat eindeutig Signalcharakter. Sie ist Signal für das Bewußtsein in der Bevölkerung: Alkohol hat nichts mit Auto fahren zu tun. In alkoholisiertem Zustand setzt man sich nicht hinter das Lenkrad und verzichtet daher auf das Auto. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Um diesen Signalcharakter geht es, nicht nur um eine Sicherheitsmaßnahme in einer Skala von eins bis sieben. Es geht um eine Werthaltung, um das Eintreten für Fahrsicherheit, die sonst nicht so gewährleistet ist. (Beifall bei den Grünen.)

Da bin ich auch schon beim Problem: Immer wieder wird das Thema Verkehrssicherheit seitens der ÖVP in die Diskussion geworfen. Lesen Sie die Straßenverkehrsordnung! Schauen Sie in § 94 nach! Dort können Sie nämlich nachlesen, daß die Vollziehung von Maßnahmen Angelegenheit der Länder ist, daß in den Ländern Beamte für Verkehrssicherheit zuständig, Politiker verantwortlich sind und daß in den Ländern Bezirkshauptleute Obsorge für die Verkehrssicherheit zu tragen haben.

Vertreter Ihrer Partei sitzen vorrangig in der Landesregierung. Sie stellen eine Mehrzahl der Landeshauptleute – auch eine Frau ist darunter –, und Sie stellen absolut die Mehrheit bei den Bezirkshauptleuten. Daher liegt es von vornherein immer in der Hand der ÖVP, für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen. Das, was Sie heute geboten haben, Herr Kollege Kukacka, war ein Eingeständnis, eine Auflistung von Verfehlungen Ihrer Landeshauptleute, Ihrer Landespolitiker, Ihrer Bezirkshauptleute! (Beifall bei den Grünen.) Diese müssen nämlich die Planquadrate einteilen und dafür sorgen, daß die Kontrollgeräte effizient eingesetzt werden. Die notwendigen Beamten und Geräte sind vorhanden.

Es gibt eine Untersuchung für Niederösterreich, die zeigt, daß das Verhältnis des Einsatzes von Kontrollgeräten von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich ist und im Verhältnis 1 zu 10 steht. In Niederösterreich wird in einem Bezirk mangelhaft kontrolliert, in einem anderen Bezirk aber zehnmal so oft. Dort liegt der Hase im Pfeffer, dort liegt sozusagen das Übel begraben. Da haben Sie den Hebel anzusetzen! Sonntagsreden und teilweise sehr pharisäerhafte Argumentation reichen nicht aus.


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Schlagen Sie, wenn Sie wollen, weiter in die Kerbe der Verkehrssicherheit – es ist notwendig! –, nur machen Sie auch etwas! Sie haben es über Ihre politische Verantwortung in der Hand. Nehmen Sie diese wahr und nehmen Sie sich selbst beim Wort! – Darin liegt der für mich entscheidende politische Punkt.

Ein zweiter, nicht minder entscheidender Punkt ist, daß Sie sich zwar immer wieder als Wertepartei deklarieren, sich aber gerade in der Diskussion über die 0,5 Promille als sach- und problemorientierte Politiker, die über Emotionalisierung schimpfen und, wenn Leute auf die Straße gehen, von Grabenkämpfen und Glaubenskriegen reden, präsentieren. Emotionen sind jedoch engstens mit Werten verknüpft. Wir wissen, daß wir, wenn wir unseren Werten zum Durchbruch verhelfen wollen, verstärkt auf die Gefühle der Leute eingehen müssen. Daher halte ich es für durchaus berechtigt, in der 0,5-Promille-Debatte die Wert- und nicht nur die Sachfrage – also Platz 7 bei der Verkehrssicherheit – ins Spiel zu bringen. Es geht um eine Werthaltung und um das entsprechende Bewußtsein, es geht darum, daß die Senkung auf 0,5 Promille Signalcharakter hat. (Beifall bei den Grünen.)

In der Debatte vom 8. Juni waren die Schlüsselwörter in den Redebeiträgen Ihrer Fraktion: Gewissen, Alibilösung und Verantwortung. Es war für Sie eine Gewissensfrage. – Ich frage Sie nun, wo Ihr Gewissen bleibt, wenn es um den Erhalt von Leben geht. Ich bin froh darüber, daß es in der ÖVP den Kollegen Rasinger gibt, der sein Gewissen von Berufs wegen voranstellt und sich dazu bekennt, daß das Leben, die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen Vorrang vor irgendwelchen anderen Gewissensfragen, die nur in Kombination mit Lobbyinteressen zu interpretieren sind, haben müssen. (Abg. Dr. Stummvoll: Frau Kollegin! Reden Sie bei der Abtreibung auch so?) Sicher. Keine Frage! (Abg. Mag. Stadler: Das sollte man einmal probieren! Das würde mich interessieren!)

Ein Schlüsselbegriff in der damaligen Debatte war "Verantwortung", und zwar Verantwortung im Zusammenhang mit Partei und Fraktion. Sie wollten sozusagen aus Verantwortung gegenüber Ihrer Fraktion die namentliche Abstimmung nicht zulassen. (Abg. Dr. Stummvoll: Die Stunde der Wahrheit wird auch für Sie kommen, Frau Kollegin!) Was ist dabei herausgekommen? – Ein halbes Jahr Verzögerung, in dem wieder das Leben und die Gesundheit von Menschen riskiert wurden. Sie wissen, daß es sachkundige, problemorientierte Untersuchungen gibt, die zeigen, daß mit einer Senkung der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 bis zu 50 Menschenleben gerettet werden könnten. Dieser Sachlage verschließen Sie sich, obwohl Sie immer wieder sagen, sachbezogen und problemorientiert vorgehen zu wollen.

Vor dem Hintergrund "problemorientierter" Argumentation, die sich sozusagen im Kreis dreht und im Endeffekt nicht zum Ziel führt, sehen wir hingegen die heutige Debatte als Gelegenheit, herauszustreichen, daß erst jene Instrumente, die jedem Staatsbürger, jeder Staatsbürgerin in einer Demokratie zur Verfügung stehen, nämlich Meinungskundgebung und Demonstration, zum Erfolg verhelfen und daß der Druck von der Straße unbedingt notwendig ist, damit in dieses Haus Sachverstand einkehrt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ich hoffe, Sie wissen nicht, was Sie hier daherschwafeln!)

Es soll uns eine Lehre sein, daß nur auf Druck von der Straße, daß nur aufgrund dessen, daß sich Medien hinter die Betroffenen stellen (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wie man so etwas verzapfen kann!), Werte wie menschliches Leben und menschliche Gesundheit Vorrang bekommen.

Ich möchte den Bogen etwas weiter spannen, denn heute ist nicht nur das – hoffentlich – erfolgreiche Ende der 0,5-Promille-Debatte (Abg. Dr. Leiner: Die Drogen wollen Sie freigeben!), sondern es soll auch damit begonnen werden, in der Angelegenheit des Waffenbesitzes endlich klare Regelungen zu schaffen, die einen Anstieg der Zahl der Waffenbesitzer verhindern. (Abg. Scheibner: Dramen durch Drogenmißbrauch! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie mißbrauchen das Rederecht hier!) Wir sind für ein generelles Waffenverbot, ausgenommen bei Jägern und Schützen! (Abg. Scheibner: Tausende Jugendliche wurden durch Drogen in das Elend getrieben!)


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Leben auf der Straße zu retten muß mit der Rettung von Leben im Zusammenhang mit unsachgemäßem Gebrauch und Mißbrauch von Schußwaffen kombiniert werden. Wenn Sie hier wieder nicht Sachverstand walten lassen, wird es abermals zu einer Demonstration auf der Straße kommen müssen, wird man wieder ein Volksbegehren machen müssen, damit Sie zur Vernunft kommen – Sie strapazieren das Wort "Vernunft" zwar sehr stark, aber in eine falsche Richtung.

Volksbegehren – das letzte Stichwort –: Die Meinung des Volkes hat sich bei der 0,5-Promille-Diskussion endgültig durchgesetzt. Auch im Zusammenhang mit der Gentechnik hat sich die Meinung des Volkes bereits artikuliert. Über eine Million Österreicherinnen und Österreicher haben es sich gewünscht und verlangt, daß die Lebensmittel gentechnikfrei auf den Tisch kommen. Sie treten diesen Wunsch der Österreicherinnen und Österreicher in den Ausschüssen mit Füßen. Müssen sie wieder auf die Straße gehen und Aktionen setzen, damit auch bei diesem Thema die sachpolitischen Argumente wieder Vorrang bekommen und endlich dem Rechnung getragen wird, was wissenschaftlich längst nachgewiesen ist, nämlich daß es durch die Gentechnik zu Risken und Gefährdungen kommen kann?

Deshalb sehe ich die heutige Debatte über die 0,5-Promille-Grenze aufgrund eines gemeinsamen Antrages von ÖVP und SPÖ im Ausschuß – ein Antrag, der, wie Sie, Herr Minister, es genannt haben, zu einer Art "Nudelantrag" zu verkommen drohte – als eine Möglichkeit, noch einmal auf all diese Angelegenheiten hinzuweisen. Ich hoffe, daß es nicht immer am zielgerechten Einsatz unserer Jugend liegen wird, daß das durchgesetzt wird, was alle Österreicherinnen und Österreicher mit Hausverstand längst haben wollen, wie etwa die Senkung der Alkoholgrenze für Autofahrer als Signal dafür, daß Alkohol am Steuer geächtet wird. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß wir Ihnen gerne noch weiter auf die Sprünge helfen würden, damit die Verkehrssicherheit erhöht wird, damit Ihre Landes- und Bezirkshauptleute beziehungsweise die Beamten nicht nur hilflos auf der Straße stehen, sondern effizient kontrollieren können. Dies wollen wir mit einem Entschließungsantrag machen, der darauf abzielt, daß es eine sozusagen regional übergreifende Einrichtung gibt, daß Polizeieinheiten als eine Art Verkehrssicherheitskobra installiert werden, die – finanziert aus den zweckgebundenen Mitteln der Strafgelder – endlich regional unabhängig, also ohne sozialen Druck ihrem Auftrag nachkommen können.

Die derzeitige Praxis sieht ja anders aus, nämlich: Der Gendarm, der in einem Ort, in dem ein Feuerwehrfest stattfindet, wohnt, wird vorher darüber informiert und weiß natürlich, daß er bei der Kontrolle seinen Nachbarn nicht erwischen sollte. Dieser Praxis müssen wir entgegenwirken, und deshalb appelliere ich an Sie, unseren Entschließungsantrag zu unterstützen. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend die Schaffung einer bundesweiten "Verkehrssicherheitspolizei"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr werden aufgefordert, alle notwendigen Schritte zu setzen, um die Einrichtung einer bundesweiten Verkehrssicherheitspolizei zu ermöglichen, welche ausschließlich für die Belange der Verkehrsüberwachung vorzusehen ist. Diese Verkehrssicherheitspolizei ist in jedem Bundesland in entsprechender Stärke (bundesweit 600 Personen) einzurichten und den jeweiligen Landesregierungen zu unterstellen. Dabei sind die Kompetenzbestimmungen zu berücksichtigen beziehungsweise zu ändern."

*****

Ich ersuche, im Sinne einer sach- und problemorientierten Politik diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.29


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Mag. Moser soeben vorgetragen hat, wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Minister.

11.29

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Das Verkehrssicherheitspaket, das ich im Sommer vorgelegt habe, soll heute hier im Hohen Haus zum Abschluß kommen. Ich möchte aus Anlaß der heutigen Debatte in erster Linie und vor allem all jenen danken, die mit ihrem Engagement und ihrem Eintreten für eine klare und eindeutige Lösung zugunsten von mehr Verkehrssicherheit gewirkt haben: das sind insbesondere die Schülerinnen und Schüler aus Baden, aber auch eine Reihe anderer Gruppen, auch Angehörige von Opfern von Unfällen, die unter Alkoholeinfluß zustande gekommen sind.

Ich möchte all diesen Bürgerinnen und Bürgern danken, denn sie haben durch ihr Engagement letztlich den Ausschlag dafür gegeben, daß wir heute die Chance haben, einen wesentlichen Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit zu setzen. (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

Sie haben durch ihr Engagement nicht nur den notwendigen Nachdruck hinter diese Forderung gesetzt, sondern gleichzeitig auch bewiesen, daß sich politisches Engagement der Bürgerinnen und Bürger lohnt. Ich denke, auch das ist eine wesentliche Erkenntnis. Wir werden dieses politische Engagement der Bürgerinnen und Bürger zur Lösung der wesentlichen Fragen des Zusammenlebens auch weiterhin brauchen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

Ich möchte daher alle – Sie hier im Hohen Haus, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger – dazu einladen, in diesem Engagement fortzufahren, denn wir brauchen es auch in Zukunft. Ich tue das abschließend mit den Worten aus einem Aufruf der Familien Schauer und Benesch, den Angehörigen eines der Opfer eines Unfalles unter Alkoholeinfluß. Sie sagten zuletzt in ihrem Aufruf:

Jeder einzelne kann etwas tun: Jeder einzelne kann den Mut beweisen und selbst nicht alkoholisiert fahren. Jeder einzelne kann den Mut beweisen und mit keinem alkoholisierten Autolenker mitfahren. Jeder einzelne kann den Mut beweisen und andere vom alkoholisierten Fahren abhalten. – Ich möchte noch einen Punkt ergänzen: Jeder einzelne kann den Mut beweisen, anzuerkennen, daß Kontrollen durch die Exekutive keine Schikane, sondern notwendig sind, um die Verkehrssicherheit zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

Ich schließe mit den abschließenden Worten des Aufrufes der Familien Schauer und Benesch, er lautet: Gute Fahrt! Und komm immer gut heim – ohne Alkohol am Steuer! (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

11.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gabriele Binder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.33

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Drei tote Schüler klagen an. Ich stehe noch unter dem Eindruck des Schweigemarsches vom letzten Dienstag, an dem rund 2 000 Jugendliche mit ihren Lehrern und Eltern zum Gedenken an ihre toten Mitschüler teilgenommen haben. Er führte von der Oper bis zum Parlament, und für mich war es eine Selbstverständlichkeit, mit dabeizusein, um die Anliegen dieser jungen Menschen zu unterstützen.

"Schüler machen mobil" war das Motto. Aus der Betroffenheit wurde Wut, aus der Verzweiflung wurden konkrete Forderungen, aus den Aktivitäten spürbares und aktives Mitgestalten der


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105. Sitzung / Seite 53

Politik. Dieses Engagement muß sich lohnen. Wir müssen uns dafür bedanken. Die Nachdenk- und Diskussionsphase zum Thema 0,5 Promille muß nun beendet werden. Den Worten müssen Taten folgen. Laut Dr. Kaba vom Kuratorium für Verkehrssicherheit würde eine Senkung der Grenze auf 0,5 Promille etwa 30 Tote weniger pro Jahr bedeuten.

Meine Damen und Herren! Wie schaut es mit den Auswirkungen von zu hohem Alkoholkonsum prinzipiell aus? Was sind die Folgen von Alkohol am Steuer, am Arbeitsplatz, bei Streß oder sozialen Problemen? – Zuviel Alkohol führt zu Aggression, Gewaltbereitschaft und Selbstüberschätzung, auch zu finanzieller Not, Schuldenbergen oder zum Verlust des Arbeitsplatzes, vor allem aber zu persönlichem Leid, Kummer und Sorgen. Das gilt vor allem für Familien, für Kinder und Frauen.

Nicht von ungefähr kommt die große Mehrheit für 0,5 Promille vor allem durch die Zustimmung der Frauen. 80 Prozent der befragten Frauen und 61 Prozent der befragten Männer sind laut einer Studie des VCÖ für die Herabsetzung der Promille-Grenze.

Meine Damen und Herren! Ein Slogan zu diesem Thema lautete in Schweden: "Autos sind hart, Kinder sind weich." – Deshalb muß dem tödlichen Durst Einhalt geboten werden. Es geht nicht um Repressalien, und es soll niemandem der Genuß alkoholischer Getränke verleidet werden, es soll jedoch eine Frage des qualitativen Genusses und nicht des quantitativen Trinkens sein.

Minister Einem prägte den Satz: "Wer Auto fährt, soll nicht trinken. Wer trinkt, soll nicht fahren." (Abg. Wabl: Na unglaublich! Der Einem ist ja direkt ein Philosoph!) Dieser Grundsatz muß möglichst vielen Menschen zu Bewußtsein gebracht werden. Alkoholisierung und Auto fahren ist fahrlässig! Wir brauchen eine allgemeine Bewußtseinsänderung, verstärkte Eigenverantwortung und Rücksichtnahme im Straßenverkehr. Und um das zu erreichen, brauchen wir Verbündete, vor allem unter den jungen Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Straße darf nicht zum Schlachtfeld werden. Ich zitiere aus der "Kleinen Zeitung": Die eigene Verantwortung nimmt einem niemand ab, schon gar nicht das Strafgesetz. – Meine Damen und Herren! Dieses Bewußtsein muß im Hirn anfangen und nicht nur durch Strafen geweckt werden.

Drei für mich wichtige Schwerpunkte sind: die Absenkung der Alkoholgrenze, bewußtseinsbildende Maßnahmen und Aufklärung, vor allem aber auch verstärkte Kontrollen und höhere Strafrahmen, und diese werden und müssen die Sicherheit auf Österreichs Straßen erhöhen. Dadurch wird auch EU-Konformität erreicht. Was im Weinland Frankreich schon realisiert und im Autoland Deutschland geplant ist, wird doch auch in Österreich möglich sein!

Meine Damen und Herren! Franz Bogner vom Kuratorium für Verkehrssicherheit meint, daß die Einführung der 0,5-Promille-Grenze vor allem eine Veränderung der generellen Einstellung der Lenker zu Alkohol am Steuer bewirken, also eine generalpräventive, sozusagen vorbeugende Wirkung haben werde. Dem schließe ich mich an, denn Alkohol am Steuer ist kein Kavaliersdelikt, und die Grenzen jedes einzelnen beim Trinken sind nicht definierbar. Es geht nicht um eine Abstinenzideologie, sondern um Eigenkontrolle und Verantwortungsbewußtsein.

Fadenscheinige Ablenkungsversuche wie zum Beispiel jene des Verkehrssprechers der "F" sind nicht überzeugend und nicht seriös. Man spricht wider besseres Wissen. Die sachliche Darstellung der Thematik anhand von Fakten und Zahlen ist möglich, aber die Frage der Sicherheit ist emotional stark besetzt, geht es dabei doch um Menschen und deren Leben.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe und wünsche mir, daß im dritten Anlauf hier im Nationalrat die Mehrheit für die Absenkung der Promille-Grenze stimmt, denn es geht um die Sache. Eine langjährige Forderung der Sozialdemokraten zur Verhinderung weiterer Unfallopfer wird dadurch erfüllt. – Hilf Leben retten! Politikerinnen und Politiker, wir alle müssen dazu unseren Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)


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105. Sitzung / Seite 54

11.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.40

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mit großem Interesse habe ich die Ausführungen meiner Vorredner zur Kenntnis genommen, auch jene des Herrn Bundesministers, der sich nicht in die Sache eingelassen hat, sondern bei allgemeinen Appellen geblieben ist. Man hat feststellen können, daß alle Redner – ohne Ausnahme – zwar von dem Grundgedanken ausgegangen sind, daß es wichtig ist, die Sicherheit im Straßenverkehr durch Maßnahmen gegen Alkolenker zu erhöhen, weil es um den Schutz von Menschen geht und um die Vermeidung von zusätzlichen Toten im Straßenverkehr, aber alle gleichzeitig gesagt haben, daß es viele Wünsche gibt, die da jetzt zu erfüllen sind, um das Ziel auch wirklich zu erreichen.

Genau das ist der Punkt, warum wir Freiheitlichen Ihnen ein umfassendes Sicherheitspaket vorgeschlagen haben, von dem der Kollege Kukacka zu Recht gesagt hat: Wir haben das sogar in den Entschließungsantrag der Regierungsparteien übernommen, denn das ist wichtig, was ihr sagt. – Ich frage mich nur, warum man es, wenn es so wichtig ist, dann heute nicht beschließen kann, warum man sich dann heute nicht dazu bekennen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen alle ganz genau, daß mit der Absenkung von 0,8 auf 0,5 Promille überhaupt nichts getan ist, sondern daß es darum geht, ein umfassendes, in sich schlüssiges Paket zu verabschieden, das Gefahren im Straßenverkehr und Todesopfer wirksam vermeiden hilft. Aber wie "gründlich" Sie gearbeitet haben, geht schon daraus hervor, daß Sie heute nicht nur viele Abänderungsanträge einbringen müssen zu einem angeblich ausgereiften Gesetz, sondern daß Sie nicht einmal die Straßenverkehrsordnung adaptieren. Weiterhin wird nach der Straßenverkehrsordnung die Grenze bei 0,8 Promille liegen.

Das müssen Sie den Österreichern erklären, wenn Sie hier mit fast tränenerstickter Stimme sagen: Die Opfer klagen an! Wir müssen jetzt konsequent handeln!, aber in der Straßenverkehrsordnung wird es weiterhin die 0,8-Promille-Grenze geben, die Sie angeblich beseitigen wollen. (Abg. DDr. Niederwieser: Das ist Haarspalterei! – Abg. Mag. Stadler: Das ist keine Haarspalterei!) Nur im Führerscheingesetz werden Sie auf 0,5 Promille heruntergehen.

Ich frage mich: Wie gründlich haben Sie sich denn vorbereitet? Sie wären es den Opfern, Sie wären es den jungen Menschen, die auf die Straße gegangen sind, schuldig, daß Sie hier Nägel mit Köpfen machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich frage Sie: Wie gründlich haben Sie sich vorbereitet? Wie ehrlich ist denn Ihr Engagement für junge Menschen, denen Sie dafür Lob zollen, daß sie auf die Straße gegangen sind, um für ein gutes Anliegen zu demonstrieren? Wie ehrlich ist Ihr Engagement, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, neben der Gefahr des Alkohols auch die Frage der Drogen in die Sicherheitspolitik miteinzubeziehen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hat es sich bis zur Stunde bei Ihnen noch nicht herumgesprochen, daß auch Drogen erhebliche Gefahren sind und daß nicht nur Alkohol die Verläßlichkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt? (Abg. DDr. Niederwieser: Das steht ja schon im Gesetz!) Aber das paßt ideologisch nicht in Ihr Konzept, und weil es ideologisch nicht hineinpaßt, darf es auch kein Problem in der österreichischen Politik darstellen. (Abg. DDr. Niederwieser: Lesen Sie das Gesetz!) Da riskieren wir lieber Opfer! Da riskieren wir lieber Tote! Da vernichten wir lieber Menschenleben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe.) Kollege Barmüller! Halten Sie sich zurück! Wer so ein geistiger Tiefflieger ist wie Sie, der kann nur bruchlanden und Blech reden! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Das sagt ausgerechnet der Haider! – Abg. Binder: Sie sind ein Paradetiefflieger! – Weitere lebhafte Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Es ist immer dasselbe in diesem Hohen Haus. Da wird "0,5" in die Auslage gestellt, und man glaubt, das Problem gelöst zu haben. (Abg. Grabner: Sie sind auf dem Tiefpunkt!) Wenn Fälle der Kinderpornographie bekanntwerden, dann erheben plötzlich die Parlamentarier die Stimme und sagen: Jetzt müssen wir die Strafen verschärfen! (Abg. Grabner: Hätten


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105. Sitzung / Seite 55

Sie mitgestimmt!) Jahrelang ist Ihnen das nicht eingefallen. (Abg. Grabner: Hätten Sie mitgestimmt!) Wir sind nicht auf dem Fußballplatz, Kollege. Benehmen Sie sich hier herinnen! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Hätten Sie mitgestimmt!)

Meine Damen und Herren! Wenn Fälle der Kinderpornographie bekanntwerden, dann erhöhen wir den Strafrahmen und glauben, das Problem gelöst zu haben. (Abg. Grabner: Hätten Sie mitgestimmt!) Wenn ein Familienvater zum Verfassungsgerichtshof geht, dann repariert man plötzlich die verfassungswidrige Besteuerung der Familien, mit Hilfe derer über Jahre – über ein Jahrzehnt! – Milliarden aus den Taschen der Familien genommen wurden. Erst wenn man erwischt wird! Es muß immer etwas passieren, damit etwas geschieht in diesem Lande! Und das ist es, was eigentlich die Qualität der Gesetzgebung in Frage stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder, meine Damen und Herren: Wenn ein Wahnsinniger in Salzburg Amok läuft, illegaler Waffenbesitzer ist und schon mehrfach wegen Drohung und Gewalttat aufgefallen ist, wogegen die Behörden aber nicht eingeschritten sind, hat das zur Konsequenz, daß plötzlich alle anständigen Österreicher als Waffennarren verfolgt werden sollen, damit Sie Ihr ideologisches Ziel umsetzen können, eine globale Entwaffnung der österreichischen Bevölkerung durchzuführen. Das sind die Dinge, die wir durchschauen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ein ideologischer Kampf, den Sie hier führen. Alkohol wird mit Bann belegt, Drogenabhängigkeit bleibt unbeantwortet. Wenn es Gewalttaten in der Gesellschaft gibt, die Ihnen ideologisch sozusagen in den Kram passen, dann breiten Sie den Mantel des Schweigens darüber. (Ruf bei den Freiheitlichen: Der Einem weiß das! Der Einem weiß genau, was das ist!) Das sind die Dinge, die wir nicht akzeptieren.

Oder: Als ich Ihnen hier im Hohen Haus vor zwei Tagen Akten über Korruption bei öffentlichen Aufträgen vorgelegt habe, ist sofort ein Redner der SPÖ herausgegangen und hat gesagt: Ja, gehen Sie zum Staatsanwalt! – Das sagen Sie, obwohl die Minister seit Monaten davon wissen und dieselben Akten in Händen haben, das sagen Sie, anstatt Ordnung zu machen. Das ist Ihr selektives Wahrnehmungsvermögen, das es zu kritisieren gilt! Ihnen geht es gar nicht um die Toten! Ihnen geht es nicht um die jungen Leute! Ihnen geht es um die ideologische Durchsetzung Ihrer Vorstellungen, und daher machen Sie einen Gesetzespfusch nach dem anderen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Hätten Sie mit uns gestimmt! – Abg. DDr. Niederwieser: Das glauben Sie ja selber nicht, was Sie da sagen!)

Und deshalb machen wir Freiheitlichen bei Ihrer Vierparteieninitiative nicht mit, meine Damen und Herren, sondern wir werden einen umfassenden Sicherheitsantrag stellen, der eine Änderung des Führerscheingesetzes, der eine Änderung der Straßenverkehrsordnung vorsieht, in deren wesentlichen Bereichen etwa die Erhöhung der Zweckbindung der Mittel aus den Einnahmen der Verkehrskontrollen, aus den Einnahmen der Strafgelder enthalten sein soll. (Abg. DDr. Niederwieser: Das freie Wort für freie Bürger nicht vergessen!)

Warum wehren Sie sich dagegen? – 1,8 Milliarden Schilling werden als Strafgelder kassiert, aber nur 20 Prozent setzen Sie für die Sicherheitskontrollen ein. Wir wollen eine Erhöhung auf 40, 50 Prozent. Warum setzen Sie das nicht ein, was zweckgebunden abgegeben wird? – Nein, da fahren Sie drüber. Das kommt nicht in Frage.

Deshalb schreibt eben der "Kurier" vorige Woche: "0,5-Promille-Mehrheit im Parlament", aber wenn Sie dann den Lokalteil lesen, steht da: "Sparkurs gefährdet Alkokontrollen". Im selben Atemzug geschieht das! Das hätten Sie heute hier reparieren sollen. "Sparkurs gefährdet Alkokontrollen" – das korrigieren Sie nicht. Sie senken auf 0,5 Promille ab, alles andere bleibt unverändert. Es kann keine Planquadrate geben. Es hat die Exekutive nicht genügend Leute. Es ist nicht genügend Material da. (Abg. DDr. Niederwieser: Minister Schlögl hat genau das Gegenteil gesagt!) Na, das steht da drinnen! Ihr eigener Innenminister Schlögl gibt das zu und sagt, daß Sie in den letzten zwei Jahren tausend Dienstposten bei der Exekutive eingespart haben. Und hier wollen Sie uns einreden, daß Sie die Verkehrssünder und Alkosünder effektiver und wirksamer bekämpfen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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105. Sitzung / Seite 56

Was soll denn das? Was soll denn das, wenn der Innenminister eine "Aktion scharf" gegen Alkolenker ankündigt und gleichzeitig sagt: Ich habe zu wenig Geld, ich habe zu wenig Personal, ich kann das alles eigentlich nicht machen!? – Das sind die Dinge, die in Wirklichkeit doppelzüngig und daher auch nicht sehr glaubwürdig sind.

Wir wollen eine Erhöhung bei den Strafgeldern haben. Wir wollen die Suchtmittelkontrolle einbeziehen. (Abg. Mag. Kammerlander: Welches Suchtmittel meinen Sie?) Wir wollen den Strafrahmen bei fahrlässiger Tötung erhöhen. Wir wollen konsequent auch den Führerscheinentzug für Lenker haben, die sich im Straßenverkehr nicht benehmen können. Warum verweigern Sie das, meine Damen und Herren? Warum verweigern Sie das? (Abg. Mag. Kammerlander: Konsumieren Sie Suchtmittel, die verboten sind?)

Meine Damen und Herren! Lesen Sie die aktuellen Verkehrsmeldungen von heute, 12. Dezember: "Tempo 100 durch Voitsberg. Fußgänger tot." (Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander. ) Es interessiert Sie nicht. Ich weiß es. (Abg. Mag. Kammerlander: Aber die Suchtmittel sind ja verboten!) Jemand, der für die Freigabe von Rauschgift ist, Frau Kollegin, der ist nicht glaubwürdig in einer Alkodebatte, das kann ich Ihnen sagen! Der ist nicht glaubwürdig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

"Mit Tempo 100 durch Voitsberg. Fußgänger tot." – heute morgen. Ein 18jähriger Lenker, er hat schon zwei Unfälle verursacht, seit drei Monaten hat er den Führerschein. Wissen Sie, wenn es konsequente Entzugsmöglichkeiten gäbe, wenn jemand, der sich im Straßenverkehr nicht rechtskonform verhalten kann, auch zur Verantwortung gezogen würde, dann würde ich Sie unterstützen. (Abg. Wabl: Wer ist jetzt schuld daran? – Abg. Öllinger: Warum fahren Sie einen Porsche?) Man hätte hier einen Toten vermeiden können, wenn man Konsequenzen gezogen hätte bei jemandem, der beim ersten Mal schon gezeigt hat, daß er nicht einmal in Ansätzen Verantwortungsgefühl hat. Denn mit Tempo 100 fährt man nicht durch ein Ortsgebiet und mäht Leute nieder. (Abg. Öllinger: Warum fahren Sie einen Porsche? Zum Langsamfahren? – Abg. Grabner: Ja, warum?)

Und da reden Sie von einer Absenkung auf 0,5 Promille! Aber all diese Probleme, die wirklich zu Toten im Straßenverkehr führen, die ignorieren Sie, bis hin zu Ihrer Rauschgiftsüchtigkeit, die Sie weiterhin protegieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben daher dieses Sicherheitspaket geschnürt, und ich sage hier auch ganz offen, daß es die Debatte über die wirklichen Sicherheitsmaßnahmen in diesem umfassenden Sicherheitspaket, das wir hier in zwei Abänderungsanträgen vorgelegt haben, erst geben muß.

Wir werden auch darüber diskutieren, welche Rolle letztlich die Medien in dieser Frage eingenommen haben. Da wird psychologisch ein Bewußtsein aufbereitet, daß die 0,5-Promille-Grenze die Rettung des Problems ist. In Wirklichkeit weiß jeder, daß damit noch überhaupt nichts getan ist, denn all die Todesfälle in der Vergangenheit sind mit 1,5 Promille, 2 Promille verursacht worden.

Der Herr Kollege schüttelt den Kopf. Ich zitiere noch ein paar Zeitungsmeldungen: 10. April 1996: "Trotz 2,4 Promille am Steuer. Unfall". – 1. Mai 1996: "Unfall mit 3,2 Promille. Zwei Burschen schwer verletzt". – 13. Juni 1996: "Mit 3,16 Promille Buben totgefahren". – 13. Jänner 1997: "Unglaublich! Geldtransportfahrer hatte satte 3,2 Promille im Blut". Und und und. (Abg. Seidinger: Das beweist doch nicht, daß 0,5 Promille nichts bringt!) Das ist die Wahrheit! Dagegen tun Sie nichts, Sie sind nicht einmal bereit, die Exekutive aufzustocken, Sie sind nicht einmal bereit, die Mittel für die Exekutive aufzustocken. Aber hier reden Sie groß herum, als würden Sie eine Lösung anbieten, die es noch gar nicht gibt, weil Sie weiterverhandeln müssen, um vorwärtszukommen.

Daher appelliere ich auch an die Medien, sich dieser Frage einmal wirklich anzunehmen. (Abg. Öllinger: Die brauchen aber wirklich nicht Sie dazu!) Was bewirkt denn Sicherheit im Lande, meine Damen und Herren? Was bewirkt auch Bewußtsein? Ein ORF, der ständig 0,5-


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Promille-Propaganda macht, aber in seinen Führungsetagen Leute sitzen hat, die auf den Drogenkonsumentenlisten der Polizei stehen, der ist für mich nicht glaubwürdig, meine Damen und Herren! Das ist der Grund, warum über die Dinge nicht diskutiert werden darf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für mich sind auch die Medien mitverantwortlich, wenn es wieder zu keiner echten Verbesserung der Sicherheitssituation im Straßenverkehr kommt. Ich bin sehr neugierig, wie die ÖVP abstimmen wird, wenn wir einen Abänderungsantrag einbringen, auch die Suchtgiftprobleme mit zur Grundlage der Sicherheitskontrollen zu machen. Ich bin neugierig, ob Sie bereit sind, mitzugehen. Bisher waren Sie nicht bereit dazu. (Abg. Dr. Khol: Die sind ja drinnen!) Nur Suchtmittel, lieber Kollege, keine Suchtgifte! (Abg. Dr. Khol: Die Suchtgifte sind drinnen!) Nein, die sind eben nicht drinnen. (Abg. Dr. Khol: Die Suchtgifte sind drinnen!)

Und daher sage ich Ihnen: All diese Dinge sind es, die letztlich die Kriterien einer erfolgreichen Bekämpfung des Alkoholkonsums beziehungsweise der Todesfälle im Straßenverkehr darstellen werden. Ich bitte Sie, auch unseren Standpunkt hier zu akzeptieren. (Abg. Seidinger: Es fragt sich nur, welchen Standpunkt! – Abg. Wallner: Den Standpunkt der Standpunktlosigkeit! – Abg. Mag. Kammerlander: Mit Ihnen kann man nicht über Standpunkte reden!) Wir können mit einem halben Gesetzespaket, wie Sie es vorlegen, jedenfalls nicht mitgehen, das ist überhaupt keine Frage, denn aus Erfahrung wissen wir heute schon, daß ohne eine Gesamtlösung keine Verbesserung erfolgen wird. Wir können Ihnen heute schon sagen, daß Sie ohne Gesamtlösung keinen einzigen der aufsehenerregenden und erschreckenden Unfälle, wie sie in den letzten Monaten geschehen sind, vermeiden hätten können.

Und das ist es. Diese Verantwortung laden Sie auf sich, wenn Sie nicht bereit sind, mit den Freiheitlichen den Weg zu gehen, ein Sicherheitspaket abzuschließen, die Straßenverkehrsordnung auf den letzten Stand zu bringen und dann auch gegenüber der Bevölkerung mit gutem Gewissen vertreten zu können: Hier sind Nägel mit Köpfen gemacht worden, hier wird eine Lösung angeboten, die zu mehr Sicherheit und zu mehr Verläßlichkeit im Straßenverkehr führen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger, Sie sind etwas zu früh zum Pult gekommen. Bitte um Entschuldigung! Ich muß einige Feststellungen treffen. (Heiterkeit. – Abg. Dr. Rasinger , der bereits beim Rednerpult stand, entfernt sich wieder von diesem.)

Zunächst hat Abgeordneter Dr. Haider zwei Abänderungsanträge in ihren Kernpunkten vorgetragen. Beide Abänderungsanträge sind ausreichend unterstützt. Da sie umfangreich sind, wurde die Vervielfältigung und die Verteilung im Saal veranlaßt. Beide Abänderungsanträge sind Gegenstand der Verhandlungen.

Die beiden Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Kollegen betreffend das Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1996, geändert wird in der Fassung des Ausschußberichtes (... der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Der gesamte Beschlußtext entfällt und wird ersetzt durch:

1. § 4 Abs. 5b entfällt


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2. § 5 lautet samt Überschrift:

Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol und Suchtmittel.

§ 5. (1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 g/l (0,5 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,25 mg/l oder darüber sowie bei Nachweis des Konsums von Suchtmittel gilt der Zustand einer Person jedenfalls als durch Alkohol beziehungsweise Suchtmittel beeinträchtigt.

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen beziehungsweise Überprüfungen hinsichtlich des Suchtmittelkonsums durchzuführen. Sie sind außerdem berechtigt, solche Kontrollen bei Personen durchzuführen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben.

Wer zu einer solchen Untersuchung aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

(3) Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt (Alkomat). Der Bundesminister für Inneres hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr durch Verordnung bis längstens 31.12.1998 festzulegen, durch welche Methoden der Nachweis des Suchtmittelkonsums zu erfolgen hat.

(4) Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, die hinsichtlich des Alkoholgehalts der Atemluft oder des Suchtmittelkonsums untersucht werden sollen (Abs. 2), zum Zweck der jeweiligen Kontrolle zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich eine entsprechende Meßeinrichtung befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

(4a) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes beziehungsweise zum Nachweis des Suchtmittelkonsums zu bringen.

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol oder der Beeinträchtigung durch Suchtmittel zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder in einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 übersteigenden Alkoholgehalt beziehungsweise keinen Suchtgiftnachweis ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtmittel zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.


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(6) (Verfassungsbestimmung) An Personen, die gemäß Abs. 4a zu einem Arzt gebracht werden, ist eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes beziehungsweise des Nachweises des Suchtmittelkonsums vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

(7) entfällt

(8) Ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt hat eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes beziehungsweise der Kontrolle hinsichtlich des Suchtmittelkonsums vorzunehmen, wenn eine Person

1. zu diesem Zweck zu ihm gebracht wurde oder

2. dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach § 5 Abs. 2 eine Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtmittel ergeben.

Der Arzt hat die Blutprobe der nächstgelegenen Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu übermitteln und dieser im Fall der Z 2 Namen, Geburtsdatum und Adresse des Probanden sowie den Zeitpunkt der Blutabnahme bekanntzugeben.

(9) entfällt

3. § 5a lautet:

§ 5a. (1) (Grundsatzbestimmung) Der Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt hat dem diensthabenden Arzt die für eine Blutabnahme gemäß § 5 Abs. 4a und 8 erforderlichen Einrichtungen der Anstalt zur Verfügung zu stellen. Die Ausführungsgesetze der Länder sind binnen sechs Monaten zu erlassen.

(2) Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2, 4a, 5, 6 oder 8 eine Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtmittel festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben.

(3) Der Bundesminister für Inneres hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr unter Bedachtnahme auf den Zweck der Untersuchung nach § 5 Abs. 2 sowie zur Gewährleistung ihrer zweckmäßigen Durchführung die persönlichen Voraussetzungen der hiefür zu ermächtigenden Organe der Straßenaufsicht, einschließlich die Art ihrer Schulung sowie, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik, die für eine Untersuchung der Atemluft beziehungsweise für den Nachweis des Suchtmittelkonsums geeigneten Geräte durch Verordnung bis längstens 31.12.1998 zu bestimmen.

4. § 5b samt Überschrift lautet:

"Zwangsmaßnahmen bei Alkoholisierung oder Beeinträchtigung durch Suchtmittel"

§ 5b. Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, die sich offenbar in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand befinden (§ 5 Abs. 1), an der Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Zu diesem Zweck sind, falls erforderlich, je nach Lage des Falles und Art des Fahrzeuges, Zwangsmaßnahmen, wie etwa Abnahme der Fahrzeugschlüssel, Absperren oder Einstellen des Fahrzeuges, Anlegen von technischen Sperren u. dgl., anzuwenden. Solche Zwangsmaßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn bei der Person, gegen die sie angewendet worden sind, der durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigte Zustand nicht mehr gegeben und ihr auch nicht ein zum Lenken des betreffenden Fahrzeuges allenfalls nötiger Führerschein nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften abgenommen ist oder wenn eine andere Person, bei der keine Hinderungsgründe gegeben sind, beabsichtigt, das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen und zu lenken."

5. § 99 Abs. (1) wird ersetzt durch


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105. Sitzung / Seite 60

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 10 000 S bis 100 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt,

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Das Strafausmaß ist im Fall der wiederholten Übertretung unbeschadet der Höchstgrenze von 100 000 S um jeweils mindestens 50 Prozent höher anzusetzen.

6. § 100 Absatz (10) lautet:

(10) 40 vH der Strafgelder aus jenen Verwaltungsübertretungen, die von Organen der Bundesgendarmerie oder Bundessicherheitswache wahrgenommen werden, fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand für diese Organe zu tragen hat. Dies gilt nicht für Verwaltungsübertretungen auf Gemeindestraßen in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern. Die Strafgelder sind für die Abdeckung des Personal- und Sachaufwandes, der aus dem Einsatz solcher zusätzlichen Organe auf dem Gebiet der Verkehrsüberwachung entsteht, und für die Beschaffung und Erhaltung von Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu verwenden.

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag gemäß § 53 (4) GOG schriftlich zu verteilen.

*****

Antrag

der Abgeordneten Rosenstingl und Kollegen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird in der Fassung des Ausschußberichtes 960 d. B., wird wie folgt geändert:

Der gesamte Beschlußtext entfällt und wird ersetzt durch:

1. § 26 Abs. 1 bis 3 lauten:

§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens 2 Wochen, bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber sowie bei Nachweis des Konsums von Suchtmittel für die Dauer von mindestens 6 Wochen zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 bis 7 genannten Übertretungen vorliegt oder

der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.


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(2) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann durch Verordnung bestimmen, daß die Dauer eines Führerscheinentzuges in einem 50 Prozent nicht übersteigendem Ausmaß zu verringern ist, wenn der betreffende Lenker im Rahmen eines öffentlichen Krankenhauses Dienst tut und die näheren Bedingungen hierfür festlegen.

2. § 26 Abs. 3 und 5 entfallen

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Des weiteren hat mich Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander darauf aufmerksam gemacht – ich konnte es selbst nicht genau wahrnehmen –, daß Dr. Haider in Richtung des Klubs der Grünen gemeint hätte: "bis hin zu Ihrer Rauschgiftsüchtigkeit". (Widerspruch bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Nein! Das hat er nicht gesagt! Nein! Das wird nicht im Protokoll stehen!) Ich werde im Protokoll feststellen, ob diese Formulierung gefallen ist. Wenn sie so gefallen ist, werde ich einen Ordnungsruf erteilen. (Abg. Haigermoser: Wenn das im Protokoll steht, ist es manipuliert!)

Drittens: Es liegen zwei Wortmeldungen für tatsächliche Berichtigungen vor, die ich jetzt aufrufe. Ich bitte um strikte Einhaltung der Bestimmungen der Geschäftsordnung. Beginnen Sie jeweils mit der Behauptung, die Sie berichtigen wollen.

Die erste tatsächliche Berichtigung hat Herr Abgeordneter Mag. Barmüller begehrt. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen dazu das Wort.

11.55

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Haider hat behauptet, es sei ein Mangel der heutigen Lösung, daß keine Maßnahmen gegen Suchtgifte im Verkehr gesetzt werden. (Abg. Ing. Reichhold: Suchtmittel!)

Was der Herr Abgeordnete Haider behauptet hat, ist falsch, und zwar deshalb, weil es heute schon null – ich betone: null! – Toleranz in der Straßenverkehrsordnung für Suchtgift-Nehmen und Kfz-Lenken gibt. Da gibt es nicht einmal irgendeinen erhöhten Grenzwert, sondern da gibt es null Toleranz. Es ist heute schon nicht erlaubt, Suchtgift zu nehmen und dann ein Kfz zu lenken.

Man kann nicht von jedem Porschefahrer verlangen, daß er das weiß! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ, der ÖVP und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

11.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die zweite tatsächliche Berichtigung erfolgt durch den Abgeordneten DDr. Niederwieser. – Bitte.

11.56

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Hohes Haus! Der Abgeordnete Dr. Haider hat in seiner Rede unter Bezugnahme auf einen alten Zeitungsartikel behauptet, es gebe aufgrund des Sparpaketes kein Geld mehr für die erforderlichen Kontrollen und kein Geld mehr für Planquadrate – und dergleichen falsche Behauptungen mehr. (Abg. Ing. Reichhold: Das liest man im "Kurier"!)

Das ist unrichtig. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Richtig ist vielmehr, daß heute früh – wenn Sie aufgewesen wären, hätten Sie es gehört – Innenminister Karl Schlögl im "Morgenjournal" ausführlich darüber berichtet hat, daß es rund hundert Planstellen mehr geben wird für diesen Zweck (Abg. Ing. Reichhold: Das sind immer noch 900 weniger!) und daß noch im Dezember mit verstärkten Planquadraten ... (Abg. Dr. Krüger: Das ist keine Berichtigung!) Also, die Wahrheit hören Sie einfach nicht gern! Oder wie ist das? (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Also rund 100 Planstellen wird es mehr dafür geben, und noch im Dezember werden verstärkt Planquadrate durchgeführt. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

11.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger! Ich bitte um Entschuldigung, daß ich Sie erst jetzt aufrufe. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.57

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte Sie aus meiner Sicht als Arzt ein bißchen auf das Thema einstimmen. Meine erste Patientin, die ich als junger Arzt auf der Unfallklinik zu betreuen hatte, war eine Bäuerin, 33 Jahre alt, zwei Kinder, Radfahrerin. Sie wurde durch einen alkoholisierten Lenker niedergestoßen. Wer das einmal selber gesehen hat, ist diesem Problem gegenüber natürlich negativ eingestellt. Alkohol – das hat Kollege Kukacka heute schon gesagt – hat am Steuer nichts verloren! Wenn wir nichts tun gegen den Alkohol, nützt oft die beste Behandlung nichts.

Mein Mitgefühl wird immer bei den Opfern sein. Wer einmal als Arzt den erschütternden Moment miterlebt hat, wenn man einem Angehörigen mitteilen muß, daß sein Partner oder Freund, der gerade noch gesund war, jetzt nicht mehr wiederbringbar tot ist oder querschnittgelähmt ist, der weiß, wovon ich rede. Noch erschütternder ist es, wenn man solchen Angehörigen mitteilen muß, daß diese sinnlosen Todesfälle durch Alkohol am Steuer passiert sind.

Deshalb verwundert es überhaupt nicht, daß alle österreichischen Unfallchirurgen und auch die Österreichische Ärztekammer sich eindeutig dafür ausgesprochen haben, das Alkohollimit zu senken. (Abg. Hans Helmut Moser: Im Juli habt ihr dagegen gestimmt!)

Unsere Bürger, die Fußgänger, die Älteren, die Kinder, Behinderten, Radfahrer, Beifahrer haben ein Recht, daß die Lenker nicht betrunken fahren, daß sie nicht rasen, daß sie nicht übermüdet fahren und daß sie sich nicht im Drogenrausch auf der Straße befinden. Meiner Meinung nach – und meine Meinung deckt sich vollkommen mit jener der Partei – endet meine Freiheit dort, wo ich jemanden anderen gefährde.

Alle hier sind sich einig, daß etwas geschehen muß. Die wichtigste aller Maßnahmen ist die Kontrolle. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist heute klar festgestellt worden, daß es da ein erhebliches Defizit gibt. Es hat überhaupt keinen Sinn, irgendwelche Gesetze zu beschließen, wenn die Einhaltung nachher nicht kontrolliert wird. Wenn überhaupt nur jeder tausendste alkoholisierte Autofahrer erwischt wird, dann muß man sich eingestehen: Da ist etwas schiefgelaufen.

Trotzdem glaube ich, daß eine Absenkung des Limits etwas bringt, denn ab 0,5 Promille steigen die Beeinträchtigung und auch die Unfallhäufigkeit.

Abgeordneter Kukacka hat schon gesagt, daß man in einem Stufenkonzept auch verschärfte Strafen eingeführt hat, um die schwer Alkoholisierten, durch die die meisten Unfälle passieren, leichter zu erwischen. Es ist absolut untragbar, daß Leute mit 2 Promille Alkohol im Blut Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer gefährden.

Nächster Punkt: Mir erscheint es ganz wichtig, daß wir zum Thema Alkohol und vernünftiger Umgang mit Alkohol mehr Information geben und mehr Aufklärungsarbeit leisten. Wir werden daher den Herrn Verkehrsminister in einem Entschließungsantrag auffordern, Aufklärungskampagnen durchzuführen. Es ist absolut nicht klasse, es ist auch nicht lustig, im alkoholisierten Zustand zu fahren. Ich glaube, wir sollten darauf hinwirken, daß die Menschen mehr Zivilcourage entwickeln und Alkoholisierte daran hindern, heimzufahren, oder ihnen eine Mitfahrgelegenheit anbieten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das ist es!)

Als Arzt verrate ich Ihnen kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, daß wir in Österreich 200 000 Alkoholkranke und 600 000 bis 800 000 Alkoholgefährdete haben. Wir müssen den Menschen in unserem Land einen vernünftigen Umgang mit dem Alkohol beibringen! Ich sage


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Ihnen ganz ehrlich: Ein Viertel Wein zum Beispiel ist wahrscheinlich gesundheitsfördernd, aber mehr sicher nicht. Wer erlebt hat, wie viele Tragödien es durch Alkohol in den Familien gibt, wie viele Leute durch Alkohol sterben, wie viele Arbeitsunfälle durch Alkohol passieren, der wird einsehen, daß wir einen neuen Umgang mit dem Alkohol brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn 5 Prozent der 16- bis 19jährigen im Rahmen von Studien selbst – ungefragt – angeben, daß sie mehrmals pro Monat berauscht sind, dann ist das meiner Meinung nach ein Alarmzeichen. Das muß nicht sein! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Die Verkehrsstatistiken sprechen eine eindeutige Sprache. Bedenken wir, daß hinter jeder Zahl ein Schicksal steht! – Und selbst wenn ein einziges Leben aufgrund dieses Gesetzes gerettet wird, dann ist es mir das wert, es mit beschlossen zu haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Keine freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.02

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gestehe offen zu, daß ich mich selten bei einem Thema, das wir im Parlament beraten haben, so schwergetan habe und so lange gebraucht habe, um zu einer eigenen Entscheidung zu finden – aus zwei Gründen heraus. Erster Grund: weil ich als Liberaler immer an die Eigenverantwortung des Menschen, an seine Vernunft glauben möchte, aber ich mußte feststellen, daß gerade im Bereich "Alkohol im Straßenverkehr" der Vernunft enge – viel zu enge! – Grenzen gesetzt sind und es daher gesetzlicher Grenzen bedarf. Zweiter Grund: weil ich als Gastwirt und Hotelier unter einem unerhörten Druck meiner Kollegen gestanden bin, die mir gesagt haben: Du kannst doch nicht für 0,5 Promille sein, ja bist du denn wahnsinnig, du gräbst uns ja das Geschäft ab?!

Meine Damen und Herren! Man kann natürlich darüber nachdenken, was 0,5 Promille am flachen Land heißt, für Gasthäuser, die weit weg von jedem öffentlichen Verkehr liegen, für Zeltfeste, für Heurige, wo es Gemütlichkeit gibt, wo es Kultur gibt, Alkohol zu konsumieren. Man kann sicherlich viele Argumente dagegen finden, aber letztlich, meine Damen und Herren, wird das Argument obsiegen, daß Sicherheit und Verantwortung den anderen Menschen gegenüber, die ebenfalls auf der Straße unterwegs sind – ob das der Beifahrer ist, ob das der Fußgänger ist, ob das andere Verkehrsteilnehmer sind oder ob das die Radfahrerin ist, von der Dr. Rasinger gerade die tragische Geschichte erzählt hat –, wichtiger sind.

Ich glaube daher, daß Dr. Haider danebengetroffen hat, als er uns heute zu Beginn seiner Rede wissen ließ, daß eigentlich mit der Reduktion der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille überhaupt nichts getan ist. (Abg. Mag. Stadler: Wenn man es allein macht!) Es ist auch alleine damit sehr viel getan. (Abg. Mag. Stadler: Aber gar nicht!) Es geschieht ein großer Schritt in der Bewußtseinsbildung, und ich habe mich deswegen schon im Juli und heute wieder entschlossen, diesem Gesetz zuzustimmen, und zwar aus dem ganz einfachen Grund: Wir schaffen mit 0,5 Promille eine Art "Vorhölle", wenn Sie so wollen. Die wirklich brutale Strafsanktion tritt bei 0,8 Promille ein: Verlust des Versicherungsschutzes, Verlust des Führerscheines, entsprechende Strafen. Es ist gar keine Frage, daß Kontrollen notwendig sind; das haben alle Vorredner gesagt.

Aber es gibt jetzt eine Vorstufe, und ich wünsche niemandem von Ihnen und keinem meiner Landsleute, daß er über diese Vorstufe hinaustappt, aber es sind Menschen, und sie werden einmal hinaustappen – hoffentlich möglichst wenige, hoffentlich werden sie dabei erwischt –, aber dann ist es eine Vorstufe, die den Menschen noch einmal eine Grenze gibt und wo es heißt: Paß auf, da hast du dich verantwortungslos verhalten!

Es gibt in Österreich die Kultur, zu einem guten Essen, bei einem gemütlichen Zusammensein auch Alkohol zu konsumieren, und diese Kultur wollen Sie mir nicht ausreden, und ich werde sie Ihnen nicht ausreden. Die Verantwortung aber, wie wir mit dem Alkoholkonsum umgehen, wenn


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wir dann in das Auto steigen, werden wir mit der Senkung der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille sehr wohl verändern. Damit werden wir ein neues Bewußtsein schaffen, genauso wie wir mit dem "Führerschein auf Probe" ein neues Bewußtsein bei unseren jungen Leuten geschaffen haben.

Unsere Kinder, unsere 18-, 19jährigen trinken – und ich finde das bewundernswert – wirklich keinen Tropfen mehr! Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß ich es, als ich vor, was weiß ich, 25 oder fast 30 Jahren den Führerschein gemacht habe, nicht so streng damit gehalten habe. Eigentlich war ich als junger Mensch verantwortungsloser, als es die jungen Leute heute sind. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Fuhrmann: Mit weniger Bewußtsein ausgestattet!)

Wir sollten, meine ich, noch einen weiteren Schritt machen und diese Senkung der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille als etwas ganz Neues begreifen: Sie soll unser Verhalten insgesamt in der Freizeit, beim Besuch eines Gasthauses, eines Zeltfestes oder des Heurigen ändern. Ich glaube, daß die Vertreter der Weinbauern von Achs bis Zweytick und die Vertreter der Wirte, wer immer das sein mag, oder die Vertreter der Brauereien und der Schnapsindustrie falsch beraten sind, wenn sie glauben, daß man, wenn es ein hohes Alkohollimit gäbe, "on the long run", am langen Weg, mehr umsetzen würde. Das ist meiner Ansicht nach der klassische Fall von falsch verstandenem Lobbyismus, von dem ich noch vor Wochen in vielen Briefen, von welchen Institutionen auch immer – ersparen Sie es mir, sie heute hier beim Namen zu nennen –, lesen mußte.

Neue Partnerschaft zwischen Kunden und Gastwirten, neue Gästeorientierung bedeutet Verantwortung übernehmen. Ich habe hier einen Alkomaten, einen Alko-Tester (der Redner zeigt einen solchen vor) , der kostet nicht einmal 1 000 S. Was können denn wir Gastronomen dazu tun, daß die Eigenverantwortung der Gäste gestärkt wird? Einen solchen Alkomaten um 1 000 S werden wir uns leisten können, und wir können dem Gast, der nun einmal zuviel getrunken hat – und das wird es immer geben –, sagen: Komm, blas’ da hinein! – Und wenn sich dann herausstellt, daß er nicht fahrtüchtig ist, werden wir ihm sagen: Komm, ich fahr’ dich nach Hause!, oder wir werden ein Taxi rufen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das ist richtig!)

Das sind Dinge, meine Damen und Herren, die wir tun müssen!

Wir werden darüber nachdenken müssen, ob es nicht in vielen Zeiten im Jahr in unseren Häusern Zimmer geben sollte, die wir für eine Kurzübernachtung – man nennt das heute eine "late arrival rate" – nach einem Restaurantbesuch zu einem stark reduzierten Preis zur Verfügung stellen.

Was die Heurigenbesuche und Zeltfestbesuche anlangt, wird man sich die Frage stellen müssen, ob es dafür nicht noch viel mehr Zubringerverkehr wird geben müssen. Einen Zubringerverkehr gibt es nämlich schon! Ich kenne Betreiber von Zeltfesten, die jetzt schon dafür sorgen, daß es jede Viertelstunde einen Bus gibt, der die Besucher nach Hause bringt.

Es gibt gerade bei Zeltfesten die Unkultur des Autofahrens in betrunkenem Zustand. Aber der soziale Druck auf die kontrollierende Gendarmerie ist wirklich abzulehnen! Diesen sozialen Druck gibt es tatsächlich, der da lautet: Du darfst mir das Geschäft nicht nehmen! – Wäre es nicht viel besser, statt den Polizisten oder den Gendarmeriepostenkommandanten unter sozialen Druck zu setzen, zu sagen: Organisieren wir doch einen Busverkehr, und jede Viertelstunde fährt ein Bus in die eine oder in die andere Richtung!? (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Wenn jetzt viele Weihnachtsfeiern stattfinden: Glauben Sie nicht, daß man das Problem des Heimfahrens nach den Weihnachtsfeiern besser mit Sammeltaxis und anderen Instrumenten als mit dem Nach-Hause-Fahren in betrunkenem Zustand lösen kann?

Meine Damen und Herren! Diese Entscheidung ist mir als Hotelier und Gastronom nicht leichtgefallen, ich habe umdenken müssen. Ich freue mich, daß nach der negativen Entscheidung im


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Juli heute das Hohe Haus in großer Mehrheit umdenken wird. Ich wünsche mir, daß es alle tun. Wir schlagen damit einen neuen Weg ein. Ich sage es noch einmal: Der furchtbare Satz von Dr. Haider, mit der Senkung der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille sei nichts getan, ist wirklich falsch! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Böhacker: Allein! – Abg. Haigermoser: Das ist reinste Polemik!)

12.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Peter , den auf dem Rednerpult zurückgelassenen Alkomaten holend, zum Abgeordneten Seidinger, der bereits beim Rednerpult steht: Wollen Sie ihn testen? – Abg. Seidinger : Danke schön! Aber ich freue mich über die Initiative, die Sie als Gastwirt und Hotelier starten wollen! – Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Peter, nach dem Alkomaten greifend: Dann nehme ich ihn mit!)

12.10

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sind auf dem richtigen Weg, sagte Brigitte Stelzer, Professorin am Gymnasium Biondekgasse in Baden, und führte weiter aus: Wir können jetzt nur hoffen, daß die Politiker in Sachen Promilleabsenkung endlich nach ihrem Herzen entscheiden. – Gemeldet im "Kurier" vom 4. Dezember 1997.

Die lange Geschichte der Promilleabsenkung hatte heuer schon den zweiten Akt zu erleben, aber in Wirklichkeit war es der dritte, denn es hat schon zwei vergebliche Anläufe gegeben, und am 9. Juli dieses Jahres waren wir in der grotesken Situation, daß es in der zweiten Lesung eine Mehrheit für die Absenkung auf 0,5 Promille gegeben hat und in dritter Lesung dann auf einmal die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Partei dagegen stimmten und dieser Vorlage praktisch kein Erfolg beschieden war und die SPÖ mit dem Liberalen Forum und den Grünen eine Abstimmungsniederlage erlitten hat.

Interessant für mich ist das heutige Verhalten des Herrn Rosenstingl in dieser Frage. Ich könnte ihm eine ganze Liste von Aussagen in Protokollen, in Zeitungsmeldungen oder in Aussendungen zeigen, wo er sich vehement gegen die Senkung von 0,8 auf 0,5 Promille eingesetzt hat. Ich gebe Herrn Rosenstingl einen Rat. Sie alle kennen André Heller und sein Bemühen um die "Begnadeten Körper", er bringt höchste chinesische Zirkuskunst rund um die Welt. Vielleicht könnte der Herr Rosenstingl einmal beim Herrn Heller vorsprechen und ihn um eine Anstellung als begnadeten Wendehals in der Promille-Politik ersuchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht hat Sie auch nicht überrascht, daß Dr. Haider – er ist schon wieder nicht da, aber das ist ja üblich –, der sich sonst in verkehrspolitischen Fragen überhaupt nicht alteriert, den ich im Verkehrsausschuß noch nie gesehen habe, heute, weil er weiß, daß diese Debatte im Fernsehen live übertragen wird, bei seinem Auftritt hier am Rednerpult wieder einmal das Plenum des Nationalrates mit dem Bierzelt verwechselt hat. Er hielt eine Wahlrede zu allen Problemen, um die es ihm geht. Er hat im Sommer in Harvard viel Zeit gehabt ... (Abg. Böhacker: Wie würden Sie Ihre Rede einstufen? – Ruf bei der SPÖ: Als sehr gut! – Abg. Dr. Nowotny, in Richtung des Abg. Böhacker: Als seriös! – Abg. Böhacker: Als sehr tief! Unglaublich!)

Herr Kollege! Auf manche Zwischenrufe sollte man überhaupt nicht eingehen, sie sind es nicht wert. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was vorhin geschehen ist – und ich sage es in einem kurzen Satz –, war Demagogie in Reinkultur. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat schon immer das Bekenntnis der Sozialdemokraten zur Absenkung der Alkoholgrenze auf 0,5 Promille gegeben, weil es immer das Bestreben unserer Gemeinschaft war, sich zum Leben, zu mehr Sicherheit auf der Straße, zu den Kindern, zu den Älteren, ja gerade zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft zu bekennen. Heute ist es für uns eine späte Freude – ich weiß nicht, ob das der richtige Ausdruck ist –, auf jeden Fall eine Genugtuung, daß wir nun im dritten Anlauf einen Erfolg erzielen können, und wir sind ein wenig stolz darauf.


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Alkohol im Straßenverkehr ist nicht nur in Österreich ein Problem, in allen EU-Staaten, in allen Staaten der Welt ist er eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle. Die Verkehrssicherheit steht in anderen Ländern sicher auch im Vordergrund. Sie hat in Österreich auch noch viel aufzuholen, und es gibt eine Menge von Vorstellungen, die verwirklicht werden müssen und die auch in Vorbereitung sind, um die Verkehrssicherheit in Österreich zu heben.

Kollege Kukacka hat heute hier gemeint, daß das Jahr 1997 immerhin das zweitbeste in den Unfallstatistiken der letzten Jahre ist. Dazu muß ich ihm sagen: So schön ist das auch wieder nicht, denn gegenüber dem Jahre 1996 ist die Zahl der durch Verkehrsunfälle ums Leben gekommenen Menschen gestiegen. Es waren bis Anfang Dezember 1 038 Tote im Straßenverkehr zu beklagen, das sind um 77 mehr als im vergangenen Jahr. Es mußte dann etwas Schreckliches geschehen, damit endlich etwas dagegen geschieht. Die Schüler des Gymnasiums in Baden marschierten dann schweigend, stumm über die Ringstraße, klagten an und richteten die Anklage an den Gesetzgeber, die Forderung an die Politik, an das Parlament, doch endlich zu handeln.

Wir alle wissen, daß das gültige Promillelimit eine große Bedeutung für das Trinkverhalten hat. Da bin ich anderer Meinung als der Abgeordnete Kukacka. Es gibt nämlich eine europaweit durchgeführte Studie, die das beweist und die besagt, daß ein enger Zusammenhang zwischen Senkung der Promille-Grenze und Senkung der Unfallzahlen besteht. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist falsch!) Daher glaube ich, daß wir alles unternehmen müssen, um dem Rechnung zu tragen. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Australien ist sehr weit von uns entfernt, die Antipode, dem Erdteil nach, zu Europa. Die Senkung der Alkoholgrenze auf 0,5 Promille hat dort ergeben, daß die Zahl der Verkehrsunfälle um 7 Prozent zurückgegangen ist, in manchen Teilen, wie in Queensland, sogar um 14 Prozent, die Zahl der Toten um 8 Prozent, in Queensland sogar um 18 Prozent. Ich glaube, das sind Signale, die wir auch beachten sollten.

Der EU-Verkehrskommissar Neil Kinnock hat darauf gedrängt, daß in allen EU-Ländern niedrigere Alkoholgrenzwerte eingeführt werden, sprich 0,5 Promille. Die meisten EU-Länder sind dieser Aufforderung nachgekommen. Österreich gehört zu den letzten EU-Ländern, die da nachziehen. Es sind nur noch wenige EU-Länder, die das bisher nicht gemacht haben.

Die EU hat allen Grund dazu, in ihren Verkehrssicherheitsbemühungen weiter voranzuschreiten, denn es gibt im EU-Bereich pro Jahr rund 45 000 Menschen, die auf der Straße ihr Leben verlieren. Zirka 10 Prozent davon sind auf alkoholisierte Lenker zurückzuführen.

Das Ja zur Einführung der 0,5-Promille-Grenze spiegelt sich auch in der öffentlichen Meinung wider. Eine Umfrage besagt, daß zwei Drittel der österreichischen Bürger dafür sind. Auch die Senkung der Alkoholgrenze auf 0,1 Promille für Fahranfänger war, wie Kollege Peter schon gesagt hat, ein wirklich gutes Zeichen. Sie wurde nämlich von den Jugendlichen weitestgehend akzeptiert.

Was wir heute tun können, ist – und das sind wir den Bürgern unseres Landes schuldig –, Zeichen zu setzen für die Menschen, für das Leben, einen Appell an die Kraftfahrer und an alle anderen Verkehrsteilnehmer zu richten, sich ihrer Verantwortung bewußt zu sein. Wir bitten die Medien, uns dabei zu unterstützen. Vielleicht werden wir dann einmal als weiteren Schritt 0,0 Promille im Straßenverkehr haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.18

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! In der Zeit vom 1. bis 8. Dezember 1997 sind 25 Menschen auf den Straßen Österreichs gestorben, um vier mehr als im Vorjahr. Allein am


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verlängerten Wochenende, also am 6., 7. und 8. Dezember, kamen vier Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben.

Ich glaube, das allein müßte für die großen Zweifler, die es noch immer in diesem Parlament gibt, Anlaß sein, nicht mehr darüber zu diskutieren, ob es sinnvoll oder nicht sinnvoll ist, die Promille-Grenze zu senken. Es müßte für alle bereits eine Selbstverständlichkeit und eine unumgängliche Notwendigkeit sein, daß endlich die Alkoholgrenze auf 0,5 Promille gesenkt wird. (Abg. Dr. Pumberger: Suchtmittel!)

Meine Damen und Herren! Sie wissen, glaube ich, genausogut wie ich, daß in Österreich jährlich 25 000 Kinder im Alter von bis zu 15 Jahren bei Verkehrsunfällen zu Schaden kommen. Von diesen 25 000 Kindern jährlich sind viele Opfer von Verkehrsunfällen, die durch alkoholisierte Lenker verursacht worden sind.

Der Tod der drei Schüler aus Baden bei Wien muß Anlaß genug sein, die Promille-Grenze jetzt endlich zu senken.

Es ist für mich unverständlich, warum sich die Vertreter der Weinwirtschaft, die Vertreter der Alkoholindustrie, die Vertreter der Gastronomie noch immer gegen diese Absenkung wehren. Sie sagen, wenn jemand essen oder zum Weinbauern geht, dann trinkt er ja nur ein Glas Wein zum Essen, und das soll man ihm doch nicht verwehren.

Meine Damen und Herren! Das wird ihm auch in Zukunft nicht verwehrt sein, aber zwischen einem Achtel Wein und der Alkoholisierung stehen einige Gläser Wein oder anderer Alkohol. Und ich denke mir, wer das Geld hat, sich zu betrinken, der sollte auch noch so viel erübrigen können, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause zu fahren. Und wenn kein öffentliches Verkehrsmittel vorhanden ist, dann müssen eben die Gastronomen bereit sein, Busse anzubieten, mit denen sie ihre Gäste nach Hause fahren. Da gibt es genug Möglichkeiten. Man müßte nur etwas Phantasie aufwenden, und das Problem wäre gelöst. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist unverantwortlich, daß man die Interessen jener, die mit Alkohol Geld machen, noch immer in den Vordergrund stellt, aber nicht daran denkt, wie es den Opfern geht, wie es jenen geht, deren Angehörige von Lenkern unter Alkoholeinfluß getötet wurden.

Meine Damen und Herren! All jene, die noch immer ihre Zweifel haben, daß die Absenkung wichtig ist, mögen sich doch bitte einmal die Mühe machen, in eines der vielen Rehabilitationszentren, die wir in Österreich haben, zu fahren und mit den Leuten, die dort als Rehabilitanten sind, zu sprechen. Dann würden sie nämlich draufkommen, daß eine hohe Anzahl jener Menschen, die monatelang, ja oft jahrelang in Rehabilitationszentren leben, Opfer von Autofahrern unter Alkoholeinfluß sind oder selbst unter Alkoholeinfluß gefahren sind.

Wenn Sie die Folgekosten für Menschen, die aufgrund von Alkohol am Steuer behindert sind, kennen, dann wissen Sie auch, daß die Kosten ein unsägliches Problem darstellen und sich die ganze familiäre Situation dadurch verändert. Ich wünsche niemandem von Ihnen, daß Sie diese Situation kennenlernen müssen.

Es ist nicht leicht für die Mutter eines achtjährigen Buben, der im Straßenverkehr durch einen Alkolenker schwer verletzt wurde. Das schwerbehinderte Kind hat nicht die Möglichkeit zu einer Rehabilitation, eben weil es keine Rehabilitationszentren für Kinder mit Schädel-Hirn-Trauma gibt. Die Mutter hat Schwierigkeiten, für ihr behindertes Kind Pflegegeld zu bekommen, sie hat kaum eine Chance, ihr behindertes Kind in einer Integrationsklasse unterzubringen, geschweige denn eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz für ihr Kind zu bekommen.

Die Kosten, die Eltern für aufgrund von Unfällen mit alkoholisierten Lenkern behinderte Kinder erwachsen, meine Damen und Herren, wären zu einem hohen Prozentsatz reduzierbar, wenn endlich die Bereitschaft vorhanden wäre, daß sich im Straßenverkehr etwas ändert. Die Absenkung von 0,8 auf 0,5 Promille schließt einen großen Risikobereich aus, in dem Unfälle verursacht werden. Das zeigen sehr viele Studien. Und all jene, die noch immer nicht erkennen


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wollen, daß es ein erhöhtes Unfallrisiko gibt zwischen 0,5 und 0,8 Promille, negieren jede Studie, und sie verweigern die Realität.

Ich habe erst vor kurzem einen Brief bekommen von einer Familie, deren Sohn als Mitfahrer eines alkoholisierten Lenkers ums Leben kam. Das Schicksal dieser Familie ist hier kaum darstellbar. Aber ich weiß, weil ich sie selbst kenne, daß diese Familie in einer ganz, ganz schrecklichen Situation lebt und weiter leben muß. Solche Familientragödien wären verhinderbar, wenn es weniger Blutzoll auf Österreichs Straßen gäbe.

Sie wissen ja, daß Österreich zu jenen Ländern gehört, die hinsichtlich des Verbrauchs von Alkohol noch immer im oberen Drittel liegen. Unter Umständen kann durch eine Absenkung der Promille-Grenze auch die Anzahl der Alkoholkranken, der Alkoholabhängigen, vor allem der jugendlichen Menschen, die zu Alkohol greifen, vermindert werden. (Abg. Aumayr: Aber nur, wenn sie die Gesetze einhalten, Frau Kollegin!)

Ich meine, wenn es gelingt, auch nur einen einzigen Todesfall zu verhindern, dann hat die Absenkung auf 0,5 Promille Sinn gemacht. Sie alle, die Sie hier sind, sind dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, daß weniger Menschen im Straßenverkehr verletzt werden, daß weniger Menschen im Straßenverkehr sterben und daß in Zukunft weniger Leid und Schicksalsschläge die Familien treffen. Es ist unsere Aufgabe und unser Auftrag, hier in diesem Parlament dafür zu sorgen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.27

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir werden heute voraussichtlich die Herabsetzung der Promille-Grenze auf 0,5 beschließen. Diese Maßnahme soll dazu dienen, die Zahl der Verkehrsunfälle, die unter Einwirkung von Alkohol und Drogen auf unseren Straßen passieren, zu reduzieren. In diesem Zusammenhang wurde neben dem Gesetzesantrag zur Herabsetzung auf 0,5 Promille ein eigener Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Verkehrssicherheit eingebracht, um die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Der Gesetzgeber kann betreffend Verkehrssicherheit nur die Rahmenbedingungen schaffen. Wichtiger ist jedoch, die Bewußtseinsbildung über das ordnungsgemäße Verhalten im Straßenverkehr zu verstärken, und ich glaube, wir sollten bei der heutigen Debatte auch unsere eigene Einstellung überdenken. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hans Helmut Moser: Warum erst jetzt?)

Ich möchte aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das Kuratorium für Verkehrssicherheit auffordern, gerade in diesem Bereich der Bewußtseinsbildung in Zukunft verstärkt tätig zu werden. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Seit 1. November gilt ein neues Führerscheingesetz. In diesem Führerscheingesetz wird erstmals die Lenkerberechtigung für Jugendliche ab 15 Jahren geregelt. Dies ist vor allem für Jugendliche im ländlichen Raum, die nur sehr schwer mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zum Arbeitsplatz oder zur Schule kommen können, von großer Bedeutung. Das Führerscheingesetz regelt nun die Möglichkeit des Landeshauptmannes, durch Verordnung, wenn besondere Voraussetzungen gegeben sind, einen Mopedausweis auszustellen.

Diese Voraussetzungen werden nunmehr normiert: Erstens wird ein Nachweis der geistigen Reife des Antragstellers durch eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle benötigt, zweitens die Bestätigung des Lehrherrn oder der Schule, daß für die Fahrt vom Wohnort des Antragstellers zu seiner Ausbildungsstelle keine oder aufgrund des Fahrplanes nur unzumutbare öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, und drittens eine Einwilligungserklärung des Erziehungsberechtigten.


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Leider wurde durch die Gesundheitsverordnung des Verkehrsministers, welche die genaue Modalität der verkehrspsychologischen Untersuchung regelt, die Erlangung des Mopedausweises wesentlich erschwert. Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung macht nämlich keinen Unterschied zwischen Bewerbern um den Mopedausweis ab 15 Jahren und jenen Bewerbern, die bereits mehrmals den theoretischen oder praktischen Teil der Fahrprüfung nicht bestanden haben und bei denen aufgrund einer ergänzenden amtsärztlichen Untersuchung Zweifel an deren kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit, insbesondere an der Intelligenz und am Erinnerungsvermögen, besteht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht gerechtfertigt, daß ein Jugendlicher, dessen geistige Reife festgestellt werden soll, den gleichen Test absolvieren muß wie ein Erwachsener, dessen Intelligenz angezweifelt wird, da er bereits mehrmals die Führerscheinprüfung nicht bestanden hat. Neben dem komplizierten Verfahren ist auch der Preis von 5 000 S für diese Untersuchung für Jugendliche kaum erschwinglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es müßte doch genügen, die 15jährigen, so wie es bei den Bewerbern um eine vorgezogene Lenkerprüfung der Klasse B geschieht, einem nur 1 800 S teuren verkehrspsychologischen Screening zu unterziehen. Daher begrüße ich die Entschließung des Verkehrsausschusses, worin der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr beauftragt wird, die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung dahin gehend zu ändern.

Herr Bundesminister, ich bitte Sie, diesem Ersuchen des Verkehrsausschusses nachzukommen. Die Jugendlichen werden Ihnen dankbar sein. (Beifall bei der ÖVP.)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Ing. Meischberger gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.33

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Abgeordneter der Volkspartei hat die ganze Debatte, wie sie bis heute läuft, auf den Punkt gebracht. Er wird hier nicht das Wort ergreifen, aber im heutigen "Kurier" hat er es ganz klar und deutlich aufgezeigt: Diese Diskussion um 0,5 oder 0,8 Promille ist "verlogen".

Das kann ich nur unterstreichen, nachdem ich gehört habe, was hier so an Argumenten gebracht wird (Abg. Schwemlein: Das ist aber kein gutes Zeugnis, das du deinem Chef ausstellst!) , in welcher Art und Weise hier Menschen für dumm verkauft werden und wie man sich, indem man über Opfer von tragischen Unfällen und von den Hinterbliebenen spricht, das Kraut herausnimmt, den Menschen weismachen zu wollen, daß man mit dieser durchsichtigen politischen Aktion auch nur einen einzigen Unfall in dem Land verhindern kann! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Du mußt gerade moralisieren!)

Diese Unehrlichkeit ist in der Debatte mehrfach vorhanden. Es gibt eine sachliche Unehrlichkeit, es gibt eine ganz gewaltige mediale Unehrlichkeit, und es gibt vor allem eine politische Unehrlichkeit, auf die ich noch zu sprechen kommen werde. (Abg. Gaál: Das sagt gerade der Meischberger!)

Ich will eines klar und deutlich herausstreichen, von dem ich glaube, daß es einige Vorredner verabsäumt haben. Ich bin mir sicher – und ich hoffe, das ist auch Ihre Meinung –, daß jeder einzelne Abgeordnete dieses Hauses auf jeden Fall jedes Unfallopfer, jeden Verletzten und ganz sicher jeden Toten im Straßenverkehr verhindern will. Das ist, glaube ich, die Grundlage, auf der wir heute hier debattieren und diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin auch der Meinung, daß die Argumente, die heute hier auf dem Tisch liegen, genau dieselben Argumente sind wie jene, die im vergangenen Sommer auf dem Tisch gelegen sind. (Abg. Dr. Schmidt: So ist es!) Damals hat das Hohe Haus eine Mehrheit gefunden, um gegen eine derartig verwässerte Gesetzgebung einzutreten. Ich glaube, daß es nach wie vor kein zusätzliches Argument gibt, da anders zu denken. (Abg. Mag. Barmüller: Das ist ja nicht wahr!)


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Ich meine, daß sich gerade die ÖVP-Abgeordneten damals sehr wohl Gedanken gemacht und sich die Entscheidung nicht leichtgemacht haben, als es darum gegangen ist, für 0,5 oder 0,8 Promille zu stimmen. Ich verstehe deshalb nicht, daß es heute in einer derartigen Art und Weise zu einem Umbruch kommt, und ich verstehe vor allem nicht, warum es aufgrund des medialen Drucks dazu kommt. Ich glaube weiterhin, daß nicht ein einziger Toter, nicht ein einziger Unfall mit dieser Gesetzgebung verhindert werden kann. Ich glaube weiterhin, daß das nichts anderes ist als eine Geldbeschaffungsaktion der Bundesregierung auf der einen Seite und andererseits eine Augenauswischerei und ein den Betroffenen Sand-in-die-Augen-Streuen.

Ich bin weiterhin der Meinung, daß es den Mördern am Volant – so kann man jene, die mit 2,3 Promille gegen Schulbusse fahren beziehungsweise in der Gegend herumfahren, ruhig bezeichnen – ganz egal ist, ob sie um 1,5 oder um 1,8 Promille zuviel haben, wenn sie ins Auto steigen. Das wird ihre Entscheidung nicht ändern. Dieses Gesetz wird sie nicht im geringsten beeinflussen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)  – Soweit zur sachlichen Seite. (Abg. Mag. Barmüller: Aufhebung der Promille-Grenze!)

Zur medialen Unehrlichkeit. Der ORF bringt eine Sendung, ein Nachrichtenmagazin übt über Kuponsammeln Druck auf die Abgeordneten aus, und es werden Dinge so dargestellt, wie es den Tatsachen einfach nicht entspricht. Es werden schreckliche Bilder gezeichnet. Das österreichische Volk wird dargestellt als Verrückte, die nur besoffen auf der Straße herumfahren und mit Waffen herumrennen (Abg. Mag. Barmüller: Aber nein, die tun nur Fußballer verkaufen, sonst sind sie ganz in Ordnung!) , und wir hier im Hohen Haus schauen dem zu, lassen dadurch emotionalen Druck der Öffentlichkeit entstehen und auf unsere Entscheidungen einwirken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte davor warnen, das in Zukunft zu tun, denn dann können wir uns dieses Hohe Haus gleich sparen. Dann schauen wir, was der Herr Zeiler über die Dinge denkt, was der Herr Dichand denkt oder was der Herr Fellner denkt, warten die internen Umfragen und die Abstimmungen der Zeitungen ab, und danach werden die Gesetze gemacht. Genauso ist es, genauso kommt es mir vor! (Abg. Mag. Barmüller: Der in erster Instanz verurteilte Meischberger muß das gerade sagen! Hast du schon zurückgezahlt?)

Aber jetzt zur wichtigsten Sache, nämlich zur politischen Unehrlichkeit. Wenn man sich anschaut, welche Medien hier Druck machen, dann sieht man, daß es diese mediale sozialistische Klammer der vergangenen Monate ist. Genau diese Medien sind aufgestachelt worden, um mehr oder weniger eines zu sühnen, nämlich die Abstimmungsniederlage der SPÖ vom vergangenen Juli. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die SPÖ verträgt diese Abstimmungsniederlage nicht. Deswegen benützt sie den medialen Weg, schürt Emotionen und zwingt die ÖVP damit in die Knie. Die ÖVP fällt um, das ist man ja schon gewöhnt. Die ganz normalen Vorgänge in der Regierung, die Hierarchien in der Regierung sind wiederhergestellt. Und ich meine, das ist ganz einfach nicht in Ordnung. Das sind die Dinge, die man dazusagen muß, wenn man über derart wichtige Themen wie Verkehrstote spricht. (Abg. Mag. Barmüller: Aber, Meischberger, wofür seid ihr? Wofür steht ihr?)

Wenn man sich schon in die Knie zwingen läßt, dann sollte man zumindest ein Gesetz beschließen, mit dem man wirklich etwas bewirkt, und nicht einerseits augenzwinkernd der eigenen Klientel signalisieren: Es passiert euch eh nicht viel, wenn sie euch erwischen!, und andererseits jenen Sand in die Augen streuen, die sich wirklich Sorgen machen. Dafür sind wir Freiheitlichen nicht zu haben, und das hat die Nagelprobe, die wir mit dem Vorlegen unseres Antrages gemacht haben, klar hervorgebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Reden Sie mit uns über wirklich effiziente Maßnahmen! Debattieren wir darüber, ob 0,1 oder 0,2 Promille vielleicht die richtige gesetzliche Regelung wäre (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller ), tauschen wir Argumente darüber aus, wie wir wirklich den Alkohol von den Straßen bringen, wie wir wirklich Dinge in Bewegung setzen, die Menschenleben schützen und Verletzte verhindern! Für eine solche grundsätzliche Debatte sind wir zu haben, aber nicht für eine derartige Augenauswischerei! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.39


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105. Sitzung / Seite 71

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Der zum Rednerpult tretende Abg. Edler trägt eine runde rote Plakette am Revers, die die gelbe Aufschrift trägt: "Ja zu 0,5 Promille".)

12.40

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! – Kollege Meischberger! Die Art, in der Sie soeben die Position der FPÖ in Sachen Verkehrssicherheit vertreten haben, war wirklich starker Tobak! Sie bezeichnen unsere Politik als Geldbeschaffung und Augenauswischerei. (Abg. Meischberger: So ist es! Das ist unsere Beurteilung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn Sie keine anderen Argumente haben, dann ist das sehr bedauerlich.

Erinnern wir uns an die Abstimmung im Sommer 1997. In der zweiten Lesung – das muß man einmal erklären, die Menschen draußen verstehen es ja sonst nicht – ist ja damals positiv über das Gesetz abgestimmt worden! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir, die das miterlebt haben, verstehen es sehr wohl, aber wir müssen die Menschen darüber aufklären, daß es möglich ist, über Fraktionierungen in dritter Lesung ein notwendiges Gesetz zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Die Zeit ist reif, um endlich mehr Sicherheit im Straßenverkehr durchzusetzen. Die Medien haben in diesem Zusammenhang einen wichtigen Auftrag, eine wesentliche Aufgabe erfüllt. Ich denke, das sollte man auch unterstreichen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ihren Auftrag haben sie erfüllt!)

Das ist heute der dritte Versuch, einen wesentlichen Meilenstein zu setzen. Wir finden, 0,5 Promille Alkohol im Blut sind genug, meine Damen und Herren. Die Menschen in Österreich, besonders die Jugend, besonders die Kinder, besonders die Mütter, rufen uns zu: "Stoppt die Alkoraser!" Ich möchte das noch ergänzen und fordere: "Stoppen wir alle Raser!" Es ist überhaupt nicht zu vertreten, wie sich manche im Straßenverkehr benehmen.

Meine Damen und Herren! Die 0,5-Promille-Grenze im Straßenverkehr sollte keine parteipolitische Frage mehr sein. Leider wurde die Parteipolitik aber heute wiederholt hier eingebracht. Dafür wird sicherlich der Öffentlichkeit jegliches Verständnis fehlen. Als Sozialdemokrat bin ich stolz darauf, daß wir heute ein Gesprächsklima hier im Hohen Haus haben, das uns eine breite Zustimmung signalisiert, sodaß die 0,5-Promille-Grenze endlich umgesetzt werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, daß auch unser Regierungspartner, die ÖVP – die ÖVP-Redner haben das heute ganz deutlich zum Ausdruck gebracht –, heute dem Vier-Parteien-Antrag zustimmen wird, sodaß der Realisierung der 0,5-Promille-Grenze, wie ich hoffe, nichts mehr im Wege steht.

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Herr Kollege Haider! Unverständlich ist für mich der Zickzackkurs der Freiheitlichen. Was hat die heutige Diskussion über die 0,5-Promille-Grenze mit der Familienbesteuerung zu tun? – Das ist anscheinend ein "Porschekurs", den Sie hier eingeschlagen haben. Sie wollen nur strafen. Wenn das alle Ihre Forderungen sind, dann muß ich sagen, das wäre der falsche Weg. Strafen sind zwar notwendig, aber man darf nicht nur strafen. Wir brauchen auch eine breite Aufklärung. Die gesamte Öffentlichkeit ist aufgefordert, diese Bewußtseinsbildung zu schaffen. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Meine Damen und Herren! Auch ich bin persönlich davon überzeugt, daß die schweren Unfälle nicht unbedingt mit einem Alkoholspiegel zwischen 0,5 und 0,8 Promille passieren. Diese Grenze ist vielmehr als Hemmschwelle zu betrachten und sicherlich für viele ein Anstoß, weniger zu trinken.

Reden wir doch einmal darüber, wie wir feiern, wie wir die Feste, bei denen wir dabei sind, selbst wahrnehmen! Da gibt es eine Freundesrunde und Einladungen zum Trinken, man glaubt, man hat eh erst 0,5 oder – bis dato – 0,8 Promille, und dann wird noch eine Runde – wienerisch


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gesprochen – "geschmissen". Danach ist man schon über der Grenze, aber dann kommt noch eine Runde, und dann wird es eine "fette Partie". (Abg. Dr. Graf: In welchen Kreisen verkehrst du? Welche "fette Partie"?!) Dagegen, meine Damen und Herren, müssen wir antreten! Das ist strikte abzulehnen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen neben der Senkung der Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille auch noch andere wirksame Maßnahmen. Wir brauchen ein Verkehrssicherheitspaket. Ich meine, es war richtig, einen Unterausschuß dafür einzusetzen. Es sind auch schon einige Anträge eingelangt. In diesem Unterausschuß haben wir die Möglichkeit, die Problematik aktiv und intensiv mit Experten auszudiskutieren. Wir haben uns eine Frist bis Juni nächsten Jahres gesetzt. Bis dahin wird, wie ich annehme, ein Programm vorgeschlagen werden, welche wesentlichen Maßnahmen gesetzt werden sollen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch besonders auf die vielen Aktivisten hinweisen, die sich in dieser Sache so positiv engagiert haben. Dafür ein herzliches Dankeschön! Besonders erwähnen möchte ich dabei die Kinder, die Jugendlichen der Schule in Baden, aber auch anderer Schulen, wo viel unternommen worden ist. Auch von seiten der Exekutive gab es wesentliche Aktivitäten. Verhindern wir gemeinsam den Tod auf der Straße!, lautete die Forderung, und es wurde darauf hingewiesen, daß nicht nur die 0,5-Promille-Grenze ausschlaggebend ist. – Das möchte ich besonders unterstreichen. Für uns heißt das, daß wir gemeinsam wesentlich mehr für die Sicherheit auf der Straße tun müssen.

Meine Damen und Herren! Liebe Landsleute in den Dörfern und in den Städten! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kukacka: "Liebe Landsleute"!) Helfen wir gemeinsam, unnötiges Leid und Elend zu verhindern! Treten wir für mehr Sicherheit und mehr Toleranz auf der Straße ein! Wir haben uns in der Vergangenheit vielfach schuldig gemacht, meine Damen und Herren. Geben wir den Rowdies und den Rasern keine Chance mehr! (Beifall bei der SPÖ.)

12.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Abgeordneten Hans Helmut Moser als nächstem Redner das Wort erteile, möchte ich folgendes feststellen:

Ich habe mir soeben das Protokoll über den Debattenbeitrag des Abgeordneten Dr. Jörg Haider angeschaut und finde hier folgende Formulierung. Er hat, und zwar in Richtung des Klubs der Grünen, von einer Absenkung der Grenze auf 0,5 Promille gesprochen und gesagt – ich zi-
tiere –: "Aber all diese Probleme, die wirklich zu den Toten im Straßenverkehr führen, die ignorieren Sie, bis hin zu Ihrer Rauschgiftsüchtigkeit, die Sie weiterhin protegieren." (Ruf bei der SPÖ: Ungeheuerlich!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Haider für diese Formulierung einen Ordnungsruf.

Erlauben Sie mir aber noch eine zweite Feststellung. In demselben Debattenbeitrag wurde ein Abgeordneter dieses Hauses als "geistiger Tiefflieger" bezeichnet. – Meine Damen und Herren! Solche Formulierungen sind Ausdruck einer Verunglimpfung, die leider in diesem Haus kein Einzelfall mehr ist. Ich möchte an Sie alle den Appell richten, nicht nur in dieser Debatte, sondern überhaupt solche Ausdrücke zu vermeiden, weil es trotz einer klaren unterschiedlichen politischen Positionierung ein Minimum an kollegialem Respekt geben sollte! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Haider: Kollege Barmüller müßte einen Ordnungsruf für seine beleidigenden Äußerungen erhalten! Interessant, daß immer nur die FPÖ Ordnungsrufe erhält! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP, dem Liberalen Forum und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: Geistiger Tiefflieger bleibt geistiger Tiefflieger!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

12.48

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Barmüller und Kollege Peter haben die Position des Liberalen Forums klar dargestellt und auch die Notwendigkeit der Absenkung der Promille-Grenze begründet.


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Meine Damen und Herren! Es muß für uns in der Zukunft wirklich gelten, daß derjenige, der Auto fährt, nicht trinken soll, und umgekehrt soll derjenige, der trinkt, nicht mit dem Auto fahren. Ein kleiner Wermutstropfen ist für mich der Umstand, daß es uns erst im dritten Anlauf gelingt, dieses Ziel zu erreichen, nämlich dann, wenn heute in diesem Hohen Hause die Absenkung der Promille-Grenze beschlossen wird.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Beschluß nimmt der Nationalrat seine Verantwortung für die Bürger in diesem Land wahr, seine Verantwortung für einen größtmöglichen Schutz des Lebens. Ich möchte daher an all jene Damen und Herren des Hauses appellieren, die innerlich noch für die 0,8-Promille-Grenze sind und auch vorhaben, gegen den Antrag zu stimmen, ihrem Gewissen zu folgen und der Absenkung der Promille-Grenze doch ihre Zustimmung zu geben.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Meischberger ist hier herausgekommen und hat die Verlogenheit dieser Diskussion kritisiert. (Abg. Böhacker: Er hat Sie kritisiert! Sie! – Abg. Haigermoser: Wen, glauben Sie, hat er mit "Verlogenheit" gemeint?!)

Herr Kollege Haigermoser! Im Juli, als wir dieses Thema diskutiert haben, hat die Freiheitliche Partei in einem Abänderungsantrag die 0,8-Promille-Grenze noch festgeschrieben. Heute tut sie so und tritt sie hier auf, als wären die heute zu beschließenden Regelungen noch zuwenig. – Ich sage Ihnen: Das ist die Verlogenheit in dieser Diskussion! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Die Art der Diskussion, die Heuchelei (Abg. Böhacker: Ihre Heuchelei!), gerade von seiten der Österreichischen Volkspartei, die wir auch heute hier erlebt haben, ist wirklich nicht zu überbieten, vor allem im Zusammenhang mit den Wortmeldungen des Kollegen Kukacka (Abg. Dr. Trinkl: Gute Wortmeldung!) und des Kollegen Rasinger.

Jetzt gibt sich die Österreichische Volkspartei einsichtig, jetzt entdeckt sie ihr Gewissen! Ich frage Sie, Herr Kollege Rasinger: Wo war Ihr ärztliches Gewissen im Juli, als Sie für die Beibehaltung der 0,8-Promille-Grenze gestimmt haben, als Sie sich gegen die Absenkung ausgesprochen haben? – Jetzt zu kommen und den großen Gewissensapostel zu spielen, das ist unredlich! Jetzt rühmen Sie in der Diskussion, daß ein Meilenstein für die Verkehrssicherheit gesetzt wird!

Das ist zwar richtig, Herr Kollege Khol, aber Sie waren an der Erreichung dieses Zieles nicht wirklich beteiligt. Sie haben nichts dazu beigetragen, daß es rasch und noch heuer zu diesem Meilenstein im Bereich der Verkehrssicherheit kommt, meine Damen und Herren von der ÖVP. (Abg. Dr. Khol: Sie Ahnungsloser!) In der Vergangenheit – Herr Kollege Khol, ich habe auch einige Zitate von Ihnen mitgebracht – haben Sie sich massiv gegen die Absenkung ausgesprochen. (Abg. Dr. Khol: Das ist ja nicht wahr!) Sie haben alle diesbezüglichen Anträge, die eingebracht worden sind, abgelehnt. Ihr Verhalten war der Grund dafür, daß der Antrag heute zum dritten Mal gestellt werden muß, damit es endlich zu einer Absenkung der Promille-Grenze kommt. Ihren Koalitionspartner, die SPÖ, haben Sie in großkoalitionäre Geiselhaft genommen! Daher bleibt Ihnen in dieser Frage der Schwarze Peter, damit werden Sie leben müssen, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kukacka hat hier so gesprochen, als wären ihm erst heute die Auswirkungen des Alkoholgenusses auf die Leistungsfähigkeit bekanntgeworden und als ob erst jetzt die Möglichkeit bestünde, zu weiterführenden und konkreteren Analysen zu kommen. – Herr Kollege Kukacka! Seit Jahren stehen uns als Abgeordneten die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung.

Seit Jahren liegen uns zum Beispiel die Unterlagen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vor. Ich habe einige davon mitgebracht und lese nur die Überschriften vor:

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit schreibt – ich zitiere –: "Verkehrsprofessoren fragen: Wo bleiben die 0,5 Promille?" – Oder: "Internationale Erfahrungen mit 0,5 Promille im Straßenverkehr: Sehr gut!" – Oder: "Fünf Jahre Probeführerschein sprechen für 0,5 Promille!" – Oder: "0,5-Promille-Grenze ist sehr wohl überwachbar!" – Oder, Herr Kollege Rasinger, die Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie fordert: "Das Verkehrssicherheitspaket darf nicht unter das


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Messer kommen!", verbunden mit einer klaren Aussage für die 0,5-Promille-Grenze. – Auch eine jüngst ausgesandte Information des Kuratoriums für Verkehrssicherheit bestätigt: "Große generalpräventive Wirkung der 0,5 Promille auch bei höheren Alkoholisierungsgraden nachgewiesen."

Schon im vergangenen Sommer, kurz vor den erwähnten tragischen Ereignissen, haben wir vom Kuratorium für Verkehrssicherheit eine umfassende Studie zum Problemkreis "Alkohol im Straßenverkehr" bekommen. (Der Redner hält eine dunkelblaue Mappe in die Höhe.)

Herr Kollege Kukacka! Es ist unredlich, wenn Sie hier argumentieren, daß es notwendig gewesen wäre, zusätzliche Studien einzuholen, daß wir diese gebraucht hätten oder bräuchten, um zu einer sinnvollen Entscheidung zu kommen. Sie wollen einfach das Ergebnis der bereits vorliegenden Studien nicht zur Kenntnis nehmen, ebensowenig wie die Tatsache, daß bereits mit 0,3 Promille Alkohol im Blut eine erhöhte Risikobereitschaft gegeben ist. – Das ist nämlich der Grund, warum die Zahl der Verkehrsunfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit besonders hoch ist, meine Damen und Herren.

Vor allem ist es wirklich eine Zumutung, Herr Kollege Kukacka, wenn Sie hier vom Rednerpult aus die Emotionalisierung der vergangenen Wochen beklagen und diese Emotionalisierung negativ abstempeln.

Nach Ansicht von uns Liberalen hat diese Emotionalisierung zu Recht stattgefunden. Diese Emotionalisierung war der Ausdruck des Widerstandes der Bevölkerung, der Ausdruck der Ablehnung Ihrer verfehlten Verkehrspolitik, meine Damen und Herren von der großen Koalition! Sie war der Ausdruck der Ablehnung des politischen Widerstands der Österreichischen Volkspartei gegen die Absenkung der 0,8-Promille-Grenze, weil diese 0,8 Promille längst nicht mehr die Akzeptanz der Bevölkerung gehabt haben.

Meine Damen und Herren! Diese Emotionalisierung war auch die Aufarbeitung der Trauer und der Wut der Jugend im Zusammenhang mit dem tragischen Verkehrsunfall und über den Verlust ihrer Freunde und Kameraden. Daher wurde diese Demonstration zu Recht abgehalten, und daher war diese Emotionalisierung auch tatsächlich begründet. Das war – und ich bin sehr stolz darauf – eine stille Revolution der Jugend! Es war ein Zeichen der Jugend dafür, daß diese heutige Jugend nicht politikverdrossen, sondern politiker verdrossen ist. Sie will Politiker, die eine derartige Verkehrspolitik zu verantworten haben, nicht akzeptieren, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schwarzenberger: Das haben wir bei den oberösterreichischen Landtagswahlen gesehen!)

So zum Beispiel ist der Brief, den Herr Kollege Maderthaner uns geschrieben hat, an Ungeheuerlichkeit wirklich nicht zu übertreffen. Herr Kollege Maderthaner hat uns am 27. Juni einen Brief geschrieben, in dem er feststellt – ich zitiere –: "Innerhalb der Wirtschaftskammer Österreich haben sich vor allem die hauptbetroffenen Branchen, nämlich die Tourismusbetriebe, der Lebensmittelhandel sowie die gewerblichen und industriellen Hersteller von alkoholischen Getränken, natürlich gegen eine Absenkung der geltenden Promille-Grenze ausgesprochen." Und er schließt den Brief mit dem Satz: "Da die Arbeitsplatzsicherheit derzeit die größte Sorge der Österreicher ist, bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter, gegen die Absenkung der Promille-Grenze zu stimmen." – Zitatende. (Ruf bei der SPÖ: Das spricht Bände!)

Meine Damen und Herren! Ein dümmeres Argument als das, daß die Beibehaltung der 0,8-Promille-Grenze ein Beitrag zur Arbeitsplatzsicherheit ist oder zur Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt, gibt es wirklich nicht! Herr Kollege Maderthaner! Wenn Ihnen als Interessenvertreter der österreichischen Wirtschaft nichts Besseres einfällt, als das zu verlangen, als das zu fordern, dann legen Sie Ihre Funktion zurück! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Wabl. )

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß die Aktion der Jugend, angeführt von der Badener Jugend – das freut mich auch deshalb, weil ich ein Abgeordneter dieser Region bin –, doch noch zu einem Erfolg geführt hat. Ich möchte der Badener Jugend dazu auch meine Gratulation aussprechen.


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Ich bin aber wirklich betroffen darüber, daß die Österreichische Volkspartei – ihr voran der Parteiobmann und der Herr Klubobmann Khol – sich von diesem Protest wirklich unberührt gezeigt hat. Herr Kollege Khol! Sie werden es nicht leugnen können: Nach dem tragischen Unfall haben Sie sich weiterhin unberührt gezeigt, haben Sie weiterhin an Ihrer starren Position festgehalten.

Ich habe mir die betreffende Presseaussendung mitgenommen, in der beispielsweise Ihr Parteiobmann Schüssel (Abg. Dr. Khol: Was soll denn das?! – Abg. Steibl: Andere anschütten!) am 27. November erklärt hat: "Der Innenminister soll nun einmal Daten über die Unfälle zwischen der derzeitigen und der geforderten Grenze erheben und bis April/Mai 1998 einen ersten Erfahrungsbericht vorlegen. Dann könne man seriös weiterdiskutieren." – Meine Damen und Herren! Das hat der Parteiobmann der Österreichischen Volkspartei noch am 27. November erklärt.

Damals hat es schon einen Beschluß des Wiener Gemeinderates gegeben, aber er hat gesagt, an der Politik der Österreichischen Volkspartei werde sich dadurch nichts ändern. – Das war Ihre Position, meine Damen und Herren von der ÖVP. Sie haben sich weder von den Aktionen, von den Protesten der Jugend noch von den schweren Unfällen mit Todesopfern berühren lassen.

Meine Damen und Herren! Sie haben auf eine Verzögerungstaktik gesetzt! Warum haben Sie auf eine Verzögerungstaktik gesetzt? – Weil Sie sich über die niederösterreichischen Landtagswahlen hinwegschwindeln wollten. Das ist unverantwortlich, und das ist gewissenlos. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. )

Aber selbst in der Präsidiale haben Sie noch versucht, eine Abstimmung hier in diesem Hohen Hause in der letzten Plenarsitzung vor Weihnachten zu verhindern, und zwar durch eine entsprechende Auslegung der Geschäftsordnung. Wir akzeptieren die geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen, aber Sie wollten mit einer bestimmten Auslegung erreichen, daß es zu keiner Abstimmung kommt.

Das ist Ihnen jedoch nicht gelungen, weil wir im Rahmen der Präsidiale klargestellt und klargemacht haben, daß wir trotzdem von der Möglichkeit eines Antrages Gebrauch machen werden, daß wir trotzdem unseren Abänderungsantrag, den wir schon im Juli eingebracht haben, neuerlich einbringen werden.

Erst als Sie erkannt haben, daß Sie keine Tricks mehr anwenden können, daß der Druck der Öffentlichkeit zu groß ist, haben Sie w.o. gegeben, und darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich komme zum Schluß. Wenn wir heute die Absenkung der Promille-Grenze beschließen, dann ist das aus meiner Sicht der Erfolg engagierter Bürger gegen die politische Unvernunft, dann ist das auch der Erfolg jener politisch Verantwortlichen, denen die Sicherheit der Bürger ein besonderes Anliegen ist. Wir Liberalen haben uns in der Vergangenheit stets dafür eingesetzt und werden uns auch in Zukunft engagiert dafür einsetzen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Khol zu einer tatsächlichen Berichtigung.  – Bitte, Herr Klubobmann.

13.00

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Vorredner in drei Punkten tatsächlich berichtigen.

Der erste zu berichtigende Punkt war, daß Herr Moser gesagt hat, ich hätte persönlich gegen die 0,5-Promille-Grenze Stellung bezogen und sei maßgeblich an der Aufrechterhaltung der 0,8-Promille-Grenze beteiligt gewesen. Ich stelle richtig: Ich habe vor der letzten Abstimmung öffentlich in der "Presse" festgehalten, daß ich für 0,5 Promille eintrete. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber du bist machtlos, Andreas!) Es gab daraufhin in unserem Klub eine freie Abstimmung, und in


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zweiter Lesung habe ich nicht für 0,8 Promille gestimmt. (Abg. Wabl: Sie sind für 0,5? Sie sind rausgegangen!) In der dritten Lesung kam es zu den Vorfällen, die Ihnen alle bekannt sind und die bei uns Zweifel an einer freien Abstimmung erweckten. (Abg. Dr. Haselsteiner: Armer Andreas! Machtloser Mensch!)

Die zweite Behauptung, die ich richtigstellen möchte, ist ... (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Herr Moser hat gemeint, ich sei ungerührt vom Protest der Jugend. Dies stelle ich richtig: Ich bin, so wie jeder andere, selbstverständlich vom Protest der Jugend gerührt und habe auch Konsequenzen gezogen. (Abg. Wabl: Das ist keine Berichtigung mehr, Herr Präsident!)

Der dritte Punkt, den ich tatsächlich berichtige, ist: Ich habe – das wird Ihnen Frau Schmidt aus der Präsidialkonferenz berichten können – in keiner Weise versucht, die heutige Abstimmung zu verhindern, sondern habe mit allen anderen Parteien einen Weg gefunden, wie wir diese Abstimmung heute durchführen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Armer Andreas! Der heilige Andreas war auch ein armer! Ein Märtyrer! Traurig, wenn man sich im eigenen Klub nicht durchsetzt!)

13.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Man kann es drehen und wenden, wie man will: Bei all den heftigen Emotionen, die von verschiedenster Seite aus den Parteien, die hier vertreten sind, vorgebracht wurden, ist heute die einzige objektive, sachliche, nüchterne und tatsächlich der Realität entsprechende Rede hier von Herrn Kollegen Kukacka gehalten worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Weiters möchte ich festhalten: Ich wundere mich geradezu, daß so getan wird, als ob Alkohol am Steuer bisher als Kavaliersdelikt gegolten hätte. Festzuhalten ist, daß faktisch schon bisher bei über 0,8 Promille eindeutig und in vielen Fällen bereits unter 0,8 Promille bei Fahruntüchtigkeit die Straffälligkeit gegeben war, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Festzuhalten ist weiters: Wenn heute Krokodilstränen vergossen werden und man seitens der Freiheitlichen Partei jetzt versucht, auf einem gewissen Weg – mit Strafen bis 100 000 S in allen Bereichen – überholend zu wirken, dann halte ich fest, daß im Vergleich zu dieser Linie eine Kugel noch mehr Kanten hat, als Sie bisher hatten, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen!

Trotz aller Emotionen sei festgehalten: Es sind zwei Dinge auseinanderzuhalten, nämlich Meinungen und Tatsachen. Unbestritten und klar muß sein – das ergibt sich eindeutig aus allen Nachweisen –, daß für die Verkehrsunfallshäufigkeit und für die Schwere der Verkehrsunfälle nicht die Promille-Grenze von 0,5 oder 0,8 maßgeblich ist, sondern ein Wert jenseits von 1 Promille. Bereits bisher sollte gegolten haben: Wer fährt, trinkt nicht, und wer trinkt, fährt nicht! Nicht erst in Zukunft, sondern schon bisher sollte das gegolten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Jeder, der ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, muß wissen, daß er dafür die Verantwortung übernimmt. Aber etwas mehr Verantwortung hätten schon bisher Bei- und Mitfahrer aufweisen sollen und sollten das auch in Zukunft. Mehr Verantwortungsbewußtsein ist aber auch von Gastwirten und Lokalbesitzern gefordert, meine Damen und Herren! Ich bin tief beeindruckt, wenn in einer Art Lebensbeichte Herr Kollege Peter uns für die Zukunft ankündigt, daß man quasi probeweise Alkomaten aufstellen wolle. Wer hat Sie als Sprecher der Hoteliers bisher daran gehindert, dafür Vorsorge zu treffen? (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Fischer. )


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Es ist auch mehr Verantwortung von uns allen gefordert, meine Damen und Herren, wenn man bei Lokalbesuchen feststellt, daß der eine oder andere betrunken nach Hause fahren will. Wer von den Gastwirten und Lokalbesitzern hatte bisher den Mut, ihm zu sagen: Lieber Freund, du fährst mit dem Taxi nach Hause!? – Da wäre mehr Mut und mehr Verantwortung von allen gefordert. (Beifall bei der ÖVP.) Es geht darum, nicht wegzuschauen, sondern klar und deutlich zu machen, daß dies nicht geht und daß es kein Fahren mit Alkohol gibt.

Wer hat bisher den ORF und die Medien daran gehindert, in Medienkampagnen aufklärend zu wirken, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Trinkl: Das ist richtig!) Wo sind denn die Zeitungen, die in den letzten Monaten plötzlich sozusagen die Wahrheit und die Weisheit entdeckt haben, wenn es um die Werbung, um Alkoholwerbung und andere Dinge geht, meine Damen und Herren? Wo sind denn die jungen Leute, die uns hier tief beeindruckend gezeigt haben, was sein sollte, die bisher vor Diskos in verschiedensten Veranstaltungen darauf hingewiesen haben, daß manches einfach nicht geht? Wo sind bisher die effizienten Kontrollen geblieben? Wo sind bisher die effizienten Heimbringerdienste geblieben?

Ich war tief beeindruckt, als uns Herr Kollege Bogner vom Kuratorium für Verkehrssicherheit im Fernsehen erklärte, man solle auf dem Land den Nahverkehr ausbauen. – Die Wahrheit ist doch, daß die Post ihre Linien verdünnt! Die Wahrheit ist doch, daß die Mittel für den Nahverkehr in die Städte fließen! Die Wahrheit ist doch, daß mit dem Steuergeld aller Österreicher in Wien die U-Bahnen gebaut werden! Die Wahrheit ist doch, daß man in der Stadt Wien um 4 700 S ein ganzes Jahr lang alle öffentlichen Verkehrsmittel benützen kann. Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren, daß auf dem Land sehr viele Hausbesitzer über 100 000 S zahlen müssen, damit sie überhaupt zu einer asphaltierten Straße kommen. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Leikam. )

Ich würde mir wünschen: Weniger Scheinheiligkeit, mehr Chancengleichheit, damit auch die Landbevölkerung nur ähnliche – gleiche wird es nie geben – Möglichkeiten haben kann. Wo ist denn die Chancengleichheit, wenn selbst Schulkindern auf dem Land zwei Kilometer Fußweg zugemutet werden oder eine Stunde Wartezeit, während man in der Stadt an der nächsten Haltestelle einsteigen kann? Wo bleibt da die Chancengleichheit, meine Damen und Herren? Wo bleibt der gerechte Finanzausgleich? Wo, Herr Bundesminister, findet sich in der Realität die Begründung dafür, daß man in der Stadt ab 10 Jahren mit einer Fahrradprüfung und sonst ab 12 Jahren uneingeschränkt mit dem Radrennfahrzeug (Abg. Leikam: Rennrad!) , mit dem Fahrrad alle Wege benützen kann? – Auf dem Land hingegen spricht man den Jugendlichen auch noch mit 15 Jahren ab, fähig zu sein, mit dem Mofa zu fahren, und erschwert mit 5 000 S außerdem die Einstiegsprüfung. Das kann es doch nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe meine Zweifel, daß die Beschlußfassung, die heute sicherlich eindeutig erfolgen wird, das Ergebnis nach sich ziehen wird, das wir uns alle wünschen. Jeder Arzt oder Einsatzleiter wird Ihnen folgendes bestätigen: Wenn er einen Einsatz zu leiten hat und zu einem Schwerverletzten kommt – das Verhalten im Verkehr kann man durchaus damit vergleichen –, dann ist zuerst das Wichtigste zu erledigen. Es hilft einem Schwerverletzten nicht, wenn man ihn zuerst frisiert, damit er schön ausschaut, und sich erst danach um seine Verletzungen kümmert. Genauso sollte es auch in der Verkehrspolitik sein. Wir sollten keine Alibi-Bestimmungen beschließen, sondern tatsächlich Kontrollen und Maßnahmen setzen, die effizient sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich frage mich, meine Damen und Herren, bei aller Emotionalität und Unterschiedlichkeit der Standpunkte auch, ob es sinnvoll und vertretbar ist, daß man einen Alkolenker, wenn er mit deutlich über 2 Promille drei Tote verursacht, auf freiem Fuß beläßt und nur Anzeige erstattet. Das kann es nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)


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13.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.09

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Auer! Ich muß Ihnen in Ihrer Ausführung absolut recht geben. Sie haben darin Vorschläge mit verarbeitet, die wir Freiheitlichen hier eingebracht haben.

Heute aber zu bedauern und zu sagen, Sie trauen dem Ganzen nicht oder Sie wissen nicht, was diese Bestimmung überhaupt soll, ist etwas merkwürdig. Sie selbst haben das für die Regierungsparteien mit beschlossen! Sie sind ja derjenige, der heute diesen Beschluß – nur die Senkung von 0,8 auf 0,5 Promille vorzunehmen – mitträgt. Nehmen Sie sich selbst an der Nase! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber kommen wir auf den Ausgangspunkt zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wieso kommt es heute zu dem Beschluß einer Senkung von 0,8 auf 0,5 Promille? – Jeder dieser schweren Verkehrsunfälle ereignete sich bei mehr als 1 Promille, manchmal weit darüber. Bis heute konnten Sie hier nicht den Beweis vorlegen, daß sich in dem Bereich zwischen 0,5 Promille und 0,8 Promille ein Verkehrsunfall ereignet hätte, bei dem es Schwerverletzte oder Tote zu beklagen gab. (Abg. Mag. Barmüller: Es geht um den Umgang mit Alkohol im Straßenverkehr überhaupt, Herr Kollege!) Wir Freiheitlichen stehen dafür, daß wir keinen Toten mehr auf der Straße haben wollen, und wir Freiheitlichen stehen auch dafür, daß wir keinen Verletzten mehr haben wollen.

Herr Kollege Barmüller! Wenn Sie mir dazwischenreden und speziell auf Ihre Aussagen hinweisen, dann muß ich Ihnen entgegenhalten: Unser Bundesparteiobmann Dr. Jörg Haider hat schon im Jahre 1991 erstmals in einer Resolution darauf hingewiesen, daß wir die Exekutive stärken müssen und daß wir Maßnahmen treffen müssen, die sowohl dem Straßenverkehr und den Fahrzeuglenkern als auch den Fußgängern zugute kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Damals waren Sie noch bei uns! Dann sind Sie aus der Freiheitlichen Partei ausgeschieden. Soll ich Ihnen dazu etwas sagen? – Heute sind wir froh darüber. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Aber wir auch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Beschlußfassung heute ist die Folge dessen, daß die Schüler in einem Protestmarsch hier aufmarschiert sind. Alles recht und schön: von den Medien getragen, von den Medien vorbereitet, bis hin zur heutigen Beschlußfassung. Der Lenker, der diesen Unfall verursachte, hatte 2 Promille. Das ist bedauerlich und tragisch. Aber haben Sie sich jemals gefragt – dabei schaut man der Wahrheit nicht ins Auge –, warum diese Schüler im Bus nicht angeschnallt waren? (Abg. Mag. Barmüller: Jetzt sind auch noch die Schüler schuld, oder wie?) Wieso haben Sie als Regierungsparteien unserem Antrag auf Sicherheitsgurtenpflicht im Bus nicht zugestimmt? – Vielleicht wäre dadurch auch ein Toter weniger zu beklagen gewesen. Bedenken Sie dabei auch das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb haben wir Freiheitlichen hier einen Antrag eingebracht, der selbstverständlich auch entsprechende Maßnahmen fordert. Diese Maßnahmen sehen vor, daß vor allem eine psychologische Stufe eingeführt wird, die bewirken soll, daß man vor dem Lenken eines Fahrzeuges keinen Alkohol trinkt.

Es ist weiters eine Begründung vorgebracht worden, die mir sehr fadenscheinig erscheint. Innenminister Schlögl hat heute früh angekündigt, daß 100 Planstellen hinzukommen sollen. Ich bezeichne das als unwahr. Wenn man es verfolgt, zeigt sich, daß in den Jahren 1995, 1996 und 1997 schon weit mehr als 1 000 Planstellen bei der Exekutive eingespart wurden. Des weiteren wurden die Nebengebühren beziehungsweise die Mehrdienstleistungen um sage und schreibe 25 Prozent verringert. Und dann spricht man von effektiver Verkehrsüberwachung? Dann spricht man von einem effektiven Einsatz?

Die Exekutive ist heute nicht in der Lage, die bestehende 0,8-Promille-Grenze zu überprüfen, und wird nach der heutigen Beschlußfassung auch in Zukunft nicht fähig sein, die 0,5-Promille-Grenze zu überprüfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daher wird diese Gesetzgebung mit der alleinigen Senkung von 0,8 auf 0,5 Promille den Erfolg nicht bringen, den Sie von den Regierungsparteien hier scheinheilig vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich würde mir wünschen, daß uns Unterlagen darüber vorgelegt werden, wo diese 100 Planstellen für die Exekutive herkommen sollen. Ich würde mir wünschen, daß die Planstellen, die in den Jahren 1998 und 1999 zur Einsparung vorgesehen sind, nicht eingespart werden, damit einer effizienten Verkehrsüberwachung nachgekommen werden kann. Das würde ich mir wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte dazu ein Zitat aus der "Presse" vom 6. Oktober 1997 bringen. Es lautet: "Mit der neuen Promille-Grenze ist der Stein der Weisen nicht gefunden. Viel wichtiger ist die Kontrolle: Denn was nützen die schönsten Gesetzestexte, wenn die Kontrolle dessen, was zu Papier gebracht wurde, ausbleibt? Papier ist bekanntlich geduldig, und so mancher Alkosünder vertraut noch zu sehr darauf, daß der Kelch des Alkomaten an ihm vorübergeht." (Abg. Mag. Barmüller: Das Rednerpult ist auch geduldig, Kollege Lafer, wenn man Sie hört!) "Das ist so bei der 0,8-Promille-Grenze, bei der 0,5-Promille-Grenze, und wäre auch bei einem generellen Alkoholverbot so. Bedeutsamer als neue Gesetzeswerke ist die Präsenz der Exekutive auf den Straßen, mit Kontrollen und entsprechenden, wirklich harten Strafen für die Alkosünder."

Das ist die Intention der Freiheitlichen, das besagt auch unser Beschluß, und dem beizustimmen ersuchen wir Sie. Dann haben Sie wirklich etwas Vernünftiges getan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Leikam gemeldet. Herr Abgeordneter, die Geschäftsordnungsbestimmungen sind Ihnen bekannt. – Bitte.

13.14

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich berichtige meinen Vorredner, Herrn Abgeordneten Lafer. Er hat behauptet, die Exekutive hätte in den letzten Jahren 1 000 Planstellen abgebaut.

Tatsächlich ist der Sachverhalt so, daß im Jahre 1994 insgesamt 32 109 Planstellen gegeben waren, 1996 33 018 und 1997 32 729. Im Jahr 1998 werden es 33 446 Planstellen sein. Mit 1. Jänner beginnt übrigens ein Grundkurs für 250 neue Grenzgendarmen, und mit 1. September wird es zu einem Grundkurs für weitere 250 Grenzgendarmen kommen. Die Behauptung, die Herr Abgeordneter Lafer hier aufgestellt hat, ist daher unrichtig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.15

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Schüler aus Baden haben vor wenigen Tagen ihre auf der Autobahn verstorbenen Schulkollegen und Freunde begraben und verstehen die Sinnlosigkeit dieser Tode nicht. Meine Damen und Herren! Ich verstehe sie auch nicht.

"Ich bin stolz auf unsere Schüler, sie haben etwas in Bewegung gesetzt", meinte Frau Schuldirektorin Erika Perdula aus Baden. Eigentlich ist es traurig, daß solche und ähnliche Ereignisse in der Vergangenheit passieren mußten, um so viel öffentlichen Druck zu erzeugen, daß nun hier im Haus im dritten Anlauf die Senkung der Promille-Grenze auf 0,5 beschlossen werden kann.

Meine Damen und Herren! Die Verkehrssicherheit ist ein Anliegen, dem absolute Priorität zukommt. Jeder alkoholbedingte Verkehrsunfall ist zuviel. Jede damit verbundene Gesundheitsgefährdung bleibt unentschuldbar. Tatsache ist – das kann man nicht wegreden –, daß mit 0,8 Promille Alkohol im Blut das Unfallrisiko viermal so hoch ist wie bei Nichtalkoholisierten. Tatsache ist, daß alle 10 Minuten in Österreich ein Mensch im Straßenverkehr verletzt wird. Alle 8,5 Stun


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den findet ein Verkehrsteilnehmer den Tod. Im Jahr 1996 waren es über 1 027 Menschen, die auf Österreichs Straßen gestorben sind, und über 49 000 wurden zum Teil schwer verletzt.

Ich verstehe da den Kurs der FPÖ überhaupt nicht. Bei diesem Zickzackkurs muß man schon einigermaßen gut drauf sein, um mitzukommen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Als 25. Redner fällt Ihnen nur noch ein, was vorher gesagt worden ist?) Wenn ich mir zum Beispiel allein den Antrag ansehe, den die FPÖ eingebracht hat, dann muß ich sagen, dieser zeigt Ihre Konfusion, liebe Frau Kollegin! Sie bringen einen Antrag zum Führerscheingesetz ein, in dem es heißt: "1. § 26 Abs. 1 bis 3 lauten". Aber da gibt es gar keinen Abs. 3 – das nur am Rande. Weiters verlangen Sie in § 26 Abs. 1 mindestens zwei Wochen Führerscheinentzug bei 0,8 Promille. Das käme aber einer Reduktion der Alkoholstrafen gleich! Wir verlangen beziehungsweise es ist jetzt schon Gesetz, daß es vier Wochen sind. Wo also ist da die Logik? – Die Ernsthaftigkeit dieser Anträge ist wirklich anzuzweifeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Rosenstingl! Ihre Aussagen stehen im krassen Widerspruch zu dem, was Sie noch vor kurzem hier im Haus gesagt haben. Ich zitiere aus Ihrer Stellungnahme vom Juni 1994, in der Sie sagten: "Es gibt nach meinem Wissen keine Untersuchung, die beweist oder aussagt, daß die Unfallhäufigkeit bei Alkoholwerten zwischen 0,5 und 0,8 Promille liegt und daß daher die Absenkung von 0,8 auf 0,5 etwas Wesentliches verändern würde." (Abg. Rosenstingl: Ich habe heute nichts anderes gesagt!) Das sind Ihre Worte aus dem Protokoll, Herr Abgeordneter! (Abg. Mag. Stadler: Die bloße Absenkung bringt gar nichts!) Tatsache ist – ich muß es Ihnen wieder sagen –, daß ein gefährlicher Leistungsabfall schon unter 0,8 Promille eintritt. Das haben viele Studien bewiesen, auch amerikanische Experten haben das festgestellt. (Abg. Böhacker: Welche Studie meinen Sie?)

Meine Damen und Herren! Vor kurzem hat ein Taxilenker, der diese Diskussion am Fernsehschirm mitverfolgt, angerufen und gesagt, er sei auch voll dafür, und zwar nicht nur, weil er von Berufs wegen für 0,0 Promille eintritt, und er habe dazu eine Anregung. Diese möchte ich hier vorbringen, weil sie mir sehr wichtig zu sein scheint: die Anregung, daß alle Gastronomen und Wirte mit gutem Beispiel mithelfen und alkoholfreie Getränke in entsprechender Menge sowie billig anbieten sollen. – Ich kann diesen Wunsch nur unterstreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn mir ein Mitbürger vor kurzem gesagt hat: Jetzt darf ich zu meinem Gulasch nicht einmal mehr ein Bier trinken!, dann muß ich betonen, diese Aussage ist sicherlich falsch, denn wir alle wissen, daß die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Organismus je nach physiologischer Konstitution sehr unterschiedlich ist. Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß Personen, abhängig vom Geschlecht, Alter, Gewicht und so weiter, unterschiedlich auf Alkohol reagieren.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Gesetze sind notwendig, aber alles kann man mit Gesetzen nicht regeln. Es muß sich auch in den Köpfen der Menschen etwas verändern. Bezüglich Alkohol und Autofahren bedarf es noch sehr viel Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit. Leider nehmen Aggressivität, Rücksichtslosigkeit, Egoismus und Intoleranz auch im Straßenverkehr immer mehr zu. Das Auto wird zur Waffe. Dieser Ausformung von Gewalt muß entschieden entgegengetreten werden.

Wir haben diesbezüglich noch sehr viel zu lernen, und deshalb habe ich auch im Ausschuß angeregt, eine parlamentarische Enquete einzuberufen, die sich gerade mit diesen Fragen der Gewalt auseinandersetzt. Wir müssen eine Vielzahl von effektiven Maßnahmen für eine höhere Verkehrssicherheit in Österreich setzen. Eine sehr wichtige Maßnahme soll heute gesetzt werden, nämlich die Herabsetzung auf 0,5 Promille. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.21

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! DUI – D, U, I. Sagt Ihnen diese Abkürzung etwas? "DUI" steht in den meisten Bundesstaaten Amerikas als Warnung auf den alkoholischen Geträn


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ken und ist die Abkürzung für "driving under influence", also Fahren unter Beeinflussung. Und genau dieses DUI bringt für mich die Thematik auf den Punkt. Sie wissen, daß ich eine Hardlinerin in Sachen 0,5 Promille bin. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie wissen aber auch ganz genau, daß ich nicht vordergründig für medial wirksame Maßnahmen eintrete. "Driving under influence" heißt, daß ich mein Fahrzeug nicht in Betrieb nehme, wenn ich beeinflußt bin, also wenn ich nicht fahrtauglich bin, sei es durch Alkohol, sei es durch Drogen, sei es durch Medikamente, sei es durch das Telefonieren mit dem bei uns besonders beliebten Statussymbol Handy.

Die Lenkerberechtigung soll – dieser Meinung bin ich, und das möchte ich ganz besonders an unsere jungen Zuhörer richten – bei uns wie in den USA als Privileg angesehen werden, das heißt, ich darf ein Auto fahren, nicht als Recht nach dem Motto: Rein ins Vehikel, gib ihm, wir sind die Straßencowboys, jetzt geht’s los! – 350 000 Alkoholkranke gibt es in Österreich. Und die Bewußtseinsbildung für ein verantwortliches Fahren muß das primäre Ziel all unserer Maßnahmen sein. Deswegen haben wir ja ein ganz strenges, ganz eigenständiges Maßnahmenpaket eingebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was beinhaltet denn dieses Maßnahmenpaket? – Zuerst einmal die Absenkung von 0,8 auf 0,5 Promille. Ich weiß jetzt überhaupt nicht, wieso diese ganze Diskussion so läuft, daß uns dauernd unterstellt wird, wir wären gegen die Absenkung der Promille-Grenze. In unserem Maßnahmenpaket ist diese Herabsetzung enthalten! (Beifall des Abg. Mag. Stadler. ) Und in unserem Maßnahmenpaket ist im Gegensatz zu allen anderen Maßnahmen der anderen Parteien auch ein konsequentes Strafen enthalten. (Abg. Wabl: Die 10 Gebote Gottes reichen aus!) Hören Sie mir einmal zu! Konsequentes Strafen heißt nämlich bei uns: zwei Wochen Führerscheinentzug bei Überschreitung der 0,5-Promille-Grenze. Und das tut weh, Herr Abgeordneter. Das tut verdammt weh. Und genau das ist die präventive Maßnahme, die wir haben möchten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Warum sind Sie dann dagegen?)

Wir sind nicht dagegen. Wir sind dafür! Bitte lesen Sie einmal unsere Anträge! Ich darf sie Ihnen wirklich ans Herz legen. (Abg. Dietachmayr: Da steht aber etwas anderes drinnen!) Na dann lesen Sie sie einmal genau! Ich habe schon zuerst bei Ihnen bemerkt, Herr Abgeordneter, daß Sie ein bißchen Schwierigkeiten beim Lesen der Initiativanträge haben. Ich gebe Ihnen gerne Unterricht und erkläre sie auch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben uns aber noch einen weiteren, für mich thematisch sehr wichtigen Punkt, nämlich die Durchführbarkeit dieser ganzen Maßnahmen, als unser Ziel gesetzt. Erstens: die Möglichkeit der verstärkten Kontrolle durch den Wegfall der "Blaulichtsteuer". Warum? Heutzutage kommt kein Polizist mehr zu einem Blechschaden, die meisten Blechschäden werden aber bekannterweise unter Alkoholeinfluß verübt. Wo ist diese Maßnahme bei Ihnen?

Zweitens: die Zweckbindung der Bußgelder. Wir haben als einzige Fraktion die 40prozentige Zweckbindung der Bußgelder vorgesehen, damit die Kontrollmaßnahmen aufrechterhalten werden können. (Abg. Wabl: Sie sollten den Entschließungsantrag lesen, der hier eingebracht worden ist!) Wieso ist diese Maßnahme nicht in Ihrem Antrag enthalten, Herr Abgeordneter Wabl? – Und zum Entschließungsantrag: Sie sind doch Politiker, Sie wissen ganz genau, daß ein Entschließungsantrag für die Regierung nicht bindend ist, sondern nur ein neuer gesetzlicher Beschluß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben auch die Änderung der Gewerbeordnung in unserem Antrag drinnen. Wir fordern, daß zwei nichtalkoholische Getränke für Jugendliche ausgeschenkt werden müssen zu einem Preis, der unter dem des billigsten alkoholischen Getränkes liegt. (Abg. Wabl: Sagen Sie das der Frau Rossmann!)

Wir haben eine Änderung der Strafprozeßordnung in unserem Maßnahmenpaket drinnen, die eine erhöhte Strafe bei fahrlässiger Tötung vorsieht.

Ich verstehe Sie nicht. Wir haben ein logisches, gutes Maßnahmenpaket. Sie sagen, wir gehen nicht auf Ihre Maßnahmen ein. Ja, bitte schön, warum gehen Sie denn nicht auf unseren Antrag ein? (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Dem gegenüber stehen sämtliche Schwachstellen des Vier-Parteien-Antrages:

Erstens: gesetzliche Unsicherheit. Sie haben expressis verbis die 0,5-Promilleabsenkung in der StVO nicht verankert. Sie ist nicht drinnen.

Zweitens: keine Einbindung von Suchtmitteln. Natürlich sind die Suchtmittel primär in der StVO enthalten, aber nicht so, wie wir das in unserem Antrag vorsehen, nämlich daß sie im Blut nachgewiesen werden müssen und daß der Nachweis dafür genügt, einen Süchtigen und dadurch Beeinträchtigten so zu behandeln wie einen Autofahrer, der 0,5 Promille Alkoholgehalt in seinem Blut hat. Also es gibt in Ihrem Antrag keine Einbindung von Suchtmitteln. Da sind Sie liberal. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weitere Schwachpunkte: zu mildes Strafausmaß, keine Förderung von Kontrollmaßnahmen, keine Förderung von Präventionsmaßnahmen. Ja, meine Damen und Herren, was ist denn eigentlich wichtig in der Politik? Ist es nicht wichtig, präventiv tätig zu sein, gerade bei den Kindern, gerade bei den Jugendlichen? Ist es nicht wichtig, das Thema Alkohol, das Thema Drogen schon im Rahmen der Führerscheinprüfung zu thematisieren, damit der junge Mensch über die erhöhten Risiken Bescheid weiß? (Abg. Dr. Fuhrmann: Das geschieht ja auch!) Das alles sehen unsere Maßnahmen vor – und Sie stimmen nicht mit! Und dann sagen Sie, wir sind die, die nicht für 0,5 Promille stimmen. Ja ich bitte Sie!

Da zeigt sich immer wieder die Scheinheiligkeit der Regierungsparteien: "Bundeskanzler Klima verspricht demonstrierenden Schülern scharfe Kontrollen bei Alkohollenkern." – Zitat aus der letzten Ausgabe von "NEWS". Ja und dann ist es nicht möglich, daß wir ein Fünf-Parteien-Maßnahmenpaket zusammenbringen, das diese Kontrollen überhaupt erst ermöglicht? Mit unseren Maßnahmen wären sie möglich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie schon gesagt: erstens: Abschaffung der "Blaulichtsteuer", zweitens: 40 Prozent zweckgebundene Bußgelder.

Gleichzeitig werden aber – das vorhin erwähnte Versprechen des Herrn Bundeskanzlers bitte notieren! – in Wien die Planstellen in der Verkehrsabteilung um 10 Prozent reduziert. Die Zahl der gesamten Planstellen der Sicherheitswache wurde seit 1995 um 197 reduziert. Aber der Herr Bundeskanzler verspricht verstärkte Kontrollmaßnahmen! (Abg. Mag. Stadler: Da schau her! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Mag. Kukacka! Sie haben eine gute Rede gehalten. Sie haben schon das letzte Mal eine gute Rede gehalten. Sie haben schon das letzte Mal gesagt, die Absenkung der Promille-Grenze ist nicht so wichtig. Wichtig sind wirklich massive, greifende Strafmaßnahmen. – Da haben Sie sie! Ja warum kommen Sie denn nicht auf unseren Antrag? Sie argumentieren in unsere Richtung, aber unserem Antrag, Herr Magister, können Sie nicht zustimmen.

Und Herr Mag. Barmüller nutzt die mediale Positivwelle zur Stimmungsmache und kommt aus Eitelkeit nicht auf unseren Antrag. Auch Sie, Herr Mag. Barmüller, haben gesagt, wir würden nicht für 0,5 Promille stimmen. Ich bitte Sie alle: Lesen Sie unseren Antrag! (Abg. Grabner: Juli, Juli!)

Warum, sehr geehrte Damen und Herren, sind Sie nicht für unseren Antrag? Ich kann es Ihnen sagen: weil er von den Freiheitlichen ist, aus persönlicher Eitelkeit oder aus Profilierungssucht. (Abg. Dr. Fuhrmann: Sie haben schon einmal dagegen gestimmt und werden heute wieder dagegen stimmen!) Und diesen wahren Hintergrund, meine Damen und Herren, sollten Sie auch den Kindern und Jugendlichen, die uns hier zuhören, sagen, Sie sollten ihnen reinen Wein einschenken. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Der Stadler ist heimgegangen, und Rosenstingl hat den Mund nicht aufgemacht!) Das, meine Damen und Herren, ist Scheinheiligkeit pur, und dafür bin ich nicht zu haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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13.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fink. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.30

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Frau Kollegin Dr. Povysil! Sie stehen deswegen nicht auf dem Antrag, weil Sie die Demokratie verkennen. Sie sind nicht kompromißfähig, Sie können keine Kompromisse schließen, und deswegen stehen Sie nicht auf dem Antrag. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Frau Kollegin Povysil! Zu Ihren konsequenten Strafen ... (Abg. Haigermoser: Was haben Sie gegen die Frau Doktor?) – Herr Kollege Haigermoser, ich habe Ihnen schon einmal gesagt, was ich von Ihren Zwischenrufen halte! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

In Ihrem Antrag steht wörtlich: "Andererseits hat sich gezeigt, daß der langjährige Grenzwert von 0,8 Promille, objektiv betrachtet, relativ hoch ist. Eine Absenkung des Grenzwertes auf 0,5 Promille, die etwa den vermeintlichen Grenzen für 0,8 Promille entsprechen, erscheint daher geboten. Hinsichtlich der Strafrahmen ist hier eine deutliche Anhebung auf bis zu 100 000 S vorgesehen ..." – Das steht in Ihrem Antrag. Und gegen diese hohen Strafen im Bereich von 0,5 bis 0,8 Promille sind wir! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist heute ein Vier-Parteien-Antrag, der die Herabsetzung von 0,8 auf 0,5 Promille fordert. Anlaßfall für die heutige Beschlußfassung war (Abg. Böhacker: Anlaßfall! Er gibt es sogar zu!) der Unfall auf der West Autobahn, über den in einer gut vorbereiteten und gut recherchierten Sendung im Fernsehen berichtet wurde. Leider blieben die Hintergründe der Thematik und die im Sommer dieses Jahres beschlossenen strengen Strafaktionen für harte Trinker unerwähnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, daß es aus Gründen der Generalprävention sehr wichtig gewesen wäre, über die neuen Sanktionsmöglichkeiten zu berichten.

Wir schützen keine Verbrecher am Volant. Wir fordern und wir forderten massive Strafen gegen den Alkoholmißbrauch, wenn andere gefährdet werden. Man darf aber nicht die diskriminieren, die Alkohol nicht mißbrauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist medizinisch erwiesen, daß die Reaktionsfähigkeit zwischen 0,5 Promille und 0,8 Promille abnimmt. Es ist aber auch medizinisch erwiesen, daß bei älteren Menschen die Reaktionsfähigkeit abnimmt. Und es ist durch die Statistik erwiesen, daß die Zahl der Unfälle in dieser Altersgruppe der älteren Menschen am geringsten ist. Das zeigt, daß Fahrerfahrung und Fahren mit Vernunft Unfälle vermeiden. (Beifall bei der ÖVP.)

Alkoholisierung am Steuer ist ein gesellschaftliches Problem geworden. Es ist für mich auch Erziehungssache, den Pkw-Lenker so weit zu bringen, daß er zwischen Trinken und Fahren trennt. Das ist keine Forderung nach 0,5 Promille.

Ich habe heute in der "Presse" einen Leserbrief gelesen, ich zitiere daraus: "Wieso soll, wer sich bisher über das gesetzlich zulässige Maß betrunken hat, nunmehr mit 0,5 Promille sein Auslangen finden? Auch 0,0 hülfe nichts, der Angelpunkt der Unfallvermeidung ist nicht das Limit, sondern die Kontrolle." – Damit kann ich mich zu 100 Prozent identifizieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darum geht es mir beim Thema Alkohol am Steuer: Wir müssen Maßnahmen setzen, die wirksam sind und helfen, und zwar dort helfen, wo Leben zu retten ist. Wir haben uns mit Maßnahmen zu beschäftigen, die zielführend, die wirksam sind und die den Ursachen auf den Grund gehen. Es sollten unsere Überlegungen dort ansetzen, wo die meisten Unfälle geschehen. Das Wichtigste, wie es auch Helmut Kukacka gesagt hat, muß zuerst gemacht werden. Der tragische Unfall auf der West Autobahn hat das auch bestätigt.

Auch Professor Dr. Krüger kommt in seiner Studie letztlich zu dieser Ansicht. Über 21 000 Autofahrer wurden, wie in seiner Studie nachzulesen ist, einer Alkomatprüfung unterzogen. 96 Prozent der Unfälle durch Alkohol am Steuer ereigneten sich bei einer durchschnittlichen Alkoholisierung von 1,6 Promille. Das ist für mich die größte Gefahrengruppe. Bei dieser ist anzusetzen,


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dann werden wir die meisten Verletzten und Toten verhindern, und das wollen wir doch wirklich alle! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend ersuche ich die Medien, uns dabei zu unterstützen: Aufklären, aufklären und wieder aufklären! Nehmen Sie Ihre Verantwortung im Bereich Alkohol am Steuer ernst!

Ich darf noch einen Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka, Mag. Barmüller, Mag. Gabriela Moser und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Verkehrsausschusses zum Antrag der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Barmüller, Dr. Khol, Dr. Kostelka, Morak, Mag. Gabriela Moser, Klara Motter, Parnigoni, Dr. Madeleine Petrovic, Maria Rauch-Kallat, Dr. Heide Schmidt, Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (651/A), wird wie folgt geändert:

Nach Z 3 (betreffend § 5b) werden folgende Ziffern 4 und 5 eingefügt:

"4. Im § 96 Abs. 7 treten an die Stelle der Worte ,Übertretung nach § 99 Abs. 1 und 2‘ die Worte ,Übertretung nach § 99 Abs. 1 und 2 oder § 37a FSG‘.

5. § 99 Abs. 6 lit. c) lautet wie folgt:

,wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht,‘"

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wabl gemeldet. Bitte zuerst den zu berichtigenden Tatbestand vortragen und dann die Berichtigung – und das innerhalb von 2 Minuten.

13.38

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Povysil hat hier behauptet, daß auf den Antrag der Freiheitlichen nicht eingegangen wurde. – Das ist falsch.

Der Verhandlungsleiter der FPÖ, nämlich Herr Abgeordneter Stadler, hat bei den Verhandlungen sehr rasch den Saal verlassen, und Herr Abgeordneter Rosenstingl hat sich nicht mehr befugt gesehen, weiter zu verhandeln. Deshalb konnte nicht entnommen werden, welche Linie die FPÖ tatsächlich verfolgt. (Abg. Mag. Stadler: Das ist blanker Unsinn, den Sie da verzapfen!)

Frau Abgeordnete Povysil! Sie mögen eine gute Ärztin sein, aber das Elch-Test-Fahren ist besser dem Haider zu überlassen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Kollege Wabl! Das war ein bißchen jenseits einer tatsächlichen Berichtigung.


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Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.39

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Nach den Ausführungen meiner Klubkollegin Dr. Povysil wäre es eigentlich nicht mehr unbedingt notwendig, folgendes klarzustellen, nämlich daß die freiheitliche Fraktion und ich wissen, akzeptieren, die Konsequenzen und die notwendigen Schlüsse daraus ziehen, daß Alkohol auch bereits in geringen Mengen das Verhalten und damit die Fahrtüchtigkeit von Menschen beeinträchtigen kann. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Danke, das ist ungewohnt, aber so ist es, so sehe ich das, und so sieht das meine Fraktion. Hinter ein Lenkrad gehören nur fahrtüchtige Menschen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wissen aber ebenso – und ziehen eben auch daraus die notwendigen Schlüsse und Konsequenzen –, daß dies individuell unterschiedlich ist und auch situationsbedingt unterschiedlich zum Tragen kommt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Ich will Ihnen damit sagen: Wir könnten heute hier genausogut über eine Herabsetzung auf 0,6 oder auf 0,45 Promille oder auch über eine Beibehaltung von 0,8 Promille diskutieren. (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. )

Zweitens möchte ich Ihnen sagen, daß die Fahrtüchtigkeit – auch das sollte Allgemeinwissen sein – natürlich nicht nur von einem allfälligen Blutalkoholspiegel abhängt, sondern auch vom allgemeinen Gesundheitszustand, von der Psyche, vom Müdigkeitsgrad, von der Konzentrationsfähigkeit, vom Medikamentenkonsum oder auch vom Drogenkonsum.

Hohes Haus! Da fällt mir eine sehr starke Doppelbödigkeit auf – ich vermeide das Wort "Verlogenheit", obwohl es, wenn ich niemanden persönlich apostrophiere, nicht einmal ordnungsrufverdächtig wäre –, die darin besteht, daß es gerade in jenen Fraktionen, die am rigidesten für die Herabsetzung des Alkohollimits auf 0,5 Promille eintreten, auch den einen oder die andere gibt, die für eine Freigabe von Drogen eintreten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haselsteiner: Aber doch nicht am Steuer!) Ah, im Wohnzimmer schon, Herr Kollege Haselsteiner! Gratuliere! Das ist also nach Ihrem "Kruzifix-Erlaß", den Sie sich vorstellen, und der Homosexuellenehe die nächste interessante Facette Ihres Programms: Haselsteiner für die Drogenfreigabe! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haselsteiner: Sie dürfen ja eh im Wohnzimmer saufen bis 3,5 Promille!) Wunderbar, danke für die Klarstellung! (Weitere Zwischenrufe.)

Es melden sich ja alle Betroffenen immerhin sofort selbst zu Wort. Von Ihnen überrascht es mich ein wenig. Aber ich bedanke mich dafür, Herr Kollege Haselsteiner. Tipptopp! Ich tue mich in Zukunft noch wesentlich leichter, Sie und Ihre Fraktion, die sogenannten Liberalen, draußen in den Wahlversammlungen abzuhandeln. Wunderbar! (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Ich will Ihnen damit zum dritten sagen: Solange es keinen Test gibt, wie er jetzt etwa in den Vereinigten Staaten zu entwickeln versucht wird, einen Test, der die generelle Fahrtüchtigkeit ganz allgemein überprüft, bleibt jede Diskussion über 0,8 oder 0,5 oder 0,45 Promille oder darunter oder darüber, ich will nicht sagen, eine sinnlose, aber doch eine sehr, sehr seichte, mit der wir die wahren Probleme und die wahren Ursachen des Alkoholismus am Steuer nicht wirklich werden bekämpfen können. (Abg. Wabl: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit!)

Hohes Haus! An diesen Erkenntnissen hat sich ja nichts geändert. Das war ja meines Erachtens auch der Grund, warum noch vor wenigen Monaten hier in diesem Haus eine Mehrheit für die Beibehaltung der 0,8 Promille eingetreten ist. Heute dürfte es eine relativ breite Mehrheit geben, die für ein Abgehen von dieser Promillebegrenzung und für eine Senkung auf 0,5 Promille eintritt. Ja warum denn? – Das möchte ich Ihnen schon noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Nicht, weil es neue Fakten gibt, nicht, weil es neue Erkenntnisse gibt, sondern weil es einen


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zugegebenermaßen entsetzlichen Unfall gegeben hat, bei dem ein betrunkener Gesetzesbrecher mit 2,1 oder 2,4 Promille – ich weiß es nicht genau – drei Schüler zu Tode gefahren hat. Das ist der eigentliche Grund, warum wir heute hier noch einmal darüber diskutieren und abstimmen.

Und jetzt frage ich Sie: Glauben Sie, die Sie dafür eintreten, wirklich, daß es in Zukunft solche "feine Herren" – unter Anführungszeichen – nicht mehr geben wird, die sich verantwortungslos "ansaufen" – lassen Sie es mich so ausdrücken – und dann ans Steuer setzen, nur weil Sie die Promille-Grenze von 0,8 auf 0,5 heruntersetzen, aber sonst nichts tun? Glauben Sie, daß Sie damit wirklich etwas verändern? – Gar nichts werden Sie verändern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und ich sage Ihnen, warum das Hohe Haus heute mit Mehrheit vom ursprünglichen Standpunkt abgehen wird: weil die emotionalen Wogen damals hochgegangen sind und heute noch hochgehen (Abg. Mag. Barmüller: ... Klubzwang!) , weil Mitschüler der Getöteten vor das Parlament gezogen sind und vor allem weil sich gewisse Medien im doppelten Sinn des Wortes ins Geschäft gestürzt haben. Das ist der wahre Grund, und die heutige Direktübertragung des ORF ist ja symptomatisch dafür! (Abg. Schieder: Gott sei Dank!)

Ich habe nichts dagegen, daß er die Debatte direkt überträgt, ich frage mich nur – und Sie auch –: Wo ist denn der Regierungsfunk ORF, wenn es um vielleicht ebenso wichtige Themen geht? Wo bleibt er denn mit den Direktübertragungen bei Neutralitätsfragen, bei Pensionsfragen? Wo ist er denn da? (Zwischenrufe der Abgeordneten Grabner und Mag. Guggenberger. ) Da paßt die Direktübertragung gewissen Damen und Herren nicht ins Konzept, daher ist er nicht da! Heute ist er da, weil es einigen Linken so paßt in diesem Lande. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und ich sage Ihnen noch etwas: Das Ganze erinnert mich an einen Fall in Oberösterreich vor zwei oder drei Jahren, als ein Schüler mit einer Pumpgun seine Familie ausgerottet hat. Was war damals der erste Reflex? – Verschärfung des Waffengesetzes! Es ist auch dazu gekommen, und trotzdem haben wir vor wenigen Wochen den Amokschützen von Mauterndorf gehabt, der sechs Menschen mit Waffengewalt ermordet hat. Was war da wieder Ihr erster Reflex? – Verschärfung des Waffengesetzes, das Sie erst vor einem Jahr verschärft haben! (Zwischenruf des Abg. Gaál. )

Sie bleiben damit wieder an der Oberfläche. Und so wird es auch bei diesem Gesetz und bei dieser Senkung der Promille-Grenze sein. Sie werden nach dem nächsten tragischen Unfall mit Alkohol den Ruf nach 0,3 Promille und danach nach 0,0 Promille erheben. Und was machen Sie dann, wenn wir bei 0,0 Promille angelangt sind? (Abg. Schieder: Dann bleibt es!)  – Rufen Sie dann die Prohibition aus?!

Wissen Sie was? Wenn Sie diesen Weg fortsetzen, dann können Sie sich als Politiker und als Parlament überhaupt abschaffen, dann können Sie sich ersetzen lassen durch den berühmten TED – bekannt von der Fernsehabstimmung –, wo dann jeder nach seiner jeweiligen Befindlichkeit vom Tage über alles abstimmen kann. Man drückt auf den Knopf, und schon hat man die Tagesstimmung der Bevölkerung auf dem Bildschirm. Ich freue mich schon darauf, wenn nach dieser Methode dann nach einem besonders entsetzlichen Verbrechen die Todesstrafe eingeführt wird. Das wird Ihnen dann nicht gefallen, weil es Ihnen nicht in den ideologischen Kram paßt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer persönlichen Erwiderung auf die tatsächliche Berichtigung des Herrn Abgeordneten Wabl hat sich Herr Abgeordneter Rosenstingl zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter! Es stehen Ihnen 2 Minuten zur Verfügung, und Sie haben sich bitte ausschließlich auf die Sachverhaltsdarstellung zu beschränken. – Bitte.


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105. Sitzung / Seite 87

13.48

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wabl hat in seiner tatsächlichen Berichtigung behauptet, daß ich im Ausschuß nicht befugt war, die Verhandlungen zu führen.

Ich möchte dazu feststellen, Herr Abgeordneter Wabl: Am Ende der Verhandlungen im Ausschuß habe ich ausführlich dargestellt, warum wir dem Vier-Parteien-Antrag nicht beitreten können. Ich habe weiters hinterfragt, ob die anderen vier Parteien irgendwelche Absätze unseres Initiativantrages übernehmen würden und ob ein gemeinsames Verkehrssicherheitspaket geschnürt werden könnte.

Da das die anderen vier Parteien in diesem Hause abgelehnt haben, habe ich gesagt, daß wir einer solchen Vorgangsweise nicht zustimmen können, weil wir etwas anderes wollen, nämlich ein Verkehrssicherheitspaket, und habe daher die Verhandlungen so zu Ende geführt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Das stimmt nicht! Es gibt eine getrennte Abstimmung! Herr Abgeordneter Rosenstingl, was Sie sagen, stimmt nicht!)

13.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

13.49

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe der Debatte heute sehr aufmerksam zugehört, und ich kann mich den Debattenrednern, die die Worte "gewissenlos" – bezüglich der Liberalen – oder "scheinheilig" oder "verlogen" – in bezug auf ÖVP und SPÖ – gebraucht haben (Zwischenruf des Abg. Grabner ), voll anschließen. Ich würde diesen Ausdrücken noch das Wort "heuchlerisch" hinzufügen. (Abg. Grabner: Das ist unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Ich möchte Sie bitte darauf aufmerksam machen, doch eine Wortwahl zu pflegen, die der Würde des Hauses angemessen ist!

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (fortsetzend): Meine Vorredner, die diese Worte gebraucht haben, haben keine Ermahnung von seiten des Herrn Präsidenten bekommen. Ich habe sie nur zitiert, und ich kann mich ihnen voll anschließen, weil diese Debatte heute wirklich heuchlerisch und verlogen war. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Sie daran erinnern, worum es bei der Abstimmung im Juli gegangen ist: Es ist nur mehr darum gegangen, daß sich ÖVP und SPÖ gegenseitig behaupten können (Abg. Mag. Barmüller: Und die Freiheitlichen haben mitgemacht!) , daß einer vor dem anderen nicht das Gesicht verliert. Damals waren Ihnen die vielen Verkehrstoten, die möglicherweise durch überhöhten Alkoholkonsum verursacht werden, völlig egal. Es ging Ihnen nur darum, Ihre Ziele zu behaupten und Ihr Gesicht zu wahren, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Parnigoni ist damals so weit gegangen, daß er seine Kollegin, Frau Abgeordnete Hagenhofer, unter Anwendung von Brachialgewalt zur Abstimmungsurne gezerrt hat. (Abg. Gaál: Das stimmt doch gar nicht!) Das wurde mit sechs Unterschriften von ÖVP-Abgeordneten bestätigt, meine sehr verehrten Damen und Herren. So weit ist es damals gekommen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Herr Klubobmann Khol hat dann seine Abgeordneten zum Klubzwang vergattert und unter anderem Kollegen Rasinger in der dritten Lesung dazu gezwungen, daß er für 0,8 Promille stimmt. (Abg. Mag. Barmüller: Ihr habt die Povysil vergattert!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Verlogenheit, diese Scheinheiligkeit und diese Heuchelei in dieser Debatte – das werden Ihnen die jungen Menschen, die heute auf der Tribüne sitzen, nicht abnehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie wurden auch nicht darüber


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Stenographisches Protokoll
105. Sitzung / Seite 88

informiert, welche Ziele die Freiheitlichen haben, daß sie mit der Absenkung auf 0,5 Promille ein ganzes Maßnahmenpaket beschlossen haben wollen. (Ruf: Wer hat die Povysil vergattert?) Wir Freiheitlichen wollen viel weiter gehen, um die Verkehrssicherheit in Österreich zu heben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Peter sagt beispielsweise, er vertrete die Wirte. Anstatt ein zweites billiges alkoholfreies Getränk einzuführen, fordert er allen Ernstes Ausnüchterungszimmer in den Gasthäusern. Herr Kollege und Gastwirt Peter! Das geht doch wirklich zu weit! Wenn Sie keine besseren Vorschläge haben, dann frage ich mich, wozu Sie hier überhaupt sitzen.

Wir bringen heute einen Antrag ein, den Antrag der Abgeordneten Rosenstingl und Kollegen, in dem es um die besonderen Sicherungsmaßnahmen gegen die Beeinträchtigung durch Alkohol und Suchtmittel geht. Ich frage Sie: Warum wurde heute das Wort "Suchtmittel" so wenig erwähnt? Damit, daß im Gesetz ein Verbot von Suchtmitteln verankert wird, hat die gesamte linke Reichshälfte nichts am Hut. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ganz im Gegenteil, im Wohnzimmer soll es konsumiert werden können – und dann Auto fahren!

Vor wenigen Tagen wurde im Hauptausschuß gegen die Stimmen der Freiheitlichen die Grenzmengenverordnung beschlossen. Durch diese Grenzmengenverordnung wird die erlaubte Menge an mitgeführtem Heroin von 0,5 auf 5 Gramm angehoben. Das ist die Erlaubnis, eine verzehnfachte Dosis von Heroin mitzuführen! Das ist ein Freibrief für Dealer! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was hat der Barmüller dazu gesagt?) Das ist die hundertfach tödliche Dosis für einen an Heroin nicht Gewöhnten, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem stimmen Sie zu, das ist Ihre Intention! Sie wollen den Zugang zu Heroin erleichtern, Haschisch und leichte Drogen überhaupt freigeben und LSD und Amphetamine gar nicht kontrollieren.

Wir Freiheitlichen wollen den Suchtmittelkonsum auch beim Autofahren kontrolliert wissen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und wir wollen auch, daß die nötigen Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Da kann Frau Kollegin Moser noch soviel den Kopf schütteln: Die Forderung ihres Klubs nach Freigabe von Suchtmitteln ist uns allen bekannt, und das Liberale Forum ist dabei sehr behilflich, ja sogar schon Vorreiter. (Abg. Mag. Peter: Eine wirklich bedauerliche Rede!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freiheitliche werden kein Jota dazu beitragen, daß eine Liberalisierung der Drogengesetze in Österreich Platz greift. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Falsche Rede! Falsche Veranstaltung!)

Wir haben eine Promille-Enquete gehabt. Dabei wurde uns eine seriöse Studie präsentiert, die in München durchgeführt wurde. Darin wurde festgestellt, daß 25 Prozent aller Personen, die in einen Verkehrsunfall verwickelt waren, unter dem Einfluß von Suchtmitteln standen. Stellen Sie sich das vor! Diese Studie wurde von einem namhaften Wissenschaftler in Innsbruck wiederholt. Er kam für Österreich zum gleichen Ergebnis. An 20 Prozent der Unfälle sind alkoholisierte Lenker beteiligt, und an 25 Prozent der Unfälle sind Suchmittelkonsumenten beteiligt. Allein in Wien wird pro Jahr Heroin um 2 Milliarden Schilling umgesetzt; da rede ich noch gar nicht von Kokain und anderen Drogen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da muß man einmal eingreifen! Da gehört einmal rigoros kontrolliert, und es darf kein Freibrief für Autofahrer, die Suchtmittel konsumieren, erlassen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Solange Sie nicht wirklich ernsthaft für eine Hebung der Verkehrssicherheit eintreten, solange es Ihnen nicht wirklich ein Anliegen ist, die jährliche Zahl der Verkehrstoten zu senken, solange Sie gegen eine Kontrolle des Suchtmittelkonsums im Straßenverkehr sind, können wir Ihre isolierte Absenkung auf 0,5 Promille ohne entsprechende Begleitmaßnahmen nicht unterstützen. (Abg. Wabl: Peinlich!) Wir Freiheitlichen müssen Vorreiter sein und die gleichzeitig mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen, das auch den Suchtmittelkonsum beinhaltet, verbundene Absenkung auf 0,5 Promille vertreten. Alle Vernünftigen, auch die jungen Menschen, die heute auf der Galerie sind, werden das begreifen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Krammer. )


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Ich lade Sie alle, meine sehr verehrten jungen Menschen, die Sie gesehen haben, wie schwer jemand in Mitleidenschaft gezogen werden kann, herzlich zu einer Diskussion mit uns Freiheitlichen über die Drogenproblematik und über die Alkoholkonsumproblematik im Straßenverkehr ein. Machen Sie mit uns einen Termin aus. Wir sind gerne bereit, Ihnen für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das ist peinlich!)

13.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Für die Bezeichnung der eben durchgeführten Parlamentsdebatte als "heuchlerisch" und "verlogen" und auch im Hinblick auf die Wiederholung der Worte "Verlogenheit", "Hinterhältigkeit" und "Heuchelei" erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Abgeordneter Pumberger. (Abg. Ing. Reichhold: Er hat nur zitiert!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.57

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Holger Bauer hat in Richtung des Liberalen Forums behauptet, daß ausgerechnet jene Fraktionen, die sich für 0,5 Promille stark gemacht hätten, für eine Freigabe von Drogen und für die Homosexuellenehe eintreten.

Ich stelle tatsächlich richtig: Das Liberale Forum tritt aus Überzeugung für die 0,5-Promille-Grenze ein. Das Liberale Forum tritt aus Überzeugung für eingetragene Partnerschaften für Homosexuelle ein. (Ruf bei den Freiheitlichen: Was ist das für eine tatsächliche Berichtigung?)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Sie wollten etwas tatsächlich berichtigen.

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (fortsetzend): Das war unrichtig, Herr Präsident. Das Liberale Forum tritt nicht für die Homosexuellenehe ein, sondern für die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle. (Ironische Rufe des Erstaunens bei den Freiheitlichen.) Wir treten nicht für die Freigabe von Drogen ein, sondern für die sinnvolle Entkriminalisierung von weichen Drogen. Und das ist klug. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Wabl.  – Abg. Mag. Stadler: Das war ein Schuß ins eigene Knie! – Abg. Haigermoser: Das war ein Schuß ins Knie, und zwar von hinten! – Heiterkeit.)

13.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen allen Fraktionen.)

13.58

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Vier Stunden Debatte liegen hinter uns, vier Stunden Debatte zu einem Thema, bei dem es zweifelsfrei emotionale Betroffenheit gibt, bei dem sie zulässig und notwendig ist. Aber, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, ich meine, daß das Bild, welches das Hohe Haus in den letzten vier Stunden der Debatte zu diesem Thema vermittelt hat, ein wahrhaft nicht positives und für uns sprechendes war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn bei dem ernsten Thema der Beeinträchtigung von Menschen, die sich im Straßenverkehr bewegen, durch alkoholisierte Lenker ausschließlich Larmoyanz, Selbstbeweihräucherung, der Vorwurf von Unfähigkeit, Unwillen und der Vorwurf von Fehleinschätzungen die Leitlinie oder der rote Faden der Diskussion sind, dann ist irgend etwas nicht in Ordnung.

Es gelingt uns offensichtlich nicht mehr, den springenden Punkt zu vermitteln, ohne ständig von der Vergangenheit zu reden. Ich muß als Oppositionsabgeordnete, die sich immer für die 0,5-Promille-Grenze eingesetzt hat und die sich künftig für die 0,0-Promille-Grenze einsetzen wird – ohne jetzt jemandem schmeicheln zu wollen –, sagen, daß ich die Art des Zustandekommens des Kompromisses und die Fähigkeit des Hohen Hauses, auf berechtigte Forderungen der


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Öffentlichkeit zu reagieren, anerkenne. Wir sind es, die der Öffentlichkeit, den Bürgern und Bürgerinnen, verpflichtet sind. Wir sind Volksvertreter und -vertreterinnen. Ich schätze die Fähigkeit, einen solchen Kompromiß zustande zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben versucht, einen kleinen Beitrag dazu zu leisten. Die Freiheitlichen hingegen haben heute in ihren zahlreichen Beiträgen nichts anderes getan, als zu rechtfertigen, warum sie auf diesen Kompromißvorschlag nicht eingehen. Ich glaube aber immer noch, daß sie jetzt zustimmen werden, denn vernunftbegabte Menschen können sich der Verantwortung nicht entziehen, die Verkehrstüchtigkeit bei 0,5 Promille Alkohol im Blut zu prüfen. Ich glaube immer noch, Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen, daß Sie viel vernunftbegabter sind, als Sie hier in den letzten vier Stunden zum Ausdruck gebracht haben. Meine Damen und Herren! Was erwarten Betroffene – Angehörige von Getöteten, Verletzte, schwerst Behinderte, die Opfer waren – von uns? Sie erwarten von jedem einzelnen von uns, daß man seine eigene Verkehrstüchtigkeit, wenn man sich ans Lenkrad setzt, so einschätzen kann, daß man keine Gefahr für jemand anderen und damit auch nicht für sich selbst darstellt.

Meine Damen und Herren! Ich bin nicht gegen das Trinken. Ich schätze burgenländischen Rotwein über alles. (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Krammer. )

Meine Damen und Herren! Ich trinke Bier, ich trinke auch gerne guten Likör. Aber Alkohol in Maßen zu genießen und zu fahren, das sind zwei Dinge, die nicht zusammengehören. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher verstehe ich diese ganze Diskussion, die hier geführt wurde, überhaupt nicht. Ist tatsächlich irgend jemand im Raum, der meint, Trinken und Auto fahren sei vereinbar? Wer dieser Meinung ist, ist hier im Hohen Haus absolut fehl am Platz, denn das ist nicht verantwortliches Bewußtsein. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieses Verantwortungsbewußtsein ist das Thema des heutigen Tages. Meine Damen und Herren! Wenn heute die Grenze auf 0,5 Promille gesenkt wird, dann ist das ein kleiner Baustein zur Veränderung des gesellschaftlichen Bewußtseins im Zusammenhang mit Alkohol und Auto fahren. Das ist nur ein kleiner Baustein, den wir dazu beitragen können.

Meine Damen und Herren! In Österreich ist es so, daß man nicht Auto fahren darf, nachdem man Suchtmittel konsumiert beziehungsweise Medikamente genommen hat. Das einzige, was parallel zum Auto fahren erlaubt ist, ist Trinken, und zwar bis zum heutigen Tag bis zu einer Grenze von 0,8 Promille. Das ist eigentlich völlig unverständlich! Und der Gesetzgeber, wir alle, ist aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß es in diesem Zusammenhang zu einer Angleichung kommt. Da bin ich mit den Kollegen der Freiheitlichen, der ÖVP, der SPÖ absolut einer Meinung. Selbstverständlich ist es notwendig, denn die Generalprävention als solche wird nicht ausreichend sein, entsprechende Kontrollmaßnahmen zu ergreifen. (Abg. Kiss: So ein Unsinn!)

Darum, meine Damen und Herren, bringen die Grünen heute einen Abänderungsantrag ein, wobei ich hoffe, daß ihm einige von Ihnen die Zustimmung geben werden. Ich werde aber nicht in Larmoyanz verfallen, wenn Sie das nicht tun. Ich halte diesen Antrag für grundvernünftig, Sie vielleicht auch, und vielleicht können wir ihn im nächsten Jahr umsetzen.

Der Antrag fordert, daß der Schlüssel für die Strafgelder, die im Straßenverkehr bei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung eingehoben werden – derzeit sind die Strafeinnahmen nur zu 20 Prozent der Verkehrsüberwachung zweckgewidmet –, geändert werden sollte, daß eine höhere Zweckbindung für die Überwachung des Verkehrs notwendig ist, und zwar zumindest 50 Prozent der Strafgeldeinnahmen. Das ergäbe ein Volumen von einer halben Milliarde Schilling jährlich. Diese Mittel würden zur Verfügung stehen, um den Verkehr besser überwachen zu können. Dazu gehört auch die künftige 0,5-Promille-Grenze (Abg. Dr. Pumberger: Suchtmittelüberwachung!), dazu gehört auch der Suchtmittelkonsum bei gleichzeitigem Auto fahren, Herr Kollege Pumberger. Das ist verboten! Gott sei Dank ist es verboten. Das muß man selbstverständlich auch kontrollieren, daher gehört es auch dazu. (Beifall bei den Grünen.)


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Deshalb, meine Damen und Herren, bringen wir folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Antrag 651/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird in der Fassung des Berichtes des Verkehrsausschusses wird wie folgt geändert:

Nach Ziffer 3 wird folgende Ziffer 4 angefügt:

4. Im § 100 Abs. 10 wird 20 von 100 ersetzt durch 50 von 100."

*****

Überlegen Sie sich, meine Damen und Herren, ob das nicht ein Mittel wäre, um diese berechtigten Forderungen nach mehr Kontrolle noch effizienter umzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alkohol ist nicht nur eine Gefahr im Zusammenhang mit dem Lenkrad beziehungsweise mit 100, 150 oder vielleicht sogar 200 PS unterm Sitz. Alkohol ist auch eine Gefahr auf der Skipiste, am Arbeitsplatz, weil die Kombination verantwortungsbewußtes Arbeiten, verantwortungsbewußtes Handeln und Alkohol nicht verträglich ist. Darum ist es unsere Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, daß das Bewußtsein hinsichtlich einer gesellschaftlichen Sanktionierung und Ächtung dieser Kombinationen steigt. Dafür werden wir uns auch künftig einsetzen.

Jetzt komme ich noch einmal auf den Ursprung meiner heutigen Entscheidung zurück. Wir werden uns auch für Bürger und Bürgerinnen einsetzen, die zu ähnlichen Themenbereichen an uns herantreten, wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Waffenmißbrauch. Ich halte es für unvertretbar, daß in Österreich jeder Mensch eine Waffe besitzen und zu Hause lagern kann. Das halte ich für nicht vertretbar, wenn es sich tatsächlich um eine Waffe handelt, die nicht über die Kurbelwelle übertragen wird. Ein Schießeisen in der Hand ist gefährlich. Deshalb treten die Grünen und hoffentlich auch viele von Ihnen für ein generelles Verbot des Erwerbs, des Besitzes und der Einfuhr und des Führens von Schußwaffen ein. (Abg. Scheibner: Fangen Sie einmal bei Ihren Leuten an!)

Die traurigen Ereignisse der letzten Monate haben gezeigt, daß dieses Thema die Bevölkerung in ähnlicher Weise berührt und betrifft wie das Thema Alkohol am Steuer. Wir sollten aus der Fähigkeit, einen Kompromiß zu schließen, eine Lehre ziehen und versuchen, einen ähnlichen Kompromiß bei diesem Thema zustande zu bringen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wünsche ich mir, und zwar nicht vom Christkind, sondern von Ihnen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über das Führerscheingesetz samt Titel und Eingang in 960 der Beilagen.


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105. Sitzung / Seite 92

Hiezu haben die Abgeordneten Ablinger, Mag. Barmüller, Dr. Khol, Mag. Gabriela Moser und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Rosenstingl und Genossen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen und sodann über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Ablinger, Mag. Barmüller, Dr. Khol, Mag. Moser und Genossen abstimmen lassen.

Ich ersuche daher jene Damen und Herren, die sich für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Ablinger, Mag. Barmüller, Dr. Khol, Mag. Gabriela Moser und Genossen abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 960 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig angenommen. (E 100.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1041 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht bezieht sich auf den Antrag 649/A der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend Änderung der Straßenverkehrsordnung und weiterer Gesetze, der im Ausschuß keine Mehrheit gefunden hat, weshalb ein sogenannter "negativer Ausschußbericht" erstattet wurde.

Das bedeutet, daß Gegenstand der Abstimmung die Frage ist, ob dieser – negative – Ausschußbericht zur Kenntnis genommen werden soll. Daraus wird zu erklären sein, daß die Abgeordneten, die sich für den Antrag Rosenstingl aussprechen, gegen den Ausschußantrag stimmen werden und jene Abgeordneten, die gegen den Antrag sind, bei dieser Abstimmung ein bejahendes Zeichen geben werden. Damit stimmen letztere aber nicht für den Antrag, sondern für den – ablehnenden – Ausschußbericht.

Ich teile dies aufgrund eines Wunsches in der Präsidialkonferenz mit, damit dieses nur scheinbar unlogische Abstimmungsverhalten auch in der Öffentlichkeit verstanden wird.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses, seinen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Ausschußbericht ist damit angenommen. Im Sinne des vorher Gesagten ist damit der Antrag Rosenstingl abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung geändert wird, samt Titel und Eingang in 1040 der Beilagen.


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105. Sitzung / Seite 93

Hiezu haben die Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka, Mag. Barmüller, Mag. Gabriela Moser und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Rosenstingl und Genossen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, hinsichtlich dessen Ziffer 1 die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt haben.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Gabriela Moser und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen, und zwar zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil, sodann über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Gabriela Moser und Genossen und schließlich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka, Mag. Barmüller, Mag. Gabriela Moser und Genossen abstimmen lassen.

Wir gelangen also zuerst zur Abstimmung über die Ziffer 1 des Abänderungsantrages der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse nun weiters über die noch nicht abgestimmten Teile des gesamtändernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Gabriela Moser und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 4 vorsieht.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses erfolgt durch die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher nun über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka, Mag. Barmüller, Mag. Gabriela Moser und Genossen abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1040 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mehrheitlich angenommen. (E 101.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1040 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.


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Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gabriela Moser und Genossen betreffend Schaffung einer bundesweiten Verkehrssicherheitspolizei.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (914 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz geändert wird (965 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (948 der Beilagen): Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 – EIRAG 1997 (1038 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (1039 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Gaugg. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 4 Minuten wird angezeigt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.17

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mit der Abstimmung über die Pensionen der Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen wird die Politik des Sozial- und Arbeitsplatzdumpings, die seit Monaten betrieben wird, fortgesetzt. Abgebaut werden 9 500 Mitarbeiter bei der Post, 16 000 Mitarbeiter bei den Österreichischen Bundesbahnen, 4 000 bei der Österreichischen Mineralölverwaltung und so weiter und so fort. – All das nach der "Konsum"-Pleite und den vielen kleinen Konkursen und Pleiten, die in Österreich aufgrund der verfehlten Wirtschafts- und Sozialpolitik der letzten Jahre stattfinden.

Sie betreiben heute nur mehr eine Politik der Arbeitslosigkeit, und zwar auf dem Rücken des "kleinen Mannes" in unserer Republik. Vor den Personalvertretungswahlen für die Eisenbahner wurde noch mit Engelszungen immer wieder betont und behauptet, es würde keine Änderungen und keine Kürzungen bei den Pensionen geben.

Das ist in mehreren Aussendungen so festgehalten. Nun geht es so weit, daß die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter in Oberösterreich Ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellt. Diese wird nämlich auf das äußerste beschädigt, wenn bereits am Tag nach den Personalvertretungswahlen bisher unbestrittene Vereinbarungen in Zweifel gezogen werden. Die Glaubwürdigkeit der Regierungspolitik ist auf dem Nullpunkt.

Ein weiterer Beweis: Am 30. Juli 1997 hat Frau Bundesministerin Hostasch folgende wörtliche Aussage getätigt: Den ÖBB-Bediensteten sollen durch die Ausgliederung keine Einkommensverluste erwachsen. Ich stehe nach wie vor zu dieser Aussage und weiß auch, daß Herr Bundeskanzler Klima der gleichen Auffassung ist. – All das sind Zusagen, die anläßlich der bevorstehenden Personalvertretungswahlen gegeben wurden.


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Kurz danach war alles vergessen. Die Personalvertretungswahlen waren vorbei, und Pensionskürzungen sind an der Tagesordnung. Sie haben mit Beschlußfassung der Pensionsreform gesagt und sogar in Inseraten festgehalten, daß es nunmehr gerechte Pensionslösungen in Österreich gibt, und zwar mit einer Harmonisierung für alle und ähnliches mehr.

Das ist die glatte Unwahrheit. Der Beweis für die Uneinheitlichkeit der Pensionen in Österreich ist die heutige Gesetzwerdung für die Eisenbahnerpensionen, denn wäre es schon zu einer Gleichstellung gekommen und hätte es österreichweit für alle Pensionisten gleiche Bestimmungen gegeben, dann müßten wir heute nicht wieder über die Pensionen diskutieren. Aber vor den Personalvertretungswahlen hat es ein Stillhalteabkommen gegeben.

Die Vorgangsweise zur heutigen Beschlußfassung war wieder einmal bezeichnend, und letztlich war die Vorgangsweise wie üblich. Insgesamt sechsmal wurde der Ausschuß vertagt – aber nicht deshalb, weil der Ausschuß noch Beratungen durchführen mußte, sondern weil der Österreichische Gewerkschaftsbund mit der Regierungspartei nicht einig war. Sie sind noch immer nicht einig. Ich bin deshalb sehr enttäuscht von dieser Regierung. Aber enttäuscht kann man eigentlich nur von jenen sein, von denen man etwas erwartet, und man kann nichts mehr erwarten.

Wo sind bei der Diskussion über die Harmonisierung der Pensionssysteme die Politikerpensionen? Wo sind die Kammerfunktionäre? Wo sind die Sozialversicherungsanstalten mit ihren Funktionären? Wo bleiben die Beamten der Oesterreichischen Nationalbank? Wo bleiben diese? Wo bleibt da die Diskussion darüber? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verkehrsminister! Dazu hätte ich gerne einmal von Ihnen als Regierungsmitglied eine Antwort. Es kann nicht so sein, daß man alles scheibchenweise tötet. Alles, was Sie in dieser Republik machen, ist ein ständiges, permanentes Demontieren von Sozialansprüchen der Bevölkerung. Sie hören nicht damit auf!

Daher kann ich Ihnen nur folgendes sagen: Die heutige Diskussion zur Frage der Eisenbahnerpension ist der Beweis dafür, daß Sie zu Reformen nicht in der Lage sind. Langfristige, nachvollziehbare Ziele und Vertragstreue sind Ihnen fremd. Der Vertrauensschutz für die Bevölkerung ist nicht gegeben. Daher meine ich, Sie sollten endlich einmal den Mut aufbringen und sich ernsthaft mit neuen Pensionsformen auseinandersetzen und auf die Chancen für die arbeitende Bevölkerung in Form des Drei-Säulen-Modells, auf Harmonisierung, auf die Gleitpension und auf eine Pensionsgerechtigkeit einsteigen. Das wäre das, was wir von Ihnen erwarten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.22

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute wesentliche Gesetze, unter anderem das Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz, zu beraten und zu beschließen. Ich möchte zuerst auf die EU-Anpassungen zu sprechen kommen, die für uns natürlich eine große Herausforderung sind, aber sicher auch eine Notwendigkeit darstellen, weil sie in allen EU-Staaten zur Umsetzung kommen.

Das heißt auch für die Österreichischen Bundesbahnen, daß sie in Zukunft einen größeren Wettbewerb zu erwarten haben. Sie haben aber sicher auch eine große Chance, weil – das darf ich hier anmerken – sie aufgrund ihrer guten Verkaufspolitik und deshalb, weil sie auf dem Verkehrsmarkt aggressiv auftreten, im Güterverkehr Europaspitze geworden sind. Dazu kann man nur gratulieren.

Meine Damen und Herren! Da in Zukunft nicht nur die Infrastruktur von anderen Eisenbahnverkehrsunternehmungen benützt werden kann, sondern auch die Anlagen, haben wir im Ausschuß darauf hingewiesen, daß es nicht so sein kann, daß die ÖBB nur die Anlagen zur Verfügung stellen, aber auf der anderen Seite, wenn sie private Terminals brauchen, keine Chance haben,


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diese zu benützen. Wenn es diesbezüglich Streit gibt, also verschiedene Standpunkte eingebracht werden, so gibt es eine Schiedstelle, wobei ich hoffe, daß diese Schiedstelle nicht zu oft in Anspruch genommen werden muß.

Meine Damen und Herren! Nun zur ÖBB-Pensionsreform. Zum Inhalt wird im wesentlichen Kollege Hums Position beziehen, ich mache nur einige grundsätzliche Anmerkungen:

Es stimmt sicher nicht, daß die Kolleginnen und Kollegen der Eisenbahner nicht informiert waren. Sie waren genau darüber informiert, wie die Verhandlungen mit den öffentlich Bediensteten, mit den ASVG-Bediensteten geführt werden. Sie waren darüber informiert, was der Ministerrat am 10. Oktober beschlossen hat, und sie haben immer gesagt, sie werden diese Herausforderung, diese Verhandlungen zu führen, annehmen. Nur haben sie eine andere Position eingebracht. Sie haben zuerst einmal hinterfragt, wer überhaupt zuständig ist.

Da hat mich persönlich als Sozialdemokraten ein bisserl gewundert, was der Regierungspartner ÖVP eingebracht hat, nämlich daß sie gemeint hat, nur der Gesetzgeber sei zuständig, obwohl sie damals bei den Verhandlungen ständig die Forderung aufgestellt hat: Die ÖBB müssen ausgegliedert werden, sie müssen sich selbst verwalten, sie müssen die Entscheidungen selbst treffen, und diese sind zu respektieren, selbstverständlich auch, was das Dienstrecht betrifft.

Das haben wir damals auch im ÖBB-Gesetz niedergeschrieben. Daher ist es für mich unverständlich, daß die ÖVP die Gesamtpensionsreform über den Bundesrat blockieren wollte – sie hat es zumindest angedroht. Das war sicherlich nicht notwendig und hat das Klima sicherlich verschlechtert. Das war nicht notwendig!

Ich halte fest, daß die Interessenvertretung, die Gewerkschaft, die Personalvertretung der Eisenbahner, zu diesen Verhandlungen bereit war. Ich mache jetzt einen Sprung über die langen Verhandlungen zum Ergebnis.

Das Ergebnis ist so zu bewerten, daß die Kolleginnen und Kollegen vom Eisenbahndienst dasselbe übernehmen, was für die Bundesbediensteten gilt – betreffend Durchrechnungszeiträume, betreffend Nettoanpassung, betreffend Ruhensbestimmungen. Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist außerdem bestimmt eine große Einbuße – das war nie so vereinbart, aber wir nehmen die Entscheidungen zur Kenntnis –, daß die Kolleginnen und Kollegen Eisenbahner auch in Zukunft arbeitslosenversicherungspflichtig sind und Beiträge zu bezahlen haben. Das wird ab dem Jahr 2000 zur Wirkung kommen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, was die Verhandlungen im Verkehrsausschuß betrifft, ist die Kritik der Opposition sicherlich nicht unberechtigt, aber ich sage auch als treuer Sozialpartner: Daß wir es trotzdem in letzter Minute geschafft haben, zeichnet uns aus, zeichnet den österreichischen Weg aus.

Was wäre in anderen Ländern gewesen? – Da hätte man die Reform vielleicht im Parlament beschlossen und nachher große Arbeitskonflikte gehabt. Das haben wir vermieden, und ich bin froh darüber, daß es doch zur Respektierung des Vertragsrechtes in Österreich gekommen ist, denn es war durch diesen starken Druck besonders der ÖVP gefährdet. Ich glaube, daß die Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP eingesehen haben, daß man nicht in Eigentumsrechte eingreifen soll.

Zusammenfassend kann ich sagen, daß dies für die Eisenbahner sicher eine große Herausforderung bedeutet, die sie solidarisch tragen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Da auch jetzt wieder mehrere Materien unter einem verhandelt


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werden, möchte ich mich nur auf das Güterbeförderungsgesetz konzentrieren und lediglich zwei Punkte herausgreifen. Herr Abgeordneter Kier, der nach mir sprechen wird, wird zu jenen Regelungen Stellung nehmen, die die Eisenbahnangelegenheiten und insbesondere das Pensionsrecht betreffen.

Meine Damen und Herren! Wir werden das Güterbeförderungsgesetz deshalb im Plenum wie bereits im Ausschuß ablehnen, weil wir der Überzeugung sind, daß das, was in bezug auf Mietfahrzeuge, wenn auch von der Europäischen Union ausgehend, geregelt worden ist, im bürokratischen Bereich einfach weit überschießend ist. In diesem Zusammenhang wird ganz genau vorgeschrieben, wie viele Tafeln wo anzubringen sind; Ausnahmen werden dahin gehend geschaffen, daß auf manchen Fahrzeugen zwei Tafeln angebracht sein müssen, auf anderen Fahrzeugen hingegen nur eine Tafel. Es gibt sogar eine Verordnungsermächtigung, nach der der Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr genau festzulegen hat, welche Maße und welche Beschriftung gewählt werden, welche Farbe die Tafeln haben müssen, wie die Ausgabe dieser erfolgt, wie die Rückgabe dieser erfolgt, wer die Kosten für die Herstellung und die Verwaltung zu tragen hat und wie sie genau anzubringen sind.

Wir meinen, daß das ein klassisches Beispiel dafür ist, daß in Wirklichkeit Bestimmungen geschaffen werden, die man unmittelbar auch jenen überlassen kann, die mit diesen Fahrzeugen letztlich umgehen. Es muß doch den Gesetzgeber nicht interessieren, ob die Kosten der Herstellung jene Person zu tragen hat, die ein Fahrzeug anmietet, oder ob das der Vermieter des Fahrzeuges übernimmt. Das ist nicht etwas, das in Bundesgesetzen geregelt werden muß, das ist überschießend. Wir meinen, daß das ein Zeichen dafür ist, daß in diesem Zusammenhang ein Zuviel an Bürokratie geschaffen wird.

Aber der eigentliche und maßgebliche Grund für unsere Ablehnung ist, daß all das bisher durch Verordnung geregelt war, obwohl es nur auf europäischer Ebene eine Richtlinie gegeben hat. Jetzt wird die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, und sie wird rückwirkend mit 1. September 1995 in Kraft gesetzt. Das heißt, man macht eine Bestimmung, die man zwei Jahre rückwirkend in Kraft setzt, nur um zu kaschieren, daß man in Wirklichkeit zwei Jahre lang eine Verordnung hatte, die auf keiner nationalen gesetzlichen Grundlage basierte.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Vorgehen, bei dem die Liberalen meinen, daß wir alle uns enthalten sollten, da man unserer Meinung nach nicht aus diesen Gründen eine Rückwirkung einbauen sollte, denn dadurch würde die Unüberschaubarkeit der gesetzlichen Regelungen in diesem Land noch mehr zunehmen. Das ist etwas, was die Liberalen nicht haben wollen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.30

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den vorliegenden Verkehrsgesetzen – Güterbeförderungsgesetz, Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz, Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz – handelt es sich in erster Linie um eine Anpassung an EU-Richtlinien. Wir begrüßen diese neuen Gesetze und unterstützen sie auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wurde die EU-Richtlinie über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im Kombinierten Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten auch von Österreich angenommen. Ohne auf Einzelheiten eingehen zu wollen, die ohnedies nur die betreffenden Unternehmen interessieren, möchte ich nur folgendes sagen:

Durch die Umsetzung dieser Richtlinien in diesem Gesetz wird der grenzüberschreitende Kombinierte Verkehr durch Genehmigungsfreiheit des Vor- und Nachlaufes gefördert werden. Wir begrüßen dies ausdrücklich, weil dies zur Förderung des Güterverkehrs auf der Schiene und da


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mit, wie wir hoffen, auch gerade im grenzüberschreitenden Verkehr zu einer stärkeren Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene führen soll.

Das Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz umfaßt die Voraussetzungen für den Zugang anderer ausländischer und inländischer Eisenbahnunternehmen – neben den ÖBB – zum grenzüberschreitenden Schienenverkehr. Damit wird auch auf dem Schienennetz sowie auf der Straße der Wettbewerb zwischen einzelnen Bahnen möglich. Die grundsätzliche Umsetzung einer EU-Richtlinie, die damit auch den langjährigen Forderungen der Österreichischen Volkspartei entspricht, findet damit auch unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Zusammenhang mit dem Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz und dem Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz ist in einem § 27-Antrag auch die Pensionsordnung der Eisenbahner geändert worden. Damit wird die Pensionsreform auch bei den ÖBB-Bediensteten umgesetzt, gleichsam als letzte Etappe des großen Reformvorhabens, der Harmonisierung des österreichischen Pensionssystems. Ich glaube, daß wir alles in allem eine vernünftige und eine faire Regelung gefunden haben.

Ganz kurz zu den Schwerpunkten: Ein Kernpunkt der Harmonisierung lag in der Vereinheitlichung des Durchrechnungszeitraumes für die Pensionsbemessung. Die Durchrechnungsregelungen werden bei den ÖBB-Bediensteten wie bei den Beamten eingeführt. Zur Abfederung von Härten in der Übergangsperiode wird auch für die ÖBB ein Deckel eingeführt; dieser begrenzt die Durchrechnungsverluste. Für aktive Beamte und Pensionisten wird der Pensionssicherungsbeitrag schrittweise auf 4 Prozent angehoben. Um einen Anreiz für längeres Arbeiten zu geben und das durchschnittliche Pensionsantrittsalter von 53 Jahren anzuheben, wird für ÖBB-Bedienstete, die zwischen dem 53. und 60. Lebensjahr in Pension gehen, für jedes Jahr späteren Pensionsantrittes der Pensionssicherungsbeitrag um 0,2 Prozentpunkte gesenkt.

Für ÖBB-Bedienstete werden strengere Ruhensbestimmungen als für Beamte gelten. Es gibt keine unterschiedlichen Ruhensbestimmungen vor dem 60. Lebensjahr und zwischen 60. und 65. Lebensjahr. Die Pensionserhöhung erfolgt ab dem Jahr 2000 für ÖBB-Bedienstete nach denselben Bestimmungen wie bei den ASVG-Pensionisten. Die ÖBB haben in Zukunft statt 26 Prozent des Aufwandes an Aktivbezügen der Bundesbahnbeamten 30 Prozent an den Bund abzuliefern. Auch ÖBB-Beamte werden in Zukunft Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu zahlen haben.

Meine Damen und Herren! Das sind die wichtigsten Neuerungen bei der Pensionsreform der Österreichischen Bundesbahnen. Diese Neuregelungen erfolgen weitgehend auf gesetzlicher Basis beziehungsweise durch einen gesetzlichen Verweis auf die Pensionsordnung, die zwischen ÖBB-Vorstand und Gewerkschaft ausverhandelt wurde und im wesentlichen auf den Einzelverträgen der ÖBB-Bediensteten beruht.

Das war unserer Meinung nach notwendig, um eine entsprechende Bestandsfestigkeit und Rechtssicherheit zu erreichen, ohne daß wir deshalb die Einzelverträge der Bundesbahnen in Frage stellen wollten. Der Bund behält sich weiters vor, die Pensionszahlung an ÖBB-Beamte nur in dem Ausmaß zu leisten, das der Umsetzung der Pensionsreform entspricht. Das wurde auch entsprechend gesetzlich fixiert.

Darüber hinaus verfügt eine Ministerweisung an den Vorstand, daß der Vorstand der ÖBB diese Pensionsordnung nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung, also des Ministers im Einvernehmen mit der Bundesregierung, ändern kann.

Insgesamt und abschließend kann ich sagen, daß ein akzeptables Ergebnis im Interesse der Steuerzahler und der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer und Pensionisten erreicht wurde – ein Kompromiß, zu dem wir uns bekennen.

Ein Wermutstropfen ist zweifellos, daß das Pensionsantrittsalter der Eisenbahner nicht gesenkt wurde. Sicher, die Eisenbahner müssen einen höheren Pensionsbeitrag und die Pensionisten einen Pensionssicherungsbeitrag in der Höhe von 3 beziehungsweise 4 Prozent zahlen – sozusagen als Gegenleistung für ihr früheres Pensionsantrittsalter. Meine Damen und Herren! Sach


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lich betrachtet ist das aber keine echte Gleichbehandlung. Das muß festgestellt werden. In diesem Sinne bleibt dieses Thema auch für die nächste Etappe der Pensionsreform auf der Tagesordnung. (Beifall bei der ÖVP.)

14.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.38

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Verbesserungen in der Wettbewerbsfähigkeit der Bahn sind von unserer Seite immer zu begrüßen. Wir tragen deshalb diesen Gesetzesbeschluß optimistisch und positiv mit. Verbesserungen auch im Pensionswesen in Richtung Harmonisierung begrüßen wir ebenfalls. Wir tragen diese auch mit.

Was wir nicht mittragen und wogegen wir uns mit aller Vehemenz aussprechen, ist nicht nur die Vorgangsweise, sondern ist auch die Tatsache, daß es zwar jetzt für Beamte und auch für die Bediensteten der ÖBB zu gesetzlichen Regelungen gekommen ist, hingegen nach wie vor die Reform bei der Nationalbank aussteht. Nicht einmal ein Bericht liegt vor, nicht einmal ein Vorschlag liegt vor, wie die Nationalbankregelung in Zukunft aussehen soll. – Das ist meines Erachtens ein Skandal. Wir können uns keinen Staat im Staat leisten, noch dazu einen Staat im Staat, der praktisch über unsere Gelder wachen soll. So geht es nicht!

Genausowenig akzeptieren wir, daß die Kammern und die Sozialversicherungen noch immer Ausnahmeregelungen haben, sich noch immer außerhalb dieser Harmonisierungsbestrebungen bewegen.

Kurz zur Vorgangsweise: Auf die "Ausschußhin- und -herarbeit" beziehungsweise Vertagungsmanie wurde schon hingewiesen. Jetzt noch ein kleines Detail, wie es gesetzlich verankert ist, was die Pensionen der ÖBBler anlangt – § 21 Abs. 6. Da ist zu lesen: Die Vereinbarung – privatvertragliche Vereinbarung vom 9. Dezember 1997 – zwischen dem Vorstand der Bundesbahn und der betrieblichen Interessenvertretung über eine Änderung der Pensionsordnung wurde auf privatvertraglicher Basis unter Bedachtnahme auf so und so wie folgt geändert.

Dieser Verweis im Abs. 6 ist rechtmäßig, juridisch sozusagen, substantiell betrachtet eine Erzählung. Sie haben hier die Hoffmannschen Erzählungen eingefügt. Wegen dieser Erzählungen in juridisch sehr zweifelhafter Qualität mußten wir sage und schreibe mindestens dreimal vertagen – wegen Erzählungen, die minderer juridischer Qualität sind.

Das ist eine Verhöhnung parlamentarischer Ausschußarbeit, das ist eine Verhöhnung von gewählten Volksvertretern, die von sozusagen ernannten Sozialpartnervertretern in die Ecke gedrängt und sozusagen immer wieder ein- und ausgeladen werden. Die Rechtsqualität dieses Paragraphen ist juridisch irrelevant ist, dieser Paragraph ist reine Augenauswischerei. Er kam nur deshalb zustande, weil die ÖVP darauf beharrt, daß in irgendeiner Weise ein gesetzliches Gängelband gefunden wird für die ÖBB-Reformen. Das ist für uns wirklich ein kleiner verfahrensmäßiger Skandal.

Die Rechtsqualität in der Monarchie war ähnlich: Da hat man Glückwunschschreiben an den Monarchen im Gesetzblatt veröffentlicht. Genauso ist es hier: rein erzählend, rein hinweisend, ohne juridische Substanz. – Dieses Theater möchte ich mir nicht noch einmal bieten lassen. (Beifall der Abg. Motter. )

14.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hums. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.41

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Schieneninfrastruktur entsprechend den EU-Vorschriften auch


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neuen Eisenbahnunternehmungen geöffnet. Damit soll mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden. Es wird aber notwendig sein, daß man darauf achtet, ob dieses Ziel auch tatsächlich erreicht wird. Denn es darf nicht so sein, daß die neuen Eisenbahnunternehmungen die günstigsten Transporte übernehmen, beispielsweise Ganzzüge und so weiter, und damit die Wirtschaftskraft jener Eisenbahnen schwächen, die weiterhin die Region zu bedienen haben. Darauf wird im Benützungsentgelt, Herr Bundesminister, entscheidend Rücksicht zu nehmen sein in der Weise, daß es in diesem Zusammenhang nicht zu einer Verzerrung zum Nachteil der Eisenbahn kommt.

Und eine Bitte: Es kommt ja – Kollege Kukacka hat es bereits erklärt – zu einer neuen Form einer Weisung des Eigentümers im Bereich der Pensionsverhandlungen. Diese Weisung des Eigentümers wird im verkehrspolitischen Bereich umso notwendiger sein, und ich erwarte, Herr Bundesminister, daß man dieses neue Instrument nützt, um anzuordnen, daß sich die Österreichischen Bundesbahnen wesentlich mehr – im Güterverkehr, im Personenverkehr, im Regionalverkehr – engagieren und dafür natürlich einen Ausgleich in Form des Benützungsentgelts erhalten. Ich hoffe, daß sich dieses Modell der Eigentümerweisung im verkehrspolitischen Bereich durchsetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema, das der Kollege Kukacka angeschnitten hat, und dazu, warum die Ausschüsse so oft vertagt werden mußten. – Die ÖVP wollte unbedingt mit Gesetz in privatrechtliche Verträge eingreifen, und nicht nur im Bereich der Harmonisierung, sondern gleichzeitig, wie Kollege Kukacka hier ja nochmals erklärt hat, auch dort, wo die 35 Arbeitsjahre, die für die Pension erforderlich sind, in Frage gestellt werden, obwohl sie in mehrfacher Weise kompensiert werden. Die Verhandlungen auf Koalitionsebene haben dazu geführt, daß dieses Gesetz nicht in das Leistungsrecht, das in den Einzelverträgen der Eisenbahner geregelt ist, in das Leistungsrecht im Pensionsbereich, eingreift.

Frau Kollegin Moser hat mir eines schon vorweggenommen: Damit der Kollege Kukacka einen Kompromiß finden konnte, enthält diese Gesetzesvorlage eine Erzählung in Vergangenheitsform. In Vergangenheitsform wird hier erzählt, daß dort, wo es offensichtlich wirklich notwendig ist, Verhandlungen geführt wurden, und zwar auf der Ebene Vorstand – betriebliche Interessenvertretung – Zentralausschuß. Dort ist es aufgrund des Augenmaßes der Gewerkschaft der Eisenbahner zu einer vernünftigen Einigung gekommen, wobei gleichzeitig natürlich auch Ausgleichsmaßnahmen für die Eisenbahner im innerbetrieblichen Bereich gefunden wurden.

Und zum x-ten Mal zu dem Thema, warum Eisenbahner schon nach 35 Arbeitsjahren in Pension gehen dürfen: Die Eisenbahner – und das haben wir mit der ÖVP auch bei der Ausgliederung, bei der Erarbeitung des Bundesbahngesetzes 1992 ausführlich und, wie ich hoffe, abschließend diskutiert – zahlen dafür, daß sie aufgrund ihres schwierigen Berufes früher in Pension gehen können, einen höheren Pensionsbeitrag. (Abg. Amon: Das wollen alle haben!) Die Eisenbahner, Kollege Amon, haben eine längere Wochenarbeitszeit, die Eisenbahner haben wesentlich flexiblere Arbeitsbedingungen, die Eisenbahner arbeiten sich damit ihre frühere Pensionsmöglichkeit selber ein (Abg. Dr. Maitz: Bei der Büroarbeit auch? Auch in den Kanzleien?) , und im übrigen erhalten sie auch keine Abfertigung.

Die Eisenbahner waren aber die ersten, die akzeptiert haben, daß es zu einer Harmonisierung kommen wird, und mit dem Bundesbahngesetz wurde auch beschlossen, daß zwar diese privatrechtlichen Einzelverträge nicht korrigiert werden, daß aber für die neueintretenden Eisenbahner das ASVG gilt. Sie haben natürlich niedrigere Pensionsbeiträge als die früheren Eisenbahner zu entrichten, und sie bekommen auch eine Abfertigung, und sie bekommen in einem Lebensarbeitszeitmodell richtungweisend anstelle der Arbeitszeitverkürzung pro Woche eineinhalb Stunden gutgeschrieben.

Bei den Eisenbahnern zahlen übrigens in Solidarität auch die Pensionisten einen Pensionsbeitrag. Ich ersuche daher die ÖVP, endlich einmal nicht mit Halbwahrheiten zu versuchen, Neidkomplexe zu schüren. Ich ersuche die ÖVP, endlich einmal bei dem Vertragsergebnis, das es 1992 gegeben hat, zu bleiben und nicht ununterbrochen ein Thema aufs neue zu behandeln, das bereits abgehandelt ist. Die Eisenbahner haben nicht nur eine schwierige Arbeit, sondern


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sie leisten auch höhere Beiträge, sie haben längere Wochenarbeitszeiten, eine flexiblere Arbeitszeit, und die Tatsache, daß sie keine Abfertigung erhalten, ist ein weiterer Grund dafür, früher in Pension gehen zu dürfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe, daß Sie endlich anerkennen, daß diese Diskussion zu Ende ist. Und ich hoffe auch, daß Sie erkennen, daß es vernünftig war, nicht mit Gesetz in die privatrechtlichen Einzelverträge "hineinzufahren". Diese Korrektur hätte nach Meinung der meisten Juristen eine Revision beim Verfassungsgerichtshof nicht bestanden. Daher bin ich froh, daß wir mit dieser Gesetzesvorlage – einer anderen hätte ich auch nicht zugestimmt – nicht in die Einzelverträge eingreifen, denn dieses Thema ist Verhandlungsgegenstand der betrieblichen Interessenvertretung und der Eisenbahner mit ihrem Unternehmen Österreichische Bundesbahnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. (Abg. Dr. Maitz: Das alles rechtfertigt nicht die 53 Jahre! Das gibt es für sonst niemanden! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

14.47

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich auf einige wenige Sätze beschränken, auch wenn Sie hier jetzt noch angeregt nach getaner Arbeit diskutieren.

Für mich stellt sich das Ergebnis dieser Regelung, die im Ausschuß beschlossen wurde, als wirklich vernichtend dar, denn es ist eigentlich kein Kompromiß zustande gekommen. Die ÖVP ist "übriggeblieben", und das Parlament verkommt auf diese Art und Weise zu einer Hinterlegungsanstalt für halböffentliche oder öffentliche Vertragswerke. (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Herr Kollege Edler, ich frage Sie: Wird es in Zukunft immer so sein, daß man, wenn es schwierig wird und wenn es klemmt, zum Herrn Präsidenten Fischer geht und dort ein Schriftstück deponiert? Wenn das, meine Damen und Herren, die Aufgabe des Parlaments ist, dann muß ich sagen: Gute Nacht! Dann bange ich um Österreich.

Ein zweiter Aspekt – ich möchte nur ganz kurz auf das Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz eingehen –: Ich habe so meine Zweifel, meine sehr verehrten Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, daß da wirklich ein Schritt in Richtung Liberalisierung der Schienentrassen gesetzt wurde. Ich kann mir bei den Regelungen, die jetzt im Ausschuß beschlossen worden sind, wirklich nicht vorstellen, wie das funktionieren soll, wenn eines Tages ein Frachtunternehmen von Hamburg mit dem Zug bis Wien oder Ungarn durchfährt, und alles befindet sich weiterhin in der Abhängigkeit der ÖBB, des ÖBB-Infrastrukturbereiches. Ich glaube, daß die Liberalisierung des Schienenverkehrs nur dann eine Chance haben wird, wenn es zu einer strikten, gesetzlich klaren Trennung zwischen Infrastrukturbereich und Absatzbereich kommt. Alles, was dazwischenliegt und gewissermaßen ineinandergreift, ist meines Erachtens ein Pfusch, und dazu wird es von unserer Seite keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Dr. Einem. Herr Bundesminister, ich weise darauf hin, daß in 10 Minuten eine Anfragebeantwortung aufzurufen wäre. – Bitte.

14.49

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu drei Punkten einige kurze Anmerkungen machen.

Erstens zur Pensionsreform der Eisenbahner. Die Reform, die jetzt auch für den Bereich der Eisenbahnerbeamten, wenn Sie so wollen, also für jene Eisenbahner, die noch nach dem alten Recht eingetreten und beschäftigt sind, umgesetzt worden ist, ist ein Erfolg einer partnerschaftlichen Verhandlung.


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Sie ist ein Erfolg einer partnerschaftlichen Verhandlung, für den einerseits den Partnern, mit denen ich gemeinsam verhandelt habe, dem Kollegen Edlinger und dem Kollegen Molterer, Dank zu zollen ist, für den aber andererseits und vor allem auch der Eisenbahnergewerkschaft Dank zu zollen ist. Hier ist nämlich etwas gelungen, was ich nicht für etwas Verächtlichzumachendes halte, sondern für etwas, was durchaus bemerkenswert ist: Eine Berufsgruppe hat freiwillig die Pensionsreform, die sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat und die sie für alle großen Beschäftigtengruppen gesetzlich umgesetzt hat, die im Nationalrat bereits beschlossen worden ist und nächste Woche im Bundesrat zur Beschlußfassung ansteht, für sich selbst übernommen. Sie hat aufgrund der Diskussionen, die wir geführt haben, erkannt, daß es sich dabei um eine gerechte und faire harmonisierte Lösung für alle Pensionisten handeln soll. – Ich glaube, das sollte man durchaus auch anerkennen.

Zweiter Punkt: Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz. Abgeordneter Firlinger hat hier seine Worte gesprochen und ist dann gleich gegangen. Ich rufe ihm daher sozusagen noch nach: Es gibt genügend Beispiele von privatrechtlichen Unternehmen – sie sind auch sehr gut erprobt –, in denen unterschiedliche Geschäftsbereiche miteinander im Geschäft stehen, ohne daß es zu irgendwelchen Problemen kommt. Auch bei den ÖBB wird es daher möglich sein, bei der gegebenen Struktur, die sauber in Rechnungskreise für die Infrastruktur und für den Absatz unterscheidet, auf eine faire und anständige Weise die Infrastruktur auch für dritte Eisenbahnunternehmen zu öffnen.

Es ist unser Ziel, die Schienenstraßen zu öffnen, es ist unser Ziel, dort zu mehr Wettbewerb, zu flexibleren und besseren und zum Teil auch preiswerteren Leistungen zu kommen. Das tun wir nicht nur, weil wir europarechtlich dazu verpflichtet sind, sondern das tun wir auch, weil wir glauben, daß das die Chance ist, die Bahn auch künftig gegenüber der Straße wettbewerbsfähig zu halten.

Lassen Sie mich noch ein Drittes sagen, das mit dem Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz in Zusammenhang und dennoch nicht direkt auf der Tagesordnung steht. Ich habe gestern und vorgestern Gelegenheit gehabt, am Verkehrsministerrat im Rahmen der Europäischen Union teilzunehmen. Dort ist unter anderem die Frage in Diskussion gewesen, ob wir endlich einen Beschluß hinsichtlich der Anhebung der allgemeinen Straßenbenützungsgebühren zustande bringen. Dieser Versuch ist gestern neuerlich gescheitert. Es ist auch nicht möglich gewesen, sich über einen Kompromiß, was die Brenner-Lösung betrifft, zu einigen. Der Kompromiß bezüglich Brenner war unter anderem aus den gleichen Gründen nicht akzeptabel, aus denen die Euro-Vignette für einen Teil der Mitgliedstaaten nicht akzeptabel gewesen ist.

Es geht nicht an, daß wir zwar von Infrastrukturkostendeckung reden, aber ständig die Kosten auf der Straße absenken und gleichzeitig erwarten, daß die Bahn dabei große Fortschritte in ihrer Wettbewerbsfähigkeit macht.

Wir haben daher erstens aus österreichischer Sicht einen Kompromißvorschlag der Präsidentschaft und der Kommission abgelehnt, was den Brenner betrifft, weil dies zu einer deutlichen Absenkung der dortigen Maut geführt hätte. Wir sind es den Menschen in Tirol schuldig, daß es zu einer Verkehrsberuhigung in der Nacht kommt, und davon werden wir auch nicht abgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben zweitens mit Bedauern zur Kenntnis genommen, daß außer Dänemark und Österreich niemand den Kompromißvorschlag der Präsidentschaft und der Kommission auf Anhebung der allgemeinen Straßenbenützungsgebühren unterstützt hat. Deutschland hat ihn zwar unter Kritik, aber doch unterstützt; alle anderen haben eine Absenkung der Gebühren verlangt. Das ist eine inkonsistente Verkehrspolitik, der wir uns aus österreichischer Sicht nicht anschließen können. Wir treten für eine konsistente, kostenorientierte Verkehrspolitik ein, bei der die Bahn auch echte Chancen im Wettbewerb hat, also für eine umweltorientierte und den Anrainerinteressen entsprechende Verkehrspolitik. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger. )

14.54


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105. Sitzung / Seite 103

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte.

15.55

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Öffnung des Eisenbahnmonopols mit der Liberalisierung der Nutzungsmöglichkeiten unserer Infrastruktur bei einem entsprechenden Entgelt, die wir heute beschließen, bietet auch internationalen Gesellschaften interessante und attraktive Angebote. Die Österreichischen Bundesbahnen haben gute Zuwachsraten, und es besteht durch diese Neuerung die Chance auf eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung.

Dieses Gesetz umfaßt auch neue Perspektiven für die Bahnverbindungen in den Ländern, vor allem in Tirol. Gerade Tirol leidet sehr unter der enormen Verkehrsbelastung auf den Bundesstraßen und auf der Autobahn. Die Lärmentwicklung ist in einem Tal eben wesentlich stärker wahrzunehmen.

Tirol bietet die kürzeste Verbindung zwischen Deutschland und Italien. Wenn die Unterinntal-Trasse zwischen Kufstein und Mils und anschließend der Brenner-Basistunnel gebaut werden – und im Budget 1998 sind bereits 16 Milliarden Schilling dafür vorgesehen –, wird sich diese Strecke besonders für die Nutzung auch durch internationale Eisenbahngesellschaften eignen.

Weiters können diese Strecken so ausgebaut werden, daß sie eine echte Alternative zu den Straßen darstellen und hoffentlich eine hohe Frequentierung verbuchen werden. Die Güterbeförderung auf der Hangtunneltrasse, die vorgesehen ist, könnte Tirol also sehr entlasten und für seine Menschen wieder mehr Lebensqualität bringen. Wenn es Probleme gibt, sollten wir sie zu lösen versuchen, und dies wäre eine gute Lösungsmöglichkeit für Tirol.

Zur Pensionsreform bei den ÖBB-Bediensteten möchte ich folgendes sagen: Es ist ein wesentlicher Schritt zur Harmonisierung gelungen, allerdings nur ein Schritt. Ein Beispiel, Herr Bundesminister: Ich wohne in einem Dorf, in dem sehr viele Eisenbahner leben. Wie ist das nun? – Da sind zwei Männer miteinander in die Schule gegangen. Der eine ist Chauffeur bei den Bundesbahnbussen, der andere ist Chauffeur bei den Postbussen. Beide haben eine ähnliche Ausbildung und eine ähnliche Belastung. Sie werden Schwierigkeiten haben, ihnen zu erklären, warum der eine mit 53 Jahren in Pension geht und der andere noch mehrere Jahre bleiben muß. (Abg. Edler: Andere Gesamtzeit! – Abg. Hums: Haben Sie nicht gehört, daß die höhere Beiträge zahlen?)

Ich glaube auch gar nicht, daß man ihnen damit einen so guten Dienst erweist. Es ist nämlich nicht so, daß alle Eisenbahner gerne früh in Pension gehen. (Ruf bei der SPÖ: Sie müssen nicht!) Sie müssen nicht, aber sie werden manchmal auch dazu gedrängt. Herr Abgeordneter Hums, Sie haben mich da nicht ganz überzeugt. Ich halte es nicht für richtig, Arbeitsleistung – Pension, Arbeitszeit – Pension aufzurechnen, denn es gibt viele Berufsgruppen ... (Abg. Edler: Wir machen eine Beitragswahrheit bei den Bauern! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Darüber könnten wir uns unterhalten! Ich wäre sehr wohl bereit, mich darüber zu unterhalten, denn Arbeitsleistung und Pension schauen in diesem Bereich ganz anders aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin nicht dafür, Berufsgruppen gegeneinander auszuspielen. Das sollten wir nicht tun. Und ich hätte auch gar nichts gesagt, wenn nicht Sie vom Neidkomplex gesprochen hätten. Auch das hätten Sie nicht tun dürfen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben keinen Neidkomplex, aber hier ist doch ein Ungleichgewicht gegeben. Herr Minister! Dieses zu erklären werden Sie gar nicht so leicht imstande sein. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Da ich in knapp 2 Minuten eine Anfragebeantwortung aufzurufen habe, unterbreche ich kurz die Sitzung. Ich glaube, es lohnt sich nicht mehr, einen Redner aufzurufen.


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Ich unterbreche hiermit die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich nehme jetzt, um 15 Uhr, die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2945/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Inneres mit der Ordnungszahl 2945/AB.

Die Anfragebeantwortung ist vervielfältigt und verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung erübrigt.

In der Debatte darf kein Redner länger als 5 Minuten sprechen. Dem Erstredner stehen zur Begründung 10 Minuten zur Verfügung.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann als Unterzeichner des Verlangens, die Debatte einzuleiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Innenminister! Hohes Haus! Der Grund für das Verlangen der Freiheitlichen, diese Anfragebeantwortung hier im Plenum zu behandeln, ist die – wie ich meine – unzureichende und teilweise unrichtige beziehungsweise falsche Beantwortung der Anfrage. Daraus läßt sich allerdings der Schluß ziehen, daß die Durchlässigkeit der Grenzen gegenüber illegalen Einwanderern in Österreich sehr ausgeprägt ist.

Der Grund für die parlamentarische Anfrage waren die Aufdeckung des internationalen Schlepperringes und die Aktionen, die am 30. September in diesem Zusammenhang stattgefunden haben. Aus der Anfragebeantwortung, Herr Bundesminister, gehen jedoch einige Dinge nicht klar hervor beziehungsweise finden sich in der Beantwortung Ungereimtheiten.

So haben wir zum Beispiel danach gefragt, aus wievielen Mitgliedern der Schlepperring bestand, und Sie haben angegeben: "65 Mitglieder der Schlepperorganisation wurden in Österreich bei Gericht angezeigt."

Weiters haben Sie angegeben, daß 31 dieser Personen festgenommen wurden. Es liegt also der Schluß nahe, daß sich 34 nach wie vor auf freiem Fuß befinden. Anderen Informationen zufolge sollen es 40 und mehr sein, die ab und zu an dieser Schleppertätigkeit beteiligt waren, für die aber die Verhängung einer U-Haft trotz der intensiven Bemühungen und der – wie ich meine – hervorragenden Arbeit der ermittelnden Beamten aufgrund des Strafrahmens und der zur Verfügung stehenden gesetzlichen Maßnahmen nicht möglich ist.

Wie der Staatsanwaltschaft Linz bekannt ist, ist das gewerbsmäßige Schleppen in diesem Falle hauptsächlich von Ausländern verübt worden. Diese sind die Haupttäter. Es gibt – das müssen wir bedenken, insbesondere dann, wenn ein Großteil dieser Personen nach wie vor auf freiem Fuß ist – keine besonderen Gründe für diese Schlepper, etwa aufgrund von familiären Bindungen hier in Österreich zu verbleiben. Was wird daher geschehen? – Sie werden weiterhin für ihre kriminelle Organisation tätig sein, sie werden sich ins Ausland absetzen, und sie werden weiterhin international tätig sein. Die weiteren Ermittlungsmöglichkeiten werden natürlich entsprechend eingeschränkt sein, es wird keine Zugriffsmöglichkeit bestehen, und der Weiterbestand dieser international tätigen kriminellen Verbrecherorganisation ist gewährleistet.

Mir kommt vor, als würde man derartige Straftäter mit Glacéhandschuhen angreifen. Es wird eine Behutsamkeit an den Tag gelegt, die zugegebenermaßen letztlich wieder in unzureichenden gesetzlichen Rahmenbedingungen ihren Grund hat.


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Herr Bundesminister! Auf die Frage 8 nach dem Rechtsstatus der Mitglieder des Schlepperringes hier in Österreich habe ich die Antwort bekommen, daß die Angehörigen des Schlepperringes nach den Bestimmungen des Fremden- beziehungsweise Asylgesetz hier aufhältig sind. – Ich frage mich, welchen gesetzlichen Rahmen es dafür gibt. Handelt es sich um Asylwerber, um Touristen oder um illegale Bundesbetreute? Diese Personen müßten ein vorläufiges Aufenthaltsrecht haben, dieses haben sie nach dem geltenden Recht aber mit Sicherheit nicht, insbesondere dann nicht – das ist auch den Medien zu entnehmen, die sich damit befaßt haben – , wenn die Reise dieser Personen durch Drittländer erfolgt ist, das heißt, wenn sie zum Beispiel aus dem Kosovo über Ungarn nach Österreich gekommen sind. Die entsprechende Rechtslage ist also nicht gegeben, und diese Personen haben auch kein vorläufiges Aufenthaltsrecht.

Herr Bundesminister! Zugegebenermaßen wird es ab dem 1. Jänner 1998 etwas einfacher werden. Dann werden nämlich die gelinderen Mittel zur Anwendung kommen. Daher nehme ich an, daß Sie sich jetzt auch keine Gedanken mehr über die Notwendigkeit der Errichtung des Containerdorfes für Schubhäftlinge mit Investitionskosten in der Höhe von 150 Millionen Schilling machen. Diese Kosten können Sie einsparen, weil dies dann ohnedies nicht mehr erforderlich ist und auch die Drittstaatenproblematik nicht mehr gegeben ist.

Herr Bundesminister! Es ist nicht einzusehen, daß zum Beispiel die Frage 9 nach der geregelten Beschäftigung der Mitglieder des Schlepperringes damit beantwortet wird, daß es sieben legal Beschäftigte gibt. Vielleicht hat Sie etwas daran gehindert, diese Frage vollständig zu beantworten, möglicherweise gibt es zwischenzeitlich auch neue Erkenntnisse. – Mich würde interessieren, ob dies der Fall ist beziehungsweise ob auch für diese Personen öffentliche Mittel – sei es Sozialhilfe oder sonstiges – in irgendeiner Form aufgebracht und aufgewendet wurden.

Herr Bundesminister! Auf die Frage, ob die Mitglieder des Schlepperringes in Österreich auch in anderen Staaten bereits zur Fahndung ausgeschrieben waren beziehungsweise den österreichischen und ausländischen Sicherheitsbehörden aufgefallen sind, haben Sie die Antwort gegeben, daß dies in der Bundesrepublik Deutschland bereits der Fall war. Wie einem Wochenmagazin zu entnehmen ist, bei welchem es offenbar einen besseren Informationsfluß gibt und welches bessere Informationsquellen hat, verhält es sich allerdings so, daß jene, die nach Österreich geschleppt werden, zum Teil in die Bundesrepublik Deutschland weitergeschleppt werden, zum Teil in der Schweiz bleiben, zum Teil nach Dänemark und zum Teil auch nach Schweden geschleppt werden. In Anbetracht dessen frage ich mich, ob es keine behördliche Zusammenarbeit mit den genannten Staaten gibt, und ich frage mich, warum beispielsweise das Magazin "NEWS" diese Information erhält, ein Parlamentarier bei seiner Anfrage jedoch nicht.

Es ist auch eine relativ unbefriedigende Antwort, wenn Sie auf die Frage, welche Mitglieder des Schlepperrings in Österreich oder in einem anderen Staat schon zur Fahndung ausgeschrieben waren, die Antwort geben, daß einzelne Mitglieder der Organisation schon Gegenstand von konkreten Ermittlungen waren.

Die Frage nach dem genauen Vorgehen des Schlepperringes und der Rolle der einzelnen Mitglieder ist sehr mangelhaft beantwortet. Aber vielleicht wäre es vernünftiger, in der Beantwortung künftig auf ein Wochenmagazin zu verweisen und den entsprechenden Artikel, die Seite und den Absatz anzugeben, wo die entsprechende Antwort zu finden ist. Eventuell hängt diese gute Kooperation, die es offensichtlich mit Magazinen, jedoch nicht mit den Mitgliedern des Hohen Hauses gibt, auch damit zusammen, daß aufgrund der geschäftlichen Beziehungen zu diesen Medien die Konnexion besser ist. Wenn man sich bewußt macht, daß in drei willkürlich ausgewählten "NEWS"-Magazinen immerhin 19 Seiten bezahlte Anzeigen des Bundesministeriums für Inneres zu finden sind, und wenn man weiß, daß ein solche Anzeige pro Seite 192 000 S kostet, dann ist das zumindest eine Anregung, über diesen Konnex nachzudenken.

Ich möchte noch den Bereich der Kinderschleppung ansprechen. In diesem Zusammenhang wurde die Frage gestellt, ob es Hinweise auf Kinderschleppung gibt. Sie haben diese Frage quasi mit Nein beantwortet. – Der Staatsanwaltschaft Linz dürfte dies allerdings sehr wohl bekannt sein; sie spricht auch davon, daß in Österreich aufhältige Asylwerber ihre Kinder mit


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den Schlepperringen nach Österreich nachkommen lassen. – Herr Bundesminister! Dabei ist verblüffend, daß Sie sehr wohl wissen, daß zwischen 30 und 50 Kosovo-Albaner mit diesem Schlepperring nach Österreich gebracht wurden und daß der Großteil jener, die geschleppt wurden, Männer sind, daß Sie aber offensichtlich nicht wissen, wie viele Kinder geschleppt worden sind. Ihre einfache Antwort ist: Nein. – Das läßt die Frage der Durchlässigkeit der österreichischen Grenzen einmal mehr in einem – wie ich meine – nicht besonders guten Licht erscheinen.

Es ist auch auffällig, daß in anderen Ländern schockierende Daten vorliegen, etwa betreffend die Tatsache, daß an der nur 132 Kilometer langen Grenze zwischen Bayern und Österreich in den Jahren 1995 bis 1997 2 839 Schlepper aufgegriffen und festgenommen wurden – und zwar von deutschen Beamten. Bei uns in Österreich ist das etwas anders: Es gibt gemäß Ihrer Anfragebeantwortung weder Hinweise noch Vermutungen, wie viele Personen dieser Schlepperring nach Österreich gebracht hat und wie viele Illegale in Österreich sind. Sie geben zwar an, daß ein Drittel in Österreich verblieben ist, nennen aber keine Zahl, worauf sich das bezieht, und Sie geben auch keine Gesamtzahl der in Österreich befindlichen Illegalen an. Ich meine, es wäre angebracht, auch für die Ermittlung dieser Zahlen gegebenenfalls Personen einzusetzen. In anderen Ländern, etwa in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz, liegen solche Zahlen nämlich vor.

Ich komme nun zum Schluß. Herr Bundesminister! Tatsache ist, daß die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht zufriedenstellend sind. Es sollte aber eine Anfrage nicht deshalb unvollständig beantwortet werden, weil es möglicherweise unangenehm ist, mit den Zahlen tatsächlich auf den Plan treten und sagen zu müssen: Das ist die Lage in Österreich! Das wäre schockierend genug. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koppler. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.12

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Anfrage des Abgeordneten Hofmann und Genossen möchte ich folgendes sagen: Die Freiheitliche Partei hat versucht, ihren oberösterreichischen Wahlkampf teilweise hinsichtlich der Durchlässigkeit der Grenzen zu führen. Die Tatsachen und entsprechende Überprüfungen haben aber gezeigt, daß diese populistischen Aussagen nicht gerechtfertigt waren. Die dortige Bevölkerung wurde verunsichert, und es war nie festzustellen, ob die Aussagen auch stimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wohne ungefähr 500 Meter Luftlinie von den Unterkünften in der Lunzerstraße, dem Asylanten- und Flüchtlingsheim entfernt. Und ich sage das sehr gerne, denn ich habe zu Hause nie Angst gehabt, weil in meiner Nähe Flüchtlinge beziehungsweise Asylanten wohnen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind ja nie daheim!) Ich möchte das hier wirklich sehr eindeutig sagen.

Wir von der VOEST-Alpine beziehungsweise von der GWL – die GWL ist ja eine Tochter der Voest-Alpine – gehörten zu den ersten in den Bundesländern, ja in Österreich, die bereit waren, Asylanten und Flüchtlinge aufzunehmen. Das wurde auch in den Medien und in der Öffentlichkeit sehr positiv zum Ausdruck gebracht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit den Unterkünften in der Lunzerstraße, wo Flüchtlinge untergebracht sind, die sich in Bundesbetreuung befinden, gibt es keinerlei Probleme, und es hat auch früher keinerlei Probleme gegeben. Dort finden ständig genaue Kontrollen statt, daher waren diese Bereiche von der gegenständlichen Amtshandlung, auf die sich diese Anfrage bezieht, nicht betroffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die genannten Unterkünfte werden seit der erfolgreichen Amtshandlung gegen das Schlepperunwesen laufend von der Exekutive geprüft. Soweit ich weiß – ich habe ja schon am Anfang meiner Ausführungen darauf hingewiesen, daß ich


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500 Meter Luftlinie entfernt von diesem Asylantenheim wohne –, hat es seit diesem bedauerlichen Vorfall in Linz keine derartigen beziehungsweise überhaupt keine Probleme gegeben. – Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

15.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.15

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich gebe mich überhaupt keinen Illusionen darüber hin, daß mit dieser Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage natürlich die Finger in eine sehr, sehr offene Wunde betreffend die Kriminalität, insbesondere die organisierte Kriminalität, gelegt wurden. Drei Beobachtungen, die ich am gestrigen Tag gemacht habe, veranlassen mich dazu, kurz zu rekapitulieren.

Erstens: Wir haben gestern hier das Europol-Übereinkommen diskutiert. Mich hat gewundert, daß die Freiheitliche Partei – aus welchen Gründen auch immer – diesem Europol-Übereinkommen die Zustimmung versagt hat, denn das Europol-Übereinkommen geht genau in Richtung Bekämpfung internationaler organisierter Kriminalität. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das wurde begründet!) Es werden für mich heute Krokodilstränen vergossen beziehungsweise wird über verschüttete Milch geweint, wenn man heute über etwas klagt, was man gestern getan hat. So kann man Politik nicht machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: Wir haben im Anschluß an das Europol-Übereinkommen das Schubabkommen für illegale Grenzgänger zwischen Österreich und Ungarn diskutiert und gemeinsam festgestellt, daß die Situation an der burgenländischen Grenze eskaliert. Wir wissen, daß wir die Assistenzsoldaten, unsere Zollwacheorgane und Grenzgendarmen brauchen, und wir wissen, daß diese Grenze eines jener Nadelöhre ist, durch das Jahr für Jahr Tausende und Abertausende illegale Grenzgänger nach Österreich kommen, und zwar die Ärmsten der Armen, die von organisierten kriminellen Banden, aus welchen Teilen der Welt auch immer, nach Österreich, durch Österreich und über Österreich hinaus in andere Länder der Europäischen Union geschleppt werden.

Daher muß ich einmal mehr sagen: Gestern hat die Freiheitliche Partei diesem Schubabkommen, aus welchen Gründen auch immer – es steht mir gar nicht an, das zu beurteilen – die Zustimmung verweigert. (Abg. Lafer: Das ist falsch, das stimmt nicht!) Doch! Sie können nicht heute Krokodilstränen weinen, Milch von gestern vergießen, dem Herrn Innenminister heute etwas unterstellen und in Wirklichkeit etwas anderes tun! (Beifall bei der ÖVP.)

Die dritte Momentaufnahme des gestrigen Tages ist für mich signifikant: Ich komme in der Nacht nach Hause, lese die burgenländischen Zeitungen und muß zu meiner tiefen persönlichen Betroffenheit registrieren, daß eine 30jährige Mittelburgenländerin aus einer Nachbargemeinde von mir, die ich persönlich kenne, ein Bandenmitglied ist und maßgeblich an einer internationalen organisierten Schlepperorganisation beteiligt ist. Gemeinsam mit drei Kosovo-Albanern hat sie in den letzten beiden Jahren 280 Personen – 280 Personen! – zum Preis von jeweils etwa 10 000 bis 11 000 S geschleppt. Es ist der Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizeidirektion Linz und der Kriminalabteilung Burgenland zu verdanken, daß diese Burgenländerin und die Kosovo-Albaner, die diese Schlepperorganisation bilden, ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. – Ich bin überzeugt davon, daß wir einen guten und richtigen Weg gehen, indem wir Gesetze machen, in welchen mit Augenmaß die Situation in Österreich berücksichtigt wird, und gleichzeitig auf der Basis dieser Gesetze unseren Exekutivapparat mit jenen Möglichkeiten versehen, die notwendig sind, um organisierte Kriminalität zu bekämpfen.

Ich sage es aber für die ÖVP immer wieder, und heute ein weiteres Mal: Organisierte Kriminalität als Thema zu verniedlichen und als nicht bedeutsam anzusehen, ist ein fataler Fehler unserer Gesellschaft. Denn diese organisierte Kriminalität in ihren vielfältigsten Erscheinungsformen greift krakenartig in unsere Gesellschaft ein. Tausende Organisationen in den Ländern, die uns umgeben, unterhöhlen unsere Gesellschaft substantiell.


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Wir haben die politische Verpflichtung dem Minister, dem Parlament und der Bevölkerung gegenüber, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Dafür steht die ÖVP, und dafür werden wir uns in Zukunft auch stark machen! (Beifall bei der ÖVP.)

15.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.19

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Mich interessiert weniger, daß sich Herr Abgeordneter Koppler in seiner Wohngegend ohnehin sicher fühlt und daß er von weiteren Vorfällen nichts merkt. Mich interessiert auch weniger, daß Herr Abgeordneter Kiss Erinnerungslücken hat – denn sonst müßte er wissen, daß wir gestern diesem Schubabkommen zugestimmt haben. Mich interessiert vielmehr, was hinter dieser Anfragebeantwortung steckt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dieser Anfragebeantwortung kommt ganz deutlich zum Ausdruck, was sich in Österreich wirklich abspielt. In einer großangelegten Schlepperaktion sind von einem Schlepperring, bestehend aus mindestens 65 Mitgliedern, von 1992 bis 1997 11 000 Menschen geschleppt worden, wöchentlich ungefähr 30 bis 40. Die Schlepper haben einen Profit von ungefähr 200 Millionen Schilling gemacht.

"NEWS" recherchiert undercover und bringt im April 1997 alles ans Tageslicht. Die bis dahin völlig ahnungslose Behörde wird im April 1997 nach der Recherche von "NEWS" aktiv, muß sich von "NEWS" informieren lassen, wie eigentlich alles war, und fängt mit einer Arbeitsgruppe, die aus – großartig! – sieben Personen besteht, an, die Schlepperringbande zu untersuchen. Dieser von "NEWS" aufgescheuchten Behörde ist allerdings fünf Jahre lang total entgangen, was sich da in Linz, zwischen Linz und der Grenze und so weiter abgespielt hat.

Sehr geehrter Herr Minister! Entweder hat Ihre Behörde total verschlafen, oder man wollte ganz einfach nicht wahrnehmen, was sich da eigentlich abspielt. In dieser Republik, in den Koalitionsparteien gibt es nämlich sehr viele, die in Wirklichkeit der Meinung sind: Wir brauchen gegen die Illegalen eigentlich eh nichts zu machen, denn wir können ohnedies noch weitere Ausländer brauchen. – So verhält es sich nämlich, und deshalb wird auch niemals drastisch aufgezeigt, daß wir gegen die Illegalen vorgehen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Frau Abgeordnete! Sie wissen, daß das nicht stimmt!)

Konkret hat es sich um eine organisierte Bande gehandelt. Über den Kopf dieser Bande wurde in Albanien bereits im Fernsehen in einer großen Darstellung berichtet. Aber unsere Behörden haben davon nichts gewußt! Offensichtlich gibt es von Ihrer Seite überhaupt keine Beobachtungen darüber, was sich im Ausland abspielt. Diese Bande hatte 65 Mitglieder – hauptsächlich Ausländer –, und ein Teil der Bandenmitglieder sind bereits mit Haftbefehl von der Bundesrepublik Deutschland gesucht worden. Über einen Großteil der Bandenmitglieder ist ein Aufenthaltsverbot in Österreich verhängt worden, nur sieben sind einer legalen Arbeit nachgegangen. Wie viele von den anderen eine Sozialunterstützung vom Land Oberösterreich bekommen haben, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich sind auch solche darunter gewesen. Nur 14 waren gemeldet, alle anderen waren illegal.

Diese Leute haben geschleppt, vom Balkan herauf, aber auch von Deutschland und von Österreich in den Balkan. Denn sehr viele Asylanten sind nämlich in Wirklichkeit Scheinasylanten, und diese Asylanten wollten wieder in ihre Heimat zurück, nur konnten sie das nicht legal, weil sie ja sonst den Flüchtlingsstatus verlieren. Deshalb sind sie geschleppt worden und haben so noch dazu beigetragen, daß sich der Profit dieser Banden erhöhte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Polizei hat nachher recherchiert und festgestellt, daß die Leute, die legal hier waren, eine Aufenthaltsbewilligung und den Asylantenstatus hatten. Es ist jedoch niemals überprüft worden, was diese Leute eigentlich wirklich machen. Sie haben in diesem VOEST-Heim gewohnt, wurden von einer sozialen Organisation, nämlich der Caritas, betreut, und die Heimleitung hat offensichtlich zugelassen, daß Leute, die dort nicht gemeldet


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waren, einander dort getroffen haben. Das war ein Umschlagplatz für diese Schlepperbande! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! So schaut es in Wirklichkeit aus, das spielt sich in Österreich ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder einzelne Punkt, von dem ich jetzt berichtet habe, ist uns schon immer ein Dorn im Auge gewesen, und das haben wir immer gesagt. Wir haben jedoch immer nur die Routineantwort bekommen: Das ist Panikmache. – Jetzt sehen Sie allerdings, daß das nicht Panikmache, sondern die dramatische Realität ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Minister! Auf unsere Frage: Wie reagiert das Bundesministerium auf die Methoden der Schlepper?, antworteten Sie: Durch strategische und operative Analysen werden die Methoden der Schlepper erhoben und wird mit den entsprechenden kriminaltaktischen Maßnahmen darauf eingegangen. – Wenn Ihre entsprechenden kriminaltaktischen Maßnahmen so aussehen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): ..., daß zuerst die Journalisten recherchieren müssen, damit die Behörde aufgeschreckt wird, dann steht es um Österreich eindeutig schlecht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Herr Minister! Sie sind für die Vollziehung der Gesetze verantwortlich, und aus dieser Verantwortung werden wir Sie nicht entlassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Stoisits zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.25

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Partik-Pablé, ich bin eine Illegale! Wissen Sie, daß ich mit meinem Auto schon länger in der Kurzparkzone gestanden bin, als mein Parkschein gegolten hat? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum machen Sie das?) Das ist nicht gesetzmäßig, daher bin ich eine Illegale – nicht im Moment, aber es ist mir schon passiert. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum machen Sie das? Mir passiert das zum Beispiel nicht! – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was mich an dieser Diskussion – nicht ausschließlich heute, sondern auch sonst – am meisten stört, ist diese absolut undifferenzierte Gleichsetzung: Illegaler ist gleich Krimineller ist gleich Gefahr aufgrund krimineller Energie. – Das ist einfach falsch! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Jeder, dem die Problematik der nicht rechtmäßigen Grenzübertritte auf der einen Seite, aber auch die Problematik der Ausnützung des Elends und der Notlage von Menschen durch Schlepper auf der anderen Seite ein ehrliches Anliegen ist – wovon ich auch bei Ihnen, Frau Dr. Partik-Pablé, ausgehe –, tut der Sache, nämlich daß man sich damit beschäftigen und diese Probleme ernst nehmen muß, nichts Gutes, wenn ständig diese undifferenzierte Gleichsetzung stattfindet. Das, meine Damen und Herren, stört mich am meisten! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sind Sie der Meinung, daß wir uns wehren müssen?)

Sie sehen Illegale nicht als Menschen, die Eigenschaften haben. Man kümmert sich nicht darum, ob es sich um Männer, Frauen, Mütter, Väter oder Kinder handelt. Sie werden nur mehr als "Illegale" gesehen. Dabei handelt es sich jeweils um einen Menschen, der unberechtigterweise, weil er kein Visum oder keinen gültigen Reisepaß hat, die österreichische Grenze überschreitet. Das ist in dieser Republik allerdings immer noch eine Verwaltungsübertretung und kein strafrechtlich relevanter Tatbestand! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé! Ich möchte, daß gerade Sie als Juristin und Richterin zur Kenntnis nehmen, daß in diesem Fall in der Tat Äpfel mit Birnen verwechselt werden. Und daß


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Sie das aus propagandistischen, demagogischen, populistischen Gründen tun, ist ja ganz offenkundig!

Meine Damen und Herren! Das, wofür die Grünen in der Vergangenheit eingetreten sind, aber auch in Zukunft eintreten werden, ist, daß wir der Schlepperproblematik – und Schlepper sind Menschen, die einen strafrechtlich relevanten Tatbestand setzen, und die diesbezüglichen Sanktionen und das Strafausmaß sind vor nicht allzu langer Zeit drastisch erhöht worden – unsere Aufmerksamkeit schenken und daß auch der Herr Bundesminister und seine Behörden diese Probleme ernst nehmen und sich damit beschäftigen. – Das ist die eine Seite. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Auf der anderen Seite steht die Problematik der Asylwerber. Den Terminus "Asylant", Frau Kollegin Partik-Pablé, der diesen abfälligen, abwertenden Beigeschmack hat, gibt es gar nicht! Es gibt entweder gesetzlich anerkannte Flüchtlinge ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Ich meine, daß es "Asylant" in der Gesetzesterminologie nicht gibt. Sie kennen offenbar das Gesetz gar nicht! Es gibt entweder Asylwerber und Asylwerberinnen oder anerkannte Flüchtlinge, aber einen "Asylanten" gibt es in Österreich nicht! Solche Worte verwenden stets jene, die damit punzieren wollen, die damit Menschen erniedrigen wollen.

Wir müssen uns mit der Sache seriös beschäftigen, indem wir uns klarmachen, daß es sich hiebei um einzelne Menschen handelt, jedoch nicht um gesichts- und eigenschaftslose Subjekte, so wie Sie das tun. Das stört mich dabei am meisten! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Darf der Asylwerber schleppen oder nicht?)

Ich harre jetzt der Antwort des Herrn Bundesministers, welche zusätzlichen Überlegungen es in Zukunft zu der von den Freiheitlichen durchaus ernstgemeinten Frage, wie den kriminellen Taten der Schlepper in Österreich besser begegnet werden sollte, von seiten seines Ressorts noch geben wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Darf ein Asylwerber schleppen oder nicht? Ist es auch schon rassistisch, wenn man diese Frage stellt?)

15.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. Die Redezeit soll 5 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Minister.

15.29

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich werde mich bemühen, die Redezeit von 5 Minuten nicht zu überschreiten, aber das ist nahezu unmöglich, denn es wurden hier wirklich sehr viele Dinge angesprochen, auf die man sehr genau eingehen muß.

Erstens: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Vorwurf von Herrn Abgeordnetem Hofmann zurückweisen, der meinte, daß die Anfragebeantwortung von mir nicht ernsthaft vorgenommen worden ist.

Ich darf Ihnen sagen, daß ich eine Reihe von Jahren Mitglied dieses Hauses gewesen bin und daher weiß, daß die Abgeordneten dieses Recht als ein sehr wichtiges betrachten. Ich weiß auch, daß es sehr notwendig und wichtig ist, daß der zuständige Minister die Fragen, die gestellt werden, und das, was in den Anfragen aufgezeigt wird, sehr genau prüft und beantwortet. Ich bemühe mich, die Fragen zu beantworten, vor allem auch deswegen, weil hier in parlamentarischen Anfragen manches aufgezeigt wird, was für meine Arbeit eine wertvolle Anregung ist.

Andererseits muß ich sagen, daß es einem Minister, zumindest dem Innenminister, vom Parlament nicht immer leichtgemacht wird. Ich hatte im heurigen Jahr mehr als 200 parlamentarische Anfragen zu beantworten, das heißt nahezu an jedem Arbeitstag zumindest eine parlamentarische Anfrage. Das fordert nicht nur den Minister sehr stark, sondern auch die Beamten, die ja die entsprechende Zuarbeit machen. Es gibt manche parlamentarische Anfragen, die viele Stunden Arbeit erfordern, um sie wirkungsvoll beantworten zu können.


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Ich möchte die Behauptung zurückweisen, daß Straftäter mit Glacéhandschuhen angefaßt werden; zumindest nicht von der österreichischen Exekutive. Wir haben gerade in diesem konkreten Fall 65 Haftbefehle beantragt. Nein, wir haben nicht 65 Haftbefehle beantragt, sondern ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: 40! Wir wären zufrieden, wenn Sie 40 sagen!) Ich habe die genaue Zahl jetzt leider nicht im Kopf; ich kann nur sagen, daß wir 65 Personen bei Gericht zur Anzeige gebracht haben, und von diesen 65 sind 33 verhaftet worden. Davon befinden sich derzeit noch elf in Untersuchungshaft, drei oder vier Personen befinden sich in der BRD in Auslieferungshaft, elf Personen wurden nach einer Haftprüfung entlassen, vier Personen sind noch flüchtig, und drei Schlepper auf unterer Ebene wurden bisher verurteilt. Daß diese drei Schlepper auf unterer Ebene nur drei Monate bedingt bekommen haben, ist ein Vorwurf, den Sie wirklich nicht der österreichischen Exekutive oder dem Innenminister machen können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sprechen Sie einmal mit dem Justizminister!)  – Das werde ich auch tun. Es ist bekannt, daß der Strafrahmen – da hat Frau Abgeordnete Stoisits recht – im März dieses Jahres deutlich erhöht worden ist. Der obengenannte Vorwurf muß also seitens der österreichischen Exekutive zurückgewiesen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich ebenfalls zurückweisen muß, ist der Vorwurf, daß von unserer Seite zu spät reagiert wurde, und zwar erst, als das Nachrichtenmagazin "NEWS" dies aufgedeckt hatte. Die Ermittlungen in diesem Bereich laufen schon seit dem Jahre 1996. Bereits damals war den österreichischen Behörden bekannt, daß Herr Hajdari der führende Kopf ist. Es geht nicht nur darum, Leute auf der unteren Ebene festzunehmen, sondern darum, den gesamten Ring auszuheben. Deshalb wurde seit Jänner dieses Jahres sehr heftig recherchiert. Im April 1997 wurde dann die Sonderermittlungsgruppe eingesetzt, und Anfang September gab es genügend Beweise, um die entsprechenden Schritte setzen und bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten zu können. – Ich meine, daß das eigentlich ein Beispiel für eine erfolgreiche Amtshandlung ist und daß die österreichischen Behörden sehr gut gearbeitet haben.

Ebenso meine ich, Herr Abgeordneter Hofmann, daß Ihr Vorwurf – ich hoffe, daß ich da recht habe –, Sie hätten in drei Ausgaben des Magazins "NEWS" 19 vom Innenministerium bezahlte Inseratseiten gefunden, ein ironischer ist, weil eben oft über das Innenministerium berichtet wird. Meines Wissens ist in der Zeit, seit der ich Innenminister bin, noch nie von seiten des Innenministeriums ein bezahltes Inserat in irgendeiner Zeitung erschienen. Auf jeden Fall weiß ich nichts davon. Ich werde mich aber noch erkundigen, und falls ich mich heute geirrt haben sollte, werde ich Ihnen das auch mitteilen. Aber 19 Seiten, das kann es auf keinen Fall geben, das schließe ich auf jeden Fall aus.

In derselben Weise möchte ich den Vorwurf zurückweisen, daß ich Fragen nicht beantwortet hätte. Wenn Sie nach Schätzungen fragen, tue ich mir sehr schwer, denn eines ist natürlich klar: Unsere Grenze ist in manchen Bereichen durchlässig. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, jede Grenze ist durchlässig! Die Vereinigten Staaten haben dieselben Probleme bei ihrer Grenze zu Mexiko. Obwohl sie dort einen Hochelektronik-Stacheldrahtzaun, eine Mauer und vieles mehr errichtet haben, also High-Tech-Methoden an der Grenze zu Mexiko anwenden, kommen Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Mexikaner und andere illegale Grenzgänger aus Mittel- und Südamerika über diese Grenze in die Vereinigten Staaten.

Schauen Sie sich die Probleme in Deutschland an! Deutschland hat natürlich an der tschechischen und an der polnischen Grenze sehr viele Probleme. Schauen Sie sich an, was sich an der italienischen, französischen und deutschen Grenze tut. Es ist beispielsweise so, daß sich allein in diesem Jahr die Anzahl der illegal über Frankreich nach Deutschland einreisenden Iraker mehr als verzehnfacht hat. Das möchte ich ganz klar sagen. Ich weise also den Vorwurf der Durchlässigkeit zurück. Natürlich gibt es eine gewisse Durchlässigkeit, die wird es immer geben, aber wir haben uns in den letzten Monaten sehr bemüht, eine Grenzkontrolle und Überwachung der grünen Grenze zu erreichen, die, so meine ich, sehr gut und notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Maßnahmen sind deshalb notwendig, weil der Ansturm auf unsere Grenzen in den nächsten Jahren nicht geringer werden, sondern stetig steigen wird. Es gibt manche, die aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen verfolgt


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werden, und diesen Menschen müssen wir auch in Zukunft Schutz bieten. Es gibt aber eine große Mehrheit von Menschen, die nach Österreich kommen, weil sie ihre persönliche, wirtschaftliche oder soziale Lebenssituation verbessern wollen. So sehr ich dafür auch Verständnis habe, so sehr muß es unsere Aufgabe sein, eine geordnete Zuwanderung nach Österreich zu erreichen, und so sehr müssen wir gegen illegal Einreisende vorgehen, wobei ich gleich folgendes dazusagen muß: Unser Gegner kann nicht der Mensch sein, der aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen oder sozialen Situation nach Europa will, sondern unser Gegner müssen die Schlepper sein, jene Menschen, die mit der Not und dem Elend anderer Menschen gigantischen Profit machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch aus anderen Gründen notwendig. Das damit verdiente Geld wird automatisch in neue Verbrechen investiert, egal, ob das Drogenkriminalität, Kfz-Schlepperei, erzwungene Prostitution oder vieles andere mehr ist. Ich bin der Ansicht, daß es notwendig und wichtig ist, mit ganzer Kraft gegen diese Gruppe von Menschen vorzugehen.

Ich meine also, daß diese Anfragebeantwortung nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt ist. Ich bin der Ansicht, daß die Amtshandlung der österreichischen Exekutive, die in einer großen Kooperation zwischen den verschiedenen Wachekörpern stattgefunden hat, eine sehr positive und sehr gute gewesen ist und daß wir damit einen Schritt weitergekommen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

15.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Ich muß mich noch korrigieren, damit nichts Falsches im Protokoll steht. Die Redezeit zur Stellungnahme soll 10 Minuten nicht überschreiten. Sie hat de facto 8 Minuten betragen.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist diese Kurzdebatte geschlossen.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu einer weiteren kurzen Debatte, die heute früh verlangt wurde. Es handelt sich um das Verlangen der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Ausschuß zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens zur Berichterstattung über dieses Volksbegehren eine Frist bis 20. Jänner 1998 zu setzen.

Es wird nunmehr eine Debatte darüber stattfinden. Nach Schluß der Debatte wird sogleich die Abstimmung darüber erfolgen.

In der Debatte hat die Erstrednerin zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

15.39

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Frühjahr des heurigen Jahres fand das überaus erfolgreiche Gentechnik-Volksbegehren statt, das von mehr als 1,2 Millionen Menschen unterzeichnet wurde.

Die drei Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens bezogen sich ausschließlich auf gentechnische Anwendungen in den Bereichen der Landwirtschaft und der Ernährung, nicht hingegen auf die Grundlagenforschung und den Bereich medizinischer Anwendungen. Die drei Forderungen lauteten folgendermaßen: Es möge kein Patent auf Leben, kein Essen aus dem Genlabor und keine Freisetzungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich geben.

Die beiden erstgenannten Forderungen sind de facto durch das Zögern beziehungsweise durch bewußt andere Entscheidungen der Regierungsparteien bereits konterkariert worden. Der europäischen Patentierungsrichtlinie, die sehr wohl Patente in bezug auf Tiere und Pflanzen und unter bestimmten Voraussetzungen auch auf menschliche Gensequenzen vorsieht, wurde zugestimmt. Essen aus dem Genlabor scheint, sofern es in anderen Staaten erzeugt wurde, durch den freien Warenverkehr grundrechtlich abgesichert. Ein nationales Produktionsverbot, das möglich gewesen wäre, will die ÖVP politisch nicht.


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Bei der letzten Ausschußsitzung ging es um die dritte Forderung, nämlich um die Frage der Freisetzungen in Österreich. Diese Frage ist eine extrem dringliche, denn nach geltendem Gentechnikgesetz – und das hat Frau Ministerin Prammer im Ausschuß ganz offen eingestanden – kann sie nicht umhin, Anträgen auf Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen, die Firmen im kommenden Frühjahr stellen werden, auch stattzugeben. Sie muß vollendete Tatsachen schaffen, bevor das Parlament über die Forderung, keine Freisetzungen in Österreich zu gewähren, entscheiden konnte.

All das spielt sich vor dem Hintergrund nahezu täglich und wöchentlich neu hereinkommender Erkenntnisse ab, die in seriösen wissenschaftlichen Magazinen publiziert werden, wonach das Gefahrenpotential der Gentechnik in der Landwirtschaft erheblich größer ist, als von den Behörden und den antragstellenden Firmen zunächst angenommen wurde.

Wir wissen, daß der Pollenflug gentechnisch veränderter Pflanzen viel weiter geht, als ursprünglich angenommen. Wir wissen, daß das für unmöglich gehaltene Auskreuzen gentechnisch veränderter Pflanzen zu Wildsorten bereits stattgefunden hat, und wir wissen aus den USA, wo derzeit über eine drastische Verschärfung des Gesetzes debattiert wird, daß das Hauptargument der Kritikerinnen und Kritiker, nämlich daß Herbizid- und Pestizidresistenzen von Pflanzen auf Organismen übertragen werden können, in der Realität leider bereits schlagend geworden ist.

Die ersten gentechnischen GAUs haben sich bereits ereignet. Welche Tragweite sie haben und wie sehr sie in Hinkunft die landwirtschaftliche Produktion beeinflussen werden, wissen wir noch nicht. Vor diesem Hintergrund der immer manifester werdenden naturwissenschaftlich bewiesenen Gefahren, vor dem Hintergrund der falschen Annahmen der Gentechniklobby und der Irrtümer von Behörden haben die Umweltorganisationen Mindestanforderungen gestellt, Mindestanforderungen, die in einem Rechtsstaat eigentlich so selbstverständlich sein sollten, daß ich wirklich schockiert bin, das hier überhaupt monieren zu müssen, eine Fristsetzungsdebatte überhaupt führen zu müssen.

Die Umweltorganisationen verlangen so selbstverständliche Dinge wie Parteistellung für die Betroffenen, so zum Beispiel für einen Biobauern, dessen Feld neben einem Feld liegt, auf dem eine Freisetzung stattfinden soll und der möglicherweise – und das wäre noch ein banaler Schaden – seine Ernte nicht mehr als Bioprodukte verkaufen kann. Die von der Regierungsseite nominierten Experten haben konzediert, daß die Regelung der Parteistellung im Gesetz überhaupt nicht enthalten ist, vielleicht per Analogie aus dem AVG herauskonstruiert werden könnte, aber jedenfalls erst von einem Höchstgericht entschieden wird. Das heißt, es kann im kommenden Frühjahr zu Freisetzungen kommen, und die Betroffenen – nicht einmal die unmittelbaren Nachbarn – haben keine gesicherte Parteistellung. Selbst wenn etwas passiert, wird es keine verschuldensunabhängige Haftung mit einer Beweislastumkehr geben, das heißt, ex ante keine Möglichkeit einer Mitsprache im administrativen Verfahren im Rahmen einer Parteistellung, und ex post, wenn etwas passiert sein sollte, keine Möglichkeit, Schadenersatzrechte in Anspruch zu nehmen.

Das ist ein Unikum in der österreichischen Rechtsordnung, so etwas gibt es sonst nirgends! Bereits Betreiber mindergefährlicher Anlagen müssen selbstverständlich haften, ja sogar Halter von Tieren müssen haften, aber für die Mega-Gefahrentechnologie Gentechnik hat man einen rechtsfreien Raum geschaffen.

Dazu kommen noch die Vorgänge im Ausschuß. Während wir im Ausschußlokal debattierten und ich die Ausschußvorsitzende ersucht habe, die Sitzung zu unterbrechen, damit wir ein Papier bekommen, um zu wissen, ob die Regierungsparteien überhaupt ernsthaft willens sind, auf die Mindestforderungen der ProponentInnen des Volksbegehrens einzugehen – diesem Ersuchen wurde übrigens nicht stattgegeben –, saßen im Nachbarraum – wie wir im nachhinein erfahren haben – Ministersekretäre, Klubreferenten, einige Abgeordnete sowie Herr Dr. Zacherl vom Institut für molekulare Pathologie, ein selbst an der Gentechnik ökonomisch Interessierter. Dieser kleine Kreis hat einen Entschließungsantrag ausgearbeitet, der weit hinter das, was Frau


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Ministerin Prammer bereits als Gesetzesvorschlag vorgetragen hat, und das, was auch die SPÖ zunächst als Entschließungsantrag angekündigt hatte, zurückfällt.

Abgesehen von den naturwissenschaftlichen Gefahren und der katastrophalen juristischen Situation in Sachen Gentechnik ist das Ergebnis dieses Ausschusses eine Kapitulation in Sachen Gewaltentrennung, eine Kapitulation des Parlamentarismus. Als Reaktion auf ein evidentermaßen mangelhaftes Gesetz wird ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien eingebracht – auf Betreiben der ÖVP und wieder einmal mit Duldung der SPÖ –, der etwa folgendermaßen lautet: Die österreichische Bundesregierung wird ersucht, zu überprüfen, ob die derzeit bestehenden Mitwirkungsrechte Betroffener ausreichen. – Das heißt, zuerst beschließt das Parlament entgegen den Empfehlungen der Opposition ein unzulängliches Gesetz, die Experten der Regierung bestätigen das, und jetzt ersuchen die Regierungsfraktionen im Parlament die Regierung, zu überprüfen, ob das Parlament Mist gebaut hat.

Meine Damen und Herren! Das ist wirklich das Allerletzte in Sachen einer Kapitulation des Parlaments. Ich denke, eine weitere Teilnahme an diesem Ausschuß, auch unter Vorsitz der Frau Rauch-Kallat, macht tatsächlich keinen Sinn mehr, denn dort sollen die Proponentinnen und Proponenten so lange vertröstet werden, bis gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Feldern wachsen, bis vollendete Tatsachen geschaffen worden sind. Deswegen verlange ich – und erst dann ist eine Teilnahme an diesem Ausschuß wieder sinnvoll –, daß diesem Ausschuß eine Frist bis zum 20. Jänner 1998 gesetzt wird. (Beifall bei den Grünen.)

15.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Zuge der weiteren Diskussion über diesen Fristsetzungsantrag betragen die Redezeiten 5 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

15.49

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Da in der ersten konstituierenden Sitzung dieses von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic angesprochenen Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens Einhelligkeit über die Vorgangsweise bestanden hat, bin ich ein wenig verwundert über diesen Fristsetzungsantrag. Ich kann mir vorstellen, daß Sie gerne bereits jetzt, noch bevor der Ausschuß seine Arbeit abgeschlossen hat, eine inhaltliche Diskussion zu diesem Thema führen möchten, aber aus parteipolitischen Überlegungen und nicht wegen der Sache selbst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die bisherigen Sitzungen dieses Ausschusses haben sich mit Expertenhearings beschäftigt. Es gab tatsächlich eine hochinteressante Diskussion, und es war das eine, wie ich meine, für die daran teilnehmenden Abgeordneten eine gute Möglichkeit zur Meinungsbildung.

Aufgrund der geschäftsordnungsmäßigen Regelungen ist dem Ausschuß von Haus aus eine Frist gesetzt, und wir haben uns in diesem Ausschuß darauf geeinigt, daß am 26. März des kommenden Jahres ein Bericht zu legen ist. Bis dahin ist noch ein, wie ich meine, wichtiges Thema, nämlich die Frage der Haftung, abzuhandeln, und zwar am 13. Jänner des kommenden Jahres. Bevor die Haftungsfrage nicht ausreichend geklärt ist – ein entsprechender Fristsetzungsantrag wurde ja gestern vom Hohen Haus beschlossen (Abg. Dr. Khol: Entschließungsantrag!); Entschuldigung, ein Entschließungsantrag mit einer zu setzenden Frist; ich danke Ihnen –, ist es meiner Meinung nach nicht möglich, umfassend über die Fragen des Volksbegehrens zu berichten.

Ich betone, daß auch meiner Fraktion diese 1,2 Millionen Unterschriften sehr wichtig sind, und wir möchten dem auch entsprechen. Ich glaube aber nicht, daß es möglich ist, die Diskussion darüber bis 20. Jänner kommenden Jahres umfassend durchzuführen und zu einer Meinung, also einer Beschlußfassungsmöglichkeit zu kommen.

Für meine Fraktion kann ich feststellen: Seit dem Gentechnik-Volksbegehren sind sowohl von seiten der Bundesregierung als auch von seiten dieses Hauses einige Maßnahmen in Form von


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Beschlußfassungen und im Ausschuß eingebrachten Entschließungen gesetzt worden, die vielleicht nicht zur 100prozentigen Umsetzung der Meinung der Proponenten des Volksbegehrens, aber zur Schaffung der Voraussetzungen zur Umsetzung der Wünsche der Unterzeichner führen.

Überdies ist in der Zwischenzeit ein Entwurf der Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz zum Gentechnikgesetz in Begutachtung, der bereits viele dieser Bereiche abdeckt, Frau Kollegin Petrovic. Aufgrund der Begutachtung ist damit zu rechnen, daß bis zur Berichtslegung auch eine Novelle des Gentechnikgesetzes vorliegen wird, die wir dann mitdiskutieren können. Aufgrund des beschlossenen Antrages kann auch die Haftungsfrage einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden, da ja vom Hohen Haus, wie gesagt, eine Frist beschlossen wurde.

Ich kann daher seitens meiner Fraktion der zur Debatte stehenden Fristsetzung nicht die Zustimmung erteilen, weil wir tatsächliche Umsetzungsschritte im gesamten Bereich durchführen wollen, sodaß wir dann auch Rechtssicherheit haben. Das können wir bis 20. Jänner nicht erfüllen, weshalb wir die Zeit bis zur Berichtslegung des Ausschusses am 26. März dieses Jahres brauchen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maria Rauch-Kallat. – Bitte sehr.

15.54

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Zuge der Vorbereitungen des Besonderen Ausschusses zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens hat es umfassende Gespräche gegeben, und zwar mit allen Fraktionen und auch mit den Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens, sowohl was die Inhalte ihrer Forderungen als auch was die Vorgangsweise anlangt.

Die Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens haben im Anschluß an das Volksbegehren, das ja nur drei wesentliche Punkte enthalten hat, der Bundesregierung einen Forderungskatalog von 38 Punkten übergeben. Ich habe mit den Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens vereinbart, welchem dieser drei Punkte sie welchen der 38 Punkte zuordnen.

Im Zuge dieser Gespräche hat sich herauskristallisiert, daß es sinnvoll ist, neben einer grundsätzlichen Diskussion der Forderungen die jeweiligen Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens in vier Sitzungen einzeln zu behandeln. Die erste Sitzung fand zum Thema "Kein Patent auf Leben" statt.

Wir sind hinsichtlich der Vorgangsweise und der Terminsetzung auf die Wünsche der Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens eingegangen; wir haben den Eindruck, daß sie sich im großen und ganzen mit den Wünschen der grünen Fraktion decken.

Wir sind dann terminmäßig bezüglich des Themas "Freisetzung und Haftung" übereingekommen und auch darüber, daß wir diese Sitzung teilen werden, da das Thema sehr umfangreich ist. Die Diskussion über die Freisetzungen hat im Dezember stattgefunden, die Haftungsfragen sollen am 13. Jänner behandelt werden. Darüber hinaus ist die Behandlung der Kennzeichnung beziehungsweise des Inverkehrbringens gentechnisch veränderter Lebensmittel noch völlig offen.

Diesen vier Ausschußsitzungen soll eine fünfte folgen, in der über bis dahin eingebrachte Anträge zu beraten beziehungsweise abzustimmen sein wird.

Wir sind auch dahin gehend übereingekommen, daß die Sitzungen jeweils unterbrochen und dann wieder fortgeführt werden und daß die Fristsetzung – bis 12. April 1998 – spätestens am 26. März erfüllt sein muß, weil das die letzte Plenarsitzung vor dem 12. April ist.

Ich habe die bisherigen Diskussionen im Ausschuß mit den Experten, allen Fraktionen und den Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens als durchaus sinnvoll, informativ und auch frucht


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bringend empfunden. Es steht selbstverständlich jeder Fraktion frei, in diesen Sitzungen ihre Vorschläge einzubringen.

Ich habe nicht ganz verstanden, warum Frau Abgeordnete Petrovic unbedingt eine Sitzungsunterbrechung wollte, da ja von jeder Fraktion Entschließungsanträge eingebracht werden können, aber keinesfalls müssen. Und die Tatsache, daß wir angekündigt hatten, einen Entschließungsantrag einzubringen, war noch überhaupt kein Grund für eine Sitzungsunterbrechung, da es noch ausreichend Gelegenheit geben wird – in den nächsten Sitzungen oder dazwischen –, darüber zu beraten, Frau Kollegin Petrovic. Ich habe nach Einbringen unserer Entschließungsanträge die anderen Fraktionen aufgefordert, sich diesen Entschließungsanträgen anzuschließen beziehungsweise eventuell darüber zu verhandeln, nach welchen Änderungen sich andere Fraktionen anschließen könnten.

Auch ich meine daher, daß die an sich fruchtbringende Diskussion fortgesetzt werden sollte, daß ein abschließender Bericht bis zu der in Ihrem Antrag geforderten Frist keinesfalls möglich ist und daß wir aus diesem Grund den Besonderen Ausschuß zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens so weiterführen sollten, wie das am Beginn der Verhandlungen mit allen Fraktionen und den Proponenten des Volksbegehrens vereinbart wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Reichhold. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.59

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Ergebnisse des Sonderausschusses betreffend die Gentechnik sind bis zum heutigen Tag, wenn man überhaupt von Ergebnissen sprechen kann, eher dürftig bis überhaupt nicht vorhanden. Ich mache daher den Vorschlag, diesen Ausschuß in "Verzögerungs- und Verwässerungsausschuß" umzubenennen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn das, was Sie, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, als Ausschußvorsitzende in diesem Zusammenhang bieten, grenzt schon an einen Skandal. (Abg. Haigermoser: Gemeingefährlich!)

Wie Sie mit den 1,2 Millionen Unterschriften umgehen, wie Sie das Instrument des Volksbegehrens in diesem Ausschuß ad absurdum führen, kann ich Ihnen anhand von einigen Beispielen aufzeigen.

Eine der wesentlichen Forderungen, nämlich die Patentierung von Lebewesen zu verbieten, haben Sie in diesem Ausschuß unterlaufen, indem Sie in der Öffentlichkeit erklärt haben, daß die ÖVP auf jeden Fall der EU-Patentierungsrichtlinie zustimmen wird. Sie haben es außerdem Wirtschaftsminister Farnleitner durch den Hauptausschuß ermöglicht, im Bereich der Europäischen Union der Patentierungsrichtlinie zuzustimmen. Er jubelt ja und meint, dies sei ein Durchbruch auf diesem Gebiet. – Das ist genau das Gegenteil des Ansinnens und der Ziele jener, die dieses Volksbegehren unterstützt haben.

Ähnlich verfahren Sie nun beim zweiten wichtigen Ziel des Volksbegehrens, nämlich der Verhinderung der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen. Frau Kollegin Rauch-Kallat! Der Entschließungsantrag, der das bisher einzige Ergebnis in diesem Punkt zu sein scheint, ist mehr als dürftig und bleibt bereits jetzt hinter jenem Entwurf zurück, den Gesundheitsministerin Prammer zur Begutachtung ausgesendet hat.

Frau Kollegin Rauch-Kallat! Ich wundere mich, daß Sie Ihrer Verantwortung der österreichischen Bevölkerung gegenüber in fahrlässiger Weise nicht nachkommen. Ich wundere mich deshalb, weil auch Sie die neuesten Forschungsergebnisse aus den USA kennen müßten, aus denen hervorgeht, daß durch den Einsatz der Gentechnik gentechnische Informationen von Viren übernommen werden können und durch Kreuzung aggressive Viren entstehen können, die in einem Ausmaß gesundheitsgefährdend sind, wie wir es bisher noch nicht kannten.

Ich muß Ihnen die Frage stellen: Haben Sie aus der BSE-Krise nichts gelernt? Haben Sie im Zusammenhang mit der Aidsseuche nichts gelernt, die ebenso wie die möglicherweise durch die


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Gentechnik entstehenden Viren nicht bekämpfbar ist? – Auch eine Expertin im Ausschuß hat uns bestätigt, daß Resistenzen, vor allem Antibiotikaresistenzen, auftreten können, deren Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung gemäß diesen Forschungsergebnissen nicht abschätzbar sind.

Diese Ergebnisse führten in den USA zu einer wesentlichen Verschärfung der Freisetzungsbestimmungen. Bei uns aber geschieht das Gegenteil! (Zwischenruf der Abg. Rauch-Kallat. ) Hier werden gesetzliche Voraussetzungen geschaffen, um die Freisetzung zu ermöglichen. Auch mit dem von Ihnen heute eingebrachten Entschließungsantrag werden Sie eine Freisetzung nicht verhindern! Der Grund für diesen Fristsetzungsantrag und auch dafür, daß die freiheitliche Fraktion diesen Antrag unterstützen wird, liegt darin, daß die Ministerin im Moment keine gesetzliche Grundlage hat, Freisetzungsversuche zu verbieten.

Wenn Sie bis zum 26. März zuwarten, wie Kollege Gradwohl gesagt hat, dann ist der Anbau bereits voll im Gange und Freisetzungsversuche werden stattfinden. (Abg. Haigermoser: Das ist die Crux! – Zwischenruf des Abg. Gradwohl. ) Ich bin selbst Landwirt und habe ebenfalls von Firmen die Aufforderung bekommen, bei Freisetzungsanträgen mitzumachen. Abgesehen davon, daß es eine Provokation dieser Firmenkonsortien ist, diese Aufforderung zum Zeitpunkt der Beschlußfassung im Ausschuß an die Bauern zu richten (Abg. Haigermoser: Aber die wissen schon, was passiert! Das ist schon ausgemacht!), halte ich es auch für ein eindeutiges Signal dafür, daß sich die Firmen über dieses Haus lustig machen in dem Wissen, daß Sie ohnehin nichts zusammenbringen, oder auch in dem Wissen, daß die Lobbies auch in diesem Haus ihre Musterschüler in Form der Vertreter der Regierungsparteien haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie als Regierungsparteien hätten nun die große Chance, sich europaweit als Vorreiter zu profilieren, indem Sie auf die Gefahren der Gentechnik aufmerksam machen und durch eine wirklich mutige Gesetzgebung diese Freisetzungen verhindern. Sie gehen leider den anderen Weg. Sie warten, was aus Brüssel vorgegeben wird, um dann als EU-Musterschüler umzusetzen, was uns von Brüssel aufgetragen wird.

Ich glaube daher, daß dieser "Verwässerungsausschuß", dieser Sonderausschuß eigentlich keinen Sinn mehr hat. Wir werden uns deshalb diesem Fristsetzungsantrag anschließen.

Ich appelliere an Sie, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen, sondern dem Ansinnen und den Zielen der Unterzeichner des Volksbegehrens vollinhaltlich nachzukommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

16.04

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Liberalen werden sich zum Fristsetzungsantrag der Grünen nicht positiv äußern, und zwar deshalb, weil wir, als das Gentechnik-Volksbegehren ins Haus kam, gemeinsam ein Procedere vereinbart haben, das bis in den März reicht. Frau Abgeordnete Petrovic! Es war schon damals klar, daß das in die Zeit der Aussaat hineinreicht und es daher Freisetzungen geben kann. Ich meine daher, daß unter Hinweis darauf, daß der Ausschuß nicht zu Ende kommen wird bis zu diesem Zeitpunkt, eine Fristsetzung bis 20. Jänner nicht sinnvoll ist, zumal es Inhalt der Vereinbarung war, daß es vier Sitzungen geben wird, in denen Expertinnen und Experten gehört werden, sowie eine fünfte Sitzung, in der die Entscheidungen über die Anträge gefällt werden.

Es ist unbestritten, daß von seiten der Regierungsfraktionen gerade im Hauptausschuß, als es um die Patentrichtlinie auf europäischer Ebene ging, kein besonderes Entgegenkommen zu verspüren war. Es ist richtig, daß es in der letzten Ausschußsitzung nicht positiv war, daß einzelne Experten, namentlich jene der ÖVP, abgezogen wurden und im Ausschuß selbst nicht mehr zur Verfügung standen. Draußen wurde dann jener Entschließungsantrag ausgehandelt, den man ohnehin erst in der fünften Sitzung wird diskutieren können. Daher werden wir uns zwar über


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legen müssen, wie im Ausschuß mit den Inhalten umgegangen werden soll, wahr ist aber auch, daß wir die Haftungs- und insbesondere die Kennzeichnungsfrage noch vor uns haben.

Es ist nicht sinnvoll, diese Sitzungen, zu denen bereits Expertinnen und Experten geladen sind, einfach zu kappen und zu sagen, daß wir das nicht mehr machen, denn es gab gerade in der letzten Ausschußsitzung genügend Gelegenheit – und das empfinde ich als sehr positiv –, daß etwa auch die Expertinnen und Experten der Grünen die neuen Ergebnisse aus den USA klar auf den Tisch legen konnten. Das wäre die Einfallspforte ins Parlament, wo neue Inhalte sehr intensiv beraten werden können, und ich hoffe, daß es in der fünften Sitzung gelingen wird, entsprechende Anträge zu formulieren, die weiter gehen als das, was bisher vorgelegt worden ist.

Meine Damen und Herren! Wir Liberale sehen keinen Grund dafür, von der einvernehmlich vor der Einberufung des Ausschusses vereinbarten Vorgangsweise abzugehen und die weiteren Sitzungen, insbesondere jene über die Haftung und über Fragen der Kennzeichnung, nicht zuzulassen. Deshalb werden wir diesem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Letzte Rednerin in der Fristsetzungsdebatte ist Frau Abgeordnete Gabriela Moser. Danach werden wir abstimmen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.07

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Fristsetzung bedeutet: Es drängt! – Die Jahreszeiten lassen sich nicht aufhalten, es drängt zu weiteren Anbaumaßnahmen, die Genlobby drängt bei uns aufs Feld. Dem kann nur noch ein gezieltes Vorgehen im Ausschuß einen Riegel vorschieben. Das ist der Grund für eine Fristsetzung – hier und heute und in dieser Stunde. Wir müssen dafür Sorge tragen, daß dem eigentlichen Aufgabenbereich des Staates, der auch in der Verfassung verankert ist, nämlich dem Schutz des Lebens und der vielstrapazierten Vorsorge in Richtung Sicherheit, endlich nachgekommen wird.

Wir haben in Österreich die gesetzliche Situation, daß die Gentechnik, Erforschung, Entwicklung und Nutzen, derzeit sozusagen gefördert werden. Die Freisetzung ist prinzipiell genehmigt. Die Parteienstellung ist miserabel, der Instanzenzug ebenfalls, die Höchststrafen sind minimal. Die Wissenschaft steht größtenteils auf seiten der Gentechnik!

Vor diesem Hintergrund spielen Sie, Frau Kollegin Rauch-Kallat, die Schutzmantelmadonna der Gentechniklobbyisten! Sie geben sich dafür her, im Ausschuß verzögernd und verschleppend zu agieren, während nebenan Herr Dr. Zacherl mit Ihren Beamten beisammensitzt und die Freisetzung vorbereitet. Das ist eine Rolle, für die Sie sich meiner Ansicht nach zu schade sein müßten. Sie geben sich für etwas her, was nicht im Sinne Ihres Wahlauftrages und nicht im Sinne Ihres Mandates ist! (Beifall bei den Grünen.)

Überhaupt hat sich die ÖVP, gerade was den Auftrag des Volksbegehrens anlangt, als Wasserträger aller Lobbyisten erwiesen. Die ÖVP verschleppt und verzögert, die Jahreszeit schreitet fort, und es kommt etwas aufs Feld, was die Leute nicht im Essen haben wollen. Darum geht es nämlich! (Abg. Rosemarie Bauer: Haben Sie ein bißchen zugehört?) – So, wie die ÖVP im Moment agiert, wäre es besser, sie würde sich in Österreichische Lobbyisten-Partei umbenennen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Höchtl: Frau Kollegin! Wir sind Lobbyisten für das Volk! – Abg. Schwarzenberger: Wir sind Lobbyisten für Arbeitsplätze!)

Mit Ihrer Vorgangsweise zeigen Sie auch, wie Sie mit Instrumenten der direkten Demokratie umgehen. Sie sind keine Volkspartei, weil Sie Volksbegehren nicht annehmen. Sie sind keine Volkspartei, weil Sie die Stimmung, die Meinung und die Unterschrift von über einer Million Österreicher nicht zur Kenntnis nehmen. Sie sind keine Volkspartei, weil Sie sagen: Wir informieren uns noch, wir verhandeln noch, führen noch sinnvolle Gespräche und lassen noch Experten zu Wort kommen!, denn das ist gegen den Willen des Volkes (Abg. Tichy-Schreder: Welchen Volkes?), das sich deklariert und mit Unterschriften artikuliert hat! Für uns bedeutet


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das in erster Linie den Auftrag, diesen Menschen auch hier in diesem Haus eine Stimme zu geben.

Die NGOs haben nicht von ungefähr diesen Ausschuß aus Protest bereits verlassen. (Abg. Tichy-Schreder: Frau Kollegin! NGOs gibt es in diesem Ausschuß nicht, die sind nicht Mitglied dieses Ausschusses! – Wovon sprechen Sie überhaupt?) Die letzte Möglichkeit, diesem Ausschuß noch einen Sinn zu verleihen, ist die, diese Frist zu setzen und die Vorhaben durchzudrücken. (Abg. Tichy-Schreder: NGOs gibt es nicht in diesem Ausschuß!) Eine verbesserte Parteienstellung und die Haftungsfrage sind unabdingbare Notwendigkeiten, bevor das erste Schneeglöckchen herauskommt, denn wenn dieses einmal läutet, dann ist es zu spät für Sie! (Beifall bei den Grünen.)

16.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Ausschuß zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens zur Berichterstattung über dieses Volksbegehren eine Frist bis zum 20. Jänner 1998 zu setzen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Fristsetzungsantrag ist daher abgelehnt .

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme nun die Verhandlungen über die Punkte 4 bis 6 der heutigen Tagesordnung, Novelle zum Güterbeförderungsgesetz, wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, wird eine bestimmte Redezeit gewünscht? – Fünf. Okay. (Abg. Dr. Khol: 5 Minuten oder fünfmal heute noch?) Herr Klubobmann, 5 Minuten. Anderes wäre mit der Geschäftsordnung nicht vereinbar. (Abg. Dr. Kier: Es ist nicht möglich, die Redezeit auf die Frequenz einzustellen, sondern nur die Uhr! – Das war eine sachliche Auskunft!)

16.10

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich melde mich ausdrücklich deshalb zu Wort, um ein paar Bemerkungen zur Problematik der Pensionsharmonisierung zu machen.

Die Pensionsharmonisierungsproblematik im Zusammenhang mit den ÖBB-Bediensteten hat gezeigt, daß das ein weites Land ist und daß es wesentlich ist, daß man sich bewußt macht, daß wir hier sehr unterschiedliche rechtliche Regelungskreise antreffen und daß wir im speziellen Fall der Bediensteten der Bundesbahn – und zwar in ihrer großen Zahl; ich meine jetzt nicht die neuaufgenommenen – einen besonderen arbeitsrechtlichen Befund vorliegen haben, der eine große Herausforderung insgesamt darstellt, wenn es darum geht, einen Harmonisierungsanspruch von der politischen Ebene her zu erheben, weil doch – nehmt alles nur in allem! – alles das, was bei der Bundesbahn zuletzt debattiert wurde, im Bereich von privatwirtschaftlichen Verträgen abläuft und sich daher im eigentlichen Sinn des Wortes der direkten gesetzlichen Gestaltung entzieht.

Daher ist das, was dieses Hohe Haus hier in diesem Punkt zur Beschlußfassung vorgelegt bekommt, eigentlich sehr merkwürdig – um es vorsichtig auszudrücken –, es ist nämlich ein Gesetzestext, bei dem auf privatrechtliche Verträge Bezug genommen wird. Wozu das einer gesetzlichen Erwähnung bedarf, ist nicht klar, denn es hat keine rechtsgestaltende Bedeutung, es hat bestenfalls eine zusätzliche protokollarische Wirkung, nämlich daß auch im Bundesgesetzblatt nachgelesen werden kann, daß zwei Vertragsparteien einen Vertrag abgeschlossen haben. Nicht einmal der Inhalt ist dort präzisiert im eigentlichen Sinn des Wortes. Also es ist vielleicht eine weitere Fundstelle für Rechtsquellen.


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Ich meine, dazu sollten Bundesgesetzblätter nicht verwendet werden, zumal die Rechtsquellen, um die es hier geht, den Betroffenen hinlänglich bekannt sind. Oder glauben Sie, daß der Vorstand der ÖBB oder die Mitarbeiter der ÖBB diesen Vertrag nicht finden würden, wenn sie in suchen, oder ihn nicht zumindest in Abschrift zur Verfügung hätten? Das glauben Sie sicher nicht.

Daher war das eigentlich nur das Ergebnis einer falsch erhobenen politischen Forderung, die, damit der Koalitionspartner – in dem Fall die ÖVP – das Gesicht nicht verliert, so quasi in ein Gesetz formuliert wurde. Und nachher wurde das Ganze auch noch als politischer Erfolg verkauft, aber als politischer Erfolg von wem, wurde nicht gesagt. Wenn schon Erfolg, dann Erfolg der Verhandler, aber nicht derer, die sich dazu hergegeben haben, einen parlamentarischen Paravent für diese Materie aufzubauen und noch dazu einen künstlichen unnotwendigen Zeitdruck zu erzeugen. Darüber hinaus macht man noch ein Junktim, ein Junktim, das nur möglich ist, wenn man auch im Bundesrat Fraktionszwang kennt – das ist übrigens ein sehr interessanter Aspekt in Richtung auf das Föderalismusverständnis mancher Fraktionen –, nämlich Fraktionszwang dahin gehend: Man werde die gesamte Pensionsreform im Bundesrat kippen.

Diesem merkwürdigen Theater verdanken wir diesen Gesetzestext, und ich wollte das einfach auch öffentlich sagen und nicht nur im Ausschuß. Damit es auch in den Stenographischen Protokollen steht und nicht in Vergessenheit gerät, war mir das diesen Debattenbeitrag wert.

Das bedeutet nicht, daß dieses Feld nicht auch weiterhin durchaus nachhaltig reformbedürftig ist, sodaß wir nur hoffen können, daß sich die Verhandlungspartner dieser Verträge auch weiter bemühen werden.

Zweiter Schönheitsfehler: Das, was verhandelt wurde, ist letztlich für den einzelnen Bediensteten der ÖBB nicht verbindlich. Er muß es erst übernehmen. Und wenn auch nur einer oder zwei den Weg zu den Gerichten suchen sollten, kann das ganze Konstrukt in Gefahr geraten.

Allein schon aus diesem Grunde meine ich, daß wir uns nach einem kleinen Time-out gemeinsam überlegen sollten, ob es nicht doch der Mühe wert wäre, unter Wahrung der erworbenen Rechte doch so quasi eine Kollektivvertragsfähigkeit für diesen Bereich zu entwickeln, auch wenn das sehr schwierig werden wird. Einen Hinweis enthält das ganze Konstrukt nämlich, einen Hinweis, den man sehr ernst nehmen muß: Es werden in diesem Feld Pensionssicherungsbeiträge von Pensionisten zur Sicherung des Gesamtsystems eingehoben.

Ich bitte, das wirklich so ernst zu nehmen, wie ich es hier sage. Wir werden Vorschläge dazu ausarbeiten, und zwar nicht nur für die Eisenbahnen, sondern überhaupt. Das ist ein innovativer Ansatz, eine Solidarität in Richtung auf hohe und höchste Pensionen weiterzuentwickeln. Es muß möglich sein, auch schon einmal erworbene Pensionsansprüche unter bestimmten Bedingungen durch Pensionssicherungsbeiträge wieder in die Pflicht zu nehmen. Und daß das dem Grunde nach in diesem Eisenbahnerkonstrukt drinnen ist, das wollte ich von dieser Stelle aus auch ausdrücklich sagen, und zwar schon vorausschauend. Wenn wir nämlich in diesem Punkt eine Offensive setzen werden, dann werden wir sehr stark beschimpft werden. Ich weiß das jetzt schon, und ich möchte in diesem Fall dann die Eisenbahner zu meinen Zeugen aufrufen können, daß es nicht letztlich nur "liberale Bosheit" ist, die Pensionssicherungsbeiträge als Element einer neuen Solidarität ins Spiel zu bringen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Gabriele Binder vor. – Bitte.

16.17

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! EIRAG 1997 – was heißt das? In der Sprache der Eisenbahner würde ich meinen: Der Zug der Zeit wurde erkannt und in Bewegung gesetzt. Durch die Beschlußfassung des vorliegenden Gesetzes öffnet Österreich seine Eisenbahninfrastruktur für Dritte.


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Weiters – was sehr wichtig ist – wird auch eine EU-Richtlinie umgesetzt und dadurch eine Liberalisierung des Schienenverkehrs ermöglicht. Das Gesetz schafft neue Zugangsrechte für Österreichs Bahninfrastruktur. Konzessionen gibt es nur für europäische Bahnunternehmen, deren Länder auch Konzessionen für Österreich zulassen würden. Die privaten Betreiber müssen für die Benützung der Strecken zahlen und entsprechende Bestimmungen einhalten. Der Staat kann durch diese Liberalisierung zusätzliche Einnahmen für die Infrastrukturbenützung erwarten.

Wichtig dabei scheint mir auch zu sein, meine Damen und Herren, daß bei der Vergabe sehr genau geprüft und kontrolliert wird, um die geltenden Sicherheitsbestimmungen auf Österreichs Schienen weiterhin zu gewährleisten. Eine neue Periode der Verkehrspolitik beginnt. Fairer Wettbewerb ist wünschenswert, und eine optimale betriebswirtschaftliche Nutzung ist möglich. Vorrangiges Ziel ist es aber auch, die Straße zu entlasten und den Transportweg Schiene zu stärken und zu fördern.

Weiters beinhaltet dieses Gesetz, wie ja schon erwähnt, die ÖBB-Pensionsreform. Ich möchte meine Genugtuung diesbezüglich zum Ausdruck bringen, daß einerseits eine Harmonisierung und Anpassung an andere Pensionssysteme realisiert wurde und wird und andererseits der privatrechtliche Charakter der Dienstverträge beibehalten wird.

Da ich selbst aus einer Eisenbahnerfamilie stamme, kenne ich die Sorgen und Probleme und die unterschiedlichen, oft schwierigen Arbeitsbedingungen der Eisenbahner. Ich weiß aber auch, daß die Identifikation der Eisenbahner mit ihrer Eisenbahn und mit ihrem Unternehmen sehr groß ist und die Verbundenheit sehr emotional besetzt ist. Deshalb habe ich auch großes Verständnis für die berechtigten Forderungen und Ansprüche der Personalvertreter im Sinne ihrer Mitarbeiter.

Ein Kompromiß wurde gefunden, meine Damen und Herren. Dadurch können die Beschlüsse heute umgesetzt werden. Einer Fahrt ins neue Jahrtausend steht somit nichts mehr im Wege. (Beifall bei der SPÖ.)

16.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

16.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kier hat in einer sehr launigen und differenzierten Darstellung des Pensionssystems beziehungsweise der Debatte über das Pensionssystem der ÖBB schon einiges gesagt, von dem ich meine, daß man es eigentlich nur unterstreichen kann.

Erstens: Es wird in privatrechtliche Verträge in einer Art eingegriffen, wie sie möglicherweise schon noch Probleme machen könnte, und ich sehe auch einiges an Problemen darin verborgen.

Zweitens: Die Art und Weise, wie die ÖBB-Bediensteten versucht haben, ihre Pensionsfrage zu lösen, entspricht zwar nicht optimal meinen Vorstellungen von dieser Regelung, die ich in der Vergangenheit hatte, Kollege Hums, aber sie enthält einige Elemente, die in einer modernen Regelung von sehr unterschiedlichen Systemen – und zweifellos handelt es sich beim alten Eisenbahnerpensionssystem um ein zu den anderen Systemen sehr unterschiedlich ausgestaltetes System – durchaus Nachahmung finden könnten.

Einige Probleme sind, wie ich meine, nach wie vor nicht gelöst, und da wäre es mir lieber gewesen, man hätte offen eine Debatte darüber geführt, denn ich fürchte, Kollege Edler, wir werden sehr bald wieder über die Eisenbahnerpensionen diskutieren, und das würde mich deshalb nicht freuen, weil ja mit dieser Reform immerhin so etwas wie ein Versprechen verbunden war: Jetzt haben die Eisenbahner auch ihren Beitrag geleistet.


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Es würde mich nicht freuen, aber ich denke, wir werden sehr bald die Diskussion über das unterschiedliche Pensionsalter haben, und wir werden – nicht im Zusammenhang mit den Eisenbahnern – auch in anderen Bereichen (Abg. Edler: Sie vergessen das Betriebspensionssystem der Eisenbahner! Die zahlen höhere Beiträge!)  – ja, Betriebspensionsmodell, Kollege Edler, ist ein Stichwort für mich in meinem Sinn –, wir werden auch in anderen Bereichen notwendigerweise die Diskussion über die zukünftige Harmonisierung der Pensionssysteme haben.

Und eines könnte man aus dieser Debatte und aus dem, was bei diesem verunglückten Theater um die Regelung bei den Eisenbahnerpensionen passiert ist und, ich denke, auch noch weiter passieren wird, nämlich dann, wenn es zu diesen Klagen kommt, schon lernen: daß man nicht in bezug auf alle, aber doch auf sehr viele unterschiedlich ausgestaltete Pensionssysteme noch einiges an Hirnschmalz aufwenden wird müssen, um tatsächlich das angestrebte Ziel, die Harmonisierung der Pensionssysteme, wenn es nur deutlich gemacht würde, verfolgen zu können.

Nun komme ich zu dem Punkt, der mich an der ganzen Sache besonders interessiert. Da hat es einen Eingriff bei den Eisenbahnern gegeben, von dem ich glaube, daß er rechtlich sehr problematisch ist, und da gibt es auf der anderen Seite Bereiche und Pensionssysteme im öffentlichen und halböffentlichen Bereich, über die wir nicht einmal bereit sind, weiterzudiskutieren. Ich erwähne etwa das Pensionssystem der Oesterreichischen Nationalbank.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wir haben vor nicht allzu langer Zeit eine Bezügeregelung beschlossen, eine Bezügebegrenzung, und in diesem Zusammenhang war es klar und erkennbar: Auch das Pensionssystem der Oesterreichischen Nationalbank muß und wird neugeordnet werden. Aber wir haben jetzt, doch eine geraume Zeit nach diesem Versprechen, noch immer keine Neuordnung dieses Pensionssystems.

Meine Damen und Herren! So kann es sicher nicht weitergehen, daß es einige Bereiche gibt, die offensichtlich besser geschützt sind als andere, in denen nach wie vor im Durchschnitt wesentlich mehr pro Pensionist/Pensionistin an Pension verbraten wird, als sich ein Eisenbahner auch nur im kühnsten seiner Träume zu erhoffen wagt. Im Bereich der Nationalbank wurden im Jahr 1994 pro Person im Durchschnitt 800 000 S für eine Pension ausgegeben. Ich denke, da würden sich einige Eisenbahner ordentlich darüber freuen, wenn sie einen derartigen Durchschnitt erzielen würden.

Deshalb bringe ich hier einen Entschließungsantrag ein, der aber nicht nur in bezug auf die Nationalbank gedacht ist, sondern auch in bezug auf die Bundeswirtschaftskammer, in der es offensichtlich ebenfalls Pensionsregelungen gibt, wonach Pensionen aus öffentlichen Geldern beziehungsweise Umlagesystemen finanziert werden, was den Präsidenten dieser Bundeswirtschaftskammer aber nicht daran hindert, mit ganz großem Selbstverständnis zu fordern, daß im ASVG-Bereich möglichst hinunterrationalisiert werden soll, was die Ausgestaltung dieses Pensionsgesetzes betrifft.

Der Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Andreas Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Harmonisierung der Pensionssysteme möge folgende Eckpunkte umfassen:

eine echte Mindestpension (Grundsicherung) und

eine klare Begrenzung der Höchstpensionen, die für alle Pensionssysteme gelten sollen.


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2. Die Einbeziehung bestehender Pensionsansprüche in eine solidarische und gerechte Neugestaltung des Pensionssystems soll – unter Beachtung des Grundsatzes, daß in die erworbenen Eigenpensionsansprüche nicht eingegriffen wird – folgende Eckpunkte umfassen:

die Streichung des PensionistInnenabsetzbetrages für Pensionen über der ASVG-Höchstpension;

die Begrenzung beziehungsweise Streichung abgeleiteter Pensionsansprüche (zum Beispiel Witwer-/Witwenpensionen), sofern durch ihr Zusammentreffen mit einer oder mehreren Eigenpensionen die ASVG-Höchstgrenze überschritten wird;

die Einführung eines Pensionssicherungsbeitrages für alle durch öffentliche Umlagen beziehungsweise Einnahmen aus öffentlichen Mitteln finanzierten Zusatzpensionssysteme, wie zum Beispiel das der Nationalbank oder der Bundeswirtschaftskammer.

3. Die Neuordnung des Pensionssystems der Oesterreichischen Nationalbank, das bereits im Jahr 1994 durchschnittliche Kosten von 800 000 S pro Pensionist verursacht hat, muß analog der Bezügeregelung für die Obersten Organe der Republik unmittelbar in Angriff genommen werden.

*****

Meine Damen und Herren! Was wir hier mit diesem Antrag verlangen, ist nichts Unmögliches, sondern etwas, was sich, ohne Eingriffe in nach den bestehenden Pensionssystemen erworbene eigene Pensionsrechte – Kollege Hums versteht, denke ich, diesen Unterschied und die Differenz – sehr wohl verwirklichen läßt, was aber offensichtlich nicht Ihre Zustimmung findet, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien.

Es geht hier wirklich um etwas, was wir noch zu liefern haben, denn diesbezüglich ist ein Versprechen in die Welt gesetzt worden, an dem Sie gemessen werden. Und da geht es nicht darum, daß – wie es meiner Meinung nach im FPÖ-Antrag geschehen ist – Kraut und Rüben miteinander vermischt werden, da geht es nicht darum, daß, wie es beispielsweise in der Darstellung des FPÖ-Antrages geschieht, eine Durchrechnung von Politikerpensionen eingefordert wird, denn meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, Sie fordern eine Durchrechnung dort, wo es keine geben kann.

Ich als Abgeordneter sitze hier in diesem Hohen Haus weder mit einer Altpension noch in der Erwartung, daß ich möglichst mindestens 18 Jahre hier im Hohen Haus sitzen muß, um überhaupt zu dieser Durchrechnung als Grundlage zu kommen. Das mag vielleicht die Vorstellung der Freiheitlichen Partei sein, daß die Existenz eines Politikers sich in lebenslangem Sesselkleben hier in diesem Hohen Haus begründet, aber es ist nicht meine Vorstellung. Ich kann Ihnen gegenüber ganz locker und offen vertreten: Ich habe eine ASVG-Pension, und ich bin froh darüber, daß wir uns zu dieser Regelung entschlossen haben, daß Politiker und Abgeordnete in Zukunft nur eine ASVG-Pension erhalten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier. )

Ich glaube aber auch, meine Damen und Herren, an diesem Verhalten und an dieser Regelung sollten alle anderen Pensionssysteme gemessen werden. Wir sollten den Leuten nicht zu viel zumuten. Aber im Bereich bestimmter Pensionssysteme oder Zusatzpensionssysteme – etwa dem der Bundeswirtschaftskammer, etwa dem der Oesterreichischen Nationalbank und auch in Bereichen der Sozialversicherungen – geschieht das noch.

Daher meine ich, hier braucht es klare Regelungen. Und wenn wir Gerechtigkeit herstellen können und wollen, dann nicht mit einem Eingriff in die bestehenden Pensionen, sondern ganz sicher mit den vorgeschlagenen Regelungen wie etwa einem Pensionssicherungsbeitrag, wie etwa der Streichung des Pensionistenabsetzbetrages.

Das ist nicht zuviel verlangt, meine Damen und Herren, und nur konsequent in einer Linie, die dieser Nationalrat hier in diesem Hohen Haus schon beschritten hat und die er, Herr Kollege


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Khol, auch weitergehen sollte. Und deshalb wünschen wir uns auch die Zustimmung der ÖVP. (Beifall bei den Grünen.)

16.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Wabl betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sigl. Er hat das Wort.

16.30

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit der zu behandelnden Regierungsvorlage 914 der Beilagen betreffend das Güterbeförderungsgesetz werden einige Bestimmungen bezüglich des Güterkraftfahrgesetzes an das EU-Recht angepaßt wie auch einige Bestimmungen, die durch die Gewerbeordnung 1994 obsolet wurden, aufgehoben. Außerdem enthält diese Vorlage auch einige Bestimmungen, die für die Einführung der elektronischen Abbuchung der Ökopunkte notwendig sind.

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, wurde das Ökopunktesystem, das übrigens ein großer Verhandlungserfolg Österreichs im Vorfeld zum EU-Beitritt war, mit dem Ziel, die gesamten Güterverkehrsbelastungen aus dem Transitverkehr im Hinblick auf die Stickoxide auf Basis der Werte des Jahres 1991 bis zum Jahr 2003 um 60 Prozent zu reduzieren, eingeführt. Die schon vor dem Einführungsdatum des Ökopunktesystems geplante elektronische Abbuchung der Ökopunkte kann nun mit 1. Jänner 1998 in Angriff genommen werden.

Aufgrund der guten Planung der infrastrukturellen Voraussetzungen für ein funktionierendes elektronisches Ökopunktesystem ist man nun imstande, elektronische Geräte, sogenannte Umweltdatenträger, in die betreffenden Kraftfahrzeuge einzubauen. Diese Umweltdatenträger können in Zukunft bestimmte Informationen, wie zum Beispiel die verbrauchten Ökopunkte pro Fahrt des betreffenden Fahrzeuges oder auch die Zulassungsherkunft, aufzeichnen. Nach einem bestimmten Programmierungsvorgang wird die automatische Abbuchung von Ökopunkten beim Passieren einer Ökopunktestation ohne Anhalten ermöglicht.

Ebenso wird mit diesem Gesetzesvorschlag die Möglichkeit geschaffen, private Unternehmen zu ermächtigen, diesen Programmierungsvorgang der Umweltdatenträger vorzunehmen, wofür natürlich ein Unkostenbeitrag eingehoben werden darf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kritisch möchte ich mich jedoch zu der steigenden Zahl an LKW-Fahrten in Österreich äußern. Obwohl das Ökopunktesystem die Reduzierung der Stickoxidemissionen realisiert, erhöht sich doch die Zahl der Lastkraftwagenfahrten in Österreich. Diese im ersten Moment unlogische Tatsache begründet sich durch den überdurchschnittlich starken Entwicklungsfortschritt in der Lastkraftwagentechnologie. So werden immer mehr stickoxidemissionsarme LKWs produziert, aber weiterhin die Stickoxid-Emissionen als Parameter für das Ökopunktesystem herangezogen.

Aber neben den Stickoxidemissionen gibt es auch noch andere negative Wirkungen auf den Menschen und auf die Umwelt, die durch den LKW-Verkehr erzeugt werden. Im besonderen sei da auf Luftschadstoffemissionen wie krebserregenden Ruß und Kohlenwasserstoff hingewiesen. In dieser Hinsicht ist auch die Problematik des Verkehrsflusses erwähnenswert, der bei einer bestimmten Zahl von LKWs auf den Straßen nicht mehr gegeben ist.

Wesentlich in diesem Zusammenhang ist auch das erhöhte Verkehrsrisiko, hervorgerufen durch die erhöhte Teilnehmerzahl an Schwerkraftwagen im Straßenverkehr. Um dieser Situation zu begegnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, scheint mir nach heutigem Stand der Technik die einzige Lösung die zu sein, den Gütertransitverkehr auf die umweltfreundliche Schiene zu verlegen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ebenso wäre die Einführung eines elektronischen Road-Pricing-Systems als Wegekostenanlastung ein adäquates Mittel, um in der österreichischen Straßenlandschaft eine Änderung zu erzielen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meiner Ansicht nach ist die Einführung der elektronischen Abbuchung der Ökopunkte die technologische Grundlage für ein Österreich umfassendes elektronisches Road-Pricing-System, das dann für Kostenwahrheit im Verkehr sorgen und schlußendlich eine Reduzierung der Umweltbelastung garantieren könnte.

Ich ersuche Sie abschließend, meine Damen und Herren, im Interesse aller dieser Regierungsvorlage zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. Er hat das Wort.

16.34

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, wenn Sie noch dableiben würden, denn ich möchte vorerst einen Satz zum Thema Pensionen sagen. (Abg. Öllinger ist im Begriffe, den Saal zu verlassen, bleibt aber dann im Couloir stehen.)

Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn man sagt: Nach dem neuen System haben wir nur eine ASVG-Pension, sind mit den anderen Bereichen gleichgestellt, und wir sind daher gar nicht so gut dran. Ich würde bitten, dazuzusagen, was wir noch haben. Ich bin auch einer derjenigen, die in das neue System hineinkommen, weil ich noch nicht zehn Jahre im Parlament bin, aber ich gebe zu, daß auch im neuen System der Betrag, den ich bisher eingezahlt habe, in die Pensionskasse überwiesen wird. Wenn man dann die ASVG-Einzahlung und eine eventuelle Einzahlung, die man sich aufgrund seines hohen Gehaltes als Abgeordneter ohne weiteres leisten kann, berücksichtigt, dann hat man einen Gesamtbetrag in der Pensionskasse, der das zirka Zwei- bis Dreifache einer normalen ASVG-Pension beträgt. Ich finde es daher wirklich unehrlich, wenn die Betroffenen in diesem Hohen Haus das so darstellen, als ob sie jetzt so schlecht dran wären, weil sie nach dem neuen System das gleiche wie jeder ASVG-Pensionsversicherte haben. Das ist falsch! Das ist unehrlich! Und das sollte man hier einmal gesagt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte daher einen Entschließungsantrag betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Kollegen betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, innerhalb von drei Monaten einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine vollständige Beseitigung der gegenwärtigen ungerechtfertigten Pensionsprivilegien der Politiker sowie eine Harmonisierung der Pensionssysteme für Bedienstete der Oesterreichischen Nationalbank, der Sozialversicherungsträger und der gesetzlichen Interessenvertretungen mit den Regelungen des ASVG vorsieht.

*****

Meine Damen und Herren! Zum Güterbeförderungsgesetz möchte ich nur vermerken, daß aus unserer Sicht die Formulierung, daß bei den Kabotagen alles verboten bleibt, was die EU nicht


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ausdrücklich erlaubt, nicht unbedingt ein Vorteil für die österreichischen Frächter sein muß. Wir können daher dem Güterbeförderungsgesetz unsere Zustimmung nicht geben.

Zum Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz ist zu vermerken, daß es sich dabei um eine Minimalumsetzung der erforderlichen Maßnahmen handelt. Es gibt keinen klaren gesetzlichen Rahmen für Liberalisierungsschritte. Das ist aus unserer Sicht ein Nachteil für die österreichischen Privatbahnen, denn gerade die Privatbahnen sollten ja durch die Liberalisierung profitieren, sie sollten die Möglichkeit haben, neue Geschäftszweige zu eröffnen.

Es ist aber nicht nur das ein Nachteil für die Privatbahnen, sondern es ist für die Privatbahnen auch ein Nachteil, daß sich die Gesetze aufgrund dieser Umsetzungsschritte immer wieder verändern und keine wirtschaftliche Planung möglich ist. Daher ist dieses Gesetz für Privatbahnen unattraktiv und wahrscheinlich sogar ein Nachteil.

Außerdem ist der Gesetzestext betreffend den Zugang zur Infrastruktur unklar formuliert. Die Formulierung in § 24b, daß es keine Ungleichbehandlungen für gleichartige Verkehrsleistungen geben darf, läßt für Neuanbieter alles offen. Es wird nämlich nicht angeführt, was das Wort "gleichartig" bedeutet. Der Neuanbieter weiß zum Beispiel nicht, ob er wirklich gleich behandelt wird wie die Österreichischen Bundesbahnen oder ob es da Unterschiede gibt.

Viele Fragen bleiben also offen, so auch die Frage der Tarifstruktur für die Anbieter. Diesbezüglich soll eine Verordnung kommen, aber der Herr Bundesminister hat uns im Ausschuß erklärt, er müsse bei der Verordnung abwarten, wie sich Deutschland und die Niederlande einigen, und erst dann könne er eine Angleichung machen. Herr Bundesminister! Die Neuanbieter wollen aber nicht warten, sondern sie wollen ihre Leistungsangebote legen können. Ohne Tarifstruktur geht das aber nicht.

Außerdem ist noch zu vermerken, daß für Neuanbieter der Zugang wesentlich verzögert werden kann, im ungünstigsten Fall bis zu einem halben Jahr, und das ist zu lang. Der Neuanbieter kann daher nicht planen, und es ist dann eventuell der Zugang für ihn uninteressant.

Dieses Gesetz löst die Frage der Liberalisierung nicht, und wir Freiheitlichen lehnen diesen Gesetzentwurf daher ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, über den Herr Abgeordneter Rosenstingl referiert hat, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Ich bitte, die zu berichtigende Behauptung wiederzugeben und dieser den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberzustellen.

16.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Rosenstingl hat in seiner Wortmeldung behauptet, es sei nach der neuen Bezügeregelung, die für Politiker und für Abgeordnete dieses Hohen Hauses gilt, möglich, durch die Einrichtung einer Pensionskasse das Dreifache des ASVG-Pensionsbezuges im Rahmen des ASVG-Höchstbezuges über eine Pensionskasse zu erhalten. – Diese Behauptung ist unrichtig! (Ruf bei den Freiheitlichen: Das hat er nicht gesagt!)

Ich stelle richtig: Es ist nicht möglich, selbst bei einem 60jährigen Verweilen hier in diesem Hohen Hause, was an die physischen und auch an die politischen Grenzen reichen würde, das Dreifache des ASVG-Höchstbezuges einer Pension über eine Pensionskasse zu erhalten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Eines durchschnittlichen!)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.


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105. Sitzung / Seite 127

Ein Schlußwort wurde vom Berichterstatter nicht verlangt.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, die über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen werden.

Als erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 965 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dieser Vorlage ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit so in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, im Falle der Zustimmung in dritter Lesung, ein diesbezügliches Zeichen zu geben. – Ich stelle fest, daß dieses Gesetz in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen wird.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz samt Titel und Eingang in 1038 der Beilagen.

Auch da darf ich im Falle der Zustimmung zur Regierungsvorlage um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Ich stelle fest, die Regierungsvorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch da um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, die Regierungsvorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Antrag Öllinger zustimmen, dies durch ein diesbezügliches Zeichen bekunden. – Der Antrag Öllinger hat keine Mehrheit gefunden. Er ist daher abgelehnt.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Harmonisierung der Pensionssysteme.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag Dr. Stadler zustimmen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse als nächstes über den Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in zweiter Lesung abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Diese Vorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen zugleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


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7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (940 der Beilagen): Postgesetz 1997 (966 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (770 der Beilagen): Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlagen (964 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun kommen wir zur Beratung der Punkte 7 und 8 der heutigen Tagesordnung. Die Debatte über diese beiden Punkte wird unter einem durchgeführt.

Ein Wunsch auf Berichterstattung ist nicht vorgebracht worden.

Wir gehen daher in die Beratungen ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, daß wir in etwa 12 bis 15 Minuten wieder abstimmen werden, weil vorläufig nur vier Redner gemeldet sind.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.45

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unglaublich, was die Regierungskoalition und die Regierung bei Gesetzesvorlagen diesem Hohen Haus manchmal zumuten. Bei den Ausschußverhandlungen zum Postgesetz konnte der Entwurf der Geschäftsbedingungen für die Teilnahme am Postzeitungsversand nicht vorgelegt werden. Nachträglich liegt er nun zwar vor, aber eine andere wichtige Verordnung, um dieses Gesetz beurteilen zu können, gibt es noch immer nicht.

Es ist wichtig, zu wissen, wie die Sicherung der Qualität des Postdienstes und des Universaldienstes in Zukunft aussehen wird. Diese Qualitätssicherung wird durch jene Verordnung geregelt, die es noch nicht gibt. Es gibt sie auch als Entwurf nicht. Über diese Verordnung konnte uns auch der Herr Bundesminister im Ausschuß keine Auskunft geben, obwohl es dabei um die künftigen Leistungen der Post, um die Serviceleistungen der Post geht, die die Postkunden in Zukunft erwarten können. All das ist aber noch ungeklärt.

Für Postkunden ist es aber in der derzeitigen Situation besonders wichtig, zu wissen, was diese Verordnung vorsehen wird beziehungsweise was sie als Serviceleistung beim Postdienst erwarten können. Derzeit gibt es in mehreren Bereichen Leistungseinschränkungen. So sind zahlreiche Postämter auf dem Lande geschlossen worden beziehungsweise stehen vor ihrer Schließung. Auch andere Leistungseinschränkungen sind vorgenommen worden. So erfolgt der Personalabbau nicht in der Zentralstelle, sondern in den Dienstleistungsbereichen. Es ist daher zu erwarten, daß es zu weiteren Leistungseinschränkungen kommen wird.

Unter diesem Gesichtspunkt beziehungsweise weil man nicht weiß, wie es bei der Post weitergehen wird – der Herr Bundesminister ist nicht in der Lage, die Verordnung betreffend die Leistungen der Post und betreffend deren Qualitätssicherung vorzulegen –, können wir Freiheitliche diesem Postgesetz nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.46

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Postgesetz stellt einen letzten Schritt zur Neustrukturierung des Postwesens in Österreich dar. Zum einen sieht dieser Entwurf eine flächendeckende Grundversorgung vor,


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wobei als Gegenleistung der Post Erträgnisse aus einem eingeschränkten Monopol bei der Briefzusendung sichergestellt werden.

Die zweite wesentliche Regelung betrifft die Problematik des Postzeitungsversandes. Da wurde einerseits das Prinzip der Kostenorientierung eingeführt, andererseits wurden die gemeinwirtschaftlichen Leistungen in diesem Bereich sichergestellt. Mit der Schaffung einer Preiskommission wird bei den Tarifen auch noch sichergestellt, daß die Kunden eine gewisse Mitsprache bei einer allfälligen Tarifentwicklung haben.

Die Sozialdemokraten werden diesem Gesetz zustimmen, weil es ein weiterer Schritt dazu ist, die Selbständigkeit der PTA sicherzustellen und ihr einen Erfolg in einem immer stärker werdenden Wettbewerb zu sichern. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.48

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Hohes Haus! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Postgesetz beschreitet die österreichische Post einen weiteren Schritt zur Liberalisierung. Eine Reihe dieser Schritte sind ja bereits erfolgt. Der wichtigste war das Poststrukturgesetz: Die Post- und Telegraphenverwaltung wurde ausgegliedert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nun wird mit diesem Postgesetz die PTA auch auf dem Sektor "Gelbe Post" sozusagen marktreif. Sie bietet ihre Dienstleistungen auf dem freien Markt an. Genau das ist die Liberalisierung, die wir als Österreichische Volkspartei stets angestrebt haben, selbst zu jenen Zeiten, in denen wir deswegen noch heftig gescholten wurden, und zwar auch von unserem Koalitionspartner. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wünschen uns die Post als ein marktkonformes und kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen. Dieses Postgesetz bringt die vollständige Trennung von hoheitlichen und betrieblichen Funktionen, definiert genau die Aufgabenbereiche der Postbehörde, gewährleistet aber auch die Beibehaltung einer flächendeckenden Grundversorgung im Brief- und Paketdienst. Falls die Post aber diesen Universaldienst nicht erbringt, können auch andere Unternehmen damit betraut werden.

Außerhalb des reservierten Postdienstes und des Universaldienstes steht die Post aber ganz klar in einem vollen Wettbewerb mit allen anderen Anbietern. Sie kann sich in diesem Marktbereich völlig frei bewegen. Staatliche Kontrollrechte und Genehmigungsvorbehalte sind ja angesichts eines funktionierenden Marktes auch nicht erforderlich. Diese Entwicklung begrüßen wir, und wir sind überzeugt davon, daß die Post eine gute Zukunft vor sich hat.

Natürlich bedeutet das auch einen Verzicht des Nationalrates, etwa auf die Tarifhoheit. Diese wird es nunmehr im Postbereich nicht mehr geben, auch nicht durch den Hauptausschuß, aber es ist weiterhin eine Mißbrauchsaufsicht im Monopolbereich des Universaldienstes durch den zuständigen Bundesminister möglich.

Ausgenommen ist der Postzeitungsversand. Es gibt besondere Tarife für die Kaufzeitungen und für die Mitteilungs- und Informationsblätter der gemeinnützigen Vereine. Bei ihnen ändert sich grundsätzlich nichts in der Tarifgestaltung. Sie wird auch in Zukunft zu verhandeln sein, um zu einer sozial verträglichen und für die gemeinnützigen Vereine erträglichen Tarifgestaltung zu kommen.

Das, meine Damen und Herren, ist ein richtiger Weg, dazu bekennen wir uns auch. Deshalb haben wir beantragt, daß es eine Tarifkommission, eine Preiskommission geben soll, in der sowohl die Interessenvertretungen als auch die gemeinnützigen Vereine vertreten sind. Diese Preiskommission wird den Herrn Bundesminister auch bei der Festsetzung der Tarife entsprechend beraten und unterstützen.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß die Post, auch die "Gelbe Post", noch vor großen Herausforderungen steht. Wir wissen auch, daß die Produktivität in diesem Unternehmen erhöht


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105. Sitzung / Seite 130

werden muß. Die Ursachen für Mängel bei der Produktivität liegen eben in der langjährigen Monopolsituation der österreichischen Post – eine typische Konsequenz dieser Situation. Das heißt, es müssen schrittweise, aber sozial verträglich auch Mitarbeiter abgebaut werden, und ich halte die vorgezogene und mit den Mitarbeitern vereinbarte Vorruhestandsregelung, wie sie angestrebt und durchgeführt wird, für einen richtigen, sozial verträglichen Weg.

Wir erwarten, daß der österreichischen Post und Telekom AG vom Vorstand und vom Aufsichtsrat klare Ziele vorgegeben werden, daß dieses Unternehmen eine klare Kundenorientierung hat, daß für Kostenbewußtsein im Unternehmen gesorgt wird, daß Rationalisierungen und Umstrukturierungen vorgenommen werden und daß bis zu dem vom Gesetz festgelegten Termin ein klares, umfassendes Privatisierungskonzept vorgelegt wird.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, sind die Strukturreformen und die unternehmenspolitischen Entscheidungen zu treffen. Und wenn sie in diesem Sinne getroffen werden, dann ist mir um die Zukunft der österreichischen Post nicht bang. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurt Wallner. Er hat das Wort.

16.54

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der österreichische Nationalrat wird heute das neue Postgesetz beschließen. Wir folgen damit dem Beispiel unserer deutschen Nachbarn, die das bereits gestern gemacht haben. Auch in Deutschland wird die Post bis Ende des Jahres 2002 fast alle Briefe befördern – erst dann wird der Markt liberalisiert. Interessant ist, daß die deutsche SPD auch eine Sozialklausel berücksichtigt hat, die vorsieht, daß es nicht möglich sein wird, daß Wettbewerber sogenannte sozialversicherungsfreie Jobs einsetzen können, um damit die Post unter Kostendruck zu setzen. – Soweit ein kleiner Exkurs nach Deutschland.

In Österreich ist es so, daß mit der vorliegenden Novelle die Qualitätsstandards für den Brief- und Paketdienst sowie die Kriterien für den Universaldienst, der ja wettbewerbsfrei gehalten wird, geregelt werden.

Die PTA ist für den liberalisierten Markt bestens gerüstet, sie kann den Börsengang im Jahre 1999 in Angriff nehmen. Auch die Konsumenten sind insofern geschützt, als sie ein Mindestmaß an postalischen Dienstleistungen vorfinden und eine flächendeckende Versorgung gewährleistet ist.

Es ist bereits erwähnt worden: Der wichtigste Bereich ist die Zeitungszustellung. Bei Kaufzeitungen gibt es einen Kostendeckungsgrad von nur 50 Prozent, bei Gratiszeitungen von gar nur 30 Prozent und einen Gesamtabgang von 1,3 Milliarden Schilling. Dringender Handlungsbedarf war gegeben, und so sieht die Novelle vor, daß gemeinwirtschaftliche Leistungen in der Höhe von rund 900 Millionen Schilling jährlich abgegolten werden sollen.

Ich bin schlußendlich auch froh darüber, daß es für wichtige Gruppierungen in unserer Gesellschaft wie gemeinnützige Organisationen, Parteien, wahlwerbende Gruppen, Vereine und so weiter sowie für Amtsblätter Sonderbestimmungen gibt.

Abschließend: Ich bin der Meinung, daß das Gesetz ausgewogen ist. Sowohl Konsumenteninteressen als auch jene der Post wurden bestens berücksichtigt, und trotz Liberalisierung können die Konsumenten geschützt werden. Die Post bekommt die notwendigen Rahmenbedingungen, um für den liberalisierten Markt gerüstet zu sein und bestens bestehen zu können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Die Debatte ist daher geschlossen.


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105. Sitzung / Seite 131

Wir kommen zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen wird.

Als erstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 966 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Vorlage ihre Zustimmung erteilen, sich von den Sitzen erheben. – Ich stelle fest, diese Vorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, im Falle der Zustimmung in dritter Lesung ein diesbezügliches Zeichen zu geben. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anlagen in 770 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren Abgeordneten, die diese Genehmigung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Staatsvertrag ist einstimmig genehmigt.

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (906 der Beilagen): Kündigung des Kooperationsabkommens zwischen der Republik Österreich und dem Europäischen Hochschulinstitut (1022 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (908 der Beilagen): Übereinkommen über die Gründung eines Europäischen Hochschulinstituts samt Protokoll und Schlußakte, Beschlüsse des Obersten Rates, Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens sowie Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens (1023 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung.

Auch hierüber wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. Die Redezeit ist auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

16.59

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Beschluß, den wir heute fassen, ist an sich nicht spektakulär – es gibt auch eine breite Mehrheit dafür im Hohen Haus. Wir beschließen letztlich, nicht mehr kooperiertes, sondern Vollmitglied im Europäischen Hochschulinstitut zu werden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte diese Gelegenheit dazu nützen, etwas über dieses einzigartige Institut zu sagen, das nicht nur deswegen einzigartig ist, weil es nahe Florenz in der Toskana in einem schönen Ambiente eingerichtet ist. Es ist einzigartig als prestigeträchtige Einrichtung für Postgraduierte, die es sich zum Ziel gesetzt haben, vor allem das geistige Leben in Europa zu beleben und nicht nur ökonomische Diskussionen, sondern auch eine wissenschaftliche Diskussion zu führen.

Um das zu verwirklichen, gibt es mehrere Zielsetzungen, die ich für sehr interessant halte und wovon wir auch etwas für unsere Hochschulforschung lernen könnten. Darum möchte ich in einigen Sätzen darauf eingehen.


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105. Sitzung / Seite 132

Zum einen ist die Forschung europaweit vergleichend, sie ist fast durchgängig interdisziplinär. Das Klima ist von Mehrsprachigkeit und Weltoffenheit geprägt, was sehr interessant ist und woraus wir sicher einiges lernen könnten.

Sehr interessant ist zum Beispiel das größte interdisziplinäre Forschungsprojekt für 1998/99, das sich mit der Zukunft des Wohlfahrtsstaates in Europa beschäftigt. Das ist ein gutes Beispiel dafür, daß sich Forschung auch mit offenen Fragen der Zeit beschäftigen kann.

Außerdem ist es das erklärte Ziel, die Studentinnen und Studenten zu weltoffenen Bürgern zu erziehen und sie – wie es formuliert wird – europäisch werden und europäisch wirken zu lassen. Dieses Ziel erreichen sie offensichtlich auch. Ich habe mir die Zahlen angeschaut: 25 Prozent der AbsolventInnen gehen nach dem Aufenthalt an diesem Institut in einen anderen EU-Staat.

Österreich wird nun Vollmitglied und kann somit jährlich zehn Doktoratsstudentinnen und -studenten hinschicken. Die Kritik der FPÖ, die in diesem Zusammenhang vorgebracht wurde, wird begründet mit einem Mißverhältnis der Beitragszahlungen und der Zahl der StudentInnen, die wir dorthin schicken. Ich halte diese Kritik für unbegründet, und zwar deswegen, weil sich die Beitragszahlungen aus der jeweiligen Wirtschaftskraft der Länder errechnen und die Zahl der Studenten, die teilnehmen können, aus der Bevölkerungszahl. Diese Kritik ist mir daher unverständlich.

Ich meine, daß es eine gute Sache ist, wenn wir heute beitreten, und Österreich ist, wie man gehört hat, dort als Vollmitglied willkommen – auch deswegen, weil es möglicherweise Impulse im Hinblick auf die Forschung mit Blickrichtung Osteuropa einbringt. Gerade das ist, denke ich, in der aktuellen Diskussion betreffend die Osterweiterung der EU ein durchaus gutes Beispiel für eine Forschung, die sich am Puls der Zeit orientiert.

Ich kann also für uns sagen: Wir stimmen dieser Vorlage gerne zu. Und ich sage für mich persönlich, daß es eigentlich schade ist, daß ich wahrscheinlich nicht mehr die Chance haben werde, dort zu studieren. Aber die Impulse, die von diesem Institut ausgehen (Abg. Dr. Gredler: Wer weiß! Lebenslanges Lernen!) – wer weiß, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich das nicht mehr tun können! –, werden uns, werden allen Europäern dienen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

17.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.03

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Österreichische Volkspartei begrüßt die Umwandlung des Kooperationsverhältnisses zum Europäischen Hochschulinstitut in Florenz in eine echte Vollmitgliedschaft. Auch wenn das mit einem höheren Beitrag verbunden ist, glaube ich, daß gerade eine solch – man kann es so sagen – elitäre postgraduale Einrichtung sehr wichtig ist, insbesondere deswegen, weil sie in echtem europäischen Geist international geführt wird. (Beifall bei der ÖVP, beim Liberalen Forum sowie der Abg. Ablinger. )

Solch postgraduale Einrichtungen können in ihrem Wert gar nicht überschätzt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben in Österreich etwa die Donau-Universität und – und das, Herr Bundesminister, scheint ein bißchen aus den Augen verloren worden zu sein – das Institut für Höhere Studien in Wien, das auch zu einem sehr starken Teil im Bereich der Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften postgraduale Ausbildung tätigt.

Es ist schon ein bißchen eigenartig, wenn diese österreichischen Institutionen um Budgetbeiträge kämpfen müssen und damit rechnen müssen, daß die postgraduale Ausbildung eingestellt werden muß – und das beim IHS, beim traditionellen Ford-Institut! Das war vielleicht eine Panne, aber immerhin sollte das Augenmerk darauf gerichtet werden.


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Herr Bundesminister! Auch eine zweite Bemerkung kann ich Ihnen nicht ersparen. Wir haben im Regierungsübereinkommen vereinbart, daß ein Akkreditierungsgesetz für die Zulassung ausländischer Universitäten erlassen wird. Herr Bundesminister Einem! Wir beteiligen uns jetzt an einem ausländischen Postgraduierten-Institut mit einem jährlichen Beitrag von 6 Millionen Schilling, aber wir haben noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß eine ausländische Universität etwa im Postgraduierten-Sektor hier in Österreich zugelassen werden kann. Das ist nicht richtig, das ist ein falscher Weg – vielleicht die Panne Nummer zwei, die in diesem Zusammenhang passiert ist. (Abg. Auer: Sie sind säumig, Herr Minister! – Abg. Dr. Khol: Das ist ja ein Nudelminister!)

Dritte Panne: Entgegen einem Übereinkommen mit der Rektorenkonferenz zur Planstellenbewirtschaftung bei reduziertem Personalbudget, an das sich unsere Universitäten auch gehalten haben, wird jetzt von ihnen verlangt, daß sie darüber hinaus auch noch auf zweimal 200 Mitarbeiter im universitären Betrieb verzichten. (Abg. Dr. Khol: Na geh!)

Sie schreiben den Rektoren, daß das nicht so ganz stimme oder nicht überall so stimme. (Abg. Dr. Brinek: Stimmt es oder stimmt es nicht?)  – Von mir aus soll es wieder eine Panne sein, diese kann aber sehr gefährlich werden. Wenn nämlich die Rektorenkonferenz als Reaktion auf diese neuerlichen Ankündigungen, mit noch weniger Mitarbeitern auskommen zu müssen, androht, die Mitarbeit im Strukturbereinigungskonzept unserer Universitäten und Institute zu kündigen, dann kann aus der Panne eine Katastrophe werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die vierte Panne verstehe ich überhaupt nicht. (Abg. Dr. Khol: Eine vierte?) Wir haben im Juni im Hohen Haus ein neues Dienstrecht und Besoldungs- und Gehaltssystem für den Bereich der Lehre, für die Assistenten, für die Mitarbeiter im Lehrbetrieb, beschlossen, das motivationsfördernd sein soll und auch leistungsorientiert ist. Jetzt müssen wir den Medien entnehmen, daß diese Mitarbeiter im Lehrbetrieb, obwohl das Wintersemester seit drei Monaten läuft, noch keinen einzigen Groschen für ihre Lehrtätigkeit erhalten haben. Das ist sicher nicht motivierend und mehr als eine Panne! Herr Bundesminister! Daß es Ihnen als Sozialdemokrat passiert, daß diesen Personen der gerechte Lohn vorenthalten wird, verstehe ich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Unsere Universitäten haben sich einen innovativen und kreativen Ressortleiter verdient, aber keinen Pannendienst. (Beifall bei der ÖVP.)

17.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

17.08

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe den Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Khol nicht verstanden, nämlich nicht verstanden, warum Sie, Herr Bundesminister, ein "Nudelminister" sein sollen, aber vielleicht werden wir das in der nächsten Ausschußsitzung klären, wenn Sie dann die Güte haben, auch anwesend zu sein. (Abg. Dr. Khol: Lesen Sie keine Zeitungen, Frau Gredler?)

Ich war sehr erstaunt über die Rede des Herrn Dr. Lukesch und muß sagen: Einigen Kritikpunkten, die er genannt hat, kann ich mich anschließen.

Zur Besoldungsdiskussion, die er angeschnitten hat: Ich habe unter anderem Briefe von Assistenten bekommen, die mir geschrieben haben, daß die Reisekostenunterstützung gekürzt beziehungsweise gestrichen wurde. Das ist sicher nicht im internationalen Esprit zu sehen. Ich weiß nicht, in welchem Ausmaß das zutrifft, aber ich fände es schade, wenn das mehr oder minder die Hürde für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wäre, um nicht ins Ausland zu fahren. Besser wäre es, wenn wir eine intensive Vernetzung erwirken könnten, so wie das jetzt im Rahmen dieses Übereinkommens diskutiert wird.

Ich glaube, daß es sehr wichtig ist, daß wir uns auch beim Fünften Rahmenprogramm entsprechend artikulieren. Herr Bundesminister! Es wäre schön, wenn wir das, was Sie jetzt im Rahmen der Verhandlungen für das Fünfte Rahmenprogramm von seiten Österreichs tatsächlich erwir


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ken wollen, schriftlich bekämen. Ich weiß, daß Sie das bereits mündlich dargelegt haben, aber es ist schöner, die Taten eines Ministers auch schriftlich messen zu können. Ich kann Ihnen dann auch besser applaudieren, wenn Sie vieles umsetzen konnten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich Herr Bundesminister Dr. Einem gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

17.11

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Daß Sie, Herr Abgeordneter Lukesch, nicht wissen, wer die bezugsliquidierende Stelle im Bund ist, ist für mich überraschend, denn das ist allemal noch das Bundesrechenamt, auf das ich keinen direkten Einfluß habe. Das ist Ihnen vielleicht neu, aber ich sage es Ihnen hiemit. (Abg. Dr. Lukesch: Das sind Ihre Leute!)

Ich wundere mich auch darüber, daß Herr Klubobmann Khol ein "Nudelproblem" hat. Ich habe bei meinen diesbezüglichen Äußerungen weder eine konkrete Fraktion noch eine konkrete Person genannt. Für den Fall, daß das jemand auf sich bezogen hat, möchte ich betonen: Es lag mir gänzlich fern, das auf jemanden zu beziehen. Es war auf einen konkreten Versuch einer legistischen Lösung bezogen, und diese ist ja auch verbessert worden. Das wird einen Grund gehabt haben.

Zur Sache selbst. Herr Abgeordneter Lukesch! Ich freue mich immer darüber, wenn Sie unsere Partnerschaft auf derart "erfrischende Weise", wie Sie das heute getan haben, unterstreichen.

Ich darf Ihnen sagen: Bei mir ist das IHS, das Institut für Höhere Studien, nicht in Vergessenheit geraten; ganz im Gegenteil. Wir haben heuer den durchaus erfolgreichen Versuch unternommen, die Verknappung an Mitteln, die das IHS erlitten hat, auszugleichen. Ich darf aber auch darauf hinweisen, daß Professor Felderer ständig weniger Staat und mehr privat fordert.

Ich darf Ihnen überdies verraten, daß selbst ich als eingefleischter Roter im Bereich der postgradualen Ausbildung, der nachuniversitären Ausbildung, nichts gegen Studiengebühren, die die Kosten decken, hätte. Ich denke, wir sollten gerade auf diesen Punkt nicht allzu stark insistieren, wo wir uns doch gerade in einem Bereich – nicht in allen – über Studiengebühren einig geworden sind.

Was schließlich die 200 Stellen betrifft, Herr Abgeordneter Lukesch, darf ich noch einmal daran erinnern, daß das Budget hier im Hohen Haus beschlossen worden ist. Dieses Budget hat erstens als integralen Bestandteil, wie Sie wissen, einen Stellenplan, und zweitens sind darin gegenüber dem heurigen Jahr beim Personalansatz des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr Finanzmittel im Ausmaß von 200 Planstellen "B-wertig, Anfangsstadium" gestrichen worden. Das ist ein Beschluß, den unter anderem auch Sie gefaßt haben. (Abg. Schwarzenberger: Auf Vorschlag des Finanzministers!)  

Wenn ich dessen Umsetzung nunmehr auch an den Universitäten zu bewerkstelligen habe, dann würde ich nicht sagen, daß das ein Grund für besondere Kritik oder ein Zeichen einer Panne ist, sondern das ist eben eine Tatsache, mit der die Universitäten konfrontiert sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Es ist so, daß die Universitäten schon vorher davon Kenntnis gehabt haben. Sie haben gewußt, wie ihr Budget aussehen wird, und sie waren damit zufrieden. Das, was jetzt an Diskussion entstanden ist, beruht zweifellos auf einer irrigen Einschätzung, es gibt aber keine Verschlechterung des Budgets gegenüber dem, was den Universitäten zugesagt wurde.

Ich bin daher überzeugt davon, daß die Rektoren, die anläßlich ihrer Tagung Anfang Dezember einen lauten und vernehmbaren Aufschrei getan haben, nach der diesbezüglichen Beantwortung durch mein Ressort wieder zufrieden sein werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Pasta


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asciutta! – Abg. Schwarzenberger: Das sind gewürzte Nudeln! – Abg. Dr. Khol: Nudeln mit einer roten Soße! Kein "Nudel-Minister", sondern ein "Pasta-asciutta-Minister"!)

17.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

17.14

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ohnedies schon fast alles über dieses Kooperationsabkommen beziehungsweise dessen Kündigung und den Beitritt Österreichs zum Europäischen Hochschulinstitut gesagt worden.

Dieses Kooperationsabkommen war, wie bereits gesagt, seit 1994 in Kraft. Nunmehr tritt Österreich diesem Institut bei – einer wichtigen Lehr- und Forschungsinstitution für Postgraduierte, die ihren Absolventen gute Chancen auch in den Institutionen der EU bieten wird. Durch das Wirken in den Bereichen Hochschulunterricht und Forschung wird dieses Institut wesentlich zur Entwicklung des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes Europas beitragen und den Fortschritt der Wissenschaft auf Gebieten fördern, die für den Aufbau Europas von besonderer Bedeutung sind, etwa auf dem Gebiet seiner Kultur, seiner Geschichte, seiner Rechtsordnung, seiner Wirtschaft und seiner Institutionen.

Es gibt insgesamt vier Sektionen, nämlich Geschichte, Rechtswissenschaften, Politik- und Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Jährlich studieren dort über 100 Studenten beziehungsweise Studentinnen, und es gibt 450 Forscher, die an diesem Institut wirken.

Die Kosten für Österreich werden künftig statt 2,5 Millionen Schilling jährlich 6 Millionen Schilling pro Jahr betragen. Ich glaube, daß dieser Betrag für die fünf österreichischen Akademiker, die die Republik dorthin entsenden kann, gerechtfertigt ist. Es ist noch hinzuzufügen, daß es für jeden Platz rund 30 Bewerber gibt, also eine große Nachfrage herrscht.

Ich glaube, daß es gut ist, daß Österreich diesem Institut beitritt und daß es sich stärker in den dortigen Lehr- und Forschungsbetrieb einbindet. Ich meine, daß der weltoffene und europäische Geist, der dort sicher herrscht und praktiziert wird, den österreichischen Studierenden und Postgraduierten guttun wird und daß es wichtig ist, daß Österreich an diesem Institut teilnimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.16

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich will mit einem neuerlichen Versuch, darzustellen, worum es geht, diese Debatte abschließen. Es geht um ein mittlerweile traditionelles postgraduales Institut, das sich in vier Bereichen um die Gewinnung von neuen Forschungserkenntnissen bemüht: in den Rechtswissenschaften, in Politik und Soziologie, Wirtschaft sowie Geschichte und Zivilisation; der letzte Bereich scheint ein besonders interessanter zu sein.

Worin liegt die Qualität dieses Instituts? – Zunächst gibt es dort eine wunderbare – wie gerne würden wir sie in Österreich nachahmen! – Betreuungsqualität, nämlich ein Betreuungsverhältnis von weniger als 1 : 10, das heißt, auf einen Professor kommen weniger als zehn Studenten. Allerdings gibt es die Möglichkeit, dort ein Thema zu bearbeiten, nur dann, wenn es einen betreuenden Professor gibt oder wenn der Professor Studenten, Studentinnen dazu animiert, dieses oder jenes Thema zu bearbeiten. Das ist natürlich in gewisser Weise eine Luxussituation, aber die Europäische Union, Europa braucht, wie ich meine, diese Qualität der Studenten.

Wir sollten also mit großem Engagement zu diesem Abkommen stehen und nicht die vordergründige Kostenfrage stellen, nämlich: Was kostet es, und was bringt es? – Wir alle profitieren davon! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich hatte im Rahmen einer Fachtagung über die Zukunft der postgradualen Bildung in Europa die Gelegenheit, an den Beratungen teilzunehmen. Das Spannende, für uns Ermunternde und auch Aufrüttelnde war, festzustellen, daß es im Rahmen der anderen europäischen Länder und im Rahmen der Vordenker dieses Instituts eine ganz konkrete Vorstellung darüber gibt, wie es mit der postgradualen Bildung überhaupt weitergehen soll. Auch die nationalen Bemühungen sind dort wesentlich konzentrierter auf ein bestimmtes Augenmerk, auf eine, wenn Sie so wollen, Philosophie, auf eine bestimmte Zielrichtung gerichtet.

Was wir aus diesem Abkommen und diesem Engagement mitnehmen sollten, sind das Streben nach einem ebenso guten Betreuungsverhältnis, die Interdisziplinarität der Forschung und die Intention, nicht – ich sage das jetzt einmal auf wienerisch – "auf jedem Kräutel eine Suppe sein zu wollen", sondern sich auf bestimmte Fragestellungen zu konzentrieren. (Abg. Dr. Brauneder: Entschuldigen Sie, das gehört umgekehrt: "Ein Kräutel auf jeder Suppe"!)  – Richtig: "kein Kräutel auf jeder Suppe sein zu wollen", Entschuldigung.

Wir sollten uns in allen postgradualen Einrichtungen, besonders in unseren beiden schon genannten, der Donau-Universität und dem IHS, auf bestimmte Fragestellungen konzentrieren. (Abg. Dr. Khol: Zeit ist Geld!) Zeit ist Geld! So ist es.

Unter der Maßgabe, daß wir uns in einer aktuellen Bildungsdiskussion befinden, möchte ich Ihnen, Herr Bundesminister, auch dazu gratulieren, daß Sie sich gemeinsam mit dem Präsidenten des Wiener Stadtschulrates Scholz von der Gesamtschule verabschiedet haben. Ich denke, das ist ein Prozeß, der sich in Europa schon längst entsprechend vollzogen hat.

Eine Frage habe ich noch an Sie, Herr Minister – ich weiß allerdings nicht, wie Sie mir das beantworten wollen –: Sehen Sie einen Sinn darin, wirklich alle pädagogischen Berufe – sie werden in einem SP-Papier genannt – in pädagogischen Fakultäten erlernen zu können? Unter diesen pädagogischen Berufen werden aufgezählt: die Pflichtschullehrer, die Erzieher, die Kindergärtner, aber auch die Animateure . – Herr Bundesminister! Wenn wir Bildung, postgraduale Bildung und Wissenschaft ernst nehmen, dann würde mich interessieren, wie Sie zu diesem "pädagogischen" Beruf der Animateure beziehungsweise zur Ausbildung dazu an den Universitäten stehen. (Bundesminister Dr. Einem macht eine zustimmende Geste.) Sie können sich dafür erwärmen? – Danke. Ich sehe Ihrer Antwort entgegen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Er wird nur einen Satz sagen!)

17.20

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Wenn ich sage, daß internationale Wissenschaftsbeziehungen wichtig sind, so steht die Länge dieses Satzes natürlich in disproportionalem Verhältnis zu seinem Inhalt. Daher ist das Europäische Hochschulinstitut in Florenz aus den schon mehrfach genannten Gründen eine sehr begrüßenswerte Einrichtung, an der Österreich ja auch teilnimmt und auch weiterhin teilnehmen soll.

Ein kleiner Wermutstropfen in diesem sozusagen italienischen Wein ist der Umstand, daß er teurer geworden ist, und zwar um etliches teurer! Man könnte jetzt darüber spekulieren, ob man anläßlich des EU-Beitrittes hierüber hätte verhandeln können, aber das wäre sozusagen Schnee von gestern, was für die Toskana ein bißchen komisch wäre. Aber ich möchte das auch einmal gesagt haben.

Wenn ich das Thema pro futuro sehe, so habe ich vor allem zwei Wünsche: daß wir erstens – das ist mein genereller Wunsch – daraus das Beste machen, was zu machen ist, und daß zweitens die Möglichkeit für Lernende und Lehrende, das Institut zu frequentieren, so stark wie möglich ausgeschöpft wird. Ich habe diesbezüglich die konkrete Bitte an Sie, Herr Minister, so es Ihrem Ressort nicht zu aufwendig ist, für etwas mehr Aufklärung an den Hohen Schulen zu sorgen, damit trotz der Autonomie – diese ist ganz heilig, sozusagen wie eine Kuh in Indien –


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diese Chance von den Universitäten genützt werden kann! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.2


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1

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, der Kündigung des Kooperationsabkommens mit dem Europäischen Hochschulinstitut in 906 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des Staatsvertrags: Übereinkommen über die Gründung eines Europäischen Hochschulinstituts samt Protokoll und Schlußakte, Beschlüsse des Obersten Rates, Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens sowie Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens in 908 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch in diesem Fall erfolgt die Beschlußfassung einstimmig. Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, daß dieser Staatsvertrag dadurch kundzumachen ist, daß er in allen authentischen Sprachfassungen beim Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr zur öffentlichen Einsichtnahme aufgelegt wird.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Heiterkeit und Hinweise auf Abg. Wabl, der sich bei der Abstimmung als einziger nicht erhoben hat.) – Es tut mir leid, ein Abgeordneter ist sitzen geblieben, daher ist es nur die Mehrheit. (Abg. Schwarzenberger: In der Schule heißt das: die Klasse wiederholen!)

11. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (891 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1033 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 297/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Familienbeihilfe für ausländische Mitbürger (1036 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 373/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, geändert wird (1034 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 374/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus (1035 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir beginnen daher sofort mit der Debatte.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.25

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder, so könnte man sagen, kommt nicht nur das Christuskind, sondern jedes Jahr im Dezember gibt es auch eine Sitzung des Familienausschusses. (Beifall bei den Freiheitlichen und demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist nicht sehr positiv, weil es eben nur eine Sitzung dieses Ausschusses pro Jahr gibt. Und das bedeutet, daß Vorschläge betreffend Gesetzesänderungen und Anträge der Opposition ein ganzes Jahr lang liegen bleiben, bevor sie behandelt werden, und daß notwendige Korrekturen zum Beispiel redaktioneller Fehler ein ganzes Jahr lang nicht erledigt werden, weil eben der Familienausschuß nur einmal im Jahr tagt.

So ist es eben auch geschehen, daß ein Fehler, der eine gravierende Verschlechterung für Studentinnen ihren männlichen Kollegen gegenüber nach sich zog, ein ganzes Jahr lang nicht korrigiert wurde, obwohl wir Freiheitliche bereits bei der Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes im Dezember 1996 darauf hingewiesen haben. Man ist damals nicht darauf eingegangen.

Das hatte zur Folge, daß wir am 13. Dezember einen Antrag auf Änderung gestellt haben, denn diese Verschlechterung hat bewirkt, daß außer den finanziellen Einbußen für Studierende, wie zum Beispiel die Abschaffung der Freifahrt, auch eine Verkürzung der Anspruchsberechtigung für die Familienbeihilfe in Kraft getreten ist und daß die Ausnahme, die man für Präsenz- und Zivildiener gemacht hat, für Frauen, die Mütter oder werdende Mütter sind, nicht möglich war.

Nun, im Dezember 1997, ist die Regierung bereit, diese Ungleichbehandlung auszumerzen. Und ich stelle mit Genugtuung fest, daß man sogar bereit ist, das rückwirkend zu tun. Aber anscheinend ist es wirklich so, daß in Österreich etwas passieren muß, damit etwas passiert. Es muß Geschädigte geben, damit freiheitliche Initiativen von der Regierung berücksichtigt werden!

Wir beantragen zu dieser Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes eine getrennte Abstimmung. Wir werden den genannten Positionen natürlich unsere Zustimmung geben, aber es gibt auch andere Punkte, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde. Ich bin sicher, daß diese getrennte Abstimmung hier im Plenum ohne Schwierigkeiten über die Bühne gehen wird. Im Familienausschuß war das mit ein paar Schwierigkeiten verbunden, wie wir Betroffenen wissen.

Man hat in diese Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes, wie gesagt, auch andere Punkte hineingepackt, mit denen wir nicht einverstanden sind, zum Beispiel eine Informationskampagne, die Millionen kostet, zur Bekämpfung des Rückgangs der Zahl der Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen.

Wir Freiheitlichen haben bereits im Dezember des vergangenen Jahres darauf hingewiesen, daß diese Entwicklung zu befürchten ist, und haben einen Antrag eingebracht, Herr Bundesminister, der dem einstimmigen Vorschlag des familienpolitischen Beirats in Ihrem Ministerium


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entspricht. Der familienpolitische Beirat hält es für notwendig, wieder einen Bonus einzuführen, und zwar zumindest in Höhe von 6 000 S, auszuzahlen in drei Raten.

Herr Bundesminister! Die laufende Debatte über die Familienbesteuerung und über die zunehmende Verarmung von Jungfamilien hat ja offenkundig gemacht, daß gerade die Streichung der Geburtenbeihilfe eine Maßnahme war, die nicht zu akzeptieren ist, die falsch ist. Daher sollte man diese Beihilfe wieder einführen.

Falsch ist unseres Erachtens auch vieles, was sich im Bereich der Schulbücher getan hat, tut und tun wird. Es hat bereits definitive Verschlechterungen für Kinder gegeben, und zwar dadurch, daß man die Rechtschreibreform für die zweiten Klassen eingeführt und neue Schulbücher in Deutsch aufgelegt hat. Die neuen Arbeitsbücher und Deutschbücher sind von der Qualität her viel schlechter als die vorigen und erschweren es den Kindern, mit diesen Büchern zu arbeiten. Aber, Herr Bundesminister, wie Sie wissen, sind die Bücher um 20 Prozent teurer geworden. So kostet zum Beispiel das Arbeitsbuch jetzt 38 statt 28 S und das Deutschbuch 112 statt 93 S. Das sind – zusätzlich zu den qualitativen Verschlechterungen der Bücher – auch finanzielle Nachteile, die wir nicht richtig finden.

Ich verstehe schon, Herr Bundesminister, daß Sie versuchen, diese Verteuerungen auf irgendeine andere Art und Weise hereinzubringen, nämlich mit der freiwilligen Wiederverwendung von Schulbüchern. Aber damit, wie das zur Beschlußfassung ansteht, können wir auch nicht einverstanden sein, nämlich damit, daß der 10prozentige Selbstbehalt einzementiert wird, obwohl er eigentlich als Übergangslösung geplant war.

Sie wollen auch, daß der Selbstbehalt für wiederverwendete Bücher bezahlt wird, wodurch er letztlich doppelt bezahlt wird, weil Sie ihn in einer gewissen Höhe fixieren. – Es gibt eine Menge von Kuriositäten in diesem Bereich der Schulbuchaktion, denen wir unsere Zustimmung nicht geben können; meine Kollegin Madl wird später noch darauf eingehen.

Vor allem eines, Herr Bundesminister: Ich denke, Sie sollten dieser qualitativen Verschlechterung bei den Schulbüchern wirklich mit aller Kraft entgegentreten. Sparen ja – dafür haben wir Freiheitliche Verständnis –, aber nicht bei der Qualität der Unterrichtsmaterialien für unsere Kinder! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.31

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein Glas kann halb voll oder halb leer sein. Ich werde es Ihnen jetzt halb voll präsentieren. (Abg. Dr. Pumberger: Das ist positives Denken!)

Im Strukturanpassungsgesetz 1996 hatten wir die Auflage, die Grenze des Bezugs der Familienbeihilfe vom 27. Lebensjahr auf das 26. Lebensjahr zu senken. Es wurde damals hineinverhandelt, daß Krankheit, Auslandsaufenthalt, Präsenzdienst, Zivildienst und Schwangerschaft den Bezug der Familienbeihilfe bis zum 27. Lebensjahr ermöglichen soll. Dann mußten wir allerdings letztes Jahr, am 3. Dezember 1996, im Ausschuß mit Bestürzung feststellen, daß Schwangerschaft nicht als Grund der Verlängerung des Familienbeihilfenbezugs vorgesehen war. Das wird nun korrigiert, meine Damen und Herren, und zwar ohne irgendeinen Nachteil! Das Gesetz ist mit 1. Oktober 1996 in Kraft getreten, und der Anspruch soll auch rückwirkend ab diesem Zeitpunkt geltend gemacht werden können, sodaß niemandem ein Schaden entsteht! (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Punkt im Zusammenhang mit dem Familienlastenausgleichsgesetz ist die Schulbuchaktion. Wir haben nunmehr einen Versorgungsgrad von 75 Prozent, und wir haben eine Obergrenze von 1,2 Milliarden Schilling eingezogen. So muß man sich eben nach der Decke strecken. Das heißt, um wieder einen 90prozentigen oder höheren Verwendungsgrad der Schulbücher zu ermöglichen, gibt es die Wiederverwendung. Die Wiederverwendung wird schon seit


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Jahren von Elternvereinen gefordert und auch von Lehrerorganisationen unterstützt. Meine Damen und Herren! Wiederverwendung bedeutet auf keinen Fall Qualitätsverlust! (Beifall bei der ÖVP.)

Es muß bei der Schulbuchaktion des weiteren darauf Bedacht genommen werden, daß auf modernes, offenes Lernen wesentlich stärker eingegangen werden kann. Das wird dadurch ermöglicht, daß man im Ausmaß von 15 Prozent automationsunterstützte Datenträger, Lernbehelfe, Lernspiele und ähnliches anschaffen kann.

Wir haben bei der Schulbuchaktion nun eine Pauschalierung eingeführt; diese Pauschalierung hat einen bürokratischen Hintergrund. Nur 3 Prozent der Eltern haben entsprechenden persönlichen Einsatz geleistet und wiederverwendbare Bücher eingebracht, sodaß sich ihr Selbstbehalt reduzierte. Diese 3 Prozent waren aber mit einem solch hohen Ausmaß an bürokratischem Aufwand verbunden, daß dieses in einem unangemessenen Verhältnis zu den Einsparungen stand. Daher die Pauschalierung! (Beifall bei der ÖVP.)

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Mutter-Kind-Paß. Wir haben damit – ich wiederhole das immer wieder – ein EU-Vorzeigeprojekt. Es ist die Säuglingssterblichkeit dadurch gesunken und die Folgekosten sind durch Frühuntersuchungen und Früherkennung entsprechend gesunken. In der Ausschußsitzung stellte es sich für uns noch so dar, als ob sich auch die Untersuchungsdisziplin gegenüber dem ersten halben Jahr wesentlich verbessert hätte. Wir haben gesehen, daß es österreichweit 7,9 Prozent sind. Ich muß aber hinzufügen, daß damit ein verzerrtes Bild vorliegt. Aufgrund einzelner Daten aus den Bundesländern mußten wir mit Bestürzung feststellen, daß zwischen dem 22. und 26. Lebensmonat ein Rückgang von 15 Prozent zu verzeichnen ist, zwischen dem 34. und 38. Lebensmonat ein Rückgang von 20 Prozent und zwischen dem 46. und 50. Lebensmonat ein Rückgang von 30 Prozent. Ich plädiere daher noch einmal dafür, die Bonifikation aufzuteilen: die erste Hälfte zum 1. Geburtstag und die zweite Hälfte zum 4. Geburtstag zu geben.

Andererseits sage ich auch folgendes: Wir haben in diesem Bereich ein Wertebewußtsein zu entwickeln, denn schließlich und endlich wollen wir den verantwortungsvollen Menschen. Aber dem Geschenk ein Geschenk beizufügen, damit nämlich das 16 000-S-Geschenk – soviel sind die Gratisuntersuchungen wert – angenommen wird, soll es nicht geben! Wir wollen Menschen, die kompetent sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

17.36

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz, die wir heute verhandeln, ist die Verlängerung der Bezugsdauer für die Familienbeihilfe um ein Jahr vorgesehen, wenn während des Studiums eine Schwangerschaft eintritt. In diesem Fall wird die Familienbeihilfe in Zukunft bis zum 27. Lebensjahr ausbezahlt. Das mag für die betroffenen Frauen auf den ersten Blick wie eine Erleichterung aussehen, wir halten diese Lösung allerdings für kurzsichtig. Außerdem geht sie von falschen Voraussetzungen aus.

Frau Kollegin Dr. Moser! Wenn man schon Versäumnisse beseitigen will, dann sollte man keine halben Sachen machen. Die Unterstützung von Studierenden mit Kind ist durchaus begrüßenswert, es sollte dabei allerdings nicht nur auf die Schwangerschaft beziehungsweise auf die Geburt des Kindes abgestellt werden, denn es gibt auch danach Probleme. Zum Beispiel ist die Notwendigkeit der Betreuung eines Kleinkindes uns allen bewußt, und wir wissen auch, daß durch die Betreuung eines Kleinkindes durchaus eine Verzögerung in der Berufsausbildung eintreten kann.

Wir denken daher, daß eine Verlängerung der Dauer der Gewährung der Familienbeihilfe primär jenen Personen zuerkannt werden soll, die durch die Betreuung eines Kleinkindes am Ausbildungsfortgang gehindert sind. Dies gilt mit entsprechendem Nachweis selbstverständlich für Mütter wie für Väter. (Beifall beim Liberalen Forum.) Denn die Beihilfe allein auf die Geburt


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beziehungsweise auf die Schwangerschaft abzustellen, bedeutet, daß man den Frauen "rollenzementierend" ihre vermeintliche alleinige Verantwortung für die Kinder zuschreibt, im Gegensatz zum partnerschaftlichen Prinzip, das Vätern gleichzeitig Verantwortung zuweist.

Wie bekannt ist, haben wir im Familienausschuß einen entsprechenden Abänderungsantrag eingebracht. Dieser wurde leider auch mit den Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt, obwohl genau diese Forderung von Frau Bundesministerin Prammer erhoben wurde.

Meine Damen und Herren! Der nächste Punkt: Die in der Novelle vorgesehenen Maßnahmen zur Information über die Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen halten wir in der heutigen Zeit für nicht mehr zielführend. Denn dafür 3 Millionen aus dem Familienlastenausgleich zu entwenden, geht an der Sache vorbei. Herr Minister! Auch ich bin für Aufklärung – Sie haben mir in der Ausschußsitzung etwas anderes unterstellt –, aber sie kann bereits in einem anderen Bereich geschehen, nämlich verstärkt durch die Ärzteschaft während der Schwangerschaft. Ebenso kann in den Spitälern bei der Geburt auf die Wichtigkeit der Kindesuntersuchungen hingewiesen werden.

Ich möchte hier noch einmal ganz klar fordern und aus unserem Eigenverständnis heraus sagen: Es liegt auch im Eigeninteresse, Eigenverantwortung zu tragen! (Beifall beim Liberalen Forum.) Wir Liberale werden dieser Geldentnahme von 3 Millionen aus dem FLAF unsere Zustimmung jedenfalls nicht geben und beantragen eine getrennte Abstimmung dieser Gesetzesvorlage. Das gilt auch für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Sonja Moser und Dr. Ilse Mertel für die vorgesehene Schulbuchaktion.

Aus unserer Sicht ist die derzeitige Selbstbehaltsregelung aus drei Gründen schlecht: Sie ist sozial unausgewogen, sie ist außerdem kompliziert und nicht administrierbar, und sie bietet zudem keinen Anlaß zum Sparen. Wir Liberale fordern daher das Aus für den 10prozentigen Selbstbehalt der Eltern für Schulbücher. Es ist nicht einsichtig, warum für die Schüler und Schülerinnen unabhängig davon, welche Bücher sie neu benötigen, und unabhängig von der Schulform gleichermaßen ein 10prozentiger Selbstbehalt berechnet werden soll. Dies führt auch zu einer erheblichen Mehrbelastung für kinderreiche Familien. Ich verstehe insbesondere Ihre diesbezügliche Haltung, meine Damen und Herren von der ÖVP, nicht!

Weiters ist durch die Festlegung dieses Betrages für jede Schulart – unabhängig von der Anzahl neuer Bücher – der pädagogische Spareffekt gegenüber den Eltern erloschen. Bedenklich ist auch, daß Eltern möglicherweise Beiträge zahlen, obwohl keine neuen Schulbücher angeschafft werden beziehungsweise die Schulbücher nicht in das Eigentum der Schülerinnen und Schüler übergehen. Auch aus pädagogischen Gründen wird ein Leih- beziehungsweise ein Mischsystem als großer Rückschritt betrachtet.

Dies, meine Damen und Herren, sind nur einige der Gründe, warum wir diesem Abänderungsantrag im Zuge der Beschlußfassung über diese Regierungsvorlage unsere Zustimmung nicht geben.

Zum Antrag 297/A (E) der Abgeordneten Dr. Kier, Motter und Partner/innen möchte ich in aller Kürze noch einmal festhalten: Durch die Kündigung der Abkommen zur sozialen Sicherheit mit den Nachfolgestaaten von Jugoslawien, mit der Türkei und Tunesien verlieren in Österreich lebende Ausländer – wenn sie kürzer als fünf Jahre in Österreich sind – den Anspruch auf Familienbeihilfe. Wir sehen dies als soziale Ungerechtigkeit, denn diese Menschen wurden in unser Land geholt, und nunmehr haben sie über Nacht eine ihnen zugesicherte Beihilfe verloren. Dieser Akt kann nur als unvernünftig und gleichheitswidrig abgelehnt werden. Wir sehen nicht ein, daß die Familien in unserem Land in zwei Klassen unterteilt werden sollten, nämlich in einheimische und in ausländische. Ein christlicher Ansatz ist dies jedenfalls nicht, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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17.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.42

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Vier Kriterien waren für die SPÖ ausschlaggebend und maßgeblich für eine Reform der Schulbuchaktion.

Erstens: Die Schulbücher bleiben bis zum Rückgabezeitpunkt im Eigentum des Schülers oder der Schülerin.

Zweitens: Die Wiederverwendung der Schulbücher muß auf Freiwilligkeit beruhen.

Drittens: Es soll einen einheitlichen Selbstbehalt – ohne aufwendige Administration – für neue Schulbücher geben.

Und viertens – Frau Haller, das ist der für die SPÖ entscheidende Punkt –: Es soll eine qualitative Weiterentwicklung der Schulbuchreform stattfinden; ich komme später noch darauf zu sprechen.

Diese vier Punkte werden in dieser Novelle zum FLAG erfüllt. (Abg. Schaffenrath: Aber beim Selbstbehalt ist es so, wie ich gesagt habe!)

Heute geht es darum, die Schulbuchaktion als bildungs- und sozialpolitisch sehr wertvolle Sachleistung zu sichern. Sie ist kostendynamisch vergleichsweise gering und eine Sachleistung, die ein wesentlicher Beitrag dazu ist, daß alle Kinder den gleichen Zugang zur Bildung haben. Das jetzige System gewährleistet nämlich für jedes Kind Schulbücher und Unterrichtsmittel auf gleichem Niveau. Gesichert ist auch die Ausstattung mit aktuellen Lehrmitteln – also nicht veralteten Lehrmitteln –, ein relativ hoher Versorgungsgrad und eine prompte Versorgung der Kinder; auch das darf man nicht unterschätzen.

Ich bin davon überzeugt, daß sich das Instrument der Schulbuchaktion in den vielen Jahrzehnten, in denen es die Schulbuchaktion nun schon gibt, bewährt hat und daß es kostengünstig ist. Ein Schulbuch kostet durchschnittlich 122 S. Die Aufwendungen für die Schulbücher betragen 2 Prozent der Gesamtausgaben des Fonds.

Es besteht Freiwilligkeit bei der Wiederverwendung beziehungsweise Rückgabe des Schulbuches, denn das ist nur eine Möglichkeit, die eingeräumt worden ist. Es wird mit dem Gesetz etwas eingeräumt, das in der Praxis bereits verwirklicht ist. Schon seit 1984 empfehlen das Unterrichts- und das Familienressort regelmäßig in Informationen, daß Schulbücher weitergegeben werden sollen, und das geschieht teilweise auch. Dazu haben wir die Aufgaben der Schulpartnerschaftsgremien erweitert, und zwar im Schulunterrichtsgesetz, Frau Haller. Dort werden die Schulpartnerschaftsgremien aufgefordert, Richtlinien für die Wiederverwendung von Schulbüchern zu erlassen.

Aber am wichtigsten ist für die SPÖ, für die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen, die qualitative Neuausrichtung der Schulbücher: eine inhaltliche Weiterentwicklung in Richtung einer neuen Schulbuch- und Medienkultur. Dies, Frau Haller – auch wenn Sie mir Ihr Ohr nicht schenken; das dürfte Ihnen entgangen sein –, ist bereits vorgestern im Entschließungsantrag ... (Abg. Haller: Mir ist nichts entgangen! Ihnen ist einiges an den Ausbildungsproblemen entgangen!) Schimpfen Sie nicht dauernd mit mir. – Ich hätte Ihnen gerne den Entschließungsantrag an die Unterrichtsministerin mit seinen sechs Punkten übergeben. Wir haben das vorgestern beschlossen.

Dieser Entschließungsantrag enthält die dezidierte Feststellung, daß die österreichische Schulbuchaktion international anerkannt und ein wichtiger Bestandteil der familienpolitischen und bildungspolitischen Sachleistungen ist sowie wesentlich zur finanziellen Entlastung der Familien und zur Chancengleichheit im Bildungswesen beiträgt.

Aus sozialdemokratischer Sicht ist uns auch etwas wichtig, das in diesem Entschließungsantrag festgehalten ist: Die Unterrichtsmittel müssen einem bestimmten Unterrichtsprinzip verstärkt Rechnung tragen, nämlich dem Unterrichtsprinzip der Erziehung zur Gleichstellung von Frauen


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und Männern sowie der Rolle der Frau in der modernen Berufs- und Arbeitswelt und dem partnerschaftlichen Gedanken in der Familie. (Beifall bei der SPÖ.)

Zwei weitere Punkte im Zusammenhang mit dem Familienlastenausgleichsgesetz: Die Altersgrenze für den Bezug der Familienbeihilfe wurde von ursprünglich 27 auf 26 Jahre gesenkt. Und weil es immer wieder vorkommt, daß aufgrund einer Schwangerschaft und Geburt eines Kindes eine Berufsausbildung, vor allem im Fall eines Studiums, nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann, gibt es nun in Ausnahmefällen eine Verlängerung bis zum 27. Lebensjahr.

Weiters hat uns die Praxis gezeigt – darüber waren wir betroffen und bestürzt –, daß im bisherigen Verlauf des Jahres 1997 die Zahl der Untersuchungen zum Mutter-Kind-Paß gesunken ist, und zwar im Ausmaß von 10 bis 15 Prozent, je nach Region.

Wenn heute kritisiert wird, daß Mittel aus dem Familienlastenausgleichsfonds für die Informations- und Aufklärungsaktion zur Verfügung gestellt werden sollen, dann verstehe ich das nicht. Denn gerade Frau Madl hat in der Ausschußsitzung gemeint – sie zeigt zwar jetzt Desinteresse am Thema, aber sie hat es wiederholt gesagt –, daß insbesondere jüngere Mütter es verabsäumen, ihre Kinder untersuchen zu lassen. (Abg. Madl: Das habe ich nicht gesagt! Nein!) Sie hat das nicht begründet und hat es wahrscheinlich mit der Jugendlichkeit gekoppelt. Sie hat auch gesagt, das beruhe auf mangelnder Information dieser jüngeren Mütter. Aber da schließt sich der Kreis: Wir wollen eine Informationsaktion auch für die jüngeren Mütter, und damit hätten die jüngeren Mütter die Information, von der Sie, Frau Abgeordnete Madl, behaupten, daß sie sie nicht haben. Da beißt sich also die Katze in den Schwanz.

Wir können nur ausgestattet mit entsprechenden Mitteln Aktionen starten, um Eltern zu diesen im Bereich der Vorsorgemedizin wichtigen Untersuchungen zu motivieren. 21 Untersuchungen – ich habe das verifiziert – entsprechen einem Wert von 8 600 S, 21 Untersuchungen für Mutter und Kind. Ich denke, daß diese Vorgangsweise durchaus gerechtfertigt ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Steibl. )

17.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

17.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Selbstverständlich: Obwohl ich diese Stellungnahme faktisch schon im Ausschuß – wahrscheinlich wortgleich – abgegeben habe, muß ich mich noch einmal mit Ihnen, Herr Minister, über die Schulbuchaktion und deren "Neugestaltung", wie Frau Kollegin Mertel gesagt hat, deren "qualitativer Weiterentwicklung" auseinandersetzen. Frau Kollegin Mertel! Dieser "qualitativen Weiterentwicklung" kann ich beim besten Willen und auch beim besten Bemühen nicht folgen. (Abg. Dr. Mertel: Entschließungsantrag!)

Das ist keine Weiterentwicklung, sondern eine Rückentwicklung der Schulbuchaktion in Richtung Familieninkasso, das nichts mehr mit der ursprünglichen Systematik zu tun hat – auch diese haben wir kritisiert –, nämlich mit dem Selbstbehalt. Vor zwei Jahren erfolgte die Einführung des Selbstbehaltes mit der Argumentation: So schauen die Familien und die Kinder besser auf ihre Schulbücher, die ihnen gehören. Die Schulbücher bleiben bei ihnen, und so bekommen sie eine bessere Beziehung zum Eigentum. – Das schaut jetzt ganz anders aus!

Jetzt fängt das Schuljahr damit an, daß man zunächst einmal einen "Selbstbehalt" – unter Anführungszeichen – bezahlt, einen Familienbeitrag zur Schulbuchaktion (Abg. Dr. Mertel: Es geht nicht um die Abwicklung, es geht ums Buch!) , Frau Kollegin Mertel. Nachdem man diesen Beitrag bezahlt hat, der unabhängig von der Zahl der empfangenen Schulbücher und gleich hoch ist, egal ob man vier oder zehn neue Schulbücher bekommt, muß man im Laufe der zwei oder drei darauffolgenden Wochen mitteilen, ob man diese Schulbücher zu behalten gedenkt oder ob man sie in der Schulbibliothek abliefert. Dies am Anfang des Jahres, nicht am Ende des Schuljahres, sondern des Kalenderjahres!


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Wir haben im Ausschuß darüber diskutiert, daß eine entsprechende Vorlaufzeit notwendig sein wird. Das Schuljahr beginnt im September, und ein paar Wochen nach Schulbeginn habe ich zu melden, daß die Schulbücher abgegeben werden. Manchmal wird es derselbe Zeitpunkt sein, zu dem man den Beitrag für die Inkassoaktion zahlt.

Das ärgert mich. Das hat überhaupt nichts mehr mit der ursprünglichen Konzeption zu tun. Das ist keine Schulbuchaktion mehr, auf die Sie stolz waren und eigentlich auch stolz sein konnten, durch die jedem Kind in Österreich unabhängig von der materiellen Situation der Eltern Gratisschulbücher zur Verfügung gestellt wurden.

Da hat es natürlich bei der Abwicklung Probleme gegeben. Wir haben auch kritisiert, daß die Schulbuchverlage die Schulbücher etwas zu großzügig ausgestattet haben, daß einiges, was die Vielzahl von Schulbüchern betrifft, geschehen ist, was in diesem Umfang oder in manchen Bereichen nicht notwendig war, was man auch hätte korrigieren können. Man könnte die Arbeitsbücher in manchen Bereichen auch etwas rückentwickeln in Richtung Lehrbücher, und und und. Manches war denkbar, aber es ist ein anderer Weg in Richtung Selbstbehalt gegangen worden.

Jetzt betreiben Sie allerdings keine Weiterentwicklung des Selbstbehaltes, sondern jetzt machen Sie eine Schulbuchaktion mit Leihbuchcharakter und statten diese noch mit einem Inkasso aus. Herr Familienminister! Was mich besonders ärgert, ist, daß die Alleinerzieherin denselben Beitrag wie Sie zahlen muß – nicht jetzt auf die Person bezogen, aber das hat überhaupt nichts mehr mit dem sozialen Charakter zu tun, den die Schulbuchaktion einmal hatte. Nicht, daß ich Ihnen Ihr Einkommen oder mir oder uns das Einkommen neiden würde, aber es ist darauf hinzuweisen, daß jemand, der es sich leisten kann, genau den gleichen Beitrag bezahlt wie jener, der sich diese Beiträge nur schwer leisten kann, noch dazu für Bücher, die nur zum Teil im Eigentum verbleiben und in der Regel oder in manchen Fällen wieder zurückwandern. Und das ist ein Problem.

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich nicht sagen, daß es sich dabei um eine qualitative Weiterentwicklung handelt, es sei denn, man empfindet die Einführung einer Schulbuchsteuer – und das ist es im Prinzip – als qualitative Weiterentwicklung. Es geht in diese Richtung. Schulbücher unterliegen einer besonderen Besteuerung, unabhängig von der sozialen Situation; man kann auch "Schulbuchbeitrag" dazu sagen, dann klingt es ein bißchen neutraler. Ich sage es etwas deutlicher: Schulbuchsteuer oder Familieninkasso. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. )  – Nein, es ist kein Selbstbehalt, Herr Minister. Denn trotz des Selbstbehalts – das habe ich versucht, mit Ihnen schon im Ausschuß zu diskutieren; das hat durchaus auch in dem von Ihnen ursprünglich intendierten Sinn etwas mit selbst Behalten zu tun; das ist im Wort enthalten – ist jetzt das Selbst-Behalten nicht mehr gewährleistet, jetzt geht es in eine Leihbuchaktion über, Sie nennen es etwas euphemistisch "Schulbibliothek", und da ist das Selbst-Behalten nur mehr untergeordnet.

Meine Damen und Herren! Ich halte das für eine falsche Entwicklung, und das hoffe ich hiemit deutlich unterstrichen zu haben.

Die anderen Änderungen, die wir im Familienbeihilfegesetz vornehmen, halte ich für positiv. Sie folgen einer Anregung, die wir schon vor einem Jahr diskutiert haben. Es hat einen freiheitlichen Antrag gegeben, auch Vorstöße von uns in die Richtung, daß eine ungerechte Behandlung aufgehoben werden soll, auch die Liberalen haben sich dafür ausgesprochen und jetzt – und das halte ich für positiv, das sollte man durchaus erwähnen – auch die beiden Regierungsparteien.

Womit ich nicht einverstanden sein kann – und das war auch im Ausschuß schon so –, ist die Ablehnung des Antrags, der vom Liberalen Forums eingebracht wurde, und auch – ich sage es noch einmal deutlich, damit es auch im Protokoll nachzulesen ist – die Verweigerung der Familienbeihilfe für ausländische Mitbürger. Das verstößt gegen geltendes Recht, und zwar entweder deswegen, weil den ausländischen Mitbürgern der Unterhaltsabsetzbetrag gestrichen wird, oder deswegen, weil ihnen die Familienbeihilfe gestrichen wird. Sie wissen das, Herr


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Minister. Wir haben im Ausschuß darüber diskutiert, daß beides gleichzeitig nicht geht. Man kann nicht sagen, man streicht die Familienbeihilfe deswegen, weil sich das Kind dauernd im Ausland aufhält, und man streicht den Unterhaltsabsetzbetrag, weil sich das Kind nur vorübergehend im Ausland aufhält. Das paßt nicht zusammen.

Sie wissen genau, daß diese Regelung nicht hält. Wir werden alle Klagen unterstützen, die es in diese Richtung geben wird, wenn jemand gegen einen Bescheid des Finanzministeriums Einspruch erhebt. Ich hoffe, daß diese Sache auch eine europäische Dimension bekommt, damit dieser Republik Österreich vor Augen geführt wird, wie verlogen und unehrenhaft sie auch mit den Steuergeldern ihrer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger umgeht, die hier in diesem Land arbeiten. (Abg. Dr. Khol: Haben Sie gesagt "verlogen", Herr Öllinger?) – Es ist nichts anderes. Es gibt das Eingeständnis beider Regierungsparteien, daß diese Sache nicht korrekt ist.

Herr Kollege Khol! Ich warte darauf, daß von Ihrer Seite endlich Konsequenzen gezogen werden; es kann auch von sozialdemokratischer Seite sein. Das ist mir egal. Aber beide Parteien wissen, daß das eine oder das andere nicht geht. Beides gleichzeitig abzuschaffen oder zu verweigern ist unmöglich. Diese Menschen zahlen in unserem Land die gleichen Steuern wie Österreicher, sie hätten daher auch das Anrecht, bei der Familienbeihilfe gleich behandelt zu werden. Gut, das haben Sie gestrichen – das ist eine Entscheidung, mit der die Betroffenen leben müssen und wodurch sie als Menschen zweiter Klasse behandelt werden –, aber sie hätten immerhin noch die Möglichkeit, den Unterhaltsabsetzbetrag geltend zu machen. Den verweigern Sie ihnen jedoch auch, obwohl das geltendes Recht ist.

Und dabei – in diesem Sinn unterstützen wir auch den Antrag des Liberalen Forums – werden und können wir nicht mitmachen. Wir hoffen, daß dieses Haus bald einsieht, daß es sich um Unrecht handelt. Und damit schließe ich. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

17.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bevor ich jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort erteile, begehrt Frau Abgeordnete Dr. Mertel die Abgabe einer tatsächlichen Berichtigung . – Bitte, Sie haben das Wort dazu.

17.58

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Öllinger hat gesagt, daß es sich bei dem vorgelegten Gesetzentwurf und den darin enthaltenen Maßnahmen um keine qualitative Weiterentwicklung der Schulbuchaktion handelt. Herr Öllinger, das ist falsch. (Abg. Wabl: Das ist eine Meinung!)  – Sie äußern hier so oft Meinungen, Herr Wabl, und wir müssen stillhalten und uns das anhören, also bringe ich jetzt eine tatsächliche Berichtigung.

Das Familienlastenausgleichsgesetz und der FLAF sind für die organisatorische Abwicklung der Schulbuchaktion zuständig, nicht aber für deren inhaltliche Gestaltung. Die inhaltliche Gestaltung betreffend haben wir hier im Hohen Haus vorgestern, am 10. Dezember 1997, einen Entschließungsantrag beschlossen, gerichtet an die Unterrichtsministerin. Dieser Entschließungsantrag beschäftigt sich ausschließlich mit einer qualitativen Verbesserung der Schulbuchaktion. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe es jetzt auf, die tatsächlichen Berichtigungen wirklich zu bewerten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

17.59

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Sie, Herr Abgeordneter Öllinger, haben angemerkt, daß der Schulbuchaktion der soziale Aspekt fehle, daher möchte ich Sie gleich zu Beginn meiner Ausführungen fragen, ob es denn sozial ist, wenn wir heute im Bereich der Schulbücher bei einem Versorgungsgrad von nur noch 75 Prozent angelangt sind, was


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bedeutet, daß vielleicht nicht ganz 25 Prozent, aber doch ein gewisser Anteil der Schulbücher gekauft werden muß, und zwar von den Eltern. Ist es sozial, wenn man die einkommensschwachen und vielleicht auch die Mehrkindfamilien ebenfalls diese Schulbücher kaufen läßt?

Das Hauptmotiv für mich und für uns, die Schulbuchreform 1998 durchzuführen und hiemit im Hohen Haus die gesetzliche Grundlage zu schaffen, ist genau dieser Aspekt: Wir wollen wieder auf einen Versorgungsgrad von über 90 Prozent kommen, Frau Abgeordnete Mertel, wir wollen Österreichs Schülern Schulbücher in ausreichendem Maße und auch in einer entsprechenden qualitativen Ausstattung zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, das macht den Charme der Schulbuchreform 1998 aus, daß das Finanzielle, das Logistische mit dem pädagogischen Gut verschränkt ist, wobei es in den vergangenen Wochen eine hervorragende Zusammenarbeit nicht nur auf Ressortebene mit dem Unterrichtsressort, sondern auch auf der Abgeordnetenebene mit den Schulsprechern der beiden Koalitionsfraktionen, Antoni und Höchtl, gegeben hat. Mit dem Entschließungsantrag, der vorgestern beschlossen worden ist, haben wir auch die qualitative, die pädagogische Weiterentwicklung des Schulbuches sichergestellt.

Ich meine aber auch, daß es sehr wohl ein pädagogisches Anliegen ist, Österreichs Schüler und damit das Schulbuch etwas von der Wegwerfmentalität wegzuführen. Das hat auch etwas damit zu tun, daß ich als Umweltminister dem Wegwerfen eher kritisch gegenüberstehe und das Wiederverwenden insgesamt für die gescheitere Variante halte. Es ist sichergestellt, daß das auf freiwilliger Basis geschieht, aber doch in einem Ausmaß, bei dem wir hoffen, daß wir in etwa fünf Jahren zu einem Wiederverwendungsanteil von rund 15 Prozent kommen werden. Das ist die Voraussetzung dafür, daß auf der einen Seite mit 1,2 Milliarden Schilling das Auslangen gefunden werden kann, daß also die Deckelung hält, und auf der anderen Seite der Versorgungsgrad die von mir schon angeschnittenen 90 Prozent erreichen kann.

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Was noch nicht gesagt wurde, ist, daß es einen Vertrag gibt, der diese Schulbuchaktion auch in Richtung Verleger und Handel abdeckt, einen Fünfjahresvertrag, der gewissermaßen einen Übergang vom bisher völlig regulierten Bereich in den dann doch wahrscheinlich sehr marktnahen und weitgehend liberalisierten Bereich ab dem Jahr 2002, 2003 ermöglicht. Für diesen Übergangszeitraum wurde dieser Vertrag mit den für die Schulbuchreform auch in Österreich mit zuständigen Wirtschaftsbereichen des Schulbuchhandels und der Verlage geschlossen. Und daß dabei gut 20 Millionen Schilling an Einsparung pro Jahr herauskommen, ist auch nicht zu verachten und kann auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn von Schulbibliotheken gesprochen worden ist, so meine ich auch, daß es nicht eine Vision, aber doch eine Perspektive der Schulpolitiker ist, daß es in einigen Jahren in allen Schulen Österreichs zur Einrichtung von qualitativ hochwertig ausgestatteten Schulbibliotheken kommen wird, in denen es nicht nur, aber auch Schulbücher geben wird. Das würde einen Fortschritt bedeuten, der unter anderem auch durch die heutige Novelle mit gewährleistet wird.

Ich darf aber auch im Hinblick auf den Selbstbehalt noch anmerken, daß man hier die Kirche im Dorf lassen soll. Beträge zwischen 52 S in der Volksschule und 225 S in der Oberstufe von allgemeinbildenden höheren Schulen pro Kind und Jahr sind ein durchaus angemessener Selbstbehalt. Die Pauschalierung ist vernünftig, weil in der Vergangenheit kein Lenkungseffekt aufgrund von individuellen Bezugnahmen funktioniert hat – das hat Frau Abgeordnete Moser schon gesagt – und weil eben auch bei Schulbüchern das Prinzip gilt: Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Und schließlich, das sage ich auch sehr offen: Wir können und wollen auf 120 Millionen Schilling auch im Bereich des FLAF, auch im Bereich der Schulbücher nicht verzichten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich schließen mit einer Anmerkung, die in Richtung Frau Abgeordneter Motter geht: Sie fordern zwar mehr Eigenverantwortung, was die


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Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes betrifft. Ich kann Ihnen durchaus recht geben, bloß die Fakten sprechen dagegen. Es gehen die Untersuchungsquoten zurück. Daher sind Mittel für eine Informationskampagne zur Verfügung zu stellen, und zwar ohnehin so sparsam wie möglich. Man muß ein Recall-System starten und Mütter darauf aufmerksam machen, sie mögen doch zu diesen Gratisuntersuchungen kommen. Ich meine, daß Aufwendungen in Höhe von zirka 3 Millionen Schilling durchaus angemessen sind im Vergleich zum Gesamtaufwand der Untersuchungen, die im Rahmen des Mutter-Kind-Passes stattfinden, in Höhe von rund 900 Millionen Schilling pro Jahr.

Sie haben selbst später gesagt, daß Sie den Selbstbehalt nicht wollen. Da frage ich Sie, wie Sie es wirklich mit dem Selbstbehalt halten. Bei den Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes wollen Sie die Eigenverantwortung, beim Selbstbehalt für die Schulbuchaktion wollen Sie sie wieder nicht. Dort sollen der Selbstbehalt und damit auch ein gewisses Maß an Eigenverantwortung wegfallen.

Ich bedanke mich zuletzt beim Hohen Haus für die Korrektur eines legistischen – sagen wir es offen – Fehlers. Für Burschen mit Präsenzdienst konnte ein Jahr länger die Familienbeihilfe bezogen werden, allerdings nicht für junge Frauen, die schwanger sind oder Kinder haben. Wir haben das korrigiert. Es geht niemandem etwas verloren. Aufgrund der Tatsache, daß diese Bestimmung rückwirkend ab 1. Oktober 1996 gilt, wird dafür Sorge getragen, daß für studierende Mütter die Familienbeihilfe rückwirkend ausbezahlt werden kann, und zwar für den Fall, daß sie in der Zwischenzeit entfallen sein sollte.

In diesem Sinne, so meine ich, handelt es sich um ein abgerundetes Paket von Familiengesetzen. Es ist anzumerken, daß es, so geringfügig die Gesetzesänderungen auch sein mögen, die gesetzliche Basis für eine Schulbuchreform 1998 bildet, die die Zukunft des österreichischen Schulbuches finanziell, aber insbesondere auch von der qualitativen Ausstattung her für Österreichs Schüler sichert. (Beifall bei der ÖVP.)

18.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.06

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute eine Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes. Eine wichtige Sachleistung mit familien- und bildungspolitischem Inhalt ist, wie ich meine, unsere international anerkannte Schulbuchaktion. Sie trägt, wie wir alle wissen, wesentlich zur finanziellen Entlastung unserer Familien bei. Sie führt zu mehr Chancengerechtigkeit im Bildungswesen und wird durch diese Novelle sicherlich nicht entwertet. Ich sehe die Entwicklung nicht so düster wie mein Kollege Öllinger in dieser Frage.

Nach der Beratung und Abstimmung im Familienausschuß ist nunmehr vorgesehen, daß auch weiterhin ausgegebene Schulbücher in das Eigentum der Schüler übergehen, diese jedoch am Ende des Schuljahres ihre Bücher, wenn sie wollen – und das ist der wesentliche Unterschied zur Vorlage, die wir diskutiert haben –, also freiwillig, der Schule zur Wiederverwendung übergeben können.

Herr Abgeordneter Öllinger! Sie haben von der Wiederverwendbarkeit gesprochen, auch Frau Abgeordnete Moser hat dies getan. Ich möchte im besonderen betonen, daß gerade durch die Einführung der Freiwilligkeit eben sichergestellt ist, daß niemandem etwas weggenommen wird, es also zu keiner Enteignung kommt.

Ich möchte auch deutlich darauf hinweisen, daß gerade dieser Umstand der Freiwilligkeit für meine Fraktion von besonderer Bedeutung war. Sehr verehrte Damen und Herren! Wir wissen und haben das schon gehört, daß das Wiederverwenden vielfach schon Praxis in manchen Schulen ist. Die Schule hat dann auch zu bestimmen, welche Bücher noch verwendbar sind und wie sie verwendbar sind. Schule ist aber nicht der Direktor, der Lehrer, sondern Schule ist der Schulgemeinschaftsausschuß, Schule ist das Schulforum, und dort sind auch die Richtlinien und


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die Vorgangsweisen festzulegen. Damit sind also Eltern und Schüler mit eingebunden in diese Aktion, und ich kann nur hoffen, daß diese Einbindung nicht nur auf dem Papier erfolgt, sondern auch realisiert wird.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wie in anderen Lebensbereichen ist auch bei dieser Aktion – und da gehe ich mit dem Herrn Bundesminister völlig konform – der Grundsatz der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit anzuwenden. In jeder Schule ist daher meiner Meinung nach künftig ein Weg zu suchen, wie dieses freiwillige – ich betone es noch einmal: freiwillige – Rückgaberecht respektiert und die Wiederverwendung organisiert wird.

Ich glaube, daß in einem Schultyp, nämlich insbesondere in den berufsbildenden Schulen und den Berufsschulen, die angestrebte 15prozentige Quote vielleicht nicht erreicht werden wird. Ich kann nur aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, daß wir gut beraten sind, insbesondere im berufsbildenden Schulwesen den Schülern zu empfehlen, Fachbücher, die ein lebenslanger Begleiter im Beruf sein können, nicht zurückzugeben, sondern sich diese gut aufzuheben und nicht zu entsorgen. Gerade die Fachbücher haben eine hohe Qualität und sollten daher bewußt im Eigentum des Schülers bleiben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte abschließend noch einen Appell an den Herrn Bundesminister richten: Sparen ohne Qualitätsverlust ist angesagt. Wir haben schon darüber diskutiert, und im Entschließungsantrag ist es festgehalten: Umfang der Schulbücher, Anzahl der Schulbuchtitel, Formate, graphische und farbliche Gestaltung und vieles mehr. Herr Bundesminister! Ich glaube, die Frau Bundesministerin Gehrer wird Sie nicht zurückweisen, wenn Sie sie gegenüber den Verlagen und gegenüber den Autoren dabei unterstützen, daß Modalitäten gefunden werden, um letztendlich das Einsparungspotential im Bereich der Schulbücher, das meiner Meinung nach vorhanden ist, vollständig auszunützen. Unsere Unterstützung beim Einsparen werden Sie haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. Gleichfalls freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.11

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß zu Beginn meiner Wortmeldung eine Berichtigung vornehmen. Frau Kollegin Mertel hat behauptet, daß ich im Ausschuß gesagt hätte, man müsse die jungen Mütter informieren. Frau Kollegin Mertel! Das Gegenteil ist der Fall, denn ich habe gesagt: Die jungen Mütter sind informiert, denn in jedem Mutter-Kind-Paß sind alle Informationen über Impfungen, über Röntgen, über die Fortschritte, die ein Kind machen muß, enthalten. Man muß es nur lesen. Und darum werden wir diesen Teil dieses Gesetzes heute ablehnen, denn wir meinen, daß man das Geld nicht für diese Informationskampagne beim Fenster hinauswerfen soll, wenn doch die Informationen im Mutter-Kind-Paß ohnehin enthalten sind, sondern daß man es lieber als Geburtenbeihilfe den jungen Müttern wieder zukommen lassen soll. Das war es, was ich gesagt habe! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Aber keine Propaganda machen damit!) Sehr richtig! Man soll es den Müttern zukommen lassen, statt Propaganda zu machen!

Im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag Moser/Mertel hat meine Kollegin Haller schon avisiert, daß ich etwas näher auf die Neugestaltung der Schulbuchaktion eingehen werde. Ich möchte einmal grundsätzlich feststellen, daß jetzt, im Jahre 1997, dieser zehnprozentige Selbstbehalt gesetzlich verankert wird. Bei der Verabschiedung des Strukturanpassungsgesetzes im Jahr 1995 hat es geheißen, daß das eine Übergangsregelung für höchstens ein Jahr sein wird. Das hat sich dann angeblich aufgrund des Koalitionsbruchs und der Neuwahlen um ein Jahr verlängert. Aber man hat gesagt, daß Arbeitsgruppen eingesetzt wurden, die die Schulbuchaktion neu gestalten sollen.

Wenn allerdings das gegenständliche Ergebnis der Ausfluß der Bemühungen dieser Arbeitsgruppe war, dann werde ich mich in Zukunft fürchten, wenn es heißt, daß Arbeitsgruppen eingesetzt werden, dann werde ich das als Drohung empfinden. Denn diese Arbeitsgruppe hat


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nichts Gutes herausgebracht. Sie ist lediglich zu dem Ergebnis gekommen, daß die 10 Prozent Selbstbehalt den Eltern in Zukunft bleiben, und sie hat zusätzlich noch ein Leihbuchsystem für die sogenannte Wiederverwendung eingeführt. Früher hat man das "Antiquariat" genannt, und bei diesem Ausdruck bleibe ich auch, denn das ist es.

Im Gesetzestext heißt es, daß ein Schüler auf freiwilliger Basis sein Schulbuch zur Verfügung stellen kann. – Ich empfinde diesen Passus als Alibiaktion, und zwar vor jenen Eltern und Schülern, die einfach nicht verstehen können, daß man ein Schulbuch nach einem Jahr wegwerfen soll, obwohl es noch gut ausschaut. Außerdem sehe ich das als Alibiaktion, weil es nicht viele Eltern geben wird, die dieses Leihbuchsystem in Anspruch nehmen und ausnützen werden.

Ich sage ich Ihnen auch, wieso: Die Schüler können der Schule freiwillig Schulbücher für die Wiederverwendung geben. So weit, so gut. Die Schüler haben bis spätestens zum Ende des Kalenderjahres der Schule mitzuteilen, welche Schulbücher sie für die Wiederverwendung zur Verfügung stellen. Jetzt frage ich mich, warum diese Mitteilung am Ende des Kalenderjahres und nicht am Ende Schuljahres zu erfolgen hat. Kann der Schüler am Ende des Kalenderjahres überhaupt wissen, ob er die Klasse bestehen wird und das Schulbuch gegebenenfalls im nächsten Jahr nicht zur Wiederholung braucht? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wenn er repetiert, kann er das Buch ohnehin behalten!) Moment! Darauf komme ich noch zurück! Da gibt es nämlich eine Schwierigkeit. Denn es geht dabei klarerweise auch um die Bestellung der neuen Bücher durch die Schulen im März/April. Daran muß man auch denken.

Aber kann ein Schüler Mitte Dezember, wenn er sagt, daß er das Buch hergibt, wirklich beurteilen, ob das Buch Mitte Juli so ausschauen wird, daß er es weitergeben kann, ohne daß das eine Zumutung ist? Wie soll die Schule im März/April, wenn die mengenmäßigen Bestellungen bei den Schulbuchhändlern zu machen sind, tatsächlich wissen, wie viele Bücher wirklich zurückkommen werden? Da wird es sicherlich im Herbst zu Versorgungsschwierigkeiten kommen!

Vernünftiger wäre es gewesen, wenn man die Bekanntgabe zwar für Ende des Kalenderjahres, jedoch für das vergangene Schuljahr festgelegt hätte. Denn dann weiß man, in welchem Zustand ein Buch tatsächlich ist und ob man die Klasse bestanden hat. Dann kann man das Buch der Schule zur Verfügung stellen. Das wäre vernünftig gewesen. (Abg. Dr. Antoni: Wissen Sie, was Sie jetzt gesagt haben? Das ist ein Wahnsinn!)

Herr Kollege! Richtlinien über diese Leihgabe und über diese Leihbibliothek werden im Schulgemeinschaftsausschuß ausgearbeitet. Man stelle sich vor: Es gibt hunderttausend Schulen, dann werden wir hunderttausend Richtlinien haben! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Antoni. ) Selbstverständlich! Wenn der Herr Minister jetzt sagt, daß er sich 15 Prozent erwartet, dann werden sowieso 85 Prozent bestellt. Denn es kommen ja nicht 100 Prozent der Bücher ins Antiquariat zurück! Betreffend unseren Vorschlag sehe ich keine Versorgungsschwierigkeiten. Denn wenn die 15 Prozent – die sowieso hoch gemessen sind – ein Jahr später weitergegeben würden, dann wüßte man genau, wie viele Bücher zurück in die Leihbibliothek kommen. Das wäre vernünftiger gewesen als ein Aviso im vorhinein, das nachher nicht eingehalten werden kann.

Aber das Beste kommt erst! Diese Schulbuchaktion ist pauschaliert, wie heute schon ein paar Mal zugegeben worden ist. Das heißt, jeder Schüler, der im Herbst beginnt, bekommt einen Erlagschein über die 10 Prozent Selbstbehalt für die Bücher, die er erhält. Dann zahlt er für das neue Buch ebenso 10 Prozent wie für das Buch aus dem Antiquariat. Da kann es vorkommen, daß er dreimal für dasselbe Buch 10 Prozent bezahlt!

Herr Bundesminister! Das Geld, das die Eltern zahlen, geht ans Ministerium. Jetzt frage ich Sie: Wo liegt der Einsparungseffekt für die Schule? – Es gibt für die Schule überhaupt keinen! Sie kassieren für das Antiquariat zusätzlich 10 Prozent, und das jährlich! Das ist die Wahrheit, und das werden die Eltern nicht einsehen. Und es wird auch kein Schüler einsehen, warum er, obwohl er ein Buch zurückgibt, dafür nicht belohnt, sondern bestraft wird. Denn wenn er ein Buch aus dem Antiquariat bekommt, muß er auch noch 10 Prozent Selbstbehalt bezahlen.


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Herr Bundesminister! Wir sind gegen diese Regelung. Wir lehnen auch eine Festschreibung der 10prozentigen Selbstbehalte ab. Durchforsten Sie die Schulbuchaktion auf Sinnhaftigkeit und Effizienz. Dann haben die Schüler weniger Bücher, sie haben weniger zu schleppen, und die Eltern brauchen die Kosten nicht zu tragen! Das wäre eine echte Familienpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.


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18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Gleichfalls 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.18

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir einige Anmerkungen zur Thematik Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen.

Ich glaube, daß in der derzeitigen Situation der Vorschlag und der Schritt seitens des Bundesministeriums, mehr Information zu geben, leider wirklich noch notwendig ist. Ich möchte hier festhalten, daß alle Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen kostenlos sind. Auch wenn man nicht versichert ist, kann man bei der zuständigen Gebietskrankenkasse dafür einen Krankenschein bekommen und diese Leistungen in Anspruch nehmen. Ich meine, daß es notwendig ist, daß man nicht nur darüber informiert, sondern auch darüber spricht, daß man als Mutter, aber auch als Vater die Aufgabe hat, entsprechende Vorsorge zu treffen.

In der Steiermark liegen wir an der Spitze, das heißt, wir haben nur 7 Prozent Rückgang bei den Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen. Dazu möchte ich auch sagen, daß es dort eine gute Kooperation zwischen dem Familienreferat des Landes und dem Gesundheitsressort gibt. Das Gesundheitsressort hat mit dem zuständigen Landesrat eine Motivstudie bezüglich des Rückganges in Auftrag gegeben. Dabei ist es hochinteressant, daß gemäß der Befragung der Frauen und Mütter der Belastungsfaktor – das zur Untersuchung Hingehen und das lange Warten mit den Kindern in manchmal ungemütlichen Vorzimmern – der für den Rückgang ausschlaggebendste Faktor ist. In Anbetracht dessen muß man sich fragen: Wie gehen die zuständigen Ärzte, seien es die Gynäkologen oder aber auch die Kinderärzte, mit dieser Streßsituation der Mütter um?

Interessant war auch, daß 49 Prozent angaben, daß es ihnen recht wäre, in ein Recall-System eingebunden zu werden, und über 73 Prozent sind bereit, ihre Adresse dafür bekanntzugeben. Interessant ist auch, daß einige führende Ärzte seitens des Landeskrankenhauses, aber auch der Krankenhäuser in den Regionen, angegeben haben, daß sie kein Problem damit haben, weil sie schon Vorsorge getroffen haben.

Abschließend möchte ich noch anmerken – das muß in dieser Thematik und in diese Diskussion noch eingebaut werden –, daß das Gesundheitsressort ausgerechnet hat, daß, wenn für die 13 000 Geburten in der Steiermark eine Aufstockung um nur 2 000 S erfolgen würde – und die FPÖ verlangt ja 6 000 S –, der Mehraufwand allein für das Land Steiermark in einem Jahr 26 Millionen Schilling betragen würde.

Das allein läßt schon erkennen, welche Richtung wir einschlagen sollten: einen Weg der Hinführung zur Selbständigkeit. Die Eltern müssen lernen, den Wert dieser Vorsorge zu erkennen und Leistungen in Anspruch zu nehmen, für die man nichts anderes leisten muß, als daß man hingeht. Ich glaube, daß das viel klüger wäre, als noch einmal zusätzlich mit Geldleistungen ein paar Zuckerln zu verteilen. Der Nutzen ist doch ohnehin vorhanden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Herr Doktor, das können Sie in der nächsten Sitzung des Gesundheitsausschusses wieder lang und breit diskutieren, damit die anderen Mitglieder wieder nicht zu Wort kommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Koller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.22

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Intakte Familien entlasten den Staat, zerstörte Familien belasten den Staat. (Beifall bei den Freiheitlichen.) 38 Prozent der Ehen werden in Österreich geschieden, und die Verlierer sind meistens die Kinder: Sie sind die Geschädigten und die Benachteiligten!

Der FLAF wurde zweckentfremdet ausgeräumt, und den Familien wurden durch Einsparungen und Sparpakete einige Milliarden Schilling weggenommen, etwa durch Kürzung der Familienbeihilfe, durch den Selbstbehalt bei Schulbüchern und durch die Kürzung der Geburtenbeihilfe von 15 000 S auf nur mehr 2 000 S für den Mutter-Kind-Paß-Bonus. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade die letzte Maßnahme hat Auswirkungen auf die Ge-sundheit der Kinder. Durch die Kürzung der Geburtenbeihilfe auf 2 000 S sind die Untersuchungen um bis zu 20 Prozent zurückgegangen. Untersuchungen der Kinder nach dem sechsten Monat werden viel seltener wahrgenommen, und ab dem zweiten Lebensjahr wird der Rückgang dramatisch. Herr Minister! Die "Kleine Zeitung" schrieb dies am 3. Dezember. Kollegin Steibl hat gesagt, daß der Rückgang in der Steiermark nur 6 Prozent beträgt. (Abg. Steibl: 7 Prozent!) Laut "Kleine Zeitung" sind es aber bis zu 20 Prozent!

Hier wurde angekündigt, daß Mütter künftig daran erinnert würden. Am 4. Dezember fand hier im Hause eine Sitzung des Familienausschusses statt, und hier wie in der Steiermark galt es, durch ein gleichlautendes Gesetz die Erinnerung an die Untersuchungen festzuschreiben. Sehr geehrter Herr Minister! Da gibt es eine Doppelgleisigkeit! In der Steiermark kostet diese Aktion 2,5 Millionen Schilling. Herr Minister! Wissen Sie als schwarzer Minister nicht, was der rote Landesrat Dörflinger macht? Das ist Doppelgleisigkeit! Ich meine, wenn Sie in die Taschen der Familien greifen, dann besteht sehr wohl Einigkeit, wenn es jedoch darum geht, den Familien zu helfen, dann wissen Sie nicht, daß eine Zusammenarbeit aller Gremien notwendig ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ganz kurz zum Selbstbehalt für die Schulbücher: Diesbezüglich wurde im Ausschuß ein Antrag von Dr. Mertel und Dr. Moser vorgelegt, der besagt, daß der Selbstbehalt für alle Bücher eingehoben wird. In der Begründung steht aber, daß dies nicht für wiederverwendete Schulbücher gilt. – Ich habe Sie, Herr Minister, im Ausschuß darüber befragt, und Sie mußten zähneknirschend zugeben, daß der Selbstbehalt auch für wiederverwendete Bücher eingehoben wird. – (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) Sie von den Regierungsparteien wissen nicht, was Sie tun. Auch das Abstimmungschaos im Familienausschuß hat dies bewiesen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.25

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wie oft waren wir in den letzten Jahren der Kritik ausgesetzt, gerade für Frauen sozial unverträgliche Regelungen in diesem Hause zu beschließen. Daß das nie oder nur sehr selten der Wahrheit entsprach, sieht man dann, wenn man Vergleiche, insbesondere mit anderen Ländern Europas, zieht, in diesem Zusammenhang im speziellen mit der Gewährung öffentlicher Transferleistungen in diesen Ländern.

Im Zuge der Schnürung der Konsolidierungspakete mußten wir diese Latte ein wenig – und ich möchte wirklich das Wort "wenig" betonen – nach unten revidieren. Wir sagten aber auch immer dazu, daß wir, sobald der Spielraum wieder gegeben ist, die familienpolitischen Leistungen wieder erhöhen werden. Heute haben wir diese Möglichkeit und wollen sie auch gerne nutzen.

Wir haben mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 die Altersgrenze für die Gewährung der Familienbeihilfe vom 27. auf das 26. Lebensjahr gesenkt. Die Praxis – das ist heute schon mehrmals


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betont worden – hat gezeigt, daß es im Zusammenhang mit dieser Regelung speziell bei einer Schwangerschaft beziehungsweise bei der Geburt eines Kindes zu Schwierigkeiten kommen kann, weil in diesem Fall eine Berufsausbildung beziehungsweise ein Studium nicht immer bis zum 26. Lebensjahr absolviert werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Da und nicht bei den vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen zur Familienbesteuerung lag meines Erachtens eine unsachliche Nicht-Differenzierung vor, und diese tatsächliche Unsachlichkeit wollen wir heute – sogar rückwirkend mit 1. Oktober 1996 – aufheben. Denn in diesem Bereich gibt es tatsächlich Unterschiede, vor allem im Hinblick auf die Belastung junger Mütter und anderer Jugendlicher. Diese Unterschiede wurden bisher negiert, es wurde nur auf das formale Kriterium des Erreichens einer für alle gleichen Altersgrenze abgestellt. Ungleiches gleich zu behandeln ist aber weder gerecht noch sozial.

Man muß nun fairerweise dazusagen, daß durch die Senkung die Problematik erst jetzt in aller Schärfe deutlich geworden ist, weshalb wir jetzt, da dieses Problem evident wird, sofort darauf reagiert haben und auch reagieren müssen.

Wir werden daher dieser Regierungsvorlage, welche auf die Beseitigung dieses Mißstandes abzielt, gerne unsere Zustimmung erteilen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Als mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 die Altersgrenze für die Gewährung der Familienbeihilfe vom 27. auf das 26. Lebensjahr herabgesetzt wurde, haben wir Freiheitlichen darauf hingewiesen, daß die Ausnahmebestimmungen betreffend Berücksichtigung des Präsenzdienstes, Krankheit oder Auslandsaufenthalt zuwenig sind und darüber hinaus auch berücksichtigt werden müßte, daß auch für Studierende, die schwanger werden, eine Ausnahmeregelung geschaffen werden sollte.

Wir haben seinerzeit darauf hingewiesen. Jetzt haben Sie diese Reparatur vorgenommen. Wir sind zufrieden damit, denn keiner hindert Sie daran, gescheiter zu werden – frei nach Adenauer. Herr Bundesminister! Wir können damit leben, wir sind zufrieden. Hätten Sie jedoch im vorigen Jahr auf uns gehört, dann hätten Sie sich diese Novelle erspart. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum zehnprozentigen Selbstbehalt für Schulbücher: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hier ist konkret vorgesehen, eine Art Schulbuchleihsystem auf freiwilliger Basis einzurichten. Die Bücher bleiben grundsätzlich im Eigentum der Schüler, können aber der Schule zum Schulende wieder zur Verfügung gestellt werden. Es ist eine bessere Planbarkeit dadurch gegeben, daß jemand am Ende des Kalenderjahres sagt, ob er das Schulbuch zurückgibt oder nicht. Aber im Hinblick auf den Termin für diese Mitteilung, nämlich ein halbes Jahr vor Schulende, stelle ich diese Planbarkeit wiederum etwas in Frage. Es wird sich in Zukunft zeigen, ob sich das bewährt oder nicht. Wir werden ja sehen.

Neu ist auch ein einheitlicher zehnprozentiger Selbstbehalt. Unabhängig davon, ob ein Schüler schon verwendete Schulbücher oder neue bekommt, jeder hat 10 Prozent Selbstbehalt zu bezahlen. Diese Gleichheit ist natürlich in der Administration relativ einfach zu handhaben, es gibt weniger Bürokratie, denn die Berechnung des individuellen Selbstbehalts fällt dadurch weg. Allerdings fällt dadurch auch der Anreiz weg, möglichst viele gut erhaltene Bücher wieder zu verwenden, denn es kostet ja trotzdem jeden Schüler gleich viel. Daher wird es von der jeweiligen Schule abhängen, wie weit sie über den Elternverein und so weiter die Eltern motivieren kann, daß Bücher zurückgegeben werden.

Herr Bundesminister! Bei der Einführung dieses Selbstbehaltes haben Sie angekündigt, daß es sich um eine vorübergehende Maßnahme handelt. Nunmehr wird diese Maßnahme ... (Zwi


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schenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Das haben Sie vor einem Jahr gesagt, beziehungsweise war es Ihre Vorgängerin, Frau Kollegin Moser. Entschuldigung, Herr Bundesminister, es war die Frau Kollegin Moser. Aber sie ist so ehrlich und gibt das zu, sie hat das seinerzeit gesagt.

Nun wird dieser Selbstbehalt einbetoniert. Und wir werden sehen, ob es zu Versorgungsschwierigkeiten kommt, wenn die Schüler nicht, wie angekündigt, ihre Bücher zurückgeben. Unser Vorschlag wäre, jeder Schule ein eigenes Schulbudget zur Verfügung zu stellen. Das wäre jedenfalls besser. Aber wie ich schon früher gesagt habe: Keiner hindert uns und keiner hindert auch die Koalition daran, gescheiter zu werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.31

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte mich zu allererst beim Ministerium für Umwelt, Jugend und Familie und beim Minister ganz besonders für die Broschüre und für die Aktion wider die Gewalt bedanken. In diesem Zusammenhang wird auch die Problematik erwähnt, daß es keinen sicheren Ort gibt, um Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Ich möchte nur einen Satz aus dieser Broschüre vorlesen: "Ich schweige, weil ich dafür keine Worte finde." Ich meine, es schweigen viel zu viele Kinder und auch viel zu viele Erwachsene, die wissen, daß sich sexueller Mißbrauch und Gewalt an Kindern ereignen! Ich bedanke mich dafür, daß es nun auch eine spezielle Broschüre für Ärzte gibt, die dazu dient, daß diese die Alarmsignale bei Kindern bei Mißbrauch und Gewalt besser erkennen. Es gibt auch einen speziellen Folder für Lehrer, um auch ihnen eine Hilfestellung zu geben, um Gewalt und sexuellen Mißbrauch an Kindern besser zu erkennen. – Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Familienfreundlich ist es insbesondere auch für Abgeordnete aus den Bundesländern, wenn am Freitag die Sitzungen zu einer christlichen Zeit zu Ende sind. Deswegen werde ich versuchen, mich kurz fassen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Graf. ) Ich möchte aber doch auf den für mich wesentlichsten Punkt zu sprechen kommen, und zwar auf die an und für sich besorgniserregende Situation, daß die Mutter-Kind-Paß-Untersuchung nicht mehr in dem Ausmaß genützt wird, wie es bis jetzt der Fall war. Das muß uns zu denken geben. Denn die Fehler, die jetzt passieren, wirken sich in der Zukunft aus. Die Folgen des Fehlers, daß sie zum Beispiel zuwenig untersucht wurden, haben Kinder unter Umständen ihr Leben lang zu tragen.

In Kärnten war die Situation besonders besorgniserregend. Wir hatten die größten Rückgänge bei der Vorsorgeuntersuchung. Ich glaube aber, daß wir nicht nur die kleinen Kinder sehen dürfen, sondern uns generell überlegen müssen, wie wir die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen besser in den Griff bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, in diesem Zusammenhang sind wir alle gefordert. Man sollte – das sage ich jetzt speziell zur freiheitlichen Fraktion! – nicht nur sagen, daß die Untersuchungen zurückgehen, weil es "nur mehr 2 000 S" für eine Untersuchung gibt, die 16 000 S kostet, sondern man muß auch sagen, daß viele jener Kinder, die die 16 000 S noch bekommen haben und bei denen all diese Untersuchungen vorgenommen wurden, auch nicht besonders gesund sind. 75 Prozent unserer Kinder sind krank, kränklich, dick oder seelisch angeschlagen. Jedes zweite Kind hat Karies, und die Kinder werden immer dicker: Es gibt Vierzehnjährige mit 120 Kilo!

Ich meine, daß wir nicht an der Oberfläche politisches Kleingeld machen sollten, sondern uns vielmehr wirklich Gedanken darüber machen sollten, wie wir speziell auf die Eltern einwirken können, daß sie mehr Augenmerk auf die Vorsorgeuntersuchungen ihrer Kinder legen.

Ich sage sehr bewußt "Eltern", denn es hat mich sehr gestört, daß es in den Medien Schlagzeilen gegeben hat, die zum Beispiel lauteten: "Denkhilfe für Mütter, die Babies vergessen" – gemeint war, daß sie öfters zu Vorsorgeuntersuchungen gehen sollen –, oder: "Druck auf säumige Mütter". – In diesem Zusammenhang muß ich sagen: Gott sei Dank hat jedes Kind


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auch einen Vater, und es können sich auch Großeltern, Onkeln und Tanten oder ältere Geschwister einbringen. Ich glaube, man sollte die Last nicht nur auf die Mütter legen.

Man sollte im Zusammenhang mit dem neuen Recall-System – und das ist eine Bitte an Sie, Herr Bundesminister! – vielleicht auch abfragen, warum die Mütter nicht zu den Untersuchungen gehen: Müssen sie zu lange warten? Gibt es in der Organisation Schwierigkeiten? Haben sie vielleicht manchmal das Gefühl, daß die Untersuchungen nicht so effizient und sorgfältig durchgeführt werden, daß es sich lohnt, viele Stunden in einem Vorzimmer darauf zu warten? – Ich glaube, in diesem Bereich gibt es jetzt die große Chance, bereits mit den ersten Briefen und Informationen auf die Untersuchung aufmerksam zu machen und die Frauen auch zu fragen, warum sie nicht zur Untersuchung gehen.

Generell glaube ich, daß wir mehr für unsere Kinder tun müssen. Die ÖVP hat eine Lobby für Kinder. Es muß viele Aktionen für Kinder geben. Und da jetzt bald Weihnachten ist, möchte ich noch sagen: Ich wünsche mir, daß der Weihnachtsmann in Zukunft nicht das Christkind verdrängt! Und das wünsche ich euch auch! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Buder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.37

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ebenso wie viele meiner Vorredner und Vorrednerinnen begrüße ich es, daß das Familienlastenausgleichsgesetz mit dieser Änderung in Ausnahmefällen die Anhebung der Altersgrenze auf 27 Jahre vorsieht, und dies rückwirkend ab 1. Oktober 1996.

Über den Abänderungsantrag der Kolleginnen Dr. Mertel und Dr. Moser hat schon mein Kollege Riepl ausführlich gesprochen. – Ich kann mich erinnern, daß meine Eltern für meine Schulbücher noch bezahlen mußten. Meine Kinder hatten dann schon die Gratisschulbücher, und ich kann mich noch daran erinnern, mit welcher Freude sie zu Schulbeginn immer mit diesen Schulbüchern nach Hause gekommen sind. Heute zahlt man dafür 10 Prozent Selbstbehalt, und ich bin mit dem Herrn Bundesminister einer Meinung, wenn er sagt: Alles, was nichts kostet, ist auch nichts wert. – Diese 10 Prozent bezahlt man übrigens nur für die neuen Schulbücher, nicht für solche, die wiederverwendet werden. Da unterliegen die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei einer Irrmeinung!

Manche Bücher, die zur Verfügung gestellt werden, wurden früher wirklich teilweise nicht benützt. Sie wurden vielleicht in einem Schuljahr nur zwei- bis dreimal verwendet. (Abg. Madl: Dann brauchen sie sie ja gar nicht!) Man sollte meiner Meinung nach der Wegwerfmentalität, die auch schon angesprochen wurde, wirklich einen Riegel vorschieben. Ich kann mich nämlich auch noch sehr gut daran erinnern, daß, als meine Kinder die Gratisschulbücher hatten, die Kinder dann zum Schulende mit einem großen Stoß Schulbüchern zur Mülltonne gegangen sind. Diese Wegwerfmentalität ist sicherlich ein falscher Weg!

Nachdem meine Vorrednerin schon vom Christkind und vom Weihnachtsmann gesprochen hat, möchte ich sagen: Ich meine, daß auf jeden Fall unter jedem Weihnachtsbaum ein Buch liegen sollte. Das wäre für mich wünschenswert! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Chancengleichheit muß natürlich im Bildungswesen weiterhin gewahrt bleiben. Neuen Erfordernissen muß man sich aber anpassen. Neuen Lehr- und Lernformen müssen wir uns auch in Zukunft immer wieder anpassen beziehungsweise diese ändern.

Aus den Mitteln des Ausgleichsfonds – da komme ich zum Mutter-Kind-Paß – werden natürlich auch die Aufwendungen für die notwendigen Informationen bezahlt. Ich bin nicht der Meinung des Herrn Abgeordneten Koller, daß der Herr Bundesminister und der Herr Gesundheitslandesrat der Steiermark nicht miteinander sprechen und daß sie nicht wissen, was sie tun. Ich bin davon überzeugt, daß sie sehr wohl wissen, was der eine und der andere tut. Im Familien


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ausschuß wurden Sie, Herr Bundesminister, auf die steirische Aktion des Gesundheitslandesrates angesprochen. Sie haben gesagt, daß Sie ihm einen Brief geschrieben haben. – Also sind Sie sehr wohl darüber informiert. Ich stehe dieser steirischen Aktion ebenso wie Kollegin Steibl positiv gegenüber. An diesem Projekt wurde beinahe ein Jahr lang gearbeitet, und es steht auf fundierter Basis.

Es wurden 5 000 in Karenz befindliche und 1 500 schwangere Frauen befragt, und zwar aus allen sozialen Schichten, ob sie Interesse an einem sogenannten Recall-System hätten, und über 70 Prozent wollen das freiwillig haben. Natürlich gibt es Unterschiede je nach Bildungsstand und Gesundheitsbewußtsein der befragten Frauen. In der Steiermark wollte man eben nicht warten, bis der Bund aktiv wird. Die Grundlagen wurden von einem Expertenteam erarbeitet. Sie, Frau Kollegin Steibl, waren ja mit Ihrem Referat "Frau und Familie" mit eingebunden, aber auch Kinderärzte, Frauenärzte und die Ärztekammer. Dieses Recall-System, das wir nun zwischen dem Land Steiermark und dem Bund haben, ist zwar unterschiedlich, aber ich glaube, mit einem koordinierten Vorgehen könnte man, wenn man direkten Kontakt sucht, vor allem den Müttern und natürlich auch den Kindern viel Gutes tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Madl begehrt eine tatsächliche Berichtigung.  – Bitte, Frau Abgeordnete, beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

18.41

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Buder hat in ihrer Rede behauptet, ich hätte mich geirrt, als ich sagte, daß auch für antiquierte und wiederverwendete Bücher ein Selbstbehalt von 10 Prozent zu zahlen sei. Das ist unrichtig. Richtig ist, daß alle Eltern durch die Pauschalierung 10 Prozent Selbstbehalt für neue und für antiquierte Bücher bezahlen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Nein, nein, nein!)

18.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Schuster. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.41

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einer Umfrage zufolge nutzen Österreichs Jugendliche bis zum 15. Lebensjahr täglich 90 Minuten das Fernsehen, aber sie lesen nur 15 Minuten. Meine Damen und Herren! Da wir heute unter anderem auch über das Schulbuch reden, möchte ich sagen: Wenn es uns mit Hilfe der Eltern beziehungsweise der Erziehungsberechtigten gelänge, die Jugendlichen so weit zu bringen, daß sie die 15 Minuten um einige Minuten steigern, dann wäre schon sehr viel erreicht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Mertel. )

Unter der Überschrift "Neues Schulbuch" wird in einer Wochenzeitung von Niederösterreich geschrieben – ich zitiere –: "Ein Schulbuch mit dem Schwerpunkt Wasser von Kindern für Kinder wurde als Neuheit präsentiert." Der niederösterreichische Landesschulratspräsident hat in der Volksschule Mauerbach dieses Buch vorgestellt. Was will er mit diesem neuen Unterrichtsbuch bewirken? – Er möchte den Kindern den Umgang mit dem wichtigsten Lebensmittel, nämlich Wasser, so früh wie möglich vermitteln. Ich glaube, daß das gut ist.

Da wir heute auch einige Punkte aus dem Familienlastenausgleichsfonds diskutieren, möchte ich mich im wesentlichen mit dem Schulbuch beschäftigen. Ich meine, daß wir hier sehr differenziert vorgehen müssen. Jene, die ein etwas gestörtes Verhältnis zur Schule und zu den Lehrern haben, sehen nämlich den 10prozentigen Selbstbehalt bei neuen Schulbüchern anders als jene, die wissen, daß unsere Schulen und unsere Lehrer gut sind und daher natürlich ein ganz anderes Verhältnis zur Schule haben.

Ich möchte in Richtung der Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei folgendes sagen: Es wurde im heurigen Jahr das Buch "Die befreite Zukunft jenseits von links und rechts –


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105. Sitzung / Seite 156

Menschliche Alternativen für eine Brücke ins neue Jahrtausend" vorgestellt. In diesem Buch, in dem auch die Bereiche der Bildung analysiert werden, heißt es – ich zitiere aus Seite 47 –:

"Das bürokratische System bestraft den Schüler, der mit Lehrern konfrontiert wird, die weder nach ihrer Leistung bezahlt noch aufgrund ihrer Nichtleistung aus dem Schuldienst entlassen werden, und es bestraft jene unter den Lehrern, die sich mit voller Energie und Begeisterung ihrem Beruf widmen." – Zitatende.

Wenn also hier gesagt wird, daß es Lehrer gibt, die für ihre Nichtleistung bezahlt werden, dann wundert mich global gesehen doch das Ergebnis der OECD-Studie über Österreichs Volksschüler, die in diesen Tagen präsentiert wurde. Österreichs Volksschüler sind nämlich Spitze, sie sind Asse in vielen Bereichen. Ich glaube daher, daß der Schreiber dieses Buches nicht richtig liegt.

Meine Damen und Herren! Wir haben nicht so aufwendige Bücher gehabt und trotzdem etwas gelernt! – Diesen Spruch hören wir oft. Wir sollten jedoch nicht vergessen: Die Zukunft liegt in den Händen unserer Kinder. Je fundierter sie ausgebildet sind, je bessere und brauchbarere Informationen wir ihnen während der Zeit ihrer Ausbildung zur Verfügung stellen, desto eher wird es ihnen gelingen, sich in unserer sich rasch verändernden Zeit zurechtzufinden.

Hohes Haus! Schulbücher, die auf der Höhe der Zeit sind, leisten dazu einen wertvollen Beitrag. Ich glaube, wenn wir den zehnprozentigen Selbstbehalt einführen und erzieherisch dahin gehend wirken, daß das Wegwerfschulbuch zurückgedrängt wird, und wenn es gute Inhalte in den Schulbüchern gibt, dann werden wir dieser Aussage gerecht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Konrad hat sich zu Wort gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.46

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Schulbücher sind wichtige Sachleistungen, die direkt bei jenen ankommen und jenen nützen, die sie brauchen. Das wissen wir aus unseren langjährigen Erfahrungen mit der Schulbuchaktion. Aus meiner Sicht ist es durchaus akzeptabel, eine Möglichkeit der Mehrfachverwendung zu schaffen, und zwar eine freiwillige Möglichkeit – das ist der springende Punkt! Wer zukünftig das eigene Buch nicht weiterverwenden will, der kann es freiwillig der Schule zur Verfügung stellen: Also ein freiwilliges Hergeben, ein freiwilliges Ausborgen: ja, Zwang zum Verzicht und zum Angewiesensein: nein!

In diesem Zusammenhang auch von meiner Seite noch eine kurze, positive Bemerkung zum Entschließungsantrag, der eine qualitative inhaltliche Verbesserung der Schulbücher zum Inhalt hat und vorsieht, daß die Prinzipien der Erziehung zur Partnerschaftlichkeit und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in den Schulbüchern in Zukunft noch viel stärker berücksichtigt werden sollen.

Begrüßenswert, besonders im Interesse studierender Frauen, ist die Verlängerung der Anspruchsberechtigung für die Kinderbeihilfe bis zum vollendeten 27. Lebensjahr im Fall einer Schwangerschaft und/oder Geburt. Diese Maßnahme unterstützt studierende Frauen und fördert deshalb nachhaltig die Gleichstellung, weil ja Studentinnen, die während des Studiums ein Kind bekommen, oft unter erschwerten Bedingungen studieren müssen und häufig Gefahr laufen, das Studium abbrechen zu müssen.

Ich komme schließlich auf einen dritten Punkt zu sprechen, nämlich die Information über die Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen. Wir wissen, daß die Zahl der Untersuchungen, seit der finanzielle Anreiz weggenommen wurde, zurückgeht, daß die Untersuchungen aber wichtig sind. Vor allem stellt sich heraus, daß immer weniger Mütter zu allen Untersuchungen gehen. Eine entsprechende Information ist sicherlich notwendig. Aber eine anonyme Information, die sich auf ein Blatt Papier beschränkt, wird zuwenig sein. Ich hoffe, daß das nicht so vorgesehen ist.


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105. Sitzung / Seite 157

Einige Vorrednerinnen haben ja schon das steirische Modell angesprochen, und ich möchte noch ein paar Ergänzungen dazu machen. Die Nachforschungen in der Steiermark haben gezeigt, daß die Untersuchungen bis zum sechsten Lebensmonat des Kindes für sehr wichtig gehalten und auch durchgeführt werden, aber danach gibt es einen Rückgang. Die Studie hat auch gezeigt, daß sich belastende Faktoren wie lange Wegzeiten oder mangelnde Kinderbetreuung negativ auswirken und daß die Teilnahme an den Untersuchungen auch in direktem Zusammenhang mit dem sonstigen Vorsorgeverhalten steht.

Wichtig bei dieser Information wird sein, genau darauf zu schauen, welche Maßnahmen zu setzen sind, also nicht nur einfach eine schriftliche Information herzugeben, denn, wie wir gehört haben, gibt es diese schon. In der Steiermark jedenfalls ist vorgesehen, daß eine Expertengruppe überlegt, wie die Ergebnisse der Studie in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können. Ich glaube, daß das, was in der Steiermark begonnen wurde, durchaus Vorbild für Maßnahmen in anderen Bundesländern oder überhaupt bundesweit sein könnte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort wird von seiten der Berichterstattung nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen, die über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt werden. (Ein Abgeordneter gähnt laut. – Heiterkeit.)  – Ich hoffe, Sie stehen den Abstimmungsvorgang noch durch, Herr Abgeordneter. (Neuerliche Heiterkeit.)

Wir stimmen zuerst ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1033 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haller und Genossen sowie die Abgeordnete Motter je ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt. Ich werde zunächst über die von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 1 bis 3 sowie die Ziffer 11 § 50j Absätze 1 und 2 in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (Einige Abgeordnete des Liberalen Forums erheben sich nachträglich von den Sitzen.)  – Sind sich jetzt alle schon darüber im klaren, wie sie abstimmen werden? (Abg. Dr. Gredler winkt.) Bitte, zuwinken ist überflüssig. Ich nehme das auch so wahr. (Heiterkeit.) Aber es bleibt dabei: Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wie kommen zur getrennten Abstimmung hinsichtlich der Ziffern 4 bis 10 in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Mehrheitliche Annahme.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes. Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1036 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich. Mehrheitlich angenommen.


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105. Sitzung / Seite 158

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1034 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt mehrheitlich.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1035 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich. Dieser Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

15. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (896 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (5. BFG-Novelle 1997) (978 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (897 der Beilagen): 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – 2. BÜG 1997 (979 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt kommen wir zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile sogleich als erstem Redner Abgeordneten Mentil das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.55

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das 2. Budgetüberschreitungsgesetz ist deshalb notwendig, weil Sie bei Vorlage des Budgets dasselbe falsch eingeschätzt haben beziehungsweise weil Mehrausgaben oder Ausgaben, die ursprünglich nicht geplant waren, erforderlich sind.

Ihr frommer Wunsch, die 68 Milliarden Schilling Defizit für 1997 zu halten, indem Sie Ausgabeneinsparungen, Mehreinnahmen und Rücklagenauflösungen machen, in Ehren, ich meine aber, es wird ausgesprochen schwierig sein, diese Marke von 68 Milliarden Schilling Defizit zu halten. Zudem sind die Maßnahmen, die Sie im Zuge dieser Rücklagenauflösungen, Ausgabeneinsparungen beziehungsweise Umschichtungen setzen, gelinde gesagt, für einen Betriebswirtschaftler schwer zu verstehen. Ich glaube, wenn Sie beispielsweise auf der einen Seite die ASFINAG-Schulden aus dem öffentlichen Haushalt ausklammern und auf der anderen Seite bei der Tilgung der ASFINAG-Forderungen an den Bund entstehende Mehrausgaben in der Höhe von nicht ganz 80 Milliarden Schilling haben und gleichzeitig Fruchtgenußentgelte geltend machen, so werden diese Maßnahmen nur begrenzt aufgehen. Dasselbe machen Sie ja bei der Bundesimmobiliengesellschaft, und zwar in der Höhe von 5,1 Milliarden Schilling. Das sind Umschichtungen, die meines Erachtens zwar möglich sind, aber von Ökonomen als relativ wertlos bewertet werden.

Hochinteressant ist die Broschüre "Das öffentliche Haushaltswesen in Österreich", 38. Jahrgang, Oktober 1997, Heft 3/4, in der Herr Ministerialrat Dr. Eduard Fleischmann zur "Strategie und Praxis der Budgetkonsolidierung in Österreich" Stellung nimmt, vor diesen Vorgangsweisen warnt und meint, daß sie nicht unbedingt zum Ziel führen würden.

Herr Staatssekretär! Sie werden den diversen Ausgaben in den verschiedenen Bereichen mehr Augenmerk schenken müssen. Wenn ich mir beispielsweise den Budgetansatz von 86 Millionen


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105. Sitzung / Seite 159

Schilling für die Renovierung des Botschaftsgebäudes in Moskau anschaue, dann denke ich mir, nachdem ich Erfahrung in diesem Bereich habe, daß das ein hochinteressanter Budgetansatz ist, und zwar deswegen, weil es da ein Einsparungspotential in einem Ausmaß gibt – und das wird unsere Anfrage beweisen –, das wirklich interessant für Sie wäre. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Die Mehreinnahmen in der Höhe von 83,77 Milliarden Schilling werden Sie, glaube ich, nicht erzielen, weil die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich zurzeit ja nicht unbedingt so ist, daß der Abgabenfluß in dem Ausmaß kommen wird wie prognostiziert beziehungsweise von Ihnen angenommen. Ich sehe in dem Rechnungshofbericht, der aufzeigt, wie die Außenstände in den letzten Jahren gestiegen sind, meinen Standpunkt bestätigt. Es sind nicht lauter "böse" Unternehmer, die nicht bereit sind, ihre Abgaben zu zahlen, daran schuld, sondern die wirtschaftliche Lage ist für die Klein- und Mittelbetriebe dermaßen schwierig, daß eben diese Abgabenrückstände entstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Abgabenrückstände werden Ihnen zu schaffen machen. Man wird sie nur begrenzt hereinbringen können, wenn die wirtschaftliche Entwicklung so weitergeht.

Der Herr Minister hat im Ausschuß gesagt, er benütze legale Möglichkeiten im Interesse der österreichischen Bevölkerung. Die Alternative wäre, die Schulden kurzfristig zu tilgen, was eine große Belastung des Budgets und der Steuerzahler mit sich bringen würde.

Herr Staatssekretär! Ich meine, er hat es fürs erste geschafft, aber die Realität wird ihn einholen. Das, was er zurzeit nicht verwirklichen wollte und aufgrund der Erreichung der Konvergenzkriterien heuer hintangestellt hat, wird er in den nächsten Jahren nachholen müssen, und da wird es zu massiven Belastungen der Steuerzahler kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.01


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105. Sitzung / Seite 160

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.01

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesfinanzgesetz-Novelle 1997 ist aus dem Grund erforderlich, weil gesetzliche Maßnahmen in diesem Jahr geschaffen wurden, die im Vorjahr bei der Budgeterstellung nicht geplant oder vorgesehen waren. Man kann es, wenn man will, auch so formulieren, daß das Parlament und die Bundesregierung fleißiger gearbeitet haben, als sie sich selbst im Budget dafür vorgegeben haben. Ich denke hier nur an Maßnahmen wie an die gesetzlichen Aktivitäten im Bereich Schutz vor Gewalt in der Familie, an das Bundesasylamt oder an die Infrastrukturfinanzierung. Diese Dinge sind derzeit im haushaltsrechtlichen Rahmen nicht gedeckt, und daher werden wir heute diese Bundesfinanzgesetz-Novelle beschließen. Wie bereits im Ausschuß festgehalten worden ist, werden aber die Konsolidierungsmaßnahmen im Rahmen der Aktivitäten der Bundesregierung in den letzten zwei Jahren keineswegs davon negativ beeinflußt, und das konnten wir auch im Budgetbericht bereits erkennen.

Meine Damen und Herren! Trotz schwieriger Planungsmaßnahmen, trotz schwieriger Planungskriterien für die Budgeterstellung ist es trotzdem immer wieder erstaunlich, wie hoch die Trefferqualität des Bundesministers für Finanzen ist. Wir erkennen das an den Ergebnissen 1996, wir werden auch 1997 hervorragende wirtschaftliche Ergebnisse, was die Budgettreue betrifft, erreichen, obwohl es immer schwieriger wird, weil die Wirtschaftsprognosen der Wirtschaftsforscher immer weniger zuverlässig werden. Ich denke dabei nur an die Prognose der letzten Abflachung, die wesentlich von der tatsächlichen Abflachung der Konjunktur abgewichen war, oder auch an die Tatsache, daß das Wirtschaftswachstum entkoppelt von der Beschäftigung in letzter Zeit immer stärker zum Tragen kommt. Das ist eine sehr problematische Angelegenheit, die wir im Rahmen des geplanten Steuerreformpaketes im Jahre 2000 zu konsolidieren versuchen werden. (Zwischenruf des Abg. Koppler. ) – Ich höre schon auf, Herr Kollege Koppler! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04


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105. Sitzung / Seite 161

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Kurzbauer vor. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.04

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Im Budgetausschuß vom 27. November wurde die Regierungsvorlage betreffend das 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 in Verhandlung genommen und mehrheitlich angenommen. Im wesentlichen geht es um Maßnahmen, die bei der Erstellung des Voranschlages 1997 nicht voraussehbar waren. Die Überschreitungen betragen in Summe rund 84,3 Milliarden Schilling. Ein wesentlicher Teil dieses Betrages betrifft Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Infrastrukturfinanzierungsgesetz, mit der ASFINAG und der BIG. Das macht rund 83 Milliarden Schilling aus. Die Gesamtüberschreitungen sind durch Ausgabeneinsparungen, Mehreinnahmen, Rücklagenentnahmen und Rücklagenauflösungen gedeckt. Insgesamt kommt es zu keinen zusätzlichen Belastungen.

Ich darf noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Mag. Mühlbachler, Ing. Gartlehner, Kurzbauer und Genossen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (5. BFG-Novelle 1997) (896 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (978 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Im Artikel V Abs. 1 wird der Punkt nach der Ziffer 52 durch einen Strichpunkt ersetzt und als Ziffer 53 eingefügt:

"53. beim Voranschlagsansatz 1/65133 bis zu einem Betrag in Höhe von 3 000 Millionen Schilling für Zahlungen an die SCHIG, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt werden kann."

 

*****

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

19.06


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105. Sitzung / Seite 162

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.06

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Kurzbauer hat das Wesentliche hinsichtlich des 2. BÜG schon angesprochen. Es geht hier um eine finanztechnische Bereinigung.

Zum Infrastrukturfinanzierungsgesetz ganz kurz: Meine Damen und Herren! Wir müssen darüber sicherlich im neuen Jahr eingehender diskutieren. Hier geht es darum, daß Finanzmittel freigemacht werden, hier geht es um Investitionen, um Beschäftigung, insbesondere in der Bauwirtschaft. Da erwarten wir uns einiges. Es darf nicht immer wieder über Behördenverfahren behindert werden. Wenn die grüne Fraktion gestern das Thema Beschäftigung besetzt hat, dann muß sie auch mitarbeiten, damit wir endlich große Projekte umsetzen und damit Beschäftigung schaffen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.07

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Klubobmann Khol! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind zwei Gesetze, die aufgrund neuester Entwicklungen und aufgrund der Aktivitäten 1997 beschlossen werden müssen: die Bundesfinanzgesetz-Novelle und das 2. Budgetüberschreitungsgesetz. Deren Inhalte sind ja bekannt.

Ich möchte auf die Wortmeldungen meiner Vorredner gar nicht eingehen, denn ich meine, nur der Gesamtblick ist wichtig, über den wir auch im Ausschuß diskutiert haben. Folgende vier Punkte müssen festgehalten werden: Erstens: Die Konsolidierung greift, es gibt einen markanten Rückgang der Neuverschuldung. Zweitens: Das Budget 1996 wäre ohne Finanzierungskosten beinahe ausgeglichen. Drittens: Mit der Budgeterstellung 1996/97 ist eine Trendwende eingeleitet worden. Und viertens: Diese Trendwende war nur deshalb möglich, weil sich damals unser Vizekanzler Wolfgang Schüssel zu vorzeitigen Neuwahlen entschlossen hat. Daher geht die Kritik der Opposition total daneben. Es ist der richtige Weg, und wir werden diesen Gesetzen zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Sigl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.09

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Hohes Haus! In diesem Finanzjahr sind beim Vollzug des Bundesfinanzgesetzes 1997 Entwicklungen eingetreten, denen nach den derzeit geltenden haushaltsrechtlichen Bestimmungen nicht Rechnung getragen werden konnte. Aus diesem Grund müssen vom Gesetzgeber diese hiefür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um dieses Finanzjahr ordnungsgemäß abschließen zu können. Die Regierungsvorlage 896 der Beilagen wird diesen Erfordernissen gerecht.

Kurz möchte ich noch auf jene Entwicklungen eingehen, die diese Änderung des Bundesfinanzgesetzes bedingen. So wird zum Beispiel im Artikel V Abs. 1 Punkt 49 eingefügt, der für die Förderung von Opferschutzeinrichtungen im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie vorsorgt. Leider ist diese Bestimmung deshalb nötig geworden, weil Gewalt in unserer Gesellschaft, speziell Gewalt in der Familie, immer häufiger auftritt. Meiner Meinung nach haben wir alle eine gewisse Verantwortung dafür, daß Gewalt nicht toleriert wird und die Betroffenen Schutz und Hilfe erhalten.

Aus diesem Grund erfordert die Bekämpfung der Gewalt das Zusammenspiel aller Mitglieder unserer Gesellschaft und kann nicht die alleinige Aufgabe einzelner Institutionen sein. Einen kleinen Teil der Hilfestellungen können wir gemeinsam mit unserer Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage beitragen.

Hohes Haus! Aber auch andere durchaus wichtige Änderungen werden aus der Beschlußfassung des Gesetzentwurfes resultieren. So wird im ersten Artikel nicht nur die Förderung von Opferschutzeinrichtungen gewährleistet, sondern auch der Beitrag für die Beteiligung der Republik Österreich an den Kosten für die Sicherung beziehungsweise Sanierung des Kernkraftwerkes Tschernobyl sichergestellt. Weiters garantiert dieser Gesetzentwurf die ordnungsgemäße Verrechnung eines Teiles der Technologiemilliarde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf beinhaltet überaus wichtige Änderungen, die primär einer Vielzahl von Menschen helfen und sekundär eine ordnungsgemäße Gebarung mit sich bringen werden. Daher gibt die sozialdemokratische Fraktion dieser Regierungsvorlage gerne ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.12

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich auf das 2. Budgetüberschreitungsgesetz beziehen. Im wesentlichen geht es hier um Maßnahmen, die bei der Erstellung des Bundesvoranschlages 1997 nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Die wichtigsten Maßnahmen stehen in einem ganz engen Zusammenhang mit dem Infrastrukturgesetz 1997. Die getroffenen Maßnahmen sind schon artikuliert worden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die Vorgangsweise war deshalb erforderlich, um einerseits den Verrechnungsvorschriften und
-grundsätzen zu entsprechen und andererseits den Industriestandort Österreich nachhaltig abzusichern. Natürlich sind diese Vorlagen ganz wichtige Eckpunkte des heurigen Budgets, eines Budgets, von dem man sagen kann – man kann es nicht oft genug sagen –, daß damit die Nettoverschuldung deutlich unter 3 Prozent liegt. Das Defizit wird weiter zurückgehen, vor allem auch deshalb, weil die Strukturreformen der letzten beiden Jahre tatsächlich umgesetzt wurden und auch gegriffen haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist unbestritten besser, mehr Mittel für sinnvolle Investitionen einzusetzen, mehr Mittel für Beschäftigung und Ausbildung auszugeben. Ich meine daher, daß mit dieser intelligenten Geldpolitik Spielraum für die Zukunft geschaffen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Vorlagen sind ein wichtiger Baustein für das heurige Budget. Wir werden daher gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.13

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein Budgetüberschreitungsgesetz ist immer eine etwas heikle Angelegenheit, da wir vorher ein Gesetz beschlossen haben, an das man sich nach Tunlichkeit auch halten sollte. Andererseits muß man aber auch aktuellen Entwicklungen und unvorhergesehenen Ereignissen Rechnung tragen. Aus diesen Gründen neige ich dazu, mir Budgetüberschreitungsgesetze ganz genau anzusehen. Ich habe dies natürlich auch bei diesem heute zu beschließenden Budgetüberschreitungsgesetz getan und darf Ihnen mitteilen, daß ich mich freue, daß diese Regierungsvorlage speziell zwei Vorarlberger Angelegenheiten besonders entgegenkommt, die ich Ihnen nun ganz kurz näherbringen möchte.

Da sind einerseits 25 Millionen Schilling an zusätzlichen Mitteln für die Förderung des Tourismus in Vorarlberg, vor allem der Montafoner Gemeinden, veranschlagt. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich muß Ihnen nicht viel über den angeschlagenen Tourismus in Österreich erzählen, und ich muß Ihnen wohl auch nicht erzählen, wie wichtig der Faktor Tourismus auch für Vorarlberg ist.

Der zweite Punkt, den ich besonders erwähnen möchte, ist die Tatsache, daß zusätzliche Mittel in Höhe von 8,5 Millionen Schilling für meine Heimatgemeinde Bludenz fließen werden. – Herr Schwemlein! Schauen Sie nicht so. Sie können sich auch einmal beim Finanzminister anmelden. Vielleicht erreichen Sie dann auch etwas. (Abg. Schwarzenberger: Das ist dann eine Freunderlwirtschaft!) – Richtig! Genau!  – Und dieses Geld wird auch zum Weiterbau der sogenannten Kulturremise in Bludenz verwendet werden.

Meine Damen und Herren! Dieses Projekt ist aus besonderen Gründen sehr wichtig für unsere Region. Erstens deshalb, weil die Stadt Bludenz über keinerlei Kleinkunstbühne verfügt und in diesem Bereich eindeutig Defizite aufweist, und der zweite wichtige Grund hängt insbesondere mit der geographischen Lage von Bludenz zusammen, weil Bludenz die Eingangspforte für das touristische Montafon darstellt. Auch hier kann und wird die Kulturremise als Kulturbühne eine wichtige Rolle spielen, nämlich als zusätzlicher Anreiz für einen Urlaub in dieser Region. Meine


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105. Sitzung / Seite 163

Damen und Herren! Genau deshalb werde ich mit Freude diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.15

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist uns natürlich schon klar, daß es beim Budget immer wieder Änderungen gibt. Herr Staatssekretär! Ich muß Sie aber schon etwas fragen: Was soll denn so etwas? – Letzte Woche sitzen wir im Ausschuß und beschließen für die Infrastrukturgesellschaft eine Aufstockung um 1,33 Milliarden Schilling, und eine Woche später kommen Sie darauf, daß mehr als das Doppelte benötigt wird. Dann wird ein Abänderungsantrag über 3 Milliarden hier eingebracht. Was ist denn das für eine Budgetplanung?

Genau das ist das Signifikante an den Budgetplanungen beim Bund, daß die Dinge offensichtlich vorne und hinten nicht stimmen, daß Ansätze enthalten sind, die nicht den Tatsachen entsprechen. So kommen wir bei jeder Budgetdebatte und bei jedem Bundesrechnungsabschluß immer wieder ins gleiche Dilemma. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Staatssekretär! Auf der einen Seite schnüren Sie ein Belastungspaket und senken die Bausparprämien um 15 Prozent, auf der anderen Seite sind Sie aber jederzeit zu einer Anlaßgesetzgebung bereit, zu einer Anlaßgesetzgebung, die zurückgeht auf eine Betriebsprüfung bei einer Kreditkartengesellschaft, die vorschriftswidrig für eingegangene Rechnungen aus Investitionen beziehungsweise aus Werbeaufwendungen die Vorsteuer in dreistelliger Millionenhöhe geltend gemacht hat. Der Betriebsprüfer macht darauf aufmerksam. Dann interveniert ein großer Banker in Österreich beim Finanzministerium. Dann wird das gesamte Gesetz geändert, und zwar indem man von steuerfreien Umsätzen eine Ausnahme für steuerbare Umsätze macht.

Der Clou an der ganzen Geschichte, daß man die Sache noch sanieren kann, ist, daß Sie das Gesetz rückwirkend per 31. Dezember 1994 ändern. Das heißt, den Kleinen nehmen Sie die Bausparprämien weg, erhöhen die Stempelgebühren um 50 Prozent und die Gerichtsgebühren und sonstige Abgaben wie eine sogenannte Mutwillenssteuer in der Höhe von 5 000 S, wenn jemand beim Finanzamt sein Recht sucht und damit nicht einverstanden ist, was er vorgeschrieben bekommt, und dann kommt ein großer Bankdirektor, der fast den Bundeskanzler in Österreich spielen will, geht ins Finanzministerium und sagt, das müssen wir regulieren, weil sonst die Kreditkartengesellschaft in Insolvenz geht.

Was ist denn das für eine Budgetpolitik? – Den Kleinen wird das Geld aus der Tasche gezogen (Abg. Mag. Firlinger: Das ist ein Skandal!), und wenn ein Großer kommt, wird ein Gesetz rückwirkend per 31. Dezember 1994 geändert, damit man die ganze Sache noch sanieren kann. Da geht es um eine Größenordnung eines dreistelligen Millionenbetrages!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie dieser Gesetzesvorlage, die dann beim nächsten Tagesordnungspunkt zur Abstimmung kommt, Ihre Zustimmung geben, dann kann ich Sie alle wirklich nicht mehr verstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Da wir kein Schlußwort des Berichterstatters haben, treten wir in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird, samt Titel und Eingang in 896 der Beilagen.


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105. Sitzung / Seite 164

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Ing. Gartlehner und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 2 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 896 der Beilagen unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Ing. Gartlehner und Genossen abstimmen.

So Sie dem zustimmen wollen, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen .

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 samt Titel und Eingang in 897 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls durch die Mehrheit . Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen .

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (933 der Beilagen): Abgabenänderungsgesetz 1997 (998 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz geändert werden (999 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (929 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993, das Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Aktiengesetz 1965 und das Bankwesengesetz geändert werden (993 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 526/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird (991 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (916 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz


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105. Sitzung / Seite 165

und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (3. ZollR-DG Novelle) (994 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (913 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen (997 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (892 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VII) der Asiatischen Entwicklungsbank (996 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schreiner. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

19.22

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Normalerweise glaubt man vom Finanzministerium, daß dort Steuern erhöht und Steuerbemessungsgrundlagen ausgeweitet werden, daß an sich vom kleinen Mann bis zum Betrieb alle zur Kasse gebeten werden.

Heute, Herr Staatssekretär – Herr Kollege Trattner hat das schon angesprochen –, sind wir mit einer Änderung des Umsatzsteuergesetzes konfrontiert. Im Ausschußbericht steht ganz lapidar, der gegenständliche Entwurf diene zur Vereinfachung und Ausräumung von Ungereimtheiten. In diesem Kontext ist dann weiter unten zu lesen: "Umsatzsteuerbefreite Kreditkartengesellschaften können zur Umsatzsteuerpflicht optieren." – Das ist an sich ein Satz, den man überliest, Herr Staatssekretär.

Ich möchte aber jetzt ins Detail gehen, und ich habe mir das anhand einer Kreditkartengesellschaft angesehen, Herr Präsident des Gewerkschaftsbundes, die der Zentralsparkassen-Kommerzialbank AG und der Raiffeisenzentralbank gehört – schön fifty-fifty, Rot und schwarz 50 : 50. Diese kann bei einem etwaigen Werbeaufwand von rund 1 Milliarde Schilling – da gibt es sehr viele Werbespots, etwa "Veni Vidi Visa", diese hört man ja überall –, wenn Sie diese Optierung rückwirkend für 1995, 1996, 1997 in Anspruch nimmt, eine Vorsteuer in Höhe eines guten dreistelligen Millionenbetrages lukrieren.

Das heißt, Sie schädigen die Kassa, für die Sie an sich verantwortlich sind. Bei jeder anderen Umsatzsteuerrevision bei irgendeinem kleinen Unternehmer, wenn dieser eine unrichtige Rechnung vorlegt, wird diese Vorsteuer gekürzt. Da richtet es sich ein Großbetrieb. Herr Staatssekretär! Ist das wirklich im Sinne des Gesetzgebers, diese Regelung ganz einfach rückwirkend einzuführen, daß eine Option zur Umsatzsteuerpflicht für unecht umsatzsteuerbefreite Kreditkartengesellschaften besteht?

Herr Staatssekretär! Ich frage Sie: Können Sie heute ganz konkret diesen Steuerausfall quantifizieren? – Ich habe mir nur eine einzige Kreditkartengesellschaft herausgesucht, allerdings eine sehr große. Visa ist weltweit die größte und hat auch in Österreich sicher einen großen Marktanteil. Ich meine, Sie haben einen Erklärungsbedarf, nämlich da Sie kleinste Budgetbereiche durch Sparmaßnahmen einschränken, Ausgaben einschränken, die Stempelmarkengebühren erhöhen und den Bürgern in die Tasche greifen und auf der anderen Seite den


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105. Sitzung / Seite 166

Großen das Geld ganz einfach durch Rückerstattungen auf ihre Bankkonten gutbuchen, Herr Staatssekretär!

Sie müssen dazu heute etwas sagen, denn so lapidar wie im Bericht des Finanzausschusses kann man heute sicherlich nicht darüber hinweggehen. Wir erwarten das von Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Staatssekretär! Ein zweiter Bereich ist uns in diesem Abgabenänderungsgesetz 1997 aufgefallen. Da spielt die Frage des Umganges des Finanzamtes mit dem Steuerbürger eine gewisse Rolle. Der Steuerbürger dieser Republik trägt zur Erstellung des Budgets rund 600 Milliarden Schilling bei. Und Sie führen heute in der BAO eine sogenannte Mutwillensstrafe ein. Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eine Mutwillensstrafe ist eine Strafe, die dann zum Tragen kommt, wenn sich ein Steuerbürger vielleicht in einem etwas forschen Ton an die Behörde wendet und irgend etwas anfordert und vielleicht nicht gesetzlich korrekte Ausdrücke verwendet. Da kann dieses Finanzamt dann sagen: Es hat sich ein Steuerbürger mutwillig an die Behörde gewendet, mutwillig eine Arbeit provoziert, mutwillig von der Behörde eine Auskunft verlangt.

Herr Staatssekretär! Ich habe Sie im Ausschuß schon gefragt, und ich mache das jetzt noch einmal: Glauben Sie, daß nicht auch dem Steuerbürger gegenüber dem Finanzamt eine Mutwillensstrafe zustehen würde, wenn – zum Beispiel – ein Jahresausgleichsbescheid vom Finanzamt mutwilligerweise so erstellt wird, daß das große Pendlerpauschale versagt wird, der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid für zwei Jahre aufhebt, das gleiche Finanzamt aber zwei Jahre später, obwohl sich der Wohnort und der Dienstort dieses Bürgers nicht geändert haben, das gleiche macht, indem es wieder das sogenannte große Pendlerpauschale versagt?

Herr Staatssekretär! Ich finde es ganz einfach unverfroren, wenn wir in der BAO eine Strafbestimmung wie die Mutwillensstrafe einführen, wonach eine Behörde einfach sagen kann: Ein Steuerbürger hat sich mutwillig an mich gewandt. – Das ist eine Unverfrorenheit, Herr Staatssekretär, daß man so etwas in einem Rechtsstaat zuläßt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Ein von den Abgeordneten Wabl und Genossen gestellter Selbständiger Antrag betreffend Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz geändert wird, trägt nur vier Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt.

Ich stelle daher gemäß § 26 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Unterstützungsfrage. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein entsprechendes Zeichen. – Danke. Damit ist dieser Antrag entsprechend unterstützt. (Beifall der Abg. Mag. Stoisits. )

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. (Abg. Dr. Graf: Herr Kollege Gusenbauer! Wissen Sie jetzt, was Sie sagen dürfen?)

19.29

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde gern auf die Frage des Kollegen Schreiner eingehen, was das tatsächliche Finanzausmaß betrifft, aber es war in der Kürze der Zeit nicht eruierbar, welche finanzielle Bedeutung das für die Kreditkartenunternehmen hat. Ich nehme an, der Herr Staatssekretär ist dann imstande, diese Frage zu beantworten.

Nachdem wir eine Reihe von Tagesordnungspunkten zu behandeln haben – Abgabenänderungsgesetz, Asiatischer Entwicklungsfonds, Zollrechts-Durchführungsgesetz, Börsegesetz und eine Reihe anderer Gesetze – und sich meine Kollegen auf einzelne Punkte konzentrieren werden, will ich mich vor allem auf drei Punkte konzentrieren.

Punkt eins: Nachdem wir eine Änderung bei der Kommunalabgabe haben, sollte man an dieser Stelle doch darauf hinweisen, daß wir im Bereich der Gemeindefinanzierung seit Jahren eine


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Reihe von ungelösten Problemen mit uns herumschleppen – eine Reihe von ungelösten Problemen, die auch durch diese Novelle leider nicht behoben werden konnten.

Es wäre meiner Auffassung nach relativ einfach möglich gewesen, mit dieser Novelle zum Beispiel eine Rechtsunsicherheit zu klären, nämlich die Frage, ob für Urlaubsabfindungen und Urlaubsentschädigungen eine Kommunalabgabe bezahlt werden muß oder nicht. Hier gibt es einige Gemeinden, die das vorschreiben, andere, die das nicht vorschreiben. Diese bewegen sich im rechtsunsicheren Raum. Es wäre sinnvoll gewesen, im Zuge dieser Novellierung dieses Problem zu lösen.

Aber ich gehe davon aus – nachdem es in bezug auf die Gemeinden eine Reihe von anderen ungelösten Fragen gibt, die uns bereits seit einigen Jahren begleiten, wie etwa die Frage
der Einheitswerte und der Grundsteuer, Getränkesteuer und auch eine Reihe von anderen Fragen –, daß das im Paket auch mit der heute nicht gelösten Frage zumindest im Zuge des Finanzausgleiches, der ab dem Jahr 2000 gültig sein sollte, einer Lösung zugeführt werden soll. Denn ich meine, daß die Gemeinden ein Anrecht auf eine gesicherte Finanzierungsbasis haben und daß wir die Gemeinden nicht in einem rechtsunsicheren Raum belassen sollten.

Zweiter Punkt ist die Frage des Asiatischen Entwicklungsfonds, bei dem wir uns wie alle anderen Industriestaaten auch zu einer Wiederauffüllung entschlossen haben. Ich erachte diesen Asiatischen Entwicklungsfonds als ein wichtiges Instrument bei all der berechtigten Kritik, die es an gewissen entwicklungspolitischen Leistungen multilateraler Organisationen gibt.

Aber es stellt sich schon die Frage, welche Mittel die Weltgemeinschaft zur Ausrottung der Armut und zur Stabilisierung verschiedenster Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten zur Verfügung hätte, würde es nicht die Weltbank mit ihren Suborganisationen und den Internationalen Währungsfonds geben. Ich teile all jene Bemerkungen, die in die Richtung gehen, daß auch der Asiatische Entwicklungsfonds einen gewissen Reformbedarf hat, aber ich erachte es nichtsdestotrotz für richtig, daß sich Österreich aus der Solidarität der Staatengemeinschaft nicht ausschließt und sich, wie bisher, im gegebenen prozentuellen Ausmaß an der Auffüllung dieses Entwicklungsfonds beteiligt.

Dritter Punkt: Ich habe einen Abänderungsantrag zum Zollrechts-Durchführungsgesetz einzubringen, der im wesentlichen aus drei Punkten besteht:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Finanzausschusses (994 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (916 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (3. ZollR-DG Novelle)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im Titel entfällt der Ausdruck "das Bundes-Verfassungsgesetz".

2. Art. II entfällt.

3. Der bisherige Art. III erhält die Bezeichnung "Artikel II".

*****

Was steckt hinter dieser an sich außerordentlich abstrakten Formulierung? – Es ist, so würde ich sagen, eine Arabeske der österreichischen Gesetzgebung, die darin besteht, daß die "Mandarine" der österreichischen Bundesverwaltung im Finanzministerium für die Regierungsvorlage vorgesehen haben, daß wir dazu ein eigenes Bundesverfassungsgesetz brauchen würden, was auf den erbitterten Widerstand aller bekannten Verfassungsrechtler trifft, die natürlich der Meinung sind, daß das Finanzministerium nicht das Recht hat, ein eigenes Bundesverfassungs


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gesetz vorzuschlagen, und im übrigen auch der Auffassung sind, daß diese Regelung via Bundesverfassungsgesetz nicht erforderlich ist.

Das unterscheidet unsere Freunde im Finanzministerium von anderen Ministerien, in denen wir meistens das Problem haben, daß alle glauben, im Rahmen der Verfassung seien gewisse Gesetze möglich. Im Finanzministerium versucht man immer, auf Nummer Sicher zu gehen und offensichtlich gleich mit der "Waffe" des Bundesverfassungsgesetzes vorzugehen. Nach eingehender Prüfung ist das im gegenständlichen Fall nicht erforderlich. Daher habe ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Nowotny und Dr. Stummvoll in der besprochenen Form eingebracht.

Letzte und abschließende Bemerkung: Das gesamte Paket der finanzgesetzlichen Bestimmungen umfaßt vor allem eine Reihe von technischen Anpassungen, auf die ich im Detail nicht eingehen werde – vom Tabakmonopolgesetz angefangen, hinsichtlich dessen wir vor allem Konformität mit der EU-Gesetzgebung herbeiführen werden.

Summa summarum führt aber das gesamte Paket zu größerer Transparenz und zu einer Effizienzsteigerung der Finanzverwaltung und ist daher zu begrüßen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.35

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die letzte Debatte vor dem Jahreswechsel beschäftigt sich auch mit dem Energieabgabenvergütungsgesetz. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) – Diesen Zwischenruf vergesse ich. Er wird nicht besser, wenn man ihn wiederholt.

Der Antrag, den ich jetzt einbringen möchte, geht dahin, das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz zu ändern.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Helmut Peter und PartnerInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Antrag der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll gemäß § 27 GOG betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

Artikel 1 lautet:

"Artikel I

Das Energieabgabenvergütungsgesetz BGBl. Nr. 201/1996, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 797/1996 wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 1 lautet:

,§ 2 (1) Einen Anspruch auf Vergütung haben Dienstleistungsunternehmen, Unternehmen, deren Schwerpunkt in der Herstellung von körperlichen Wirtschaftsgütern besteht, sowie Personen und Unternehmen für die zum Betrieb von Wärmepumpen verwendete Energie.‘

2. Die bisherige Bestimmung des Artikels I in der Fassung des Ausschußberichtes erhält die Ziffernbezeichnung 2"

*****


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Nach der Verlesung dieses Antrags, den ich mir erlaube dem Herrn Staatssekretär zu überreichen, komme ich zur Begründung.

Herr Staatssekretär! Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Dienstleistungsunternehmen und exportieren 70, 80, 90 Prozent und stellen fest, daß ein Unternehmen, das körperliche Güter erzeugt, eine Deckelung der Energiesteuer vorfindet, um eine Wettbewerbsverzerrung im Export zu verhindern und mit anderen Betrieben aus anderen Ländern gleichgestellt zu sein. Wenn Sie ein Dienstleistungsunternehmen haben, dann stellen Sie fest, daß Sie diese Deckelung nicht haben. Das ist der erste Teil dieses Antrags. Ich glaube, das ist eine falsche Verteilung der Gewichte.

Der zweite Teil dieses Antrags, meine Damen und Herren, bezieht sich auf die Wärmepumpen. Etwas, was es in Österreich häufig gibt, was aber viele nicht wissen: Es gibt mittlerweile in Österreich 130 000 Wärmepumpenanlagen. Es gibt offensichtlich eine Vielzahl von privaten Haushalten und Unternehmungen, die sich seit dem ersten Ölpreisschock damit beschäftigt haben, wie sie auf ökologische Art und Weise Energie gewinnen können. Ganz einfach, eine Wärmepumpe setzt ein Kilowatt elektrische Energie ein und macht daraus – je nach Jahreszeit und Leistung – zwischen drei und vier Kilowatt Energie. Das heißt insgesamt, diese 130 000 Wärmepumpen nutzen nach Aussage der OKA 880 Gigawattstunden Umweltenergie.

Es geht also darum, daß man mit einem einfachen Energieeinsatz von einem Kilowatt drei bis vier Kilowatt Energie erzielt. Das heißt, mit Stand vom Jahr 1995 bringt das eine Einsparung von rund 1 800 Tonnen SO2 und 850 000 Tonnen CO2. Das ist also ein Thema, mit dem wir uns gerade in Kyoto beschäftigt haben: Wie können wir CO2 einsparen?

Diese Wärmepumpen sind durch die Energiesteuer auf Strom selbstverständlich in ihrer Wirtschaftlichkeit stark eingeschränkt – aus dem einfachen Grund, weil die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpenanlage aus zwei Funktionen besteht: Die eine Funktion sind die höheren Investitionskosten, die man bei einer solchen hochtechnologischen Anlage hat, die andere ist die Einsparung, die sich aus einem geringeren Einsatz von Energie ergibt, weil diese Anlagen Umweltenergie im Verhältnis 1 : 3 oder 1 : 4 nutzen.

Ich glaube daher, Herr Staatssekretär (Abgeordnete sprechen mit Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer ) – entschuldigen Sie die Störung –, daß es sinnvoll wäre, wenn man das neue Kyoto-Ziel erreichen will, wenn man den CO2-Ausstoß senken will, daß man diese modernen, zukunftsorientierten Technologien von einer Energiesteuer auf Strom befreit, weil es gerade diese Technologien sind, die es ermöglichen, von herkömmlichen fossilen Energieträgern auf moderne Energieformen umzusteigen.

Ich habe mir erlaubt, Ihnen den Antrag zu übergeben, und bitte um seine Prüfung. Wenn ich auch weiß, daß er jetzt abgelehnt wird, vielleicht gelingt es doch im neuen Jahr, sehr bald darauf zurückzukommen und ihn dann zu beschließen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

19.40

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist arbeitsmedizinisch erwiesen, daß nach 35 Stunden intensiver Beratung die Konzentration und die Aufmerksamkeit einigermaßen nachlassen. Ich nehme das zur Kenntnis, und auch wenn wir heute ein umfangreiches Finanzpaket beschließen, möchte ich nur in aller Kürze vier Feststellungen treffen.


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Die erste Feststellung zu meinem Vorredner, zum Kollegen Peter: Ich gestehe ganz offen, ich habe sehr viel Sympathie für diesen Antrag, allerdings ist es mir aus der Hüfte schießend nicht möglich, diesen Antrag zu akzeptieren. Ich sage aber ganz ehrlich, ich würde mich im Finanzausschuß, wenn wir dieses Thema beraten, gerne dafür verwenden, dafür zu werben, diesbezüglich eine parlamentarische Mehrheit zu finden. Ich halte es sowohl für volkswirtschaftlich als auch betriebswirtschaftlich und ökologisch sinnvoll, und es hat seinerzeit bei der Gesetzeswerdung die Wirtschaft diese Linie schon vertreten, nicht auf die reine Warenproduktion abzustellen. Politik ist die Kunst des Möglichen, und es war damals eben nicht möglich. Wir unternehmen einen neuen Anlauf, und ich verwende mich gerne für eine Mehrheitsfindung. (Beifall bei der ÖVP und beim Liberalen Forum.)

Eine zweite Feststellung, meine Damen und Herren: Bei Betrachtung des gesamten Pakets glaube ich feststellen zu dürfen, daß das Börsegesetz von der Bedeutung her aus meiner Sicht das wichtigste ist. Wir werden in der Europäischen Währungsunion, wenn der Euro kommt, auch im Börsebereich einen verstärkten Wettbewerb haben, und daher ist zweifellos die heutige Organisationsform unserer Börse nicht mehr zeitgemäß. Die Umwandlung von einer Körperschaft öffentlichen Rechts in eine private Kapitalgesellschaft ist sicherlich sinnvoll. Ich glaube, es ist notwendig, daß wir der Wiener Börse und dem Finanzplatz Wien eine Chance geben, eine faire Chance geben, sich im künftigen härteren europäischen Wettbewerb zu bewähren. Mehr kann es nicht sein. Letztlich wird der Markt entscheiden, welche Börsen sich bewähren werden und welchen Stellenwert der Finanzplatz Wien haben wird.

Dritte Feststellung: Wir beschließen auch ein Abgabenänderungsgesetz mit einer Reihe von steuertechnischen Bestimmungen. Ich möchte auch darauf nicht im einzelnen eingehen, sondern nur eine einzige Bestimmung ansprechen. Es besteht derzeit eine gewisse Rechtsunsicherheit und eine gewisse Undurchsichtigkeit im Bereich der Vermietung von Grundstücken zu privaten Wohnzwecken. Wir haben hier ein Problem, das aus drei Komponenten besteht.

Die erste Komponente ist die Judikatur des EuGH, die sagt: Wenn ein Grundstück sowohl unternehmerisch als auch privat genutzt wird, dann kann der Unternehmer es zur Gänze unternehmerisch optieren.

Zweites Problem: Laut EU-Vertrag haben wir für diesen Bereich der Vermietung einen ermäßigten Steuersatz.

Die dritte Komponente ist das Problem, daß wir an sich einen fundamentalen Grundsatz im Umsatzsteuerrecht haben, nämlich daß der Vorsteuerabzug nur für den unternehmerischen Bereich gilt.

Diese drei Komponenten sind es, die uns vor dieses Problem stellen. Wir versuchen es fairerweise so zu lösen, daß wir sagen, es wird für den Eigenverbrauch der ermäßigte Steuersatz nicht zur Anwendung kommen. Ich gebe zu, nach dem reinen "Rosinen-Prinzip" wäre es sicherlich schöner, das so zu belassen, aber ich halte einfach den fundamentalen Grundsatz "Vorsteuerabzug bitte nur im unternehmerischen Bereich!" für so wichtig, daß es, wenn wir hier das "Rosinen-Prinzip" zuließen, einem Dammbruch gleichkäme und man dann überhaupt kein Abgrenzungskriterium mehr hat. Das sage ich als Vertreter der Wirtschaft, wissend, daß vielleicht einige Unternehmer durchaus sagen würden, das "Rosinen-Prinzip" würde ihnen besser gefallen. (Abg. Mag. Trattner: Aber nicht drei Jahre rückwirkend!)

Vierter und letzter Punkt, Herr Kollege Trattner: Ich bin auch sehr froh, daß wir im Rahmen des Wertpapieraufsichtsgesetzes für die Gruppe der Vermögensberater eine gewisse Lockerung, eine gewisse Liberalisierung der Bestimmungen erreicht haben. Das war vor allem deshalb notwendig, weil die Deutschen in der Zwischenzeit eine sehr liberale Regelung eingeführt haben und wir immer darauf schauen müssen, daß wir nicht Konkurrenznachteile haben im Vergleich zum Ausland.

Insgesamt ist es ein Finanzpaket, das es verdient hätte, zu einer anderen Tageszeit diskutiert zu werden. Aber ich nehme die arbeitsmedizinischen Erkenntnisse ernst, und wenn ich mich hier umschaue – ich will niemandem nahetreten –, dann glaube ich, daß diese Erkenntnisse


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stimmen. Die Konzentrationsfähigkeit ist nicht mehr die beste. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer. – Bitte, Herr Staatssekretär.

19.44

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich einige Klarstellungen zu dieser Frage der Kreditkartengesellschaft beziehungsweise des Vorsteuerabzuges vornehmen. Kreditkartengesellschaften erbringen zweierlei Arten von Leistungen, nämlich einerseits die Kreditgewährung an den Karteninhaber – sie erhalten dafür die Kreditkartengebühr –, und andererseits übernehmen sie die Kreditsicherung und erhalten dafür von den Unternehmern ein entsprechendes Disagio.

Die Kreditkartengesellschaften sind bisher davon ausgegangen, daß die Kreditgewährung an den Kreditkarteninhaber eine umsatzsteuerbefreite Leistung darstellt, daß aber die Übernahme der Kreditsicherung eine Art Vermittlungsleistung ist und daher umsatzsteuerpflichtig ist. Die Folge dieser Auffassung der Kreditkartengesellschaften, die sie bereits in der Vergangenheit gehabt haben, war, daß sie für die im Zusammenhang mit der Kreditsicherung, also für die von mir zweitgenannte Leistung, stehenden Umsätze den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen konnten. Dies war aber umstritten, und daher dient diese Gesetzesvorlage nun der Klarstellung.

Wir müssen uns bei dieser Klarstellung an der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie der Europäischen Union orientieren. Danach ist es für einzelne Mitgliedstaaten möglich, für Kreditkartengesellschaften eine Option zur Umsatzsteuerpflicht vorzusehen, wie dies nun auch geschehen soll. Innerhalb der Europäischen Union hat zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland dieses System gewählt, und wir gehen nun im Zuge der Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union den gleichen Weg und ermöglichen diese Option auch für die österreichischen Kreditkartenunternehmungen.

Zur Frage, ob nun materiell ein Unterschied besteht zwischen der Variante, diese Möglichkeit erst ab 1998 einzuräumen, und der Variante, diese Möglichkeit bereits rückwirkend, also ab 1995, einzuräumen, ist festzustellen, daß diese Rückwirkung keine materielle Bedeutung hat, weil bei Einführung dieser Regelung zum Beispiel erst ab 1998 eine Berichtigung – wie Sie wissen – sehr wohl im Zuge des Vorsteuerabzuges möglich gewesen wäre. Daher haben wir die klarere Regelung der Rückwirkung ab 1995 gewählt.

Zur Frage, welchen Betrag dies ausmacht, möchte ich klarlegen, daß davon sehr wenige Gesellschaften betroffen sind, nämlich nur vier, und daß daher durch die Nennung des Betrages Rückschlüsse auf einzelne Gesellschaften möglich wären. Dies ist im Lichte der Wahrung des Steuergeheimnisses daher nicht möglich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

19.47

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich dem Herrn Staatssekretär durchaus konzedieren, daß die Intention, ein modernes, leistungsfähiges Börsegesetz zu schaffen, durchaus seine Berechtigung hat und daß die grundsätzlich verfolgten Intentionen dabei auch richtig sind. Aber, Herr Staatssekretär, Sie und Ihr Team im Finanzministerium, das diesen Entwurf ausgearbeitet hat, hat auf halbem Weg der Mut verlassen, und Sie haben dann eine Kehrtwendung gemacht. Sie haben ein bißchen ein moderneres Börsewesen in Österreich eingeführt, Sie haben sich bemüht, aber Sie ziehen es nicht durch. Und das ist auch unsere Generalkritik, daß Sie nämlich hergehen und unzulässige Verwässerungen – das zieht sich wie


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ein roter Faden durch das Gesetz – vornehmen, weil es immer wieder zu einer Vermischung zwischen Akten der Hoheitsverwaltung einerseits und Akten der privatwirtschaftlichen Verwaltung, des privatwirtschaftlichen Managements, kommt.

Da gibt es einige Punkte, die wir in unserem Abänderungsantrag auch klar herausgestellt haben. Mit denen können wir nicht leben, weil sie ein Relikt aus vergangener Zeit sind und mit einem modernen Börsewesen nichts zu tun haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich aber am meisten stört, ist, daß hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Sie selbst, Herr Staatssekretär, haben in vielen Sitzungen des Finanzausschusses beteuert, Sie wollen die Macht der Banken in diesem Bereich zurücknehmen. Das haben Sie mehrmals gesagt. Und wenn man jetzt diesen Entwurf hernimmt, stellt man fest, es ist fast für alles, was sich an der Börse bewegt, was ein direkter Marktteilnehmer sein soll, eine Bankkonzession erforderlich. Sie haben zwar die Möglichkeit eingeräumt, lokale Market-maker tätig werden zu lassen, aber nur insoweit, als sie auch schon im Ausland tätig waren und dort an einer anerkannten Börse tätig sind.

Ich meine, Herr Staatssekretär, das ist ein völlig falscher Weg, denn das Erfolgsgeheimnis der großen internationalen Börsen ist: viele Market-maker, viele lokale Firmen zu haben, die eine Börse so richtig in Schwung halten und Tempo und Dynamik hineinbringen.

Ich kann Ihnen heute schon garantieren, daß die Wiener Börse trotz dieser Reformen nicht aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen wird. Meine Damen und Herren! Da frage ich mich, warum man dann dieses Gesetz gemacht hat.

Sie machen ein bankenfreundliches Gesetz nach dem anderen, und auch das, was Sie, Herr Staatssekretär – nehmen Sie mir das nicht übel –, hier ausgeführt haben, hat nicht wirklich befriedigt. Den Verdacht, daß da im Interesse der Bank gehandelt wird und daß der wahre Bundeskanzler in dieser Republik Gerhard Randa und sein Vizekanzler Andreas Treichl heißt, können auch Sie nicht wegwischen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Punkte wären zu kritisieren – von der Bestellung der Geschäftsleitung bis hin dazu, daß man die Gebührenordnung bei der Prüfung, bei der Zulassung, bei der Konzessionserteilung außer acht läßt, und so weiter, daß man auch immer wieder versucht, einen halben Weg zu gehen, daß man antiquierte Bestimmungen nicht fallenläßt, die mit dem Börsegesetz nichts zu tun haben, wie beispielsweise, daß ein Landeshauptmann letztendlich die Bestellung eines Börsesensals sanktioniert. Das gibt es nirgends auf der ganzen westlichen Welt, das gibt es auf keiner Börse, und daher wäre ich Ihnen sehr dankbar, Herr Staatssekretär, wenn dieses Gesetz möglichst bald einer Reparatur unterzogen werden würde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben auch Bestimmungen betreffend die Veröffentlichung von Kursen drinnen. In diesen sehen Sie vor, daß das Börseunternehmen mit Zustimmung des Finanzministeriums Kurse in Echtzeit veröffentlichen kann. Auch das gibt es auf der ganzen Welt nicht! Wenn ein Börseunternehmen funktionieren soll, dann muß es eine Verpflichtung dazu geben, eine Muß-Bestimmung und keine Kann-Bestimmung! Ich möchte Sie mit aller Eindringlichkeit darauf aufmerksam machen, daß da weiterhin Reformbedarf besteht. All diese Punkte sind in unserem Abänderungsantrag enthalten.

Letzter Punkt: Auch ich muß anerkennen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß die Regelungen für die Vermögensberater nun nicht mehr in der Weise diskriminierend sind, wie sie das vor Vorlage dieses Gesetzes waren, daß hier ein Mittelweg gefunden wurde, ein tragfähiger Kompromiß, mit dem diese Branche leben kann, wenngleich natürlich die Intentionen, auch etwas abgeschwächt, ihren Niederschlag im Antrag finden.

Wir werden daher dem zweiten Teil, was die Vermögensberater betrifft, der Vorlage zustimmen, dem Börsegesetz – das werden Sie verstehen – können wir unsere Zustimmung nicht erteilen. Daher werden wir in dritter Lesung dieses Gesetz ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.53


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Der eben in seinen wesentlichen Punkten referierte Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. Die Verteilung im Saal ist veranlaßt worden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger und Kollegen betreffend XXX. Bundesgesetz mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993, das Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Aktiengesetz 1965 und das Bankwesengesetz (in der Verfassung der Regierungsvorlage) geändert werden.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehenden Abänderungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen :

Artikel I

Das Börsegesetz 1989, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 753/1996, wird wie folgt geändert:

§ 1 Abs 2 lautet:

(2) Wertpapierbörsen sind Börsen, an denen Wertpapiere, Optionen und Finanzterminkontrakte gehandelt und die damit in Verbindung stehenden Hilfsgeschäfte getätigt werden.

§ 2 Abs. 4 wird ergänzt um Z 8 welche lautet:

"8. die Gebührenordnung des Börsenunternehmens."

§ 3 Abs. 1 Z 9 lautet:

"9. Die Geschäftsleiter aufgrund Ihrer Vorbildung fachlich geeignet sind und die für den Betrieb des Unternehmens erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen haben. Die fachliche Eignung eines Geschäftsleiters setzt voraus, daß dieser in ausreichendem Maße theoretische und praktische Kenntnisse in Börsenangelegenheit sowie Leitungserfahrung hat; die fachliche Eignung für die Leitung eines Börsenunternehmens, wenn eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Börsenunternehmen, einem anerkannten Wertpapierdienstleistungsunternehmen, oder im Wertpapierbereich eines Kredit- oder Finanzinstitutes nachgewiesen wird."

§ 3 Abs. 1 wird um Z 17 ergänzt, welche lautet:

"17. Die Gebührenordnung dem volkswirtschaftlichen Interesse am funktionsfähigen Börsenhandel gemäß § 13 Abs. 5 gerecht wird."

§ 4 Abs. 4 lautet:

"(4) Gelangt der Bundesminister für Finanzen, jedoch bei einer allgemeinen Warenbörse der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur begründeten Ansicht, daß die zur Abwicklung berufenen Personen keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung bieten, so hat er über die Finanzprokuratur beim für Handelssachen zuständigen Gericht einen Feststellungsbeschluß, und gegebenenfalls die Bestellung geeigneter Personen zu beantragen. Der zuständige Bundesminister hat eine solche Entscheidung den betroffenen Personen unter Angabe der Gründe noch vor Anrufung des Gerichtes bekanntzugeben."

§ 6 Abs. 7 lautet:


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"(7) Der Bundesminister für Finanzen, jedoch bei einer allgemeinen Warenbörse der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, hat geeignete Maßnahmen gegen die in Abs. 1 und 2 genannten Personen zu ergreifen, wenn sie ihren Verpflichtungen zur vorherigen Unterrichtung nicht nachkommen oder wenn sie eine Beteiligung entgegen einer Untersagung gemäß Abs. 3 oder ohne Bewilligung gemäß § 7 Abs. 1 erwerben. Die Stimmrechte für jene Aktien, die von den betreffenden Aktionären gehalten werden, ruhen

bis zur Feststellung des Bundesministers für Finanzen, jedoch bei einer allgemeinen Warenbörse des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, daß der Erwerb der Beteiligung gemäß Abs. 3 nicht untersagt worden wäre oder

bis zur Feststellung des Bundesministers für Finanzen, jedoch bei einer allgemeinen Warenbörse des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, daß der Grund für die erfolgte Untersagung nicht mehr besteht, jedoch längstens auf die Dauer von 3 Monaten."

§ 6 Abs. 8 lautet:

"(8) Verfügt ein Gerichtshof das Ruhen der Stimmrechte gemäß Abs. 6, so hat der Gerichtshof gleichzeitig einen Treuhänder zu bestellen, der den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Z 3 zu entsprechen hat, und ihm die Ausübung der Stimmrechte zu übertragen. Im Fall des Abs. 7 hat der Bundesminister für Finanzen, jedoch bei einer allgemeinen Warenbörse der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, beim gemäß Abs. 6 zuständigen gerichtshof die Bestellung eines treuhänders unverzüglich zu beantragen, wenn ihm bekannt wird, daß die Stimmrechte ruhen. Der Treuhänder hat Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und auf Vergütung für seine Tätigkeit, deren Höhe vom Gericht festzusetzen ist. Die Haftung hiefür trägt das Börseunternehmen. Gegen Beschlüsse, mit denen die Höhe der Vergütung des Treuhänders und der ihm zu ersetzenden Auslagen bestimmt werden, steht den Verpflichteten der Rekurs offen. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts findet ein weiterer Rechtszug nicht statt."

§ 13 Abs. 5 entfällt, Abs 6. Wird zu Abs. 5

§ 15 Abs 1. wird um Z 5 ergänzt, welche lautet :

"5. Lokale Firmen und sonstige Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Österreich, die zur Ausübung der Geschäfte im Sinne des Art. 2 Nummer 20 der Richtlinie 93/6/EWG berechtigt sind und ein Eigenkapital von mindestens 650.000 S aufweisen"

§ 19 Abs. 2 lautet:

"(2) Das Börseunternehmen hat das recht, für die Dauer seiner Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Ausschließung vorliegen, ein Ruhen der Mitgliedschaft des in Prüfung gezogenen Mitgliedes zu verfügen. Der Ausschluß eines Mitgliedes wird durch eine Ausschlußerklärung des Börseunternehmens bewirkt. Ein Besitzstörungsverfahren oder einstweilige Verfügungen nach der EO wegen Handlungen des Börseunternehmens im Zusammenhang mit dem Ausschluß von der Börsemitgliedschaft sind unzulässig. Gleiches gilt für die Verfügungen des Börseunternehmens nach Abs. 3 und 4. Die Prüfung hat innerhalb von 3 Monaten abgeschlossen zu werden."

§ 25 Abs. 10 lautet:

"(10). Zur Abdeckung allfälliger Schadenersatzansprüche, die aus dem Umstand resultieren, daß das Börseunternehmen oder ein dort Beschäftigter in fahrlässiger Unkenntnis, daß der Verdacht auf Geldwäscherei falsch war, eine Transaktion verspätet oder nicht durchgeführt hat, hat das Börsenunternehmen eine allgemeine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme, welche mindestens der Höhe des Eigenkapitals entspricht, abzuschließen."

§ 25a Abs 3 lautet:


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"(3) Unbeschadet des Abs. 2 hat das Börseunternehmen der BWA alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen zu erteilen und die BWA bei der Durchführung ihrer Untersuchungen zu unterstützen. Besteht der Verdacht, daß sowohl in den Zuständigkeitsbereich des Börseunternehmens fallende Vorschriften, insbesondere die Handelsregeln, als auch in die Zuständigkeit der BWA fallende Vorschriften verletzt wurden, so haben beide Stellen einander die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die BWA ist jedoch berechtigt, dem Börseunternehmen die Unterlassung von Untersuchungen aufzutragen, wenn dadurch ansonsten die Ermittlung eines Sachverhaltes gemäß § 48a dieses Bundesgesetzes oder des § 2 Abs. 1 Z 4 WAG erschwert wird.

In diesem Fall hat die Bundeswertpapieraufsicht das Börseunternehmen nach Beendigung seiner eigenen Untersuchungen über deren Ergebnis zu informieren, insoweit dies für das Börseunternehmen zur Fortsetzung der über Ersuchen der Bundeswertpapieraufsicht unterlassenen Untersuchungen notwendig ist."

§ 32 Abs. 3 lautet:

"(3) Der Bestellung hat eine Ausschreibung der Sensalenstelle voranzugehen, die im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im Veröffentlichungsorgan des Börsenunternehmens kundzumachen ist."

§ 43 Abs. 1 lautet:

"(1) Die Börsensensale können befristet oder unbefristet bestellt werden. Im Fall der befristeten Bestellung ist eine wiederholte Bestellung zulässig. Im Falle einer erstmaligen Bestellung kann nur eine befristete Bestellung erfolgen."

In § 43 Abs. 1 wird zusätzlich nachstehende Z 7 angefügt:

"7. Wenn der entsprechende Bedarf des Börsenunternehmens weggefallen ist"

§ 43 Abs. 2 lautet:

"(2) das Börseunternehmen kann im Statut für den freiwilligen Funktionsverzicht gemäß Z 2 angemessene Kündigungsfristen und Termine für die Wirksamkeit des Verzichtes festsetzen, die jedoch nicht gelten, wenn der Amtsverzicht krankheitshalber erklärt wird. Im Falle der freiwilligen Funktionszurücklegung gemäß Abs 1 Z 2 oder des Wegfalls des Bedarfes gemäß Abs. 1 Z 7 hat die Enthebung unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist zum darauffolgenden Monatsletzten zu erfolgen."

In § 45 Abs, 7 bleibt der letzte Satz aufrecht.

§ 46 Abs. 1 lautet :

"(1) Der für die Aufsicht nach § 45 zuständige Bundesminister hat beim Börsenunternehmen einen Börsekommissär und die erforderliche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen. Der Börsekommissär und seine Stellvertreter müssen dem Berufstand der Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder oder Unternehmensberater angehören. Weiters sind Professoren und Dozenten der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen sowie der juridischen Fakultäten zur Ausübung dieser Funktion berechtigt.

§ 48 Abs 1 Z 1 lautet:

Ohne Konzession nach § 2 Versammlungen veranstaltet, bei denen ein börsemäßiger Handel in Verkehrsgegenständen gemäß § 1 stattfindet, oder für solche Verkehrsgegenstände ein automatisiertes oder automationsunterstütztes Handelssystem einrichtet oder betreibt (Winkelbörsen). Nicht unter die Strafbestimmungen fallen. "Over the Counter" – Transaktionen von Titeln, die weder im amtlichen Verkehr noch im Freiverkehr oder sonstigen Börsenhandel eines Börsenunternehmens mit Sitz im Inland oder Mitgliedsstaates gehandelt werden."


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§ 48 c Abs. 3 lautet:

"(3) Die gemäß Abs. 1 vorzuschreibenden Zinsen stellen eine Konventionalstrafe dar und fließen dem Börseunternehmen zu."

§ 56 Abs. 2 lautet:

"(2) Erfolgt der Handel ganz oder teilweise durch Vermittler, dann dürfen im Amtlichen Handel als Vermittler nur Sensale und im geregelten Freiverkehr nur Freie Makler bestellt werden. Soferne an der bisherigen Wiener Börse zum 31.12.1996 Freie Makler bestellt waren, so können diese vom Börsenunternehmen wiederbestellt werden, wenn deren Eigenkapital zumindest jenem Betrag entspricht, welcher zum 31.12.1996 gegeben war.

§ 65. Abs 1 lautet:

"(1) Das Börseunternehmen ist verpflichtet, alle Kurse, Preise und Umsätze, die an der Wertpapierbörse in Instrumenten gemäß § 10 Abs. 2 WAG vorfallen, unverzüglich in mindestens einem Informationsdienst mit bundesweiter Verbreitung in Echtzeit zu veröffentlichen."

§ 72 Abs 1 lautet:

"(1) Der Antrag auf Zulassung eines Wertpapiers zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr ist beim Börsenunternehmen vom Emittenten schriftlich einzubringen und von einem Kreditinstitut oder anerkannten Wertpapierunternehmen, welches Mitglied der betreffenden Börse ist, mitzufertigen, sofern nicht der Emittent selbst ein Kreditinstitut oder anerkanntes Wertpapierunternehmen ist ."

Artikel VI

Das Bankwesengesetz, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.I Nr. 114/1997, wird wie folgt geändert:

§ 9a, erster Satz, lautet:

"Für Kreditinstitute, die zum 1. Jänner 1997 als Freie Makler gemäß § 57 BörseG bestellt waren, gilt:"

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.54

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Firlinger! Uns geht es nicht so sehr darum, ob das Banken sind oder nicht Banken sind, sondern es geht letztlich um die Sicherheit für den Konsumenten, nämlich um die Sicherheit für den Anleger. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch ein paar Worte zu diesem geplanten Börsegesetz sagen. Es ist nun einmal eine logische Konsequenz aus dem Umstand, daß es eine gemeinsame europäische Währung geben wird, daß es dadurch einen viel stärkeren Wettbewerb geben wird. Die europäischen Börsen, vor allem aber auch die Wiener Börse, müssen sich gegen diesen härteren Wind, der ihnen da entgegenwehen wird, auch entsprechend rüsten.

Die derzeitige Organisationsform – da sind wir uns ja einmal alle einig – bietet eben zuwenig Handlungsspielraum, und jetzt geht es darum, diese Börsenkammer in ein Börseunternehmen umzuwandeln, um dieses Manko auszugleichen. Ich denke, die Wiener Börse hat da zwei Strategien zu verfolgen: Erstens geht es um die Frage der Neupositionierung, und zweitens geht


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es um die Frage, wie wir mehr Marktteilnehmer nach Wien holen können, vor allem aber auch, welche Marktteilnehmer das sein werden.

Ich denke, besonderes Augenmerk wird die Börse-neu den Entwicklungen auf den dynamischen Märkten Osteuropas schenken müssen. Es besteht gerade für die Wiener Börse die Chance, zur Drehscheibe des osteuropäischen Wertpapierhandels zu werden. Eine Abkoppelung von diesen Märkten würde aus meiner Sicht schwere Wettbewerbsnachteile für den Börseplatz Wien mit sich bringen und seine Attraktivität erheblich schmälern.

Meine Damen und Herren! Das Gesetzespaket, welches wir heute beschließen, ist eine sehr wesentliche Zäsur in der Geschichte des Finanzplatzes Wien: Dieses Gesetz ist ein notwendiger, ein zukunftsweisender Schritt, wenn auch nur ein erster Schritt für die Zukunft des Börseplatzes Wien, und es schafft die Voraussetzungen, die ein Global player in der Finanzwelt von heute braucht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Ein Manuskript! Das ist ja entsetzlich!)

19.55

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Es wird eine sehr ausführliche Rede, Andreas, freu dich drauf! – Herr Präsident! Ich habe noch volle 20 Minuten und bitte, die Uhr auch entsprechend einzustellen.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu einem Thema ausführlich Stellung nehmen, weil es mir wirklich am Herzen liegt, und das ist der Börseplatz Wien. Unter anderem verhandeln wir ja heute eine Novelle, mit der dieser Börseplatz Wien sozusagen in letzter Minute – in letzter Minute deshalb, weil sich ja die europäischen Finanzplätze alle unter dem Druck des Euro wandeln müssen – eine Chance zum Überleben bekommen soll.

Wir haben schon vor zwei, drei Jahren darauf hingewiesen, daß es nicht zielführend sein kann in einer globalisierten Finanzwelt – insbesondere in einer Finanzwelt, die die Globalisierung als erstes angenommen hat –, wenn wir hier eine Börse betreiben in der Rechtsform einer Kammer und wenn wir hier sozusagen so tun, als gäbe es keinen Wettbewerb und als wären Geld und Kapital nicht als erstes mobil geworden, über die Grenzen hinweg.

Wir anerkennen, Herr Staatssekretär, daß nicht zuletzt Sie, aber auch Ihre Vorgänger, dieses Thema aufgegriffen und gesagt haben: Jawohl, wir machen jetzt endlich ein neues Börsegesetz! Wir werden diesem Börsegesetz auch zustimmen, und zwar deshalb, weil wir die Wichtigkeit dieser Novelle betonen möchten. Wir sind aber nicht einverstanden mit der Form, und deshalb – und eigentlich nur deshalb – wollte ich das noch anmerken.

Es ist bedauerlich, Herr Staatssekretär, daß wir in Österreich ein unlesbares Börsegesetz haben, wie ich Ihnen schon im Ausschuß gesagt habe. Es ist unlesbar, weil wir es mit einer Novelle geändert haben, obwohl wir das System komplett umgestellt haben. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie sich mit diesen Materien auseinandersetzen müssen – für mich ist es ein Ärgernis! Und ich stelle mir jetzt vor, daß ein junger Investmentbanker aus den Vereinigten Staaten kommt und sagt: Gebt mir ein österreichisches Börsegesetz, ich möchte mich da auskennen! Er wird es in eine Ecke schmeißen und zum nächsten Börseplatz reisen, weil er sagt: Mit diesem Ding möchte ich mich nicht auseinandersetzen, dafür ist die Zeit zu schade! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Das wissen auch Sie, Herr Lukesch! (Abg. Dr. Lukesch: Da gibt es kommentierte Ausgaben!) Ja, ich weiß, die kommentierten Ausgaben, die übersetzten, nicht?

Das mindeste, Herr Staatssekretär, wäre eine Wiederverlautbarung gewesen, und ich bedauere es sehr, daß Sie unseren Antrag im Ausschuß diesbezüglich abgelehnt haben.


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Es gibt aber noch einige andere Punkte in diesem Börsegesetz und in dieser neu konstruierten Wiener Börse, die einfach Kritik verdienen: Ich bedauere zutiefst, daß die österreichischen Banken insgesamt nicht mehr Einsicht gezeigt haben und sich nicht freiwillig auf eine andere Position als die eines 50-Prozent-Gesellschafters zurückgezogen haben. Ich glaube tatsächlich, daß wir da das falsche Signal geben.

Sie wissen, Herr Staatssekretär, daß wir ja oft darüber diskutiert haben, welche Vor- und Nachteile das österreichische Bankensystem an sich im Zusammenhang mit Investment-Banking und mit Börse hat und daß wir nicht das angloamerikanische Trennsystem haben, wo die Interessenlagen der Banken klar definiert sind. Die kreditgewährenden Banken, die Investment-Banker sind zwei verschiedene Kategorien und dürfen von Gesetzes wegen diese beiden Geschäftsfelder nicht miteinander vermischen.

Jetzt mag man geteilter Meinung sein, ob es gut oder schlecht ist und ob es überhaupt denkbar wäre, das System zu ändern. Herr Staatssekretär! Tatsache ist, daß, wenn wir schon ein Mischsystem haben, die Banken von sich aus ein Interesse daran haben sollten, nicht einmal den Argwohn aufkommen zu lassen, sie würden ihre Einflußmöglichkeiten auf die Börse und auf das Börsengeschehen zu Ungunsten der Anleger, aber auch zu Ungunsten der börsenotierten Unternehmungen im Zweifelsfall geltend machen.

Da wäre es natürlich ein deutliches Signal gewesen, wenn sich die österreichischen Banken auf einen Prozentsatz von unter – ich würde jetzt einmal sagen: wenigstens – 25 Prozent hätten fallen lassen. Es wäre ein Zeichen gewesen, wenn sie diese Beteiligung gemeinschaftlich gehalten und nicht in der österreichischen Bankenlandschaft bis zu 50 Prozent aufgeteilt hätten.

Herr Staatssekretär! Ich glaube, daß Sie im Grunde Ihres Herzens diese Argumente zumindest würdigen, weil Sie selbst aus einer Unternehmung kommen, die davon betroffen ist. Ich hoffe daher, daß es Ihnen gelingen wird, noch in den kommenden Monaten und – von mir aus – Jahren dafür Sorge zu tragen, insbesondere dann, wenn die zweite Hälfte des Börsenkapitals breit gestreut werden soll, daß diese Frage noch einmal aufgerollt werden kann und wir diese noch einmal diskutieren können. Ich meine, dies wäre der Mühe wert.

Meine Damen und Herren und vor allem Herr Staatssekretär! Abschließend habe ich noch eine Bemerkung anzufügen: Es gibt in der Börse nun ein junges Management, das ich zum Teil auch kenne. Ich habe die Karrieren der beiden Herren verfolgt und halte sie für durchaus geeignet und qualifiziert. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.) Ich hoffe aber, daß wir ihnen von vornherein jenen Spielraum, den sie brauchen, gewähren können, damit sie nicht in jene Mühle kommen, die die Börse für viele Jahre beherrscht hat. Ich beziehe mich da im besonderen auf einen Punkt: Es gibt immer noch keine Entscheidung darüber, welches Handelssystem wir in Österreich für den Börsenplatz Wien brauchen. Ich meine, daß das ein bißchen symptomatisch ist. Der Wettbewerb und der Wettlauf um das Bestehen der Börsenplätze in Europa hat begonnen, und die Läufer sind bereits in der letzten Runde. Wenn wir da nur einen einzigen Fehler machen, einen einzigen Fehltritt begehen, dann werden wir in Wien keinen Börsenplatz mehr haben. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.02

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der gegenständliche Entwurf des Abgabenänderungsgesetzes 1997 enthält vor allem eine Rechtsbereinigung bestehender steuerlicher Bestimmungen, und zwar in sieben Bereichen.

Ich möchte mich nur mit einem Bereich, und zwar mit § 6 Abs. 1 Z 16 des Umsatzsteuergesetzes, ganz kurz beschäftigen. Dort wird bestimmt, daß der Eigenverbrauch von Wohnzwecken dienenden Grundstücken im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH unecht von der Umsatzsteuer befreit ist.


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Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das bezweifle ich, weil ich der Meinung bin, daß durch diese Bestimmung die EuGH-Judikatur umgangen wird. Das wird auch durch die Ansicht des Generalanwaltes der EU und Dr. Birkenfeld, Richter beim Bundesfinanzhof München, bestätigt. Jene Gemeinden, die im Vertrauen auf die jetzige EU-Gesetzeslage ihre Budgets danach ausgerichtet haben, werden in Zukunft schwer belastet, weil die geltend gemachten Vorsteuern an das Finanzamt zurückbezahlt werden müssen. Nicht nur Gemeinden, auch Unternehmen werden zurückzahlen müssen.

Meiner Meinung nach stellte die bisherige Gesetzeslage eine stille Investitionsförderung durch den Staat dar. Diese wird damit abgeschafft. Herr Staatssekretär! Ich wollte nur darauf aufmerksam machen – und das habe ich durch Vorgespräche und Vorinformationen bestätigt bekommen –, daß ich berechtigte Zweifel daran habe, daß dieses Gesetz nicht angefochten werden wird. Die Effizienz der Finanzverwaltung wird durch diesen Entwurf des Abgabenänderungsgesetzes eine Steigerung erfahren, und dem Finanzminister werden dadurch auch keine zusätzlichen Kosten erwachsen. Ich hoffe, daß der Herr Finanzminister der Gewinner sein wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet! – Heiterkeit beim Liberalen Forum.)

20.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Diese Annahme ist nicht richtig, sondern Herr Abgeordneter Mag. Trattner ist als nächster zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter Trattner! Ich kann Ihnen nur eine Minute Redezeit einräumen. Bitte.

20.05

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Sie haben zwar hervorragende Beamte im Finanzministerium, aber die Behauptung, daß diese Änderung des Umsatzsteuergesetzes keine materiellen Auswirkungen haben wird, kann nicht stimmen. Auch Ihre Mitarbeiter im Finanzministerium können die Höhe des aus dieser Optionsbegünstigung resultierenden Vorteils nicht ad hoc beziffern. Deswegen ist das, was Sie hier behauptet haben, einfach unrichtig, denn: Warum haben Sie dann die Gesetzeskraft auf 31. Dezember 1994 zurückdatiert? – Sie haben sie deshalb zurückdatiert, damit die Vorsteuerbeträge jetzt in dreistelliger Millionenhöhe pro Jahr lukriert werden können. Deswegen haben Sie das gemacht. Das ist eine reine Anlaßgesetzgebung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem vom Gewerkschaftsbund! Bei den "kleinen" Mitarbeitern greift man gleich in die Tasche, aber bei einem Projekt mit einem Ausmaß von mehreren hundert Millionen Schilling (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) , das eine alleinige Begünstigung für zwei Herren ist, die die österreichische Bankenlandschaft regieren, nämlich Randa und Konrad, verfahren Sie so. Dafür fehlt uns wirklich jegliches Verständnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.07

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zu einem Punkt der finanzgesetzlichen Änderungen kurz Stellung zu nehmen, nämlich zu folgendem: Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen.

Dabei geht es vor allem darum, daß die bundesstaatliche Studienbibliothek Linz nun an das Land Oberösterreich zurückgegeben werden soll. Der Grund dafür ist eine Dividendenzahlung der Wohnungsanlagengesellschaft in Linz, kurz WAG genannt, an den Eigentümer.

Ich habe mich aus dem Grund zu Wort gemeldet, weil man an diesem Beispiel sehr deutlich sehen kann, daß ein Eigentümer eines gemeinnützigen Wohnungsunternehmens dann, wenn er mehr als 5 Prozent an Dividende herausnimmt, dazu gezwungen werden kann, den Betrag, den er zuviel lukriert, wieder in diese Gesellschaft einzubringen.


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Ich darf Herrn Kollegen Stummvoll daran erinnern, daß wir noch einen gemeinsamen Antrag offen haben, und zwar betreffend die Verschmelzung von drei gemeinnützigen Baugesellschaften. Es haben größte Bedenken geherrscht – auch von seiten des Kollegen Firlinger –, daß da Bundesvermögen womöglich verschleudert werden könnte.

An diesem exemplarischen Beispiel – Herr Kollege Firlinger, denken Sie ein wenig mit mir mit! – sehen wir, wie stark das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz wirkt, wenn jemand vermeint, aus Geldern aus dem wohnwirtschaftlichen Kreislauf mehr an Dividende herausnehmen zu können, als laut Gesetz erlaubt ist, nämlich 5 Prozent des Kapitals.

Dieses Beispiel zeigt, daß wir ohne weiteres in einer vernünftigen Form – Kollege Schwimmer hat das in einer Presseaussendung bestätigt – diese drei derzeit noch im Besitz des Bundes befindlichen Gesellschaften so verschmelzen können, daß als Vorteil für die Mieter eine effizientere Verwaltung, weniger Mietkosten und letztendlich weniger Verwaltungskosten herauskämen. Es kann niemand – auch in Zukunft nicht – aus diesen Gesellschaften mehr lukrieren, als es laut WGG erlaubt ist. Da haben wir den besten Beweis dafür. Sie wollten ja eine Stellungnahme des Rechnungshofes zu dieser Frage haben. Wir brauchen keine Stellungnahme des Rechnungshofes, denn da ist der Beweis dafür gegeben, daß das ganz einfach nicht geht. Wir könnten daher dieser Verschmelzung ruhigen Gewissens zustimmen. – Ich danke herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Jakob, 2 Minuten!)

20.09

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zur kritischen Anmerkung des Kollegen Haselsteiner, die Änderung des Börsegesetzes käme spät genug, muß ich sagen: Ja, das stimmt! Das sollten wir zugeben! Auch daß es lesbarer sein sollte, ist zu unterstreichen.

Dennoch sollte man festhalten, daß die durch dieses Gesetz bewirkte Modernisierung und Deregulierung der bisherigen Börsenkammerstruktur auch eine Erhöhung der Flexibilität schafft, daß damit mehr Transparenz der notierten Unternehmen erreicht wird, da diese künftig Quartalsberichte vorzulegen haben. Letztlich wird es – das ist unbestritten – durch dieses neue Börsekammergesetz eine Stärkung des österreichischen Kapitalmarktes geben.

Zum zweiten Punkt, zum Wertpapieraufsichtsgesetz, möchte ich festhalten, daß die Kosten im internationalen Vergleich – so wie sie beantragt und vorgesehen sind – zu hoch sind. Da ist eine verursachergerechtere Kostenaufteilung notwendig. Es kann wohl nicht so sein, daß in der Bundesrepublik Deutschland eine Meldung Kosten von 4 S verursacht, in Österreich aber 10 S. Wir sollten uns auch in diesem Bereich dem kostengünstigeren Standard anpassen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

20.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kaufmann. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: 20 Minuten, bitte!)

20.11

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Selbstverständlich, Herr Klubobmann. (Abg. Dr. Stummvoll: Wehe!) – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Einige Anmerkungen zu den vorliegenden Gesetzentwürfen.

Es war ja ursprünglich beabsichtigt, im Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz auch § 67 Einkommensteuergesetz zu regeln und klarzustellen, daß Urlaubsabfindungen und Urlaubsentschädigungen, die im Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses ausbezahlt werden, tatsächlich mit dem begünstigten Steuersatz besteuert werden. Es herrschte aber allgemein die Meinung, daß diese Klarstellung nicht notwendig sei. Die bisherige Verwaltungs


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praxis war die – und das will ich angemerkt haben –, daß diese Urlaubsabfindungen und Urlaubsentschädigungen trotzdem mit dem begünstigten Steuersatz bemessen werden, und man ist davon ausgegangen, daß diese Verwaltungspraxis auch in Zukunft aufrechtbleibt.

Ich darf auch festhalten, daß mit vereinbart ist, daß, sollte diese Verwaltungspraxis nicht automatisch aufrechtbleiben, von seiten des Finanzministeriums mittels eines Erlasses reagiert wird, damit tatsächlich in diesen Fällen der begünstigte Steuersatz in § 67 zur Anwendung kommt.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Eine zweite Frage könnte dabei noch mit diskutiert werden. Es ist nämlich immer wieder ein Problem für viele Dienstnehmer in diesem Lande, deren Dienstverhältnis aufgelöst wird und für die Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne ausgearbeitet werden, daß Zahlungen aufgrund dieser Sozialpläne manches Mal nicht mit dem begünstigten Steuersatz besteuert werden. Ich meine daher, daß wir uns wirklich überlegen sollten, diesen Sachverhalt in § 67 Einkommensteuergesetz klarzulegen, weil es sich da um Leute handelt, die das Geld sehr notwendig brauchen, nämlich um Leute, die gekündigt und deren Arbeitsverhältnisse mittels eines Sozialplanes aufgelöst werden.

Herr Staatssekretär! Wenn es wahr ist, daß wir mit dieser Umsatzsteuergesetzänderung tatsächlich erhebliche Beiträge für einige Kreditinstitute beziehungsweise Kreditkartenfirmen flüssiggemacht haben, dann muß es im Sinne der Ausgewogenheit auch möglich sein, diesen § 67 in diesem Punkt zu ändern, denn das wäre nur ein kleiner Teilbetrag dessen, was offensichtlich für Kreditkartenunternehmungen flüssiggemacht wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Vielleicht kann man im Sinne der Ausgewogenheit diesen § 67 sehr rasch ändern.

Dritter Punkt: Ein neuer Veranlagungstitel für Kapitalerträge, die aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen zurückbezahlt werden müssen, ist in diesem Paket, das wir hier zu behandeln haben, auch enthalten. Diese Vorgangsweise ist aufgrund dieser Doppelbesteuerungsabkommen notwendig. Allerdings sollten wir, Herr Staatssekretär, meiner Meinung nach dahin gehend wirken, daß Doppelbesteuerungsabkommen überhaupt abgeschafft werden, denn ich sehe überhaupt nicht ein, daß es möglich ist, daß zum Beispiel Schillinganleihen steuerbegünstigt in Ländern wie Argentinien, mit dem ein solches Doppelbesteuerungsabkommen existiert, angekauft werden. Worin liegt der Grund für eine solche Steuerbegünstigung? – Ich bin der Ansicht, daß wir von dieser Steuerbegünstigung relativ rasch wegkommen sollten. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letzter Punkt: Wir bemühen uns darum – auch im Zusammenhang mit dem Entwurf zum Börsegesetz –, daß das Vertrauen in den österreichischen Kapitalmarkt gestärkt wird. Dieses Bemühen wird von allen Fraktionen dieses Hauses getragen, aber es gibt immer wieder Leute, die als Vermögensberater auftreten oder tatsächlich Vermögensberater sind, die großen Schaden hinsichtlich der Vertrauensbildung anrichten.

Es werden diesbezüglich an die Konsumentenberatung immer wieder Problemfälle herangetragen. Ich will jetzt aufgrund der vorgeschrittenen Zeit nicht einzelne Fälle zitieren. Fest steht, daß oft hohe Erträge versprochen, aber am Ende keine hohen Erträge ausbezahlt werden. Ganz im Gegenteil: Oft geht das Kapital, das einbezahlt wurde, verloren. Ich könnte Beispiele en masse anführen.

Ich meine daher, daß wir, wenn wir nun zustimmen, daß der Zugang zum Gewerbe und Beruf des Vermögensberaters in bestimmten Bereichen erleichtert wird, die Entwicklung dann schon sehr genau beobachten müssen. Sollten wir aber feststellen, daß damit grober Unfug getrieben wird, daß sich dadurch etwa Strukturvertriebe und ähnliches ausdehnen, wäre dieses Gesetz rasch zu ändern. Ich betrachte das eher als Versuch, und ich meine auch, daß der Berufsstand der Vermögensberater in sich aktiv genug ist, um die schwarzen Schafe von sich aus bekämpfen zu können. Sollte das aber nicht der Fall sein, dann wäre dieses Gesetz von uns aus zu ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht nur skeptische Anmerkungen machen, es gibt auch eine gute Nachricht bezüglich dieses Bereiches: Wir haben vor einiger Zeit


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das Verbot der Pyramidenspiele durchgesetzt. Es ist zu berichten, daß es tatsächlich wenig Möglichkeiten gibt, dieses Verbot zu umgehen, daß diese Pyramidenspiele tatsächlich eingedämmt werden konnten und ihnen der Boden entzogen wurde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.18

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen der Debatte über die vorliegenden Finanzgesetze haben wir unter anderem auch das Börsegesetz zu behandeln. Einige Vorredner haben dazu schon Stellung genommen.

Ich meine, die zentrale Herausforderung, die sich für Österreich stellt, ist, den Wiener Börseplatz auch in Zukunft zu erhalten und erfolgreich zu gestalten, wofür wir mit dieser Novelle zum Börsegesetz die Grundlage geschaffen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Novelle ist aber nur ein Versuch, die Grundlage dafür gesetzlich zu verankern, die entscheidende Herausforderung wird sich in den nächsten Monaten – nicht Jahren, sondern Monaten! – stellen, weil folgendes klar ist: Wenn der Euro kommt – und das ist sicher –, fallen die einzelnen Barrieren, verschwinden die jeweiligen nationalen Währungsräume und dadurch auch die Barriere für Quasimonopole der entsprechenden nationalen Börsen. Das heißt, daß eine sehr starke internationale Konkurrenz zu erwarten ist. Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf die Chance eröffnen, daß die Wiener Börse nicht nur zentraler Platz für österreichische Emissionen ist, sondern beispielsweise auch den osteuropäischen Markt erobert.

Dazu wird sicherlich noch einiges an Reformen und Initiativen notwendig sein. Ich meine, daß wir auch darangehen müssen, die Möglichkeiten für Mitarbeiterbeteiligungen, Managementbeteiligungen und Pensionsfonds zu erleichtern. Wenn all das geschieht, dann ist es möglich, das uns gesteckte Ziel zu erreichen. Wir beschließen heute mit dieser Novelle die gesetzliche Grundlage dafür. Wir wünschen den dafür Verantwortlichen, daß sich die erwünschten Erfolge in den nächsten Jahren tatsächlich einstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Somit ist die Debatte geschlossen.

Es wird auch kein Schlußwort gewünscht.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend das Abgabenänderungsgesetz 1997 samt Titel und Eingang in 998 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen des Herrn Abgeordneten Mag. Schreiner auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel I, IV und IX in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Ich komme als nächstes zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich


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bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Die zweite Lesung ist beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 999 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Peter und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über diesen Zusatzantrag abstimmen lassen, der die Einfügung einer Ziffer 1 in Artikel I und die Bezeichnung der bisherigen Bestimmungen des Artikels I als Ziffer 2 zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Die Gesetzesvorlage ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Gesetzesvorlage auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Gesetzesvorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989 und weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 993 der Beilagen abstimmen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht und dies mit einem Verlangen auf getrennte Abstimmung verbunden.

Auch da werde ich zunächst über die vom erwähnten Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen lassen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen betreffend Artikel I, und ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Es wird sogleich über Artikel I in der Fassung des Ausschußberichtes abgestimmt, und ich darf bitten, daß jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dafür eintreten, ein Zeichen der Bejahung geben. – Ich stelle Beschlußfassung mit Mehrheit fest. Angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel IV in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem Artikel IV in der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.


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Die Abgeordneten Firlinger und Genossen haben auch einen Zusatzantrag betreffend Artikel VI eingebracht.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, ein Zeichen geben. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Diese restlichen Teile des Gesetzentwurfes sind mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Als nächstes steht der Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird, samt Titel und Eingang in 991 der Beilagen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Diese Gesetzesvorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Diese Gesetzesvorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Als nächstes wird abgestimmt über den Gesetzentwurf betreffend die 3. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle samt Titel und Eingang in 994 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen vor.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes vorsieht beziehungsweise eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung das entsprechende Quorum fest.

Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen.

Im Falle der Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Gesetzesvorlage ist bei Anwesenheit des entsprechenden Quorums mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Gesetzesvorlage in dritter Lesung ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurde.

Als nächstes lasse ich über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen samt Titel und Eingang in 913 der Beilagen abstimmen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
105. Sitzung / Seite 185

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein Zeichen der Bejahung. – Diese Gesetzesvorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein entsprechendes Zeichen geben. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen nun ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds der Asiatischen Entwicklungsbank samt Titel und Eingang in 892 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Gesetzesvorlage auch in dritter Lesung zustimmen wollen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Diese Gesetzesvorlage ist in dritter Lesung angenommen.

Damit haben wir diese Punkte der Tagesordnung und somit die gesamte Tagesordnung erledigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 657/A bis 671/A eingebracht worden sind.

Ferner sind die Anfragen 3430/J bis 3480/J und eine Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates eingelangt.

Ansprache des Präsidenten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende dieser Sitzung angelangt. Ich erinnere mich genau, daß wir fast genau vor einem Jahr, nicht am 12. Dezember, sondern am 13. Dezember, unsere Arbeit abgeschlossen haben. Es war dies damals eine sehr stürmische und spannungsreiche Sitzung.

Hinter uns liegt jetzt wieder ein Jahr, in dem wir uns vielen parlamentarischen Themen gewidmet haben. Wir haben über viele Vorlagen diskutiert. Wir waren hinsichtlich vieler Fragen unterschiedlicher Meinung, aber erfreulicherweise haben wir etliche auch gleich beurteilt.

Natürlich nimmt man sich am Ende eines jeden Jahres vor, wenn möglich im nächsten Jahr so manches besser oder anders zu machen. Man sollte aber auch nicht übersehen, daß im abgelaufenen Jahr vieles gelungen ist und zustande gebracht werden konnte. Dies war deshalb der Fall, weil es von allen Mitgliedern dieses Hauses ein gemeinsames Bemühen gegeben hat und weil wir Unterstützung durch eine beträchtliche Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefunden haben. Ich glaube, ich darf in Ihrer aller Namen und möchte auch im eigenen Namen den Mitarbeitern des Hauses und der parlamentarischen Klubs an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt ein herzliches Dankeschön für ihre Arbeit sagen! (Allgemeiner Beifall.)

Gerne richte ich einen besonderen Dank an die Adresse des Zweiten und des Dritten Präsidenten des Nationalrates und an die Mitglieder der Präsidialkonferenz, in der wir nicht immer mit einfachen Themen konfrontiert sind. Aber ich glaube, daß es praktisch keine Frage gegeben hat, bei der wir keinen einvernehmlichen Weg gefunden haben. Es konnten doch in den meisten Fällen nach entsprechenden Bemühungen und Anstrengungen gemeinsame Empfehlungen und Entscheidungen der Präsidialkonferenz gefunden werden.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
105. Sitzung / Seite 186

Es ist eine gute Gewohnheit, in dieser Stunde auch den österreichischen Soldaten und Offizieren, die im Ausland tätig sind, einen herzlichen Gruß zu senden und ein Wort des Dankes an ihre Adresse zu sagen, und ich möchte das auch heute tun. (Allgemeiner Beifall.)

Wir bedanken uns auch bei den Vertretern der Medien für die Erfüllung der sicherlich nicht leichten Aufgabe, über die parlamentarische Arbeit zu berichten. Es steht fest, daß ohne Öffentlichkeit, ohne Zeitungen, ohne Rundfunk und ohne Fernsehen das demokratische parlamentarische System nicht funktionieren könnte. Daher richte ich auch an die Kollegen von den Medien ein herzliches Wort des Dankes und bitte, dies auszurichten! (Allgemeiner Beifall.)

Abschließend möchte ich Ihnen allen und auch Ihren Familien ein schönes Weihnachtsfest und einen Jahreswechsel in dem Sinn, wie Sie es sich wünschen, und ein erfolgreiches neues Jahr, Gesundheit und persönlich alles Gute wünschen! (Allgemeiner Beifall.)

Die nächste Sitzung wird nach menschlichem Ermessen im Jänner stattfinden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 20.34 Uhr