Stenographisches Protokoll

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 9., und Mittwoch, 10. Juli 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 9., und Mittwoch, 10. Juli 1996

Dauer der Sitzung

Dienstag, 9. Juli 1996: 11.01 – 24.00 Uhr

Mittwoch, 10. Juli 1996: 0.00 – 1.14 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Unvereinbarkeitsgesetz 1983, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landes-Lehrerdienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Dienstrechtsgesetz 1985 und die Bundesforste-Dienstordnung 1986 geändert werden (Bezügereformgesetz),

den Antrag 69/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg vorzeitige Pensionierung,

den Antrag 101/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bezügegesetz und Beamten-Dienstrechtsgesetz,

den Antrag 109/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden,

den Antrag 71/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg Abfertigung,

den Antrag 105/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden,

den Antrag 106/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 (LLDG 1985) geändert werden, und


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den Antrag 117/A (E) der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Abbau der Politikerprivilegien

2. Punkt: Bericht über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (Zweite Lesung)

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

4. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll

5. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll

6. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll

7. Punkt: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen

8. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen

9. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 14

Geschäftsbehandlung

Zurückziehung des Verlangens auf Durchführung einer Aktuellen Stunde 15

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 16

Unterbrechungen der Sitzung 146, 147, 149, 162

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 147, 149

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend Ausdrucksweise im Plenum 159, 174, 174, 175


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Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Harald Ofner betreffend Ausdrucksweise des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka sowie Ersuchen , die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidialkonferenz einzuberufen 161

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder zur Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Harald Ofner betreffend Ausdrucksweise des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka sowie zu dessen Ersuchen, die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidialkonferenz einzuberufen 162, 162

Ausschüsse

Zuweisungen 14

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend umfassenden Privilegienabbau (951/J) 81

Begründung: Mag. Karl Schweitzer 89/P>

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky 92

Debatte:

Mag. Johann Ewald Stadler 96

Dr. Josef Cap 99

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 103

Mag. Helmut Peter 104

Mag. Terezija Stoisits 105

Dr. Michael Krüger 106

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky 109, 115

Dr. Irmtraut Karlsson 111

Dr. Martin Graf 112

Dr. Alois Pumberger 116

Edith Haller 119

Willi Sauer 121

Elfriede Madl 123

Anton Blünegger 125

Hermann Mentil 129

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) 131

Anna Elisabeth Aumayr 131

Robert Wenitsch 132

Rudolf Schwarzböck (tatsächliche Berichtigung) 134

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Abbau der Politikerprivilegien – Ablehnung 114, 134

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg Abfertigung – Ablehnung 117, 134

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Unvereinbarkeitsgesetz 1983, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landes-Lehrerdienstrechtsgesetz 1984, das Land-


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und forstwirtschaftliche Dienstrechtsgesetz 1985 und die Bundesforste-Dienstordnung 1986 geändert werden (Bezügereformgesetz),

den Antrag 69/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg vorzeitige Pensionierung,

den Antrag 101/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bezügegesetz und Beamten-Dienstrechtsgesetz,

den Antrag 109/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden,

den Antrag 71/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg Abfertigung,

den Antrag 105/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden,

den Antrag 106/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 (LLDG 1985) geändert werden, und

den Antrag 117/A (E) der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Abbau der Politikerprivilegien (249 d. B.)

Berichterstatter: Dr. Günther Kräuter 17

Redner:

Dr. Jörg Haider 17

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigung) 26

Dr. Ewald Nowotny (tatsächliche Berichtigung) 26

Eleonora Hostasch (tatsächliche Berichtigung) 27

Mag. Walter Posch (tatsächliche Berichtigung) 27

Dr. Peter Kostelka 27

Dr. Jörg Haider (tatsächliche Berichtigung) 30

Dkfm. Holger Bauer (tatsächliche Berichtigung) 31, 67

Mag. Dr. Heide Schmidt 31

Dr. Andreas Khol 35

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 38

Dr. Franz Löschnak 41

Mag. Herbert Haupt 43

Georg Schwarzenberger 47

Mag. Helmut Peter 48

Mag. Brigitte Ederer 51

Ing. Walter Meischberger (tatsächliche Berichtigung) 53

Mag. Terezija Stoisits 53

Mag. Cordula Frieser 58

Andreas Wabl (tatsächliche Berichtigung) 60

Dr. Martin Graf 60

Manfred Lackner 65

Dr. Friedhelm Frischenschlager 67

Mag. Helmut Kukacka 70


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Karl Öllinger 72

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 76

Dr. Michael Krüger 78

Werner Amon 134

Mag. Thomas Barmüller 137

Theresia Haidlmayr 139

Herbert Scheibner 141

Andreas Wabl 143

Sigisbert Dolinschek 145

Annahme des Gesetzentwurfes in 249 d. B. (namentliche Abstimmungen) 146

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 249 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Einkommenspyramide für Politiker, in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka und Genossen – Annahme (E 15) 17, 151

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 249 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Bezahlung von Politikern in ihrem Beruf nach tatsächlicher Leistung – Annahme (E 16) 17, 151

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 249 d. B. 151

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen, den Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Bezügereformgesetz, in der Fassung des Ausschußberichtes 249 d. B., gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Verfassungsausschuß rückzuverweisen – Ablehnung 35, 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen im "Fall Höchtl" – Ablehnung 56, 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen im "Fall Frischenschlager" – Ablehnung 57, 152

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend "umfassenden Privilegienabbau" – Ablehnung 142, 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Offenlegung der Einkommen, Vermögensverhältnisse und Nebenbeschäftigungen von Politikern – Ablehnung 144, 151

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (284 d. B.) (Zweite Lesung)

3. Punkt: Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (285 d. B.)

Berichterstatter: Manfred Lackner 152

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 153

Dr. Peter Kostelka 159


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Mag. Herbert Haupt 162

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 167

Dr. Andreas Khol 167

Dr. Harald Ofner 169

Mag. Thomas Barmüller (tatsächliche Berichtigung) 173

Dr. Harald Ofner (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 173

Dr. Friedhelm Frischenschlager 173

Herbert Scheibner 179

Andreas Wabl 182

Ute Apfelbeck 186

Peter Schieder 187

Dr. Michael Krüger 189

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 191

Dr. Volker Kier 194

Dr. Gertrude Brinek 196

Karl Gerfried Müller 198

Mag. Thomas Barmüller 198

Annahme des Gesetzentwurfes in 284 d. B. in zweiter Lesung 200

Annahme des Gesetzentwurfes in 285 d. B. in der Fassung des Abänderungsantrages Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Dr. Friedhelm Frischenschlager, Andreas Wabl und Genossen 200

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll (115 d. B.)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

5. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll (116 d. B.)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

6. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll (117 d. B.)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

7. Punkt: Regierungsvorlage: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen (126 d. B.)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (86 d. B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen (230 d. B.)

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (153 d. B.): Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den


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34. Sitzung / Seite 7

Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) (231 d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Richard Kaiser 201

Redner:

Herbert Scheibner 203

Dr. Alois Mock 203

Anna Elisabeth Aumayr 205

Inge Jäger 207

Genehmigung der Staatsverträge in 115, 116, 117, 126 und 230 d. B. 208

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 208

(siehe auch 36. Sitzung des Nationalrates)

Annahme des Gesetzentwurfes in 231 d. B. 209

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 14

Bürgerinitiative betreffend "Gentechnologie – nein danke!" (Ordnungsnummer 6)

Bericht 15

III-38: Bericht zur Lage der Verbraucher 1995; BM f. Gesundheit und Konsumentenschutz

Anträge der Abgeordneten

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend steuerliche Absetzmöglichkeiten von Spenden an gemeinnützige, humanitäre Organisationen (262/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz beziehungsweise dem Kunstförderungsgesetz (263/A) (E)

Zurückgezogen wurden die Anträge der Abgeordneten

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Regelung der obertägigen Ablagerung von Abfällen im Gesetzesrang (31/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz beziehungsweise dem Kunstförderungsgesetz (249/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Reduzierung des Kunstbudgets durch Steuerpflicht für Stipendien, Preise et cetera und durch Sozialversicherungspflicht für Werkverträge (939/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend politische Verantwortung der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz hinsichtlich etwaiger Naheverhältnisse von Beamten des Gesundheitsministeriums zu Gentech-Firmen beziehungsweise Experten, speziell im Zusammenhang mit den drei Freisetzungs-Anträgen von gen


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technisch veränderten Kartoffeln (Seibersdorf und Tulln) sowie gentechnisch verändertem Mais (Firma T. B. Agrartechnik) (940/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Arzneimittelsicherheit, FSME-Impfung, FSME-Fälle, Impfnebenwirkungen 1990 bis 1995, Kostendämpfung (941/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verwaltungsverfahrensreform bei Massenverfahren, speziell im Umweltbereich (942/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Luftwaffenbasis Aviano (943/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend das zusätzliche Einkommen von Abgeordneten zum Nationalrat, insbesondere des Kultursprechers der ÖVP, Franz Morak (944/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend das fragwürdige Engagement eines Mitarbeiters des Innenministeriums im Aufdecken – beziehungsweise Verschleiern – des Bombenattentates gegen Roma in Oberwart (945/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend 19monatige Freiheitsstrafe für Deserteur (946/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Aufnahme einer Nicht-Diskriminierungsklausel für behinderte Menschen in die EU-Verträge (947/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufnahme einer Nicht-Diskriminierungsklausel für behinderte Menschen in die EU-Verträge (948/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Straffreiheit eines Schwangerschaftsabbruches (949/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Diskriminierung behinderter Menschen durch die Nationalrats-Wahlordnung (950/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend umfassenden Privilegienabbau (951/J)

Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend nicht oder verspätet erteilte Visa für Teilnehmer am Weltkongreß für Psychotherapie (952/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Nichtnachbesetzung von Leiterstellen an Berufsschulen in Kärnten (953/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Impulse für den qualitativen Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie (954/J)

Günter Kiermaier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend B 121 – "Nadelöhr Ybbstal" (955/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schubhaft für Ausländer/innen (956/J)


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Ridi Steibl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (957/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (958/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (959/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (960/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (961/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (962/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (963/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (964/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (965/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (966/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (967/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (968/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (969/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Förderungen der Unternehmungen des Abgeordneten Haselsteiner aus öffentlichen Mitteln (970/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Postamt 1113 Wien, Mühlsangergasse 6 (971/J)


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34. Sitzung / Seite 10

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Sicherung der Nahversorgung in ländlichen Gebieten (972/J)

Josef Schrefel und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schließung des Bezirksgendarmeriekommandos Waidhofen/Ybbs (973/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Maßnahmen zur Förderung der Familien (974/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Aufsteigen mit Nichtgenügend (975/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Beförderungsverbot von Vinylchlorid-Zügen durch Tirol (976/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geldwäsche in Österreich – Anonymität (977/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Geldwäsche in Österreich – Anonymität (978/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Gymnasium für Berufstätige in Vorarlberg (979/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend drohende Benachteiligung psychisch Kranker (980/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Herrn M. – F-Ermittler in Oberwart (981/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Zusammensetzung der Fachkommission für das Auswahlverfahren um den Posten des Landesschulinspektors für das kaufmännische Schulwesen in Kärnten (982/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Telefonüberwachung (983/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema Transsexualismus (984/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Abhöraktionen durch Private (985/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Homosexuellenurteil vom 8. 2. 1996 (986/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die im Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter oder unmenschlicher Behandlung oder Strafe (CPT) aufgezeigten Mißstände in den österreichischen Polizeigefangenenhäusern (987/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die versteckte Parteienfinanzierung von SPÖ-Organisationen aus der Volksgruppenförderung (988/J)


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34. Sitzung / Seite 11

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (551/AB zu 524/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (552/AB zu 519/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (553/AB zu 525/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (554/AB zu 526/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (555/AB zu 528/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (556/AB zu 539/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (557/AB zu 575/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Karl Maitz und Genossen (558/AB zu 601/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (559/AB zu 520/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (560/AB zu 505/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (561/AB zu 551/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (562/AB zu 592/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen (563/AB zu 521/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (564/AB zu 577/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (565/AB zu 578/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Fritz Neugebauer und Genossen (566/AB zu 557/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader und Genossen (567/AB zu 589/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (568/AB zu 553/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (569/AB zu 559/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (570/AB zu 568/J)


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34. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (571/AB zu 569/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Elmecker und Genossen (572/AB zu 579/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (573/AB zu 676/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (574/AB zu 554/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (575/AB zu 555/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (576/AB zu 567/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (577/AB zu 590/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (578/AB zu 560/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader und Genossen (579/AB zu 585/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (580/AB zu 564/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (581/AB zu 570/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (582/AB zu 581/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (583/AB zu 588/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (584/AB zu 583/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (585/AB zu 552/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (586/AB zu 591/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (587/AB zu 584/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (588/AB zu 558/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen (589/AB zu 563/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (590/AB zu 571/J)


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34. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (591/AB zu 587/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (592/AB zu 576/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (593/AB zu 594/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (594/AB zu 566/J)


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34. Sitzung / Seite 14

Beginn der Sitzung: 11.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer , Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser , Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder .

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen. Ich eröffne die 34. Sitzung des Nationalrates. Sie wurde aufgrund eines geschäftsordnungsmäßigen Verlangens von mehr als einem Fünftel der Abgeordneten für heute einberufen.

Die Amtlichen Protokolle der 31. Sitzung vom 27. beziehungsweise 28. Juni sowie der 32. und 33. Sitzung vom 28. Juni sind aufgelegen und ohne Einspruch geblieben.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Maderthaner und Schöll.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 939/J bis 950/J.

2. Anfragebeantwortungen: 551/AB bis 594/AB.

3. Initiativanträge:

Zurückziehungen 31/A (E) und 249/A (E).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 29a, 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 6 betreffend "Gentechnologie – nein danke!";

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen an andere Ausschüsse:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bürgerinitiative Nr. 5 betreffend "Ärzte-Arbeitszeitgesetz";

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Petition Nr. 8 betreffend "Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes", überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits,


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34. Sitzung / Seite 15

Bürgerinitiative Nr. 2 betreffend ein Bundesgesetz über ein umfassendes Verbot von Anti-Personen-Minen (Verbot von Erzeugung, Lagerung, Beschaffung, Einsatz, Handel, Aus-, Ein- und Durchfuhr);

Justizausschuß:

Petition Nr. 11 betreffend "Abschaffung des § 188 des StGB", überreicht von der Abgeordneten Hannelore Buder,

Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen;

Umweltausschuß:

Petition Nr. 5 gegen Änderungen des Abfallwirtschaftsgesetzes und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr;

Verfassungsausschuß:

Petition Nr. 7 betreffend Aufhebung des Fahrverbotes für Fahrräder auf Forststraßen, überreicht von der Abgeordneten Brunhilde Fuchs,

Petition Nr. 9 betreffend Aufhebung des Fahrverbotes für Fahrräder auf Forststraßen, überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Rudolf Anschober und Mag. Helmut Peter;

2. Zuweisung in dieser Sitzung:

Gesundheitsausschuß:

Bericht der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz zur Lage der Verbraucher 1995 (III-38 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters gebe ich bekannt, daß das Verlangen auf Durchführung einer Aktuellen Stunde zurückgezogen wurde.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3 sowie 4 bis 9 der heutigen Tagesordnung jeweils zusammenzufassen. Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer das Verlangen gestellt hat, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage an den Herrn Bundeskanzler betreffend umfassenden Privilegienabbau dringlich zu behandeln.

Da dieses Verlangen darauf gerichtet ist, die dringliche Behandlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, wird im Sinne der Bestimmungen des § 93 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Beginn der dringlichen Behandlung dieser Anfrage mit 16 Uhr anberaumt.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.


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34. Sitzung / Seite 16

Redezeitbeschränkungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten zur gesamten Tagesordnung erzielt. Demgemäß wurde für die Debatte zu Punkt 1 der Tagesordnung sowie für die gemeinsame Debatte zu den Punkten 2 und 3 jeweils eine Blockredezeit von acht "Wiener Stunden" vereinbart.

Daraus ergeben sich folgende Redezeiten: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Weiters wurde für die gemeinsame Debatte zu den Punkten 4 bis 9 festgelegt, daß maximal zwei Redner pro Fraktion mit einer Redezeit von höchstens je 10 Minuten das Wort erhalten.

Die endgültige Entscheidung über diese Vorschläge obliegt dem Nationalrat. Ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Vorschlag einhellig gebilligt und angenommen.

Ich füge hinzu, daß von den Fraktionen SPÖ und ÖVP weitere freiwillige Redezeitbeschränkungen zu einer Reihe von Tagesordnungspunkten angekündigt wurden, die wir gleichfalls durch Einstellung der Zeitmessung berücksichtigen werden.

1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Unvereinbarkeitsgesetz 1983, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landes-Lehrerdienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Dienstrechtsgesetz 1985 und die Bundesforste-Dienstordnung 1986 geändert werden (Bezügereformgesetz), den Antrag 69/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg vorzeitige Pensionierung, den Antrag 101/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bezügegesetz und Beamten-Dienstrechtsgesetz, den Antrag 109/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden, den Antrag 71/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg Abfertigung, den Antrag 105/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden, den Antrag 106/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 (LLDG 1985) geändert werden, und den Antrag 117/A (E) der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Abbau der Politikerprivilegien (249 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung: Es ist dies der Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 245/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Bezügereformgesetz,

69/A (E) der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Politikerprivilegien und vorzeitige Pensionierung,

101/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Bezügegesetz und Beamten-Dienstrechtsgesetz,


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34. Sitzung / Seite 17

109/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der Obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden,

weiters der Antrag 71/A (E) der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg Abfertigung,

105/A der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz und weitere Gesetze geändert werden,

der Antrag 106/A der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz und weitere Gesetze geändert werden,

sowie der Antrag 117/A (E) der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend Abbau der Politikerprivilegien, 249 der Beilagen.

Herr Abgeordneter Dr. Kräuter ist zum Berichterstatter gewählt worden. Er wird unsere Beratungen einleiten. – Bitte, Herr Kollege.

Berichterstatter Dr. Günther Kräuter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Verfassungsausschusses zum Antrag 245/A Bezügereformgesetz sowie zu den vom Herrn Präsidenten genannten Anträgen 69/A (E), 101/A (E), 109/A, 71/A (E), 105/A, 106/A und 117/A (E).

Die gesamte Materie wurde am 2. Juli 1996 im Verfassungsausschuß verhandelt.

Der Entwurf betreffend Bezügereformgesetz hat in Form eines Abänderungsantrages die Mehrheit im Ausschuß gefunden. Die Anträge haben keine Mehrheit gefunden.

Weiters wurden zwei Entschließungen mit Mehrheit angenommen. Ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Frischenschlager hat keine Mehrheit gefunden.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß den Antrag ,

1. dem Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. die beiden Entschließungen anzunehmen und

3. den schriftlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Da Wortmeldungen vorliegen, ersuche ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Wir treten in die Diskussion ein.

Für diese Debatte wurde, wie bereits bekanntgegeben, eine Blockredezeit von acht "Wiener Stunden" beschlossen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben – ich darf das wiederholen –: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Haider. Ich erteile ihm dieses.

11.08

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte um eine Novelle des Bezügegesetzes ist ein weiteres Kapitel einer unendlichen Geschichte, die ich selbst schon seit geraumer Zeit als Abgeordneter des österreichischen Parlaments miterlebe. Ich war schon 1980 mit dabei, als es die ersten Konfrontationen hinsichtlich der Frage arbeitsloses Einkommen, Vollbesteuerung der Politikerbezüge oder nicht gegeben hat.


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Ich weiß daher sehr genau, daß das ein nicht einfach zu lösendes Problem ist; es ist aber andererseits in Zeiten, in denen das Parlament und die politischen Parteien die Bevölkerung auffordern, Spargesinnung zu zeigen, nicht sehr geschickt, eine Verbesserung der Bezugssituation der Mandatare herbeizuführen, gleichzeitig aber der Bevölkerung massive Belastungen zuzumuten.

Das spüren auch viele Abgeordnete der Regierungsparteien, und sie haben daher nicht verstanden, daß K & K, Kostelka und Khol, wieder einmal wie Elefanten im Porzellanladen versucht haben, etwas durchzupeitschen, was nicht durchzupeitschen ist, weil man gegenüber der Bevölkerung keine moralische Rechtfertigung für Bezugserhöhungen hat, wenn man gleichzeitig dem kleinen Mann massive Schlechterstellungen zumutet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist dies einfach ein bißchen der Geist der Kassierer, der sich da immer wieder durchsetzt, obwohl ich zugebe, daß die Gespräche mit Abgeordneten aller Fraktionen durchaus ergeben, daß jeder ein Unbehagen in dieser Frage hat. Wenn man unterwegs ist, Kollege Kostelka – ich war gestern zum Beispiel in Tirol und habe eine Reihe von Veranstaltungen mit Wirtschaftstreibenden gehabt, Betriebsbesuche –, dann muß man ehrlich sagen: Die Bevölkerung ist empört! Die Bevölkerung ist ganz massiv empört über das, was sich derzeit auf der Ebene der politischen Bezüge abspielt, und das kann insgesamt, glaube ich, dem Parlament und dem Ansehen der Politik nicht guttun.

Die Bevölkerung ist empört über die ständigen Versuche, unter dem Vorwand des Privilegienabbaus Verbesserungen für Politiker durchzuführen. Als man Ihnen, Herr Kollege Kostelka, auf die Schliche gekommen ist, daß Sie über Jahre ein zweites Einkommen als Parlamentsrat in der Höhe von rund 40 000 S bezogen haben, wollten Sie sich über eine Anhebung der Bezüge der Klubobmänner auf jene des Niveaus der Staatssekretäre genau jene 40 000 S sichern, die Sie gebraucht haben, um sozusagen einen Ausgleich herbeizuführen. Glauben Sie, daß das eine vertrauensbildende Maßnahme ist, wenn die Bevölkerung sieht, wie die Politiker versuchen, es sich schon wieder zu richten? – Sie sind ja nicht nur von uns, sondern von Ihrem eigenen Parteivorsitzenden ertappt worden, der es auch als unmoralisch empfunden hat, eine solche Lösung herbeizuführen, daß man zwar dem Bürger sagt, er muß sparen, bei den Familien gekürzt wird – aber die Herren Politiker erhöhen sich geflissentlich die Bezüge! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wurde Ihnen ja auch in Zeitungskommentaren ausgerichtet. In der "Tiroler Tageszeitung" schrieb Stefan Kappacher in einem Kommentar: "Die Blamage für Kostelka und Khol könnte nicht größer sein, sie war vorprogrammiert."

Ulrich Stocker von der "Kleinen Zeitung" richtet Ihnen in einem Kommentar aus: "Die Neuregelung der Politikerbezüge ist eine widerliche Augenauswischerei."

Das war auch der Grund, warum der Bundeskanzler und Parteivorsitzende in letzter Minute die Bremse gezogen hat, als die Freiheitlichen die Sondersitzung zu diesem Thema beantragt haben, und er hat gesagt: Zurück an den Start, wir müssen noch einmal darüber reden, ob wir das den Menschen überhaupt zumuten können, was wir geplant haben.

Diese Aktion hat gezeigt, wie wesentlich es ist, daß es eine große Opposition hier im Haus gibt, die durch das Recht, außertourliche Sitzungen einzuberufen, Schlimmeres in diesem Land verhindert hat, vor allem hinsichtlich der Bezugsregelung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich kann man jetzt sagen: Euch Freiheitliche hätten wir nicht gebraucht, wir bringen das ohnehin in Ordnung. Aber selbst im ÖVP-Zentralorgan "Volksblatt" schreibt Walter Salzmann: "... waren es doch zu einem gut Teil die Freiheitlichen, die mit einem Antrag auf eine Sondersitzung zum Thema Politikerbezüge Bewegung in die Sache gebracht und die Koalitionsparteien zusätzlich unter Druck gestellt haben." – Also auch in der ÖVP herrscht offenbar der Eindruck, daß es ganz gut ist, wenn es eine Opposition gibt, die mit Sondersitzungen die Möglichkeit hat, schlechte Regelungen und Politikerprivilegien entsprechend massiv zu bekämpfen.


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Genau das wollen Sie jetzt aber unterbinden – wir werden heute bei einem anderen Tagesordnungspunkt noch darüber reden –, indem Sie sagen: Dieser lästigen freiheitlichen Opposition, die uns bei den Politikerbezügen schon wieder auf die Schliche gekommen ist, nehmen wir jetzt die Möglichkeit der Sondersitzung und schränken sie ein, beschränken die Redezeit im Zuge einer Geschäftsordnungsreform, damit wir mit unserer Mehrheit als Regierungsparteien drüberfahren können.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Vorgangsweise, die Sie nicht allzu lange freuen wird. Den Parlamentarismus auf diese Weise unmöglich zu machen, ist eigentlich ein Schwächezeichen von Regierungsparteien, die offenbar keine guten Argumente mehr haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf in Erinnerung rufen, daß selbst Herr Kollege Khol im Jahr 1986 anläßlich einer Debatte zur Geschäftsordnung gemeint hat:

"Keine Regierung hat Interesse an einem starken Parlament, an einem kontrollierenden Parlament." Und weiters: "... wir haben sehr sehr, wenig Sitzungstage", sagte damals Kollege Khol, und ... "ich kenne kein europäisches Parlament mit so wenigen Plenartagen." Khol meinte weiters, "die Redezeit der Abgeordneten sei viel zu knapp". – Das sagte Kollege Khol 1986, nachzulesen auf Seite 12 915 des Stenographischen Protokolls. (Abg. Haigermoser: Die wunderbare Wandlung des Khol!)

Das heißt, das, was Dr. Khol damals urgiert hat, will er jetzt nicht mehr wahrhaben. Er hat sich gewandelt, seine Partei sitzt in der Regierung, und jetzt heißt es: Fahren wir drüber, jetzt darf es keine Opposition geben, jetzt darf es nicht mehr viel Redezeit geben, jetzt muß gekürzt werden, damit es keine oppositionelle Kontrolle mehr gibt.

Selbst Herr Wabl hat noch bei der letzten Geschäftsordnungsreform gemeint, eine Verkürzung der Redezeit sei ein "Anschlag auf den Parlamentarismus". – Jetzt stimmt er sogar zu, daß im Rechnungshofausschuß die Redezeitbeschränkung eingeführt wird und hilft so mit, daß die Regierungsparteien oppositionelle Kontrolle im Parlament verschlechtern anstatt verbessern. Eigentlich sind Sie damit wirklich zum Blinddarm der großkoalitionären Politik in diesem Land geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Sie haben es nicht gelesen!)

Aber auch Frau Kollegin Schmidt hat mir am 7. September 1992, als sie noch eine Freiheitliche war, einen Brief geschrieben, in dem es hieß:

"Lieber Jörg! Die Redezeit ist sicherlich ein sensibler Bereich, der eine Güterabwägung zwischen freiem Mandat und ökonomischer Abwicklung der Tagesordnung erfordert. Ich meine nur, lieber Jörg, daß nach zwölf Rednern – das wären drei für die FPÖ – noch nicht die Möglichkeit gegeben sein sollte, auf 5 Minuten Redezeit zu beschränken. Bei einer Blockredezeit müßte man darauf achten, daß den Oppositionsparteien entsprechend Zeit eingeräumt wird, um nicht in dem Ausmaß wie bei der Wahlrechtsdebatte benachteiligt zu werden." (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und weiters heißt es in diesem Brief:

"Lieber Jörg! Ein besonderes Anliegen ist mir auch der Untersuchungsausschuß. Er sollte ein Minderheitenrecht werden und schon von 20 Abgeordneten durchgesetzt werden." (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) – Jetzt stimmen Sie zu, daß weniger parlamentarische Kontrolle, weniger Debatte, weniger Redezeit, weniger Rechnungshofberatungen möglich sind. Sie sollten in sich gehen, ob Sie das wirklich mit gutem Gewissen getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zurück zu dem, was Dr. Vranitzky gemacht hat. Er hat sich, als wir die Sondersitzung verlangt haben, gesagt: Nun muß ich auf die Bremse steigen, sonst wird es schwierig! – und er hat die Herren Kostelka und Khol zurückgepfiffen. Aber es läuft ab wie immer: Es wird neu verhandelt, so wie es der Kanzler schon bei der Krankenkassenreform angekündigt hat – und am Ende bleibt alles beim alten. Es wird eine höhere Spesenabgeltung


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für die Politiker geben. Sie werden den Leuten erklären müssen, warum man mit dem Strukturanpassungsgesetz den Wirtschaftstreibenden Verschlechterungen zumutet, aber der Abgeordnete neben einem pauschalierten Auslagenersatz, den er bereits hat, auch noch zusätzlich Spesen verrechnen kann. Räumen Sie das den Wirtschaftstreibenden doch auch ein, jedem reisenden Kaufmann, der durch Österreich unterwegs ist! Beschränken Sie nicht seine Möglichkeiten, sondern ermöglichen Sie ihm, die Spesen so abzurechnen, wie sie in der Wirtschaft anfallen. Dann wäre das glaubwürdig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So bleiben aber höhere Spesenrechnungen bei gleichzeitiger Geschäftsordnungsreform, die das Parlament zwingen wird, weniger zu arbeiten. Weniger Arbeit, mehr Spesen – das ist eine "saubere" Lösung, eine Lösung, die die Österreicher wirklich nicht begeistern wird!

Zweiter Punkt: Die Multifunktionäre werden wieder nicht eingeschränkt. Sie sitzen weiterhin im Parlament: die Sozialversicherungsfunktionäre, die Krankenkassenfunktionäre, die Gewerkschaftsfunktionäre, die Arbeiterkammerfunktionäre. Ich möchte gar nicht alle aufzählen, die als Multifunktionäre hier herinnen sitzen, obwohl Sie seit vielen Jahren versprechen, diesen Bereich zu klären. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Gerade Sie sollten ruhig sein, als Bürgermeister und Multifunktionär, lieber Kollege aus dem Burgenland!

Die arbeitslosen Einkommen werden auch nicht beschränkt, denn, meine Damen und Herren ... (Abg. Wabl: Geben Sie doch Ihr Bärental endlich ab! Das ist auch ein arbeitsloses Einkommen!) Das ist kein parlamentarischer Bereich, lieber Freund, aber ich schicke dir gerne ein bißchen Brennholz, falls du mit deiner Politikerpension und deinem Abgeordnetenbezug nicht mehr auskommen solltest! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Ein arbeitsloses Einkommen ist das!)

Meine Damen und Herren! Die Frage, wie das arbeitslose Einkommen geregelt werden soll, ist ernst. Eine Kommission wird entscheiden, ob ein Abgeordneter einen Arbeitsplatz hat, wo er etwas verdienen soll, oder ob er karenziert werden soll. Die Oberösterreicher wissen das. Kukacka hat das in seiner eigenen Landesgruppe, Herrn Abgeordneten Pallwein-Prettner etwa, um einmal nicht aus dem Parlament zitieren zu müssen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.)

Herr Abgeordneter Pallwein-Prettner ist seit etwa zehn Jahren vom Dienst freigestellt, lieber Kollege Kukacka! Er ist ÖVP-Landtagsabgeordneter in Oberösterreich und ist jetzt abgezogen worden, weil er als Volksschuldirektor in der Schule nicht mehr gearbeitet hat, seit zehn Jahren aber ein arbeitsloses Einkommen bezieht. Er bekommt jetzt ein Platzerl im Landesschulrat, damit er dort einen Schreibtisch hat und die Legitimation besteht, daß er kassieren kann.

Wenn das die Lösung bezüglich arbeitslosen Einkommens ist, dann – das kann ich Ihnen heute schon sagen – ist das der Grund für die nächsten Debatten, die wir hier im Hohen Haus haben werden, weil das eine Alibihandlung ist, wie Sie die Dinge lösen wollen.

Glauben Sie, daß Kollege Dolinschek, der in einem Privatbetrieb arbeitet, auch nur einen Schilling verdienen kann, wenn er dort nicht wirklich Arbeit leistet? Diese Kontrolle ist sichergestellt, weil der Betrieb nur das leisten kann, was er zum Verdienen beiträgt, und daher darf auch im öffentlichen Bereich nur dort bezahlt werden, wo tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht werden, und es dürfen nicht, wie das jetzt der Fall ist, alle diese Versorgungsposten geschaffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Steindl: Was ist mit dem Bauer?)

Selbst der Kollege Bauer muß sich vor Ihrem "schwarzen" Sektionschef und vor einer "roten" Abteilungsleiterin rechtfertigen, wenn er seine Arbeitsleistung nicht erbringt. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Ich nehme nicht an, daß die Liebe für die Freiheitlichen plötzlich so groß ist, daß man ihnen ein arbeitsloses Einkommen zubilligen will. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer .)

Frau Kollegin Bauer, seien Sie bitte ruhig! Ihre Schule, an der Sie Direktorin sind, wurde schon abgeschafft, daher sollten Sie wirklich keine große Lippe führen bei dieser Debatte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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34. Sitzung / Seite 21

Meine Damen und Herren! Es regt sich ja überall Widerstand. Tun Sie nicht so, als wären Sie mit dieser Regelung wirklich einverstanden! Sogar der Zweite Nationalratspräsident, Neisser, der ja auch zu den Privilegienrittern dieser Nation gehört, der ja auch arbeitsloses Einkommen bezogen hat, hat jetzt plötzlich Gewissensbisse und erklärt in einem Zeitungsinterview: Na, g’scheiter wär’s schon, wenn die Beamtentätigkeit mit der Politikertätigkeit unvereinbar gemacht würde. – Warum erst jetzt? Warum kommen diese Ideen immer erst dann, wenn einer nicht mehr so richtig betroffen ist, wenn einer nicht mehr so richtig erwischt werden kann? Das ist nämlich schon eigenartig, und ich glaube daher, daß wir heute keine gute Regelung treffen, sonst hätte ja die Frau Kollegin Ederer nicht gesagt, daß auch in der SPÖ massiver Widerstand gegeben ist. Viele Telefonanrufe, Proteste, hat sie gesagt – nur ist sie dann wieder zurückgepfiffen worden und hat gestern, nachdem man sie wieder auf Linie gebracht hat, gesagt: Na ja, ich stimme halt jetzt doch zu, denn es ist eine Regelung, die ich mittragen kann. – Und das, nachdem sie vorher ein Zeitungsinterview gegeben hat, wo sie das alles kritisiert hat! Die Solidarität mit den Kassierern ist offenbar auch bei ihr noch größer als die Solidarität mit den Bürgern, und das ist das Schlimme.

Warum verlangt Kollegin Ederer jetzt eine Offenlegung? – Sie könnte es doch tun. Wir haben seit dem Jahre 1988, nach unserem Volksbegehren, eine Offenlegung der Bezüge verlangt. Das ist von Ihnen immer wieder abgelehnt worden. Jetzt plötzlich kommen Sie drauf, daß es etwas Feines wäre, eine Offenlegung der Bezüge durchzuführen!

Ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren, daß es im Jahre 1988 ... (Abg. Wabl: Sie haben ja immer dagegen gestimmt bei der Offenlegung der Bezüge! 1988 haben Sie dagegen gestimmt, 1989 waren Sie dagegen! Sie sind ein Bären-"Heuchler"!) Mit einem Politpensionär und Beamtenpensionär gebe ich mich heute wirklich nicht ab, Kollege Wabl! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Jahre 1988, nach dem Sallaberger-Skandal in der SPÖ, hat Vranitzky am 21. Dezember 1988 gesagt: Es muß die Sauberkeit in der Partei wiederhergestellt werden. Und diese Sauberkeit wird dadurch hergestellt, daß er ein Mehrpunkteprogramm erlassen hat. In diesem Mehrpunkteprogramm heißt es: Es darf kein arbeitsloses Einkommen mehr geben, es darf nur mehr eine bezahlte politische Funktion geben. Und das wird so streng überwacht, hat Vranitzky gesagt, daß die 440 Kandidaten auf der Liste für die Nationalratswahl 1990 nur dann kandidieren dürfen, wenn sie das Vierpunkteprogramm des Bundeskanzlers und SPÖ-Vorsitzenden erfüllen.

Jetzt frage ich mich, wie dann Kollege Nowotny draufkommt, daß er auf dieser Liste stehen könnte, der sogar gegen das Gesetz lange Zeit sein Einkommen als Beamter zu 100 Prozent kassiert hat. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her! Unglaublich!) – Gegen das Gesetz, obwohl er es hier mitbeschlossen hat! Wie kann es, wenn es diese Prüfung gibt, diesen Nowotny dann auf der Liste geben? Wie kann es den Herrn Fischer auf der Liste geben, wenn diese Prüfung wirklich funktioniert hätte? Und wie ist es möglich, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, die Sie sich so aufregen über die Gebarung von Sozialfonds, die die Freiheitlichen haben, daß Sie am 19. Mai 1990 durch Ihren Zentralsekretär Marizzi ankündigen ließen: Die SPÖ hat im Jahre 1989 in ihrem Organisationsstatut die Bestimmung aufgenommen, daß sozialistische Funktionäre nur mehr für eine politische Funktion bezahlt werden dürfen? – Eine! – Etwaige weitere Bezüge müssen an Fonds für gemeinnützige Zwecke überwiesen werden, erinnerte Marizzi. Diese Regelung ist für die SPÖ Wirklichkeit und abgehakt.

Ich darf Sie höflichst ersuchen, heute das Wort zu ergreifen und uns einmal zu sagen, was aus diesen Fonds geworden ist. Was ist aus diesen Fonds geworden? Sie sprechen von mehreren Fonds, die Sie einrichten. Der Herr Fischer weiß offenbar nichts davon; er hat sein Gehalt doppelt weiterkassiert. Der Herr Kostelka weiß nichts davon; er hat sein Gehalt doppelt weiter kassiert. Der Herr Nowotny weiß nichts davon; er hat sein Gehalt doppelt weiterkassiert. (Abg. Dr. Nowotny: Das ist doch völlig falsch! Das ist eine Unterstellung!) Also sagen Sie uns: Wer hat in Ihre Fonds eingezahlt, meine Damen und Herren? Geben Sie Auskunft und lüften Sie dieses Geheimnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Das ist es, meine Damen und Herren, das ist ... (Abg. Wabl: Was weiß der Brauneder vom Sozialfonds?) Der muß dort einzahlen, selbstverständlich!

Meine Damen und Herren! Es wird Ihnen heute über ein sehr großes Medium unter Aufsicht eines Notars die Berichterstattung über die Gebarung freiheitlicher Sozialinitiativen gegeben werden. Wir können unter Aufsicht eines Notars über jeden Schilling Auskunft geben, nur weiß ich nicht, was mit Ihren Fonds passiert ist, von denen hier die Rede ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seit dem Jahre 1989 gibt es diese Fonds – aber noch nie gab es einen Rechenschaftsbericht! Keiner der Abgeordneten von der SPÖ, die Doppelbezieher sind, weiß etwas von der Existenz dieser Fonds. Man schwindelt sich über Schwierigkeiten hinweg und sagt bewußt die Unwahrheit. Nach der EU-Lüge, nach der Pensionslüge kommt jetzt auch noch die Fondslüge in die politische Diskussion, indem man den Österreichern etwas anderes erzählt, als tatsächlich gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß das ein schwieriges Thema ist. Wir wissen aber auch, daß Sie alle ein schlechtes Gewissen bei dieser Regelung haben, sonst hätte sich Präsident Fischer nicht in einer "Zeit im Bild 2"-Sendung ein zweites Mal zu Wort melden müssen, so, als ob er erst im Hinausgehen daran gedacht hätte, daß er eigentlich ein Zweiteinkommen hat, das er dann doch noch bekanntgeben wollte. Es ist ja absurd, daß der Chef des Parlaments zugleich sein eigener Angestellter ist und sich dann noch bezahlt dafür. Der trifft sich in der Früh immer zur Dienstbesprechung (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) , dann macht der Präsident mit dem Heinz Fischer aus, wer heute arbeitet: der Parlamentsrat – oder der Präsident übernimmt die Arbeit für den Parlamentsrat.

Dasselbe gilt für den Kollegen Kostelka. Der ist auch sein eigener Chef im Klub und sein eigener Angestellter.

Meine Damen und Herren, eine absurde Situation! (Abg. Wabl: Der Schiedsrichter ist der Brauneder! Schiedsrichter ist der Brauneder in der Früh!) Ich weiß, Kollege Wabl, Sie sind der Pflichtverteidiger der großen Koalition geworden. Sie sind heute mit Ihrer Zustimmung zur Geschäftsordnung zum Pflichtverteidiger der großen Koalition geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Pflichtverteidiger ist nichts Unehrenhaftes!)

Oder nehmen wir einmal jemand anderen: Sie haben in Kärnten eine Frauenvorsitzende, die immer sehr streng mit allen Entwicklungen in der Politik ins Gericht geht. Sie ist seit Jahren Lehrerin, hat so viele Fehlstunden, daß die Kinder nicht mehr unterrichtet werden können, bezieht aber voll ihr Gehalt und ist Landtagsabgeordnete.

Der Kollege Ambrozy als sozialistischer Klubobmann hat ein EU-Referat in der Landesregierung eingeräumt bekommen und weigert sich, überhaupt Auskunft zu geben, warum er und wie er als Beamter dort arbeitet, denn das ist sein persönliches Refugium.

Das ist jetzt passiert, in Zeiten des Sparpaketes, meine Damen und Herren! Und all das sind Dinge, die sehr ungewöhlich erscheinen.

Oder: Die Rechtfertigung des Kollegen Nowotny lautet, er habe nicht genau gewußt, ob man jetzt 100 Prozent oder 75 Prozent bezahlt bekommt als Beamter. Herr Kollege Nowotny! Sie haben ja das Gesetz mitbeschlossen. Sie müssen ja ab dem Beschluß gewußt haben, daß das 75 Prozent und nicht 100 Prozent für einen Universitätsprofessor sein können.

Das nehmen Ihnen die Leute einfach nicht mehr ab. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Das war ein Schreiben der Quästur! Das ist doch völlig falsch, was Sie sagen! Sie sagen einfach die Unwahrheit!) Kollege Nowotny! Ich habe nur die Aussage gelesen, die Sie gemacht haben. Dann müssen Sie sie berichtigen, wenn sie nicht der Wahrheit entspricht. (Abg. Dr. Nowotny: Ich habe von mir aus ...!)


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Sie haben gesagt, Sie haben zuerst einmal in der Quästur gefragt, ob es 100 oder 75 Prozent sind. Also: Ein Abgeordneter, der selbst Gesetze beschließt, und dann in die Quästur fragen geht, was jetzt rechtens ist, ist ja disqualifiziert für diesen Posten, lieber Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Das ist die Unwahrheit! Sie sagen bewußt die Unwahrheit!)

Sie haben die Möglichkeit, eine tatsächliche Berichtigung zu machen (Abg. Dr. Nowotny: Das sind Sie mir gar nicht wert!) , dann zitiere ich Ihren eigenen Artikel in der Zeitung, ein wörtliches Zitat, dem Sie bis zur Stunde nicht widersprochen haben.

Und ich sage Ihnen noch etwas: Es entsteht der Verdacht, daß Sie all diese Regelungen in Wirklichkeit nicht haben wollen. 1989 bereits hat das Parlament aus dem Munde des Bundeskanzlers erfahren, daß es eine umfassende Regelung geben wird, wobei alle Sozialpartner mit einbezogen werden sollen – im Gefolge des Falles Sallaberger. Da hat er einmal neun Punkte erlassen, und dann hat er vier Punkte erlassen, die wichtig sind: kein arbeitsloses Einkommen, keiner darf mehr verdienen als der Bundeskanzler – das hat sich aber bis zum Wiener Bürgermeister Häupl beispielsweise nicht durchgesprochen, der bis vor wenigen Monaten noch 330 000 S verdient hat, und das hat sich nicht bis zu anderen sozialistischen Spitzenfunktionären durchgesprochen.

Und dann "passiert" 1990 der Fall Zacharias. – Es wird wieder versprochen: Jetzt wird alles in Ordnung gebracht, die Glaubwürdigkeit wird wiederhergestellt, nur mehr eine bezahlte politische Funktion! – Da sitzen aber heute Frau Hostasch, Herr Nürnberger und Herr Verzetnitsch herinnen, und sie alle haben mehrere bezahlte politische Funktionen. – Ich bin es ihnen nicht neidig, aber ich sage nur: Dann dürfen sie es nicht verlangen oder versprechen!

1992 gibt es dann den Nationalbank-Skandal. – Der Bundeskanzler gelobt wieder, die Dinge in Ordnung zu bringen. Bis heute ist nicht einmal die Frage der SPÖ-Beteiligungen an der Oesterreichischen Nationalbank geklärt – geschweige denn die Frage, warum Mitarbeiter der Nationalbank mit 2 Prozent Pensionsbeitrag 105 Prozent des Letztbezuges als Pension bekommen, während man dem kleinen Pensionisten heute noch zusätzliche Belastungen "hinaufknallt", weil in den Staatskassen angeblich kein Geld mehr ist.

Dann kommt 1996, und dann muß man daran erinnern, daß derselbe Einkommenspyramiden-Versprechungsentschluß der großen Koalition schon 1989 im Parlament gefaßt worden ist. Damals haben Sie ja schon beschlossen, daß es eine solche Einkommenspyramide geben soll. Damals haben Sie schon gesagt, daß alle eingeschlossen werden sollen. – Aber mit Ihrer Einkommenspyramide kommen Sie offenbar im Laufe der Jahre nicht weiter; da waren die alten Ägypter beim Pyramidenbauen noch schneller als Sie mit der Errichtung Ihrer Einkommenspyramide. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Wahrscheinlich werden Sie, meine Damen und Herren, eher schon den Status von Polit-Mumien haben, bevor die Einkommenspyramide in diesem Lande auch wirklich funktionieren wird.

Bei den Belastungen hingegen – und das ist es, was die Bevölkerung sieht – sind Sie immer sehr schnell. Da werden rückwirkende Gesetze gemacht, da wird über Nacht etwas Neues eingeführt. Nur dann, wenn es darum geht, eine glaubwürdige, transparente Regelung für Politikerbezüge zu schaffen, dauert es Jahre und Jahrzehnte, und es ist kein Ende der hier in Diskussion stehenden Mißstände abzusehen.

Ich frage mich wirklich: Warum gibt es denn bei Politikerbezügen keine Rückwirkung, meine Damen und Herren? – Rückwirkende Steuergesetze für alle Bevölkerungsteile haben Sie soeben beschlossen, aber rückwirkende Gesetze für jene, die zuviel kassiert haben – Kostelka und andere –, bisher nicht. Was wäre denn, wenn wir ein rückwirkendes Gesetz machten und sagten, da ist das, was eigentlich zu Unrecht bezogen worden ist, zurückzuzahlen? – Das wäre doch eine saubere Lösung, aber auf diese Idee kommt jetzt keiner, weil da trifft es Sie ja selbst; wenn es aber die Bevölkerung trifft, macht man rückwirkende Gesetze.

Oder: Es wird ein Fahrtzeitausgleich als zusätzliche Spesenabgeltung vereinbart, sodaß man schon von zu Hause auf der Fahrt ins Parlament bezahlt bekommt. Erklären Sie das einmal


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dem Arbeitnehmer, der die gleiche Strecke zurückzulegen hat, daß er nichts bekommt, wenn er zur Arbeit fährt, Sie aber 247 S pro Stunde an Entschädigung bekommen!

Das ist Ihre Politik für den kleinen Mann, meine Damen und Herren: daß der Kleine nichts bekommt, während die Großen 247 S allein für den Anfahrtsweg zum Parlament kassieren und nebenbei noch die volle Entschädigung für die Fahrtkosten, die tatsächlich angelaufen sind. – Aber eine Parkplatzsteuer für die Arbeitnehmer führen Sie ein! Jene, die, wenn sie am Arbeitsort ankommen, einen Parkplatz haben, müssen auch noch 200 S Parkplatzsteuer bezahlen. Das ist doch alles in sich nicht mehr sehr schlüssig! (Ruf bei der SPÖ: Wer führt das ein?) Der Herr Finanzminister führt das ein! Die ÖVP fragt sogar an, wie das jetzt gehandhabt werden soll, weil in der eigenen Koalition offenbar schon Verwirrung um diese Zustände besteht.

Oder: Warum werden die Zeitpensionen für Politiker erst 1997 abgeschafft? – Damit Kostelka & Co noch eine Atempause haben? Für die Belastungen der Bevölkerung gab es keine Verschnaufpause! Die sind rückwirkend, nachträglich eingeführt worden!

Warum gibt es bei Politikern eine Parallelität zwischen pauschaliertem Auslagenersatz und – trotzdem – der Möglichkeit, Spesen abzurechnen? Warum gibt es das nicht für den Normalbürger, der im Wirtschaftsleben steht? Warum hat ein Minister nach vier Jahren bereits einen Pensionsanspruch in der Tasche? Jene Minister, die diese Regierungsvorlage beschlossen haben, sind dieselben, die hier im Parlament verlangen, daß die Pensionsanwartschaften erhöht werden müssen, etwa für Frauen, damit sie nicht zu früh in Pension geschickt werden.

Das alles ist wirklich nicht mehr sehr schlüssig, diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.

Und daher sage ich Ihnen, daß die Bevölkerung eine andere Erwartungshaltung hat. Sie erwartet, daß man eine Regelung trifft, in der arbeitslose Einkommen absolut verboten werden. Wir würden mitgehen, diese absolute Begrenzung bei den arbeitslosen Einkommen zu machen, wir würden Sie auch unterstützen, wenn Sie nicht zusätzliche Spesenerhöhungen durchführen würden. Bitte erklären Sie das den Leuten, daß wir uns jetzt die Spesen erhöhen wollen, in einer Zeit, in der angeblich gespart werden muß! Das ist doch nicht logisch! Selbst wenn es im Einzelfall angenehm ist, politisch-moralisch ist es nicht mehr vertretbar. Das sind verbrauchte "Eliten", die hier solche Maßnahmen durchsetzen.

Sie bedienen sich außerdem – diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen – auf allen Ebenen schonungslos des politischen Systems, wenn es um die Versorgung eigener Parteigänger geht. Ich habe hier den Fall eines Stadtrates – damit wir einmal ein bißchen aus dem Parlament wegkommen. (Ruf beim Liberalen Forum: Brauneder! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Den Sozialisten wird das Lachen bald vergehen, denn Toni Leikam kennt diesen Stadtrat! Es ist ein sozialistischer Stadtrat von Wolfsberg, Dieter Krusch, Sportstadtrat. Dieser Sportstadtrat ist pumperlg’sund; plötzlich wird er wegen Dienstunfähigkeit mit 30. Juni heurigen Jahres in den Ruhestand versetzt: Dienstunfähigkeit, ohne je einen Krankenstandstag gehabt zu haben! Er ist pumperlg’sund! (Abg. Leikam: Das entscheidet schon noch der Arzt!) Nur weil das jetzt mit den Frühpensionen noch günstig ist, geht er einmal – bleibt natürlich aber Sportstadtrat, denn dafür ist er gesund genug. Aber er bekommt jetzt eine Beamtenpension als Landesbediensteter, weil man ihn noch schnell in den Ruhestand versetzt hat. Und das beste ist: Bevor er jetzt am 30. Juni geht, bekommt er jetzt auch noch die Gehaltsstufe 8 der Dienstklasse VII der Verwendungsgruppe B. Und was ganz "super" ist: Am 1. April 1998 – Sie müssen wirklich aufpassen! – feiert dieser Herr Krusch, Sportstadtrat in gesundem Zustand, sein 40jähriges Dienstjubiläum. Und weil er in zwei Jahren sein 40jähriges Dienstjubiläum hat – auf das er jetzt nicht mehr warten will, weshalb er in die Frühpension als Beamter geht –, zahlt ihm das Land Kärnten bereits vorweg sein Jubiläumsgeld in Höhe von 194 020 S aus, damit er, bevor er in Pension geht, auch das Jubiläumsgeld anläßlich seines 40jährigen Dienstjubiläums als Entschädigung bekommt. – Alles aktenmäßig gesichert!

So bedienen Sie sich aus den Kassen – und das nicht nur hier im Parlament, meine Damen und Herren! Dort, wo es um die Versorgung Ihrer Parteigänger geht, ist Ihnen nichts zu teuer um das


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Geld der Steuerzahler, aber der kleine Mann soll draußen mit neuen Belastungen büßen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und das ist das Ungeheuerliche an diesem System!

So, wie Sie es mit diesem Sportstadtrat machen, wie Sie Hundertausende Schillinge an Jubiläumsgeldern zweckwidrig zuwenden, weil einfach Parteifreunde versorgt werden müssen, ordnen Sie sich auch hier die Spesen zu und regeln ein Politikerbezügesystem, das in sich bereits wieder angreifbar sein wird. – Sie können jetzt selbst beurteilen, ob das noch akzeptabel ist.

Ich glaube, daß die SPÖ immer mehr ein Asyl für moralisch Obdachlose wird, die nicht mehr in der Lage sind, zu erkennen, daß Volksvertreter eigentlich die gleichen Bedingungen zu akzeptieren haben, die man dem Volk zumutet, das von diesen Politikern regiert wird. Wenn Sie das wollen, dann dürfen Sie die heutigen Beschlüsse nicht mitvollziehen.

Das gilt auch für die Österreichische Volkspartei, meine Damen und Herren, denn die ÖVP ist in der gleichen Weise in diese Dinge verstrickt und hat ebenfalls immer wieder angekündigt, sie würde das Prinzip "Nur eine bezahlte politische Funktion und keine arbeitslosen Einkommen" und vieles andere mehr durchführen. Im Grunde genommen ist auch dort keine wirkliche Veränderung vorgenommen worden.

Wir verlangen daher in einem Entschließungsantrag, der neben unserem Gehaltsstrukturengesetz vorgelegt werden wird, eine Offenlegung – und es wird sehr interessant sein, ob Sie wenigstens heute mitgehen in der Frage der Offenlegung der politischen Bezüge. (Abg. Wabl: Sie hätten schon 1987 mitstimmen können, Herr Haider! Sie waren immer gegen die Offenlegung!) Wir haben unsere Anträge schon immer sehr nachhaltig unterstützt. Wir haben nicht den Kniefall vor der rot-schwarzen Koalition gemacht – wie Sie im Zusammenhang mit der Geschäftsordnungsreform. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Wo sind sie denn, Ihre Anträge auf Offenlegung? Zeigen Sie mir einen!)

Herr Kollege Wabl! Einer, der mit den Regierungsparteien eine gegen die Opposition gerichtete Geschäftsordnung beschließt, ist kein Wabl mehr, sondern ein "Wappler", ein politischer "Wappler" geworden, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bewegung bei der SPÖ. – Abg. Wabl zeigt dem Redner den "Stinkefinger".) – Das ist auch nicht die feine englische Art, aber Sie sind ein politischer "Wappler" geworden, das kann ich Ihnen heute schon sagen.

Meine Damen und Herren! Wir verlangen die Offenlegung der politischen Bezüge aller, und zwar vor Dienstbeginn und nach Ausscheiden. (Abg. Wabl: Zeigen Sie mir einen einzigen Antrag für die Offenlegung, Herr Haider!)

Wir verlangen, daß die Multifunktionäre eingeschränkt werden. Wir verlangen, daß arbeitslose Einkommen gekürzt werden.

Wir verlangen, daß die Spesenregelung zurückgenommen und die bisherige Regelung beibehalten wird.

Wir verlangen, daß Pensionen und Abfertigungen beseitigt werden, weil Abgeordnetentätigkeit keine Berufstätigkeit ist.

Und wir verlangen – auch in unserem Entschließungsantrag –, daß es eine Reduzierung beziehungsweise einen Verzicht auf die Parteisteuer gibt, damit die Abgeordnetenentschädigungen nicht belastet sind mit Dingen, auf die der Abgeordnete keinen Einfluß nehmen kann.

Das sind Dinge, die auch bei Ihnen in der Debatte immer wieder als Vorschlag gekommen sind. Wir werden uns sehr genau anschauen, ob Sie heute bei diesen Dingen, die Sie selbst alle vorgeschlagen haben, mitgehen oder wiederum den alten Weg gehen, nämlich die Fortsetzung dieser Linie, die Sie hier in Ihrem Antrag niedergelegt haben. (Abg. Wabl: Zeigen Sie mir einen Antrag, wo Sie für die Offenlegung sind, Herr Haider! Nur einen kleinen Antrag, wo Sie für die Offenlegung sind!)


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Ich gebe Ihnen dann ein ganzes Paket, lieber Kollege, zu Ihrem Geld dazu! (Abg. Wabl: Ich möchte nur einen Antrag, Herr Haider, nicht ein Paket!) Sie lesen das halt nicht, und das ist das Problem! Aber es ist nicht unsere Verantwortung, wenn Sie nicht lesen können! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Zeigen Sie mir nur einen Antrag! Einen kleinen Antrag!) Normalerweise schreien Sie immer erst um mitternächtlicher Stunde! Sie sollten also Ihr Tempo ein bißchen reduzieren! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Einen kleinen Antrag! Ich bitte darum!)

Meine Damen und Herren! Unser Anliegen ist es, Sie zu ermuntern, heute Ihre eigene Unsicherheit, die Sie im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzeslage haben, auszunützen und einmal nicht den Zwängen des Klubs zu unterliegen (Abg. Wabl: So einen kleinen!) , sondern so als freier Abgeordneter abzustimmen, wie es der eine oder andere schon in Aussicht genommen hat, weil diese Regelung schlecht ist und letztlich von jenen Abgeordneten dann vertreten werden muß, die eigentlich gar nicht überzeugt davon sind, daß das richtig ist.

Es ist keine Lösung, zu sagen: Ich gehe vor der Abstimmung hinaus, damit ich der Regierungsfraktion ein Problem erspare. – Kollege Posch, als Abgeordneter sollte man eine Meinung haben! Herr Kollege Posch, als "Dreifachbezieher" sollten Sie eine Meinung zu diesem Thema haben. (Abg. Schieder: Das machen wir dann mit einer Markierung auf dem Stimmzettel!) Sie sind ja geradezu ein klassischer Fall, der mit den Gegenstimmen hier im Parlament Wiedergutmachung leisten könnte, indem Sie diese Novelle betreffend Bezügeregelung zu Fall bringen und den Zwang erhöhen – so wie es der Bundespräsident gesagt hat –, eine umfassende Regelung zu machen, in die die Sozialpartner, in die die Kammern eingeschlossen sind (Abg. Dunst: Jeder hat kein Bärental!) , ebenso die Sozialversicherungen – und wo vor allem eine transparente Bezugsregelung herauskommt, die in Zeiten des Belastungspaketes auch für die Bevölkerung nachvollziehbar ist. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. Ich mache ihn auf die geschäftsordnungsmäßigen Bestimmungen aufmerksam und erteile ihm das Wort.

11.44

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haider hat zum wiederholten Male behauptet, ich hätte mehrere Einkommen aus politischer Tätigkeit.

Ich berichtige: Das ist unwahr. Ich beziehe ein Einkommen als Abgeordneter zum Nationalrat, ein weiteres Einkommen aus meiner hauptberuflichen Tätigkeit als Vorsitzender der Gewerkschaft Metall, Bergbau, Energie und bin damit ÖGB-Angestellter. (Abg. Mag. Stadler: Das ist eine unpolitische Tätigkeit? – Abg. Dr. Krüger: Macht die Gewerkschaft keine Politik?) Und ich erkläre zum wiederholten Male: Ich beziehe auch keine Sitzungsgelder: weder in der Wiener Gebietskrankenkasse noch sonstwo, weil ich seit Jahren freiwillig darauf verzichte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nowotny zu Wort gemeldet. Gleiche Bedingungen.

11.45

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Da ich in Fragen der persönlichen Ehre sehr sensibel bin, möchte ich folgende Berichtigung anbringen:

Herr Abgeordneter Haider hat behauptet, daß ich unrechtmäßig 100 Prozent meines Gehaltes als Universitätsprofessor bezogen hätte. (Abg. Dr. Krüger: Das ist richtig!)

Dazu möchte ich tatsächlich feststellen: Ein von mir nicht verschuldeter Irrtum der Quästur (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) wurde durch ein Schreiben, das von mir selbst geschrieben wurde, berichtigt. Das heißt, ich habe von mir aus keinerlei unrechtmäßige Handlun


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gen gesetzt. Die Beträge, die ich bekommen habe, werden zurückgezahlt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie werden laufend zurückgezahlt!

Ich möchte weiters feststellen: Diese Frage war bereits Gegenstand einer Anfrage der FPÖ, die damals von Herrn Abgeordneten Haupt gestellt wurde. Ich habe Herrn Abgeordneten Haupt damals sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt, und er hat daraufhin diese Anfrage als unbegründet zurückgezogen.

Ich hoffe sehr, Herr Abgeordneter Haider, daß Sie dieselbe Fairneß aufbringen wie seinerzeit Herr Abgeordneter Haupt. (Beifall bei der SPÖ.)

11.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Hostasch zu Wort gemeldet. (Bewegung bei den Freiheitlichen.) Ich erteile es ihr und mache auf die geschäftsordnungsmäßigen Bestimmungen aufmerksam.

11.46

Abgeordnete Eleonora Hostasch (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Haider hat behauptet, ich hätte mehrere bezahlte politische Funktionen.

Ich halte fest, daß diese Behauptung falsch ist. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ich habe einen Bezug aus meinem Arbeitsverhältnis zur Arbeiterkammer. (Abg. Mag. Stadler: Das ist eine unpolitische Tätigkeit?) Das ist ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Dienstvertrages. Ich habe ferner einen politischen Bezug, und zwar aus meinem Mandat im Nationalrat. Sonst gibt es für mich keine weiteren Bezüge. (Beifall bei der SPÖ.)

11.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Posch zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

11.47

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Abgeordneter Haider hat tatsachenwidrig behauptet, ich hätte drei Einkommen gehabt. Diese Behauptung ist wahrheitswidrig, ist unwahr. Ein Verfahren gegen die "Kronen-Zeitung" ist auch in erster Instanz bereits entschieden.

Ich stelle fest: Ich habe in meiner ersten Periode als Abgeordneter zum Nationalrat ein Beamteneinkommen von 75 Prozent gehabt und habe den darüber hinausgehenden Teil, den ich nicht abarbeiten konnte, karitativen Vereinigungen zur Verfügung gestellt. – Das ist die eine Sache.

Die andere Sache ist: Ich war während der ersten Zeit, ab 1. Jänner 1995 gleichzeitig Abgeordneter – so wie andere Abgeordnete, freiheitliche Abgeordnete – in diesem Haus und Abgeordneter zum EU-Parlament, war also gleichzeitig Nationalrat und EU-Parlamentarier, so wie alle anderen Abgeordneten, auch die Ihrer Fraktion, und ich würde Sie bitten, nicht ständig Unwahrheiten hier über das Mikrophon zu verbreiten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Was ist da unwahr? Was ist die Berichtigung?)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Er hat das Wort. – Ich stelle die Redezeit auf 20 Minuten.

11.48

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was wir soeben erlebt haben, war, daß Don Quichotte Haider mit seinem Sancho Pansa Stadler die Lanze angelegt hat und gegen einen nichtexistenten Privilegienstadl angetreten ist. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Der Posch ist der Don Quichotte!)

Meine Damen und Herren! Es ist wirklich ungeheuerlich, was wir uns in den letzten Tagen an Lügengeschichten und an Unwahrheiten, die angeblich heute hier beschlossen werden, bieten


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lassen mußten, was überhaupt keine Grundlage in dem vor Ihnen liegenden Gesetzentwurf, den wir heute beschließen werden, findet. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Da hat es die FPÖ wirklich fertiggebracht, einen Sozialfonds zu bilden. – Das einzige, was dabei anzuerkennen ist, ist der Titel; der klingt ja ganz gut. Aber selbst der Dritte Präsident des Nationalrates muß mühsam – mit einigen Disziplinierungsmitteln – wiederum auf Linie gebracht werden, um zumindest verbal zu erklären, daß er doch wieder Vertrauen in einen solchen anonymen Sozialfonds hat.

Sie zahlen ein, und das im Zusammenhang mit steuerlichen Bestimmungen steuerschonend – und betreiben, wie die burgenländischen Beispiele zeigen, damit nichts anderes als Rückflüsse an Mitglieder Ihrer eigenen Partei und darüber hinaus Parteienfinanzierung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie mir schon nicht glauben, dann darf ich Sie bitten, die heutige Ausgabe der "Jungen Freiheit" zur Hand zu nehmen, eine Zeitung, die Ihnen von der FPÖ sicherlich sehr nahesteht. Wissen Sie, was dort zu lesen ist? – "Die freiheitlichen Hinweise auf die innerhalb der FPÖ geübte Obergrenze von 60 000 S wird von Insidern kaum ernst genommen, da es diesbezüglich auch für freiheitliche Funktionäre zahlreiche Schlupflöcher gibt."

Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ihr Sozialfonds ist nichts anderes als ein Schwindelfonds!

Damit sind wir schon bei den Verhaltensweisen der Freiheitlichen. Ein Parteiobmann der Freiheitlichen, meine Damen und Herren, der das Mandat als Verlustabschreibemodell betreibt, für den das Mandat ein Steuerabschreibeposten ist, hat die Stirn, von Anständigkeit zu reden! (Abg. Böhacker: Sie haben überhaupt keine Ahnung! Das ist blanker Unsinn, was Sie da sagen!) Und wenn man ihn in aller Öffentlichkeit darauf hinweist, daß er nur 14 S Steuer zahlt, dann klagt er. Wenn aber der Richter in diesem Verfahren in weiterer Folge das Natürlichste tut, was er nur tun kann, nämlich zu sagen: Herr Haider, Sie fühlen sich belastet, okay, dann legen Sie den Steuerbescheid vor!, wissen Sie, was dann geschieht? – Nichts! Wenn nämlich der Beweis angetreten werden kann, daß die Behauptungen des Herrn Haider & Co stimmen, ist auf einmal Funkstille. Diese Beweise gibt es nämlich nicht, weil hier verdient wird, gecasht wird, abkassiert wird! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Haider , nachdem der Redner bei seinem letzten Satz mit der Hand auf das Rednerpult geschlagen hat: Wann ziehst du denn den Schuh aus? – Abg. Koppler: Das war der Chruschtschow!)

Demokratiepolitisch ist auch einiges hinzuzufügen. Meine Damen und Herren! Wir verlangen hier nicht mehr und nicht weniger, als daß ein transparentes, ein gerechtes und faires Bezugssystem erhalten und weiter ausgebaut wird. Und durch diese Reform, meine Damen und Herren, wird dies auch verwirklicht. Was ein Teil dieses Hauses will, ist, daß unter den Mitgliedern dieses Hauses – auf diesem Weg sind wir schon – in zunehmendem Maße Großindustrielle, Großgrundbesitzer, Hoteliers und Angehörige einer ganz bestimmten Schichte dieser Bevölkerung sind. Sie gehören hier herein, selbstverständlich, dazu bekenne ich mich. Aber es darf ein Mandat, das auch Beruf ist, nicht nur – wie Herr Abgeordneter Haselsteiner einmal gesagt hat – das Vergnügen jemandes sein, der von seinem Unternehmer wie ein Rassehund behandelt wird.

Meine Damen und Herren! Ja, wir bekennen uns dazu, daß das Mandat auch Beruf ist und daß es daher ein faires und ein gerechtes berufliches Einkommen zu geben hat.

In diesem Zusammenhang ist es wirklich an der Zeit, einige bewußte, aber auch einige unbewußte Mißverständnisse aufzuklären. Eine "Montag-Morgen-Stauzulage" für Abgeordnete zu entwickeln, das ist wirklich freiheitlicher Phantasie vorbehalten.

Meine Damen und Herren! Die Entfernungszulage ist nichts anderes als eine zeitgerechte Regelung der Entfernungszulage, weil es ganz einfach heute nicht mehr möglich ist, in diesem Zusammenhang die alte Entfernungszulage, die Ungerechtigkeiten geschaffen hat, zu verteidigen. Sie ist nämlich davon ausgegangen, daß die Entfernung von Wien, dem Tagungsort des


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Nationalrates und seiner Ausschüsse, proportional zur zeitlichen Belastung ist. Das stimmt nicht mehr! Wer heute im Westen von Innsbruck wohnt oder in der Umgebung von Altenrhein, der hat mit dem Flugzeug eine ungleich kürzere Anreise nach Wien als jemand, der in Innerösterreich sein Zuhause hat. Und das soll die neue Entfernungszulage, individuell abgestimmt, festgestellt von Wirtschaftstreuhändern, berücksichtigen.

Und dagegen sind Sie? Meine Damen und Herren, wenn Sie dagegen sind, sind Sie gegen Gerechtigkeit! Aber es wäre ja nicht das erste Mal, daß das so ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Etwas erstaunt hat mich diese Rechenkünstlerei des Kollegen Anschober. Vielleicht war hier der Wunsch der Vater des Gedankens, sich 100 000 S und 150 000 S, also insgesamt 250 000 S, an Kilometergeld zuzurechnen. Nur, Herr Abgeordneter Anschober, ich darf Sie beruhigen: Sie hätten nach der ursprünglichen Formulierung – und Sie werden nach der jetzigen – dieses Geld nicht bekommen, weil das nicht gerechtfertigt ist.

Das, was wir in diesem Zusammenhang gesagt haben, ist, daß eine Karte, in der auch die Wörthersee-Schiffahrt, die Achensee-Schiffahrt und die Ossiachersee-Schiffahrt enthalten ist, für einen Abgeordneten nicht mehr zeitgemäß ist. Das geben wir auf. Das aber, was wir anstelle dessen setzen, ist eine zeitgemäße Regelung, nämlich daß wir in Zukunft nach der Reisegebührenvorschrift – wie jeder andere öffentlich Bedienstete, und im übrigen in sinngemäßer Anwendung auch viele privatwirtschaftlich Tätige – abrechnen. Die Reisekosten werden nach klaren, gesetzlichen Regelungen, nach dem Grundsatz: Was es ist, das hat es!, verrechnet werden. Das ist sauber, das ist fair, und das ist anständig, und ich bitte Sie daher, dem zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Wenn Sie tatsächlich der Meinung sind, daß Abgeordneter Bauer in der Vergangenheit seiner Tätigkeit nachgekommen ist (Abg. Böhacker: Keine Ablenkung!) – ich bin wirklich erstaunt über diese Unverfrorenheit –, dann reden Sie bitte einmal mit ihm. Ich war nämlich über vier Jahre hinweg im Bundeskanzleramt Zimmernachbar vom Herrn Abgeordneten Bauer. Ich kann Ihnen berichten: Ich habe ihn einmal in diesen vier Jahren im Bundeskanzleramt gesehen. (Abg. Dr. Haider: Weil Sie nie da waren!) Ich war immer da! – Wissen Sie, wann das war? Als er mit blauen Häferln im Zuge des Wahlkampfes zu den Personalvertretungswahlen aufgetaucht und von Zimmer zu Zimmer marschiert ist. Dieser Wahlkampf war die einzige berufliche "Tätigkeit" des Abgeordneten Bauer. Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haider! Wenn Sie die Offenlegung sämtlicher Bezüge fordern, dann sind wir die ersten, die "ja" sagen. Aber legen Sie endlich einmal Ihren Steuerbescheid offen! Sagen Sie wirklich, was Sie an Steuern zahlen – oder noch genauer formuliert, was Sie nicht an Steuern zahlen! (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja unglaublich! Sie erlauben sich, einen Steuerzahler aufzufordern, seinen Steuerbescheid offenzulegen! Sie sollten aufhören, zu "höchtln"! Sie sollten sich schämen, Sie "Höchtler"!)

Für Sie ist das, was Sie sich aufgrund der angeblichen Verluste Ihres Unternehmens an Steuern beim Mandat ersparen, das Benzingeld für jene Porsches, die Sie mit dem nicht erworbenen Einkommen aus Ihrem Unternehmen jeden Sommer in den Graben fahren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich wirklich über die Geschäftsordnung ab dem 15. September solche Gedanken machen, dann nehmen Sie auch zur Kenntnis, daß das mehr an Demokratie bringen wird. Sie wird zusätzliche dringliche Instrumente schaffen, mehr Öffentlichkeit. Die Enderledigung oppositioneller Anträge wird erzwungen werden können, und es wird interessante Debatten geben. Aber eines wird es nicht mehr geben, nämlich jeden Monat eine Sondersitzung der Freiheitlichen! Und das ist auch rechtfertigbar, denn, meine Damen und Herren, in 25 Jahren, vor dem Jahre 1994, hat es insgesamt nur sechs Sondersitzungen gegeben (Abg. Mag. Stadler: Das letzte Mal haben Sie gesagt, daß wir soviel verdienen, weil wir so viele Sitzungen haben!), und in den letzten zweieinhalb Jahren waren es insgesamt 12.


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In Zukunft muß die Opposition davon ausgehen, daß es insgesamt nur vier Sondersitzungen pro Jahr geben wird. Das ist mehr als der langjährige Durchschnitt. Mehr als genug!

Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, wären die ersten, die sich aufregen würden, wenn ein Bundesminister von seinem Recht permanent Gebrauch machen würde, sich nach jedem Abgeordneten zu Wort zu melden und ohne zeitliche Begrenzung zu sprechen. Sie wären die ersten, die verlangen würden, daß, wenn das geschähe, eine entsprechende geschäftsordnungsmäßige Bestimmung geschaffen wird, die einen solchen – unter Anführungszeichen – " Mißbrauch", und es wäre wohl auch ein solcher, unterbindet.

Wenn Sie mit demselben Maß gemessen werden, wenn man sagt, dringliche Anfragen von mehr als zehn Stunden lassen wir uns ganz einfach nicht bieten, dann werden Sie wehleidig.

Was wir heute beschließen werden, ist ein Akt selbstbewußten Parlamentarismus, ein Akt des Parlamentarismus, der für moderne, der für zeitgemäße Debatten sorgen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Sie werden das in absehbarer Zeit erleben! Sie werden unter dieser Geschäftsordnung leiden!)

Meine Damen und Herren! Ich bedauere, daß es nicht möglich war, mit den Oppositionsfraktionen zu einem Einvernehmen über diese Vorlage zu kommen, und zwar deswegen nicht, weil die drei Modelle, die die drei Oppositionsfraktionen vorgelegt haben, so unterschiedlich sind. Ich bin davon überzeugt, daß wir im Herbst zumindest versuchen sollten, einander bei der Bezügepyramide zu treffen. Meine Fraktion wird alles dazu tun. Denn Einrichtungen wie F-Sozialfonds, die nichts anderes bezwecken, als die aufrichtigen kleinen Steuerzahler an der Nase herumzuführen, von denen Sie ständig unverfroren reden, können zur Demokratie in Österreich nichts beitragen. Eine Weiterentwicklung des Bezügerechtes bedeutet diese vertretbare Lösung, die wir Ihnen vorschlagen, sehr wohl. Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Meischberger: Kein Wort zu Ihren 40 000 S!)

12.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Haider gemeldet. Er erhält das Wort.

12.02

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Kostelka hat die Behauptung aufgestellt, daß die Freiheitlichen über ihren Sozialfonds Parteienfinanzierung betreiben. Das ist unrichtig. (Abg. Dr. Kostelka: So wie im Burgenland!)

Ich stelle richtig (Abg. Dr. Kostelka: Sie behaupten, Sie stellen nicht richtig!) , daß die Freiheitlichen aus Mitteln ihres Sozialfonds auf der Grundlage einer vorliegenden Liste, geprüft durch einen Notar, folgende Maßnahmen gesetzt haben:

Astrid Ecker 20 000 S Prozeßhilfe; Elfriede Lang 100 000 S Hilfe nach Tod der Eltern; Verein spastisch gelähmter Kinder, Herr Penzauer, 30 000 S; Familie Gauster, Vollwaisen, 265 000 S; Knochenmarkstransplantationsspendenaktion 25 000 S (Abg. Dr. Kostelka: Im Jahre 1995 Spenden aus 1988!) ; Unterstützung blinder Kinder mit Lesecomputern 30 000 S; Unterstützung für Minderheitenschutzarbeit im Grenzland 5 000 S; Unterstützung einer Tagesheimstätte für Kinder 30 000 S; Unterstützung nach einer schweren Krebsoperation für eine Frau 10 000 S; Unterstützung eines Rollstuhlfahrervereines 10 000 S; Hilfe für eine Großfamilie mit fünf Kindern nach schwerer Krankheit der Frau 20 000 S (Abg. Schieder: Ich frage: Was ist mit dem Geld, das nicht verbraucht wurde?) ; Projektunterstützung für einen Verein gelähmter Kinder 20 000 S; Unterstützung für den Verein spastisch gelähmter Kinder noch einmal 20 000 S; Pflegeunterstützung für ein Vollwaisenkind, dessen Eltern im Burgenland bei einem Autounfall ums Leben kamen ... (Abg. Dr. Kostelka: Das sind lauter Behauptungen!) – Sie lachen, Herr Kollege. Ein Autofahrer hat die gesamte Familie, die radfahrend unterwegs war, niedergemäht, aber Sie lachen hier. Sie sollten sich wirklich schämen! Das ist ja ungeheuerlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Unterstützung für das Landeskrankenhaus Klagenfurt für die Kinderstation 30 000 S; Unterstützung für einen Behindertenverein 10 000 S; Unterstützung für einen Querschnittgelähmten nach einem Autounfall 10 000 S; Unterstützung für einen Kinderspielplatz 10 000 S; Unterstützung für zwei Kinder nach tödlichem Elternunfall 20 000 S; Unterstützung für die Lebenshilfe 10 000 S; Behinderten-WM 10 000 S; 28 Einzelaktionen im Rahmen des Weihnachtsfestes 140 760 S; Aktion Vollwaisen 264 927 S.

Das macht rund eine Million Schilling aus. Wenn Sie der Meinung sind, daß das Parteienfinanzierung ist, dann muß ich sagen, daß wir uns zu dieser Form der Parteienfinanzierung bekennen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer gemeldet. Er hat das Wort. (Abg. Schwemlein: Das kriegt der Brauneder in einem halben Jahr dazu! – Abg. Mag. Stadler: Der Oberkassierer, der Schwemlein, redet groß!)

12.05

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Kostelka hat in seinem Debattenbeitrag die Behauptung aufgestellt, meine einzige berufliche Tätigkeit als öffentlich Bediensteter sei es, anläßlich von Personalvertretungswahlen von Zimmer zu Zimmer zu ziehen.

Diese Behauptung ist unrichtig. Wahr ist vielmehr, daß ich meinen Aufgaben als öffentlich Bediensteter – seit mehr als 20 Jahren, nebenbei bemerkt – im Einvernehmen mit meinem Sektionsleiter und meiner Abteilungsleiterin unbeanstandet nachkomme und nachgekommen bin. (Abg. Dr. Kostelka: Nicht nachgekommen sind!) Ich habe noch nie – im Gegensatz zu dem, was Sie uns hier weismachen wollten – auch nur eine einzige Arbeit nicht angenommen, zurückgewiesen oder nicht rechtzeitig oder gar nicht erledigt. (Abg. Dr. Kostelka: Aber keine geleistet! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es liegen mir jetzt noch weitere Verlangen nach tatsächlichen Berichtigungen, und zwar zu früheren Reden, vor. Ich werde einheitlich so vorgehen, daß ich tatsächliche Berichtigungen akzeptiere, die unmittelbar zu einer Rede verlangt werden. Aber wenn zu einer der Reden, die vorher gehalten worden sind, eine tatsächliche Berichtigung verlangt wird, erteile ich das Wort am Schluß. Ich glaube, daß das im Interesse der Diskussion und der Abwechslung zwischen den Fraktionen ist.

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Redezeit 20 Minuten.

12.06

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe weder die Absicht noch die geringste Lust, in diesem Plenum mit einzustimmen, entweder auf einzelne Regelungen einzugehen oder einzelne Abgeordnete an den Pranger zu stellen, was immer – ich weiß – sehr medienwirksam ist. Ich habe auch nicht die Absicht, irgendwelche Freisprüche zu fällen, was vielleicht freundschaftsfördernd sein könnte. Ich will hier auch nicht irgend jemandem auf die Schliche kommen, was bei einer evidenten Gesetzeslage, wo doch jeder weiß, wer noch ein Einkommen bezogen hat und wer nicht – also alleine diese Ausdrucksweise –, so lächerlich ist. Ich habe aber auch nicht die Absicht, irgendwelche selbstgerechten Regelungen hier zu kommentieren, die letztlich von einer Illusion ausgehen, nämlich von der Illusion, daß es überhaupt Gerechtigkeit bei der Bezahlung von Politikern geben könnte.

Ich glaube vielmehr, daß man diese Diskussion, die jetzt stattfindet, zum Anlaß nehmen sollte, darüber nachzudenken, wie die Demokratie, wie der Parlamentarismus auch auf dieser Ebene verteidigt und funktionsfähig erhalten werden können und wie vor allem die Glaubwürdigkeit der Politik wiederhergestellt werden kann. Das ist für mich keine Frage von Entfernungszulagen oder von Bahnkarten, sondern ich glaube vielmehr, daß es notwendig ist, hier über Prinzipien,


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also über Grundsätze nachzudenken, die die Leitlinien für jene Regelungen, von denen hier die Rede ist, sein sollten.

Für mich ist einer der wichtigen Grundsätze für die Politik schlechthin, aber vor allem jetzt auch in diesem Bereich, daß nicht der Druck der Öffentlichkeit entscheidend sein sollte, sondern eine sachgerechte Güterabwägung. Ich sage das deswegen gleich am Anfang als erstes Prinzip, weil wir uns bei der jetzigen Debatte mit einer sehr ernsthaften demokratiepolitischen Frage auseinanderzusetzen haben und weil ich unterstelle, daß diese Güterabwägung und diese sachgerechte Diskussion nicht stattgefunden haben – weder innerhalb des Parlaments noch außerhalb des Parlaments. Es ging hier um nichts anderes, als dem Druck der Öffentlichkeit voranzueilen und irgendeine Regelung aufs Tapet zu bringen, nur um das Thema relativ schnell vom Tisch zu haben.

Das zweite Prinzip, der zweite Grundsatz: Ich glaube, daß die Tätigkeit der Politiker nicht kasuistisch zu regeln ist. Es ist nicht nur eine Illusion, es ist ein völliges Mißverständnis, das zu glauben, und zwar einfach deswegen, weil eben für den einen Politiker die politische Tätigkeit Vollberuf ist oder auch sein muß, für den anderen wiederum Nebenberuf ist und auch sein soll.

Ich wünsche mir eine Mischung in diesem Parlament, und zwar eine Mischung von Politikern, die daneben auch einen Beruf ausüben, und von solchen, die aufgrund ihrer Funktion im Augenblick nur die politische Tätigkeit als Beruf haben. Aber es ist auch ein Unterschied der Lebensverhältnisse, es ist ein Unterschied, wo jemand lebt, woher er kommt, ob jemand aus Bregenz oder aus Wien kommt. Es ist ein Unterschied, ob jemand zu seinem Arbeitsplatz kommt, wenn er zweimal um die Ecke geht, oder ob er aus einem von Wien weiter entfernten Bundesland kommt, wo der Aufwand ein viel höherer ist.

Es ist auch ein Unterschied, ob man Beamter, ob man Angestellter, ob man Freiberufler, ob man ein kleiner Gewerbetreibender oder ein großer Unternehmer ist. Zu glauben, daß all diese Lebensverhältnisse mit einer kasuistischen Regelung unter einen Hut zu bringen sind, ist Unfug. Das ist nicht nur eine Illusion, sondern das ist eine Täuschung der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das führt mich aber bereits zu einem dritten Grundsatz: Der Politiker kann nicht wie ein Beamter oder eine Beamtin bezahlt werden. Ich glaube, daß es bereits ein Grundfehler der letzten Reform war, die Politikertätigkeit an die Beamtentätigkeit zu koppeln, gerade weil diese Tätigkeit eine Tätigkeit der besonderen Art ist.

Ich glaube daher, daß die freiberufliche Tätigkeit weitaus vergleichbarer mit der politischen Tätigkeit ist als die Beamtentätigkeit. Was Sie jetzt machen – das ist für mich das Schmerzliche –, ist: Sie reduzieren den Politiker, die Politikerin auf die Ebene eines legistischen Beamten. Was Sie jetzt tun, ist, nicht anzuerkennen, daß der Politiker ein Teil eines Obersten Organes ist, daß er Gestalter der Politik zu sein hat. Sie entpolitisieren dieses Parlament. Das ist die Katastrophe, die mit der jetzigen Bezügeordnung passiert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was Sie jetzt tun, ist, daß Sie den künftigen Ansehensverlust, der vorprogrammiert ist, jetzt auch noch gesetzlich regeln. Damit kommt für mich eine neue Dimension in diesen Ansehensverlust.

Wir haben diesen Ansehensverlust der Politik und des Parlaments schon oft hinnehmen müssen: durch Skandale einerseits, durch Fehlentwicklungen andererseits, durch sonstige Mißstände und durch Fehlreaktionen, durch alles mögliche. Aber jetzt programmieren Sie diesen Ansehensverlust, und Sie regeln ihn auch noch gesetzlich, denn was Sie jetzt tun, ist, ein völlig neues Anforderungsprofil des Politikers zu schaffen. Sie tun so, als wäre die Sitzungstätigkeit hier die einzige politische Tätigkeit, die zu entlohnt werden hat. Das, was Sie tun, ist ehrlich gestanden nichts anderes als das, was die Freiheitlichen Skurriles tun, die glauben, mit der Stechuhr könne man die Tätigkeit eines Politikers regeln.

Sie machen auch nicht viel anderes mit Ihren Dienstreisevorschriften und ähnlichem mehr. Was aber hier passiert – das ist das Schmerzliche dabei –, ist, daß Sie damit das Parlament ent


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machten, und damit wird dieses Parlament immer legitimer aufgrund Ihrer gesetzlichen Grundlagen zu einem Anhängsel der Regierung und nicht mehr. Es ist kein eigenständig gestaltender Apparat mehr aus eigenständig denkenden und gestaltenden Menschen, so wie Sie es haben wollen, denn Sie tun so, als wäre die politische Tätigkeit, die sich außerhalb dieses Hauses abspielt, nichts weiter als irgendein Hobby eines Politikers. Man muß doch erkennen, daß das die eigentliche Aufgabe ist, nämlich mit der Bevölkerung vor Ort zu diskutieren, zu informieren, daß dazu auch die Information, die Diskussion gehört, von mir aus auch mit Interessenvertretungen, von mir aus auch mit der Presse. All das, diese Öffentlichkeitsarbeit, ist nicht eine Selbstprofilierung eines fernsehgeilen Politikers, sondern das hat die politische Aufgabenstellung zu sein. Das ist auch politische Arbeit, nicht nur das Abliefern einzelner Anträge, sondern das alles gehört dazu, das alles ist das Wesen der Demokratie. Aber Sie diskutieren das einfach weg. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das alles ist auch die Grundlage einer wichtigen Aufgabe des Parlaments, nämlich der Regierungskontrolle. Die Regierungskontrolle spielt sich nämlich nicht nur mit irgendwelchen dringlichen Anfragen ab, sondern sie spielt sich in dieser Öffentlichkeitsarbeit, im Dialog mit allen Bevölkerungsschichten ab. Das ist nicht Privatvergnügen, das ist nicht etwas, wo ich dann entweder Finanzbeamte oder Parlamentsbeamte darüber entscheiden lasse, ob das politisch notwendig war. Genau das tun Sie jetzt mit Ihrer Regelung, unter einem mir unerfindlichen Druck, den Sie hier durch die Öffentlichkeit empfinden. Daß es Einzelfälle gibt, die eine gesetzliche Regelung schamlos ausgenützt haben, das bringen Sie gefälligst in Ihren eigenen Reihen in Ordnung, aber das darf nicht der Grund sein, daß man jetzt in einer Ho-ruck-Aktion das Kind mit dem Bade ausschüttet! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sind nicht erst jetzt aufgrund der öffentlichen Diskussion zum Ergebnis gekommen, daß da irgendwo etwas nicht in Ordnung ist, sondern wir glauben eben, daß die derzeitige gesetzliche Regelung nicht mehr den Anforderungen entspricht. Man sollte sich nicht auf die Brust klopfen und beteuern, was man alles falsch gemacht hat, sondern es hat eben eine Weiterentwicklung, eine Fehlentwicklung gegeben. All das muß man jetzt reformieren, aber in einer Form, die das Politikverständnis neu definiert oder wieder definiert, eben aufgrund jener Aufgabe, die einem Parlament zukommt.

Deswegen haben wir – das ist das Kuriose, daß Sie jetzt auf einmal so tun, als wäre etwas Neues auf dem Tisch – im Februar dieses Jahres einen Entschließungsantrag eingebracht, der seither im Verfassungsausschuß liegt. Das ist ein dickes Paket mit ganz konkreten Vorstellungen, ein Entschließungsantrag, den wir in einer Punktation zusammengefaßt und dem wir ein Modell beigelegt haben, das eine Diskussionsgrundlage war, nicht nur irgend etwas, was man hinwirft für eine Zeitung, sondern eine ernsthafte Diskussionsgrundlage, wo man nicht mit allem einverstanden sein muß, die aber jedenfalls eine Trägerrakete für eine seriöse Diskussion sein hätte sollen.

Das Modell des Liberalen Forums sieht – kurz zusammengefaßt; Sie haben es im Februar bekommen – vor: erstens eine Koppelung der Politikerbezüge an die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes, mit der Arbeitslosenrate und mit der Staatsverschuldung. Darüber kann man diskutieren. Kollege Wabl, Sie können gerne darüber lachen. Auch ich halte das nicht unbedingt für eine ideale Lösung, das sage ich ganz offen. Es ist auch mein Antrag, aber ich war dafür, ihn so einzubringen, daß wir über das Für und Wider diskutieren können. Ich glaube auch nicht, daß dieser Punkt des Rätsels Lösung im Idealfall ist, aber es ist eine sehr taugliche Gesprächsgrundlage.

Zweiter Punkt: kein automatischer Pensionsanspruch, sondern Selbstversicherung. Da werden wir uns doch hoffentlich finden können.

Dritter Punkt: keine finanziellen Nebenregelungen, sondern ein Gehalt für eine Funktion.

Vierter Punkt: Politiker sein bedeutet freiberuflich tätig sein, ohne Absicherung einer Rückkehrmöglichkeit in den früheren Job. Auch darüber sollte man reden. Es kann viele geben, die uns davon überzeugen, daß das eine oder andere nicht richtig ist. Das ist das Wesen einer parla


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mentarischen Debatte, daß man durch Argumente vielleicht auch klüger wird und zu anderen Ergebnissen kommt. Aber es ist nichts geschehen. Man hat so getan, als wäre das kein Thema.

Jetzt, nach der Affäre Höchtl, ist es notwendig, daß Sie von den beiden Regierungsparteien uns in wenigen Wochen irgend etwas hinknallen. Das hat doch mit Seriosität und mit Sachgerechtheit nicht das geringste zu tun.

Was ich glaube, ist, daß – und das ist mein viertes Prinzip – Leistungsfeindlichkeit kein Maßstab sein darf bei der Bezahlung von irgend jemandem und schon gar nicht bei der Bezahlung von Politikern. Um das auch wirklich auszutarieren, um das abzuwägen, sollte man sich viel mehr des Sachverstandes politikfremder Experten bedienen.

Wir haben das getan. Jenes Modell, das wir vorgelegt haben – wir haben damit Arbeit und Kosten gehabt –, haben wir gemeinsam mit einer Managementberatungsfirma entwickelt. Also man kann jetzt nicht sagen: Die redet eben jetzt etwas daher, weil sie halt auch dazu Stellung nehmen muß. Wir haben dieses Problem als ein ernstes früher mit einem Lösungsansatz versehen als irgend jemand sonst in diesem Hause. Sie, Herr Kollege Wabl, brauchen nicht so dreinzuschauen. Haben Sie ein konkretes Modell vorgelegt? – Nein, haben Sie nicht. (Abg. Wabl: Selbstverständlich! Bereits 1989!) Ich bin sehr neugierig auf Ihre Wortmeldung.

Was ich meine, ist, daß als fünfter Grundsatz etwas ganz wesentlich ist: Wenn wir von Glaubwürdigkeit der Politik reden, dann geht es natürlich auch und nicht nur um die Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese Akzeptanz wird viel eher herzustellen sein, wenn die Regelungen durchschaubar und einfach sind. Das heißt, das, was Sie jetzt vorhaben mit den unterschiedlichsten Zonen, mit irgendwelchen Zulagen, mit irgendwelchen Abschlägen, verwirrt die Sache wieder. Geheimniskrämerei kann kein Grundsatz sein, und sie ist es, die zu Unglaubwürdigkeit und Nichtakzeptanz führt. Sie führen aber jenen Weg weiter fort, den Sie bis jetzt gegangen sind.

Wenn wir uns daher heute – das waren fünf Grundsätze, über die man hätte reden sollen – mit der Bezügeregelung einerseits, mit der Geschäftsordnung anderseits auseinandersetzen, so, meine ich, geht es hier, und das scheint mir wichtig zu sein, um die Funktion, um die künftige, wenn Sie wollen, auch um die analysierte derzeitige, aber vor allem um die künftige Funktion des Parlaments und um den Stellenwert des Parlaments, daher auch um die Funktion und den Stellenwert der Politiker, der Parlamentarier.

Es ist vorhin auch die Geschäftsordnungsreform angesprochen worden. Es ist richtig, daß ich mich immer schon für die Rechte des einzelnen Parlamentariers stark gemacht habe, und für eines der wichtigsten Rechte der Parlamentarier halte ich das Rederecht.

Die Demokratie lebt vom Maßhalten; das ist ein alter Grundsatz, und zwar einer der richtigsten und wichtigsten, wie ich meine. Die Geschäftsordnung des Parlaments ist ein demokratisches Instrument.

Wenn es aber eine Fraktion gibt, die nicht bereit ist, nach diesem Grundsatz zu handeln, und wenn man weiß, daß man die Demokratie auch mit demokratischen Mitteln abschaffen kann, dann muß man darüber nachdenken, ob man nicht in der Güterabwägung die Gewichte verlagern muß. Und genau das ist passiert. Die Verlagerung der Gewichte hat durch die Schaffung der Möglichkeit, die Redezeit zu beschränken, stattgefunden. Der diesbezügliche Antrag wurde von uns gemeinsam mit den Grünen und mit den Koalitionsparteien gestellt. Dadurch soll der Parlamentarismus aufgewertet, wieder funktionsfähiger, planbarer und interessanter gemacht werden. Außerdem sollten damit Oppositionsparteien gezwungen werden, politische Prioritäten zu setzen. Es darf ihnen kein Freibrief für zwar demokratische, aber zerstörerische Anwendung der Instrumente in die Hand gegeben werden. Das ist unser Ziel der Geschäftsordnungsreform, und ich bekenne mich dazu! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Bezügegesetz. Ich habe im Zusammenhang damit jedenfalls jene demokratiepolitischen Anliegen formuliert, die es mir wichtig war, einmal an die Spitze zu stellen; meine Kollegen werden auf die Details noch eingehen. Ich habe mich in diesem Zusammenhang an


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einen Satz von Theodor Heuss erinnert, den dieser im Jahre 1949 gesagt hat, der da lautet: Die äußere Freiheit der vielen hängt von der inneren Freiheit des einzelnen ab.

Diese äußere Freiheit der vielen, für die die Parlamentarier verantwortlich sind, hängt daher auch von der inneren Freiheit der Parlamentarier ab. Zur inneren Freiheit gehört meiner Meinung nach die soziale Sicherheit, die soziale Absicherung, die berufliche Absicherung, all das, was unter anderem auch durch ein Bezügegesetz geregelt werden kann. Dazu gehört aber auch – und das sollte man gerade heute nicht vergessen! – das freie Mandat – jenes freie Mandat, das jedem einzelnen Abgeordneten die subjektive Verantwortung auferlegt, zu einer Bestimmung ja oder nein zu sagen, je nachdem, ob er sie für richtig hält oder nicht. Kommen Sie mir jetzt nicht mit Gewissensfragen, als würde nur in Gewissensfragen dieses freie Mandat gelten. Es ist ein Grundprinzip des Parlaments, und es ist Ihre Sache, ob Sie es nur in tiefen Gewissensfragen anwenden oder in allen wichtigen oder auch unwichtigen Fragen der Gesetzgebung. Ich glaube, daß wir heute bei einer wichtigen Frage angelangt sind.

Das Liberale Forum stellt daher – und ich darf diesen Antrag verlesen – den Antrag auf Rückverweisung Ihres Antrages gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 GOG.

Wir stellen den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen, den Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend ein Bezügereformgesetz in der Fassung des Ausschußberichtes 249 d. B. zur weiteren Behandlung an den Verfassungsausschuß rückzuverweisen.

*****

Ich weiß, daß es auch in den Regierungsparteien einige Abgeordnete gibt, die der Meinung sind, daß das Gesetz, so wie es jetzt vorliegt, nicht gut ist. Das heißt nicht, daß man es in Bausch und Bogen verdammen muß. Aber Sie müssen doch zugeben, daß Korrekturen notwendig sind. Und ich weiß, es gibt einige von Ihnen, die das auch schon laut gesagt haben, manche hinter vorgehaltener Hand, manche etwas couragierter. Sie müssen es nicht gleich ablehnen. Aber stimmen Sie diesem unseren Antrag auf Rückverweisung zu. Dann haben wir nämlich alle noch eine Chance. – Ich bedanke mich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich betrachte diesen Rückverweisungsantrag als einen Antrag zur Geschäftsbehandlung, über den nach § 53 Abs. 6 nach Erschöpfung der Rednerliste abzustimmen sein wird.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.24

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Höhe der Bezüge in der staatlichen Wirtschaft und in staatsnahen Betrieben und die Höhe mancher Politikereinkommen haben ebenso keinen Sitz im Leben unserer Bevölkerung mehr wie das seit 1920 bestehende Prinzip, daß Beamte, wenn sie in ein Mandat gewählt werden, mit dem weiteren Bezug ihres Gehaltes freizustellen sind. Wir haben zur Kenntnis genommen, daß in den Wahlauseinandersetzungen der letzten Jahre immer wieder darauf hingewiesen wurde, daß es da Ungerechtigkeiten gibt, welche die Bevölkerung nicht mehr versteht. Wir haben daher in der Regierungsübereinkunft, die wir im März dieses Jahres unterschrieben haben, zwei Dinge in Aussicht genommen; eine Sache ziehen wir vor und legen sie heute zur Beschlußfassung vor.

Wir haben erstens in Aussicht genommen, eine Bezügepyramide zu entwerfen und dem Nationalrat bis Ende des Jahres vorzulegen, in welcher verfassungsmäßige Obergrenzen für sämtliche Bezüge in den Gebietskörperschaften und in staatsnahen Einrichtungen festgelegt werden. Zweitens haben wir in Aussicht gestellt – dieses Versprechen lösen wir heute ein –, daß die


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arbeitslosen Einkommen von öffentlich Bediensteten, die zugleich Mandatare sind, abgeschafft werden.

Meine Damen und Herren! Die Regelung, die wir heute vorlegen, ist unter dem Druck der öffentlichen Meinung zustande gekommen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie ist ein schlechter Ratgeber!) Die öffentliche Meinung ist in der Demokratie, Herr Kollege Haselsteiner, letzten Endes der Werturteilsrichter, und die Politiker haben sich den Wünschen der Bevölkerung zu fügen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir schlagen folgendes Modell vor: Öffentlich Bedienstete sollen nur mehr in dem Ausmaß ihre Bezüge erhalten, als sie dafür nachprüfbar und dokumentiert arbeiten, maximal aber 75 Prozent ihres Bezuges, auch wenn sie zu 100 Prozent, was bei Mitgliedern des Bundesrates und bei Landtagsabgeordneten möglich ist, ihre Arbeit versehen. Das ist eine Regelung, die durch eine Verfassungsbestimmung abgesichert ist, und eine Regelung, die durch eine unabhängige Kommission von Experten, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen, kontrolliert wird, und eine Regelung, die durch Erklärungen des betroffenen Abgeordneten eingeleitet und durch nachprüfende Kontrollen bei der Dienstbehörde überprüfbar und durch einen Bericht an den Nationalrat öffentlich nachvollziehbar ist – eine saubere Lösung, zu der wir stehen! (Ruf bei den Freiheitlichen: Haha!)

Meine Damen und Herren! Es gibt in sämtlichen Parlamentsklubs öffentlich Bedienstete, und ich weigere mich, die öffentlich Bediensteten pauschal abzuqualifizieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es hat einen guten Grund, daß 70 Prozent der Sozialdemokraten im öffentlichen Dienst stehen, daß 50 Prozent in der grünen und in der liberalen Fraktion öffentlich Bedienstete sind, daß 45 Prozent der ÖVP-Fraktion öffentlich Bedienstete sind und daß 17 Prozent in der freiheitlichen Fraktion öffentlich Bedienstete sind. Es wird damit ein Sachverstand eingebracht, der diesem Hohen Haus guttut. (Beifall bei der ÖVP.) Das rechtfertigt aber keine Privilegien. Daher beseitigen wir heute die Privilegien. (Abg. Dr. Haselsteiner: Was ist mit dem Umkehrschluß?)

Ich hätte es sehr gerne, Herr Kollege Haselsteiner, wenn es mehrere Unternehmer wie Sie gäbe, die hier sitzen. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Dr. Schmidt. ) Und ich hätte es gerne, wenn wir mehr Rechtsanwälte, mehr Steuerberater, mehr praktizierende Landwirte, mehr Ärzte in diesem Haus hätten, denn dieses Haus würde davon nur profitieren. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ und beim Liberalen Forum. – Abg. Marizzi: Keine Arbeiter mehr!)

Wir schaffen heute das seit dem Jahre 1920 bestehende Instrument, daß öffentlich Bedienstete freizustellen sind und ihre Bezüge weiterhin erhalten, ab. Damit benötigen wir aber keine Spendenkonstruktionen mehr. Das heißt, all die Konstruktionen, die es da gibt, etwa in einen Sozialfonds einzuzahlen, der nicht transparent ist, oder irgendwo einen Fonds zu haben, bei welchem man das Geld abliefert, sind nicht mehr notwendig. Verzichten Sie auf Ihre Bezüge als öffentlich Bedienstete und belassen Sie das Geld beim Steuerzahler! Keine Fonds mehr! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Schieder. )

Meine Damen und Herren! Wir sind immer vom Nationalratsabgeordneten als von einem Nebenberuf ausgegangen, und die Beschäftigung in der Politik war immer ein Officium nobile: es wurde kein Bezug dafür bezahlt, sondern eine Entschädigung. Wir müssen allerdings – Max Weber hat das schon vor Jahrzehnten erkannt – feststellen, daß Politik heute eben ein Beruf ist. Und Politik als Beruf bedeutet, daß wir entsprechende Konsequenzen ziehen, bedeutet aber auch, daß wir neben dem Officium nobile im Nationalrat natürlich auch unsere politische Tätigkeit in den Wahlkreisen – darauf hat Frau Schmidt mit Recht hingewiesen – weiterhin möglich machen und daß wir auch weiterhin Erfahrung aus der Berufspraxis in dieses Hohe Haus einbringen. Wir brauchen hier im Hohen Haus praktizierende Wirtschaftstreibende, wir brauchen praktizierende Bauern, wir brauchen praktizierende Angestellte, wir brauchen praktizierende Rechtsanwälte, und wir brauchen auch öffentlich Bedienstete. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Ing. Tychtl. )


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Wenn wir Politik als Beruf sehen, dann müssen wir auch den angemessenen Lohn dafür vertreten: einen Lohn, der sich nach der Leistung bemißt, einen Lohn, der sich nach der Verantwortung bemißt, und einen Lohn, der sich nach dem Können bemißt. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Machen wir nicht ständig unseren eigenen Berufsstand schlecht! Jeder in diesem Hohen Haus hat keinen Zehn-, sondern einen Zwölf- oder Mehr-Stunden-Tag, und er tut seine Arbeit gerne. Jeder von uns braucht ein gerüttelt Maß an Können, jeder von uns braucht ein gerüttelt Maß an Sachverstand, und jeder von uns muß einen Einsatz leisten, den ihm die Partei, den ihm die Republik, den ihm das Vaterland abverlangt. Machen wir uns daher nicht selbst schlecht, sondern stehen wir zu unserem Beruf! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich habe heute schon darauf hingewiesen: Unter dem Druck der öffentlichen Meinung haben wir heute die Regelung betreffend das Abschaffen der arbeitslosen Bezüge der Beamten, die zugleich Mandatare sind, vorgelegt. Wir haben des weiteren die Regelung vorgelegt, daß der pauschal, also unabhängig von den tatsächlichen Kosten anfallende Reisekostenersatz, ebenso der pauschal, unabhängig vom Aufwand festgelegte Übernachtungsaufwand und der von vielen Bürgern nicht verstandene Fahrausweis 1. Klasse bei den Bundesbahnen abgeschafft werden. An die Stelle dieser Pauschalregelungen haben wir aufwandsbezogene Regelungen vorgeschlagen, die von Wirtschaftstreuhändern ausgearbeitet, in der Präsidialkonferenz vorgelegt und dort von allen Parteien beraten und beschlossen werden. Erst dann – Frau Kollegin Schmidt, lesen Sie das Gesetz: Wirtschaftstreuhänder-Vorschlag, Beratung in der Präsidialkonferenz – tritt die Neuregelung der Spesenvergütungen in Kraft. Bis dahin bleibt es bei der alten Regelung, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir nachprüfbare, gerechte, konsensfähige Regelungen für Spesenersätze haben. Bis dahin ändert sich an der derzeitigen Lage nichts. Wir glauben, daß das sachgerecht ist, und wir glauben, daß wir damit vor unsere Wähler hintreten können. Denn: Wir teilen uns keine Extrawurst zu, sondern tun das, was alle anderen Menschen in diesem Lande tun: Belege sammeln, Aufwände nachweisen, abrechnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich nehme das sehr ernst, was Frau Kollegin Schmidt heute hier gesagt hat, und ich sage Ihnen zu, daß wir bezüglich des zweiten Teiles der Reform, nämlich der Bezügepyramide, sicherlich das Gespräch mit allen Fraktionen dieses Hauses suchen werden. Wir werden heute auch einen Entschließungsantrag vorlegen, der hoffentlich angenommen werden wird, nämlich daß für die Bezüge der Politikerinnen und Politiker in allen Gebietskörperschaften Obergrenzen festzulegen sind, und zwar auf Vorschlag einer unabhängigen Kommission. Damit soll das Argument – dieses wurde von meinen Vorrednern schon zu Recht vorgebracht –, daß wir unsere Bezüge selbst festlegen und sozusagen Selbstbediener sind, entkräftet werden. Es wird also eine unabhängige Kommission Vorschläge machen, und ich verspreche Ihnen, daß wir sorgfältig mit allen Fraktionen beraten werden, und ich hoffe, daß wir im Konsenswege zu diesen Obergrenzen kommen werden.

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es bezüglich der Entschädigungssysteme für Abgeordnete natürlich diametral entgegengesetzte Auffassungen gibt. Es hat jede etwas für sich, doch meiner Meinung nach gibt es das perfekte, von allen akzeptierte System ganz einfach nicht.

Das freiheitliche System eines Grundbezuges mit einem Diätenzulagensystem je nach Anspruch der Sitzungen, der Ausschüsse, der Funktionen ist sicherlich ein System, das, sieht man von der Höhe der Bezüge in diesem Vorschlag ab – ich halte die Bezüge für zu hoch –, viel für sich hat. Es ist leistungsbezogen und arbeitsbezogen. Es ist allerdings nicht transparent, weil man von niemandem sagen kann, wieviel er im Monat bezieht.

Das System des Liberalen Forums mit dem Pauschalhonorar, das in zwölf Teilbeträgen im Jahr ausbezahlt wird und von dem dann jeder seine Spesen, seine Pensionsansprüche et cetera sichern muß, hat auch vieles für sich. Es ist maximal transparent. Es ist aber in keiner Weise leistungsbezogen, und es ist auch in keiner Weise entsprechend zu vermitteln, weil die Bezüge in diesem Honorarsystem – aus meiner Sicht zumindest – viel zu hoch sind. Das ist nicht vermittelbar. Daher: zwar maximale Transparenz, aber eine Höhe, die nicht vermittelbar ist.


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Das System, das wir vorlegen, das heißt, der Anknüpfungspunkt an den höchstverdienenden Beamten der Dienstklasse IX, ist ein System, das wir schon vor vielen Jahrzehnten im Einvernehmen eingeführt haben. An diesem Grundsystem wollen wir nichts ändern, wohl aber an den Aufwänden, die nachzuprüfen sein werden, und an der Pauschalierung, die wir abschaffen wollen.

Ich möchte darauf hinweisen, daß wir in diesem Jahr des Strukturanpassungsgesetzes, des Sparpaketes natürlich mit größter Sorgsamkeit vorzugehen haben, und ich halte es daher für richtig, daß wir für uns selbst bereits die vierte Null ohnrunde beschlossen und akzeptiert haben. Seit vier Jahren Null ohnrunde! Ich halte es auch für richtig, daß wir bereits im letzten Jahr das Pensionsalter auf 60 Jahre – so wie für alle anderen – hinaufgesetzt haben. Ich halte es auch für richtig, daß wir die Abfertigungsregelung für die Abgeordneten, die bisher galt, abgeschafft haben und daß wir nun die gleiche haben wie alle ASVG-Versicherten. Und ich halte es auch für richtig, daß das Sparpaket für uns selbst einschneidende Wirkungen hat und daß jeder von uns zumindest einen halben bis einen dreiviertel Monatsbezug weniger hat, weil auch wir das Solidaropfer mitzutragen haben. Das alles halte ich für richtig.

Wir müssen aber – und bei der Diskussion über die Bezügeobergrenzen werden wir darüber zu beraten haben – zu einem Konsens kommen, zwischen welchen Systemen wir wählen und für welches System wir uns entscheiden. Eine Lösung, die maximal transparent, maximal leistungsbezogen und maximal differenziert ist, ist eine Quadratur des Kreises. Wir werden daher genau zu überlegen und dann zu entscheiden haben.

Aber eines, meine Damen und Herren, ist wichtig: Wir müssen durch die Regelung, die wir schaffen, und durch die Arbeit, die wir leisten, unserer Bevölkerung zeigen, daß wir unser Geld wert sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.40

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ganze Diskussion, wie sie jetzt abläuft, und auch die Redebeiträge, vor allem der Klubobleute der Regierungsparteien, sind irgendwo ein Sittenbild der Entwicklung des Zustandes der Politik in diesem Lande.

Ich glaube, aus der Debatte, wie sie in den letzten Tagen und Wochen gelaufen ist, müssen wir zwei Hauptlehren ziehen. Die eine Hauptlehre – diese sollten die Regierungsparteien endlich ziehen – ist: Man kann, auch wenn Sie die Zweidrittelmehrheit durch die letzte Wahl wiedergewonnen haben, wichtige Gesetze in diesem Land Gott sei Dank nicht mehr so einfach beschließen. Man kann nicht mehr so dreist und brutal über die Opposition und auch über die öffentliche Meinung drüberfahren, wie Sie immer noch glauben, das hier tun zu können.

Meine Damen und Herren! Es hat Ihnen die Debatte der letzten Tage gezeigt, daß Sie trotz Ihrer Zweidrittelmehrheit nicht in der Lage sind, ein Gesetz gegen die öffentliche Meinung und unter Ausschaltung der Opposition hier durchzuziehen – kraft Ihrer Machtvollkommenheit, kraft der Arroganz, mit der Sie hier agieren. Gott sei Dank ist das unmöglich geworden. Und es sollte Ihnen eine Lehre sein, bei anderen wichtigen Gesetzen, bei Verfassungsgesetzen, zu versuchen, zum einen auf Meinungen, auf Überzeugungen in der Bevölkerung zu hören und zum anderen aber auch einen Dialog mit den anderen Fraktionen dieses Hauses zu suchen; nur dann werden Sie in wichtigen Materien zu einer Beschlußfassung kommen, die auch in der Öffentlichkeit verständlich ist und die auch von diesem Haus insgesamt getragen werden kann.

Zweitens: Die Regelung ist inhaltlich völlig unbefriedigend. Wenn Sie, Herr Dr. Khol, gerade eben gesagt haben: Machen wir nicht ständig unseren Berufsstand schlecht!, und wenn Sie gesagt haben, Sie würden sich weigern, die öffentlich Bediensteten pauschal abzuqualifizieren, dann antworte ich Ihnen: Niemand von denen, die um eine faire Regelung bemüht waren, hat das je getan!


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Wenn jemand den Berufsstand insgesamt schlechtgemacht hat, wenn jemand insgesamt ein schiefes Licht auf den öffentlichen Dienst und auf die öffentlich Bediensteten hier in diesem Haus geworfen hat, dann waren Sie das, dann waren das Leute in Ihrer Fraktion wie Herr Dr. Höchtl. Man kann sagen, Sie haben den Ruf der Politik in diesem Land "verhöchtelt". (Beifall bei den Grünen.)

Herr Dr. Khol! Herr Dr. Kostelka! Sie haben durch das jahrelange Dulden von Leuten in Ihren Fraktionen, von denen Sie ganz genau wußten, daß sie Bezüge kassieren – teilweise waren Sie selbst sogar daran beteiligt –, ohne dafür einen Finger krumm zu machen, genau diese Stimmung heraufbeschworen, die wir jetzt in diesem Land zu verzeichnen haben.

Frau Dr. Schmidt! Sie haben gesagt, man sollte nicht auf Druck der Öffentlichkeit hin agieren. Grundsätzlich stimmt das schon, nur gibt es auch berechtigte Erwartungen der Öffentlichkeit und einen Druck, der sehr wohl legitim ist. In diesem Land wird ein Sparpaket nach dem anderen, ein Belastungspaket nach dem anderen geschnürt, werden drakonische Maßnahmen zu Lasten der Frauen, die in Karenz sind, zu Lasten der Arbeitslosen, zu Lasten vieler Berufsgruppen gesetzt. Und wenn diese Personen spüren, daß auf ihrem Gehaltszettel, auf ihrem Bezugszettel jeden Monat weniger zu verzeichnen ist, während hier Menschen sitzen, die fürs Nichtstun Geld bekommen, dann entsteht ein Druck, dem sehr wohl zu entsprechen ist und der die Verpflichtung beinhaltet, daß man sich mit diesen Forderungen auseinandersetzt. (Abg. Dr. Schmidt: Verdrehen Sie doch nicht die Dinge! Deswegen gibt es ja seit Februar den Antrag! Sie wissen genau, wovon ich geredet habe!) Selbstverständlich, aber es muß agiert werden.

Ich teile Ihre Meinung, daß diese Regelung, so wie sie jetzt getroffen wurde, schlecht ist. Ich teile auch Ihre Meinung dahin gehend, daß man sich mit einer umfassenden Regelung Zeit hätte nehmen können, um sie ausführlich und gemeinsam mit den Oppositionsfraktionen zu beraten. Es gibt aber keinen Grund, warum nicht hier und heute zumindest diejenigen, die arbeitslose Einkommen kassieren – die gibt es leider auch in Ihrer Fraktion –, per sofort auf ihre arbeitslosen Einkünfte verzichten. Das ist leicht möglich, das wäre mit einem formlosen Schreiben möglich. Und es gibt keinen Grund, warum das nicht schon lange passiert ist.

Die Neuregelung ist aus vielen Gründen für uns unbefriedigend. Zum einen ist eine Gehaltspyramide, eine Abstufung aller Bezüge von Politikerinnen und Politikern vom Bundeskanzler abwärts ausständig. Warum betreiben Sie, Herr Dr. Khol, Herr Dr. Kostelka, seit Jahren hier eine Ankündigungspolitik, anstatt endlich einmal eine derartige Regelung vorzulegen, zu beraten und zu beschließen? Zum anderen ist diese Regelung unzulänglich, weil sie nur einen Teil von öffentlichen Funktionsträgern erfaßt. Die Bediensteten, die Funktionärinnen und Funktionäre von Kammern, Sozialversicherungsträgern und Verbänden sind weiter ausgeklammert. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß sich Angehörige der Regierungsparteien in Hinkunft noch häufiger und noch dreister aus diesen Kassen bedienen und dort zulangen werden.

Ein dritter Punkt, warum die Regelung gänzlich unzulänglich ist – das ist für uns ein ganz besonders wichtiger Punkt –, ist die fehlende Offenlegung, und zwar einmal die Offenlegung hinsichtlich aller Mandatare. Sie sollen ihre sämtlichen Einkünfte bekanntgeben. Es ist keine Schande, auch neben einem Mandat Einkünfte zu erzielen, aber man soll sie offenlegen.

Weiters soll man das Vermögen offenlegen, und die zeitliche Beanspruchung durch andere Tätigkeiten. Dann soll die Öffentlichkeit entscheiden, ob es möglich ist, daß etwa ein Dritter Nationalratspräsident drei Jobs hat – von denen eigentlich ein jeder die volle Aufmerksamkeit und die volle Zeit beanspruchen würde.

Es sollen aber auch die politischen Parteien ihre Parteikassen offenlegen, was sie an Spenden von Dritten oder von ihren Abgeordneten bekommen, was an Parteisteuern, an Abgaben einfließt und wohin es geht. Wenn hier Herr Dr. Haider in seinen Ausführungen den FPÖ-Sozialfonds angesprochen hat, dann muß ich sagen: Das, was er hier vor allem in seiner tatsächlichen Berichtigung verlesen hat, war eigentlich etwas, was den anwesenden Journalistinnen und Journalisten Anlaß geben sollte, weitere Recherchen anzustellen. Denn was hier offengelegt


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wurde, kann nur ein ganz kleiner Teil der Einzahlungen der freiheitlichen Mandatarinnen und Mandatare sein. Nach einer oberflächlichen Berechnung müßten das allein die Einzahlungen von Herrn Dr. Brauneder sein, die hier zur Verteilung gelangt sind. Es gibt allein nach den Medien noch viele andere öffentlich Bedienstete, die arbeitslose Einkommen bezogen haben. Eine Million zu verteilen, die in Wahrheit ein einziger einbezahlt haben müßte (Abg. Rosenstingl: Rechnen war noch nie Ihre Stärke!), kommt eigentlich einer Selbstanklage gleich. (Abg. Dr. Graf: Ab 60 000 S!)

Die Öffentlichkeit beziehungsweise die österreichischen Bürger können mittlerweile so gut rechnen, daß sie Ihnen Ihre Regelungen überhaupt nicht mehr glauben. Denen müssen Sie Rede und Antwort stehen, nicht mir, aber das werden Sie noch reichlich tun müssen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Burgenland!) Ja, ja, Burgenland ist ein gutes Schlagwort für Sie. (Abg. Haigermoser: Da werden Sie nicht gewählt, wo man Sie kennt!)

Auch was die Offenlegung betrifft, haben Sie einen gewissen Erklärungsbedarf. Warum haben Sie die grünen Anträge, die genau auf diese Offenlegung ausgerichtet sind, für die Sie jetzt auf einmal so eintreten – die Anträge vom 25. März 1987, vom 4. Juni 1987, vom 25. Jänner 1989 und noch etliche andere derartige Anträge –, immer wieder abgelehnt? – Sie haben offenbar diese Offenlegung genauso zu fürchten wie die Regierungsparteien. Und das ist es, was das Image der Politik in Österreich so heruntergemacht hat! Das ist das, was von der Bevölkerung nicht mehr verstanden und nicht mehr akzeptiert wird. Sie müssen sich doch einmal diesen Wertungswiderspruch bewußtmachen, was es für ASVG-Pensionistinnen und -Pensionisten, für Karenzgeldbezieherinnen, für Arbeitslose, die ein ganz kleines Zusatzeinkommen beziehen, heißt, wenn sie noch irgendwo ein paar Stunden arbeiten; dann muß all das, was öffentlich bezogen wird, zurückgezahlt werden. – Bereits ab 3 800 S!

Das sind Größenordnungen, über die die meisten in diesem Hause gar nicht mehr nachdenken! Das sind Selbstverständlichkeiten, die hinter dem Komma irgendeiner Spesenabrechnung kommen. Und das ist es, was die Bevölkerung nicht mehr versteht! Und das ist es, was auch nicht mehr zu dulden ist! Es geht nicht um die Höhe des Mandatsbezuges, wenn dafür eine gerechte, eine faire Leistung erbracht wird; die Höhe des Abgeordnetenbezuges ist, so wie er sich heute darstellt, in meinen Augen absolut vertretbar und korrekt.

Es geht um die Nebenleistungen, also um das, was man so dazu einstreift, einsteckt, manchmal auch ohne dafür den Finger krumm zu machen. Aber es geht auch um diese Unmöglichkeiten! Es ist einem normalen Menschen – ich glaube, jedem hier – einfach nicht möglich, drei vollständige Jobs gewissenhaft auszufüllen. Wir wissen auch, daß diese Multifunktionäre sich einmal da mit Ausrede auf den anderen Job entschuldigen lassen, einmal dort nicht präsent sind, weil man ja noch so viele andere Geschäfte zu erledigen hat. Und das ist es, was böses Blut macht! Und das greifen Sie mit dieser Novelle einmal mehr nicht auf.

Ein letzter Punkt unserer Unzufriedenheit: die Kommission, die Sie vorschlagen. Diese reine Regierungskommission, die Sie hier einrichten, die noch dazu mit Leuten besetzt ist, die Experten im doppelt Abkassieren sind, wird nicht dazu beitragen, mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Hier machen Sie tatsächlich Böcke zu Gärtnern, wenn Sie Leute darüber befinden lassen, die selbst jahre-, jahrzehntelang nichts daran gefunden haben, doppelt und dreifach fürs Nichtstun abzukassieren, und wenn diese jetzt eine moralische Instanz darstellen sollen, wenn es um die Beurteilung derartiger Vorgangsweisen geht.

Ich finde, es ist dies auch eine reichlich unschöne und eigentlich für dieses Haus beschämende Debatte; eine Debatte, die wir so lange führen werden, bis es tatsächlich zu einer großen und befriedigenden Regelung kommt. Bei den meisten der doppelt und dreifach Kassierer handelt es sich – unter Anführungszeichen – "nur" um moralische Pflichten, die unserer Meinung nach verletzt wurden, bei einigen vielleicht auch um verletzte rechtliche Verpflichtungen. Wir wollen den einzelnen Leuten nicht nachspüren, wir wollen den einzelnen nicht in irgendeiner Weise bloßstellen, sondern wir wollen endlich einmal eine große Regelung, die den Prinzipien, für die wir seit langem eintreten, gerecht wird.


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Deswegen fordere ich diejenigen auf, die, wie alle drei Präsidenten – ob es Fischer, Neisser oder Brauneder ist –, derartige Einkommen bezogen haben, sie sollen doch zumindest einen Teil oder zumindest die im letzten Jahr ohne Arbeit bezogenen Gelder zurückerstatten! Dies wäre ein Gebot der Redlichkeit und würde ein wichtiger Beitrag sein, um das Ansehen der Politik wieder zu heben.

In einigen Fällen jedenfalls, so wie sich die mediale Darstellung mittlerweile zeigt, glauben wir, daß eine rechtliche Überprüfung hoch angesagt wäre. Wir werden daher heute einen Antrag einbringen, und es wird abzuwarten sein, ob Sie mit Ihren Ankündigungen endlich einmal ernst machen, daß die Finanzprokuratur in jedenfalls zwei Fällen eine derartige Überprüfung durchführen soll, und zwar dort, wo von der 75-Prozent-Regelung Gebrauch gemacht wurde, ohne daß eine entsprechende – und zwar irgendeine – Arbeitsleistung am Arbeitsplatz erbracht wurde.

Das ist in unseren Augen bei den Abgeordneten Höchtl und Frischenschlager der Fall und wäre zu überprüfen. Es muß die Finanzprokuratur die in den letzten Jahren angefallenen Bezüge überprüfen, denn wenn schon eine dieser unmoralischen Regelungen irgendwo angebracht gewesen wäre – wie gesagt, unmoralisch, aber wahrscheinlich legal –, dann die Regelung der Pensionierung. Aber ohne überhaupt Arbeitsleistungen zu erbringen, von der 75-Prozent-Regelung Gebrauch zu machen, das scheint uns völlig unangebracht zu sein! (Zwischenruf des Abg. Marizzi. ) Ja, man sollte in diesem Hause von Moral reden! Man sollte von Moral reden, und man sollte auch einmal offenlegen, was hinsichtlich jedes einzelnen Bezuges – auch bei Ihrer Person – in den letzten Jahren kassiert wurde, wieviel Sie bekommen haben. Wenn Sie dafür Arbeitsleistung erbracht haben, dann legen Sie es offen, dann brauchen Sie sich dafür nicht zu genieren! Aber Regelungen vorzuschreiben und damit zu dulden, daß dieses Haus insgesamt in Mißkredit kommt, das ist etwas, was die österreichische Bevölkerung zu Recht nicht mehr akzeptieren wird! (Beifall bei den Grünen.)

Wir von den Grünen haben dies immer wieder getan – ich wiederhole es einmal mehr. Ich habe das heute den Medien übergeben. Wir legen unseren Bürgerinitiativenfonds, der nicht aus unseren Beamtengehältern für Nichtleistung gespeist wird, sondern aus Teilen unseres Abgeordnetenbezuges, offen! Und zu dem, was etwa von der FPÖ heute über die 1 Million Schilling ihres Sozialfonds gesagt wurde, kann ich nur sagen: Das haben etliche von uns – etwa auch ich – allein in diesen Fonds eingezahlt. (Abg. Dr. Graf: Das ist doch Ihre Parteisteuer!)

Ich würde Sie auffordern, daß Sie diese Offenlegung als ein Mindestmaß an Redlichkeit gegenüber der Bevölkerung heute beschließen (Abg. Dr. Graf: Das ist doch die Parteisteuer, was Sie da haben! Freiwillig!) und daß Sie zum zweiten – per sofort – alle arbeitslosen Einkommen nicht nur einstellen, sondern auch in Ihren Fraktionen die moralische Verpflichtung weitergeben, daß eine Rückerstattung von Beträgen, die manche zumindest moralisch zu Unrecht bezogen haben, ehebaldigst passiert. (Beifall bei den Grünen.)

12.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Löschnak zu Wort. – Freiwillige Redezeit: 10 Minuten.

12.58

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich vor mehr als einem Jahr aus der Funktion des Innenministers in die eines Abgeordneten gewechselt bin, habe ich mir fest vorgenommen, im Nationalrat nicht zu allem und jedem Stellung zu nehmen. Und ich habe mich an diesen Vorsatz auch gehalten, weil ich der Überzeugung bin, daß es in einer Zeit, in der immer mehr Politiker den Verlockungen des Populismus erliegen, auch Menschen geben muß, die vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen zu grundsätzlichen Fragen Stellung nehmen, ohne dabei zum Beispiel auf die Medienberichterstattung schielen zu müssen.

Die Diskussion um die Regelung der Politikerbezüge ist ja keine neue. In den 18 Jahren, in denen ich einer Bundesregierung angehört habe, hat es eine Reihe von Versuchen gegeben, diese Materie einer endgültigen Regelung zuzuführen. Und – das muß man feststellen – sie alle


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waren ungeeignet! Keiner von uns – ich natürlich inkludiert –, also von allen, die in der Politik stehen, ist dabei frei von Schuld. Wir hätten es in der Hand gehabt, die Frage viel kompromißloser, als wir sie bisher geregelt haben, zu regeln und damit jene zu widerlegen, die, wie zum Beispiel Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ, andere zwar als Heuchler und Abzocker beschimpfen, aber selbst betroffen sind und über Abfertigungs- oder Pensionsansprüche aus dieser Regelung im Ausmaß von Millionen von Schilling verfügen werden, wobei nicht – mir zumindest nicht – bekannt ist, daß Sie darauf verzichtet haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu einer solch kompromißlosen Lösung ist es aber bisher nicht gekommen. Ich meine, daß der vorliegende Vorschlag dieses Problem wieder nicht lösen wird. Der vorliegende Initiativantrag ist kein Gesetz, wenn mir das zu sagen gestattet ist, das wirklich den Titel "Reform" verdient. Er ist der Versuch einer Anlaßgesetzgebung, wobei ich über den Anlaß nicht rede, weil er österreichweit bekannt ist.

Mit dem nunmehr zur Diskussion stehenden Vorschlag wird lediglich die aktualisierte Seite des Problems gelöst. Es wird künftig keine arbeitslosen Einkommen mehr geben, was gut ist. Vieles andere aber wird bleiben wie gehabt. Medien und Populisten werden die Politik – davon bin ich zutiefst überzeugt – weiter vor sich hertreiben mit dem Vorwurf, Politikerprivilegien seien nicht wirklich abgeschafft worden, und dies könnte man nur vermeiden, wenn man nicht defensiv nachbessert, sondern wirklich offensiv in Kenntnis aller Schwierigkeiten eine umfassende, klare Gesamtregelung treffen würde. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Eine Gesamtregelung verlangt aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir einmal klar sagen, was unserem Land die Arbeit von Ministern, von Abgeordneten und anderen Funktionsträgern wert ist, ob sie zum Beispiel mehr oder weniger oder gleich viel verdienen sollen wie vergleichbare – wenn man das überhaupt vergleichen kann – Leute in der Privatwirtschaft oder ob sie, was Nebentätigkeiten anlangt, anders behandelt werden sollen als andere Berufsgruppen in der privaten Wirtschaft oder im freien Beruf bis hin zu den Rechtsanwälten und zu den Journalisten. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Bei dieser Gelegenheit sollte man auch gleich darüber reden, wie man in Österreich die Gehaltsrelationen insgesamt gestalten möchte und was man tun kann, um die Unterschiede zwischen niedrigen und hohen Gehältern zu verringern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dieser Regelung sind meiner Meinung nach zwei Grundsätze in Frage gestellt. Zum ersten Grundsatz: Es ist das Vertrauen in die österreichische Rechtsordnung durch ein viele Jahrzehnte in Anspruch genommenes Institut, dadurch, daß ein öffentlich Bediensteter – zumindest des Bundes, wenn ich das richtig gelesen habe –, der im Hinblick auf seine Mitgliedschaft zum Nationalrat aufgrund der bisherigen Rechtslage in den Ruhestand versetzt worden ist, ab 1. Jänner 1997 durch Ernennung wieder in den Dienststand aufgenommen werden soll, in Frage gestellt. Dieser Grundsatz ist für mich umso mehr in Frage gestellt, als man keinen Unterschied macht, ob der oder die Betroffene im zarten Alter von 28 oder im reiferen Alter von 38 oder 48 oder im Alter von 58 Jahren zum Beispiel in den Ruhestand getreten ist. Genausogut könnte – davor warne ich – der Gesetzgeber einmal auf den Gedanken kommen, etwa rückwirkend in pensionsrechtliche Ansprüche einzugreifen. Ich gehe davon aus, daß das viele in diesem Haus nicht wollen. Aber ich frage mich, warum sie dann das zum Präzedenzfall für den Bereich der Politiker machen.

Ich möchte noch ein zweites grundsätzliches Problem ansprechen. (Abg. Wabl: Ich habe mir gedacht, das machen Khol und Kostelka!) – Herr Abgeordneter Wabl! Sie wissen das genau: Ich rede hier nicht für Herrn Klubobmann Khol und nicht für Herrn Klubobmann Kostelka. Ich rede für den Abgeordneten Löschnak und gebe Ihnen meine Meinung bekannt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ein zweiter Punkt, den ich demokratiepolitisch für bedenklich halte: Viele Tätigkeiten im öffentlichen Dienst sind im Gegensatz zu den Tätigkeiten in der Privatwirtschaft mit einer parlamentarischen Funktion nicht vereinbar. Wenn man die Ausübung eines Mandats für die betroffenen öffentlich Bediensteten von der Einstellung ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst abhängig macht, so läuft das, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf ein spezifisches Berufsverbot


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hinaus. Verknüpft man diese Außerdienststellung mit dem Entfall der Dienstbezüge, dann zwingt man den öffentlich Bediensteten zur Entscheidung zwischen dem Beruf auf der einen Seite und der Abgeordnetentätigkeit auf der anderen Seite. Vereinfacht ausgedrückt: Mit dieser Regelung wird zwar ein mögliches Beamtenprivileg beseitigt, der gänzliche Entfall des Beamtenbezuges in jenen Fällen, in denen die Funktion im öffentlichen Dienst mit der Abgeordnetentätigkeit der Sache nach nicht kompatibel ist und ein Ersatzarbeitsplatz nicht zu finden sein wird, führt aber – das sollte man auch deutlich sagen – zu einer Diskriminierung der öffentlich Bediensteten. Einen solchen Schritt könnte man nur setzen, wenn man sich über die weiteren Bereiche, in denen man über Berufsverbote oder teilweise Berufsverbote sprechen muß, im klaren ist.

Das heißt für mich, mit diesem Gesetz wird einerseits die Lebensplanung in Frage gestellt, andererseits einer ganzen Gruppe von Politikern Berufsverbot oder der Gruppe der Beamten Politikverbot erteilt. Ich habe es schon gesagt, ich halte das, auch wenn Sie das anders sehen, Herr Abgeordneter Wabl, demokratiepolitisch für nicht gut. (Abg. Wabl: Es geht nicht um Verbot, sondern um Vereinbarkeit!)

Für mich ist dieser Versuch, eine Lösung zu finden, dadurch gekennzeichnet, daß er ganz einfach zu flott über die Bühne gegangen ist. Es ist offenbar ein Versuch, eine späte Abhilfe zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Ich habe mir für meine weitere Lebensplanung vorgenommen, nie mehr gegen meine Überzeugung eine Entscheidung zu treffen. Ich weiß mich darin zum Beispiel mit meinem Parteivorsitzenden beziehungsweise dem Bundeskanzler, der diese Überzeugung bei einer anderen Gelegenheit ausgesprochen hat – es ging damals um die Entsendung eines Mitgliedes dieses Hohen Hauses in eine Funktion nach Luxemburg –, einer Meinung. Dieses Recht, nicht gegen meine Überzeugung zu handeln, nehme ich heute in Anspruch. Die vorgeschlagene Regelung betrifft mich in erster Linie nicht. Ich möchte das einmal betonen, damit kein Mißverständnis aufkommt. Ich werde es mir aus den hier vorgebrachten grundsätzlichen Überlegungen, aus diesen demokratiepolitischen Grundsätzen heraus vorbehalten, ob im Laufe der Debatte noch Gesichtspunkte hervorkommen, die mir eine Zustimmung zu diesem Gesetz möglich machen.

Wenn ich mit meiner Rede dazu beitragen konnte, eine tiefergreifende Diskussion über die Einkommen und Privilegien, und zwar im sogenannten privaten und öffentlichen Bereich in unserem Staate, anzuregen, würde mich das freuen. Wenn ich die Diskussion darüber in Gang bringen könnte, daß auch Beamte Arbeitnehmer mit normalen Rechten und Pflichten sind, würde mich das zufrieden machen. In diesem Sinne möchte ich meinen Beitrag verstanden wissen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

13.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

13.09

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, die Rede meines Vorredners, des Abgeordneten Löschnak, war durchaus so, daß sie an diesem heutigen Tag, in dieser Nichtsternstunde des Parlamentarismus vielleicht doch noch der Versuch sein könnte, einiges an der Ziellinie, und zwar fünf Minuten vor zwölf, zu retten, was für mich und für viele Österreicher eigentlich schon den Bach hinuntergeschwommen ist.

Die Geschäftsordnungsreform, die am heutigen Tag debattiert wird, und die Bezügereform, die im Tagesordnungspunkt 1 zur Debatte steht, könnten in einem funktionierenden Parlament Sternstunden des Parlamentarismus sein. Ich muß leider feststellen, daß beide Regelungen aus meiner Sicht nicht dazu beitragen.

Die Bezügeregelung bringt einen Schnellschuß, der – einige Zwischenrufer haben das schon richtig formuliert, und so ist das auch aus meiner Sicht zu sehen – unter dem Eindruck der gemachten Meinung in diesem Staate entsteht – unter der Pression von jenen, die von der Galerie


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aus das politische Geschehen dieses Staates mit Subventionen gefördert und ohne Risiko beobachten, und von jenen, die ein Risiko eingehen.

Von den 183 Abgeordneten, die hier im Parlament sitzen, ist von den persönlichen Verhältnissen her keiner mit dem anderen vergleichbar – weder die Beamten untereinander noch die Lehrer mit jenen, die in Verwaltungsstellen arbeiten, mit jenen, die in leitenden Stellen arbeiten, oder mit Bezirkshauptleuten, Universitätsprofessoren, Lektoren oder Beamten in sonstigen Bereichen der Exekutive, wie etwa an der Grenze, die beim Bundesheer ihren Dienst versehen.

Sie alle haben aber im Unterschied zu anderen Berufsgruppen in diesem Staat ein Privileg. Wenn sie aus dem Parlament ausscheiden, können sie in ihren Beruf wieder einsteigen. Sie haben ein Rückkehrrecht in ein Arbeitsverhältnis, das sie vor Antritt ihrer politischen Funktionen gehabt haben. Jene, die aus der freien Wirtschaft kommen, haben diese Garantie nicht – weder der Freiberufler noch der Unternehmer, noch der Angestellte, noch der Arbeiter.

Dieses Privileg werden die Beamten immer besitzen, weil es hoffentlich eine funktionierende Demokratie noch lange geben wird, weil dann, wenn jemand aus dem Parlament ausscheidet, dieser demokratische Staat noch vorhanden ist, während die beste Firma in drei, vier oder fünf Jahren aufgrund des Auf und Ab in einem wechselvollen Wirtschaftsleben nicht mehr existieren kann.

Ich halte es daher für unfair und unsauber, wenn in der heutigen Diskussion wie immer Äpfel mit Birnen verglichen werden. Leute, die zu 70, 75 oder 100 Prozent ihrer Arbeit nachgehen, mit jenen, die arbeitslose Einkommen lukriert haben, und jenen, die arbeitslose Einkommen legal lukriert haben, zu vergleichen, ist unfair. Jene, die schon, bevor sie in die Politik gegangen sind, Beamte waren, können nicht mit jenen verglichen werden, die erst, weil sie in die Politik gegangen sind, als Beamte durch die Politik abgesichert worden sind, um Dienststellen zu haben.

Auch unter den Beamten gibt es ungleiche Fälle. Es kann nicht sein, daß jemand, der, solange er noch nicht Politiker war, in seiner Dienstbeschreibung "gut" oder "befriedigend" stehen hatte, ab dem Tag, an dem er Politiker geworden ist, auf einmal als "ausgezeichnet" bewertet wird und damit in den "Schnellift" der Beförderung steigt, obwohl er an seiner Dienststelle nichts beigetragen hat.

Es kann aber durchaus sein, daß jemand ein ausgesprochen schlechter Beamter und trotzdem ein hervorragender Politiker ist. Es kann genauso sein, daß jemand als Politiker ausgesprochen schlecht ist, aber ein hervorragender Beamter ist. Auch die Menge der Politiker ist untereinander schwer vergleichbar. Sie wissen es alle selbst, wenn Sie in Ihre Klubs schauen. Ein geringer Prozentsatz in jedem Klub trägt die Hauptarbeit, die Vorbereitungsarbeit. Ein geringerer Anteil nimmt im durchschnittlichen Maß teil, und einige wenige genießen auch innerhalb ihrer Klubs Privilegien. Daher wird diese Privilegiendiskussion niemandem nutzen, weder der Fraktion am rechten noch der Fraktion am linken Ende dieses Saales.

Nur eines möchte ich Herrn Klubobmann Dr. Kostelka auch in aller Klarheit sagen. Man kann auch nicht die Zeiten der politischen Auseinandersetzung in diesem Haus miteinander vergleichen. Es gab eine Zeit, in der alle im Haus vertretenen Fraktionen, von den Kommunisten beginnend über den VdU bis zu den jetzigen Fraktionen, eingebunden waren in die Vorbereitungen zur parlamentarischen Geschäftsbehandlung und eingebunden waren in die Vorberatungen für die Ausschüsse, und zwar in einem gleichen, fairen und ihrer Stärke entsprechenden Ausmaß. Sie haben sich dann im Plenum reaktiv betätigt, als sie ausgegrenzt wurden. Ich lege Wert darauf. Denn Ursache und Zusammenhang sind auch hier zu sehen.

Die Ausgrenzung in den Vorberatungen entsprechend den parlamentarischen Usancen hat selbstverständlich die Reaktionen im Rahmen der Geschäftsordnung und nur im Rahmen der Geschäftsordnung hier im Hause bewirkt – nicht außerhalb der Geschäftsordnung, nicht undemokratisch. Auf diesen Unterschied, sehr geehrter Klubobmann Kostelka, lege ich Wert.


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Das, was Sie heute mit Ihrem Klubobmannpendant Khol vorbereiten, ist die Gängelung dieses Parlaments in zweierlei Hinsicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Es sind vier Fraktionen!)

Das ist eine Gängelung des Parlaments in zweierlei Hinsicht, sehr geehrter Herr Kollege Kostelka! Denn eines sage ich Ihnen schon: Der Antrag der Frau Kollegin Schmidt, diesen Antrag an den Verfassungsausschuß zurückzuverweisen und ihn ordnungsgemäß zu behandeln, ist für mich ein Antrag, der heute anzunehmen ist, und zwar deswegen, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, daß die vorliegende Lösung keine reale ist. Die Hierarchie, die Pyramide, die Sie uns wiederholt seit zehn Jahren schon versprechen, hätte zuerst erstellt werden müssen, um dann im Rahmen der Pyramide ein transparentes und überschaubares System zu finden und nicht umgekehrt! In einem Moment, in dem man eine Anfallsgesetzgebung macht, ein unüberschaubares Zulagensystem zu erfinden und dann vielleicht einmal die Einkommenspyramide nachfolgen zu lassen, ist grotesk.

Zum Weisenrat: Wer wird dann entscheiden? – Die Regierungsparteien werden dann entscheiden, ob die Oppositionspolitiker ihren Verpflichtungen am Beamtenarbeitsplatz gut oder schlecht nachkommen. Jene, die die Republik geklagt haben, weil ihnen das, was sie bekommen haben, noch zuwenig war und ausufernde Übererfüllung der gesetzlichen Möglichkeiten auch im Einklang mit den Gesetzen dieser Republik ihre Norm war, werden dann die Weisenrichter darüber sein, ob sich eine Politik selbst beschränken soll, weil es in diesem Staate "enger" geworden ist, und zwar aufgrund der Politik, die jene, die im Weisenrat sitzen, mit eingeleitet und mit verursacht haben.

Kollege Löschnak hat es schon angesprochen: Den Änderungen im Verfassungsbereich, den rückwirkenden Änderungen, den Eingriffen in das Pensionsrecht der Politiker werden zweifelsohne die befürchteten Eingriffe bei den Normalbürgern folgen.

Wir Politiker nehmen uns auch heute Regelungen für die Abrechnung der Belege heraus, die für keinen einzigen in Österreich, der Abrechnungen und Spesen legt, außerhalb der Politik gelten. Wir können uns Eigenbelege per Verordnung schreiben, weil es nicht zumutbar ist, daß man bei einem Ball oder bei einem Feuerwehrfest für jedes Bier und für jedes Paar Würstel, das man irgend jemandem zahlt, eine ordnungsgemäß bestätigte Rechnung mit entsprechendem Kopf besorgt. Noch dazu verfügen die Vereine, die ausschenken, meistens nicht einmal über einen Gewerbeschein, sondern haben diesen von irgendeinem anderen geliehen bekommen und könnten gar keine entsprechende Rechnung nach den Finanzgesetzen ausstellen.

Vor eineinhalb Monaten erschwerten wir durch das Sparpaket Leuten, die ihre Büros für ihre Dienstverpflichtungen im normalen Leben brauchen, die Absetzmöglichkeiten der Ausstattung ihrer Büros. In dem Gesetz vereinfachen wir sie aber für uns. Wir machen jetzt genau das gleiche, was wir in der Vergangenheit gemacht haben: Wir holen uns die Rosinen heraus. Das kann doch nicht der Sinn und der Weisheit letzter Schluß sein für diese Bezügegesetzregelung, die hier auf dem Tisch liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Für mich ist das Hauptübel, daß in diesem Parlament nur mehr jene Norm gilt, die das Strafrecht formuliert und nicht der normale menschliche Anstand. Anständig ist schon vieles nicht gewesen, obwohl es leider gesetzlich war. Wir alle, die wir es nicht zustande gebracht haben, daß die gesetzlichen Änderungen zum Tragen gekommen sind, sind mit schuld, daß die Demokratie in diesem Staate mehr Schaden erlitten hat, als sie durch das eine oder andere falsche Gesetz erlitten hätte, nämlich durch eine permanente falsche Einstellung der Politiker zu sich selbst, zu ihrer Stellung in der Gesellschaft und zu ihrer Verantwortung der Gesellschaft gegenüber.

Aus dem noblen Abgeordnetenhaus, in dem sich einige wenige etwas leisten konnten, wurde ein Abgeordnetenhaus, in dem es jedem selbstverständlich war, daß er sich etwas leisten muß. Das kann nicht die Maxime eines demokratischen Parlaments der Zukunft dieses Staates sein!


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Ich glaube daher, daß unser freiheitlicher Vorschlag auf Abhängigkeit der Politikerbezüge von den jeweiligen Leistungen des Parlaments, davon, wie es diesem Staat geht, wie es den einzelnen Staatsbürgern geht, und die Leistungspyramide vom Durchschnittseinkommen der Österreicher abhängig zu machen, durchaus überlegenswert wäre und einmal aufgegriffen gehörte.

Die heute von Ihnen vielfach kritisierte Regelung bezüglich der 60 000 S, ein freiwilliger Verzicht der Freiheitlichen, möchte ich im Hinblick auf zwei Aspekte beleuchten.

Erstens: Dieser Fonds steht unter der permanenten Kontrolle eines Notars und wird von diesem Notar verwaltet. Von ihm werden in entsprechender Form auch die Zahlungen eingemahnt. Er hat sogar im Falle von Professor Brauneder, der einmal sogar zuviel überwiesen hat, auch darauf hingewiesen, um das klarzustellen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Leikam. ) Auch das kann passieren: daß jene Leute, die in der Öffentlichkeit stehen, durch einen Irrtum sogar mehr überwiesen haben, als sie zahlen mußten. Kollege Leikam! Wenn Sie darüber lachen, sage ich Ihnen eines klipp und klar: Jeder einzelne von uns, der dort einzahlt, hat selbstverständlich auch das, was Sie leisten, alle Einladungen, die Pokale und alles, was sonst noch zu finanzieren ist, aus den restlichen 60 000 S zu zahlen. Das versteht sich für mich und meine Fraktionskollegen von selbst. (Abg. Leikam: Mir kommen die Tränen!) Wenn ich mir meinen eigenen Wahlkreis anschaue: Weniger spendefreudig als die anderen Kolleginnen und Kollegen, die bei uns in Kärnten sind, sind wir eigentlich nicht – trotz der 60 000 S-Regelung! Ich glaube, wir brauchen uns für diese Regelung nicht zu genieren.

Es nützt Ihnen auch nichts, wenn Sie hier permanent die Vorgänge im burgenländischen Fonds anprangern. Gegen zwei Zeitungen sind in erster Instanz die Urteile ergangen, die Freiheitlichen haben gewonnen. In einem Fall ist der Prozeß endgültig erledigt, im zweiten Fall ist noch eine Berufung anhängig. Ich würde mir auch wünschen, wenn man auf der einen Seite bei jeder Gelegenheit Populismus bei uns moniert, daß man dann auf der anderen Seite, Herr Kollege Leikam, auch dort einmal fair und genau ist, wo man vom Gericht eines Besseren belehrt worden ist, und Fehlinterpretationen nicht weiterhin aufrechterhält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In meinem Fall und zu jenen Geldern, die ich abgeliefert habe, sage ich Ihnen eines ganz klar: Ich habe jene Fakten, die irgendwo öffentlichkeitswirksam geworden sind, als solche zur Kenntnis genommen. Aber ich stehe auf dem Standpunkt, daß, wenn man für sozial Bedürftige etwas spendet – und ich spende nur dort, wo ich tatsächlich davon überzeugt bin, daß die Menschen sozial bedürftig sind –, es eigentlich eine Zumutung ist, wenn die Politiker mit einem Fernsehteam anreisen, um dort 10 000 S oder 20 000 S zu deponieren und damit eine Werbe- und PR-Aktion zu machen. Das haben die Leute, die dieses Geld dringend brauchen, weil sie wirklich sozial bedürftig sind, nicht notwendig und nicht verdient! Ich würde mir wünschen, daß diese soziale Grundeinstellung bei allen Fraktionen vorhanden ist und daß alle Sozialfonds – so wie unserer dies macht – den tatsächlich sozial Bedürftigen in diesem Staate, die es trotz des Sozialsystems der Republik Österreich gibt, Mittel zur Verfügung stellen.

Zum Abschluß noch etwas: Wir werden heute hier zu einer Beschlußfassung kommen. Vielleicht wird diese Beschlußfassung knapp ausfallen, und wir werden das vorliegende Gesetzeswerk annehmen. Aber ich bin zutiefst davon überzeugt, daß die Debatte dann nicht enden wird. Oder es wird sich die Mehrheit in diesem Hause durchsetzen, und es wird der Rückverweisungsantrag zum Tragen kommen, und wir werden fair und unter Einbeziehung der positiven Aspekte aller fünf Anträge – vielleicht über den Sommer – diesen Antrag einer Enderledigung zuführen, die für dieses Parlament ein größeres Ruhmesblatt wäre als das, was heute hier als Stückwerk auf dem Tisch liegt und zur neuerlichen Verwirrung der Menschen beitragen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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13.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

13.24

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die derzeitige Regelung für Abgeordnete, die gleichzeitig auch öffentlich Bedienstete sind, ist momentan folgendermaßen, um das hier einmal klarzustellen: entweder die Reduzierung der Bezüge auf 75 Prozent bei Teilarbeitszeit im öffentlichen Dienst oder eine Außerdienststellung, ebenfalls unter Gewährung von 75 Prozent der Bezüge, oder – als dritte Möglichkeit – eine vorzeitige Pensionierung mit Ruhebezug. Diese Regelung wird in der Öffentlichkeit zu Recht immer stärker kritisiert, weil damit ja auch eine sehr unterschiedliche Behandlung der einzelnen Abgeordneten dieses Hauses erfolgt. Ein in der Privatwirtschaft beschäftigter ASVG-Versicherter wird selbstverständlich nur jene Stunden von seinem Betrieb bezahlt erhalten, die er auch tatsächlich arbeitet. Das gleiche gilt aber auch etwa für einen Bauern oder einen Gewerbetreibenden, der eine Ersatzarbeitskraft zu Hause braucht oder den Betrieb derart einschränken muß, sodaß er natürlich ein wesentlich geringeres Einkommen erzielt. Deshalb glaube ich, daß dieser Schritt, den wir heute setzen, notwendig ist.

Das Gesetzespaket zur Bezügereform geht von folgenden Überlegungen aus: In Zukunft – unter "Zukunft" verstehe ich die Zeit ab 1. August – wird das arbeitslose Einkommen für öffentlich Bedienstete abgeschafft. Es wird nur mehr die tatsächlich verrichtete Arbeit im Gehalt ihren Niederschlag finden, so wie das ja in der Privatwirtschaft bisher schon üblich war. Es wird auch keine vorzeitige Pensionierung mehr geben.

Es gibt Bereiche, in denen öffentlicher Dienst und Abgeordnetentätigkeit durchaus vereinbar sind. In der öffentlichen Verwaltung ist das sicherlich schwierig. Aber es gibt Bereiche, in denen das natürlich vereinbar ist. Es gibt hier auch eine saubere Regelung für jene, die außer Dienst sind und daher auch kein Gehalt mehr erhalten. Wenn diese Personen wollen, daß die entsprechenden Jahre für die Pension angerechnet werden, so müssen sie aus ihrem Einkommen als Abgeordneter oder aus ihrem Privatvermögen die Pensionsbeiträge weiter bezahlen. Diese werden nicht von der öffentlichen Hand weiter bezahlt, wenn die Abgeordneten nicht das erforderliche Arbeitsausmaß erfüllen. Ich glaube, daß diese Regelung ein Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit ist.

Wir hatten bisher gewisse pauschale Regelungen. Es ist in der öffentlichen Wirtschaft, aber auch bei privaten Betrieben so, daß in der Regel, wenn Reisekosten anfallen, diese direkt verrechnet werden. Wir haben jetzt eine Entfernungszulage, die nach drei Stufen gestaffelt ist. Wir haben einen Freifahrtschein bei den ÖBB, wofür das Parlament ja Zahlungen an die ÖBB leistet. Das ist nicht von den ÖBB für uns gestiftet, sondern dafür werden vom Parlament aus dem Parlamentsbudget an die ÖBB entsprechende Beträge bezahlt.

In Zukunft sollen die Regelungen folgendermaßen sein: Bei den Plenarsitzungen sind in der Regel ja alle Abgeordneten betroffen, aber bei den Ausschüssen besteht natürlich ein wesentlicher Unterschied im Zeitaufwand zwischen intensiven oder weniger intensiven Ausschüssen. Auch die Reisetätigkeit, die jemand aufwenden muß, wird bei öfter tagenden Ausschüssen intensiver sein als bei anderen. Ich glaube schon, daß es gerechter ist, wenn man die tatsächlichen Kosten abrechnet und nicht quer durch Österreich auch in der Urlaubszeit, auch zu privaten Zwecken den Freifahrtschein der Eisenbahn benützen kann. Es steht dem Abgeordneten ja frei, selbst von der Eisenbahn eine Jahreskarte zu kaufen und seine Fahrten zum Parlament mit dem Parlament zu verrechnen.

Es wird allerdings schon notwendig sein, daß in der Präsidiale für die Spesenabrechnung ein einheitliches System gefunden wird, dem auch alle zustimmen. Eines wird nicht möglich sein: daß die Regierungsparteien eine Regelung treffen, die die Oppositionsabgeordneten dankbar annehmen, die sie aber nebenbei kritisieren. Das wird wahrscheinlich in Zukunft nicht möglich sein. Man wird ein unumstrittenes einheitliches Abrechnungssystem finden müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird aber auch immer wieder so getan, als ob die Abgeordneten zum Sparpaket keinen Beitrag leisten würden. Klubobmann Khol hat bereits angeführt, daß wir als Abgeordnete seit dem Jahre 1993 keine Erhöhung der Bezüge mehr erfahren haben. Das heißt, die Pensionsbeiträge


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sind immer in dem Ausmaß angestiegen, sodaß kein höherer Auszahlungsbetrag gegeben war. Es sind auch bereits Bestimmungen in Kraft gesetzt worden, wonach etwa die Abfertigungsregelungen nach dem Angestelltenabfertigungsrecht Geltung haben und auch die Pension eines Abgeordneten erst ab dem 60. Lebensjahr gewährt wird.

Es ist aber nicht ehrlich, wenn einige Abgeordnete anderen unterstellen, sie würden die Spesen mißbräuchlich abrechnen. Ich möchte hier auf ein Beispiel hinweisen: Von 1987 bis 1991 war ich neben meiner Tätigkeit als Nationalratsabgeordneter auch Präsident der Salzburger Landwirtschaftskammer. Ich habe in dieser Zeit auf die Entschädigung als Präsident verzichtet. Daraufhin bin ich von einem FPÖ-Vertreter wegen Steuerhinterziehung angezeigt worden. Er hat behauptet, hätte ich den Bezug genommen, so hätte ich davon 50 Prozent Einkommensteuer bezahlen müssen und ich hätte den Staat dadurch geschädigt, indem ich darauf verzichtet habe. Es ging sogar eine Sachverhaltsdarstellung an das Finanzministerium. Dieses hat festgestellt, daß die Entschädigung des Präsidenten die Vollversammlung festsetzt und daß meine Entschädigung nicht nach einem Gehaltsgesetz geregelt ist. Daran sieht man schon, daß es Ihnen mehr um Schlagzeilen geht als um gerechte Lösungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich finde es auch als moralisch nicht vertretbar, wenn es etwa – ich zitiere "NEWS" vom 23. November 1995; ich selbst kann das nicht kontrollieren und nicht nachprüfen – heißt: "Der Klagenfurter Steuerakt. Sein eigener Steuerakt ist da, und er beweist, daß der Bekämpfer von Privilegien sehr gut mit eigenen Steuerprivilegien zu leben versteht. Don Jörg, der Ritter von der blauen Gestalt, der die arbeitslosen Einkommen Dritter bekämpft, lebt selber gar nicht so schlecht als Nutznießer des Bärentales und als Klubobmann der F im Parlament." Weiters heißt es dann: "Das Modell kann zur Nachahmung empfohlen werden." – Ich glaube nicht, daß dieses Modell zur Nachahmung empfohlen werden sollte. Wenn ein Betrieb zwei Jahre hintereinander Verluste aufweist, wird das in allen Finanzämtern als Liebhaberei dargestellt, und es ist nicht möglich, Verluste eines selbständigen Betriebes gegen ein Politikereinkommen oder das Einkommen eines unselbständig Erwerbstätigen in diesem Bereich steuerlich gegenzurechnen.

Ich glaube abschließend sagen zu können: Dieser jetzige Schritt ist ein erster Schritt der Reform. Es ist bereits mehrmals angemerkt worden, daß im Herbst eine Einkommenspyramide erstellt werden soll. Zur Erstellung dieser Einkommenspyramide sollen Wirtschaftstreuhänder herangezogen werden, die ein Modell vorschlagen. Ich sehe keine Chance, daß ein anderes Modell, als es die Wirtschaftstreuhänder vorschlagen, dann von den Abgeordneten beschlossen werden kann. – Also keine abgeschlossene Reform, aber ein erster wichtiger Schritt! (Beifall bei der ÖVP.)

13.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Sie haben das Wort.

13.34

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kaum ist die Journalistenloge leer, entwickelt sich eine sachliche Debatte. Ich möchte mich vor allem bei Herrn Löschnak und bei Herrn Haupt dafür bedanken.

Österreich hat so etwas wie eine Nettokultur, eine Kultur der Unselbständigkeit. Beschützt, bewahrt und bezahlt leben wir gerne, und anstatt Eigenverantwortung haben wir immer gerne einen Schuldigen, jemand anderen, jemand höheren, jemanden, der dafür zuständig ist.

Viele, vor allem auch viele Wohlhabende, die gut verdienen, die abgepolstert sind, flüchten ins soziale Netz. Genauso geht es uns, der Politikerkaste in diesem Land. Wundern Sie sich wirklich, daß es so wenig Selbständige in Österreich gibt? Das sind doch eigentlich die "Exoten im Geiste", die für sich selbst sorgen und für sich selbst die Verantwortung übernehmen.

Viel schöner ist es doch für den Politiker, nur über sein Netto reden zu müssen, sich Steuern und Abgaben gleich abziehen zu lassen, zweimal jährlich ein Geschenk in Form eines 13. und 14. Gehaltes anzunehmen und, wenn man dann sein Mandat verliert, sich auch noch über Abfertigungen und Abschlagszahlungen abfedern zu lassen. Sich als großer Fisch im sozialen


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Netz zu räkeln, ist ganz angenehm, und ohne Zweifel kann man dann entsprechend laut jammern über die vielen, vielen Pokale, die man doch schenken müsse.

Meine Damen und Herren! Auch wir in der Politik werden auf wohlerworbene Rechte verzichten müssen. Wenn wir in der Politik als gutverdienende Menschen in diesem Lande – und ich sage: mit Recht gutverdienende Menschen – die Keule der wohlerworbenen Rechte schwingen, wird eine Reform nicht möglich sein. Wir haben nichts im Beamtendienstschema verloren, und auch unsere Altersfaulheit oder unser Altersfleiß, wie immer Sie es wollen, kann nicht durch Biennalsprünge honoriert werden. Es ist doch unvorstellbar, daß Politiker danach bezahlt werden, wie lang Sie hier herinnensitzen. Es wird doch jemand nicht besser, wenn er 20 Dienstjahre am Buckel hat, als ein engagierter Abgeordneter oder eine junge Frau, die im Parlament arbeitet. (Abg. Leikam: Das stimmt nicht!)

Es ist in diesem Land nicht nur bei der Diskussion über die Politikergehälter die Realitätsverweigerung in Mode gekommen, und der Mut, den Herr Dr. Löschnak heute in seiner Rede ausgedrückt hat, ist Mangelware geworden. Der Weg des geringsten Widerstandes ist zum Prinzip erhoben worden, und oben drüber steht der schöne lateinische Satz: "pekunia non olet" – Geld stinkt nicht.

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei und von den Sozialdemokraten! Dem entspricht meiner Auffassung nach Ihr vorgelegtes Modell. Die Politik muß der Gemeinschaft dienen. Das ist ein ein bißchen abgeflachtes Wort. Sich der res publica zur Verfügung zu stellen, sich der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, auch unter geringerer Lebensqualität und unter ganz anderen Voraussetzungen als jenen, unter denen man vorher gelebt hat, das ist für mich Politik und Gott sei Dank für viele von Ihnen, wie ich hoffe. Für diese Tätigkeit für die res publica, für diese Tätigkeit in der Öffentlichkeit können wir nur ein einziges Entgelt beziehen, gleichgültig, wie oft wir uns der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, gleichgültig, wie viele Funktionen wir glauben in einer Person kumulieren zu müssen. Es kann dafür nur ein einziges Entgelt geben, weil es nur eine einzige Person ist, die sich der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Politik ist also wirklich die klassische selbständige Tätigkeit, die Sie nicht in Stunden, nicht in Kilometern, nicht in Sitzungen messen und kontrollieren können.

Meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! Sie haben sich sicher den Kopf zerbrochen, als Sie die Messungsversuche in Ihrem Modell der Entlohnung der Politiker unternommen haben. Wollen Sie es messen nach den Ausschußsitzungen, nach den Enqueten, nach den Parlamentssitzungen? Was trägt denn jemand bei, wenn er irgendwo in der letzten Reihe sitzt und seit drei Wochen das Maul nicht aufgetan hat? Wollen Sie es nach der Anzahl der Wortmeldungen messen? – Dann dauern die Parlamentssitzungen prinzipiell 24 Stunden.

Wie wollen Sie den Unterschied in der Arbeitsintensität bewerten zwischen einer kleinen Fraktion, die mit Einmannteams alle Ausschußarbeit leisten muß, und einer großen Fraktion, wo sechs, acht, neun, zehn Damen und Herren drinnensitzen? Wollen Sie die Anzahl der Auftritte im Fernsehen oder bei Podiumsdiskussionen messen?

Meine Damen und Herren! Ist denn das, was wir tun, als Zeit meßbar? Ist nicht davor ein langer Vorlauf durch Vorwissen, Kompetenz, persönliche Konzentration, Kreativität, Persönlichkeit, Lebens- und Berufshintergrund, Ausbildung? Was wir hier tun und diskutieren, ist doch nur der Ausfluß einer Lebensbildung, einer Bildung als politischer Mandatar oder als Mandatarin. Das alles wollen Sie wirklich in Zeit messen? (Abg. Böhacker: Wie willst du messen?) – Ich komme gleich darauf, die Antwort kommt gleich.

Ist der Arbeitsort des Parlamentariers wirklich nur das Parlament? Ist der Arbeitskreis nicht genauso der Wahlkreis, das ganze Land, auch das Ausland auf Fahrten, wo man sich in Diskussionen mit Politikern anderer Länder weiterbildet? Sind Fahrtgründe wirklich festhaltbar, kontrollierbar und von einem Parlamentsrat abrechenbar, warum jetzt der Abgeordnete A oder die Abgeordnete B von X nach Y gereist ist? Sind Fahrzeiten, ohne sich absolut lächerlich zu machen, wirklich meßbar?


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Können Sie Wohnungs- oder Bürokosten normieren? – In Wirklichkeit ist es doch die ureigenste Sache des einzelnen Mandatars, wie immer er sich seine Wohn- und Büroverhältnisse zuhause oder in Wien regelt.

Meine Damen und Herren! Die einzige Lösung aus der Falle der Bezügepolemik, in die wir leider in den letzten Monaten immer tiefer hineingeraten sind, ist der Politiker als Selbständiger, und zwar als Selbständiger, der seinem Wähler verantwortlich ist, mit einem Einkommen ohne Zuschläge, ohne Biennalsprünge, ohne Spesenabrechnungen, ohne Abfertigungen, ohne Aufwandsersätze, transparent und überschaubar, nachvollziehbar in einem Oktavhefterl aus der Trafik um 10 S. Es muß eine Gehaltspyramide geben, aus der ersichtlich ist, was – vom Gemeinderat bis zum Bundespräsidenten – jemand, der in der Politik tätig ist, als Entgelt dafür bekommt, daß er sich der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.

Es bleibt die Frage der Höhe des Politikerentgelts – danach hast du gefragt, Hermann Böhacker –, und in dieser Diskussion ist kein Platz für die Neidgenossenschaft, kein Platz für Parteisteuern und kein Platz für Doppelbezüge. Wir müssen uns dazu bekennen, daß unsere Arbeit etwas wert ist, und wir müssen den Mut dazu haben, daß jeder in Österreich weiß, was ein Politiker als Honorar monatlich, jährlich – wie immer Sie es wollen – bezieht.

Der liberale Vorschlag ist nicht mehr – das hat Frau Dr. Schmidt bereits betont – als ein Diskussionsvorschlag, nur leider hat darüber nie eine Diskussion stattgefunden. Die Unkultur, das, was andere sagen, nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern umso öfter die eigene Meinung laut zu wiederholen, scheint doch nicht das richtige zu sein.

Heute sind die Aktiventgelte relativ hoch, wenn man die Entgelte während der Ruhezeit, während der Pensionszeit dazuzählt. Die Barwerte der Pensionen von Politikern der heutigen Situation – von der Ebene Bundesrat, Nationalrat aufwärts – schwanken zwischen 10 und 21 Millionen Schilling, meine Damen und Herren! Das ist horrend! Reden wir doch bitte, wenn wir von Pensionsrechten reden, von Barwerten! Der Begriff wurde bereits erfunden. Reden wir doch davon, was eine Pension wirklich wert ist. Es gibt politische Mandatare, die während ihrer Ruhezeit mehr verdienen als während der Aktivzeit!

Wir Liberalen meinen, daß wir hohe und anständige Aktiventgelte brauchen und daß der einzige zusätzliche soziale Schutz, den ich jedem Politiker mitgeben möchte, ohne Zweifel die ASVG-Pension ist, und zwar nach allen Spielregeln des ASVG, für eine Tätigkeit von drei bis zwölf Jahren. Auch darüber kann man noch diskutieren.

Meine Damen und Herren! Abgeordnete sollen und müssen auch aus einem Berufsumfeld kommen. Sie sollen selbst spüren, was sie hier beschließen! Sie sollen Erfahrungen und Wissen einbringen und Kontakte mit Menschen im beruflichen Umfeld haben. Selbständige Tätigkeit ist erwünscht: Hier brauchen wir uns nicht den Kopf zu zerbrechen, das Risiko geht jeder selbst ein. Unselbständige Tätigkeiten in der Privatwirtschaft sind eine Frage privatwirtschaftlicher Vereinbarungen. Im öffentlichen Dienst haben wir allerdings durch ein und denselben Arbeitgeber – die öffentliche Hand – eine Überschneidung. In diesen Fällen, so meine ich, sollte eine Karenzierung erfolgen, und nur in besonderen Fällen, die einzeln zu diskutieren sind, sollte eine maximale Beschäftigung zu 50 Prozent weiter möglich sein.

Meine Damen und Herren! Die Reform der Politikerbezüge ist Teil einer notwendigen Reform in einem Wohlfahrtsstaat, der nicht mehr finanzierbar ist, der wieder zum Sozialstaat zurückgeführt werden muß. Wohlerworbene Rechte werden wir zu sinnvollen Lösungen abbauen müssen. Ich glaube, das Entgelt des Politikers sollte je nach der Wohlstandsentwicklung in unserem Land schwanken. Das alles haben Sie in Ihrem Antrag nicht bedacht. Ich bitte daher noch einmal, unserem Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuß zuzustimmen und bis zum Herbst gemeinsam über eine umfassende Bezügereform zu diskutieren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Ederer gemeldet. – Bitte, Sie haben das Wort.


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13.45

Abgeordnete Mag. Brigitte Ederer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wenn wir heute über die Gehälter von Politikern sprechen, dann sollte man sich auch darüber unterhalten, was eigentlich gefragt ist. Was ist das Anforderungsprofil der Politiker, was sollen sie leisten? Erst wenn man ein solches Anforderungsprofil hat, kann man meiner Meinung nach auch wirklich definieren, wie hoch das Einkommen sein sollte. Ich habe das versucht und möchte es in drei Punkten zusammenfassen.

Ich meine, es geht zum ersten um die unmittelbare parlamentarische Arbeit der Abgeordneten. Da geht es darum, Gesetze zu beschließen, das heißt, Verantwortung zu tragen, das heißt aber auch, sich dessen bewußt zu sein, wenn man Gesetze beschließt, in welche Richtung sie gehen, welche Auswirkungen sie haben, sich die langfristigen oder mittelfristigen Tendenzen zu überlegen.

Das zweite ist eine fachliche Weiterbildung. Ich denke, wir alle sind aufgerufen, uns permanent über die gesellschaftliche Weiterentwicklung zu informieren und letztendlich auch in der Information voran zu sein, um rechtzeitig auch etwaige Gegenmaßnahmen setzen zu können.

Ich möchte Ihnen dazu ein Beispiel sagen: Ich persönlich bin oft in der Situation, daß ich das Gefühl habe, über neue Entwicklungen, wie beispielsweise Internet oder die Frage der Regelung von Internet, noch zuwenig zu wissen beziehungsweise, daß ich in diesen neuen gesellschaftlichen Entwicklungen zuwenig zuhause bin, um letztendlich auch Position beziehen zu können. Es überfordert einen fast, sich in diesen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen auf dem aktuellen Stand der politischen Diskussion zu halten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Der dritte Punkt ist die Frage des Kontakts mit der Bevölkerung. Es geht darum, daß ein guter Abgeordneter oder eine gute Abgeordnete auch Überzeugungsarbeit in der Bevölkerung leistet, daß zum einen Gesetzesmaterien erklärt werden und zum anderen auch für die Weltanschauung geworben wird. Das heißt, die Arbeit vor Ort, auf den Marktplätzen, in Versammlungen et cetera, ist eine ganz wichtige Tätigkeit von Abgeordneten.

Wenn man dieses Anforderungsprofil nun ernst nimmt, dann handelt es sich um eine sehr energiekonsumierende, sehr zeitintensive Tätigkeit, die meiner Meinung nach auch gut entlohnt werden sollte. Das Ziel muß, so glaube ich, eine klare, einfache Lösung sein, bei der jeder oder jede von uns vor die Öffentlichkeit hintreten und sagen kann: Das verdiene ich, und das bin ich auch wert, das leiste ich auch. – Ich glaube, es geht in dieser Diskussion auch darum, daß wir als Politiker in einigen Bereichen mehr Selbstbewußtsein haben und zeigen müssen, daß wir für unser Geld auch etwas leisten und sehr wohl einen sehr intensiven Einsatz haben!

Nun gibt es in dieser Diskussion meiner Meinung nach, was die Frage der Politikereinkommen betrifft, politische Kräfte, denen es gar nicht so sehr um das Einkommen von Politikern geht, sondern in erster Linie darum, die Politik grundsätzlich in Mißkredit zu bringen – und Politiker sind nun einmal ein zentrales Element unserer Demokratie. Da geht es darum, mit dem Thema Politikereinkommen systematisch das politisch-demokratische System in Frage zu stellen und damit letztendlich eine Destabilisierung zu erreichen.

Wir wollen, daß Politiker gut bezahlt werden. Wir wollen das aus mehreren Gründen: Zum einen, weil es darum geht, daß es eine gute Repräsentanz der verschiedensten Bevölkerungsschichten in diesem Haus gibt, weil es darum geht, daß gerecht bezahlt wird und damit auch vorgesorgt wird, daß nicht nur Großgrundbesitzer in diesem Parlament sitzen. Denn wenn lauter Großgrundbesitzer hier säßen, könnte man annehmen, daß sie letztendlich kaum mehr eine Ahnung davon haben, wie es den sozial Schwächsten in diesem Land wirklich geht. Wir wollen daher, daß breite Teile der österreichischen Bevölkerung hier repräsentiert sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt ist natürlich die Frage, wann jemand bereit ist, Politiker zu werden. Das ist etwas, worüber wir uns auseinandersetzen müssen. Ich habe vor kurzem eine Geschichte gehört, da ist es darum gegangen, wer von der ÖVP Wirtschaftsminister wird. Da hat angeblich ein Kollege – ein Manager – zu einem anderen Kollegen, der im Gespräch war, gesagt: Wenn du


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weniger verdienen willst, weniger zuhause sein und mehr in der Öffentlichkeit stehen willst, dann mach den Job! – Ich meine, so kann es auch nicht gehen, daß wir die Politikertätigkeit mittlerweile in dieser Art und Weise abkanzeln!

Worum geht es nun? – Ich glaube, daß wir eine Regelung, die man mit Selbstbewußtsein vertritt, bei der es zu einer gerechten Entlohnung kommt, auch vor der österreichischen Bevölkerung vertreten können. Was die österreichische Bevölkerung nicht will, ist das Gefühl, daß sie angeschwindelt wird, und das, so glaube ich – und dafür haben wir heute ein gutes Beispiel bekommen –, ist zum Beispiel im Bereich des F-Sozialfonds der Fall. Ich darf auf ein paar Bereiche in diesem Zusammenhang kurz eingehen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Erster Punkt: Klubobmann Haider hat Zahlungen über ungefähr 1 Million Schilling vorgelesen. Abgeordneter Brauneder hat, wenn ich den "Salzburger Nachrichten" glauben darf, 128 000 S netto, 128 000 S mal 14 macht 952 000 S aus. Das wäre also insgesamt die Summe allein vom Kollegen Brauneder. (Abg. Dr. Graf: Seit Jänner ist er Präsident! Rechnen ist nicht Ihre Stärke! Seit wann ist er Präsident? Sechs Monate!)

Darf ich Ihnen noch etwas sagen, Herr Abgeordneter: Ich habe zum Beispiel ... (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich komme noch darauf zurück. (Abg. Dr. Graf: Brauneder ist seit Jänner Präsident!) Trotzdem macht es eine Million aus.

Gleich zu der zweiten Bemerkung, Herr Abgeordneter, zu dem, was Abgeordneter Haupt zu dem Punkt gesagt hat: Brauneder habe sogar zuviel eingezahlt in diesen Fonds. (Abg. Dr. Haider: Was ist mit eurem Fonds, Frau Kollegin? Seit 1989 haben Sie nichts eingezahlt!)

Warum werden Sie immer so unruhig, wenn man auf den Fonds zu sprechen kommt? Mehr Gelassenheit, Herr Klubobmann, mehr Ruhe! (Beifall bei der SPÖ.) Hören Sie zu, schauen Sie einmal: Kollege Haupt hat gesagt, Kollege Brauneder habe zuviel in den Sozialfonds eingezahlt. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Am Samstag erklärt Brauneder im "Kurier", er zahle nicht ein in anonyme Fonds, weil ihm das nicht passe. Am Montag wird aber erklärt, er habe zuviel eingezahlt. – Meines Wissens sind aber die Bankschalter geschlossen zwischen Samstag und Montag, das heißt, die Frage ist (Abg. Dr. Haider: Macht euch darüber keine Sorgen! Was ist mit dem sozialistischen Sozialfonds?), wann er das eingezahlt hat, wann er zuviel eingezahlt hat. – Das ist das erste. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Aber es dürfte dieser F-Sozialfonds in der FPÖ insgesamt nicht so ganz akzeptiert sein. Der Geschäftsführer Schweitzer sagt zum Beispiel am 4. Juli 1996 in "NEWS", daß er als Lehrer 27 000 S Zweitgage überwiesen bekommen, diese aber karitativ gespendet hat. Es fällt ihm offenbar am 4. Juli 1996 nicht ein, daß es einen FPÖ-Sozialfonds gibt, obwohl er Geschäftsführer dieser Partei ist – etwas eigenwillig! – und obwohl er noch vor einiger Zeit 4 000 S aus diesem Sozialfonds kassiert hat. (Abg. Dr. Haider: Sprechen Sie über den sozialistischen Sozialfonds, den Marizzi angekündigt hat! Was ist mit dem?)

Ich spreche über den "Standard" vom 21. 9. 1995, laut dem Herr Geschäftsführer Schweitzer aufgrund eines Aktenvermerks des Kollegen Rauter, des F-Chefs im Burgenland, 4 000 S vom Sozialfonds bekommen hat. Damals hat er offensichtlich gewußt, was der Sozialfonds ist. Im "NEWS"-Interview vom 4. Juli 1996 hat er es nicht gewußt. (Abg. Dr. Haider: Ruhig bleiben! Die burgenländische Wahl habt ihr schon verloren!)

Herr Klubobmann! Wenn ich in meiner Partei so wie Sie jemanden wie Kollegen Meischberger hinter mir sitzen hätte, der aus Schwarzgeldern, aus Steuerhinterziehergeldern 3 Millionen kassiert und immer noch hier herinnen sitzt, dann wäre ich so klein (die Rednerin mach eine entsprechende Geste), glauben Sie mir das. (Beifall bei der SPÖ.) Da hätte ich Funkstille!

Die Aufzählung – das möchte ich meinen Kollegen noch mitteilen –, was alles aus diesem FPÖ-Sozialfonds gespendet worden ist, ist schon eine peinliche Geschichte: Am 27. 11. hat der Klubobmann gesagt, es wurden 58 000 S für den Behindertenförderungsverein Neusiedl am


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See gespendet. (Abg. Dr. Haider: Wir müssen die Tausender auszahlen, die du versprochen hast!) Der Obmann dieses Vereines aber hat am nächsten Tag gesagt: Tut mir leid, wir haben nie etwas bekommen. – Daraufhin hat die FPÖ gesagt: Doch, wir haben etwas gezahlt. – Dann wurde die Buchhaltung dieses Vereines genau überprüft. Ergebnis: Die FPÖ hat im Jahre 1989 gezahlt! 1989 haben Sie einmal 58 000 S gezahlt, und im November 1995 sagt der Klubobmann: Wir haben an einen Behindertenverein 58 000 S aus dem Sozialfonds gezahlt – den es übrigens damals, im Jahr 1989, noch gar nicht gegeben hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Letzte Frage, sehr geehrte Damen und Herren! Eine Frage an Herrn Klubobmann Haider: Er sagt ... (Abg. Dr. Haider: Wir zahlen deine Tausender, die Tausender, die du versprochen hast! Die kosten viel Geld!) Er sagt, er verdient – warten Sie, ich muß das suchen – ... (Abg. Dr. Haider: Gitti! Wir müssen die Tausender zahlen, die du versprochen hast!) Wir haben jetzt keine EU-Debatte. Auf das komme ich gerne noch bei den Forschungsinstituten zurück. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Nein, ich bin überhaupt nicht durcheinander, sondern ihr regt euch offensichtlich furchtbar auf, wenn man euren Sozialfonds anspricht!

Laut "Salzburger Nachrichten" vom 6. 7. 1996 beziffert Haider sein eigenes Einkommen mit 185 000 S brutto, das sind 72 895,10 S netto. Das liefert er zur Gänze, so sagt er, dem FPÖ-Sozialfonds ab. Jetzt habe ich eine einfache, ganz eindeutige Frage an den Herrn Klubobmann: Setzt er diese 12 000 S steuerlich ab? – Wenn ja, dann hat er die österreichische Bevölkerung angelogen, denn dann hat er zusätzlich 6 400 S Einkommen aus seinem Abgeordnetengehalt. Das ist genau die Art und Weise, die die österreichische Bevölkerung nicht will und mit der wir aufhören sollten – und Sie schon überhaupt, weil Sie immer den Saubermann spielen! Haben Sie es abgesetzt, Herr Klubobmann, oder haben Sie es nicht abgesetzt? (Abg. Dr. Haider hält einen Kontoauszug in die Höhe, in Richtung Rednerin.) Nicht den Überweisungsschein! Haben Sie es abgesetzt, geltend gemacht bei der Steuererklärung? – Kommen Sie mir nicht mit dem Einserschmäh! (Beifall bei der SPÖ.)

13.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Meischberger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte beginnen Sie mit der Behauptung, die Sie berichtigen wollen.

13.55

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Frau Abgeordnete Ederer hat in ihrer unkoordinierten Aneinanderreihung von Sätzen von sich gegeben, ich hätte 3 Millionen Schilling an Schwarzgeld kassiert. Das ist unwahr. – Wahr ist vielmehr, ich habe weder 3 Millionen Schilling kassiert noch jemals Schwarzgeld entgegengenommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fuhrmann: Da muß sogar der Haider lachen! – Abg. Wabl: Das ist blaues Geld!)

13.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Sie haben das Wort.

13.56

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich habe die Debatte aufmerksam verfolgt und schließe mich den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Peter an, der zu Recht gemeint hat, daß hier erst später sachliche Aspekte in die Diskussion gekommen sind, nachdem die Begründer des Initiativantrages, Dr. Khol und Dr. Kostelka, natürlich – das ist ja logisch – nicht über ihren eigenen Schatten springen und ihre Arbeit kritisieren können. Ich meine, wenn man einen Pfusch macht, aber um die Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen wirbt, dann ist es irgendwie schwierig, zuzugeben, daß man nicht sehr zufrieden ist.

Meiner persönlichen Ansicht nach hat Herr Klubobmann Dr. Khol ja auch leicht spüren lassen, daß er einsichtig ist, daß diese Vorgangsweise, die beim Zustandekommen dieses Initiativantrages und des Abänderungsantrages gewählt worden ist, vielleicht nicht ganz richtig war. Ob das tatsächlich jemals Gesetz wird, wage ich ja sehr zu bezweifeln. Er hat insofern leichte Einsicht


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gezeigt, als er hier gemeint hat, daß beabsichtigt ist, die Oppositionsfraktionen in die Verhandlungen über die Einkommenspyramide einzubeziehen.

Ich glaube, Herr Dr. Khol hat aus den letzten Tagen gelernt. Er hat erkannt, was herauskommt, wenn man das Privileg hat, als einzige Berufsgruppe in diesem Land selbst über seine Bezüge bestimmen zu können. Wer kann das sonst noch? – Niemand!

Niemand ist in der glücklichen Lage, selbst sein eigenes Gehalt festsetzen zu können – sofern man nicht in einer vollkommen selbständigen Position ist, sofern man eben in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis ist. Wir sind aber in einem Abhängigkeitsverhältnis, nämlich in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Wähler und zur Wählerin. Und der Wähler und die Wählerin, die Österreicher und Österreicherinnen, haben ja wohl ein makabres Spektakel in den letzten Wochen serviert bekommen.

Das ist der Punkt, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, der mich – mich persönlich, als Abgeordnete nach sechs Jahren – am meisten schmerzt. Kollegin Ederer hat das vorhin ja auch gesagt: Es geht – und da gebe ich ihr absolut recht – darum, daß wir unseren eigenen Berufsstand nicht selbst ständig in den Dreck ziehen sollen, weil das nicht von allzu viel Selbstbewußtsein zeugt. Das zeugt nicht davon, daß wir unsere eigene Arbeit so wertschätzen, wie wir eigentlich erwarten, daß es die anderen tun.

Ich sage Ihnen etwas, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen: Ich arbeite 70 bis 80 Stunden in der Woche. Ich habe vorher andere Berufe gehabt: Ich war schon Kellnerin, ich war schon Deutschlehrerin, ich war schon Beamtin; ich habe früher nie 70 bis 80 Stunden in der Woche gearbeitet. Ich habe aber auch noch nie so viel verdient wie jetzt. Und ich finde, ich bin jeden Schilling, den mir die Republik zahlt, wert, weil ich mit vollem Einsatz, mit voller Kraft arbeite. (Abg. Steibl: Bravo!) Ich bin auch durchaus der Auffassung, daß das, was die Republik mir als Abgeordnete zugesteht, für mein Auskommen ausreichend ist.

Ich bin voll der Faszination, wenn ich von Kolleginnen und Kollegen höre, daß sie mit voller Kraft und mit vollem Einsatz zwei oder drei Jobs gleichzeitig machen können! Darum bin ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum erstenmal froh, daß ich doch nicht Gewerkschaftsmitarbeiterin bin, sondern dort seit vielen Jahren nur Hospitantin bin. Kollege Nürnberger, der ja einer der großen Gewerkschaftsbosse dieser Republik ist, hat mich nämlich persönlich verletzt, indem er sagte: Ich habe einen Hauptberuf – er hat nicht gesagt, wieviel er in seinem Hauptberuf bekommt –, und dann habe ich eine Neben tätigkeit, einen Neben beruf – Abgeordneter zum Nationalrat! –, und für die Nebentätigkeit ... (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Ich gehe ja davon aus, daß er mit demselben Einsatz arbeitet wie die anderen Kolleginnen und Kollegen, die das als Haupttätigkeit machen, und dafür bekommt er genausoviel bezahlt wie jene, die 70 oder 80 Stunden in der Woche als Abgeordnete arbeiten.

Jetzt erklären Sie einmal denen, die 40, 50 Stunden in der Woche irgendwo am Bau arbeiten und dann am Wochenende – egal, ob das jetzt alles korrekt und gesetzlich in Ordnung ist oder nicht – ein bisserl pfuschen und etwas dazuverdienen, wie das alles zusammenpassen soll.

Das ist genau der Punkt, wo Gitti Ederer recht hat: Man muß klare, einfache Lösungen finden. Und diese klaren, einfachen Lösungen mahne ich auch ein, denn es geht um unseren Berufsstand, es geht um unser Image, es geht darum, daß ich es satt habe, wenn ich irgendwohin komme, daß die Leute als erstes, wenn sie hören, du bist Politikerin, Abgeordnete, den Gedanken haben: Ah, Abgeordnete sind Sie, Politikerin, im Plenum sitzen und Zeitung lesen – und dafür kriegen Sie 100 000 S! – Ich habe es satt!

Sie haben es heute in der Hand, endlich auch einmal ein Zeichen zu setzen, daß es so nicht ist, daß diese Arbeit, die wir hier tun, eine wertvolle Arbeit ist, daß wir diese nicht zum Selbstzweck machen, sondern daß wir sie tun für die österreichische Bevölkerung, die uns das Mandat, dieses freie Mandat dazu gibt, und daß wir auch stolz darauf sind, das tun zu können.


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Wenn dann in einem Nebensatz von einem der österreichischen Gewerkschaftsbosse das alles als Nebenbeschäftigung abgetan wird, für die er ... (Abg. Verzetnitsch: Das hat er ja nicht gesagt!) Das sind Nürnbergers Worte. Lesen Sie es nach! Sie haben ja genau aufgepaßt, Herr Präsident! Nebenberuf! (Abg. Verzetnitsch: Das hat er ja nicht gesagt!) Ich höre ja noch! Ich sehe ein bisserl schlecht, aber ich höre sehr gut, geschätzter Herr Präsident! (Abg. Verzetnitsch: Das kann ich nicht beurteilen!) Wenn das als Nebenbeschäftigung abgetan wird, dann ist das Hohn, denn hier sollte er mit voller Kraft und voller Energie arbeiten, sodaß er sein Geld auch wert ist. Darum geht es ja bei der ganzen Diskussion der Eigenbewertung dessen, was wir tun. Dann braucht er kein schlechtes Gewissen zu haben, und dann wird es auch nicht möglich sein, daß man sich von einzelnen Populisten – die einzelnen sind gar nicht so wenige, die sind stark genug – ständig so in den Dreck ziehen lassen muß.

Die Argumente, die Sie haben, sind halt mager, und das merken die Leute, denn die Leute sind nicht so blöd und so dumm, wie Sie glauben, sie verkaufen zu können.

Darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, glaube ich nicht, daß dieses Gesetz heute beschlossen wird – jetzt wiederhole ich nur ganz knapp, was erstens meine Vorrednerin von der grünen Fraktion schon gesagt hat, aber auch zahlreiche andere hier moniert haben –, weil nämlich wirklich so vieles ungeregelt bleibt und fehlt.

Der Hauptpunkt meiner Kritik ist der der Intransparenz. Das, was die österreichische Bevölkerung will, ist: Wenn jemand einem Politiker, einer Politikerin begegnet und die harmlose Frage stellt: Was verdienen Sie?, dann will er eine Antwort, und dann muß das alles ganz klar sein. (Abg. Verzetnitsch: Das ist ja klar!)

Aber offenkundig verstehen nicht einmal Kolleginnen und Kollegen, worum es geht. Ein Beispiel dafür hat ja Kollege Schwarzenberger gerade vor ein paar Minuten geliefert. Er sagt hier – und das müssen Sie sich einmal überlegen, was das bedeutet –: Künftig wird es so sein, daß es einem Abgeordneten weiterhin freisteht, eine Netzkarte der ÖBB zu haben, er muß sie nur selber zahlen. Und dann kann er aber – das sind wieder seine Worte – jede Fahrt dem Parlament verrechnen. – Ja, 1.-Klasse-Tarif.

Das ist genau das, was ich aus meinem Beruf als Beamtin auch so gut kenne: daß die Beamten für eine Dienstreise die Möglichkeit haben, erste Klasse ausbezahlt zu bekommen, aber zweite Klasse fahren (Abg. Böhacker : Nicht alle!) , und die Differenz ist sozusagen ein Einkommensbestandteil. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka .) Subjektiv empfunden für den einzelnen. Und das ist genau das (Abg. Dr. Kostelka: Aber das wird es nicht mehr geben!) , geschätzter Herr Klubobmann, was diese Intransparenz ausmacht. (Abg. Dr. Kostelka: Das gibt es nicht mehr!)

Das, was wir bis jetzt als geltendes Recht haben, ist viel transparenter, denn da gibt es einen Lohnzettel, den jeder bekommt, und auf diesem einen Lohnzettel steht drauf, was er verdient. Künftig ist alles möglich – wie es in der Lotterie heißt. Wir wissen überhaupt nicht, was passieren wird. Da werden Kommissionen über Richtlinien beraten. Stichwort Kommission: Das ist ein zweiter Punkt, der mich persönlich erstens betrifft oder betreffen könnte und der zweitens in einer Art und Weise geregelt ist, die ich wirklich ungeheuerlich finde. Diese Ehrenmänner in den Kommissionen – Klubobmann Khol hat, wie ich in einer Illustrierten ja gelesen habe, schon einen Vorschlag gemacht, wer da drinnen sitzen soll, zum Beispiel so Ehrenmänner wie der ehemalige Präsident Dr. Lichal – werden dann darüber urteilen (Abg. Dr. Rasinger: Geh, geh, bitte!) – das haben Sie vorgeschlagen –, ob jetzt diese Arbeitsleistung eines Abgeordneten, der Beamter ist, auch tatsächlich dem, was er angibt, entspricht. (Abg. Dr. Rasinger: Warum diskreditieren Sie den Herrn Lichal?)

Herr Kollege Klubobmann Dr. Khol! Ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen. Glauben Sie, wenn ein Abgeordneter zu seinem Abteilungsleiter geht, daß bei den Machtverhältnissen, die dort herrschen, ein kleiner Abteilungsleiter es wagen wird, gegen den – jetzt unter Gänsefüßchen – "großen" Abgeordneten aufzubegehren, wenn er in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis in der Politik steht? (Abg. Dr. Puttinger : Das ist eine Unterstellung!) Das ist doch so eine absurde Vorstellung! Die ist doch fern jeder Realität! (Abg. Rosemarie Bauer: Es ist doch eher


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umgekehrt!) Ich weiß nicht, ob er schon jemals – er ist ja auch öffentlich Bediensteter – in einer Dienststelle war, ich war es lange genug, um beurteilen zu können, welche Auswirkungen das hat. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Grünen.)

Ich weiß nicht, warum dieses Licht (auf die Lampe am Rednerpult zeigend) ständig leuchtet, denn wir haben ja mindestens noch 40 Minuten Redezeit. Vielleicht ist das ein Fehler.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zum zweiten Teil meiner Rede und möchte erläutern, warum die grüne Fraktion heute zwei Entschließungsanträge betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen in zwei Fällen von Kollegen des Nationalrates einbringt.

Der eine Fall ist der Fall Höchtl, der zweite Fall ist der Fall Frischenschlager.

Im Fall Höchtl ist meiner Ansicht nach alles klar. Da, glaube ich, herrscht kein Erklärungsbedarf mehr, darum verlese ich jetzt diesen Entschließungsantrag, um der Form gerecht zu werden.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen im "Fall Höchtl".

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. zu prüfen, ob Abgeordnete, denen die für die Mandatsausübung erforderliche freie Zeit gewährt wird, auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbringen,

2. speziell im "Fall Höchtl" zu prüfen, ob Bezüge entgegen den Bestimmungen des B-VG beziehungsweise des Beamten-Dienstrechtsgesetzes bezogen worden sind,

3. bejahendenfalls die zu Unrecht bezogenen Bezüge zurückzufordern.

*****

Causa Höchtl: kein Erklärungsbedarf, bereits genügend in der Öffentlichkeit erläutert.

Aber jetzt kommt der zweite Fall, nämlich jener des Kollegen Frischenschlager. Kollege Frischenschlager ist deshalb der zweite Fall, wo ein fast wortidentischer Entschließungsantrag eingebracht wird, weil er ja selbst nicht jene Regelung gewählt hat, die die korrekte – jetzt korrekt im Sinne der gesetzlichen Vorgangsweise – gewesen wäre, nämlich zu sagen: Ich kann nicht arbeiten, werde nicht arbeiten, es fehlt die Zeit, es fehlt auch der Bezug zum Arbeitsplatz, deshalb Pensionierung, also Errechnung eines Betrages, der dann ein fiktiver Pensionsbetrag ist, der allerdings dann real ausbezahlt wird. Nein, er hat diese Regelung nicht gewählt, sondern er hat die Regelung der Kürzung seines Gehalts auf 75 Prozent und der Weitertätigkeit gewählt.

Da sagt er selber – das ist in der APA von gestern nachzulesen – bezüglich der Zeiträume, um die es geht – es geht um die Zeit von 1991 bis heute –: "Diese drei Semester habe er nicht gelesen und nur dafür habe er einen ,Erklärungsbedarf‘, sagte Frischenschlager."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Er ist deshalb ein "Fall" für mich, weil er selber zugibt, zwar 75 Prozent seines Assistentengehalts bezogen, aber nichts dafür geleistet zu haben. Jetzt könnte ich natürlich sagen, diese Eigeneinsicht ist gut, aber er hat ja gewußt, daß er etwas zu leisten hat, denn er hat nach seinen eigenen Angaben die Jahre davor zumindest eine Arbeitsleistung erbracht. Das Gesetz sagt ja nicht, wieviel, sondern das Gesetz formuliert umgekehrt und sagt: Die erforderliche freie Zeit ist zu gewähren. Das Gesetz sagt also nicht, wieviel man arbeiten soll, zumindest nach bis jetzt geltendem Recht.


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Darum meine ich, daß es durchaus angebracht wäre, auch im Fall des Kollegen Frischenschlager zu prüfen, ob die Bezüge zu Recht oder entgegen den gesetzlichen Bestimmungen bezogen worden sind oder nicht. Um nicht mehr oder weniger geht es.

Die beiden Fälle Frischenschlager und Höchtl sind nicht gleichzusetzen, denn wenn jemand 21 Jahre lang Geld bezieht für eine Arbeit, wobei er den Arbeitsplatz gar nicht kennt, dann ist das für mich ein anderer Fall, der eine andere "Qualität" hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Frischenschlager hat vielleicht mit seinem ehrlichen Eingeständnis aus seiner subjektiven Sicht einen Fehler gemacht, aber nicht nur die Fälle Höchtl und Frischenschlager sollen aufgeklärt werden, und zwar restlos aufgeklärt werden, sondern auch bei allen anderen Mandataren, denen die für die Mandatsausübung erforderliche freie Zeit gewährt wurde und gewährt wird, soll überprüft werden, ob diese tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht haben. Das wird doch wohl für den Herrn Staatssekretär kein Problem sein.

Sollte es sich herausstellen, daß es keine entsprechende Gegenleistung gegeben hat, ja dann, sehr geehrter Herr Staatssekretär, wird man doch wohl in Zeiten eines Sparpakets, da man das Karenzgeld streicht, da man die Freifahrt für Studierende abschafft, da es Selbstbehalt für Schulbücher gibt, da man selbst von Kranken noch 50 S für jeden Krankenschein abverlangen wird, das Verantwortungsbewußtsein haben, diese Beträge auch zurückzufordern.

Ich als Politikerin könnte mich natürlich jetzt herstellen und sagen: Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie Geld bezogen haben für keine Leistung, haben Sie doch den Mut zur Zurückzahlung! Seien Sie doch wenigstens jetzt anständig und zahlen Sie das entweder der Republik zurück oder widmen Sie das karitativen Zwecken, wie ja manche Kolleginnen und Kollegen das getan haben. Aber wenn das eine zwar von mir geäußerte Bitte, ein Wunsch oder eine Aufforderung ist, gibt es immer noch die Verpflichtung der Republik, das, was ihr zusteht, im Namen der Österreicherinnen und Österreicher auch zurückzufordern, wenn es dafür eine Rechtsgrundlage gibt und somit Handlungsbedarf entsteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein allerletztes Wort zu den Parteisteuern, Abgaben, Beiträgen und anderes mehr. Es gibt hier – das habe ich auch in der Zeitung gelesen – einen Kollegen unter uns, der mit einem Satz alles gesagt hat, was es zu sagen gibt, und dieser eine Satz sagt mehr als tausend Worte, wenn man nach dem Sprichwort geht, das ist Kollege Elmecker, Obmann des Innenausschusses und jahrelang, ich glaube, jahrzehntelang Mitglied des Nationalrates. Der hat schlicht und einfach gesagt: Er braucht sein arbeitsloses Einkommen, denn das ist genauso hoch wie die Parteisteuer, die er zu entrichten hat. – Mehr ist dazu nicht zu sagen!

Ich bitte um Ihre Zustimmung für unsere Entschließungsanträge, und ich bitte um Ihre Nichtzustimmung zu diesem Pfuschgesetz! (Beifall bei den Grünen.)

14.13

Der zweite eingebrachte Entschließungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen im "Fall Frischenschlager".

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1) zu prüfen, ob Abgeordnete, denen die für die Mandatsausübung erforderliche freie Zeit gewährt wird, auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbringen,

2) speziell  im  "Fall Frischenschlager"  zu prüfen, ob Bezüge entgegen den Bestimmungen des B-VG beziehungsweise des Beamten-Dienstrechtsgesetzes bezogen worden sind,


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3) bejahendenfalls die zu Unrecht bezogenen Bezüge zurückzufordern.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Ich wollte nur sagen, die Redezeitbeschränkung ist eine freiwillige. Also die Zeit, die Sie drüber hinaus gesprochen haben, wird auf die Gesamtzeit Ihrer Fraktion angerechnet.

Die beiden von Ihnen vorgetragenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.13

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sie wissen, ich bin Freiberuflerin, also nicht auslösendes Moment für diese Diskussion, daher – jetzt ist leider Frau Stoisits hinausgegangen – maße ich mir auch an, zu den beiden Anträgen, die Frau Stoisits eingebracht hat, ein paar Worte zu sagen.

Ohne daß ich jetzt Herrn Frischenschlager, Herrn Höchtl oder auch andere Kolleginnen und Kolleginnen hier im Hause mit ähnlicher Situation verteidigen möchte, finde ich es wirklich unpassend – das ist vielleicht zu sanft ausgedrückt –, ich finde es wirklich abstoßend für mich, daß Sie hier eine Menschenhatz betreiben – Frau Stoisits (Abg. Mag. Stoisits betritt eben wieder den Sitzungssaal) , ich rede gerade von Ihren Anträgen –, weil ich glaube, daß Sie sich damit auf eine Ebene mit Herrn Haider stellen (Abg. Dr. Petrovic: Bei den Arbeitslosen haben Sie es gemacht! – Abg. Mag. Stoisits: 10 Millionen hat man den Arbeitslosen weggenommen!) , und ich glaube, daß Sie das eigentlich für sich selber nicht wollen. (Abg. Dr. Petrovic: Beim Karenzgeld hatten Sie keine Bedenken, denen etwas wegzunehmen!)

Ich sage Ihnen noch einmal: Ich will weder den einen noch den anderen in Schutz nehmen, aber ich glaube, daß das nicht wirklich in Ihrem tiefsten Herzen so gewollt ist. (Abg. Mag. Stoisits : Beim erhöhten Karenzgeld da haben Sie kein schlechtes Gewissen gehabt, wenn man die Zahnbürstenkontrolle macht! Da haben Sie kein Mitleid!)

Ich habe jetzt von Ihren Anträgen gesprochen, Frau Stoisits, und da sollten Sie sich noch einmal überlegen, ob Sie sich wirklich mit Herrn Haider auf eine Ebene stellen wollen. Aber Sie können das ja noch klarstellen, oder der Herr Wabl wird ja dann vielleicht noch einmal zu dem Thema Stellung nehmen, was er in den letzten ... (Abg. Wabl: Ich rede zur Gesetzesflut!)

Ich komme auch noch darauf zu sprechen, wie Sie, Kollege Wabl, in den letzten zehn Jahren sehr wohl Ihr arbeitsloses Einkommen bezogen haben und es angeblich einem Sozialfonds zukommen haben lassen – und erst dann, als das Thema zum Thema geworden ist, haben Sie sich in Graz auf den Hauptplatz gestellt und medienwirksam 20-S-Noten verteilt. Sie hätten das vor zehn Jahren schon machen sollen und nicht erst danach. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das sei Ihnen auch ins Stammbuch geschrieben: diese Ihre ganz besondere Scheinheiligkeit und Heuchelei! (Abg. Dr. Petrovic – zum Rednerpult gehend und der Rednerin einige Schriftstücke überreichend –: Da ist auch das Geld vom Herrn Wabl dabei!)

Meine Damen und Herren! Ich werde dieser Novelle zustimmen, weil sie im Ansatz richtig ist, wiewohl mir diese Diskussion der letzten Wochen als ein weiterer Beitrag zur Selbstbeschädigung unserer Politik im allgemeinen und von uns Politikern im speziellen erschienen ist. Ich will Ihnen nicht noch einmal die Schlagzeilen der Zeitungen der letzten Wochen zitieren – das haben schon zum Teil meine Vorredner gemacht.

Warum diese Abschaffung des arbeitslosen Einkommens für Beamtenpolitiker meiner Überzeugung nach dringend geboten erscheint – neben den moralischen Aspekten –, ist auch deshalb, weil im Parlament generell eine Überrepräsentation von Vertretern aus dem öffentlichen Bereich gegeben ist. Unsere Zielvorstellung darf nämlich keine geschlossene Beamtengesellschaft, sondern muß eine offene, repräsentative Volksvertretung sein. Das hat mein Klubob


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mann Khol schon erwähnt, das hat Kollegin Ederer auch ins Treffen geführt, und ich glaube, dazu können wir uns auch wirklich bekennen!

So ist es – und jetzt möchte ich niemandem persönlich nahetreten – natürlich kein Zufall, daß das gesamte Präsidium und auch alle Klubobleute aus dem öffentlichen Bereich kommen. (Abg. Dr. Haider: Ich nicht!) Auch der Herr Haider! Denn was ist Ihre Berufsbezeichnung seit 20 Jahren? (Abg. Dr. Haider: Ein forstwirtschaftlicher Betrieb ist wirklich kein öffentliches Unternehmen, liebe Frau Freiberuflerin!) Der ist Ihnen durch Glück in den Schoß gefallen, denn von Beruf waren Sie zuerst einmal Assistent an der Universität, dann waren Sie Landesparteisekretär, dann waren Sie Landesregierungsmitglied – und jetzt sind Sie Klubobmann. (Abg. Dr. Haider: Und Sie sind Freiberuflerin, die zigarettenrauchend herumgeht!) Sie kommen – so wie viele hier im Hause – auch aus dem öffentlichen Bereich, auch wenn Sie das jetzt entkräften wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und diese Situationen, nämlich die Situation des Herrn Haider oder die Situation des Dritten Präsidenten oder des Herrn Bauer, zeigen, daß Selbstgerechtigkeit und Pharisäertum der Freiheitlichen nicht angebracht sind (Abg. Böhacker: Was heißt "Pharisäertum"? Das ist ja unglaublich!) und daß die Überrepräsentanz des geschützten Sektors kein parteipolitisches Problem ist, sondern generell ein Problem unseres Parlamentarismus. (Abg. Dr. Haider: Sie haben 25 Leute auf solchen Posten!)

Ich wage zu behaupten, Herr Wabl – um wieder auf die Gesetzesflut zu sprechen zu kommen –, daß das auch mit ein Grund ist, daß wir hier im Hause so ein unendliches Regelungsbedürfnis haben, und daß es auch mit ein Grund ist, daß die Bürger mit der Arbeit der Parlamentarier nicht zufrieden sind. (Abg. Wabl: Warum stimmen Sie dann immer zu? Sie haben auch der Bezügeregelung zugestimmt!)

Wenn wir uns in allen diesen Fragen nicht zu klaren, haltbaren Lösungen durchringen, sitzen wir bald wieder bei derselben nächsten Debatte aufgrund eines Anlaßfalles – nur daß dann das Ansehen der Politik wieder um einige Prozentpunkte gesunken ist. (Abg. Wabl: Sie sollten es so machen wie der Herr Löschnak, sonst haben Sie das Recht verwirkt, hier so zu reden!)

Meine Damen und Herren! Wir müßten doch eigentlich das gegenteilige Ziel erreichen wollen: Politisches Engagement in Mandatsform müßte auch für andere Bevölkerungsgruppen attraktiv erscheinen. Das hat etwas mit der Bezahlung zu tun, nämlich sehr wohl mit leistungsgerechter Bezahlung, aber entscheidend dabei sollte unser Ansehen sein.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen keinen weiteren Wettbewerb der Selbstabwertung der Politik. Wir brauchen dringend transparente und leistungsorientierte Lösungen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Warum stimmen Sie dann nicht dagegen? Warum stimmen Sie dann zu?) Vor allem brauchen wir mehr Selbstachtung! Das haben viele Vorredner auch schon ins Treffen geführt. (Abg. Wabl: Warum stimmen Sie dann zu? Bei der Transparenz stimmen Sie immer dagegen!)

Wissen Sie, Herr Wabl, Sie sind für mich einer ... Nein, es ist einfach vergebliche Liebesmüh. Wozu?

Meine Damen und Herren! Ich bin, um zum Schluß zu kommen, durchaus optimistisch, daß es uns bei den nächsten Verhandlungen gelingen wird, eine akzeptable Politikerbezügeregelung zu erarbeiten. Ich erinnere mich an die vorhin getroffenen Aussagen: Ich kann Frau Ederer inhaltlich vollkommen recht geben, ich kann in vielen Passagen Frau Schmidt und ihrem Kollegen Helmut Peter recht geben. Es gab auch im Debattenbeitrag des Herrn Kollegen Haupt einige Punkte, hinsichtlich derer wir Konsens finden können. Ich bleibe daher optimistisch und meine, daß wir im Herbst eine entsprechende Lösung finden werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.21


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Abgeordneter Wabl hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, bitte beginnen Sie mit der Behauptung, die Sie berichtigen wollen.

14.21

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Frau Kämpferin gegen die Gesetzesflut! Sie haben hier behauptet, daß ich diesen Bezug "angeblich" an einen Sozialfonds oder an karitative Organisationen oder an Bürgerinitiativen gespendet habe.

Ich berichtige: Ich habe vor zehn Jahren tatsächlich einen Antrag auf Reduzierung auf Null gestellt, habe dann öffentlich gemacht, daß diese Gelder an Umweltinitiativen, Bürgerinitiativen und sonstiges gehen. Es wird über jeden Schilling Aufzeichnung geführt. Das sind zirka 900 000 S.

Ich habe außerdem von meinem Abgeordnetengehalt 1,2 Millionen Schilling bezahlt – von meinem Abgeordnetenbezug! – an Bürgerinitiativen, an den Rechtshilfefonds. Das ist ungefähr soviel, wie die ganze FPÖ mit ihrem Sozialfonds zusammen. (Beifall bei den Grünen.)

Nehmen Sie das "angeblich" zurück, entschuldigen Sie sich, und stimmen Sie in Zukunft der Gesetzesflut nicht mehr zu. Das würde Ihnen gut anstehen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Graf, jetzt sind Sie am Wort. – Bitte.

14.22

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Drehen wir das Rad der Geschichte um nicht einmal 100 Jahre zurück: Damals ist die Bevölkerung – und mit dieser identifizieren wir uns ja alle – massiv für das allgemeine Wahlrecht eingetreten. Ein Ergebnis des allgemeinen Wahlrechtes ist es ja letztlich, daß man – das hat heute auch Kollegin Ederer schon gesagt – im Parlament Vertreter aller Berufsschichten hat. Oder anders ausgedrückt: daß sich das Parlament so zusammensetzt, daß es einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung darstellt.

Gab es damals, gebunden an die Steuer oder an das Geschlecht, Wahlbeschränkungen, die Gott sei Dank gefallen sind, so hat sich das Bild bis heute gewandelt. Wie schaut es heute aus? – Nahezu 50 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus kommen aus dem öffentlichen Dienst. Mir kann jedoch niemand einreden, daß 50 Prozent der Bevölkerung im öffentlichen Dienst tätig sind. Also der repräsentative Querschnitt ist keineswegs noch gegeben! Wenn man das Ganze etwas weiter spinnt und neben dem öffentlichen Dienst die Kammern, Sozialversicherungen, die Parteien oder andere Vorfeldorganisationen, Gewerkschaften et cetera, hernimmt, stellt man fest: Es sind ungefähr 75 Prozent der KollegInnen in diesem erweiterten öffentlichen Dienst tätig. Ich sage, daß das bereits ein Problem der demokratischen Willensbildung ebenfalls darstellt.

Warum ist die Situation so? – Es ist ja wirklich zu hinterfragen, wie es dazu kommt, daß tatsächlich nahezu 75 Prozent der Mandatare hier in diesem Haus oder in anderen gesetzgebenden Körperschaften in Österreich aus diesem Bereich kommen. Man muß feststellen, daß diese Bereiche eben massiv "verpolitisierte" Bereiche sind. Wir haben – und das muß man auch feststellen – ein "verpolitisiertes" Beamtentum. Das ist ein Grund dafür, daß sehr viele Beamte beziehungsweise öffentlich Bedienstete in Mandate drängen.

Wir haben aber auch eine fürchterliche Pragmatisierungspraxis – nicht vom Werdegang der Pragmatisierung her gesehen, sondern vom Ergebnis schlechthin. Es ist in unserer Gesellschaft zu hinterfragen – das muß man ganz einfach einmal tun, und man muß versuchen, Weichen zu stellen –, ob es wirklich noch zeitgemäß ist, daß ein Universitätsprofessor in Österreich Beamter sein muß, ob es zeitgemäß ist, daß ein Schauspieler Beamter sein muß, daß ein Bediensteter der Müllabfuhr beamtet wird, daß Richter Beamte sind, daß Primarärzte Beamte sind. Das ist zu


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hinterfragen. Ich glaube, die Praxis in diesem Bereich ist in der vergangenen Zeit einen falschen Weg gegangen.

Ich meine – und da liegt ein Grund unserer Problematik, die wir heute zu behandeln haben, bereits im Kern offen –, wir müssen, um gegen dieses Problem anzukämpfen, auch fragen, ob es nicht Sinn macht, in Zukunft die Pragmatisierung oder die Beamtenstellung nur mehr jenen Bereichen zuzuerkennen, wo tatsächlich Beamte im wahrsten Sinne zu finden sind, nämlich Beamte in der Hoheitsverwaltung, die tatsächlich mit der Vollziehung der Gesetze im ureigensten Sinn betraut sind.

Dann muß man schon die Frage stellen, ob man nicht einmal über Unvereinbarkeiten diskutieren muß, über Gewaltentrennung eines Beamten im engeren Sinn, der in der Hoheitsverwaltung tätig ist, und eines Mandatars, der in der Gesetzgebung tätig ist. Daß man dieses Thema diskutieren kann und in Zukunft wahrscheinlich auch muß, zeigen uns andere Länder vor. In der Bundesrepublik Deutschland wurde diesbezüglich eine saubere Lösung und eine Unvereinbarkeit getroffen. Nicht das Berufsverbot an sich ist der Wegweiser für die Zukunft, sondern es geht um ein Berufausübungsverbot während der Dauer des Mandates. Das ist der Kern der Frage! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der dritte Grund, daß sich sehr viele Beamte beziehungsweise aus dem öffentlichen Dienst oder aus dem öffentlichen Dienst nahestehenden Bereichen Kommende hier in diesem Haus tummeln, sind die Privilegien. Ich nehme als Beispiel etwas, das meistens untergeht und von niemandem genannt wird, her – es handelt sich dabei um ein wirkliches Privileg der öffentlich Bediensteten, das auch mit diesem Gesetz nicht beseitigt wird –: Artikel 59a B-VG. Gleich der erste Satz dieser Novelle verursacht bei mir als Nichtbetroffenem ein Aufstoßen und zeigt, daß es sich da um ein Privileg handelt.

Es heißt: "Dem öffentlich Bediensteten ist, wenn er sich um ein Mandat im Nationalrat bewirbt, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren." – Ich frage Sie: Warum ist der öffentlich Bedienstete gegenüber jemandem, der in der Privatwirtschaft tätig ist, oder gegenüber einem Freiberufler diesbezüglich privilegiert? Warum wird er für die Bewerbung um ein Mandat freigestellt?

Herr Präsident Verzetnitsch! Ich frage Sie: Warum nur diese Berufsgruppe? Warum kann nicht ein Beamter beziehungsweise ein öffentlich Bediensteter ebenso wie viele andere, die keine Privilegien haben und das so machen, in seinem Urlaub, im Zeitausgleich wahlkämpfen? – Dieses Privileg wird also nicht beseitigt, und das halte ich für einen schweren Fehler, da die derzeitige Systematik fortgesetzt wird und die Privilegiendiskussion so in diesem Bereich niemals verstummen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele Privilegien wurden von den Vorrednern durchaus schon bedacht: Es gibt ein Rückkehrrecht, es gibt ein Pensionsrecht; daneben gibt es noch sehr viele andere Privilegien, die wieder abgesegnet werden und von jemandem, der nicht aus dem öffentlichen Bereich kommt – und das ist in Österreich trotz dieser Pragmatisierungspraxis Gott sei Dank nach wie vor die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung –, überhaupt nicht verstanden werden.

Betroffen hat es mich aber gemacht, daß hier vom Rednerpult aus von Kollegin Hostasch und auch von Kollegen Nürnberger in Form von tatsächlichen Berichtigungen ihre eigene Funktion plötzlich abgeschwächt wird. Kollegin Hostasch und Kollege Nürnberger haben gesagt, sie hätten nur eine politische Funktion, nämlich die des Abgeordneten zum Nationalrat. Wenn sie sagen, daß die Funktion der Arbeiterkammerpräsidentin keine politische Funktion ist, da diese in einem Dienstverhältnis steht, und daß die Funktion eines Gewerkschaftspräsidenten keine politische Funktion ist, weil sie ein Dienstverhältnis darstellt, dann muß ich sagen: Wenn es überhaupt eine Entfernungszulage geben soll, dann haben diese beiden Herrschaften mit vielen anderen, die diese Meinung vertreten, eine in Millionenhöhe verdient, da sie sich in der Einschätzung dieser Position von der Bevölkerung um Lichtjahre entfernt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Das sind doch hochpolitische Positionen, und für den Gewerkschaftspräsidenten würde es sehr schlecht sein, würde er das Gegenteil behaupten. Ich glaube nicht, daß Präsident Verzetnitsch dieser Scheinthese oder Fiktion der beiden Abgeordneten Hostasch und Nürnberger anhängt.

Das sind hochpolitische Positionen. Sie sind Vertreter der Sozialpartnerschaft, und die Sozialpartnerschaft ist ein wesentlicher Bestandteil und der treibende Motor in unserem politischen System. Sich hier ans Rednerpult zu stellen und zu sagen, daß diese Position keine politische Funktion ist, ist letztendlich Betrug an der Sache selbst und uns Abgeordneten, wie wir hier sind, nicht dienlich.

Meine Damen und Herren! Nicht genug der bisherigen Privilegien, die perpetuiert werden, es kommen weitere Privilegien auf uns zu. Es wird Schindluder in der Öffentlichkeit getrieben, wie etwas auszulegen ist.

Im vorliegenden Gesetzestext ist folgende Bestimmung zu finden: "Änderung des Parlamentmitarbeitergesetzes" "Büro im Wahlkreis". Im § 9a heißt es: daß "nachgewiesene Bürokosten am Ort des Mittelpunktes der politischen Tätigkeit, wie Kosten für Miete oder Zurverfügungstellung eines Büros und Betriebskosten des Büros sowie sonstige unmittelbar aus der Ausübung des Mandates entstehende Kosten einschließlich von Fahrtkosten nach Maßgabe von Richtlinien ersetzt" werden.

Die Richtlinien kennen wir nicht. Auch nach Rücksprache in der Ausschußsitzung selbst konnte der Präsident nur eine Verordnung ankündigen, eine derartige Richtlinie aber nicht einmal nur im Ansatz beschreiben. Daß es sich hiebei um eine formalgesetzliche Delegation handelt, die an sich verfassungsrechtlich bedenklich ist, sei nur nebenbei erwähnt. Nirgends steht, wie es die Herren Kollegen Kostelka und Khol in der Öffentlichkeit permanent proklamieren, auch Abgeordnete Ederer, daß diese Büros nicht in Parteilokalen und nicht in Wohnungen sein dürfen oder können. Im Gesetzestext ist eine derartige Formulierung nicht wiederzufinden.

Wenn man sich die Erläuternden Bemerkungen, die bei Gesetzen wesentlichen Auslegungscharakter haben, ansieht, stellt man fest, daß kein einziges Wort hinsichtlich dieser Bestimmung in den Erläuternden Bemerkungen zu finden ist. Ich behaupte daher heute schon, daß es in Zukunft erneut möglich sein wird, daß SPÖ-Funktionäre und ÖVP-Funktionäre ihre Büros im Wahlkreis in ihren Parteilokalen oder in Lokalen von Vorfeldorganisationen einrichten, und zwar auf Kosten des Steuerzahlers, um ihren eigenen Säckel zu entlasten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Edler, der jetzt nicht hier ist, der aus meinem Wahlkreis kommt, wird sein Büro wahrscheinlich in der Donaufelder Straße 259 aufschlagen, dort, wo die Mietervereinigung und die Frauenberatung ansässig sind, dort, wo die SPÖ Mieter ist, wo in Wirklichkeit das ganze Haus der SPÖ zur Verfügung steht, ihr offensichtlich aber nicht gehört. Seine dortigen Bürokosten wird er sich wahrscheinlich finanzieren lassen. Heute sitzt er schon dort, ohne daß es finanziert wird, in Zukunft wird er dort sitzen, und es wird finanziert. Diese Vermutung wird wahrscheinlich aufgehen, denn beim § 9a Parlamentmitarbeitergesetz wird man den Gleichheitsgrundsatz nicht aufheben können, auch wenn die Verordnung, die der Herr Präsident erlassen wird, noch so schön ist.

Ich bin mir sicher: Wenn man gewollt hätte, daß eigene Wohnungen und Parteilokale ausgeschlossen sind, dann hätte man das zumindest in den Erläuternden Bemerkungen festgehalten und nicht nur in der Öffentlichkeit – wie es Ankündigungspolitiker machen – permanent etwas erzählt, was nicht im Gesetz steht!

Aber auch über das Inkrafttreten dieses Gesetzes sind wir verwundert. So treten einige Bestimmungen hinsichtlich arbeitsloser Einkommen, die zu hinterfragen sein werden, mit 1. August in Kraft. Aber für viele Fälle, um die es geht – für den Fall Kostelka, den Fall Präsident Fischer und viele andere mehr –, tritt diese Regelung erst mit 1. Jänner 1997 in Kraft.

Man muß bedenken, daß man der Bevölkerung im Wege der Strukturanpassung ein Belastungspaket zumutet, sie zum Teil mit rückwirkenden Gesetzen belastet, aber man hat nicht


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die Schneid, das sofort zu erledigen oder sogar rückwirkend zu erledigen. Ich bin überzeugt davon, die Bevölkerung wäre hinter diesem Beschluß gestanden. Aber man läßt sich mehr als ein halbes Jahr lang Zeit, das zu regeln.

Auf meine diesbezügliche Frage in der Ausschußsitzung hat Abgeordneter Kostelka meiner Ansicht nach die Wahrheit – vielleicht voreilig – hinausposaunt: Er hat gesagt – und darin liegt meiner Meinung nach die Schweinerei –, man müsse für die Vielzahl der Fälle, die das betrifft, nicht nur hier im Nationalrat, sondern auch im Landtag und in sonstigen Vertretungskörpern, erst die Planposten schaffen, damit man den Leuten die Möglichkeit geben kann, ihren Dienst wieder nach Prozenten anzutreten, und das gehe eben nicht schneller, dazu brauche man Zeit und daher der 1. Jänner 1997. – Das ist die Falschheit, die niemand mehr versteht!

Was ist das Ergebnis? – Man teilt Planposten zu, setzt dann einen Abgeordneten, der vorher bekanntgibt, daß er 30 Prozent arbeiten wird, auf diesen Posten und ermöglicht es ihm dadurch überhaupt erst wieder, einen Dienst zu versehen, den er ja eigentlich gar nicht versehen will, sonst hätte er es bis heute schon machen können. Es ist nicht so, daß es ein Dogma war, diese 75 Prozent ohne Gegenleistung einzustreifen oder gar eine Frühpensionierung in Anspruch zu nehmen.

Wahr ist vielmehr laut der heutigen Vorlage, daß künftig nicht mehr die Dienstbehörde zu entscheiden hat, ob jemand außer Dienst zu stellen, ob jemand zu versetzen ist oder nicht, sondern daß allein der öffentlich Bedienstete auf dem Weg der Antragstellung dies für sich selbst machen kann.

Damit wurde den Beamten ein neues Privileg eingeräumt, sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, mit dem dieses Haus noch sehr viele Schwierigkeiten haben wird. Es wird sich wahrscheinlich niemand aus dem Bereich der öffentlich Bediensteten mit eigenem Antrag ohne Bezüge, ohne Rechte außer Dienst stellen lassen.

Bis jetzt konnte die Dienstbehörde festlegen: Du kannst deine Position nicht ausüben, Adäquates haben wir auch nicht, du übst deine Funktion auch tatsächlich nicht aus, wir setzen dich an die Luft – außer Dienst gesetzt ohne Bezüge! Das war die bisherige Möglichkeit der Dienstbehörde. In Zukunft wird das nur noch auf Antrag des privilegierten Beamten beziehungsweise öffentlich Bediensteten gehen.

Ich halte es für eine schlechte Entwicklung, daß man einem öffentlich Bediensteten diese Möglichkeit in die Hand gibt und es damit wieder dem öffentlich Bediensteten, der, wie wir ja gesehen haben, in der Vergangenheit in der Frage der eigenen Einschätzung schwach war, der sich selbst nicht zu dem durchringen kann, was er dem Wähler schuldig ist, daß man es diesem öffentlich Bediensteten anheimstellt, die entsprechenden Anträge zu stellen. Diese Anträge wird er, wenn er sie stellt, falsch stellen, ohne Kontrolle, im besten Fall kontrolliert durch einen Ältestenrat, wo in Zukunft ehemals Privilegierte über die heute Privilegierten zu entscheiden haben, was ebenfalls ein Problem der Gewaltentrennung darstellen wird, weil letztendlich die Vollziehung über die Mitglieder der Gesetzgebung zu wachen hat. Das ist für mich als Parlamentarier etwas, mit dem ich mich nicht anfreunden kann.

Wir sollten unsere Probleme hier im Hause selbst lösen, in Ausschüssen et cetera, wie etwa im Unvereinbarkeitsausschuß, und nicht an die Vollziehung delegieren. Es wird sich früher oder später die Frage aufwerfen: Wer kontrolliert die Kontrolle? Ist das dann wieder der Gesetzgeber selbst, oder wer ist das? – Das ist ein Problemkreis, an den bis heute noch nicht gedacht wurde, der aber in zehn Jahren schon wieder einen Zünd- und Sprengstoff darstellen wird, wenn es darum geht, Politikerprivilegien wieder hintanzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind es der Wahlbevölkerung schuldig, dieses gesamte Problem, auch das Problem der Pragmatisierung und der Beamtenstellung an sich, endlich zu lösen. Dieses System ist reformbedürftig. Heute und hier behandeln wir nur die Spitze eines Eisberges. Es wird sich nur wenig ändern, weil die Koalition zu einer größeren Änderung noch nicht bereit ist.


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Saubere Lösungen sind gefragt, auch hinsichtlich eines Berufsausübungsverbotes dort, wo die Funktionen tatsächlich unvereinbar sind – nach meinem Dafürhalten ist das in den Kernbereichen der Hoheitsverwaltung der Fall. Deutschland hat uns die Lösung dieses Problems bereits vor Augen geführt. Ich bin überzeugt davon, daß es in Deutschland nicht nur astreine Lösungen gibt, aber es gibt dort immerhin zumindest im Ansatz und von Gesetzes wegen eine saubere Lösung, und die gilt es auch für uns anzustreben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Schluß noch zum Gesetz selbst, da ein Problempunkt nach wie vor nicht erledigt ist, nämlich die zukünftige Doppelpension oder Doppelpensionsregelung unseres Herrn Bundeskanzlers.

Damit man zumindest in diesem Bereich einmal mit Vorbildwirkung vorgehen kann, bringen wir Freiheitliche einen Antrag ein und werben um die Mehrheit, damit zumindest in diesem Bereich eine Änderung geschaffen und diesbezüglich auch Akzeptanz in der Bevölkerung herbeigeführt wird:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen zum Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Unvereinbarkeitsgesetz 1983, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 und die Bundesforste-Dienstordnung 1986 geändert werden (Bezügereformgesetz), in der Fassung des Ausschußberichtes 249 der Beilagen, NR, XX. GP.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 Ziffer 14 lautet:

Dem § 38 wird folgender Satz angefügt:

"Hinsichtlich der in lit. g angeführten Unternehmungen ist die Vergleichsberechnung auch dann anzustellen, wenn der Anspruch auf das Einkommen oder den Ruhegenuß durch eine Tätigkeit begründet wurde, während der die in lit. g genannten Voraussetzungen erfüllt waren."

2. Im Artikel 2 erhalten die Ziffern 15 bis 18 die Bezeichnung "16" bis "19".

3. Artikel 2 Ziffer 18 lautet:

Dem § 45 wird folgender Absatz 14 angefügt:

"(14) § 2 Abs. 5, § 10 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 18, § 23g Abs. 1, Art. IIIb (§ 23 j) samt Überschrift § 31, § 34, § 44 Abs. 1, § 44j und § 49c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. xxx/1996 und die Aufhebung des § 23c Abs. 5, des § 23h Abs. 2 und 3 und des § 23i durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. xxx/1996 treten mit 1. Jänner 1997 in Kraft. § 38 letzter Satz tritt mit 1. August 1996 in Kraft."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was heißt das alles? – Durch die Anfügung eines Satzes an § 38 des Bezügegesetzes soll unmißverständlich klargestellt werden, daß die in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Vergleichsberechnungen auch dann anzustellen sind, wenn sich der Anspruch auf das Einkommen oder den Ruhegenuß auf eine Tätigkeit bezieht, während der die im lit. g genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Bei einer Abfertigung oder


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Pensionsleistung ist somit zu prüfen, ob im Zeitraum der Tätigkeit im Unternehmen, durch die der Anspruch überhaupt begründet wurde, zum Beispiel Oberste Organe der Vollziehung des Bundes einschließlich der Bundesregierung hinsichtlich von Gesellschaftsorganen ein Bestellungs- und Bestätigungsrecht ausgeübt haben oder der Bund mit wenigstens 50 Prozent beteiligt war, und zwar auch dann, wenn diese Voraussetzungen später nicht mehr gegeben waren, weil etwa die Beteiligung des Bundes reduziert wurde.

Hohes Haus! Betroffen von der Neuregelung ist somit beispielsweise eine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der ehemaligen Länderbank, da der Bund an dieser mit mehr als 50 Prozent beteiligt war, dies heute nicht mehr ist; das heißt, daß der Herr Bundeskanzler in seiner Pension keinen Doppelbezug mehr beziehen kann.

Selbstverständlich ist diese Vergleichsberechnung auch jeweils zum Zeitpunkt des Zufließens des Einkommens oder Ruhegenusses anzustellen, das heißt, daß auch zu prüfen ist, ob die in lit. g genannten Voraussetzungen in Ansehung der Unternehmung überhaupt vorliegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie nicht wollen, daß ein oberster Repräsentant tatsächlich eine ungerechtfertigte Pension in diesem Land beziehen könnte und es wahrscheinlich auch tun wird, dann stimmen Sie dieser Abänderung zu, dann werden wir zumindest diesen Punkt bereinigen können. Dann hat dieser Tag wenigstens in diesem Punkt einen Sinn gehabt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Abgeordnetem Dr. Graf vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.44

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Herr Dr. Haider! Ich bekenne hiermit, gemäß Ihrer Diktion ebenfalls ein "Privilegierter" in diesem Hause zu sein. Ich habe nämlich als einer der Wenigen das "Privileg", siebeneinhalb Stunden zu benötigen, um aus meinem Wahlkreis nach Wien ins Parlament zu kommen.

Ich habe des weiteren das "Privileg", der einzige sozialdemokratische Abgeordnete aus Vorarlberg zu sein. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. – Abg. Koppler: Da mach‘ dir keine Sorgen!) Herr Haigermoser! Das überlassen wir lieber den Wählern und nicht der "F", denn das ist ohnehin nicht gar so gut. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe des weiteren das "Privileg", bis zu 90 Stunden und mehr in der Woche für diese Republik und ihre Bürger zu arbeiten; schließlich habe ich noch das "Privileg", einer von 183 von fast 8 Millionen Österreicher und Österreicherinnen zu sein, der als Abgeordneter in diesem Hause politische Arbeit verrichten darf.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Dies sind meine "Privilegien" – nicht weniger und auch nicht mehr, und auf diese "Privilegien" bin ich in der Tat stolz.

Eines habe ich noch vergessen: Ich habe das allerdings zweifelhafte "Privileg", mich von Ihnen und diversen Boulevard-Blättern stets als "Abcasher", "Staatsparasit" und ähnliches beschimpfen zu lassen, weil doch alle Politiker Tausende Nebenjobs haben und anscheinend dafür auch noch Geld geschenkt bekommen.

Meine Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen! Es scheint mir eigenartig zu sein, wenn gerade Sie uns dies stets vorwerfen. Sei selbst haben mit Holger Bauer in dieser Angelegenheit einen führenden Mann in Sachen arbeitsloses Einkommen im Bundeskanzleramt sitzen, genauso wie den Dritten Nationalratspräsidenten (Abg. Böhacker: Das ist unrichtig!) , der weiterhin für seine Professorentätigkeit kräftigst verdiente und verdient (Abg. Böhacker: Das ist die absolute Unwahrheit!) – dies, obwohl er, wie Zeitungen berichteten, bereits zu der Zeit, als er nur Abge


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ordneter war, von seiner einzigen Pflichtübung nicht einmal die Hälfte der Stunden selbst halten konnte. (Abg. Dr. Mertel: Rentner Schweitzer!)

Ich könnte die Nennung von Beispielen noch weiter ausführen, aber es war bisher nicht mein Stil – und er wird es auch in Zukunft nicht sein –, andere mit Schmutz ... (Abg. Böhacker: Nennen Sie weitere Beispiele! – Abg. Dr. Mertel: Schweitzer!) Ich könnte jetzt noch den Herrn Ebner, den Herrn Traussnig, den Herrn Neyer in Vorarlberg nennen. Es gibt noch viele lebende Beispiele aus Ihrer Partei, die man anführen könnte, aber ich will es gar nicht machen, weil es so sinnlos ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich habe Ihnen diese Beispiele nur deshalb gebracht, um Ihnen zu zeigen: Sie selbst sitzen in jenem Glashaus, das Sie immer wieder eigenhändig bombardieren und mit Schmutz bewerfen.

Nun möchte ich aber zum eigentlichen Thema dieser heutigen Debatte kommen. Es gibt in Österreich – wie so oft – auch im Bereich der Bezüge von Politikern völlig legale Relikte aus vergangenen Zeiten, die heute unangebracht, unangemessen und natürlich für viele unverständlich sind. Zu solchen gehört – nach der heutigen Debatte wird man sagen können: gehörten – auch das arbeitslose Beamteneinkommen eines Politikers. Dieses Relikt wird heute endlich abgeschafft. Ich sehe auch nicht ein, weshalb es nicht abgeschafft werden sollte. Als Politiker soll man ein anständiges Gehalt beziehen, man sollte nicht auf arbeitslose Einkommen, wie immer man es nennen mag, angewiesen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch eine weitere große Gefahr der derzeitigen Diskussion aufzeigen. Heute wird man nur noch aus zwei Gründen Politiker: weil man Masochist und/oder Idealist ist. Ohne pathetisch werden zu wollen, kann ich für meinen Teil wirklich mit gutem Wissen behaupten, mit sehr hehren Zielen in diesem Haus zu arbeiten. Diesbezüglich sehe ich aber ein Problem: Die derzeitige Diskussion geht immer mehr in die Richtung, daß Politik nicht mehr der Hauptberuf sein soll und sein kann, sondern etwas ist, was als Nebenjob betrachtet wird.

Meine Damen und Herren! Wenn die soziale und ökonomische Seite es nicht mehr zulassen, von einem angemessenen Politikergehalt zu sprechen, wenn es nicht mehr möglich ist, für dieses Land nur noch im Rahmen seiner Abgeordnetentätigkeit leben zu können, dann sitzen in diesem Haus bald wirklich nur mehr die bereits erwähnten Masochisten und jene, die es sich eben leisten können, in der Politik zu arbeiten beziehungsweise in die Politik zu gehen.

Wir müssen uns daher mit jedem Schritt im Bereich der Bezüge Gedanken machen, welche Auswirkungen dieser oder jener Schritt auf die Möglichkeiten der Freiberufler, der Arbeiter, der Angestellten und auch der Beamten hat, wenn diese mit dem Gedanken spielen, in die Politik – insbesondere in die Spitzenpolitik – zu wechseln.

Bei den Beamten schaffen wir heute eine ungerechtfertigte Privilegierung aus der Welt, indem wir die arbeitslosen Einkommen wegfallen lassen. Bei allen anderen Maßnahmen müssen wir sehr sorgfältig prüfen, ob wir nicht durch eine überhastete Maßnahme aufgrund des einen oder anderen Anlaßfalles ganze Berufsgruppen von der politischen Betätigung ausschließen. Dann haben wir eine neue "Aristokratie", und deshalb wird dieses Maßnahmenpaket, das wir heute hier beschließen, unter Umständen im Herbst auch noch in den einen oder anderen Punkten nachjustiert werden müssen.

Eine derart sensible Maßnahme wie das Bezügegesetz bedarf daher eines ständigen Überdenkens und Anpassens an die jeweiligen gesellschaftlichen Gegebenheiten.

Eine beste Lösung, meine Damen und Herren, wird es meiner Meinung nach in dieser Angelegenheit nicht geben. Ich sehe in dieser Maßnahme, die heute zur Beschlußfassung ansteht, nur den ersten Schritt zu einer allumfassenden Neuregelung der Politikerbezüge.

Zum Schluß möchte ich Sie noch, um allen Gerüchten und Spekulationen, An- und Vorwürfen zuvorzukommen, darüber informieren, welche finanziellen Lösungen ich in meiner Arbeit als Ge


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meindebediensteter getroffen habe. Ich bin ohne Bezüge karenziert – und dies wird auch nach dieser heutigen Beschlußfassung weiterhin so bleiben. Dies ist, wie ich glaube, eine Berechtigung mehr, gegen die undifferenzierten und falschen Angriffe aufzutreten, die immer wieder pauschal gemacht werden, mit denen gezielt eine schlechte Stimmung gegen eine ganze Berufsgruppe erzeugt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte beginnen Sie mit der Behauptung, die Sie berichtigen wollen.

14.52

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Mein Vorredner hat behauptet, ich sei Bezieher eines arbeitslosen Einkommens. Das ist unrichtig. Wahr ist vielmehr – ich wiederhole das –: Ich komme seit 20 Jahren unbeanstandet meinen Verpflichtungen, meiner Arbeit nach ... (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Fragen Sie meine Vorgesetzten! (Abg. Dr. Keppelmüller: Am Samstag holt er die Zeitung!) Das sind ein Schwarzer und ein Roter, fragen Sie nach! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Leikam: Zeitung holen, mit dem Hund an der Leine!)

Ich kommen seit 20 Jahren meinen Verpflichtungen und Aufgaben als öffentlich Bediensteter unbeanstandet nach (Abg. Leikam: Zeitung holen, mit dem Hund an der Leine! – Abg. Dr. Haider – in Richtung des Abg. Leikam –: Sei ruhig, du bist auch so einer!) , habe noch nie eine Arbeit zurück- oder abgewiesen, bin meiner mir zugewiesenen Arbeit immer nachgekommen und habe diese nie verspätet oder gar nicht geleistet.

Auch wenn Sie es fünfmal behaupten: Es wird Ihre Sicht der Dinge, nur weil Sie es so wollen, dadurch nicht wahrer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Haselsteiner: Da werde ich jetzt ganz kritisch zuhören!)

14.53

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schon erklärlich, daß diese Debatte uns alle sehr, sehr bewegt, und es ist auch erklärlich, daß die Öffentlichkeit die Bezügeproblematik der Abgeordneten mit großer Emotion verfolgt. Aber wir sollten bei dieser Debatte ganz konsequent nicht nur der Abgeordnetenrolle gerecht werden, unserer politischen Tätigkeit, sondern auch dem Parlament als solchem. Auch das sollten wir nicht vergessen.

Ich finde es interessant, daß in der heutigen Debatte schon mehrfach das Problem angesprochen wurde: Was ist denn nun eigentlich die Aufgabe des Abgeordneten/der Abgeordneten? Was ist denn politische Leistung? – Ich meine, daß genau das der zentrale Punkt ist, weil wir in vielen Diskussionsbeiträgen eigentlich nicht die Klarheit haben, daß wir ganz offen und ehrlich sagen: Wer die parlamentarische Aufgabe ernst nimmt, wer die politische Arbeit ernst nimmt, der ist durch diese Tätigkeit im Regelfall voll ausgelastet. Das ist der zentrale Punkt, und deshalb sind meiner Ansicht nach all diese Regelungen, die mit Prozentsätzen zu arbeiten versuchen, wie zum Beispiel 75 Prozent Bezug, weil man annimmt, man könne 75 Prozent neben der Abgeordnetentätigkeit arbeiten (Abg. Dr. Mertel: Das steht nirgends!), unrealistisch.

Ich behaupte, daß all diese Regelungen, Frau Kollegin (Abg. Dr. Mertel: Wo steht das?) , insofern unrealistisch und daher unehrlich sind, als derjenige – und da kann man als Abgeordneter einer kleinen Fraktion vielleicht eine Spur stärker darauf hinweisen –, der diese Abgeordnetentätigkeit ernst nimmt, sich allenfalls Reste seiner Berufstätigkeit erhalten und nebenbei vielleicht noch die eine oder andere ehrenamtliche politische Funktion ausüben kann.


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Ich meine, daß der Hauptfehler, der mit diesem Initiativantrag gemacht wird, ist, daß wir so tun oder dies zumindest versuchen – und das ist eine Fortsetzung des Fehlers von 1983 –, als ob die Abgeordneten quasi Beamte wären und wir eine beamtete Tätigkeit ausüben. Das stimmt eben nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Diese unsere Tätigkeit ist eine wesentlich umfassendere, als daß man sich mit einem Dienstreiseauftrag hier im Parlament einfindet, einer Sitzung beiwohnt, seine Beiträge liefert – und dann fährt man wieder mit dem Tascherl nach Hause, begibt sich in seinen beruflichen Bereich und arbeitet dort weiter. Das ist nicht nur kein realistisches Abgeordnetenbild, sondern es ist ein falsches, und es wäre eine Fehlentwicklung, wenn wir den Abgeordneten so sähen.

Natürlich: Im Kern hat sich der Abgeordnete mit der Parlamentstätigkeit zu befassen; es ist unsere ureigenste Aufgabe, hier unmittelbar die parlamentarische Arbeit zu leisten, aber wir leben in einer repräsentativen Demokratie, und wir Abgeordnete sind sozusagen das Scharnierelement zur Bevölkerung. Unsere Aufgabe neben der Parlamentstätigkeit ist mindestens so wichtig, daß wir in der Öffentlichkeit, gemeinsam mit der Bevölkerung, die Meinungen aufnehmen – wie ein Schwamm, würde ich sagen – und versuchen, sie in den politischen Prozeß mit einzubringen.

Man kann es als Öffentlichkeitsarbeit im weitesten Sinn bezeichnen, was der eine als Gewerkschaftsfunktionär, der andere als Stammtischpolitiker betreibt, der dritte, indem er sich mit Experten bezüglich bestimmter politischer Themen oder Interessenvertretungen auseinandersetzt. Wenn wir nicht begreifen, daß diese Tätigkeit weit über die rein parlamentarische Tätigkeit hinausgeht, dann tun wir nicht nur den Abgeordneten etwas Schlechtes, sondern auch dem Parlament. Und darum geht es mir in dieser Debatte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nach dieser Einleitung, meine Damen und Herren, möchte ich mich der Frage der Vereinbarkeit von Beamtentätigkeit und Abgeordnetentätigkeit widmen. Und da möchte ich schon sagen – erlauben Sie mir ein paar Worte zu den Ausführungen der Kollegin Stoisits zu sagen, die mich mit einem Entschließungsantrag bedenkt –: Es ist dieser Antrag schon von einer gewissen Schäbigkeit. Es wird Ihnen nicht gelingen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, mich mit Schmutz zu bewerfen, denn ich habe mich, seit ich in diesem Parlament bin oder zumindest während eines wesentlichen Teils dieser Zeit, nicht nur bemüht, dieses unsinnige System der Doppelbezüge im Rahmen meiner Möglichkeiten politisch zu bekämpfen, sondern ich kann von mir behaupten, daß ich auch versucht habe, im Rahmen dieses Systems anständig zu bleiben. Ich habe hier regelmäßig gearbeitet, ich habe jahrelang verzichtet, wie ich konnte, ich habe mich dann, wenn aus diesem Rechtsanspruch andere rechtliche Ansprüche erwachsen sind, in dieses System wieder einklinken müssen, und ich habe im Rahmen der Möglichkeiten versucht, meinen Beruf im bescheidenen Umfang und mit Resten – das gebe ich gerne zu – fortzuführen. Und deshalb finde ich es ein bißchen schäbig, wie Sie versuchen, mich auch an den Pranger zu stellen. Das wollte ich Ihnen gesagt haben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber nun zum eigentlichen Thema, meine Damen und Herren: Beamtenrolle oder öffentlich Bediensteter und Abgeordnetentätigkeit. Wir müssen uns einmal daran erinnern: Als ich 1977 ins Parlament kam war es so, daß der öffentlich Bedienstete außer Dienst gestellt werden mußte. Er hatte von der Verfassung her nicht die Möglichkeit, irgendwie weiter tätig zu sein. – Nur nebenbei: Ich habe in all diesen Jahren, in denen diese Rechtslage herrschte, jedes Semester gelesen, aber das Wesentliche ist: Damals ist von der Gewaltenteilung ausgegangen worden. Man hat gesagt – wie es heute schon in der Debatte gesagt wurde –: Der öffentlich Bedienstete kann nicht zugleich Abgeordnetentätigkeit ausüben und auf der anderen Seite als Exekutivelement tätig sein.

Ich behaupte, daß man das so einfach nicht sagen kann. Selbstverständlich ist es ein Unterschied, ob Herr Van der Bellen Lehrtätigkeit entfaltet oder ob er Abteilungsleiter in einem Ressort ist. Das ist ein Unterschied. Ich meine, man kann innerhalb des öffentlichen Dienstes eine saubere Trennungslinie finden. Bei leitenden Funktionen in Zentralstellen, die mit Approbationsbefugnis ausgestattet sind, geht das nicht, da stimmt, was gesagt wird: Es ist unmöglich,


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am Vormittag im Ausschuß einen Minister zu kritisieren und am Nachmittag weisungsgebundener Beamter zu sein und womöglich – wie es jemand gesagt hat – die Anfrage zu bearbeiten, die man am Vormittag im Plenum eingebracht hat. Das hat keinen Sinn.

Aber ich sehe nicht ein, warum in den nachgeordneten Bereichen, warum im Bereich der Lehrtätigkeit nicht auch – ich sage immer – "Berufsreste" weiter ausgeübt werden können. Es wird über eine Berufsgruppe ein Berufsverbot verhängt, was ich nicht für richtig erachte. (Abg. Wabl: Das ist ja kein Berufsverbot! – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Kollege Wabl! Es ist für mich keine Frage des Doppelverdienstes, sondern eine Frage der Unvereinbarkeit. Für mich besteht die Lösung des Problems darin, daß wir Unvereinbarkeitsbestimmungen einführen, mit denen wir klar abtrennen, welchen öffentlichen Funktionen wir die Vereinbarkeit mit dem Abgeordnetenmandat zumuten können und welchen nicht. Dann haben wir eine klare Regelung. – Unvereinbarkeit – das ist der Lösungsansatz. (Abg. Wabl: Richtig!)

Zweitens, zum Doppelbezug: Ich bin schon sehr lange in diesem Parlament, und wir müssen uns darüber im klaren sein, daß jedes Parlament beziehungsweise jede Fraktion – das wissen wir – einer gewissen Anzahl von Abgeordneten bedarf, die der parlamentarischen Tätigkeit den absoluten Vorrang geben. Anders kann eine Fraktion nicht arbeiten und – das behaupte ich – auch ein Parlament nicht. Und daher ist es manchmal ungerecht, weil wir alle wissen, daß die öffentlich Bediensteten – das sei auch zu deren Ehre hier gesagt – viele Jahrzehnte hindurch diejenigen gewesen sind, die bei der Arbeit im Parlament selbstverständlich primär drangekommen sind. Denn die Freiberufler, die Wirtschafter sagen völlig zu Recht, daß ihre berufliche Situation eine viel schwierigere ist und sie sich nicht so gut dem Parlamentsplan anpassen können. Die öffentlich Bediensteten konnten es im Regelfall, und daher kamen sie auch mehr dran.

Wir sollten bei der Änderung dieser Dinge auch daran denken, und das ist überhaupt mein Credo bei dieser ganzen Geschichte.

Die jetzige Lösung macht uns zu legistischen Beamten, die mit Dienstreiseauftrag hier anreisen, und wir tun so, als ob die reine Abgeordnetentätigkeit, die parlamentarische Tätigkeit unsere Funktion wäre. Das ist sie nicht. Keiner von den 183 Abgeordneten, die wir hier herinnen sitzen, hat die gleichen Lebensverhältnisse, was das Berufliche, das Private und vor allem die Entfernung zu Wien anlangt.

Deshalb ist die Stoßrichtung unseres Antrages die, daß wir sagen: Selbstverständlich soll ein Abgeordneter, der Qualitätsarbeit leisten soll, der sich vor- und weiterzubilden hat, der sich zu informieren hat, dessen Arbeit weit über das Sitzen in einem Ausschuß oder im Plenum hinausgeht, anständig entlohnt werden, und es soll Rücksicht darauf genommen werden, daß die Abgeordneten unterschiedliche Lebensverhältnisse haben, wie zum Beispiel die unterschiedlichen Entfernungen von ihrem Wohnort nach Wien.

Ich halte die Debatte, die jetzt in der Öffentlichkeit stattfindet, wirklich für beschämend, weil man so tut, als ob es nicht Realität wäre, daß ein Abgeordneter aus den Bundesländern eben zwei Wohnsitze hat und daß das etwas kostet. Und wenn wir Abgeordnete aus den Bundesländern wollen, dann müssen wir das anerkennen. Das ist ein wesentlicher Punkt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Ja, wir sollen offen, ehrlich und offensiv argumentieren. Ich halte es für falsch, das in der Öffentlichkeit nicht auch offensiv zu vertreten, denn damit behindern wir unsere Arbeit, unsere Funktion, und das tut der parlamentarischen Demokratie nicht gut.

Der dritte Punkt: Wir müssen auch die Realität ganz klar aussprechen: Mit einer politischer Tätigkeit – aber dazu ist keiner gezwungen – sind besondere Belastungen und auch finanzielle Lasten verbunden. Das sollen wir offen und ehrlich sagen. Wenn man es nämlich erklärt, wird es auch verstanden. – Das ist der dritte Punkt.

Und der letzte Punkt, den ich hier noch einmal besonders hervorstreichen möchte: Unsere wesentliche Aufgabe bei der Bezügereform, die mit diesen heutigen Vorlagen nicht abgeschlossen ist, muß sein, diese Dinge unserer Bevölkerung ganz klar darzulegen. Die Probleme sind


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lösbar, wenn wir uns einigermaßen Zeit nehmen und ernsthaft die verschiedenen ... (Abg. Schwemlein: Es gibt keinen gerechten Lohn, Friedhelm! Den gibt es nicht!) – Das mußt du dir mit deinem Gewerkschaftsherzen ausmachen. Aber selbstverständlich kann ich die Funktion des Abgeordneten, des Parlamentariers beschreiben. Man muß zur Kenntnis nehmen, daß diese Funktion im Regelfall 80 bis 90 Prozent der Arbeitskraft in Anspruch nimmt. Es gibt natürlich schon eine andere Möglichkeit: Entweder ich bin Parlamentarier und nehme diese Funktion wahr, oder ich reduziere den Aufwand für diese Funktion auf ein Minimum. Dann kann ich mir allerhand an beruflicher Tätigkeit vorstellen. Das stimmt schon. Aber wir wissen, daß das in einer parlamentarischen Demokratie und in einem Arbeitsparlament nicht möglich ist.

Deshalb diese klare Linie: Anerkennen wir, daß wir keine Beamten sind, über die dann wiederum Parlamentsbeamte entscheiden, was sie dürfen und was nicht! Stellen wir fest, daß diese Tätigkeit eine gestaltende ist, die deshalb freiberuflich anzugehen und nach diesem Schema auch zu behandeln ist. Mag sein, daß das eine völlig andere finanzielle Konsequenz hat.

Aber etwas vermissen wir – und deshalb unser Rückverweisungsantrag –: Regeln wir zunächst einmal die Doppelbezüge; diese gehören weg. Über alles andere reden wir dann intensiv – mit Befristung – im Herbst weiter. Und stellen wir die Modelle, die in der Vergangenheit vorgeschlagen wurden, in der Diskussion einander gegenüber. Ich meine, die Zeit dazu sollten wir uns nehmen. Wir tun damit nicht nur den Abgeordneten, sondern auch dem Parlament und damit dieser Demokratie etwas Gutes. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.07

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Selbstverständlich müssen im Zeitalter des Sparens und des Sparpaketes die Politiker bei sich selbst beginnen. Dazu bekennen wir uns, dazu bekenne ich mich, und das muß selbstverständlich der Maßstab für unser Handeln auch in dieser Frage sein. Und wenn wir diesem Maßstab nicht gerecht werden, dann werden unser Ansehen und das Ansehen der Politik Schaden erleiden. Aber genauso werden unser Ansehen und das Ansehen der Politik Schaden erleiden, wenn wir glauben, in dieser Frage Neid schüren zu können. Auch das, glaube ich, sollte man aus diesem Anlaß sagen dürfen. Denn unser Gehalt ist nicht nur eine Entschädigung für die geleistete Arbeit, für die Stunden, die wir hier verbringen, auch in den Ausschüssen. Mit unseren Gehaltsregelungen entscheiden wir auch darüber, welcher Sachverstand, welche Kompetenz, welche Berufserfahrung sich letztlich hier in diesem Parlament versammeln und wie wir unsere Arbeit draußen im Wahlkreis machen.

Und deshalb kann und darf es für uns auch nicht darum gehen – wie man das auch gesehen und gespürt hat –, eine Art negative Gehaltsspirale nach unten in Gang zu setzen. Wer ordentlich arbeitet, braucht sich nicht zu entschuldigen für das Gehalt, das er hier als Abgeordneter bezieht. Auch das, glaube ich, sollte man allen ins Stammbuch schreiben, die darüber eine Diskussion beginnen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir von der Volkspartei bekennen uns zur Leistung, und wir bekennen uns auch zu einem leistungsgerechten Politikereinkommen. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Aber des Geldes wegen, Herr Kollege Wabl, geht man nicht in die Politik. So mancher unterläßt es eben wegen des Geldes und vor allem wegen des ständigen Rechtfertigungszwanges, unter dem er steht, wenn er eine Politikerfunktion übernommen hat. Meine Damen und Herren! Auch das tut der Demokratie und dem Ansehen der Politiker in diesem Lande auf Dauer nicht gut. Das sollte man aus diesem Anlaß heute sagen dürfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland heißt es: Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene und ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. – Diesem Grundsatz muß auch in Österreich entsprochen werden. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich bedauere es zutiefst, meine Damen und Herren, daß aufgrund der Diskussion in der Öffentlichkeit und in den Medien der Eindruck entstanden ist, es ginge bei unseren Reformvorschlägen nicht primär um die Abschaffung arbeitsloser Beamtenbezüge, sondern um eine mögliche Erhöhung des Politikergehaltes – Stichwort: Fahrtkostenabrechnung, Wohnungsspesen, Büroaufwand und ähnliches mehr. Und ich bedauere auch, daß die Oppositionsparteien aus parteipolitischen Überlegungen in Wahrheit jeden Reformvorschlag der Regierungsparteien denunzieren und schlechtmachen (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen) , weil sie glauben, daß sie damit ein Thema am Leben erhalten können, das ihnen politisch nützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das bedauere ich. Das ist eine destruktive Haltung insbesondere der Grünen, der Liberalen (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter ) und der Freiheitlichen. Auch das ist dem Ansehen der Politik äußerst abträglich.

Glauben Sie mir: Die ständige Abwertung von Politik und Politikern, die Sie – insbesondere von den Grünen und von den Freiheitlichen – zum Teil in unverantwortlicher Art betreiben, schadet dem Ansehen der Politik zutiefst und wird auch Ihnen eines Tages noch auf den Kopf fallen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich halte nichts von politischen Schlammschlachten über sogenannte Politikerprivilegien, ich lehne sie ab. Aber Herr Dr. Haider hat heute ein Beispiel aus Oberösterreich gebracht, ein Beispiel für angeblich ungerechtfertigte Doppelbezüge eines Landtagsabgeordneten, des Kollegen Pallwein-Prettner. Herr Kollege Haider! Ich möchte Ihnen dazu eines sagen: Wer selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Mein Gott!)

Meine Damen und Herren! Ich darf in Oberösterreich bleiben und Ihnen aus der "Kronen-Zeitung" vom 16. Juni 1996 vorlesen: Landtagsabgeordneter Lambert Haimbuchner – er dürfte Ihnen bekannt sein; es ist ein freiheitlicher Landtagsabgeordneter –, der zusätzlich noch Bürgermeister von Steinhaus ist, hat neben seinem Abgeordnetenbezug auch noch 75 Prozent des Gehaltes als Landesbediensteter erhalten. Und jetzt kommt es, Herr Kollege: Ursprünglich hatte Haimbuchner nur 50 Prozent seines Beamtengehaltes bekommen. Er ließ sich diesen Bezug jedoch still und heimlich auf 75 Prozent erhöhen. Das, meine Damen und Herren, ist Ihr "Privilegienabbau"! (Aha-Rufe bei der ÖVP.) Also: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei der ÖVP.)

Und im übrigen, meine Damen und Herren: Aus Oberösterreich fallen mir noch einige Beispiele ein. Herr Kollege Haider hat gesagt: Na ja, wie ist das mit der Versorgung der abgetakelten Politiker durch ÖVP und SPÖ? – Ja wie war denn das bei Ihnen mit Ihrem Landesobmann Schender?! Der ist Ihnen doch politisch gar nicht zu Gesicht gestanden. Der hat am Parteitag noch gegen Sie gestimmt – das wissen Sie so gut wie ich –, als Sie damals zur Wahl gestanden sind. (Abg. Dr. Haider: Wirklich nicht! Er schreibt die Geschichte um!) Und diesen Kollegen Schender haben Sie wegbefördert in die Funktion eines Volksanwaltes, damit Sie dort einen treuen Mann Ihres Vertrauens sitzen haben. Das ist die politische Wahrheit, und dazu sollten Sie auch stehen, Herr Kollege Haider! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Wie kann er ein Mann meines Vertrauens sein, wenn er gegen mich ist?)

Wie war denn das – um wieder in Oberösterreich zu bleiben – mit Ihrem Klubobmann Dr. Gugerbauer? – Meine Damen und Herren! Nach seiner Abhalfterung als Klubobmann durch Sie ist er noch ein Jahr hier herinnen gesessen und hat den Mund nie aufgemacht. Warum hätte er das auch tun sollen? – Er ist nur hier gesessen, um seinen Pensionsanspruch nach zehn Jahren zu erwerben! Das ist der "Privilegienabbau" à la FPÖ. Also, meine Damen und Herren: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Nehmen Sie sich das zu Herzen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Er hat es genauso gehalten wie der Löschnak! Der redet nur, wenn es wesentlich ist!)

Meine Damen und Herren! Ich stehe zur heutigen Lösung, aber sie beseitigt – dessen bin ich mir bewußt – bei weitem nicht alle Probleme. Sie ist ein weiteres Etappenziel zu einer umfassenden Lösung des Problems der Politikereinkommen. (Abg. Dr. Graf: Vor einer Woche haben Sie noch anders gesprochen!) Aber um zu einer noch weitgehenderen, umfassenderen Lösung


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der Probleme zu kommen, würde ich vorschlagen – und ich hoffe, daß es dazu kommt –, daß sich diese Bezügekommission, die eingesetzt werden und die sich dieses Themas annehmen soll, wie das der eingebrachte Entschließungsantrag vorsieht, nicht nur mit der Bezügepyramide befaßt, sondern umfassend mit allen Aspekten des Politikereinkommens und auch einen entsprechenden Vorschlag liefert, damit wir endlich einmal den Verdacht wegbringen, daß wir Politiker hier nichts anderes im Sinn hätten, als immer nur unsere eigenen Bezüge zu verbessern.

Vertrauen wir dieser Kommission! Ich bin davon überzeugt, sie wird einen Vorschlag machen, und es wird dann auch der Opposition sehr schwerfallen, dagegen zu argumentieren, so wie sie das jetzt aus parteipolitischen Gründen immer macht, wenn die Koalition einen entsprechenden Vorschlag vorlegt.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren (Abg. Dr. Haider: Alles Gute!) : Diese heutige Regelung ist zwar keine endgültige Lösung aller offenen Probleme, sie ist eine wichtige Etappenlösung, um zu einer endgültigen, für die Öffentlichkeit transparenten, verfassungsrechtlich abgesicherten und steuerrechtlich überzeugenden Einkommenslösung für Politiker zu kommen. Ich hoffe, daß wir hier in diesem Haus auch einmal gemeinsam – auch gemeinsam mit der Opposition – diesbezüglich zu einem Konsens kommen können. (Beifall bei der ÖVP.)

15.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zeitweise konnte man bei dieser Debatte den Eindruck gewinnen, als ob einige Redner und Rednerinnen zumindest die Absicht gehabt haben, das ernst zu nehmen, hier eine ernsthafte Debatte zu führen. Wenn ich aber den Beitrag meines Vorredners, des Abgeordneten Kukacka, jetzt Revue passieren lasse, dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, Herr Kollege Kukacka, daß Sie das nicht so gemeint haben können, wie Sie das gesagt haben.

Wenn Sie etwa meinen, die Opposition mit ihrer sturen Nein-Sager-Haltung sei schuld, Herr Abgeordneter Kukacka, dann möchte ich Sie doch daran erinnern: Sie waren der erste, der zur Regelung des Abgeordneten Khol gesagt hat: Nein, so will ich das nicht! Wenn Sie, Herr Abgeordneter Kukacka, sagen, Sie seien für leistungsgerechte Politikereinkommen, dann wird es vermutlich niemand hier in diesem Haus geben, der Ihnen dabei widersprechen wird. Es geht aber nicht um die leistungsgerechten Politikereinkommen, sondern der Grund für diese heutige Debatte ist, daß wir über die nicht leistungsgerechten Nebeneinkommen sprechen müssen. Ihr Banknachbar, Herr Höchtl, mit seinem Nebeneinkommen war Auslöser für die öffentliche Debatte. (Abg. Mag. Kukacka: Und der Abgeordnete Wabl mit seinem Lehrergehalt!)

Wenn Sie, Herr Abgeordneter Kukacka, in Ihrer Wortmeldung hier sagen, das sei eine sinnvolle Lösung, aber sie löse bei weitem nicht alles, und das als leistungsgerecht bezeichnen, wenn Sie als Vertreter einer Regierungspartei sagen, eigentlich ist das nicht alles, was wir da machen könnten, aber bitte machen wir es halt, es wird schon irgend etwas nützen, wenn Sie das sagen, dann frage ich mich schon, mit welchem Recht Sie das sagen. Mit welchem Recht gehen Sie als Vertreter einer Regierungspartei hier heraus und sagen: Das löst bei weitem nicht alles, aber probieren wir es halt? Es ist eine Etappe – auch wenn die Etappe eine Rundfahrt ist, auch wenn wir irgendwann wieder dort ankommen, wo wir schon einmal waren. Und genau das ist das Problem, Herr Abgeordneter Kukacka, wenn wir hier über leistungsgerechte Einkommen diskutieren. Begreifen Sie das doch!

Wenn hier Abgeordneter Frischenschlager zum Beispiel sagt – und ich muß schon zugeben, ich habe ein Problem mit dieser Aussage –, er habe in einem bescheidenen Umfang gearbeitet, dann muß sich die Öffentlichkeit zu Recht die Frage stellen – nicht nur in diesem Fall –, ob der bescheidene Umfang dafür ausreicht, 75 Prozent eines Einkommens zu erhalten. (Abg. Dr. Graf: Seine Vorlesung ist dem Streik zum Opfer gefallen!)


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Diese Frage ist an und für sich natürlich nicht nur bei Beamten zu stellen, sondern auch bei allen anderen – nur dort stellt sie sich gar nicht. Es wäre undenkbar, daß Sie oder daß irgend jemand anderer, der in der Privatwirtschaft beschäftigt ist, seinem Arbeitgeber, etwa Herrn Haselsteiner oder Herrn Peter, sagt: Ich kann leider nur in einem bescheidenen Umfang arbeiten, aber ich möchte 75 Prozent des Einkommens haben.

Das ist aber die Lebenssituation der meisten Leute, und sie legen an die Politiker diesen Maßstab, weil das ihren Lebenserfahrungen entspricht. Es ist legitim, es ist völlig verständlich und es ist auch richtig, diesen Maßstab an die Politiker zu legen. Es ist undenkbar, zu sagen, es geht um leistungsgerechte Einkommen, und dabei nur den einen Teil – nämlich das Politikereinkommen – zu sehen und nicht die Nebeneinkünfte, für die teilweise wesentlich mehr Geld lukriert wird als für das Haupteinkommen als Politiker.

Einige Redner von seiten der sozialdemokratischen Fraktion sind am Vormittag hier herausgegangen – es waren Kollege Nürnberger und Frau Kollegin Hostasch – und haben sich zu ihren Einkommen erklärt, sie haben sich – so wie Kollege Nürnberger – zu ihrem Hauptberuf erklärt, und daraus ist natürlich die Schlußfolgerung zu ziehen, daß sie einen Nebenberuf haben: nämlich Politiker. (Abg. Verzetnitsch: Lies das, was Nürnberger gesagt hat!) Er hat gesagt, hauptberuflich ist er Vorsitzender der Gewerkschaft! (Abg. Verzetnitsch: Ein weiteres Einkommen aus einer hauptberuflichen Tätigkeit!) Selbstverständlich, das meine ich – aber, Kollege Verzetnitsch, wenn er als hauptberufliche Tätigkeit Vorsitzender einer Gewerkschaft angibt, heißt das doch, daß es auch eine nebenberufliche Tätigkeit gibt: Politiker. (Abg. Verzetnitsch: Politisch tätig und Beruf!) Es gibt nicht zwei Hauptberufe, das würde völlig dem widersprechen, was wir unter Haupt- und Nebentätigkeit verstehen. (Abg. Wabl: Zwei Berufe hat nur der Haupt!)

Wenn jemand hauptberuflich als Gewerkschaftsvorsitzender tätig ist und hier bestimmte Interessen zu vertreten hat – und ich meine, er macht das auch nicht schlecht –, dann stellt sich die Frage: Welche Interessen vertritt er in seinem Nebenberuf? Vertritt er die Interessen seines Hauptberufs? Vergißt er die Interessen seines Hauptberufs? – Das ist eine Frage, die sich jeder hier stellen muß, egal ob er im Hauptberuf Gewerkschafter ist, egal ob er im Hauptberuf Unternehmer ist, egal ob er im Hauptberuf Beamter der Hoheitsverwaltung ist.

Es ist auch legitim, Kollegen Nürnberger zum Beispiel die Frage zu stellen, ob er seiner hauptberuflichen Tätigkeit gut nachkommt, wenn er im Hauptberuf sagt, er sei gegen die Krankenscheingebühren, und im Nebenberuf genauso wie du, Kollege Verzetnitsch, für diese Krankenscheingebühren stimmt. Da mußt du dir genauso wie Kollege Nürnberger die Frage stellen: Mache ich meinen Hauptberuf gut – oder mache ich meinen Nebenberuf gut? Erfülle ich die Interessen, die ich zu vertreten habe, in meinem Hauptberuf – oder erfülle ich sie in meinem Nebenberuf? Oder gibt es irgendeine Instanz dazwischen, die das, was man im Hauptberuf vertritt, dann im Nebenberuf als unwesentlich erscheinen läßt? – Das ist für mich wirklich die Frage.

Was ist noch dazu bei jenen Kollegen – und das finde ich wirklich bedauerlich, Kollege Verzetnitsch – aus dem ÖGB wie Herrn Böhm von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst? Es ist ja unglaublich, daß man derzeit vier Einkommen lukrieren kann: als Landtagsabgeordneter beziehungsweise Klubobmann der ÖVP 136 000 S, als freigestellter Beamter 50 000 S, als Vizepräsident der Sozialversicherung 22 000 S und als Stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft öffentlicher Dienst 36 000 S. – Das macht in Summe rund 244 000 S brutto.

Da stelle ich mir die Frage: Was macht dieser Herr hauptberuflich? Kollege Verzetnitsch, das ist wirklich eine interessante und spannende Frage: Was ist er von diesen vier Berufen hauptberuflich? Ist er Beamter? Ist er Klubobmann? (Abg. Verzetnitsch: Er ist nicht angestellt beim ÖGB!) Es ist egal, ob er angestellt ist beim ÖGB oder nicht: Er übt vier Funktionen aus, von denen drei mit seiner Tätigkeit im ÖGB zusammenhängen. (Abg. Dr. Graf: Ein Abzocker!) Es ist mir auch egal, ob er sie im ÖGB ausübt.

Ich stelle dieselbe Frage von Hauptberuf und Nebenberuf auch an Herrn Haselsteiner. Auch in seiner Funktion ist diese Frage interessant: Ist er im Hauptberuf Unternehmer und im Nebenberuf Politiker? Was ist Kollege Schöll von den Freiheitlichen: im Hauptberuf Makler und im


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Nebenberuf Politiker? Oder was ist mit Kollegen Heindl? Ist er im Hauptberuf Maculan-Aufsichtsratsvorsitzender oder Vorstandsmitglied und im Nebenberuf Politiker? – Das sind ja interessante Fragen, denen wir auch sehr ernsthaft nachgehen müßten, über die wir diskutieren müßten, weil zweifellos – und das sage ich ganz offen – in dem einen oder anderen Fall nicht auszuschließen ist, daß es sich um eine Form von Lobbyismus handelt, von nicht ausgewiesener interessenmäßiger Vertretung.

Ich möchte Ihnen, meine Damen und Herren, nur vorlesen – um da gleich jeden bösen Verdacht zu entkräften –, was etwa der italienische Unternehmer Luciano Benetton gesagt hat, der für die italienischen Republikaner im italienischen Parlament gesessen ist. Auf die Frage, ob er es bedauere, sich aus der Politik zurückzuziehen, antwortete Herr Benetton:

"Bedauert habe ich, daß ich mich je auf die Politik eingelassen habe. Mit meiner Kandidatur für die kleine Republikanische Partei wollte ich eigentlich nur ein Zeichen zivilen Engagements setzen. Wenn ich gewußt hätte, daß man mich wirklich wählen wird, hätte ich mich erst gar nicht aufstellen lassen. Politik" – und das ist jetzt entscheidend – "ist eine höchst komplexe Angelegenheit und erfordert einen Full-time-Job."

Diesen Satz, meine Damen und Herren, sollten Sie auf sich wirken lassen. Das sagt einer der sicher nicht unwichtigsten italienischen Unternehmer. Er sagt: Zu glauben, daß man diesen parlamentarischen Job irgendwie so nebenbei ausüben kann, das war ein großer Irrtum. Hätte ich gewußt, was mich dabei erwartet, ich hätte das nicht gemacht.

Politik ist ein Full-time-Job, sagt einer der mächtigsten italienischen Unternehmer. Für manche hier in diesem Haus ist nicht relevant, wer etwas sagt und was gesagt wird – Hauptsache, man kann hier diskutieren über scheinbare Privilegien beziehungsweise Nichtprivilegien.

Es ist auch noch eine andere Stelle dieses Interviews mit Herrn Benetton interessant. Er sagt nämlich auf die Frage, ob es wichtig ist, daß in einem Parlament mehr Unternehmer sitzen: Das ist nicht das Entscheidende. Wichtig ist – und das ist natürlich aus seiner Sicht verständlich –, welche Politik im Parlament gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Unabhängig davon, daß ich nicht möchte, daß hier in diesem Haus eine Unternehmerpolitik – mit oder ohne Unternehmer – gemacht wird, glaube ich: Er hat recht. Entscheidend ist, was hier für ein politischer Kurs bestimmt wird, und da sind andere Fragen relevant, die heute noch gar nicht gestellt worden sind. Da geht es nicht nur um die Frage, ob wir die Berufe Politiker und Beamter vereinbar machen können. Ich glaube, daß sie teilweise nicht vereinbar sind. Ich bin durchaus mit Ihnen einer Meinung, Herr Kollege Graf, daß man als Beamter der Hoheitsverwaltung, wenn man die klassische Gewaltenteilung nur irgendwie ernst nehmen will, eigentlich nicht hier in diesem Hohen Haus sitzen kann. Und das, meine Damen und Herren, ist noch lange kein Berufsverbot. Das schließt nur für die Dauer der parlamentarischen Tätigkeit aus, diesen Beruf auszuüben – und das ist kein Berufsverbot. Man kann jederzeit wieder in den Beruf zurückkehren.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie das Wort "Berufsverbot" in diesem Zusammenhang in den Mund nehmen, dann wissen Sie nicht, was Berufsverbote in der Bundesrepublik Deutschland oder auch in Österreich in der Nachkriegszeit eigentlich waren. Es waren andere Bedeutungen, die diesem Begriff zugrunde gelegt worden sind, sie haben aber nichts damit zu tun, daß es völlig legitim ist für ein Parlament, in einer bestimmten Situation Unvereinbarkeiten festzustellen.

Wenn Herr Abgeordneter Khol sagt, es gehe darum, daß mehr Unternehmer oder Selbständige tätig werden, dann möchte ich ihm zur Antwort geben: Mir geht es nicht nur darum, daß mehr Unternehmer, Selbständige, Bauern oder wer sonst auch immer tätig werden. Es geht zum Beispiel auch darum, daß mehr Behinderte, mehr Frauen hier in diesem Parlament tätig werden, vielleicht auch mehr Schriftsteller – oder daß überhaupt ein einziger Schriftsteller oder ein einziger Arbeiter hier in diesem Haus sitzt. Vielleicht sollten ein paar Angestellte mehr, ein paar junge Leute mehr hier in diesem Hohen Haus sitzen.


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Wir sollten uns die Frage stellen: Womit hängt das zusammen? Was erschwert es? Welche Strukturen erschweren es jungen Leuten, welche Strukturen erschweren es Schriftstellern, welche Strukturen erschweren es Frauen, hier in diesem Hohen Haus tätig zu werden? – Die Antworten wären relativ leicht zu finden. Sie liegen nicht unbedingt in der Höhe des Gehalts. Es sind andere Umstände – beispielsweise die Art der Debatte, die Länge der Debatte, wie wir sie heute führen – maßgebend dafür, warum bestimmte Gruppen sich dem Parlament und dem Parlamentarismus in dieser Form verweigern.

Meine Damen und Herren! Es gäbe vieles, was noch nicht gesagt wurde zu diesem irrsinnig wichtigen Thema. Was wir hier brauchen und was Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, in keiner Weise geliefert haben oder zu liefern bereit waren, das ist ein klares, ein transparentes Modell, das wir vorweisen können, das wir nach außen vorzeigen können. Wir brauchen keine Zuschläge, wir brauchen keine Reisekostenspesen, in denen sich versteckt Gehaltszuschüsse für die "armen Parlamentarier" befinden. Wir brauchen klare Reisekostenregelungen!

Ich war, das muß ich Ihnen ehrlich sagen, nicht unzufrieden mit der Regelung des Freifahrtscheines. Nicht deswegen, weil ich – so wie die Kollegen Khol und Kostelka vermutet haben – damit irgendwo auf dem Weißensee oder sonstwo mit einem Schifferl herumreisen konnte. Ich habe dafür bis jetzt keine Zeit gehabt. Meine Reisen waren – so verstehe ich es zumindest, auch Strecken in die Bundesländer hinaus – bisher immer nur Dienstreisen. Ich habe nicht die Zeit gehabt, um Freizeitreisen durch Österreich mit meiner Bundesbahnfreifahrt durchzuführen, und ich denke, viele von Ihnen, die tatsächlich die Bundesbahnkarte benutzt haben, auch nicht. Aber wenn Sie jetzt von dieser Regelung weggehen, wenn Sie wirklich die Abrechnung ermöglichen, sodaß der Abgeordnete – wie das Kollege Schwarzenberger sehr deutlich gesagt hat – in Zukunft die Netzkarte kaufen und trotzdem Einzelfahrten abrechnen kann, dann öffnen Sie dem Mißbrauch Tür und Tor. (Abg. Dr. Feurstein: Nein! Das kommt nicht!) Der Abgeordnete Schwarzenberger hat das heute hier so erklärt.

Meine Damen und Herren! Wenn es nur in die Nähe dieser Regelung geht, dann wird das wieder eine Gelegenheit ergeben, tatsächlich eine neue Mißbrauchsdebatte zu eröffnen. Wir brauchen nicht nur ein klares, transparentes Modell – wir brauchen Unvereinbarkeitsregelungen, klare Unvereinbarkeitsregelungen, meine Damen und Herren! Darüber wurde noch nicht gesprochen, außer in einzelnen Wortmeldungen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch kurz auf das LIF-Modell eingehen. Darin wird versucht, den Parlamentarier als Selbständigen zu definieren. Das halte ich nicht für so schlecht. Ich halte es für ein diskussionswürdiges Modell. Ich halte es in einigen Punkten für ein durchaus akzeptables Modell. Nur eines, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, ist ein Problem: die Erfolgskomponente, die Sie einziehen und die mit ihrer Bindung an das nominale Bruttosozialprodukt auch bedeuten würde, daß Abgeordnete selbst dann, wenn es Arbeitslosigkeit gibt, selbst dann, wenn es kein Wachstum gibt, noch immer Zuwächse in ihrem Einkommen erzielen können.

Die Erfolgskomponente beinhaltet auch – und das ist wirklich ein grundsätzliches Problem –, daß Abgeordnete der Oppositionsparteien in gleichem Ausmaß verantwortlich gemacht werden wie Abgeordnete der Regierungsparteien. Es gibt keinen Unterschied in Ihrem Modell zwischen Regierung und Opposition, obwohl die einen den wirtschaftlichen Kurs zu verantworten haben und die anderen – vielleicht zuwenig erfolgreich, denn sonst hätten sie die Mehrheit – dagegen opponieren. Aber ich denke, diese Erfolgskomponente ist nicht geeignet. Über alles andere kann man diskutieren.

Meine Damen und Herren! Was ich sicher nicht unterstützen kann, sind die im freiheitlichen Modell vorgeschlagenen Zu- und Abschläge für den Besuch von Ausschüssen. Das halte ich für völlig unsinnig. Nur deshalb, weil jemand an einer Ausschußsitzung teilnimmt, ist er noch kein guter Ausschußteilnehmer, kein fleißiger Abgeordneter, und wenn er nicht an einer Ausschußsitzung teilnimmt, ist er noch lange kein wenig fleißiger Abgeordneter – vor allem in den großen Parteien. Ich halte das für keinen guten Ansatz.


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Meine Damen und Herren! Eines möchte ich Ihnen zum Abschluß noch sagen: Die Kommission, die Sie vorschlagen und die überprüfen soll, ob die Politiker sich sozusagen in ihren Nebenberufen korrekt verhalten, ob sie tatsächlich die Arbeitsleistung erbringen – diese Kommission, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist zum Krenreiben, vor allem für oppositionelle Abgeordnete, die natürlich von den Kommissionsmitgliedern etwas ganz anderes zu erwarten hätten als Abgeordnete der Regierungsparteien. Sie ist zum Krenreiben auch deswegen, weil ich niemandem hier zutraue, daß er tatsächlich imstande ist, aufgrund einer kommissionellen Tätigkeit die Arbeitsleistung eines Abgeordneten in seinem Beamten-Nebenberuf zu beurteilen. Das halte ich für ein Unding. Ich glaube, von dieser Kommission – wie auch von diesem Entwurf, den Sie heute präsentieren – sollten Sie Abstand nehmen.

Ich begrüße deshalb jeden Abgeordneten der Regierungsparteien, der mit uns gemeinsam für weitere Beratungen stimmt. Ich halte das für wirklich unerläßlich, ich halte es für die Voraussetzung dafür, daß diese Debatte wieder etwas versachlicht wird. Ich würde mir wünschen, daß noch mehr Abgeordnete der Regierungsparteien den Mut hier und heute und jetzt in dieser Debatte hätten, zu sagen, daß das, was in dieser Regelung angezogen wird, auch nichts anderes als der Populismus ist, den man sonst immer den Oppositionsparteien vorwirft.

Ich würde mir wünschen, daß hier und heute einige Vertreter der Regierungsparteien vor der Abstimmung zumindest hinausgehen, weil sie das mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können. Und ich würde mir wünschen, daß wir tatsächlich den Mut und die Kraft aufbringen, in ordentlichen Ausschußberatungen in den nächsten Monaten sine ira et studio uns die Zeit zu nehmen, das zu beraten, was notwendig ist und was uns auszeichnen könnte: nämlich ein anständiges Politikerprofil für die Zukunft zu entwerfen, ein anständiges Politikergehalt zu diskutieren, anständige Regelungen für Unvereinbarkeit zu finden und anständige Regelungen, die uns auch die entsprechende Transparenz bescheren, die notwendig ist, damit die Bürger in diesem Land wieder etwas mehr Vertrauen in die Politik fassen können. (Beifall bei den Grünen.)

15.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, daß auch ein Nichtbetroffener, weil Nicht-Beamter, ein Vertreter der vielen, die als Lobbyisten der Wirtschaft hier im Parlament sind, seine Bemerkungen zum Thema macht. Ich werde versuchen, sachlich zu bleiben, zumindest im ersten Teil meiner Rede.

Ich möchte zunächst einmal auf Kollegen Öllinger eingehen, weil er gerade in seinen Schlußworten sehr viel vorgebracht hat, was ich unterstreichen kann. Er war da wohltuend anders als seine neu durchgestylte Klubobfrau, die eigentlich heute eher als Vertreterin der Fraktion auf der rechten Seite reden hätte sollen. Er hat sehr sachlich dargelegt, was wir tun sollten.

Ähnliche Argumente – und da sollte man nicht schulmeistern, wie es Kollege Öllinger getan hat – habe ich auch bei Kollegen Kukacka gefunden. Ich bin der Meinung, daß er sich sehr wohl eingehend mit der Problematik beschäftigt hat. Auch Kollege Frischenschlager hat ein gutes Argument vorgebracht. Auch ich meine, daß deshalb viele Kollegen aus dem öffentlichen Dienst in Wien hier in diesem Haus sind, weil sie durchaus mehr Arbeit in diesem Parlament leisten können als ein Abgeordneter, der in einem Bundesland zu Hause ist und dort eine Fülle von zusätzlichen Aufgaben hat.

Aber am Beispiel des Kollegen Öllinger und der Kollegin Stoisits möchte ich auch aufzeigen, wie man etwas in den Raum stellen kann und in Wirklichkeit nur dem Kollegen Haider in die Hände spielt. Denn das mit der Netzkarte, meine Damen und Herren, ist ja an den Haaren herbeigezogen! Natürlich soll es so sein, daß nur Aufwände belegt werden können, die ich tatsächlich habe. Und wenn ich eine Netzkarte habe, dann kann ich nur mit der Netzkarte abrechnen gehen und niemals dubios mit einem Einzelfahrschein. Da müßte ich mir einen Einzelfahrschein


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kaufen. Und ich glaube ja nicht, daß jemand so blöd ist, sich eine Netzkarte kauft und zusätzlich Einzelfahrscheine. – So verstehe ich das. Jeder Beleg muß da sein, und nur ein Beleg, der auch im Original vorhanden ist – im Original, bitte! –, kann verrechnet werden.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vielleicht grundsätzlich etwas zum Politikerberuf – oder wie immer Sie das nennen – sagen. Wir haben eine Wahlrechtsreform gemacht, und da wurde uns gesagt: Wir machen diese Wahlrechtsreform, damit die Abgeordneten mehr Kontakt zur Bevölkerung in ihrem Wahlkreis haben. – Also ich habe das Gefühl, wir sind seither viel mehr in Wien, und einige Kollegen haben bei Vorwahlen auch schon sehr bitter verspürt, daß in Wirklichkeit der Kontakt nicht im wünschenswerten Ausmaß da ist. Das muß man ja auch sehen. Denn daheim wird ja das nicht honoriert. Jeder, der in einem Bezirk zu Hause ist, kennt die Funktionäre. Wenn die ein Problem haben oder die Leute kommen, dann heißt es: Ist er schon wieder in Wien? Ich könnte hier Beispiele von Kollegen nennen, Kollegen, die nicht mehr hier herinnen sitzen, weil sie als Bundesländerabgeordnete vielleicht zuviel in Wien tätig waren.

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß der Politikerberuf – oder wie immer Sie das bezeichnen möchten – zwei Besonderheiten hat, die kein anderer Beruf hat. Die erste ist: Sie können zwar in jedem Beruf arbeitslos werden, aber nennen Sie mir einen Beruf, wo Sie durch permanente Wahlen arbeitslos werden. – Und da meine ich nicht unbedingt die Wahl direkt für die Körperschaft, für das Gremium, sondern in allen Parteien die Vorwahlen, die innerparteilichen Auslesemechanismen, die durchaus im Zusammenhang mit dem In-Wien-Sein zu sehen sind. (Abg. Madl: Durch das Strukturanpassungsgesetz kann man auch arbeitslos werden!)

Frau Kollegin Madl! Hören Sie mir vielleicht zu! Ich bemühe mich, Ihnen sachlich etwas zu erklären. Es wird Ihnen nichts nützen, wenn Sie wie in der Muppet-Show da von der Bank herunterhängen und hereinplärren. Ich habe das Mikrophon und bin sicher lauter. (Heiterkeit.)

Im Gegensatz zu früher – und ich bin seit 1983 da, meine Damen und Herren – ist es heute nicht mehr so, daß ein Politiker, der ausscheidet, bestens versorgt wird. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Kollege Wolfmayr war vier Jahre hier im Hohen Haus. Er war Einkaufsleiter beim "Konsum" Österreich. Er hatte das Pech, daß er letztlich aus dem Parlament ausscheiden mußte – auch aufgrund von Vorwahlen –, und er "keilt" heute mit einem Werkvertrag Plakatflächen. Vorher hatte er eine Position als Einkaufsleiter beim "Konsum" Österreich.

Ich denke auch daran, daß es manchen Firmen nichts wert ist. Ich erinnere die Freiheitlichen an den Kollegen Probst, der größte Probleme mit der Firma EBEWE hatte und sogar einen Arbeitsgerichtsprozeß durchführen mußte.

Die eine Besonderheit besteht also darin, durch Wahlen arbeitslos zu werden. Und dann bekommen Politiker von einem – zugegebenermaßen hohen – Bruttogehalt netto nicht annähernd das heraus, was jeder andere Österreicher auch bekommen würde, weil wir eine Menge "Durchläufer" drinnen haben.

Wenn ich von meiner Firma aus eine Dienstreise gemacht habe, habe ich selbstverständlich die Hotelzimmer, die Fahrtkosten und ein Taggeld ersetzt bekommen. Vom Politiker erwartete man bisher, daß er sich das alles selber zahlt, und daß er sich bestenfalls dann im Weg der Steuer – meine Damen und Herren, da hat jeder unterschiedliche Erfahrungen, weil man ja weiß, daß die Finanzbeamten viel Spielraum haben – eineinhalb, zwei oder drei Jahre später vielleicht 40, 45 Prozent dieser Ausgaben zurückholt. Das ist doch ein System, das nicht stimmt. Wenn, dann sollen wir bei Dienstreisen und ähnlichem wie jeder andere Österreicher auch behandelt werden.

Ich habe gesagt, wenn nur die Doppelbezüge der öffentlich Bediensteten heute geregelt werden, stimme ich heute hier dagegen, weil es unfair wäre, das so zu machen. Es geschieht Gott sei Dank nicht so, sondern es gibt ein Begleitpaket. Es ist nämlich ein Unterschied, ob das bei-spielsweise ein Lehrer aus Tirol oder Salzburg ist, der stundenlang hierher unterwegs ist, der aufgrund des besonderen strategischen Geschicks der Freiheitlichen Partei noch mehr in Wien ist und der daher gar nicht arbeiten kann, auch wenn er möchte, oder ob das ein Wiener Abgeordneter ist, beispielsweise der Kollege Bauer. Dieser könnte es durchaus schaffen – und ich


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glaube es ihm, daß er in der Lage ist, eifrig zu arbeiten, weil seine Arbeitsstätte ja vom Parlament nicht weit entfernt ist. Das muß man auch sehen, und das muß man alles wirklich diskutieren, wenn man sich ernsthaft damit beschäftigen will.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Der von mir durchaus geschätzte Mag. Gilbert Trattner ist nicht da. Warum ist Kollege Gilbert Trattner nicht da? Er hat einen Beruf, aber er kommt schon, er wird bei den Abstimmungen da sein, aber er hat noch einige Termine in Tirol, wie er einem anderen Kollegen gesagt hat. Ich habe immer gedacht, man kann als Abgeordneter nur entschuldigt sein, wenn man krank ist oder bei der EU. Kollege Trattner macht es anders. Wahrscheinlich werden es sich einige in dieser Art und Weise richten können. So schaut es halt dann in der Praxis aus.

Und wenn Kollege Graf gemeint hat, daß öffentlich Bedienstete überrepräsentiert sind: Ich bin nicht sicher – das jetzt ein bißchen humorvoll ausgedrückt –, ob zwei Tierärzte unter 183 Leuten das zahlenmäßige Verhältnis Tierärzte – Bevölkerung widerspiegeln oder ob dies bei der Anzahl der Rechtsanwälte oder der Wirte hier der Fall ist. Bei uns gibt es einen Wirt, bei den Freiheitlichen sind es, glaube ich, zwei, der eine hat einen Heurigen, und Kollege Wabl ist ja nicht mehr Wirt; aber das wären vier. Auch dieser Anteil entspricht sicher nicht der Realität.

Meine Damen und Herren! Abschließend noch der Hinweis, worum es da wirklich geht. Der als Historiker von mir sehr geschätzte neue Landeshauptmann von Salzburg hat es ja in einer wissenschaftlichen Arbeit traumhaft beschrieben. Er hat beschrieben, wie eine bestimmte politische Partei die Landtage der Ersten Republik zersetzt hat. Wenn man das liest und dem ein neues, modernes Mäntelchen umhängt, kommt einem das ungeheuer bekannt vor: das Parlament lahmlegen, das Parlament desavouieren, die Politiker mit Unwahrheit, Halbwahrheiten abwerten. Irgend etwas bleibt hängen, man wiederholt es immer wieder, man sieht nicht die Splitter in den eigenen Augen. Wenn ich nur an "NEWS" denke, 23. 11. 1995, an den Steuerakt Haider. Das muß man sich immer wieder genüßlich auf der Zunge zergehen lassen! Alfred Worm schreibt: Ein Bärental für 165 Millionen Schilling. Für nur 13 725 S Steuer bekam er es geschenkt, und so weiter, die ganze Steuerschonung, die er mit seinem Einkommen betreibt. Da gab es keine Entgegnung, meine Damen und Herren! Ich habe mich erkundigt: Da hat es nichts gegeben, da geht Kollege Haider auf Tauchstation.

Und man könnte, nachdem Sie im Glashaus sitzen und mit Steinen schmeißen, jede Menge Beispiele aufzeigen.

Da gibt es etwa den Kollegen Lindenberger, den Tormann aus Linz, dessen Nominierung es der Kollege Krüger zu verdanken hat, daß er jetzt herinnensitzt, weil der Lindenberger ein bißchen "sozialschmarotzt" hat, und ähnliches.

Aber das spielt alles keine Rolle. Man tut alles, um dieses Parlament madig zu machen und damit die Demokratie zu untergraben. – Das wollte ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.47

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Keppelmüller hat den Mund in der Tat sehr voll genommen. Aber, Herr Kollege Keppelmüller, wenn Sie davon sprechen, daß wir von der Freiheitlichen Partei hier in einem Glashaus sitzen, dann sage ich Ihnen: Sie sitzen nicht in einem Glashaus, sondern Sie sitzen auf einem Scherbenhaufen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Herr Kollege Keppelmüller, das ist nämlich der Unterschied.

Wenn ich die Diskussion jetzt Revue passieren lasse, muß ich eines feststellen: daß Rot und Schwarz hier nach dem Motto "Haltet den Dieb!" vorgehen. Es ist ja wirklich eine Ungeheuerlichkeit, daß ausgerechnet Klubobmann Kostelka einen Sozialfonds, der nachweislich karitativen


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Zwecken dient – es gibt den entsprechenden Nachweis, er wurde Ihnen vorgelesen –, hier kriminalisiert. (Abg. Leikam: Das ist das G’wand vom Haider! – Abg. Dr. Mertel: Der Klubanzug!)

Herr Klubobmann Kostelka, da lachen Sie! Wenn aus diesem Sozialfonds querschnittgelähmten Kindern geholfen wird, lachen Sie auch? Lachen Sie auch, wenn aus diesem Sozialfonds spastischen Kindern geholfen wird, wenn Rollstühle angeschafft werden? Ist das Ihre Moral, Herr Klubobmann? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde, es ist eine Ungeheuerlichkeit ersten Ranges, daß ausgerechnet Sie, Herr Klubobmann, sich hier herausstellen und den großen Moralisten spielen, ausgerechnet einer, meine Damen und Herren, der ein arbeitsloses Einkommen bezogen hat, und das jahrelang, und der noch stolz darauf ist, daß er sich Jahre hindurch als Parlamentsrat pensionieren hat lassen und einen Doppelbezug erhalten hat. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist ungeheuerlich! Nicht einmal Ihr Präsident hat Vertrauen zu den anonymen Fonds!)

Was war dann seine erste Reaktion auf die Abschaffung der arbeitslosen Einkünfte? (Abg. Dr. Kostelka: Sie wissen nicht einmal, worum es geht!) Herr Klubobmann Kostelka! Diesen Vorwurf kann man Ihnen nicht ersparen. Ihre erste Reaktion war, daß Sie nach einer legistischen Möglichkeit Ausschau gehalten haben, damit Sie wieder auf die Gage kommen, die Ihnen das arbeitslose Einkommen eines pensionierten Parlamentsrates ermöglicht hat. (Abg. Dr. Keppelmüller: Aber Autohändler war er nie!) Das ist ja unglaublich! Ich frage mich: Welche Sensibilität haben Sie von Rot und Schwarz, daß Sie in einer Zeit, in der Sie ohnedies dem geplagten Bürger laufend in die fast schon leeren Taschen greifen, sich selbst eine Gehaltserhöhung bewilligen wollen? (Abg. Dr. Keppelmüller: Fußballspieler und Autohändler war er nie!) Herr Klubobmann Kostelka! Oder ist das nicht die Wahrheit? (Abg. Dr. Mertel: Reden Sie vom Schweitzer? Pensionierter Turnlehrer!)

Mir liegt der Antrag der Klubobleute Khol und Kostelka vor, der Erstantrag. Man kann nur staunen, daß Sie sich in einer Zeit, in der den Studenten die Freifahrt gestrichen wird, in der den Familien in die Tasche gegriffen wird, selber Gehaltserhöhungen bewilligen wollten. Das ist nämlich die Ungeheuerlichkeit!

Herr Klubobmann, Gott sei Dank aber ist die Öffentlichkeit sensibel genug, und es ist hier auch einmal den Medien zu danken, daß diese Problematik in aller Form aufgezeigt wurde. In einer derart sensiblen Zeit, wo Sie mit einem Strukturanpassungsgesetz über die Bevölkerung drüberfahren, wo Sie sinnlose Gesetze machen, die einen Verwaltungsaufwand erfordern, die etwa Künstler oder Werkvertragsnehmer unbillig belasten, ausgerechnet in dieser sensiblen Zeit wollen Sie sich selber eine Gehaltserhöhung bewilligen. Das ist das Ungeheuerliche an Ihrer Vorgangsweise! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann kommen Sie hier heraus, quasi in der Rolle des Fabian bei Erich Kästner, und spielen sich hier zum Moralisten auf, statt daß Sie sitzen bleiben, Ihr Unrecht einsehen und mit einem Ausdruck des Bedauerns die Ihnen von Ihnen selbst gewährte Gehaltserhöhung wieder zurücknehmen. Statt dessen stellen Sie sich hier heraus und glauben, daß Sie hier den großen Moralisten spielen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So kann es nicht gehen!

Der Nationalrat und vor allen Dingen die Regierungsparteien sind ja voller Phantasie und voller Tatendrang, wenn es darum geht, dem Steuerzahler etwas wegzunehmen. Wenn hier Gesetze gemacht werden, die zu Lasten Dritter gehen, wenn Gesetze gemacht werden, die zu Lasten ganzer Bevölkerungsgruppen gehen, wie etwa der bereits erwähnten Studenten, dann ist man rasch zur Hand mit der Gesetzesmaschinerie. Man setzt Ministerien ein, man setzt die Sozialpartner ein, und flugs zaubert man tolle Strukturanpassungsgesetze her, mit Hunderten Seiten, mit 96 Verfassungsbestimmungen. Da ist nichts so kompliziert, daß man es nicht in Kürze regeln könnte. In zwei, drei Wochen fährt man über die Bevölkerung drüber und macht nicht ein Budget, sondern man macht gleich zwei Budgets – und das bei derart komplizierten Materien! Da ist man wirklich schnell.


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Herr Kollege Kostelka und Herr Kollege Khol! Wie schaut es tatsächlich bei den Bezügen aus? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geschichte um die Bezügereform in Österreich ist eine einzige Chronique scandaleuse. Das muß ich Ihnen wirklich sagen. Und wenn Sie hier lachen, Herr Klubobmann Kostelka, ist Ihnen das natürlich unbenommen. Es steht nirgends in der Geschäftsordnung ... (Abg. Dr. Kostelka: Die Freiheitlichen haben dem zugestimmt! "Ich nix wissen!")

Jetzt brauchen Sie sich nicht so zu alterieren! Es steht nirgends in der Geschäftsordnung, daß Lachen verboten ist. Aber das Lachen drückt ja auch etwas aus, Herr Klubobmann: Es drückt nämlich Ihre Haltung zu dieser sensiblen Materie aus.

1970 schon sollte die Bezügereform in Kraft treten, und tun Sie doch nicht so, Herr Klubobmann, als ob Sie diese Bezügereform etwa deshalb machen wollten, weil Ihnen jetzt moralische Bedenken gekommen sind, daß ein arbeitsloses Einkommen bezogen wird. Das ist ja überhaupt nicht wahr! Der einzige "Gesetzgeber" bei der Bezügereform, der einzige, der hier Druck macht, das sind nicht die Politiker von Rot und Schwarz, sondern das ist eine interessierte Öffentlichkeit. Das ist überhaupt keine Frage. Und das ist der einzige Grund, weshalb Sie überhaupt an die Regelung einer derart sensiblen Materie gehen. Das ist ja unglaublich, das ist ja schon eine Contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich, daß man überhaupt argumentieren muß, ein arbeitsloses Politikereinkommen muß weg. Es ist ja unglaublich, daß es überhaupt einer Argumentation bedarf, eine derart sinnlose, eine derart ungerechte Bestimmung zu beseitigen.

Herr Klubobmann Kostelka, mich würde schon interessieren: Wo legen Sie Ihr Ohr an? – Sicher nicht beim Wähler, sonst könnte es nicht so sein, daß Sie sich selbst hier in Ihrem Tatendrang der Neuregelung, der Abschaffung der arbeitslosen Politikerbezüge eine Gehaltserhöhung bewilligen wollten . Bewilligen wollten ! (Abg. Dr. Kostelka: Reden Sie auf Zeit – oder?) Das ist ja Gott sei Dank gescheitert – aber nicht, weil Sie so einsichtig sind, sondern weil Sie hier zurückgepfiffen wurden – das wissen Sie genau – von Ihrem eigenen Bundeskanzler und von der Frau Zentralsekretär Ederer, die ja klar und deutlich gesagt hat, daß sie sich eigentlich dafür schämt, daß der eigene Klubobmann sich selber eine Gehaltserhöhung bewilligen will.

Diese Gehaltserhöhung kommt über Druck der Bevölkerung nicht; das nehmen wir sehr gerne zur Kenntnis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind ja von Politikern der Sozialdemokratischen Partei einige bemerkenswerte Aussagen gefallen. Ich denke dabei etwa an den Kollegen Walter Guggenberger von der SPÖ, der allen Ernstes gemeint hat: Manager, Freiberufler, Sportler oder Künstler erzielen mit weit weniger Einsatz weit höhere Einkommen, und die bleiben völlig unbehelligt.

Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigt, daß Sie in der Sache überhaupt keine Sensibilität walten lassen, daß Ihnen die Problematik nicht bewußt ist, daß es sehr wohl einen Unterschied macht, ob heute ein Verleger einem Journalisten ein angemessenes Honorar oder ein hohes Gehalt zahlt, ob heute der Veranstalter von Sport-Events einem Sportler ein ordentliches Honorar bezahlt, ob irgendwelche Veranstalter von künstlerischen Ereignissen angemessene Honorare zahlen. Das ist doch ein Unterschied! (Abg. Dr. Keppelmüller: Zum Beispiel beim Fußball! 3 Millionen der Meischberger!) Wir werden alle öffentlich entlohnt, und da können Sie das doch nicht über einen Kamm scheren. Das ist doch unglaublich!

Und im übrigen, wenn Sie sich schon mit Künstlern und Sportlern vergleichen: Sie mögen einen Sportsgeist haben in der Verteidigung Ihrer Privilegien, und Sie mögen eine Kunst an den Tag legen, diese Privilegien zum Schein abzuschaffen und durch die Hintertür in Form einer Spesenregelung wiedereinzuführen. Das ist das einzige, was Sie mit Sportlern und Künstlern verbindet. (Abg. Dr. Keppelmüller: Die Meischberger-Problematik ist uns bewußt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was Sie von Rot und Schwarz – zumindest Teile der Abgeordnetenriege – an arbeitslosen Einkommen bezogen haben, braucht aber den Vergleich mit Sportlern oder Künstlern nicht zu scheuen. Wenn ich beispielsweise daran denke, daß etwa der Präsident des Nationalrates ein arbeitsloses Einkommen von sage und schreibe 21 Mil


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lionen Schilling, wenn man es zusammenrechnet, bezogen hat, dann muß ich sagen, das sind Einnahmen, über die sich ein Künstler im Weg von Tantiemen sehr wohl freuen würde, nur hat der Künstler eine konkrete Leistung dafür erbracht, daß er später dann die Tantiemen kassieren kann. (Abg. Dr. Keppelmüller: 3 Millionen für den Meischberger! Völlig in Ordnung! Das ist von Sparkonten gestohlenes Geld! Der Meischberger hat in kürzerer Zeit viel mehr verdient!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind sicher die unzutreffendsten Vergleiche, die hier überhaupt angestellt werden können.

Ganz kurz noch zur oberösterreichischen Situation, die Abgeordneter Kukacka angezogen hat. Ich sage noch einmal, auch hier: Sie sitzen nicht in einem Glashaus, Sie sitzen auf einem Scherbenhaufen, denn Sie sind Abgeordnete von Parteien, die Politiker in hohe Ämter gebracht haben, die arbeitslose Einkommen kassieren. Das ist das Entscheidende. Trotz aller Versuche und Bemühungen ist es Ihnen nicht gelungen, auch nur einen einzigen Fall bei den Freiheitlichen, der ähnlich gelagert wäre, aufzuzeigen. Auch beim Abgeordneten Haimbuchner ist es so, daß er im Amt der Baurechtsabteilung unter der Aufsicht des schwarzen Landesrates Hiesl seine Arbeit ordnungsgemäß erbringt, also auch keinen arbeitslosen Bezug hat.

Alle Reformen, die in Oberösterreich stattgefunden haben, sind ausschließlich auf Initiative der Freiheitlichen Partei erfolgt. Wenn etwa der jetzige Landeshauptmann Pühringer, der es ja schwer hat, weil er immer wieder mit Ratzenböck verglichen wird, groß verkündet, daß Abfertigungen für Politiker in Oberösterreich längst abgeschafft sind, daß die Einkommen der Regierungsmitglieder 1995 um 10 Prozent gekürzt wurden und alle Politiker in Oberösterreich drei Jahre keine Gehaltserhöhung bekommen sollen, dann ist das, Herr Kollege Kukacka, ausschließlich ein Erfolg der Freiheitlichen Partei. Es wird von uns ein Problem aufgezeigt und auch danach gehandelt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche nun die Verhandlung über den Punkt 1 der Tagesordnung.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend umfassenden Privilegienabbau (951/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zur verlangten Behandlung der dringlichen Anfrage 951/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Eine unendliche Geschichte ist die Chronik der Bemühungen zur Reform der Politikerbezüge in Österreich. Das am 1. Juli 1972 in Kraft getretene Bezügegesetz, das die Politikerbezüge auf Bundesebene regelt, erwies sich schon bald als Hort feudaler Privilegien, der neben besonders üppigen Aktiveinkommen der Politiker insbesondere auch arbeitslose Nebeneinkommen, Mehrfachpensionen in Millionenhöhe und Abfertigungsregelungen auch für Kurzzeitpolitiker umfaßt.

Bereits kurz nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes war der Unmut über diesen Selbstbedienungsladen der politischen Kaste unseres Landes nicht mehr zu überhören. Zurecht verfestigte sich in der Öffentlichkeit das Image von den Politikern als den "großen Nehmern", die sich an den Futtertrögen der Politik bereichern.

In der Folge kam es immer wieder zu Anläufen in Richtung einer Reform, die zumindest die ärgsten Auswüchse abstellen sollte. Alle diese Anläufe versandeten aber in Symptomkuren, ohne die grundsätzlichen Probleme aufzugreifen.


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Am 10. Mai 1988 forderte der Nationalrat schließlich in einer gemeinsamen Entschließung aller Parlamentsparteien die "Begrenzung des einem Politiker aus politischen Funktionen gebührenden Gesamteinkommens". Zu den von der Regierung in diesem Zusammenhang angekündigten Verhandlungen mit den Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungsträgern und Kammerorganisationen ist es bis heute nicht gekommen. An den Zuständen hat sich seither nichts geändert, obwohl das Bezügegesetz nahezu 30 Mal, davon allein seit 1993 zehnmal, geändert wurde.

Während die Österreicherinnen und Österreicher durch die aufgrund der jahrelangen ungehemmten Verschwendungspolitik der Bundesregierung notwendig gewordenen Belastungspakete enorm zur Kasse gebeten werden, bleiben die Politikerprivilegien völlig unangetastet. Dabei zeigt ein internationaler Vergleich, daß Österreichs Politiker zu den am besten verdienenden unter den westlichen Demokratien zählen. Kernpunkt der Kritik der Öffentlichkeit ist, daß die Politiker kein leistungsbezogenes Gehalt beziehen und sich im Laufe der Jahre darüber hinaus materielle Vorteile sicherten, die dem normalsterblichen Bürger selbstverständlich verwehrt bleiben. Die Bezüge der Politiker werden vom jeweiligen Gehalt der Beamten der Dienstklasse IX (Sektionschef) abgeleitet.

Die Monatseinkommen zeigen folgendes Bild:

 

(Höchst-)Bezüge

S

Amtszulage

S

Auslagenersatz

S

Zusammen

S

Bundespräsident

333 812

 

100 144

433 956

Bundeskanzler

166 906

 

50 072

216 978

Bundesminister

166 906

 

66 762

233 668

Staatssekretär

150 215

 

60 086

210 301

Nationalratspräsident

83 453

75 107

63 424

221 984

Klubobmann NR

83 453

55 079

34 633

173 165

Nationalratsabgeordneter

83 453

 

20 863

104 316

Bundesrat

41 726

 

10 431

52 157

 

Dazu kommen noch besonders üppige Reisekostenregelungen, Freifahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und eine großzügige Entfernungszulage, die etwa einem in Klosterneuburg wohnhaften Abgeordneten weitere 8 345 S bringt.

Neben den vielfach unangemessen hohen und vor allem auch völlig leistungsunabhängigen Monatseinkommen samt Sonderzahlungen sind es jedoch vor allem die Abfertigungs- und Pensionsregelungen, die auf Kritik stoßen und echte Privilegien darstellen:

Abfertigungsregelung für Regierungsmitglieder:

bereits nach 6 Monaten Funktionsdauer:

3 Monatsbezüge + anteilige Sonderzahlungen

nach einem Jahr Funktionsdauer:

6 Monatsbezüge + anteilige Sonderzahlungen

nach drei Jahren Funktionsdauer:

12 Monatsbezüge + anteilige Sonderzahlungen


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Abfertigungsregelung für Nationalratsabgeordnete und Bundesräte:

bereits nach 3 Jahren Funktionsdauer:

3 Monatsbezüge + anteilige Sonderzahlungen

nach 15 Jahren Funktionsdauer:

12 Monatsbezüge + anteilige Sonderzahlungen.

Nur für jene Nationalratsabgeordnete und Bundesräte, die erstmals seit Beginn der XX. Gesetzgebungsperiode einer gesetzgebenden Körperschaft angehören, wurde die Regelung an die des Angestelltengesetzes angepaßt.

Die Pensionsregelung für Regierungsmitglieder sieht einen Pensionsanspruch bereits nach vier Jahren vor; jene für Abgeordnete bereits nach zehn Jahren. Daneben bestehen weitere Regelungen, die ebenfalls nur als sachlich völlig unbegründete Privilegien bezeichnet werden können:

etwa die Möglichkeit, als Beamter neben dem Politikereinkommen ein weiteres arbeitsloses Einkommen beziehen und vorzeitig in den Ruhestand treten zu können, oder die Möglichkeit der unbegrenzten Kumulierung weiterer Einkommen als Funktionär von Interessenvertretungen oder von Sozialversicherungsträgern.

Bis heute sind abenteuerliche Fälle von Privilegierungen und insbesondere Bereicherungen aufgrund von politischen Funktionen möglich, über die die Österreicherinnen und Österreicher nur staunen können:

1. So ist es möglich, daß Bundeskanzler Franz Vranitzky nicht nur während seiner damaligen Tätigkeit als Finanzminister im Jahre 1985 eine Millionenabfertigung von der Länderbank, die damals zu mehr als 50 Prozent im Eigentum des Bundes stand und als deren Eigentümervertreter er fungierte, lukrierte, sondern auch neben seiner üppigen Kanzler-Pension von jährlich nahezu 2 Millionen Schilling für eine bloß dreijährige Tätigkeit als Generaldirektor der in seiner Amtszeit mit Milliardenzuschüssen des Steuerzahlers mühsam an der Insolvenz vorbeimanövrierten Länderbank eine weitere Millionenpension erhält;

2. so ist es möglich, daß der zweite Mann der SPÖ Heinz Fischer neben seinem Bezug als Nationalratspräsident seit Jahren ein arbeitsloses Einkommen als Parlamentsrat bezieht, von dem er glaubt, daß er es für seine Tätigkeit als Kuratoriumsvorsitzender des NS-Fonds bezieht und das er so verinnerlicht hat, daß er es in einem Fernsehinterview vergißt; in dieses Bild paßt auch, daß er in diesem Interview auch vergessen hat, den Auslagenersatz von mehr als 60 000 S monatlich zu erwähnen;

3. so ist es möglich, daß Heinrich Neisser neben seinem Bezug als Zweiter Nationalratspräsident seit Jahren ebenfalls ein arbeitsloses Einkommen als Ministerialrat bezieht;

4. so ist es möglich, daß der ziemlich erfolglose Kurzzeitfinanzminister Andreas Staribacher nach nur 9 Monaten Amtszeit einen Abfertigungsanspruch von 3 Monatsbezügen, das sind mehr als 400 000 S, erworben hat;

5. so ist es möglich, daß der ÖVP-Arbeitnehmerfunktionär Josef Höchtl seit mehr als 20 Jahren neben seinem Abgeordnetenbezug ein arbeitsloses Einkommen als Beamter bezieht, das ihn erst vor dem Sinken unter die Armutsgrenze schützt;

6. so ist es möglich, daß der ÖVP-Arbeitnehmermultifunktionär Walter Schwimmer seit Jahrzehnten neben seinem Abgeordnetenbezug weitere Einkünfte aus öffentlichen Mitteln, nämlich als Direktor der Wiener Gebietskrankenkasse, bezieht;

7. so ist es möglich, daß der ÖVP-Abgeordnete Karl Donabauer seit Jahrzehnten neben seinem Abgeordnetengehalt weitere ungekürzte Einkünfte aus öffentlichen Mitteln, nämlich als Obmann der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, bezieht;


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8. so ist es möglich, daß der Klubobmann der SPÖ Peter Kostelka neben seinem Klubobmannbezug ebenfalls sein arbeitsloses Einkommen als Beamter bezieht;

9. so ist es möglich, daß der jüngst zurückgetretene Wirtschaftsminister Ditz nach eineinhalb Jahren Ministertätigkeit und fünfjähriger Tätigkeit als Staatssekretär eine Abfertigung in Höhe eines Jahresbezuges erhält, was für einen gewöhnlichen Arbeitnehmer erst nach einer Dienstzeit von 25 Jahren in Betracht kommt; schließlich

10. ist es seltsam, daß der stellvertretende Klubobmann der SPÖ Ewald Nowotny neben seinem Abgeordnetenbezug jahrelang unrechtmäßig einen ungekürzten Bezug als Universitätsprofessor in Millionenhöhe bezieht, ohne daß dies ihm selbst, dem Bundeskanzleramt und seiner Dienstbehörde auffällt.

Diese Beispiele sind nur eine Auswahl der in letzter Zeit bekanntgewordenen besonders krassen Privilegien.

Angesichts der den Bürgern auferlegten Belastungen ist es dringend geboten, einen umfassenden Abbau der Politikerprivilegien einzuleiten. Den Österreicherinnen und Österreichern fehlt nämlich im zunehmenden Maße jedes Verständnis für die üppigen, sachlich nicht gerechtfertigten Begünstigungen der Politiker.

Die FPÖ hat seit vielen Jahren immer wieder parlamentarische Aktivitäten mit dem Ziel eines umfassenden Abbaues der Politikerprivilegien gesetzt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf das Privilegien-Volksbegehren des Jahres 1987 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für Leistung und Gerechtigkeit – gegen Parteibuchwirtschaft und Privilegien hinzuweisen, das auch der Anlaß für die oben erwähnte Entschließung des Nationalrates vom 10. Mai 1988 war sowie auf eine Vielzahl von Anträgen in der laufenden Gesetzgebungsperiode, wie etwa den Initiativantrag 105/A sowie den Entschließungsantrag 117/A (E). Allen diesen Anträgen lag die Auffassung zugrunde, daß ein allgemeiner umfassender Abbau der Politikerprivilegien und eine Harmonisierung der bezugsrechtlichen Regelungen unter Beachtung dieser Grundsätze erfolgen müsse:

1. Übergang zu einer leistungsbezogenen Besoldung,

2. Angemessenheit der Bezüge,

3. Vermeidung von ungerechtfertigten Doppelbezügen,

4. Abschaffung der Abfertigungsregelungen,

5. Abschaffung der Abgeordnetenpensionen,

6. Eingliederung in das Pensionssystem des ASVG.

Den Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP, die im Koalitionsübereinkommen vom 11. März 1996 selbst die Notwendigkeit einer Bezügereform festgeschrieben und die Ausarbeitung einer Einkommenspyramide in Aussicht gestellt hatten, fehlte es bisher jedoch an jeglicher Bereitschaft zur Umsetzung der Reformen.

Das Bundeskanzleramt, das für die Vollziehung des geltenden Bezügegesetzes zuständig ist, war bisher nicht einmal imstande, für eine bundeseinheitliche Vorgangsweise bei der Anwendung der gegenwärtigen Regelungen zu sorgen. So ist seit 1994 bekannt, daß der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertritt, daß auf die Bezüge nach dem Bezügegesetz nicht rechtswirksam verzichtet werden könne. Dennoch herrscht hier eine unterschiedliche Praxis. Das Bundeskanzleramt vertritt auch die Auffassung, daß die bezugsrechtlichen Regelungen für Politiker, die zugleich Beamte sind, als lex specialis anzusehen sind und daher Karenzierungen gegen Entfall der Bezüge etwa nach § 75 BDG 1979 nicht zulässig sind, und konnte sich auch diesbezüglich nicht durchsetzen.


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Es ist daher durchaus gerechtfertigt, wie auch die immer wieder auftretenden Fälle, daß Bezüge zu Unrecht ausgezahlt werden oder zu Unrecht Kürzungen unterlassen werden (zum Beispiel im Fall des stellvertretenden SPÖ-Klubobmannes Ewald Nowotny oder im Fall des früheren ÖVP-Vizekanzlers Josef Riegler), beweisen, von einem Vollzugschaos zu sprechen, für das die Untätigkeit des Bundeskanzlers verantwortlich ist.

Auch die in letzter Zeit bekanntgewordenen oben dargestellten Beispiele haben die Koalitionsparteien und die Bundesregierung nicht dazu veranlaßt, endlich tätig zu werden. Im Gegenteil, weil die Reformen "so schwierig" sind und die Abfertigungskaiser und Privilegienritter offenbar nicht auf ihre Vorrechte verzichten wollen, sollen sie offenbar auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden.

War ursprünglich ein umfassender Initiativantrag zur Beschlußfassung noch in dieser Tagung des Nationalrates angekündigt worden, so wurde tatsächlich von den Klubchefs der Koalitionsparteien Kostelka und Khol ein Entwurf (245/A) vorgelegt, der neben einem besonders gefinkelten Vranitzky-Bonus (vgl. Hans Besenböck in der "WirtschaftsWoche" Nr. 27/1996) saftige Einkommensverbesserungen für die Nationalratspräsidenten und die Klubobleute inklusive der besonders üppigen Abfertigungs- und Pensionsregelungen für Regierungsmitglieder vorsah und darüber hinaus auch erhebliche Möglichkeiten der Einkommensverbesserung durch Spesen bei den Fahrtkosten, den sogenannten Fahrzeitausgleich, der für jede Stunde Fahrzeit in Höhe der durch 173,2 geteilten Summe des Gehaltes eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung der Gehaltsstufe 5 der Dienstklasse VII und der für diesen vorgesehenen Verwaltungszulage gebührt, den Ersatz von Wohnkosten in Wien in Höhe von rund 11 200 S sowie unbegrenzte Kosten für ein Büro am Mittelpunkt der politischen Tätigkeit jedes Abgeordneten vorsah. Wegen des vehementen Proteststurmes der Bevölkerung gegen diesen neuerlichen Versuch einer Selbstbedienung zu Lasten der Steuerzahler wurde der Entwurf, der bereits Gegenstand der Beratungen des Verfassungsausschusses am 2. Juli 1996 gewesen war, noch abgeschwächt. Dabei wurden im wesentlichen nur die Einkommensverbesserungen für die Nationalratspräsidenten und die Klubobleute korrigiert sowie der Ersatz der Wohnkosten für die außerhalb Wiens wohnhaften Abgeordneten auf 5 600 S reduziert. Auch die Möglichkeit, auf Pensionen nach dem Bezügegesetz zu verzichten, wurde auf Mandatare, die ab 1. August 1996 ihre Funktion antreten, beschränkt.

Insgesamt hat sich bei den Vorgängen um diesen Entwurf gezeigt, daß die Spitzen der Koalitionsparteien nicht nur unfähig, sondern auch gar nicht willens sind, die Politikerprivilegien auszuräumen. Die wesentlichen Kritikpunkte bleiben nämlich völlig unberührt:

die Politikerbezüge gebühren unabhängig von der individuellen Leistung;

die Frage der Angemessenheit der Bezüge wird überhaupt nicht aufgeworfen;

ungerechtfertigte Doppelbezüge werden auch weiterhin möglich sein, weil die für Beamte vorgesehene Regelung eine echte Leistungskontrolle nicht vorsieht;

Abfertigungen werden in unveränderter Höhe weitergezahlt;

die Pensionsregelung wird im Ergebnis für einzelne Mandatare noch verbessert, da sie für ihre Beamtenpensionen nach Erreichen der Höchstbemessungsgrundlage keinen Pensionsbeitrag mehr zahlen müssen, und

Funktionäre und Dienstnehmer der Interessenvertretungen, der Sozialversicherungsträger, der Nationalbank und anderer von den Gebietskörperschaften beherrschten Unternehmen werden weiterhin ungekürzte Mehrfachbezüge beziehen können.

Dieser Entwurf ist eine Zumutung für alle Österreicherinnen und Österreicher und wird zu deren Politikerverdrossenheit einen weiteren nicht unwesentlichen Beitrag leisten. Ein neuerlicher Aufschub einer grundlegenden Reform der Politikerbezüge kann nicht hingenommen werden.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler die folgende

dringliche Anfrage:

1. Ist es nach der geltenden Rechtslage zulässig, daß ein Bundesminister von einem Unternehmen, das zu mehr als 50 Prozent im Eigentum des Bundes steht und als dessen Eigentümervertreter er fungiert, während seiner Amtszeit neben seinem Bezug als Bundesminister eine Abfertigung in Millionenhöhe kassiert?

Wenn ja, aufgrund welcher Überlegungen, und sehen Sie hier einen Handlungsbedarf zur Änderung der Rechtslage, und welche Initiativen werden Sie setzen?

2. Laut Aussage der SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Brigitte Ederer im "profil" Nummer 28/1996 kriegen Sie bereits eine schöne Pension von der Privatwirtschaft. Ist diese Aussage zutreffend?

Wenn ja, von wem, in welcher Höhe, und seit wann beziehen Sie diese Pension?

3. Werden Sie in Zukunft neben einer Kanzlerpension nach dem Bezügegesetz eine weitere Pension für eine frühere dreijährige Tätigkeit als Generaldirektor der ehemaligen Länderbank beziehen?

Wenn ja, in welcher Höhe?

4. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß Bundesminister nach der Funktionsdauer von sechs Monaten bereits einen Anspruch auf Fortzahlung ihres Bezuges für die Dauer von drei Monaten, nach der Funktionsdauer von zwölf Monaten bereits einen Anspruch auf Fortzahlung ihres Bezuges für die Dauer von sechs Monaten und nach der Funktionsdauer von drei Jahren bereits einen Anspruch auf Fortzahlung ihres Bezuges für die Dauer eines Jahres aufweisen?

Wenn ja, halten Sie dies für sachlich gerechtfertigt, oder ist eine Änderung der Rechtslage geboten?

Welche Initiativen werden Sie setzen?

5. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß ein Bundeskanzler oder Bundesminister bereits nach vierjähriger Tätigkeit einen Pensionsanspruch in Höhe von zumindest monatlich 83 453 S erwirbt?

Wenn ja, halten Sie dies für sachlich gerechtfertigt, oder ist eine Änderung der Rechtslage geboten?

Welche konkreten Initiativen werden Sie setzen?

6. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß alle Mitglieder der Bundesregierung, die derzeit eine Funktionsdauer von vier Jahren aufweisen und das 55. Lebensjahr vollendet haben, bereits einen Pensionsbezug von mindestens monatlich 83 453 S lukrieren könnten?

Wenn ja, halten Sie dies für sachlich gerechtfertigt, oder ist eine Änderung der Rechtslage geboten?

Welche konkreten Initiativen werden Sie setzen?

7. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß die Besoldung der Regierungsmitglieder und der Abgeordneten leistungsunabhängig erfolgt?

Wenn ja, halten Sie dies für sachlich gerechtfertigt, oder ist eine Änderung der Rechtslage geboten?

Welche konkreten Initiativen werden Sie setzen?


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 87

8. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß Nationalratsabgeordnete, die Beamte sind, unabhängig von ihrer beruflichen Leistung 75 Prozent des ihnen gebührenden Beamtenbezuges beziehen?

9. Sind Sie der Auffassung, daß die im vorwiegenden Kostelka-Khol-Entwurf vorgesehene Regelung, die das Ausmaß der Beamtentätigkeit völlig der Disposition des Abgeordneten überläßt und eine Gutachtertätigkeit von Personen, die früher Nutznießer des Bezügesystems waren, vorsieht, ausreicht, um die Möglichkeit arbeitsloser Politikereinkommen völlig auszuschließen?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, welche konkreten Initiativen werden Sie setzen?

10. Halten Sie an der vom Bundeskanzleramt bisher vertretenen Auffassung fest, daß eine Karenzierung dieser Beamten gegen Entfall der Bezüge gemäß § 75 BDG 1979 in diesen Fällen nicht zulässig ist?

Wenn ja, welche konkreten Initiativen werden Sie setzen, um diesbezüglich eine bundeseinheitliche Vorgangsweise zu erreichen?

Wenn nein, warum nicht?

11. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß Abgeordnete, die Beamte sind, auf ihren Antrag als Beamte in den Ruhestand zu versetzen sind und nur auf ihren Antrag wieder reaktiviert werden können?

12. Halten Sie die im Kostelka-Khol-Entwurf enthaltene Regelung, wodurch ein Abgeordneter, der gleichzeitig Beamter ist, nach Gutdünken auf die Zahlung des Pensionsbeitrages für seinen Beamtenbezug verzichten kann und somit nach Erreichen der Höchstbemessungsgrundlage die Beiträge ersparen kann, ohne später beim Pensionsantritt Einbußen zu erleiden, für sachlich gerechtfertigt oder für ein neugeschaffenes Politikerprivileg?

Wenn ja, aufgrund welcher Erwägungen halten Sie diese Regelung für sachlich gerechtfertigt?

Wenn nein, welche konkreten Initiativen werden Sie setzen?

13. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß keine gesetzliche Regelung besteht, die die Einkünfte von Abgeordneten, die Funktionäre oder Dienstnehmer der gesetzlichen Interessenvertretungen, der Sozialversicherungsträger, der Gewerkschaften, der Nationalbank oder anderer, von den Gebietskörperschaften beherrschter Unternehmen sind und in diesen Funktionen weitere Einkünfte beziehen, in irgendeiner Weise begrenzen?

Wenn ja, halten Sie dies für sachlich gerechtfertigt, oder ist eine Änderung der Rechtslage geboten?

Welche Initiativen werden Sie setzen?

14. Entspricht es der geltenden Rechtslage, daß ein Abgeordneter, dessen Hauptwohnsitz in Klosterneuburg ist, eine monatliche Entfernungszulage von 8 354 S bezieht?

15. Sind Sie der Auffassung, daß die im Kostelka-Khol-Entwurf vorgesehenen Regelungen für Fahrtkosten, Fahrzeitausgleich, Ersatz von Wohnkosten in Wien und Bürokosten am Mittelpunkt der politischen Tätigkeit sachlich gerechtfertigt sind?

Wenn ja, warum, und welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, damit diese vermehrten Möglichkeiten der Spesenverrechnung nicht zu Einkommensverbesserungen der Abgeordneten führen?

Wenn nein, warum nicht?


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 88

16. Werden Sie Initiativen setzen, um das Besoldungssystem der Politiker vom Beamtenschema abzukoppeln und insgesamt transparenter zu gestalten?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind geplant?

Wenn nein, warum nicht?

17. Wann ist mit der Vorlage der im Koalitionsabkommen angekündigten Einkommenspyramide zu rechnen, und wie wird dieses System in seinen Grundzügen gestaltet sein?

18. Haben in diesem Zusammenhang bereits Verhandlungen mit den Ländern, den Gemeinden, den Interessenvertretungen, den Sozialversicherungsträgern und den Gewerkschaften stattgefunden?

Wenn ja, wer hat an den Verhandlungen teilgenommen, wann haben sie stattgefunden, und welches Ergebnis haben diese Gespräche bisher erbracht?

Wenn nein, warum nicht?

19. Werden Sie Initiativen setzen, um die Abfertigungsregelungen (Fortzahlung der Bezüge) für Abgeordnete abzuschaffen?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind geplant?

Wenn nein, warum nicht?

20. Werden Sie Initiativen setzen, um die Pensionsregelungen für Nationalratsabgeordnete und Bundesräte, wie dies in einzelnen Landtagen bezüglich der Landtagsabgeordneten bereits geschehen ist, abzuschaffen?

Wenn nein, warum nicht?

21. Halten Sie die im Kostelka-Khol-Entwurf vorgesehene Begrenzung der Bezüge der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes für ausreichend, um insbesondere die bisherige Möglichkeit des arbeitslosen Einkommens in Form eines Beamtenbezugs zu verhindern?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, welche konkreten Initiativen werden Sie setzen?

22. In welcher Weise werden Sie dem Auftrag des Herrn Bundespräsidenten nachkommen, der eine umfassende Bezügereform gefordert hat, die neben den arbeitslosen Beamtenbezügen auch die Einkünfte aus allen anderen Bereichen, wie zum Beispiel den Interessenvertretungen und Sozialversicherungsträgern, einbeziehen und insbesondere auch transparent und für die Bürger nachvollziehbar gestalten soll?

23. Sind Sie der Auffassung, daß der nunmehr vorliegende Entwurf, nachdem Sie den ursprünglichen Kostelka-Khol-Entwurf abqualifiziert haben, nunmehr den vom Herrn Bundespräsidenten genannten Anforderungen entspricht?

Wenn ja, inwiefern?

Wenn nein, warum nicht?

24. Werden Sie Initiativen setzen, um die Regelungen betreffend die Amtswohnungen des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers transparenter zu gestalten?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind geplant?

Wenn nein, warum nicht?


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 89

In formeller Hinsicht wird ersucht, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 4 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Geschäftsordnungsmäßiges Redezeitlimit: 40 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.01

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gleich vorweg Bezug nehmend auf den Sozialfonds Burgenland. (Abg. Dr. Kostelka: Schweitzer in Not! Schweitzer für Schweitzer!) Ich habe Ihnen und der Presse eine genau Auflistung dessen übergeben, was alles aus diesen Mitteln – die ich, Herr Kollege Kostelka, so wie Sie auch ungerechtfertigt bezogen habe, im Gegensatz zu Ihnen aber nicht behalten habe (Abg. Leikam: Haha! – Abg. Dr. Kostelka: Parteifinanzierung!) – gefördert wurde, wo man helfen konnte. Darüber gibt es eine genaue Aufzeichnung, Herr Kollege Kostelka. Wir haben anderen Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, geholfen, diese Not etwas zu lindern. (Abg. Dr. Kostelka: Nur: Die wissen nichts davon!) Sie haben aber das, was Ihnen, weil Sie nicht gearbeitet haben, nicht zugestanden ist, in die Tasche gesteckt! Das ist der wesentliche Unterschied, und um den geht es heute hier, Herr Kollege Kostelka! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind ja mit ein Anlaß dafür, daß ich als Abgeordneter dieses Hauses (Abg. Mag. Peter: Nicht so laut!) mit der Bevölkerung über Bezüge auch nicht mehr unvoreingenommen reden kann, weil die Bevölkerung zunehmend pauschal die Politiker als große Nehmer sieht, die, einmal an den Futtertrog gekommen, nicht genug bekommen können und sich auf Kosten der Steuerzahler bereichern. Herr Kollege Kostelka, Sie und Ihresgleichen sind schuld daran, daß wir alle in diesen Topf geworfen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den Grundstein für diese Kritik haben Sie mit Ihren Koalitionskollegen schon am 1. Juli 1972 mit dem damaligen Bezügegesetz gelegt. Damals wurden die Weichen völlig falsch gestellt. Nicht ein auf Leistungsprinzip aufbauendes System wurde damals beschlossen, sondern ein undurchschaubarer Privilegiendschungel mit arbeitslosem Einkommen, über das Sie gestolpert sind, mit Mehrfachpensionen, mit Abfertigungsregelungen, die niemand versteht.

Viele gute Reformvorstöße der Freiheitlichen sind damals versandet und maximal als kosmetische Korrekturen irgendwo zum Tragen gekommen. Eine echte Bereitschaft seitens der Regierungsparteien, diesbezüglich etwas zu reformieren, ist bis heute nicht gegeben, meine Damen und Herren. Und damit tragen Sie die Verantwortung dafür, daß alle – alle! – Kollegen heute größte Probleme haben, wenn sie mit der Bevölkerung ins Gespräch über Politikerbezüge kommen. Diese Verantwortung, Herr Kollege Kostelka, Herr Kollege Khol, wird Ihnen niemand abnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Daß dieser Eindruck bei den Bürgern zu Recht besteht, darüber gibt es keinen Zweifel. Die Leute sagen, Politiker sind Angehörige einer Kaste, die es sich "richtet", Angehörige einer Kaste, die – trotz aller Beteuerungen, wie sehr sie bemüht sind, die sozialen Probleme der Gesellschaft zu lösen – in erster Linie die Existenzsicherung in eigener Sache im Auge hat.

Meine Damen und Herren! Auch dieser jüngste Entwurf trägt genau dieser Ansicht wieder einmal Rechnung.

Einzig die FPÖ hat sich bis jetzt bemüht, in Sachen Privilegienabbau wirklich etwas voranzubringen. Teilerfolge wurden ja erreicht, wie heute schon mehrfach betont wurde. Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß es vor allem der Obmann der Freiheitlichen war, der, wenn in dieser Frage etwas weitergegangen ist, auslösendes Moment dafür war. (Rufe bei der ÖVP: Wo ist er?)


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34. Sitzung / Seite 90

Jörg Haider war der einzige (Neuerliche Rufe bei der ÖVP: Wo ist er?) , der bis jetzt bereits viermal auf eine ihm rechtlich zustehende Abfertigung verzichtet hat. Desgleichen hat es Mathias Reichhold getan, als er wieder von Kärnten in dieses Haus übersiedelt ist. (Abg. Leikam: Das ist ihm gar nicht zugestanden!) Meine Damen und Herren! Wer von Ihnen hat denn schon auf eine Abfertigung verzichtet? Wer von Ihnen hat das getan? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Es ist ihm ja gar keine zugestanden! Er konnte ja gar nicht verzichten!) Bei den Freiheitlichen werden Sie solche finden, in Ihren Reihen hingegen nicht.

Es war das Volksbegehren 1987, das immerhin zu einer Novelle des Bezügegesetzes geführt, das die Abschaffung doppelter Abfertigungen nach sich gezogen und eine Änderung des Unvereinbarkeitsgesetzes gebracht hat.

Aber, Herr Kollege Khol, Sie werden der Bevölkerung antworten müssen, warum seit der XVIII. Gesetzgebungsperiode Anträge dem Nationalrat vorliegen, die nicht behandelt wurden, Anträge, in denen eine leistungsbezogene Besoldung vorgeschlagen wird, eine Angemessenheit der Bezüge vorgeschlagen wird, die Abschaffung von arbeitslosen Einkommen gefordert wird – seit der XVIII. Gesetzgebungsperiode, Herr Kollege Khol –, damit es keine ungerechtfertigten Doppelbezüge mehr gibt. In diesen Anträgen steht auch die Abschaffung von Abfertigungen und Pensionen drin, es wird die Eingliederung der Politiker in das Pensionssystem des ASVG gefordert. – Bis heute sind diese Anträge von Ihnen nicht zur Behandlung gebracht worden, meine Damen und Herren!

Trotz aller dieser freiheitlichen Bemühungen hat es wieder einmal eines Anlaßfalles bedurft, wie es die Causa Höchtl nun einmal ist. Diese Causa Höchtl war notwendig, um K & K, um Kostelka & Khol in Bewegung zu setzen. So heilsam kann offensichtlich ein öffentlicher Wirbel sein, haben sich viele gedacht, als diese erste Novelle des Bezügegesetzes auf den Tisch gelegt wurde. Und erst bei genauerem Hinsehen hat man dann festgestellt, daß durch diese Reform von Kostelka und Khol das, was auf der einen Seite wegfällt, auf der anderen Seite – allerdings etwas aufgefettet – dazukommen soll.

Meine Damen und Herren! Dafür haben die Menschen in unserem Lande schon längst kein Verständnis mehr, vor allem deshalb nicht, weil sie im gleichen Zeitraum mit einem Belastungspaket der Extraklasse gezwungen werden, den Gürtel enger zu schnallen. Auf der einen Seite wird von der Bevölkerung Spargesinnung eingefordert, aber Kostelka & Khol genehmigen sich etwas mehr.

Selbst Bundeskanzler Vranitzky war ja unzufrieden damit und hat diesen K & K-Vorschlag zurückgewiesen und hat die Reform der Reform verordnet. Bundeskanzler Vranitzky war in den letzten Tagen damit im Gespräch als Privilegienabbauer, weil er endlich erkannt hat, daß es da Handlungsbedarf gibt.

Allerdings hat dieser Bundeskanzler Vranitzky ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem als Privilegienabbauer, meine Damen und Herren, hat er es doch verstanden, die Qualität des Nehmens im eigenen Interesse zur Hochblüte zu bringen. Und heute bietet diese dringliche Anfrage eine günstige Gelegenheit, am Beispiel des Bundeskanzlers darüber zu reden, wie man durch Staatsgelder zum Millionär werden kann. Es bedarf offensichtlich nur einiger geschickt ausgehandelter Verträge, wie zum Beispiel jenes Vertrages, in dem man nachlesen kann:

"Nach Beendigung Ihres Dienstverhältnisses haben Sie Anspruch auf eine Abfertigung von 14 Monatsentgelten, dies einschließlich eines gesetzlichen Abfertigungsanspruches. Für den Fall Ihres Ausscheidens aus der Bank sichern wir Ihnen unter nachstehenden Voraussetzungen einen lebenslänglichen Ruhebezug zu, für welchen die 16fachen monatlichen Gehaltsbezüge dieses Vertrages im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses die Bemessungsgrundlage bilden. Der Ruhebezug gebührt ab dem vollendeten 60. Lebensjahr, sofern Sie Ihre Pensionierung beantragen, auch vor der Erreichung des 60. Lebensjahres bei Aufgabe Ihrer Dienststellung im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat."


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34. Sitzung / Seite 91

Herr Bundeskanzler! (Bundeskanzler Dr. Vranitzky: ... lesen!) Das ist Ihr Vertrag! – "Der Ruhebezug wird neben einer etwaigen gesetzlichen Pension aus der Pensionsversicherung der Angestellten gewährt."

Das sind Dinge, die wirklich perfekt ausgehandelt sind, Dinge – anhand dieser wichtigsten Passagen kann man das ersehen – aus diesem Vertrag, den Sie am 18. November 1981 mit der Länderbank abgeschlossen haben. Perfekte Konditionen, Herr Bundeskanzler, nach dem Motto: Pecunia non olet!

Herr Bundeskanzler! Hier haben Sie es perfekt verstanden, für sich etwas auszuhandeln, was Sie der Bevölkerung gerne vorenthalten würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Anspruch auf Abfertigung von 14 Monatsgehältern, Pensionsregelung in Millionenhöhe, gewaltige Anrechnung von Vordienstzeiten, Versorgung der gesamten Familie – all das steht in diesem Vertrag drinnen, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit entpuppt sich der Bundeskanzler als perfekter Vertreter der eigenen Interessen. Als Interessenvertreter der Österreicherinnen und Österreicher ist dieser Abfertigungs- und Pensionskaiser allerdings unglaubwürdig, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und deshalb ist auch sein Einspruch bei dieser Novelle unglaubwürdig.

Meine Damen und Herren! Allein die Summen der Abfertigungen betragen 300 000 S von der Nationalbank, 800 000 S von der Creditanstalt und schließlich 3,7 Millionen Schilling von der Länderbank (Abg. Parnigoni: Hat dir das alles der Haider aufgeschrieben?) , Herr Kollege Parnigoni! Für drei Jahre in einer Bank, die nur mit 4 Milliarden Schilling Steuergeld vor dem Bankrott gerettet werden konnte, bekommt der gute Mann 3,7 Millionen Schilling.

Nehmen wir zum Vergleich Jörg Haider. Auch er hätte drei Abfertigungen bekommen sollen: 400 000 S und 600 000 S vom Nationalrat, 200 000 S vom Land Kärnten. Aber Jörg Haider hat im Gegensatz zu Bundeskanzler Vranitzky seinen Anspruch nie geltend gemacht. Er hat das Geld zurückgeschickt. Es lagert heute noch beim Herrn Präsidenten Fischer, meine Damen und Herren! Das ist der Unterschied zwischen einem Jörg Haider und der Qualität des Nehmens beim Bundeskanzler Vranitzky! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hinzu kommt die lächerliche "Kleinigkeit" einer Kanzlerpension irgendwann demnächst, meine Damen und Herren. Ich glaube, damit hat dieser Bundeskanzler jeglichen Anspruch auf Glaubwürdigkeit in Privilegienfragen verwirkt – genauso, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, wie zahlreiche andere Genossen, die sich – (Zwischenruf des Abg. Grabner ) – wie du, zum Beispiel – am 1. Mai noch immer als Vertreter der Arbeiterklasse feiern lassen wollen. Das spottet doch wirklich jeder Beschreibung, wenn sich solche Leute als Vertreter der Arbeiterklasse feiern lassen (Beifall bei den Freiheitlichen) , ohnehin hoch oben auf der Tribüne, und das Volk muß devot vorbeimarschieren. – Allerdings wird das Volk immer weniger, während die, die da nehmen, oben immer mehr werden.

Meine Damen und Herren! Das ist die Entwicklung der Sozialdemokratie der neunziger Jahre! Das ist markant! Das Volk kommt Ihnen abhanden, weil die Nehmer oben immer mehr werden!

Auch Präsident Fischer fällt in diese Kategorie, einer, der sein eigener Angestellter ist, genauso wie es bei Klubobmann Kostelka der Fall ist. Rudolf Nürnberger als ÖGB-Funktionär, Fritz Verzetnitsch als ÖGB-Präsident (Abg. Grabner: Schau nach hinten! Brauneder hast du vergessen!) , Eduard Koppler als Zentralbetriebsratsvorsitzender oder der Herr Elmecker als Hauptschuldirektor im zeitlich befristeten Ruhestand.

Dieser Herr Elmecker hat dazu bemerkt – und ich finde das schon sehr stark –: "Mir bleiben im Monat 50 000 S bei einer 70-Stunden-Woche. Für diese Arbeit bin ich das wert. Allein die Parteisteuer kostet mich 19 000 S. Moralische Skrupel? – Kaum! Sicher schaut es blöd aus, aber es ist legal." So Robert Elmecker laut "profil" vom 8. Juli 1996. (Abg. Grabner: Du hast ein paar vergessen: Brauneder, Bauer!)


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34. Sitzung / Seite 92

Meine Damen und Herren! Trotz all dieser Fakten wird eine wirkliche Reform auch heute nicht beschlossen werden. Statt nämlich den Bezug für die Nichtarbeit aus Anlaß der jetzt aufgezählten Fälle – Höchtl, Fischer, Neisser, Kostelka & Co – ersatzlos zu streichen, kommt es de facto zu einer Legalisierung dieses arbeitslosen Einkommens. Man nimmt es dort weg und erhöht es da, so nach dem Motto: Es darf noch ein bisserl mehr sein. Am Ende dieser "Reform", meine Damen und Herren, die Sie vorhaben, hier heute zu beschließen, wird es eine Gehaltserhöhung geben.

Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß wir uns in Zeiten eines Belastungspaketes eine Gehaltserhöhung in dieser Form, wie sie hier heute beschlossen werden soll, leisten können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es bedarf in Wirklichkeit – stimmen Sie dem zu, Frau Kollegin Bauer – einer umfassenden Regelung unter Miteinbeziehung all jener, die im Sozialpartnerbereich, im Gewerkschaftsbereich, im Kranken- und Pensionsversicherungsbereich tätig sind, und zwar nach dem freiheitlichen Modell, das sich wirklich als echte Alternative anbietet: ehrliche Reformen, so wie wir es vorschlagen, statt der Legalisierung von Privilegien und der Belohnung von Nichtarbeit. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Grundentschädigung für Nationalratsabgeordnete, Auslagenersatz für Nationalratsabgeordnete maximal 15 000! Sitzungsgeld nur für das, was man tatsächlich leistet, meine Damen und Herren! Bezahlung nach dem Leistungsprinzip, Einführung der Pflichtversicherung nach dem ASVG für Nationalratsabgeordnete, Wegfall der Politikerpensionen und der Abfertigungen! – Dann könnten wir wieder mit den Leuten draußen reden, wenn Sie dem zustimmen, ohne daß wir uns beschimpfen lassen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn das wird die Bevölkerung verstehen! Wenn Leistung im Vordergrund steht, wird sie das verstehen! Leistung muß im Vordergrund stehen – und nicht Anhäufung von Privilegien.

Am "besten" hat es dieser Bundeskanzler vorgezeigt, der Bundeskanzler unserer Republik Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky zu Wort gemeldet.

16.16

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zu den in der dringlichen Anfrage genannten Fragen 1 und 13 nehme ich folgendermaßen Stellung:

Durch die Bezügegesetz-Novelle 1990 wurde unter anderem die Verfassungsbestimmung des § 16a geschaffen. Diese Bestimmung in der heutigen Fassung legt fest, daß die Summe aller Einkünfte aus einer bestimmten Tätigkeit oder einer früheren Tätigkeit den Höchstbezug eines Bundesministers zuzüglich Auslagenersatz, das sind derzeit 233 668,40 S, nicht übersteigen darf.

Diese Einkünfte beziehen sich auf solche

1. als Mitglied der Bundesregierung, als Staatssekretär, als Mitglied der Volksanwaltschaft und als Präsident des Rechnungshofs,

2. als Mitglied des Nationalrates, des Bundesrates oder des Europäischen Parlaments,

3. als Mitglied einer Landesregierung,

4. als Mitglied eines Landtages,

5. als Mitglied einer Einrichtung gemäß Bundes-Verfassungsgesetz, Art. 148i Abs. 2, oder als Funktionär einer Einrichtung zur Kontrolle der Landesgebarung,


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34. Sitzung / Seite 93

6. als Bürgermeister, als Mitglied eines Stadtsenats, eines Gemeindevorstands oder Stadtrats oder eines Gemeinderats beziehungsweise in vergleichbaren Organstellungen eines Gemeindeverbandes und

7. als Bezirksvorsteher oder Bezirksvorsteher-Stellvertreter,

8. in einem Vertretungsorgan einer gesetzlichen beruflichen Vertretung,

9. in einem Vertretungsorgan eines Sozialversicherungsträgers,

10. als Amtsführender Präsident oder Vizepräsident eines Landesschulrates oder in Wien des Stadtschulrates und

11. im Aufsichtsrat oder in Vertretungsorganen einer sonstigen Einrichtung, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt.

Zur Frage 2: Herr Abgeordneter, nein, ich beziehe derzeit keine – wie Sie es in der Anfrage ausdrücken – Pension von der Privatwirtschaft. Das hat Frau Mag. Ederer auch nicht behauptet. Ihre Mitteilung bezog sich auf die Anwartschaft einer Pension.

Im übrigen handelt es sich bei Ihrer Leseübung hier um einen Standardvertrag – und diesen Vertrag oder analoge Verträge können Sie über viele Dutzende Wirtschaftsfunktionäre in Österreich hier vorlesen.

Außerdem ist ja klar, daß diese vertraglichen Bestimmungen nicht den Bundeskanzler betrafen, sondern das Vorstandsmitglied dieser Aktiengesellschaft, von der Sie sich den Vertragstext beschafft haben. (Abg. Mag. Stadler: Es gibt auch andere!)

Aber, meine Damen und Herren, wäre ich nicht Bundeskanzler, sondern immer noch Generaldirektor gemäß diesem Vertrag, dann hätte ich mit den Freiheitlichen nicht im Wege dringlicher Anfragen zu tun, sondern mit Bittstellern für Inserate in der "Neuen Freien Zeitung" (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Frage 3:

Wie ich schon wiederholt festgestellt habe, werde ich neben meiner Pension aus meiner Tätigkeit als Generaldirektor der ehemaligen Länderbank keine Pension aufgrund meiner Tätigkeit als Bundeskanzler beziehen. Das ist rechtlich ausgeschlossen.

Zu den Fragen 4 bis 8:

Die Antwort ist ja, die getroffenen Ausführungen entsprechen der Rechtslage, nämlich die Ausführungen in Ihrer Anfrage. Sie erkundigen sich immer nach der Rechtslage, und daher beantworte ich eben die Frage nach der Rechtslage.

Hinsichtlich der Frage 6 ist allerdings darauf hinzuweisen, daß aufgrund der 1995 getroffenen Regelung das Pensionsalter für Regierungsmitglieder, beginnend mit 1. Jänner 1996, in einer Einschleifregelung bis zum Jahr 2000 auf 60 Jahre angehoben wurde.

Auch Ihre Ausführungen zu Frage 8 wären differenzierter zu betrachten. Es sind nach geltender Rechtslage nämlich durchaus geringere Bezüge als 75 Prozent des Beamtenbezugs möglich, nämlich dann, wenn der Beamte von seiner Möglichkeit, tatsächlich in den Ruhestand zu treten, Gebrauch macht, oder im Falle einer gänzlichen Außerdienststellung. Im Fall der tatsächlichen Ruhestandsversetzung gebührt ihm nämlich nur der Ruhebezug, im Fall der gänzlichen Außerdienststellung nur ein Monatsbezug, auf den er Anspruch hätte, wenn er zu diesem Zeitpunkt in den Ruhestand treten würde – der sogenannte fiktive Ruhebezug.

Was die Frage der sachlichen Rechtfertigung dieser Regelungen betrifft, stelle ich fest, daß es nicht meine Aufgabe ist, Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates von der Regierungsbank aus einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Im übrigen sind diesbezügliche Reformüberlegungen Gegenstand der heutigen Plenardebatte.


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34. Sitzung / Seite 94

An dieser Stelle mache ich aber noch eine Bemerkung zu der von Ihnen angesprochenen Frage der Leistungsabhängigkeit von Politikergehältern. Ich jedenfalls verwahre mich mit Entschiedenheit dagegen, so zu tun, als würde der Besoldung der Mitglieder der Bundesregierung oder der Abgeordneten des Hohen Hauses keine dementsprechende Leistung gegenüberstehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Jeder von uns auf der Regierungsbank oder jeder von Ihnen – ich vertrete jedenfalls diese Einschätzung, meine Damen und Herren – hat eine in höchstem Maße verantwortungsvolle Tätigkeit, die ein hohes Maß an Einsatz und Engagement sowie ein sehr großes Arbeitspensum erfordert. Ich werde mich daher auch weiter dafür einsetzen, daß die Arbeit von Politikern nicht aus irgendwelchen populistischen Gründen generalisiert und undifferenziert geringgeschätzt wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum und den Grünen.)

Zu den Fragen 9, 12, 15 und 21:

Hinsichtlich Ihrer konkreten Fragen betreffend den – wie Sie es hier nennen – Kostelka-Khol-Entwurf ist zunächst davon auszugehen, daß es wohl nicht Aufgabe der Vollziehung sein kann, Initiativanträge des Hohen Hauses einer Bewertung zu unterziehen – dies umso mehr, als der von Ihnen angesprochene Initiativantrag heute hier in Verhandlung steht.

Auf meine Auffassung zu den bezügegesetzlichen Regelungen beziehungsweise Politikereinkommen im allgemeinen komme ich noch zu sprechen.

Zu den Fragen 10 und 11:

Auch diese Ausführungen in Ihrer Anfrage entsprechen der Rechtslage. Darüber hinaus ist zu bemerken, daß ich die vom Bundeskanzleramt bisher vertretene Auffassung, daß eine Karenzierung beamteter Mandatare nicht möglich ist, auch weiterhin aufrechterhalte. Die in den einschlägigen Bestimmungen des BDG getroffenen Regelungen über die Außerdienststellung stellen nämlich nach Ansicht der Experten meines Hauses im Vergleich zur Karenzierungsregelung eine Lex specialis dar und sind daher zwingend anzuwenden.

Zur Frage 14:

Da gemäß § 50 Bezügegesetz bezüglich der Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates der Präsident des Nationalrates mit der Vollziehung betraut ist, fällt die Beantwortung dieser Frage nicht in meinen Kompetenzbereich.

Zu den Fragen 16 bis 20 und zur Frage 24:

Zunächst kann ich darauf verweisen, daß das Ziel, Politikerbezüge in einer gerechten und leicht nachvollziehbaren Einkommenspyramide unterzubringen, von mir schon vor der letzten Nationalratswahl angestrebt wurde und in weiterer Folge auch Eingang in das Arbeitsübereinkommen der beiden Regierungsparteien gefunden hat. Eine solche Einkommenspyramide wird als zweiter Schritt einer umfassenden Bezügereform im Herbst dieses Jahres auszuarbeiten sein. Dafür wird es auch nach meinem Dafürhalten notwendig sein, externe Experten, aber selbstverständlich auch Vertreter der Bundesländer und der Gemeinden in die Gespräche miteinzubeziehen, um zum einen eine gute, aber zum zweiten auch eine die übrigen Gebietskörperschaften umfassende Lösung zu erarbeiten.

Bei dieser nächsten Reformetappe werden ohne Zweifel auch die von Ihnen angesprochenen Themen eine Rolle spielen. Im übrigen verweise ich auch hier darauf, daß noch zu beschließende Maßnahmen nicht Gegenstand der Vollziehung sein können.

Zu den Fragen 22 und 23:

Ich gehe davon aus, daß der Herr Bundespräsident meine – Ihnen nicht zuletzt im Rahmen der heutigen Beantwortung Ihrer dringlichen Anfrage dargelegte – Auffassung über bezügerechtliche


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34. Sitzung / Seite 95

Regelungen beziehungsweise Politikereinkommen teilt. Einen konkreten Auftrag des Bundespräsidenten an mich gibt es nicht, weil es ihn nicht geben kann.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als ich heute die Anfrage an mich und die Begründung dazu durchgelesen habe, ist nichts anderes möglich gewesen, als das Wort "unseriös" damit zu assoziieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Man muß natürlich über jede Materie, die hier im Hohen Haus behandelt wird, diskutieren und kann doch abweichender Meinung sein. In meinen Augen ist es aber unseriös, wenn Sie versuchen, mit dieser Dringlichen auf einen Zug aufzuspringen, der für Sie in Form der heute hier vorgelegten Bezügereform und der stundenlangen Diskussion darüber längst abgefahren ist.

Es ist aber auch absurd, wenn Sie hier unter dem Titel einer dringlichen Anfrage in den meisten Fällen nur bestehende Gesetzesregeln wissen wollen, die Sie nicht nur ohnehin jederzeit selbst nachlesen könnten (Beifall bei SPÖ und ÖVP), sondern zu einem gut Teil als Abgeordnete auch selber mitbeschlossen haben.

In meinen Augen ist es aber unverfroren, wie Sie sich scheinbar moralinsauer über Mehrfachbezüge ereifern, obwohl Sie einen – zumindest einen – ganz eklatanten Fall von Mehrfachbezug in Ihren eigenen Reihen haben. Und es ist vor allem lächerlich, wenn Sie Fragen zu meiner Einkommenssituation stellen, die eindeutig im Bezügegesetz festgehalten, jedermann zugänglich und zwischenzeitlich schon bekannt sind, während Ihr Parteiobmann Haider beispielsweise Schwierigkeiten hat, auf Befragen seinen eigenen Steuerbescheid zu veröffentlichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist nicht neu, aber einmal mehr kommt es zum Vorschein: Das sind die doppelten Standards der Freiheitlichen, mit denen sie versuchen, Mißmut gegen alle anderen zu säen, aber die Situation bei sich selbst geflissentlich zu verschleiern.

Beispiele dafür gibt es auch in dieser Anfrage, Hohes Haus. Da wird so getan, als ob Abgeordnete Ederer in der jüngsten Ausgabe des "profil" behauptet hätte, ich würde heute bereits eine Pension beziehen. Das ist natürlich weder wahr, noch behauptete es Frau Ederer im Interview. Aber die Freiheitlichen sind halt keine Wahrheitsfanatiker. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Oder – bleiben wir gleich bei meiner Pension, die Sie so heftig interessiert –: Sie fragen scheinheilig, ob ich in Zukunft zwei Pensionen beziehen werde. Natürlich wissen Sie so gut wie alle anderen, daß das nicht so ist. Ich habe es immer wieder erklärt, zuletzt vor zehn Tagen in einer offiziellen Aussendung des Bundeskanzleramtes. Aber ich frage Sie: Welchen Freiheitlichen interessiert schon die Wahrheit? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Oder Sie tun so, als ob der Journalist Hans Besenböck in der jüngsten Ausgabe der "WirtschaftsWoche" im Zusammenhang mit der Bezügereform von einem – wie es bei Ihnen unter Anführungszeichen heißt – "gefinkelten Vranitzky-Bonus" gesprochen hätte. Nur: Besenböck spricht dort nicht von einem Vranitzky-Bonus, sondern – im Gegenteil – von einer Falle für Vranitzky. (Abg. Dr. Krüger: In diese Falle möchte ich auch gerne fallen!) Das alles läßt sich weder mit Anfragen noch mit gesetzlichen Regelungen, sondern durch einfaches Nachlesen einer Wochenzeitung beantworten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es drängt sich auch gar nicht mehr die Frage auf, ob hier absichtlich Falsches behauptet wird, weil wir schon wissen, welchen Stellenwert Wahrheit für die Freiheitlichen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich halte den Entwurf zur Reform der Bezüge der Abgeordneten dieses Hohen Hauses, wie er heute eingebracht wurde, für richtig. Er enthält die Regelungen, die machbar waren, wenn man noch vor dem Sommer ein deutliches Signal setzen wollte. Und ich begrüße ihn, weil es damit gelingt, arbeitslose Einkommen für beamtete Abgeordnete des Nationalrates abzuschaffen.


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34. Sitzung / Seite 96

Ich sehe in dem Entwurf einen ersten Schritt in der Reform der Abgeordnetenbezüge, weil nur Regelungen für die Mehrfachbezüge von öffentlich Bediensteten vorgesehen sind. Vor allem soll bis zum Herbst die Einkommenspyramide verwirklicht werden, die Bestandteil des Koalitionsübereinkommens ist. Diese Pyramide soll die Bezüge der politischen Spitzen unseres Staates, von Regierungsmitgliedern und Abgeordneten, aber auch von Landespolitikern in eine Hierarchie zueinander stellen. Sie können sich leicht ausmalen, daß dies angesichts des föderalistischen Prinzips unserer Republik etlicher Gespräche bedürfen wird, weil es mir um die Kooperation mit den anderen Gebietskörperschaften geht und nicht um deren Bevormundung. Allein aus dem letzten Beispiel erkennen Sie, daß wir vor einer wichtigen Entscheidung standen: Sollten wir alles gemeinsam im Herbst beschließen oder bereits jetzt erste Elemente der Bezügereform vorziehen? – Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden, weil damit ein klares Signal der Beschränkung und der Transparenz gesetzt wird.

Keine dieser Lösungen wird ohne Kritik abgehen, aber ich meine, es war von den beiden Regierungsfraktionen richtig, sich auch dieser Kritik zu stellen, als zum Beispiel in diesen wichtigen Angelegenheiten gar nicht zu reagieren und gar nicht zu handeln. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

16.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir treten nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß die maximale Redezeit pro Redner 15 Minuten beträgt.

Als Erstredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.32

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler kritisierte den Kollegen Schweitzer, weil er angeblich eine Leseübung veranstaltet hätte. Ich habe gesehen, daß er frei gesprochen hat. Aber der Bundeskanzler steht oben, liest Wort für Wort, was ihm seine rührigen Sekretäre, die übrigens kontrollierend mitlesen, vorbereitet haben (Beifall bei den Freiheitlichen) , alle Bonmots und alle Witzchen schön brav und säuberlich gedruckt, mit der Schreibmaschine vorformuliert. Und er gefällt sich noch in der Rolle des armen "Vranziskus", der die reinkarnierte oder inkarnierte Wahrheit ist. Die Wahrheit der Freiheitlichen, die gibt es nicht. Die Wahrheit des "heiligen Vranziskus", die ist die einzig wahre.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Heute wissen wir: Wenn wir Wahrheit suchen, wenn wir den Quell der Wahrheit suchen – hier sitzt er, der Quell der Wahrheit. Was Freiheitliche in eine Anfrage schreiben, was im "profil" nachzulesen ist, was seine eigene Bundesgeschäftsführerin in aller Öffentlichkeit verzapft, das ist nicht die Wahrheit. Hier sitzt sie. (Der Redner weist in Richtung Regierungsbank.) Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Erfahren Sie daher aus dem Munde des Herrn Bundeskanzlers, was wahr ist. Nur mit seiner eigenen ... (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Dr. Vranitzky .)

Nein, Herr Bundeskanzler, das ist der Genuß bei einer Anfragebeantwortung durch Sie, daß Sie immer so tun, als ob Sie die Wahrheit gepachtet hätten. Sie deuten dann mit herablassender Gestik in Richtung der freiheitlichen Opposition, vergessen aber bei dieser Gelegenheit ständig Ihre eigenen Abfertigungsmillionen.

Herr Bundeskanzler! Darf ich Ihre Wahrheiten ergänzen? Ihre Wahrheiten sind finanziell auf ihrem Konto nachvollziehbar. Herr Bundeskanzler, und daran werden Sie weiter erinnert werden, und zwar so lange, solange Sie in die Taschen der Bürger dieses Landes greifen, und zwar links und rechts und wo immer es möglich ist, und solange Sie in diesem Lande Pensionen versprechen und dann bei nächster Gelegenheit Pensionskürzungen verordnen. (Beifall bei der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist die Kehrseite der Wahrheit des Franz Vranitzky.


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Meine Damen und Herren! Ich habe geglaubt, ich treffe heute weniger auf einen Heiligen, sondern mehr auf einen Marxisten, denn von seiner Herkunft her ist er an sich ein Marxist. Ich habe geglaubt, er hat nur "Das Kapital" als hauseigene "Bibel" mit der Muttermilch aufgesogen, statt dessen stelle ich heute fest, daß er die Wahrheit vertritt, die einzige und alleinige Wahrheit.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Wahrheit des Franz Vranitzky ist nicht so bar zu nehmen, wie er sie uns heute offeriert. Diese Wahrheit hätte bedeutet, daß der Wahrheits-Bundeskanzler dieser Republik sich daran erinnert, daß am 29. April 1988 bereits eine Entschließung an die Bundesregierung gerichtet wurde, in der der Bundeskanzler, die personifizierte Wahrheit, aufgefordert wird, dem Hohen Haus ein Bezügemodell mit einer Einkommenspyramide vorzulegen, denn es war bereits damals klar, Hohes Haus, daß Österreich hinter Italien mit den zweithöchsten Politikerbezügen im westlichen Europa nicht sehr prominent aufscheint. Offensichtlich gehört das auch zur Wahrheit des Bundeskanzlers, daß man umso mehr verdienen muß, je schlechter der Staat wirtschaftet und je schlechter die Eckdaten des Staates ausschauen. Das scheint die Kehrseite der Wahrheit des Bundeskanzlers zu sein.

Herr Bundeskanzler! Diese Wahrheit des Jahres 1988 haben Sie bis heute nicht zur Kenntnis genommen, weshalb wir Ihrem Heiligenschein weiter auf die Sprünge helfen wollen und nicht müde werden, Sie an diese Wahrheiten des Jahres 1988 zu erinnern.

Herr Bundeskanzler! Sie haben damals – und seit damals – in zahllosen Ankündigungen versprochen, daß die Privilegien beseitigt werden, daß bei der Nationalbank Ordnung gemacht wird, daß nach dem Fall Zacharias die Mehrfachbezieher in der SPÖ, ja in Österreich generell Seltenheitswert bekommen. Sie haben in Regierungserklärungen gesagt, daß Sie Privilegienabbau betreiben werden. – Sie haben nicht einmal in Ihren eigenen Reihen Ordnung gemacht, Herr Bundeskanzler! Das ist die andere Wahrheit.

Herr Bundeskanzler! Im jüngsten Koalitionsübereinkommen zwischen der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und der Österreichischen Volkspartei – das trägt ihre Unterschrift, ich nehme an, daß diese Unterschrift der Wahrheit entspricht – steht – ich zitiere –, "daß ein Ruhebezug, der einem politischen Mandatar aus einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft gebührt, für die Dauer der politischen Funktionsausübung ruht und daß die Aktivbezüge, die ein Mandatar erhält, wenn er neben seiner politischen Funktion arbeitet, seiner tatsächlichen Leistung entsprechen sollen".

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Unterschrieben von Franz Vranitzky, der inkarnierten Wahrheit, unterschrieben von Peter Kostelka, jenem Peter Kostelka, der das mitunterschrieben und angeblich mitverhandelt, aber gleichzeitig kassiert hat.

Meine Damen und Herren! Zu dem Zeitpunkt hat Ihr Parteigenosse Kostelka seit Jahren von einer Gebietskörperschaft, ohne auch nur einen Funken an Arbeit zu leisten, kassiert, was man laut Koalitionsübereinkommen eigentlich abstellen wollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unterschrieben auch vom nächsten in der prominenten Reihenfolge der Genossen, nämlich von Heinz Fischer, der sich selbst ebenfalls seit 20 Jahren – Herr Bundeskanzler, auch eine Wahrheit – in diesem Land fürs Nichtstun als eigener Chef ein Gehalt aufs Konto überweisen läßt. – Meine Damen und Herren! Das ist die andere Wahrheit.

Unterschrieben auch von einem Herrn Maderthaner, der sich selbst ein Ministergehalt in der Bundeswirtschaftskammer genehmigt hat, weil er gar so arm ist. Damit er als Wirtschaftskammervertreter nicht am Bettelstab in Sack und Asche gehen muß, hat er sich ein Ministergehalt genehmigt, weil er, um einem anderen Abgeordneten Platz zu machen, das Hohe Haus verlassen mußte. (Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder. – Abg. Dr. Stummvoll: Lesen Sie das Handelskammergesetz nach!) Schütteln Sie nicht den Kopf, Sie sind nicht informiert, was sich in Ihrer Kammer abspielt. Ich hoffe, Sie wissen wenigstens, was auf Ihrem Konto stattfindet. Sie sind nämlich auch eine jener sonderbaren Unternehmervertreterinnen, die ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. ) Mit Ihnen rede ich noch gar nicht, auf Sie komme ich gleich zu sprechen. Sie sind einer von den Abkassierern. Neben Ihnen sitzt eine Unternehmervertreterin, die gar kein Unternehmen mehr hat. (Abg. Tichy-Schreder: Wie bitte?)


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Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist die Wahrheit der Bundeswirtschaftskammer. Sie wissen, daß dort ein Kammerpräsident sitzt, der ein Ministergehalt kassiert, dann wieder in den Nationalrat gekommen ist, aber sich dieses Gehalt in der Höhe eines Ministergehalts nicht hat herabsetzen lassen.

Meine Damen und Herren! Ganz "lustig" wird der Vorschlag von Peter Kostelka und seinem Zwilling Andreas Khol, wenn es um diese Kommission geht, die man übrigens – das sei an die ÖVP gerichtet – in den von Ihnen dominierten Bundesländern ablehnt. Ihr ehemaliger Minister Jürgen Weiss, der von den "Wahrheiten" dieser Bundesregierung schon genug hat, sagt, das ist föderalismusfeindlich, das lehnen wir ab. Ihre einzigen noch relativ erfolgreichen Leute in den Ländern Purtscher und Sausgruber sagen, nicht einmal die Begutachtung habe man ihnen gestattet. – Darauf sagt Andreas Khol, die Begutachtung habe sehr wohl stattgefunden; wir haben im ÖVP-Bundesparteivorstand darüber gesprochen.

Mir ist es neu, Herr Kollege Khol, daß man die Begutachtung eines Gesetzes bereits im ÖVP-Bundesparteivorstand durchführen kann. Aber sei’s drum. (Abg. Dr. Khol: Initiativanträge werden in der Regel überhaupt nicht ...!) Herr Kollege Kostelka! Ihre Leute bemängeln, daß keine Begutachtung bei diesem Gesetzentwurf stattgefunden hat. (Abg. Dr. Kostelka: Kostelka bin ich, er ist der Khol!) Ich verwechsle Sie immer. Sie müssen dazusagen, daß Sie Peter Khol sind und er Andreas Kostelka ist oder umgekehrt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die K & K-Zwillinge Khol und Kostelka haben jedenfalls eine Kommission erfunden, die man am besten als "Zacharias-Kommission" bezeichnen sollte, denn in Zukunft werden darin ehrenwerte Leute vom Schlage eines Zacharias sitzen und darüber entscheiden, welche Privilegienritter in unserem Lande weiterhin "höchtln" dürfen, ohne eine Stunde oder auch nur einen Funken an Arbeitsleistung zu erbringen, weiterhin arbeitslose Einkommen beziehen dürfen. Gleichzeitig werden im Nationalrat Belastungen im Eilzugstempo beschlossen und wird rückwirkend mit Verfassungsbestimmungen den Bürgern in die Taschen gegriffen beziehungsweise ihnen Belastungen aufgebürdet.

Diese "Zacharias"-Kommission ehrenwerter altgedienter Privilegienritter wird Ihnen – wo ist jetzt der Herr Kollege Kostelka?, aber ich meine auch Sie, Herr Kollege Khol – noch einiges an Kopfzerbrechen bereiten – das kann ich Ihnen heute schon voraussagen –, denn diese "Zacharias"-Kommission ist letztlich eine Augenauswischerei, die den Bürgern und auch uns Politikern nicht zugemutet werden sollte.

Meine Damen und Herren! Das Entscheidende an der jetzigen Debatte ist aber, daß man nicht oft genug an das Sprichwort erinnert werden kann, daß der Fisch am Kopf zu stinken beginnt. Hohes Haus, der Fisch beginnt am Kopf zu stinken! Wenn dieser Kopf als personifizierte Wahrheit dann von Ungarn aus dem österreichischen Parlament ausrichtet (Abg. Schieder: Diese Bemerkung ist ein bißchen an der Grenze, Herr Präsident!), daß dieser Antrag nicht mehr eingebracht, im Verfassungsausschuß so nicht debattiert werden darf, dann müssen wir das zunächst einmal erfreut zur Kenntnis nehmen, weil es die Richtigkeit unserer Einwände, die wir während der letzten Wochen in der Öffentlichkeit vertreten haben, bestätigt. Wenn dann von diesem Kopf gleichzeitig Privilegienabbau eingemahnt wird, Privilegienabbau angekündigt wird, dann muß sich dieser Kopf die Frage gefallen lassen, wieso der Kopf nicht bei sich selbst beginnt. – Meine Damen und Herren! Ich meine nicht den Abgeordneten Kopf, der heute den Mut hat, gegen diesen unsinnigen Antrag zu stimmen, nein, ich meine den Herrn Bundeskanzler, der selbst mit gutem Beispiel vorangehen könnte.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie herablassend, in Richtung Freiheitliche besonders schlechte Witze Ihrer Sekretäre schleudern zu müssen glauben, dann frage ich Sie: Wieso können Sie es Herrn Kollegen Haider nicht gleichtun und auf Ihre Abfertigungen verzichten? – Beschließen wir heute – so wie wir beschließen, daß wir von Frischenschlager und von Kollegen Höchtl etwas zurückfordern sollen –, daß wir Ihre Abfertigungen zurückfordern, daß Sie Ihre Abfertigungen zurückzahlen, Herr Bundeskanzler! Sind Sie bereit dazu? Zahlen Sie Ihre Abfertigungen zurück, die Sie zum Teil für geringste Dauer von Tätigkeiten in einer staatlichen Bank kassiert haben.


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Herr Bundeskanzler? Sie können einigermaßen Ihre Glaubwürdigkeit verbessern, wenn Sie heute hier sagen: Ich werde die von mir bereits bezogene Abfertigung in Millionenhöhe zurückzahlen, so wie das eigentlich meiner Herkunft als Sozialist und meinem Erbe als Kommunist eigentlich entsprechen würde.

Herr Bundeskanzler! Wie ist das mit dem Zurückzahlen? Wie ist das mit der rechtlichen Klarstellung, Herr Bundeskanzler, daß Sie die Abfertigungen, die ja auch der Rechnungshofbericht bescheinigt – nicht, daß Sie wieder sagen, das sei alles unwahr; wahr sei vielmehr, was Franz Vranitzky sagt; nein, der Rechnungshofbericht sagt das! – kassiert haben? Zahlen Sie diese Abfertigungen zurück, nachdem Sie Ihre Villa ja jetzt ausbezahlt haben, Herr Bundeskanzler?

Wie ist das mit Ihren Pensionsbezügen, von denen Sie behaupten, es sei rechtlich einwandfrei, daß Sie keine Kanzlerpension mehr bekommen, weil Ihre Länderbank-Pension, auf die Sie vertraglich einen Anspruch haben, so hoch ist? Wie ist das mit der rechtlichen Klarstellung im Gesetz, Herr Bundeskanzler? – Denn: Ihr Staatssekretär hat vergangene Woche gesagt, daß es dazu ein Gutachten des – im übrigen weisungsgebundenen – Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes gibt, daß Sie aus Ihrer Tätigkeit als Bundeskanzler keinen Ruhegenuß beziehen sollen.

Herr Bundeskanzler! Sind Sie bereit, Ihrer Fraktion auszurichten ... (Abg. Koppler: Nein!) Der erste Multifunktionär und Abzocker schreit schon nein. Wenn es heißt, man solle verzichten, dann schreien sie alle, die strammen Genossen von der SPÖ, im Chor nein. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Verzichten? – Nein! Wenn die Freiheitlichen einen Verzicht fordern, dann muß man in jedem Fall reflexartig mit einen Nein antworten.

Herr Bundeskanzler! Sind Sie bereit, Ihrer Fraktion heute auszurichten – diesmal nicht aus Ungarn, sondern von der Regierungsbank aus – und ihrem notorisch erfolglosen Klubobmann Kostelka klarzumachen, daß er heute dem Antrag zustimmen soll, wonach im Gesetz eindeutig und klar geregelt wird, daß Sie keinen Anspruch mehr auf eine Kanzlerpension haben, solange Sie den Anspruch auf eine Länderbank-Pension haben?

Dazu liegt ein Antrag vor, Herr Bundeskanzler – ein Antrag, der sachlich argumentiert und sauber ist! Da brauchen Sie keine Gutachten des Verfassungsdienstes mehr, da brauchen Sie keine Erklärungen mehr abzugeben, da brauchen Sie nicht mehr mit der Wahrheit zu kommen, sondern das wird dann einfach Gesetz, Herr Bundeskanzler, und zwar Gesetz aufgrund eines Antrages von uns, wo Sie heute die Möglichkeit haben, dafür zu sorgen, daß zumindest, nachdem Sie ja die Abfertigungen schon kassiert haben, nicht auch noch eine Millionenpension zu Lasten des Steuerzahlers neben Ihrer – man kann es nicht oft genug sagen – unglaublich hohen Länderbank-Pension auf Ihr Konto geht.

Sind Sie bereit, heute Verzicht zu üben? – Hören Sie jetzt nicht auf Herrn Kollegen Koppler. – Sind Sie bereit, heute Verzicht zu üben? Sind Sie bereit, heute dem österreichischen Steuerzahler gegenüber ein Signal zu setzen und zu sagen: Ich, Franz Vranitzky, bin zum erstenmal in meinem Leben bereit, auf einen Schilling österreichischen Steuergeldes zu verzichten, Herr Bundeskanzler? – Dann haben wir einen anderen Dialog. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.47

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Stadler hätte seinen Ausflug zum heiligen Franz von Assisi eher dem Bruder Haider oder dem Mitbruder Krüger überlassen sollen, die heute im Ordensgewand anwesend sind (Heiterkeit bei der SPÖ), um uns hier wieder vorzumachen, daß sie im Besitze der göttlichen Wahrheit sein müssen. Ich glaube, dem ist wirklich nicht so. Da war wohl Herr Ewald Stadler fehl am Platz, Stadler, den ich lieber als Ewald "Bello" Stadler bezeichnen möchte, aber nicht als "Bello" der Schöne, sondern als Ewald der Wadlbeißer, der immer hier herkommt, um anderen in die Waden zu beißen, anstatt sachlich zu argumentieren.


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Was mich interessiert hätte, Herr Abgeordneter Stadler, wären ein paar konkrete Sachen gewesen, denn Fragen zu stellen, ist ja ganz einfach. Aber in Ihrer dringlichen Anfrage stehen in der Präambel sechs Formulierungen, von denen die letzten drei vielleicht konkret sind – darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein –, die Punkte 1, 2 und 3 aber nur Phrasen. Hier steht unter Punkt 1: "Übergang zu einer leistungsbezogenen Besoldung". Ich möchte von Ihnen wissen, was eine leistungsbezogene Besoldung ist. – No na net! Alle sind wir dafür, daß leistungsbezogen besoldet wird! Das ist doch klar! (Abg. Ing. Reichhold: Lesen Sie den Antrag!) Aber da springt der Aff’ ins Wasser, wenn man definiert, was eine leistungsbezogene Besoldung ist. – Aber dem entziehen Sie sich, denn damit müßten Sie sich nämlich der Kritik stellen, damit müßten Sie nämlich dann Rede und Antwort stehen! (Abg. Dr. Graf: Lesen Sie den Antrag!)

Unter Punkt 2 heißt es: "Angemessenheit der Bezüge". No na net! Natürlich sind wir für angemessene Bezüge! – Aber was sind angemessene Bezüge? Sagen Sie uns das doch endlich! Kommen Sie heraus und sagen Sie, was ein "angemessener Bezug" ist. Aber Sie verschweigen sich! (Abg. Dr. Graf: Lesen Sie unseren Antrag!) "Lesen Sie unseren Antrag", sagen Sie. Na geh!

Ich komme zum dritten Punkt, und darum bringe ich Ihnen ein Beispiel, denn einmal haben Sie es ja gewagt. – Unter Punkt 3 steht: "Vermeidung von ungerechtfertigten Doppelbezügen". – No na net sind wir gegen ungerechtfertigte Doppelbezüge! Mich würde nur folgendes interessieren: Was sind dann gerechtfertige Doppelbezüge? Bringen Sie mir bitte Beispiele! (Abg. Dr. Graf: Zukunftswerkstatt!) Manchmal weiß man gar nicht, für welche Anzahl von Bezügen Sie überhaupt sind. Aber dazu sollten Sie den Präsidenten Brauneder reden lassen, der könnte auch über Dreifachbezüge reden. Warum Doppelbezüge, wenn es auch dreifach geht? Da hätten Sie, so glaube ich, mehr einzubringen. – Also so nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hatten am 13. Dezember 1993 hier eine Diskussion, in der Sie Ihr neues Bezügemodell für Abgeordnete eingebracht haben. Ich habe in den Annalen nachgeschaut und bin draufgekommen, daß wir das damals sehr genau nachgerechnet haben. Herausgekommen ist – das war Ihr Bezügemodell, bitte, das Sie hier vehement vertreten haben; es war kompliziert, mit irgendwelchen Anwesenheitshonoraren und Stempelmarken, die man bekommen hätte, mit allen möglichen und guten Wünschen und Briefchen –, daß Abgeordneter Haider, der damals 2,056 670 Millionen Schilling bekommen hat, nach der Bezügereform, die Sie vorgeschlagen haben, 2,106 728 Millionen Schilling gehabt hätte. (Abg. Dr. Haider: Rechnen haben Sie noch nie können! In Rechnen sind Sie so gut wie Kostelka bei seinen Doppelbezügen!)

Ja da kommt ein dickes Plus heraus. (Abg. Leikam: Für weniger Leistung!) Also das ist einmal probiert worden. Man hat versucht, ein bißchen zu schwindeln, damit mehr aus dem Füllhorn herauskommt. Das war jedenfalls Ihr damaliger Versuch. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber was steckt denn da wirklich dahinter? – Ich glaube, daß die Bezügediskussion ja nicht nur eine Diskussion über Bezüge ist, denn das wäre viel zu kurz gegriffen. Sie sollten viel ehrlicher sein! Sie sind ja heute im Ordensgewand, Sie sollten hier herauskommen, ein bisserl das Haupt neigen, die Hände verschränken und ins Mikrophon hineinmurmeln, aber ehrlich murmeln. Lieber ehrlich gemurmelt, als falsch und verlogen geschrien. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine, das Ganze ist nur eine Symptomdiskussion. Aber es geht in Wirklichkeit um eine Systemdebatte. Dahinter steckt die Strategie ... (Abg. Dr. Haider: Welches Buch haben Sie heute in der Parlamentsbibliothek gesucht?) Das Buch ist gut. Ich habe heute ein gutes Buch gefunden. Es heißt: "Ins Parlament, um es zu zerstören", von Franz Schausberger. (Abg. Dr. Haider: Das ist leider vergriffen!) Ich habe es trotzdem aufgetrieben, es ist nicht vergriffen. (Abg. Ing. Reichhold: Sie zerstören das Parlament, indem Sie die Geschäftsordnung ändern!) Das ist ein interessantes Buch. Das wäre ein Buch, aus dem man eine Lesestunde im FPÖ-Klub veranstalten sollte. Dort wird ohnehin sehr selten gelesen. – Gratulation der ÖVP zu diesem Buchautor: Franz Schausberger. Ich muß sagen: Ein wirklich ausgezeichnetes Buch, ein sehr interessantes Buch, in welchem über Initiativen und Diskussionen der damaligen Nationalsozialisten berichtet wird. (Abg. Dr. Haider: Du solltest einmal darüber nachdenken, was ihr mit der Ge


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schäftsordnungsreform macht!) Ich sage jetzt gleich dazu – ich setze nicht eins zu eins gleich, das tu ich nicht –: Es gibt verdammt viele Ähnlichkeiten, die einfach nachdenklich machen! Das Nachdenken ist im übrigen ohnehin etwas, was in der FPÖ-Fraktion teilweise fehlt.

Schausberger schreibt zum Beispiel: Besonders intensiv verfolgten die Nationalsozialisten das Politikerprivilegienthema im Niederösterreichischen Landtag. Gleich in der Konstituierenden Sitzung forderten sie in einem Antrag, den Bezug der Abgeordneten, der rund 475 S monatlich betrug, abzuschaffen, und dafür eine Entschädigung von 30 S für jede Sitzung auszubezahlen. – Man war gegen Dienstautos für Mitglieder der Landesregierung. Nachdenklich stimmt auch die Art und Weise, wie vorgegangen wurde: Einbringen zahlreicher, überwiegend dringlicher Anfragen. (Abg. Ing. Reichhold: Also: Wer gegen Privilegien ist, ist ein Nazi!? Das ist eine interessante Feststellung!) Weiters: Häufig und oftmals lang dauernde Wortmeldungen. Dann: Aktualisierung und Aufzeigen tatsächlicher oder vermeintlicher Skandale, Affären und Korruptionsfälle. (Abg. Dr. Haider: Also, wer gegen Privilegien ist, ist ein Nazi!?) Zuhören! Zuhören! Sie haben ohnehin zwei Ohren, Sie können eines ausschalten, aber mit dem zweiten wenigstens zuhören! Das ist nämlich ganz interessant. (Abg. Dr. Haider: Also, wer gegen Privilegien ist, ist ein Nazi!?)

Weiters: Polemische aggressive und provozierende Formulierungen in den Reden der NS-Abgeordneten. – Der Van der "Bello" sollte da besonders genau zuhorchen, denn das ist etwas, was ihn wirklich betrifft! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt zur Lieblingsrolle: Spielen einer Märtyrerrolle wegen der oftmals deftigen Reaktionen der anderen Parteien, heißt es hier. – Fast alle beherrschen mittlerweile schon die Märtyrerolle. Heute war es der Holger Bauer, der uns das ja fast tränenrührend vorgespielt hat.

Immer wieder das gleiche: Privilegien, Parteibuchwirtschaft, Gesinnungsterror. Immer wieder die gleiche Masche. Also es war schon einmal!

Ich sage es noch einmal: Nicht eins zu eins, aber es ist verdammt ähnlich! (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider .) Mehr Demut, Bruder Haider, nicht unterbrechen im Refektorium. Im Refektorium ist Stille angesagt, Stille und Einkehr, oder ab in die Sakristei. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Nur diese Möglichkeiten gibt es heute! (Beifall bei der SPÖ.)

Also kurz und gut: Es geht um eine Systemdiskussion. Da sage ich: Man sollte wirklich über die Stellung des Parlamentes debattieren: stärker oder schwächer gegenüber der Exekutive? Ich bin für eine Stärkung, für einen Infrastrukturausbau, für mehr Mitarbeiter. Ich glaube, daß da wirklich die Chancengleichheit ausgebaut werden sollte. (Abg. Dr. Graf: Für mehr Gehalt für Abgeordnete, für weniger reden, für höhere Bezüge! – Ruf bei den Freiheitlichen: Für das Ändern der Geschäftsordnung!)

Oder: die Frage des Parlamentes im politischen System, zum Beispiel in bezug auf die Sozialpartner. – Ich bin dafür, daß hier die Vertreter, die Entscheidungsträger des politischen Systems sitzen. Jawohl, sie sollen hier im Parlament sitzen und mitentscheiden! (Abg. Dr. Graf: Am besten nur diese! Keine Opposition!) Warum habe ich jetzt "Sozialpartner" gesagt? – Um mich ganz langsam an die Arbeiterkammer heranzuarbeiten, und damit komme ich zur Mitgliederbefragung der Arbeiterkammer. Und da erinnere ich mich, daß Sie ja im Zuge Ihrer Agitation für die "Dritte Republik" das alles beseitigen wollten: die Kammern, die Verbände. Sie wollen sie hier im Parlament nicht haben. Jetzt machen Sie über die Bezüge eine Diskussion. (Abg. Dr. Haider: Die Nazis wollten ja die Verbände haben!) Sie wollen diese politische System nicht haben. Aber da haben die Mitglieder der Kammer Ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, und zwar einen gewaltigen Strich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was Sie damit suggerieren wollen, ist – und das paßt alles mit dem, was ich vorhin aus dem Buch von Schausberger zitiert habe, zusammen –, die Wertigkeit des Parlamentes herabzusetzen.

Denn was heißt das anderes bitte – und damit verschärfen Sie auch die Vertrauenskrise –, wenn man an die Öffentlichkeit geht und sagt, statt 183 könnten auch 100 Abgeordnete da sein?


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Das heißt, es sind 83 überflüssig. Mag sein, daß 41 (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) oder 40 hier nicht ganz so notwendig sind. Das will ich gar nicht abstreiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich sage: Das ist natürlich etwas, wodurch das Parlament abgewertet wird! Die Frage ist: Warum macht Ihr das?

Oder warum machen Sie den Vorschlag, sieben Regierungsmitglieder reichen auch? Das haben wir ohnehin schon einmal diskutiert: Reichhold, Meischberger und so weiter! Na, das wäre eine Regierung! Na servus! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Also da könnten sich die Österreicher bedanken. Da würde ich sagen: Da wäre es ohnehin besser, würde es nur sieben Regierungsmitglieder geben, denn wenn man sich vierzehnmal Meischberger und sechsmal Reichhold und dann noch den soundso vorstellt, Wahnsinn, und dann den "Bello" als Pressesprecher, der immer an die Öffentlichkeit tritt, das wären Sachen, ein Wahnsinn! (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Also man muß sich die Frage stellen: Welche Zielsetzung steckt da dahinter? Und da gehen wir weiter. – Ich hoffe es gefällt Ihnen heute, Herr Abgeordneter Stummvoll, weil Sie immer ein sehr harter Kritiker sind, aber ich habe ohnehin den Schausberger gelobt. Also ich glaube, Ihr Stirnrunzeln ist heute etwas reduzierter. (Abg. Dr. Stummvoll: Sehr gut!)

Genauso ist es beim nächsten Punkt, bei der Parteienförderung, bei der Parteisteuer. Ich habe irgendwo gelesen, Sie wollen die Parteisteuer abschaffen. Erstens einmal ist das unser Kaffee (Beifall bei der SPÖ), ob wir das, was wir verdienen, weitergeben. Das sage ich einmal gleich eindeutig. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Zweitens kann man durchaus über all das diskutieren. Nur: Was ist die Alternative zur Parteiendemokratie? (Abg. Dr. Graf: Wenn es ein Steuerabzugsposten ist, ist es nicht allein Ihr Kaffee!) Warten Sie, ich komme gleich dazu! – Die Alternative ist, daß man vielleicht keine Parteienstrukturen will. Vielleicht will man das gar nicht? Vielleicht soll eine andere Republik, eine Republik mit anderen Führungsstrukturen aufgebaut werden. Ich behaupte: Jawohl, das ist so! – Weil es ihm zuwider ist, dauernd in Parteiengremien abfragen, abstimmen, entscheiden lassen zu müssen und so weiter. Anstelle dessen kommt der Lobbyismus der Reichen. Während wir über Spesen, Fahrtkosten und so weiter diskutieren müssen, braucht das der Bruder Haider nicht. Da kommt dann vom Himmel herab plötzlich ein Hubschrauber, plötzlich kommt er, er hat in geschickt, den Hubschrauber (Abg. Dr. Haider: Vranitzky kommt mit dem Jet!), er kann einsteigen, er bringt in wieder weg; leider laßt er ihn wieder herunter, er nimmt ihn nicht zu sich, sondern er bringt ihn ja wieder weg. Aber damit kann er von einer blauen Klause zur anderen blauen Klause reisen, kann sich transportieren lassen. (Abg. Dr. Haider: Nehmt mich einmal mit!) Man sollte das wirklich hier einmal offen diskutieren und aufarbeiten.

Es wird bei dieser Diskussion über die Wertigkeit, über die Leistung, über das, was wir zu erbringen haben, völlig geleugnet, daß, seit Österreich Mitglied der Europäischen Union ist, der Arbeitsanfall größer geworden ist, daß durch die Aufwertung des Parlamentes der Arbeitsanfall größer geworden ist. Darüber wird nicht diskutiert. Wozu auch? – Ihr wollt ja nur die Vertrauenskrise weiter verschärfen. Man will nicht haben, daß das Parlament an Vertrauen gewinnt. (Abg. Ing. Reichhold: Ihr wollt die Opposition abschaffen und die Geschäftsordnung ändern!)

Noch einmal: Mit welchen Ziel soll das passieren? – Das möchte ich hier einmal von den "blauen" Rednern, die hier herauskommen, hören! Weshalb wird das nicht hier gesagt? Es wird immer nur Selbstbeweihräucherung betrieben, bis man völlig vernebelt ist und schon den heiligen Franziskus da oben sitzen sieht. (Abg. Dr. Haider: Der Ministrant steht dir gut!) Das ist ja absurd, bitte. – Daher meine ich, daß es notwendig wäre, die Dinge klar anzusprechen.

Weil jetzt gerade die Bruderschaft hier so versammelt ist, möchte ich natürlich auch aus dem Matthäus-Evangelium ein Zitat bringen (Heiterkeit bei der SPÖ), und zwar heißt es dort: Das Maß, mit dem ihr meßt, wird auch euch angelegt werden! – Es ist überflüssig, das dem Bruder Haider zu sagen, denn er kennt natürlich das Matthäus-Evangelium sehr genau, weil das ja seine Tätigkeit neuerdings ist. – Aber das ist, glaube ich, richtig, und zwar aus zwei Gründen.


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34. Sitzung / Seite 103

Punkt 1: Der "berühmte" § 18 des Einkommensteuergesetzes, außerbetriebliche Versorgungsrente, Steuerprivileg. Das ist das, wo es sich Haider erspart, Hunderttausende Schilling Steuer zu zahlen. Aber vielleicht – wenn er uns einmal überrascht mit der Vorlage seines Steuerbescheides – zahlt er überhaupt keine Steuer. Kann ja auch sein, daß er, klug genug, da ein Institut gefunden hat, das man schon längst beseitigen sollte, damit man endlich einmal – wenn wir schon über das reden: 25 Prozent weniger und Spenden, die Abgeordneten verdienen zu viel und so weiter – zu einer endgültigen Regelung kommt. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Haider und Mag. Stadler. )

Wieso? Es wäre doch die Aufgabe von Bruder Haider, diese Veränderung einzufordern. Warum tut er das bitte nicht? (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Haider soll seine Steuererklärung vorlegen. – Und weiters: Brauneder. Man muß sich das ansehen: 5. Juli, Parteiaussendung Brauneder. Verschämt, diese Aussendung, da er nur die Nettobezüge hineinschreibt. Wieso nur die Nettobezüge? Wenn ich mir da die Reden der F-Abgeordneten anhöre, höre ich immer nur von den Bruttobezüge der anderen. Da hört man nur: brutto, brutto, brutto! Und wenn dann der Brauneder kommt, heißt es nur: netto, netto, netto. Das ist Ihre Strategie! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dreifach, fette Bezüge – aber nur netto! Um nicht zahlen zu müssen, sagt Brauneder: Der Sozialfonds von der FPÖ ist "gaga". Da geht das Geld rein, sagt er, und man weiß nicht, wo es rausgeht. Er kennt die Geschichten vom Schweitzer, und das geht ihm auf die Nerven. Brauneder sieht also nicht ein, warum er auf diese Art vielleicht die FPÖ finanzieren soll.

Das, was da heute aufgezählt wurde, ist nichts, denn man mußte schon wissen: Wieviel wurde insgesamt in den Sozialfonds einbezahlt? Wieviel wurde insgesamt ausbezahlt? Sich einfach hier herzustellen und zu sagen, ich habe irgendwelche Kindergärten gefördert – das können wir auch, das ist keine Kunst. Aber da fehlt ja die Gesamtrechnung. Die wird aber bewußt nicht gebracht. Und das ist der Skandal! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wäre der Höchtl nicht so nett gewesen, 21 Jahre lang von seinem Weg aus Klosterneuburg in die Laudongasse immer völlig desinteressiert an der Wirtschaftsuniversität vorbeizufahren, wären wir nie auf den Fall Brauneder gekommen, denn das hätten Sie von den Freiheitlichen nämlich niemals von sich aus aufgezeigt.

Zu guter Letzt noch einmal Matthäus-Evangelium, das ist eine Fundgrube: "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!" – Ab in die Hölle! (Heiterkeit und anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemeldet. – Die Geschäftsordnung ist bekannt. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Der eindeutig erkennbare Ex-Ministrant Josef Cap hat zunächst tatsachenwidrig behauptet, wir Freiheitlichen hätten keine konkreten Modelle zu einem leistungsgerechten Bezügemodell vorgelegt. Das ist unrichtig!

Auf der heutigen Tagesordnung stehen – in der unterbrochenen Debatte – zur Behandlung: die Anträge 69/A (E) der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen, 71/A (E) gleiche Antragsteller, 106/A (E) ebenfalls gleiche Antragsteller, und sämtliche Anträge sehen detailliertest ein leistungsgerechtes Bezügemodell vor.

Zweitens hat Abgeordneter Cap behauptet, daß Präsident Brauneder Bezieher von Dreifachbezügen sei. Das ist unrichtig! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ sowie Rufe: Vierfache!)

Präsident Brauneder bezieht lediglich in sein privates Vermögen einen Bezug als Ordinarius für Österreichische und Deutsche Rechtsgeschichte an der juridischen Fakultät der Universität Wien, und er hat zweitens einen Bezug als Abgeordneter mit den entsprechenden, nach dem


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Bezügegesetz vorgesehenen Erhöhungen als Dritter Präsident des Nationalrates. Einen darüber hinausgehenden Bezug bezieht Herr Kollege Brauneder nicht. (Abg. Leikam: Bezüge als Stadtrat in Baden!)

Insbesondere der Bezug eines Stadtrates wird sofort von der zuständigen Abteilung der Stadtgemeinde Baden direkt auf entsprechende Konten, die nicht seiner Verfügungsgewalt unterliegen, überwiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fuhrmann: Das halte ich nicht aus! Das ist doch eine Finanzierung der FPÖ Niederösterreich!)

17.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte.

17.05

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es ist doch erstaunlich, wie viele Politiker Gagen oder Gehälter beziehen, über die sie nicht verfügen. Warum beziehen sie sie dann? Ich verstehe das nicht!

Noch einige Bemerkungen zu dem Amüsanten von Josef Cap. Es war wirklich amüsant, mein Kompliment! Nur trotzdem, lieber Dr. Cap, halte ich Ihren Verhaltensvergleich, den Sie an Hand des Buches "Ins Parlament, um es zu zerstören", ein Buch von Franz Schausberger, angestellt haben, ein Vergleich: Freiheitliche und Nationalsozialisten, einfach nicht für passend. Ich halte ihn nicht für gut, und ich glaube auch nicht, daß er nützlich ist, obwohl ich zugestehen muß, daß die Strategien der FPÖ mir persönlich auch immer unerklärlicher werden, nur halte ich Ihren Vergleich für überzogen.

Die heutige Dringliche hatte sehr viel zu tun mit der Diskussion über unsere Geschäftsordnung. Die Diskussion über die Neuregelung der Geschäftsordnung – eine sehr wichtige, eine ganz wesentliche Debatte hier in diesem Hohen Hause – wird durch diese dringliche Anfrage in die Nacht verschoben und so zweifellos abgewertet. Das kann eigentlich nicht das Ziel der freiheitlichen Fraktion sein.

Die Debatte über die Politikerbezüge ist meines Wissen nach auch schon vor dieser Dringlichen gelaufen. Ich weiß nicht, warum wir das mit einer Dringlichen wiederholen sollen? Aber es kommt ja noch Abgeordneter Krüger hier herunter und wird uns das vielleicht erklären. (Abg. Dr. Haider: Warum meldest du dich zu Wort, wenn es ohnedies sinnlos ist?) Weil ich glaube, daß es einen Sinn macht, Jörg, zum Inhalt eurer Dringlichen Stellung zu nehmen. (Abg. Mag. Stadler: Er glaubt, es macht nur Sinn, wenn er dazu redet!) Herr Stadler! Wenn Sie das sagen, ist es wirklich peinlich. (Abg. Mag. Stadler: Sie selbst sind peinlich!) Ich danke Ihnen für das "Kompliment", Herr Stadler – aber ich werde jetzt auf Ihre weiteren Zwischenrufe nicht mehr eingehen.

Ich meine, es ist notwendig, zu dieser Dringlichen Stellung zu nehmen, weil sie eine der Gründe dafür ist, warum wir die Geschäftsordnung des Nationalrates ändern müssen. Die Freiheitlichen haben zu jeder Sitzung eine neue Strategie gefunden, und die restlichen vier Fraktionen mußten nach dieser Pfeife tanzen. Eigentlich ist es bedauerlich, daß jede Form der Änderung der Geschäftsordnung letztlich auch eine Einschränkung der Oppositionsrechte ist. (Abg. Mag. Stadler: Das wollt ihr ja!), aber diese Einschränkungen der Oppositionsrechte sind offensichtlich notwendig, um eine freiheitliche Fraktion, die alle Beißhemmungen abgelegt hat, zu disziplinieren. (Abg. Mag. Stadler: Ihr schießt euch ins eigene Knie – und dann jammert ihr darüber!)

Ich glaube nicht, daß es gut ist, wenn ihr so weitertut und euch dem Verdacht aussetzt – ich spreche das nicht aus, sondern ich sage: ihr setzt euch dem Verdacht aus –, vorsätzlich das Parlament zu einer "Quatschbude" machen zu wollen. Welches Interesse haben also die Freiheitlichen daran, unter einer laufenden Debatte eine Dringliche zum selben Thema dazwischenzuschieben? – Ich bitte Herrn Krüger, der dann sprechen wird, dazu etwas zu sagen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )


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Ich bin als Liberaler wirklich nicht Ihr Verteidiger, Herr Bundeskanzler – ich nehme an, Sie werden mich auch nicht brauchen –, aber dennoch halte ich es schön langsam für unerträglich, wenn wir immer wieder von demselben reden. Also: Es gibt einen privatwirtschaftlichen Vertrag eines Generaldirektors einer Bank. Da kann man sagen: Der Bezug war zu hoch oder zu niedrig – dafür trägt aber nicht derjenige, der ihn bekommen hat, die Verantwortung, sondern der Aufsichtsrat, der diesen Vertrag unterschrieben hat. – Ich bitte also, jene Persönlichkeiten ausfindig zu machen, die damals im Aufsichtsrat gesessen sind, um festzustellen, daß diese einen Vertrag gegeben haben, der schlecht und unerträglich ist. (Abg. Mag. Stadler: Das war doch eine verstaatlichte Bank! Da war es üblich, in den Aufsichtsrat lauter Politiker zu setzen!) Er redet schon wieder, der Stadler! Das ist erstaunlich. Herr Stadler! Sie haben mir gerade versprochen, daß Sie nichts mehr sagen wollten. (Abg. Mag. Stadler: Das war doch eine verstaatlichte Bank, da war es doch üblich, daß im Aufsichtsrat lauter Politfunktionäre drinnen sitzen!)

Herr Präsident! Ich schlage vor, ich mache eine kurze Pause, bis er fertig ist. Ich habe ja noch Zeit. (Abg. Mag. Stadler: Zwischenrufe sind gestattet!) Ja, aber nur nicht von so unendlicher Dummheit, das ist das schwer Erträgliche! (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich meine, wir sollten mit dieser dringlichen Anfrage das Thema "Bezüge des Herrn Bundeskanzlers" abschließen. Wir kennen sie nun einmal; er hat beschlossen, daß sie so sind, und er wird dabei bleiben. Aber wir sollten nicht das Parlament weiterhin damit beschäftigen.

Eine Frage ist mir auch noch wichtig, und das ist eine Frage des Selbstverständnisses diesen Hohen Hauses. Das Bezügegesetz ist eine Uraufgabe der Legislative, wo wir selbst uns die Rahmenbedingungen der Arbeit und unserer Entlohnung setzen. Sie ist kein Thema der Exekutive, daher auch kein Thema für eine dringliche Anfrage. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits.

17.10

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schließe mich den Worten des Kollegen Peter an: Kaum etwas, was in dieser Anfrage abgefragt wurde, ist tatsächlich Gegenstand der Vollziehung und damit auch jetzt, technisch betrachtet, einer dringlichen Anfrage sozusagen fähig. Nichtsdestotrotz ist es natürlich gerade auch an solch einem Tag legitim, diese Diskussion zu führen.

Geschätzter Herr Bundeskanzler! Insofern bin auch nicht Ihrer Auffassung und finde es für nicht angebracht, wenn Sie in Beantwortung der Anfrage, die ich durchaus für korrekt im Sinne meines Verständnisses halte – ich kann nicht nachvollziehen, ob tatsächlich jede Auskunft, die Sie hier gegeben haben, richtig war –, davon sprechen, daß diese Vorgangsweise, hier überhaupt eine Anfrage zu stellen, unseriös, unverfroren und lächerlich sei. – Es ist das Recht einer Oppositionspartei, dringliche Anfragen zu stellen, und es ist das Recht einer Oppositionspartei, sie an jenem Tag zu stellen, wo sie es für notwendig erachtet. (Bundeskanzler Dr. Vranitzky: Es ist aber mein Recht, das zu beurteilen!)

Ja, und mein Recht ist es, zu beurteilen, wie Sie etwas beurteilen. Und dieses Recht nehme ich mir jetzt heraus. Darum ist es ja lieb, wenn Sie von mir hinten zuflüstern. (Bundeskanzler Dr. Vranitzky: Sie schauen mich so herausfordernd und einladend an!) Dann wende ich Ihnen den Rücken zu und setze fort.

Ich erlaube mir, die Meinung zu deponieren, daß mir die Ausdrücke "unseriös", "unverfroren" und "lächerlich" nicht angebracht zu sein scheinen. Ich bin ganz bestimmt nicht dem Verdacht ausgesetzt, mit dieser ganz rechten Hälfte dieses Parlaments auch nur irgendwie zu sympathisieren, denn diese Kollegen – Kolleginnen kann ich jetzt gar nicht sagen, denn es waren nur Herren – haben mir hier in Form von Zwischenrufen schon einiges, was meine Person anlangt, zugerufen, und es ist auch im Stenographischen Protokoll vermerkt, daß sie mir Verbrechen und Beteiligung daran unterstellen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Geschätzter Herr Bundeskanzler! Ihnen den Rücken zuwendend sage ich Ihnen, da habe ich keine Sympathie, nichtsdestotrotz meine ich aber, daß man korrekt vorzugehen hat.

In Richtung des Kollegen Cap. Ich weiß nicht, ob ich es schon gesagt habe, aber: Einige Kolleginnen und Kollegen haben hier schon öfter in Debatten, in denen es um die Freiheitliche Partei ging, darauf hingewiesen, wie unerhört wir es finden, daß die Freiheitlichen ständig Tiervergleiche bringen, die sie auf Menschen beziehen, (Abg. Dr. Haider: "Bello"!, "Dobermann"!) Das ist doch etwas, was wir nur aus der nationalsozialistischen Zeit kennen. Darum, meine Damen und Herren, finde ich es unerhört und unpassend, unerhört geschmacklos, wenn Kollege Cap hier bei seinen Ausführungen den Kollegen Mag. Ewald Stadler als Ewald "Bello" Stadler bezeichnet. (Abg. Mag. Stadler: Mit dem kann ich leicht leben!) Ich halte das für nicht angebracht. Ich halte auch das für eine Art und Weise, wie man den politischen Stil in diesem Haus gänzlich ruiniert.

Ich unterstelle jetzt dem Kollegen Cap eine gute Absicht, aber lieber Kollege Cap: Genau das, was du tust, ist das, was die Freiheitlichen wollen, nämlich dieses Parlament auf eine Stufe zu stellen ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das hat er ja mit dem Schausberger-Zitat getan. Nur tappt er jedesmal, wenn er hier herunterkommt, in die eigene Falle. Lieber Sepp Cap! Nicht nur, daß mir das persönlich mißfällt: Ich halte das für gefährlich, und ich halte das für dieses Haus nicht für angebracht.

Aber wenn es um die Freiheitlichen geht, muß ich schon auch etwas zu dieser tatsächlichen Berichtigung des Kollegen Mag. Stadler sagen. Alles, was er über die Dreifachbezüge des Dritten Präsidenten zum Nationalrat, Professor Brauneder, gesagt hat, kann ich, was den Richtigkeitsgehalt anlangt, nicht beurteilen; Ich habe das zur Kenntnis genommen. Mag. Stadler hat aber vergessen, hinzuzufügen: Dieser Verzicht auf das Gehalt eines Stadtrates gilt, liebe Kolleginnen und Kollegen, seit 1. Juli 1996. Wenn ich auf den Kalender schaue, sehe ich: Heute ist der 9. Juli. – Ich meine also, damit entblößt er sich selbst. Ich hoffe, daß wir im Zuge der Debatte um den heute eigentlich wichtigen Tagesordnungspunkt, nämlich die Bezügereform – ich habe ja vorher schon das Wort dazu ergriffen –, noch Redebeiträge von der Qualität, geprägt auch von Selbstkritik wie die Rede des Kollegen Dr. Löschnak, aber auch wie die der Kollegin Gitti Ederer und – einige weitere Namen lassen ja in die Richtung vermuten, daß es so etwas gibt, – hören werden.

Und ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß der heutige Tag nicht dazu dient, daß das Parlament noch einmal ein Schäuferl sozusagen zulegt in diesem Spiel, das wir schon so lange spielen. Damit machen wir uns selbst lächerlich, und das dient nur dazu, daß die Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite dieses Hauses noch mehr Möglichkeiten und noch mehr Grund haben, das in einer Art und Weise – man kann es populistisch, man kann es ung’schmackig nennen – aufzugreifen. Jedenfalls ist das nur dazu geeignet, unseren eigenen Berufstand herunterzumachen. Es hat der Herr Bundeskanzler schon einiges dazu gesagt, wo ich ihm zustimme, wo ich seiner Meinung bin – ich habe übrigens auch zweimal applaudiert.

Wenn Sie aber Ihre Ausführungen – ich meine jetzt nicht so sehr jene zur dringlichen Anfrage, sondern zum Gegenstand der heutigen Diskussion – mit den Worten beendet haben: "Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden", nämlich jetzt sofort zu handeln, "weil damit ein klares Signal der Beschränkung und der Transparenz gesetzt wird", so muß ich Ihnen dazu sagen: Geschätzter Herr Bundeskanzler! Von Transparenz kann keine Rede sein. Ich kann nur sagen: Sie irren sehr. Aber jeder, der irrt, kann auch seinen Irrtum einsehen. (Beifall bei den Grünen.)

17.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Er hat das Wort.

17.17

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Abgeordneter Cap hat unter Berufung darauf, daß von der freiheitlichen Opposition Worte


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wie "Privilegien", "Mißwirtschaft", "Bonzentum" gefallen sind, einen historischen Vergleich angestellt, und zwar mit einer Zeit, die 1945 abgeschlossen wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt mehrere Zugänge zu einem Thema. Der eine Zugang des Kollegen Cap ist üblicherweise der humoristische – der andere Zugang ist offensichtlich jener, daß man versucht, ein derart wichtiges Thema zu immunisieren, indem man sozusagen die Faschistenkeule herauszieht und auf die Freiheitlichen einschlägt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Argumentation des Kollegen Cap konsequent anwendet, dann müßte man zwangsläufig zum Ergebnis kommen, daß Nachrichtenmagazine wie "NEWS", "profil" oder Tageszeitungen wie "Kurier", "Kronen-Zeitung", "täglich Alles" oder "Oberösterreichische Nachrichten" ebenfalls diesen Jargon verwenden: Es ist doch bitte selbstverständlich, daß man angesichts der derzeitigen Bezügesituation von einem "Privilegienstadl" von "Mißwirtschaft" und von "Bonzentum" spricht.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie diese Parallele anstellen, dann sagen Sie aber bitte auch gleich dazu, daß sich die soeben von mir genannten österreichischen Medien eines "Stürmer"-Jargons bedienen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers. Herr Bundeskanzler! Ich habe mir einige Worte Ihrer Anfragebeantwortung notiert, um jetzt darauf eingehen zu können. Sie haben zunächst – angesprochen auf Ihre persönlichen Vertragsverhältnisse seinerzeit als Generaldirektor der Länderbank – von einem "Standardvertrag" gesprochen. – Verehrter Herr Bundeskanzler, auch durch meine Hände ist eine Vielzahl von Verträgen gegangen, und ich habe selber für Spitzenmanager der Wirtschaft Verträge formulieren dürfen. Aber ich darf Ihnen sagen: Wenn Sie diesen Vertrag, in dessen Genuß Sie gekommen sind beziehungsweise noch laufend kommen, als Standardvertrag bezeichnen, so ist das entweder eine unredliche Argumentation, oder es ist das eine bewußte Verharmlosung eines der größten Privilegienskandale in der Zweiten Republik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen das auch beweisen, Herr Bundeskanzler! Ich werde Ihnen auch beweisen, daß der von Ihnen genannte Vertrag keineswegs den Formalien eines Standardvertrages entspricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Sie waren drei Jahre bei der Länderbank – ausgerechnet bei einer Bank, die nur durch öffentliche Hilfe vor dem Konkurs gerettet werden konnte. Welche "Früchte" haben Sie jetzt aus einem sogenannten Standardvertrag gezogen? – Sie haben zunächst für drei Jahre Tätigkeit bei der Länderbank eine Abfertigung bezogen, die nicht den 36 Monaten, die Sie dort zurückgelegt haben, entsprochen hat, also dem doppelten Monatsbezug, wie es nach dem Angestelltengesetz üblich und legistisch einwandfrei ist, sondern Sie haben sich eine Abfertigung ausbezahlen lassen, die nicht nur die drei Jahre betrifft, sondern die die gesamten Vordienstzeiten, also auch die Vordienstzeiten bei der ebenfalls staatsnahen CA und bei der Nationalbank umfaßt.

Das ist das Entscheidende, Herr Bundeskanzler! Da kann man nicht sagen, ich habe von den erwähnten Banken, die meine Karriere begleitet haben, keine Abfertigung bekommen. – Es steht fest: Sie haben von der Nationalbank eine Abfertigung bekommen, Sie haben von der CA eine Abfertigung bekommen und haben schlußendlich von der Länderbank eine Abfertigung bekommen, und zwar über den gesamten Zeitraum, also auch über Zeiträume, für die Sie bereits abgefertigt waren. Da können Sie mir doch nicht erklären, daß das einem Standardvertrag entspricht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweitens: Herr Bundeskanzler, Sie sprechen – gleichfalls verharmlosend – von einer "Anwartschaft auf eine Pension". – Herr Bundeskanzler! – Auch da muß ich Sie aufklären: Eine Anwartschaft auf eine Pension haben Abgeordnete des Hohen Hauses, die nach der derzeitigen Rechtslage dann in einen Pensionsgenuß kommen, wenn sie dem Hohen Haus zehn Jahre angehören. Das heißt aber umgekehrt, daß sie, wenn sie vor dem Ablauf von zehn Jahren aus dem Hohen Haus ausscheiden, keine Pension bekommen. Das ist eine Anwartschaft. Das ist eine bedingte Anwartschaft, Herr Bundeskanzler! Aber das, was Sie für drei Jahre Tätigkeit bei


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der Länderbank bekommen haben, ist keine Anwartschaft, sondern das ist ein unbedingter Anspruch, der fällig wird, sobald er nach dem Vertragstext abgerufen wird.

Ich darf Ihnen sagen, Herr Bundeskanzler, weil Sie hier auf einen "Standardvertrag" und auf eine sogenannte Üblichkeit für Spitzenmanager in der Privatwirtschaft verweisen: Derartige Unternehmen, die nicht staatsnahe oder verstaatlicht sind, müssen Sie mir erst nennen. Stellen Sie sich ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen vor, das einen Manager für drei Jahre Betriebsleitung nicht nur eine Abfertigung für einen wesentlich längeren Zeitraum, nämlich für 15 oder 20 Jahre, gewährt, sondern darüber hinaus eine unbedingte Pensionszusage erteilt, die – Sie verstehen das, Herr Bundeskanzler, Sie sind Absolvent der Wirtschaftsuniversität und Betriebswirt – in einer Bilanz als Rückstellung passiviert werden muß, passiviert werden muß, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ausmaß eines zweistelligen Millionenbetrages. Das ist das Entscheidende!

Sie wissen als ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bank ganz genau, Herr Bundeskanzler, daß es die oberste Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden ist, den Rechnungsabschluß, den Jahresabschluß zu bestätigen, und Sie wissen sehr genau, daß da die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden ist. Wenn diese Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes angewendet wird – ich zweifle nicht daran, daß das in den Bilanzen der jetzigen Bank Austria gemacht wird –, dann schlägt sich diese Passivpost mit einem zweistelligen Millionenbetrag in diese Bilanz – zugegebenermaßen um jedes Jahr weniger – durch. Das heißt – da wir die genauen Bezüge nicht kennen, sind wir auf Schätzungen angewiesen und können nur grob schätzen –, dieser unbedingte Anspruch auf eine Pension wäre mit einem Betrag von sage und schreibe 30 bis 50 Millionen Schilling, je nach der zugesagten Höhe, zu passivieren gewesen.

Herr Bundeskanzler! Das müssen Sie uns hier erklären! Gestatten Sie mir die Bemerkung, daß ich es absolut nicht gerne habe, wenn man einen Bundeskanzler der Republik Österreich möglicherweise da und dort als Paten einer Privilegienwirtschaft bezeichnen kann. Ich fordere Sie daher auf, endlich reinen Tisch zu machen. Was hindert Sie daran, Herr Bundeskanzler, sich nicht hinter Formalismen zu verstecken, zu sagen, daß das keine Frage der Vollziehung ist? Sie selbst sind betroffen, und als angesprochener Betroffener hindert Sie niemand daran, reinen Tisch zu machen, den Vertrag auf den Tisch zu legen und hier die tatsächliche Lage, wenn es sich anders verhält, zu dokumentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da gibt es nur eine Interpretation, daß Sie das nicht getan haben, denn die Diskussion um die Ihnen eingeräumten Privilegien, um den Länderbank-Vertrag ist ja nicht neu, die gibt es schon länger: Die Tatsache, daß Sie es bislang verabsäumt haben, dazu Stellung zu beziehen, läßt den Schluß zu, daß unsere Argumentation stimmt.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Eines möchte ich Ihnen auch noch, wenn Sie erlauben, ins Stammbuch schreiben. Wer durch den Steuerzahler entlohnt wird – egal, ob direkt vom Bund oder mittelbar über eine staatsnahe Bank –, hat sich einer Kontrolle, hat sich einer Diskussion über seine Bezüge zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie hier den Versuch unternehmen, sich salopp drüberzuretten, daß die Vertragsklauseln, die Ihnen jetzt zugute kommen – Vranitzky – Geschicklichkeit oder Spitzfindigkeit oder wie es formuliert wurde –, durchaus entsprechen und Sie der Meinung sind, eigentlich liegt da keine "Vranitzky-Klausel" vor, sondern eine "Vranitzky-Falle", dann frage ich mich, wie die Gratifikationen und Bezüge, wie dieser Abfertigungs- und Pensionsexzeß damit vereinbar sind.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Wie erklären Sie das beispielsweise einem Arbeiter der Teerag-Asdag, der im Schweiße seines Angesichts auf der Ringstraße Teer aufbringt und die schädlichen Stoffe einatmen muß? Wie erklären Sie das einem solchen Menschen? Oder haben Sie keinen Kontakt mehr zur arbeitenden Bevölkerung? Wie erklären Sie diesen Abfertigungs- und Pensionsexzeß etwa einem Arbeitslosen oder Unterstandslosen, der in der U-Bahn die Obdachlosenzeitschrift zu verkaufen versucht, um ein paar Groschen zu verdienen?


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! So geht es nicht! Man kann sich nicht so salopp über eine derart ernsthafte Sache – eine Sache, die in diesem Land niemand versteht – hinwegretten. Da nützen auch alle Vergleiche mit Üblichkeiten in der Privatwirtschaft nichts.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben die Begehrlichkeit in Österreich salonfähig gemacht. Ich sage das wirklich im Bewußtsein der Tragweite dieser Worte. Dieser von Ihnen geübte Abfertigungs- und Pensionsexzeß hat letztlich dazu geführt, daß sich viele Abgeordnete in den eigenen Reihen, die sich auf Ihre Privilegien berufen haben – jahrelang mit Erfolg –, zur Wehr gesetzt haben, daß endlich eine gerechte Bezügereform stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheitlichen werden dazu eine Fülle von Entschließungsanträgen einbringen, einer davon betrifft auch die Abfertigung. Ich darf darauf verweisen, daß die oberösterreichischen Freiheitlichen schon vor Jahren auf die Abfertigung verzichtet haben, einen Stopp der Valorisierung ihrer Bezüge geltend gemacht und auf Pensionen verzichtet haben.

Ich erinnere mich noch gut daran, daß seinerzeit der damalige Landeshauptmann Ratzenböck sehr großzügig, ja herablassend lächelnd unserem Landesobmann Dr. Achatz einen Brief geschrieben hat, in dem er ihn aufgefordert hat, die Vorschläge zu unterschreiben, die Landesrat Achatz eingebracht hat, nämlich in der Erwartung, daß sie ohnedies nicht unterschrieben werden. Es war dann Landesrat Achatz, der vor laufender Kamera zu diesem Verzicht bereit war und damit bewiesen hat, daß eben die Reformvorschläge der Freiheitlichen, auch was die Bezügereform anlangt, keine Lippenbekenntnisse sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Ich erteile es ihm.

17.31

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist das Verlangen gestellt worden, meine Einkommensverhältnisse aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit vor zwölf Jahren einer Kontrolle zu unterziehen.

Ich stelle fest, daß die damalige Österreichische Länderbank regelmäßig vom Rechnungshof geprüft wurde, daß die jeweiligen Rechnungshofberichte selbstverständlich im Rechnungshofausschuß des Nationalrates vorgelegt und diskutiert wurden, auch dem Plenum vorgetragen wurden, sodaß dem Verlangen nach öffentlicher Kontrolle schon vor vielen Jahren Rechnung getragen wurde.

Herr Präsident! Zweitens stelle ich fest, daß es keiner, wie hier behauptet wurde, Interpretation oder keines Gutachtens des Verfassungsdienstes bedarf, denn das Bezügegesetz sagt eindeutig, daß Pensionsansprüche, soferne sie einerseits aus einem Ministeramt entstehen, andererseits aus einem Unternehmen, welches vom Rechnungshof geprüft wird und soferne diese beiden zusammenfallen, zu gewähren sind. Aus diesem Grund erfolgt aus dem Titel einer Ministerpension oder einer anderen öffentlichen Pension keine Pensionsauszahlung an mich, wenn ich einmal in den Ruhestand trete.

Drittens ist selbstverständlich, daß ich über zwölf Jahre, auch wenn ich niemals in den Genuß einer Ministerpension kommen werde, einen Pensionsbeitrag entrichtet habe, sodaß ich darauf aufmerksam machen muß, daß das nicht ein Privileg ist, welches mir kostenlos in den Schoß fällt, sondern daß ich dem Gesetz entsprechend wie jedes andere Mitglied der Bundesregierung Pensionsbeitrag zahle, der zurzeit bei 20,4 Prozent des Bruttoeinkommens liegt.

Ich wurde hier aufgefordert, endlich den Vertrag auf den Tisch zu legen, wozu ich überhaupt nicht verpflichtet bin. Es ist aber auch gar nicht notwendig, denn die freiheitlichen Abgeordneten lesen ihn ohnehin in jeder Parlamentssitzung vor, also ist er hinlänglich bekannt.


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Darüber hinaus, Herr Abgeordneter, werden Sie verstehen, daß ich mich mit Ihnen bezüglich der Bilanzierung der Bank Austria hinsichtlich der Pensionsrückstellung nicht im Detail unterhalten kann, weil ich mich nicht damit befasse; das ist auch nicht meine Aufgabe.

Im übrigen: Wenn Sie mit dem Wort "Anwartschaft" nichts anfangen können und behaupten, große Erfahrung im Verfassen von Dienst- und Vorstandsverträgen zu haben, so ist Ihnen vielleicht doch entgangen, daß Vorstandsverträge bei großen Aktiengesellschaften stets so ausgefertigt und abgefaßt werden, daß eine gewisse Vordienstzeit angerechnet wird, denn es wird niemand unmittelbar nach Abschluß seines Studiums Vorstandsmitglied eines großen Unternehmens, sondern eben nach einer bestimmten beruflichen Zeit und einer bestimmten Erfahrung. Das war bei mir genauso, auch wenn Sie es nicht glauben und hier zehn- oder zwanzigmal das Gegenteil behaupten: Dieser Vertrag ist nahezu wortwörtlich – ich sage deshalb "nahezu", weil bestimmte Aktualisierungen immer stattfinden – der Vertrag meines damaligen Vorgängers, dessen Vertrag wieder so lautete wie jener seines Vorgängers, sodaß es hier gar nicht darum ging, irgend etwas individuell auszuhandeln, sondern das war ein Standard-Vorstandvertrag in diesem Institut, in dieser Aktiengesellschaft. (Abg. Dr. Krüger: Sie sind für ein und dieselbe Zeit abgefertigt worden!)

Sie kennen den Vertrag ohnehin genau, und wenn Sie sich so vertragskundig erweisen, dann lesen Sie ihn vielleicht noch einmal durch, dann werden Sie sehen, daß ... (Abg. Dr. Haider: Er meinte, daß Sie für ein und dieselbe Zeit abgefertigt worden sind!)

Nein, das ist nicht richtig, aber es ist hier wirklich nicht der Ort, das im einzelnen zu diskutieren.

Weil Sie sagen "Anwartschaft", weise ich noch darauf hin, daß ich mit der Bankleitung eine Vereinbarung getroffen habe, eine schriftliche Vereinbarung, eine bindende Vereinbarung, während der Zugehörigkeit zur österreichischen Bundesregierung keinerlei Pensionsbezüge zu beziehen, was mir selbstverständlich erscheint, außerdem ist das aber schriftlich festgehalten.

Im übrigen, verehrter Herr Abgeordneter, meine ich und bin ich überzeugt davon, daß ich mit den Teerag-Asdag-Leuten mindestens so gut zu Rande komme wie Sie selbst (Beifall bei der SPÖ) und das auch mehrfach unter Beweis gestellt habe. Wenn Sie den Teerag-Asdag-Leuten, die dort schlechte Düfte einatmen müssen, ununterbrochen Ihre freiheitlichen Weisheiten über Arbeitsplatzsicherung erzählen, dann muß ich sagen, bin ich überzeugt davon, daß sie mir mehr glauben als Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend, meine Damen und Herren, ist zu sagen: Ich habe sämtliche an mich gestellten Fragen beantwortet und füge hinzu, daß ich seit nunmehr zwölf Jahren den Bezug eines Vorstandsmitgliedes einer österreichischen Großbank nicht mehr beziehe, das Amt eines Mitgliedes der Bundesregierung versehe und nach dem Bezügegesetz entlohnt werde. Das ist transparent, das ist offen, es gibt keinerlei zusätzliche Bezüge, die mir zufallen. (Abg. Mag. Stadler: "Versehen" ist richtig, Herr Bundeskanzler! Sie "verstehen" nur ein Amt! Das ist richtig! Da muß ich Ihnen zum ersten Mal recht geben! Sie "verstehen" das Amt!) Aber wenn ich Ihnen zuhöre ... (Abg. Mag. Stadler: Jetzt haben Sie einmal ein Lob verdient!)

Ich bin ohnehin ganz erschüttert über Ihr Lob. Aber wenn Sie mich als einen guten Verseher meines Amtes betiteln (Abg. Mag. Stadler: Ich höre Ihnen ganz genau zu!), ist mir das sehr recht, denn normalerweise kommen mir, wenn Sie von da unten reden, mehr Verwesungsgerüche entgegen als Versehungsgerüche. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Jetzt ist ihm aber nicht viel eingefallen!)

Herr Präsident! Ich meine, alle an mich gestellten Anfragen beantwortet zu haben – und rechne damit, daß von freiheitlicher Seite in der nächsten Sitzung dieselben Fragen wieder gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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17.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Karlsson. Redezeit: 15 Minuten. (Abg. Mag. Schweitzer: Das war nicht sehr schlagfertig! – Bundeskanzler Dr. Vranitzky: Sei froh!)

17.37

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Auf die Ausführungen des Abgeordneten Krüger muß ich nach den neuerlichen und x-ten Klarstellungen des Bundeskanzlers nicht mehr eingehen. Ich möchte aber doch, weil es ungeheuerlich war, was hier passiert ist, auf die Ausführungen des Abgeordneten Stadler zurückkommen. Ich muß Abgeordneten Peter und Kollegin Stoisits widersprechen, die versucht haben, diese Fraktion vor überzogenen Vergleichen in Schutz zu nehmen.

Es stellt sich Abgeordneter Stadler hier heraus und sagt, daß der Bundeskanzler aus einem marxistischen Elternhaus kommt. Das heißt, er insinuiert, daß der Bundeskanzler sozusagen marxistische Gedankenzüge, was an und für sich keine verbotene politische Gesinnung ist, hat. Wenn jemand dasselbe über Abgeordneten Haider sagen würde, wäre der Wirbel los. Und deshalb finde ich es ungerechtfertigt (Abg. Mag. Stadler: Der Haider-Papa war sicher kein Marxist!), jemanden aus dieser Fraktion auch nur im geringsten zu entschuldigen oder von überzogenen Vergleichen zu sprechen (Beifall bei der SPÖ) , denn hier wird mit allen Mitteln der Unterstellung, des Verleumdens, des Vernaderns gearbeitet. (Abg. Mag. Stadler: Er war KPÖ-Mitglied! Wissen Sie das nicht?)

Die Eltern des Abgeordneten Haider sind oder waren, wie man aus den Zeitungen erfahren hat, Nationalsozialisten. Und das habe ich damit angesprochen. (Abg. Dr. Graf: Wie fast die ganze Bundesregierung vor zehn Jahren!)

Zum zweiten: Abgeordneter Stadler verwahrt sich dagegen, mit einem Tier verglichen zu werden. Er selbst hat sich als "Dobermann" bezeichnet, er hat sich in der letzten Sitzung dagegen verwahrt, daß ihm das "Hirn eines Dackels" zugestanden wird – zu Recht. Aufgeregte Dackelbesitzer sind der Ansicht, daß ihre Tiere intelligente Tiere sind, und daher hat Herr Abgeordneter Stadler mit seiner Verwahrung recht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das stimmt nicht! Er hat gesagt, er ist kein Dackel, sondern ein Dobermann!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Vorhin haben sich die Abgeordneten mit "lieber Herr Kollege" und so weiter angesprochen. Es wäre mir lieber, wir würden uns nicht so ansprechen, aber dafür auch in der Diskussion von allen Seiten jene verba legalia verwenden, die wir verwenden sollen und müssen, wenn diese Debatte in der Öffentlichkeit nicht eine ganz schlechte Zensur bekommen soll. – Ich bitte, fortzusetzen.

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (fortsetzend): Diese Debatte ist aber auch noch in einem anderen Hinblick für mich interessant. Die Privilegiendebatte hat solange nicht stattgefunden, so lange es wirklich ein Privileg war, hier in diesem Haus vertreten zu sein. Solange Großgrundbesitzer im Stile der Bärentalbesitzer hier allein bestimmen konnten – im Herrenhaus drüben gibt es das ja noch, den Schulkindern wird es noch gezeigt –, gab es keine Privilegiendiskussion. Die Diskussion hat angefangen, als die Vertreter des Volkes, der armen Schlucker, die selbst arme Schlucker waren, ins Haus gekommen sind. Da haben die Argumente begonnen, sie verdienten zu viel und so weiter.

Da möchte ich schon sagen: "Mit vollen Hosen ist leicht stinken", sagt der Volksmund. Wenn ich genug habe, kann ich den anderen vorschreiben, sie müssen Eintritt zahlen, wenn sie hierher kommen. Aber was wir brauchen – das habe ich auch in meinem Klub gesagt –, ist eine klare, transparente Einkommensregelung, die es auch jenen erlaubt, hier im Haus zu sitzen, die jene vertreten, von denen Abgeordneter Krüger mit leicht tränenerstickter Stimme spricht, die nämlich draußen arbeiten. Und das ist nicht der Fall. Das zeigt sich an der sozialen Zusammensetzung dieses Hauses.

Den Freiheitlichen gefällt von der Systematik her jenes Haus, das den Großgrundbesitzern und den erblichen Peers vorbehalten ist, nämlich das House of Lords – mit den verschiedenen Remunerationen, die es gibt.

Was Ihre Vorschlägen aber nicht enthalten, ist etwas, was das englische Parlament auch hat, nämlich die Offenlegung der Members Interests und nicht nur der öffentlichen Bezüge, sondern jeder Hubschrauberflug, jede Reise und jedes Penthouse wird offengelegt, und das wird auch


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der Öffentlichkeit vorgetragen. (Abg. Dr. Graf: Wenn wir das reinnehmen, stimmen Sie dann zu?) Zu sagen, alle öffentlichen Bezüge müßten offengelegt werden, und das, was mir privat zugesteckt wird, sei egal, das gehe niemanden etwas an (Abg. Dr. Krüger: Kollege Verzetnitsch wird es Ihnen danken!), ist auch nicht der Ausweg aus dieser Debatte. (Beifall bei der SPÖ.)

Zuletzt möchte ich aber über einen Freund von Ihnen, der mit Ihnen liebäugelt (Abg. Rosenstingl: Frau Kollegin! Der einzige Penthouse-Besitzer ist der Gewerkschaftspräsident!), ein paar Worte verlieren, – und zwar betreffend den Anlaßfall dieser Bezügegesetz-Diskussion.

Die Regierungsparteien haben in ihrem Übereinkommen für eine Vier-Jahres-Periode sehr wohl eine Reform des Bezügegesetzes vorgehabt. Es war auch vorgesehen, diese bis Ende des Jahres hier in Ruhe und Klarheit zu diskutieren. Dann gab es einen Anlaßfall, und dieser ist immer noch nicht ausgeräumt. Es ist ihm wieder gelungen, die Täter-Opfer-Umkehr zu machen. Voriges Jahr hat Abgeordneter Höchtl alle anständigen Kollegen durch seine breitgespreizten Beine in Verruf gebracht, heute sind es die breitgespreizten Taschen. Ich lasse mich nicht von Abgeordneten Höchtl in Geiselhaft nehmen. Das haben wir, die wir auch öffentlich Bedienstete sind, die wir aber unsere Situation nach bestem Wissen und Gewissen zu lösen versuchen, nicht verdient. Denn was Abgeordneter Höchtl gemacht hat, war nicht legal, und es hat nicht dem Gesetz entsprochen. Ich möchte das auch einmal hier festgestellt haben. (Abg. Mag. Stadler: Das gleiche hat der Kostelka gemacht!)

Ich glaube, daß wir heute einen richtigen Schritt machen – der Bundeskanzler hat das bereits in seiner Anfragebeantwortung gesagt –, daß es aber weiterhin das Vorhaben der Regierungsparteien zu erfüllen gilt, und zwar eine Einkommenspyramide zu schaffen, für eine klare Offenlegung zu sorgen, wieviel ein Politiker, eine Politikerin verdient und wofür. Wir müssen diese Reform weiterhin vorantreiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster zu Wort kommender Abgeordnete ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Khol: Der Beifall war enden wollend, Frau Karlsson!)

17.45

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist mir auch aufgefallen, daß die Rede der Abgeordneten Karlsson nahezu von überhaupt keiner Applausspende bedacht wurde. Sie war sowohl inhaltlich als auch in der ganzen Darstellung schwach. Ich werde es mir daher ersparen, näher darauf einzugehen. (Abg. Koppler: Jetzt hat auch niemand geklatscht!) – Das werden wir uns noch anschauen.

In der zweiten Wortmeldung des Herrn Bundeskanzlers hat er doch einige Dinge gesagt, die mich herausfordern, etwas näher darauf einzugehen. Er meinte, daß der Kontrolle durch den Rechnungshof seinerzeit, als die Länderbank noch kontrolliert wurde, also in seiner aktiven Zeit, auf jeden Fall der Kontrolle Rechnung getragen wurde. Herr Bundeskanzler! Niemand hier in diesem Hause hat gesagt oder jemals behauptet, daß der Vertrag, der mit Ihnen als Chef der Länderbank geschlossen wurde, rechtswidrig oder letztlich mit irgendeinem Rechtsfehler behaftet sei, sondern es ist in Ordnung gewesen, daß man Ihnen die Bezüge in Ihrer aktiven Tätigkeit dem Vertrag entsprechend ausbezahlt hat. Das wurde auch niemals bestritten.

Es geht jetzt eigentlich nur mehr um die moralische Definition dieser Ihnen nunmehr in Ihrer derzeitigen Funktion als Bundeskanzler im Verhältnis zustehenden Ansprüche aus dem seinerzeitigen Vertrag. Sie verstecken sich hinter dem Bezügegesetz – meines Erachtens fälschlicherweise. Ich habe diesbezüglich in der Normaldebatte einen Antrag eingebracht, mit dem man das ein für allemal klären könnte. Sie müßten doch höchstes Interesse daran haben, daß es zu einer Klärung kommt, wenn Sie sagen, daß der Pensionsanfall im Prinzip aufgrund der bezügegesetzlichen Bestimmungen Ihrerseits ausgeschlossen ist, da die Länderbank, heute Bank Austria, der Rechnungshofkontrolle oder -prüfung unterliegt. Sie vergessen aber dabei, daß das nicht mehr der heutige Stand ist, da die Anteile des Bundes, die Anteile der öffentlichen Hand unter 50 Prozent beziehungsweise unter die gesetzliche Marke gerutscht sind, sodaß dem nicht mehr so ist, sodaß diesbezüglich eine Klärung herbeigeführt werden müßte.


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Damit beschäftigt sich auch der Antrag, den ich eingebracht habe, der – zugegebenermaßen – etwas kompliziert ist, weil er sehr viele Verweisungen beinhaltet, aber er ist doch jedermann in diesem Hause zugänglich und daher nachvollziehbar. Diesbezüglich könnte eine klare Regelung getroffen werden.

Sie führten weiter aus, Sie befaßten sich nicht mit der Bilanzierung der Bank Austria. Das war auch niemals notwendig, sondern Kollege Krüger hat nur allgemein die Regeln beziehungsweise die gesetzlichen Bestimmungen der Bilanzierung erörtert. Sie als Bundeskanzler und ehemaliger Chef der Länderbank sind sicherlich in der Lage, diese Ausführungen des Dr. Krüger nachzuvollziehen. Daß diese richtig sind, bestätige ich ihm auch, da – und das wissen Sie vielleicht nicht – wir an sich Bankenkollegen sind. Ich habe in der gleichen Unternehmung wie Sie gearbeitet. Sie sind halt jetzt Anwartschaftspensionär, also nicht mehr aktives Mitglied; ich bin noch aktives Mitglied dieser Bank.

Ich muß Ihnen schon sagen, daß es nicht die einzige Möglichkeit ist, so wie Sie versuchen, sich aus der Affäre zu ziehen, die man anstreben kann, wenn man versucht, sich lupen- und astrein mit der heutigen Bank Austria, seinerzeitigen Länderbank, zu einigen, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem man ein Mandat übernimmt.

Ich habe am 24. März meine Freistellung von der Bank Austria AG, vorher Z–Länderbank–Bank Austria AG, vorher war es noch Länderbank oder Zentralsparkasse, beantragt. Ich darf Ihnen sagen: Es steht einem Politiker gut an, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich kann Ihnen gerne eine Kopie davon machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe mich bemüht, ein gutes Beispiel zu setzen – auch schon in Anbetracht des Wissens, daß der Herr Bundeskanzler kein gutes Beispiel dafür war, wie er seine Situation mit dem Arbeitgeber regelt, und zwar mit der Bank Austria, vormals Z–Länderbank–Bank Austria AG, vormals Länderbank oder Zentralsparkasse der Gemeinde Wien.

Ich habe mich freistellen lassen ohne Bezüge, ohne Abfertigungsanspruch, ohne zu erwerbenden Abfertigungsanspruch, ohne Pensionsanspruch, ohne zu erwerbenden Pensionsanspruch – das ist nachzulesen – und bekomme daher auch noch monatlich meinen Lohnzettel. Ich bin sehr dankbar dafür, daß mir die Bank Austria heute immer noch Lohnzettel schickt. Ich kann es Kollegen Koppler auch zeigen, falls er es nicht glaubt. Auf diesen Lohnzetteln, die ich jeden Monat bekomme, steht, daß ich null Bezug habe, sogar 20 S minus, das heißt, ich zahle 20 S im Monat ein. Das ist der Gewerkschaftsbeitrag. Dort bin ich nach wie vor Mitglied. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher schaut mein Lohnzettel so aus. Ich würde mir wünschen, daß der Lohnzettel des Herrn Bundeskanzlers auch so ausschaut und daß er, genauso wie der kleine Abgeordnete Martin Graf, auf seine Abfertigungsansprüche dieser Bank gegenüber verzichtet. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson. ) und daß er, genauso wie der kleine Abgeordnete Martin Graf, auf seine Pensionsansprüche verzichtet und keine korrespondierenden Ansprüche hat. Das ist eine, wie ich meine, saubere und lupenreine Lösung – und nicht das Kassieren von Abfertigungen und Mehrfachabfertigungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen darüber hinaus noch folgendes sagen: Als ich von der kommunalen Ebene in den Nationalrat gewechselt bin, und zwar bei der Wahl 1994, habe ich auch auf die mir zustehenden 735 000 S an Abfertigung verzichtet, weil ich es für moralisch unvertretbar finde, daß man nach vierjähriger Tätigkeit in der Kommunalpolitik eine derart hohe Abfertigung bekommt. Ich habe auch darauf verzichtet. Das ist ein weiteres Beispiel, damit man nicht nur immer Dr. Haider nennt, der permanent auf irgendwelche Dinge verzichtet, damit man aus unseren Reihen noch einen nennen kann. Und genau darum geht es.

Herr Bundeskanzler! Ich muß Ihnen schon sagen – das kann ich mir nicht verbeißen –: Sich hinter einem Bezügegesetz zu verschanzen, das noch dazu löchrig ist, ist eine nicht besonders mutige Tat. Machen Sie diesbezüglich reinen Tisch! Zahlen Sie die Abfertigungen, die Sie kassiert haben, zurück! Sie bekommen ohnedies wieder eine Abfertigung. Aber verzichten Sie


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wenigstens einmal auf eine! Zahlen Sie diese Abfertigung, wie es heute schon gesagt wurde, an die Bank Austria zurück, die Sie in einer Höhe von rund 3,7 Millionen Schilling erhalten haben! Verzichten Sie endlich rechtsgültig – und nicht einfach nur, wie Sie immer vermeinen, konkludent hinter einem Bezügegesetz verschanzt – auf Ihren Pensionsanspruch, genauso wie der kleine Abgeordnete Martin Graf, dann haben Sie keine Probleme mehr!

Ich fordere Sie diesbezüglich nicht nur als Abgeordneter dieses Hauses auf, sondern auch als Kollege der ehemalig gleichen Bank, in der wir beide gearbeitet haben, im Namen der Belegschaft: Zahlen Sie das endlich zurück! Das kann Ihnen doch nicht schwerer fallen als mir! Verzichten Sie endlich darauf! Dann werden Sie an Vertrauen sicherlich dazugewinnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für den Fall, daß Sie mir das, was ich Ihnen über meine Person gesagt haben, nicht glauben, gebe ich Ihnen gerne eine Kopie von allen Ausführungen dazu, die ich jetzt gemacht habe. Dann können Sie es vielleicht abschreiben und genauso machen, wenn Sie niemand Findigen haben, der Ihnen ähnliche Regelungen zu Papier bringt, wie es mir letztlich gelungen ist.

Ich wollte Ihnen schon einmal sagen, daß es mehrere Möglichkeiten gibt, sich von einem Arbeitgeber zu trennen. (Abg. Koppler: Darum ist die dringliche Anfrage!) – Nicht nur darum. Das ist ein Punkt dazu. Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich von seinem Arbeitgeber zu trennen oder mit ihm eine saubere Lösung zu treffen. Diesbezüglich fordere ich Sie auf: Beherzigen Sie das, was ich gesagt habe, denn die 10 000 Mitarbeiter der Bank Austria verstehen Ihre Regelungen nicht! Ich unterhalte mich nach wie vor sehr oft mit meinen ehemaligen Kollegen. Niemand versteht das!

Sie alle haben aber Angst, abgebaut zu werden, daß man es ihnen über die Personalvertretung sagt, die an sich dazu berufen wäre, denn es werden bei der Bank Austria 1 000 Mitarbeiter im nächsten Jahr mindestens abgebaut. Aber niemand redet davon, daß man moralisch nicht vertretbare Bezüge, die man genossen hat, im Wege der Vorbildfunktion für uns Österreicher zurückzahlt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber hinaus bringe ich noch einen altbekannten Entschließungsantrag ein, den die Freiheitlichen schon mehrmals in Ausschüssen und in Plenarsitzungen eingebracht haben. Er ist aber aktueller denn je. Ich zitiere daher:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Haider und Kollegen betreffend Abbau der Politikerprivilegien

Der Nationalrat wolle beschließen:

1.) Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich mit den Ländern in Verhandlungen über einen allgemeinen umfassenden Abbau der Politikerprivilegien und eine Harmonisierung der bezugsrechtlichen Regelungen einzutreten. Dabei sollen folgende Grundsätze beachtet werden:

1. Übergang zu einer leistungsbezogenen Besoldung

2. Angemessenheit der Bezüge

3. Vermeidung von ungerechtfertigten Doppelbezügen

4. Abschaffung der Abfertigungsregelungen

5. Abschaffung der Abgeordnetenpensionen

6. Eingliederung in das Pensionssystem des ASVG


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2.) Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, unverzüglich einen Gesetzesantrag vorzulegen, der mit sofortiger Wirkung eine Kürzung der Politikereinkommen (Bezüge, Amtszulagen, Aufwandsentschädigungen, Entfernungszulagen) um 30 Prozent vorsieht.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag beinhaltet einerseits eine Ausarbeitung eines – wie wir meinen – gerechtfertigten Bezügesystems und darüber hinaus eine Sofortkomponente mit einem 30prozentigen Verzicht der derzeitigen Bezüge, bis dieses neue System in Kraft tritt.

Wenn Sie es mit dem Abbau von Politikerprivilegien tatsächlich ernst meinen, dann stimmen Sie diesem Antrag zu! Wenn es der Herr Bundeskanzler ernst nimmt mit seinen Ausführungen, daß er auf Rechte, wie er vermeint, gemäß dem Bezügegesetz verzichtet, dann soll er auch einmal rechtsgeschäftlich verbindlich in einer Vereinbarung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber seine ihm moralisch – wie ich meine – nicht zustehenden Bezüge auflösen und darauf verzichten und darüber hinaus seine bisher erhaltene Bank Austria-Abfertigung zurückzahlen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der referierte Entschließungsantrag entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

17.58

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist hier beim Rednerpult schon wieder eine Interpretation vorgebracht worden, die unrichtig ist, nämlich die Behauptung, daß der Pensionsanspruch mit dem Bezügegesetz dann nicht kollidiert, wenn in der Zwischenzeit die Mehrheit der Republik am Aktienkapital dieser Bank unter 50 Prozent gesunken ist.

Wahr ist vielmehr, daß die Beurteilung gemäß Bezügegesetz für den Zeitpunkt gilt, in dem der Pensionsanspruch entstanden ist. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Interpretation!) Zu dem Zeitpunkt ist das Geldinstitut vom Rechnungshof geprüft worden, weil die Republik einen Anteil von mehr als 50 Prozent hatte. Das ist das erste. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Das zweite: Ich verschanze mich überhaupt nicht hinter dem Bezügegesetz, sondern Sie müssen sich entscheiden: Soll ich mich jetzt nicht hinter dem Bezügegesetz verschanzen, oder soll ich mit meinem früheren Arbeitgeber eine neue Vereinbarung treffen? – Ich verschanze mich hinter überhaupt keinem Gesetz, teile Ihnen aber mit, daß es bereits einen Anwendungsfall gab, in dem ein anderer ehemaliger Funktionär eines großen österreichischen Geldinstituts mit einer analogen Vertragslage wie meine bei der Bundesregierung einen Antrag auf Einräumung einer Ministerpension gestellt hat, die Bundesregierung gemäß Bezügegesetz diesen Antrag abgelehnt hat und in diesem Fall daher auch keine Ministerpension zur Auszahlung kommt.

Drittens meinen Sie, ich solle mit gutem Beispiel vorangehen. Ich sage Ihnen folgendes: Ich habe seinerzeit als Finanzminister und jetzt als Bundeskanzler ungefähr ein Drittel jenes Einkommens, welches ich früher hatte. Multiplizieren Sie das mal zwölf, dann ist das ein Vielfaches der Abfertigung, und das Beispiel ist gar nicht so schlecht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Im übrigen, Herr Kollege, möchte ich Sie beruhigen: Ich bin auch bei der Gewerkschaft, ich bin auch nicht ausgetreten und zahle monatlich meinen Beitrag. Ich nehme an, es ist die gleiche Gewerkschaft, also werden Sie schlagartig viel mehr Solidarität mit mir aufbringen. (Abg. Dr. Graf: Oder Sie mit mir!)


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Wundern Sie sich nicht, daß Sie von der Bank einen Gehaltszettel bekommen und ich nicht. Sie sind karenziert, und ich bin ausgeschieden. Das ist die Erklärung dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

18.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Er hat das Wort.

18.00

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Privilegienfreunde und Spesenritter! Drei Wortmeldungen des Bundeskanzlers zu dieser Materie, die nach seinen Angaben ja so unwesentlich ist, haben mich schon stutzig gemacht. Dreimal meldet er sich zu Wort, um sich zu rechtfertigen. Dreimal hat er vom Inhalt her nichts anderes getan, als seine ungerechtfertigten Bezüge, Abfertigungen und Pensionen zu rechtfertigen.

Herr Bundeskanzler! Sie haben nicht nur Erklärungsbedarf, Sie haben Handlungsbedarf! Verzichten Sie auf Ihren Pensionsanspruch, und gehen Sie mit gutem Beispiel voran (Beifall bei den Freiheitlichen – Zwischenruf des Abg. Leikam ), dann werden Sie für längere Zeit Ruhe vor unseren Anträgen und dringlichen Anfragen, was Ihre Privilegien betrifft, haben. Aber so wird das, wie Sie es auch prophezeit haben, auch in einigen Monaten wieder zur Debatte stehen. Also: Nicht nur reden, nicht nur erklären, herumreden und nicht nur mit gebrochener, fast weinerlicher Stimme dem Hohen Haus mitteilen, wie arm Sie sind, was Sie alles nicht bekommen, was Sie alles noch bekommen könnten, sondern gehen Sie mit gutem Beispiel voran, Herr Bundeskanzler! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Nowotny: Halluzinationen!)

Vom Fischkopf wurde heute schon gesprochen, ich möchte nicht mehr näher darauf eingehen. Aber wenn der Kanzler einer Republik mit gutem Beispiel voranginge, meine Damen und Herren, wenn der Kanzler, wenn Ihr Kanzler von Ihrer Fraktion mit gutem Beispiel voranginge, dann würden nicht Abgeordnete in Ihren Reihen sitzen, hier im Hohen Haus und in den Landtagen, die sich für ihre nehmerischen Qualitäten schämen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerliche Rufe bei der SPÖ.)

Aber jetzt ist es so, daß der Bundeskanzler für das schlechte Gewissen der Nehmer in der sozialistischen Fraktion geradezu Baldrian ist! (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Keppelmüller: Hat sich Ihr Einkommen verändert? – Rufe bei der SPÖ: Abcasher! Abzocker!)

Er ist Baldrian für das schlechte Gewissen der sozialistischen Nehmer. Und das trägt dazu bei, daß sich überhaupt nichts ändert. Da sind die Abzocker, angefangen vom Herrn Präsidenten – er ist noch da; ich habe geglaubt, er muß gerade seinen Zweitberuf als Parlamentsrat antreten, aber um 18 Uhr ist dann Wechsel, da wird er das machen können. (Abg. Leikam: Abcasher! Abzocker!) Da gibt es den Abzocker Nowotny, der zu Unrecht 100 Prozent seines Universitätsprofessorengehaltes bezieht und sich bereit erklärt, in Raten zu zahlen. Jeder andere, der zu Unrecht etwas kassiert, muß auf Heller und Pfennig ohne Frist alles zurückzahlen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller: Dr. Pumberger! Ist Ihr Einkommen als Arzt gesunken?) Der Abzocker Kostelka genießt sein erhöhtes Einkommen – er ist gerade nicht hier; er wird sich gerade einen teuren Kaffee gönnen – und will mit gutem Beispiel vorangehen. (Abg. Dr. Keppelmüller: Was bekommen Sie als Arzt? Verdienen Sie als Arzt weniger? Rechnen Sie weniger ab?)

Minister Staribacher war überhaupt nur neun Monate im Amt, und zwar äußerst erfolglos, Herr Kollege Keppelmüller. Ihr Minister Staribacher – neun Monate lang erfolgloser Minister – hat den Staat weiter in die Schulden hineingetrieben und bekommt für seine neunmonatige Tätigkeit als Minister drei Monatsgehälter Abfertigung. Können Sie das überhaupt rechtfertigen? – Das ist ungeheuerlich! Er kassiert 400 000 S ganz rechtens, 400 000 S Abfertigung!

Daher bringe ich (weitere anhaltende Zwischenrufe der Abg. Dr. Keppelmüller, Koppler und Seidinger ), damit Ihnen die Zwischenrufe vergehen, gleich unseren


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Entschließungsantrag ein, der sich besonders auf die Causa Staribacher bezieht, damit Sie da mitgehen können.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen betreffend Politikerprivileg Abfertigung

"Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch Vorlage eines entsprechenden Gesetzesantrages die unverzügliche Beseitigung des Politikerprivilegs der Abfertigung gemäß § 14" – Herr Kollege Keppelmüller! Passen Sie auf, sonst wissen Sie es dann wieder nicht beim Abstimmen! – "des Bezügegesetzes zu ermöglichen, sowie in Verhandlungen mit den Ländern mit dem Ziel einzutreten, auch ähnliche landesrechtliche Regelungen aus dem Rechtsbestand auszuscheiden.

Die derzeitige Abfertigungsregelung für Politiker stellt – unbeschadet anderer die Politiker privilegierenden Regelungen des Bezügegesetzes – eine besondere Provokation für die Bürger dar, der – wie sich im Falle Staribacher zeigt – jede sachliche Berechtigung fehlt."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller: Abzocker!)

Haben Sie aufgepaßt, Herr Kollege Keppelmüller? – Dann wissen Sie auch, wie Sie dann abzustimmen haben. Sparen Sie sich Ihre unqualifizierten Zwischenrufe! Ich kann Ihnen gleich etwas erzählen von Oberösterreich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller. ) Ich werde Ihnen gleich etwas erzählen von Oberösterreich, und zwar von Ihrem Freund, dem Landtagsabgeordneten Helmut Schamberger, Sie kennen ihn sehr gut. Er ist ja auch einer, der sich am Bundeskanzler ein gutes Beispiel nimmt, der aber mit seiner Causa den Fall Höchtl von der ÖVP – den berüchtigten Fall Höchtl! – geradezu in den Schatten stellt.

Stellen Sie sich vor: Abgeordneter Schamberger von der SPÖ im Landtagsklub Oberösterreich, 20 Jahre lang ist er nicht mehr in seine Schule gegangen, vor 20 Jahren ist er aus dem aktiven Schuldienst der Handelsschule in Ried ausgeschieden. Nach 20 Jahren hat er am 17. Juni 1996 zum ersten Mal wieder die Handelsschule in Ried betreten. – Jetzt sind Sie aber ruhig, Sie sind sicher gespannt, warum er das tat. Ich sage Ihnen auch, warum: Es ist nämlich in der Handelsschule Ried ein Schreiben von ÖVP-Landesschulratspräsidenten Riedl eingegangen. Er schreibt darin folgendes:

Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter! Einem Beamten kann aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 40 Jahren – 20 Jahre ist er schon nicht mehr in der Schule – für treue Dienste – diese Ironie! – eine Jubiläumszuwendung im Ausmaß von 400 von 100 des ihm zum Zeitpunkt des Dienstjubiläums gebührenden Monatsbezuges gewährt werden. Und nun kommt es: Da Sie, Herr Kollege Schamberger, die Voraussetzungen für das 40jährige Dienstjubiläum erfüllen, erhalten Sie eine Jubiläumszuwendung in der Höhe des vierfachen Monatsbezuges. (Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller. )

Seit 20 Jahren ist er nicht mehr in der Schule, und jetzt bekommt er für besonders treue Dienste eine Jubiläumszulage in der Höhe von vier Monatsgehältern! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller. )

Aus diesem Anlaß – so geht das Schreiben weiter – dankt Ihnen der Landesschulrat für Oberösterreich für Ihre der Republik Österreich geleisteten Dienste.

Und nun – das ist der Höhepunkt der Pikanterie – schreibt er fast schon amikal im Schlußsatz: Möge diese Anerkennung Dich anspornen, mein lieber Freund Schamberger.

"Mein lieber Freund Schamberger aus der SPÖ", sagt der Freund von der ÖVP, Riedl. – So schanzen die Angehörigen der Regierungsparteien, die Vertreter der Regierungsparteien, einander die Posten mit lukrativen Einkommen zu. "Möge diese Anerkennung Dich anspornen, auch weiterhin der Schule und Jugend Deine wertvollen Dienste zu widmen." – Das ist wirklich unfaß


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bar! (Abg. Dr. Keppelmüller: "Unfaßbar"!) Er weiß genau, 20 Jahre lang hat er die Schule nicht betreten, seit 20 Jahren hat er von der Handelsschule Ried nichts wissen wollen, aber jetzt geht er sofort am selben Tag hin. Seine eigenhändige Unterschrift ist drauf: Schamberger, 17. Juni – Eingang, Schamberger, 17. Juni – zur Kenntnis und Ausfolgung; Unterschrift: Schamberger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er hat sich ein gutes Beispiel am Kanzler genommen, denn der Kanzler macht es nicht anders, und da ist er wirklich in guter Gesellschaft. Daher hat er auch kein schlechtes Gewissen, so wie Sie alle hier herinnen, die Sie nehmen, die Sie abzocken, kein schlechtes Gewissen dabei haben, während Sie den Bürgern eine Belastungswelle nach der anderen aufbrummen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller: Rechnen Sie als Arzt weniger ab?)

Ich kann Ihnen sagen, was wir Freiheitlichen im oberösterreichischen Landtag – weil ich aus Oberösterreich komme – machen: Unsere freiheitlichen Abgeordneten im oberösterreichischen Landtag haben 1988 begonnen, per Antrag einen Gehaltsstopp für Politiker einzuführen. Der Antrag wurde angenommen! Jetzt bist du aber baff, Kollege Keppelmüller! Er wurde angenommen. Damals war nämlich auch gerade diese Debatte im Gange, und da haben wir gesagt: Einen Gehaltsstopp können wir machen.

Bezüglich der berüchtigten Politikerpensionen, Herr Bundeskanzler, haben die Freiheitlichen in Oberösterreich 1989 einen Antrag auf Abschaffung der Politikerpensionen eingebracht. Dieser wurde abgelehnt.

Derselbe Antrag wurde 1990 wieder eingebracht – wieder abgelehnt; 1992 wieder eingebracht – wieder abgelehnt. 1994 wurde er an den Unterausschuß verwiesen. Anfang 1995, nach sechs Jahren stetigem Kampf und Einsatz der Freiheitlichen, ist es gelungen, im oberösterreichischen Landtag einen mehrheitlichen Beschluß zustande zu bringen, daß bei Politikerpensionen die Möglichkeit zum Verzicht besteht und sie abgeschafft werden. Das ist eine Errungenschaft der Freiheitlichen in Oberösterreich! Nehmt euch in Kärnten, in Vorarlberg, in Tirol und vor allem in Wien und in der Bundespolitik daran ein Beispiel! So machen es die oberösterreichischen Freiheitlichen! Das ist ein gutes Beispiel für Sie alle. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Noch etwas haben die oberösterreichischen Freiheitlichen zustande gebracht. Ich rede zwar immer nur von den roten Abzockern, aber es gibt auch schwarze Abzocker. (Rufe bei der SPÖ: Freiheitliche!)

Der Fall Höchtl ist schon hinlänglich bekannt, auf den möchte ich nicht mehr näher eingehen. Aber da gibt es noch den Fall Kukacka. Der Fall Kukacka war damals, 1989, nämlich der Anlaßfall. – Der "Fall Kukacka" ist gerade nicht hier, Kukacka ist nicht anwesend. Er hat nämlich nach eineinhalb Jahren Landesratstätigkeit in Oberösterreich, als Mitglied der oberösterreichischen Landesregierung, eine Abfertigung in Höhe von sechs Monatsbezügen eines Landesrats erhalten, und das ist sogar den ÖVP-Abgeordneten ein bißchen zuwider gewesen. Sie haben sich gedacht: Kruzitürken! Die Optik ist in diesem Falle wirklich nicht besonders gut. – Die Roten haben gleich mitgemacht, weil sie sich gedacht haben: Das vergönnen wir dem schwarzen Kukacka nicht. – Und so ist der freiheitliche Antrag auf Abschaffung ungerechtfertigter Politikerabfertigungen damals angenommen worden. Kollege Kukacka ist nach eineinhalb Jahren Landesratstätigkeit in Oberösterreich direkt nach Wien ins Parlament übersiedelt und übt seine politische Funktion nur an einem anderen Ort aus.

Das wird es also in Zukunft nicht mehr geben, zumindest von Oberösterreich aus nicht mehr. Das wurde damals angenommen. Passierte das heute, würde einem Kukacka eine Abfertigung in Höhe von sechs Monatsbezügen nicht mehr zustehen. Damals allerdings war das der Anlaßfall. Er hat noch fest abgezockt, er hat das auch nicht freiwillig zurückgezahlt, aber in Hinkunft wird so etwas nicht mehr bezahlt. – Auch eine Errungenschaft der oberösterreichischen Freiheitlichen! Meine Damen und Herren! Ich verweise daher noch einmal darauf, daß man, wenn man mit gutem Beispiel vorangeht, auch etwas erreichen kann! (Abg. Dr. Keppelmüller: Rechnen Sie weniger ab?)


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Wenn Bundeskanzler Vranitzky mit gutem Beispiel voranginge, dann könnte er auch etwas erreichen, dann könnte er einen moralischen Umschwung bei sämtlichen Politikern in Österreich erreichen und erzwingen, und das wäre für das Budget in Österreich, die Moral in Österreich und für das Ansehen der Politiker und der Demokratie in Österreich sehr wertvoll, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. Sie hat das Wort.

18.12

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Immer wieder wird hier in diesem Haus die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Menge der dringlichen Anfragen der Freiheitlichen gestellt. (Ruf bei der SPÖ: Jawohl!) Dabei ist es eigentlich ganz einfach und ganz logisch: Wenn Sie beobachtet haben, an wen unsere dringlichen Anfragen vor allem im Jahr 1996 gerichtet waren, dann wissen Sie, daß es meistens der Herr Bundeskanzler war. Es ist das für uns einfach eine legale Möglichkeit, den Herrn Bundeskanzler auf ganz formelle, legale Art mit seinen eigenen widersprüchlichen Aussagen hier im Hohen Haus zu konfrontieren, damit diese auch in den Sitzungsprotokollen des Nationalrates festgehalten werden. Sicherlich ist das auch mit ein Grund dafür, daß man uns Freiheitlichen in Zukunft dieses demokratische Mittel nicht mehr so oft zugestehen will.

Herr Bundeskanzler! Sie sind im Herbst 1994, also vor eineinhalb Jahren, mit dem Slogan zur Wahl angetreten, Sie wollen den Österreichern eine neue Qualität des Denkens, eine neue Qualität des Handelns vermitteln. – Ein Jahr später, im Herbst 1995, haben Sie sich im Gegensatz dazu bereits als der große Beruhiger, Beschwichtiger, nicht als Verbesserer, sondern als Statiker erwiesen. Da wir uns ja schon des öfteren hier in diesem Hohen Haus ansehen konnten, mit welcher enormen Arroganz Sie die freiheitlichen Anfragen hier beantworten und Ihre ureigenen politischen Moralvorstellungen und Wertungen präsentieren, muß ich sagen: Dann nehme ich mir als Parlamentarierin das Recht heraus, das auch zu tun, obwohl ich die Art, wie Sie Ihre Beantwortungen machen, als unseriös empfinde und ich normalerweise nicht diejenige bin, die gerne unter die Gürtellinie geht.

Herr Bundeskanzler! Sie haben Wahlversprechen gegeben, aber Sie haben uns gerade in einer der letzten Anfragebeantwortungen ganz leger vermittelt, daß Wahlversprechen in Österreich eigentlich nicht gegeben werden, um diese Versprechen auch einzuhalten.

Da unterscheidet sich Österreich anscheinend von anderen europäischen Ländern. Sie selbst haben sicherlich in der Zwischenzeit erfahren, daß es in Frankreich bereits eine Verurteilung wegen des Brechens von Wahlversprechungen gegeben hat und daß jetzt auch türkische Frauen die ehemalige Ministerpräsidentin Tansu Çiller deshalb klagen wollen. Dort werden Wahlversprechen eingeklagt.

In Österreich wird das wahrscheinlich nicht der Fall sein. Sie scheinen zumindest damit zu rechnen, da Sie sich auch heute wieder hier herausstellen und die österreichische Bezügeregelung insgesamt, die davon betroffenen Politiker und auch die Neuregelung, so wie sie da steht, verteidigen, obwohl Sie selbst ja vor wenigen Tagen in der Presse sehr wohl kritische Äußerungen von sich gegeben haben.

Wenn in der Presse von heute der Klubvorsitzende Ihrer Partei im Parlament, Herr Dr. Kostelka, sagt, daß diese Neuregelung der Politikerbezüge transparent, gerecht und fair sei, und uns Freiheitlichen vorwirft, nur deshalb dagegen zu Felde zu ziehen, weil es einen nicht existierenden Privilegienstaat gibt – er wirft uns also vor, daß wir wieder nur polemisieren –, dann muß ich sagen, Herr Bundeskanzler: Sie sind unseriös.

Sie sind es, der immer wieder die eigenen Aussagen in kürzester Zeit revidiert. Ich erinnere daran, daß Sie vor kurzem im Ausland über eine neue Gesetzesregelung im Bereich der Waf


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fenexporte nachdenken wollten, aber zwei Tage später hier im Hohen Haus das sofort wieder revidiert haben. – Glauben Sie nicht auch, Herr Bundeskanzler, daß das dem Wähler schön langsam, aber sicher auffällt, daß er sich dabei für dumm verkauft fühlt?

Wenn Sie zu uns Freiheitlichen sagen, wir seien keine Wahrheitsfanatiker (Abg. Dunst: Da hat der Bundeskanzler recht!), dann kann ich Ihnen dieses "Kompliment" – unter Anführungszeichen – aber wirklich nur weitergeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben heute gesagt, wir Freiheitlichen wollten heute nur auf einen fahrenden Zug aufspringen. – Herr Bundeskanzler! Diese Aussage ist schon lange widerlegt! Es hat gerade im Bereich der Bezügeregelungen seit vielen Jahren immer wieder Anträge der Freiheitlichen gegeben, die auch hier im Hohen Haus eingebracht wurden und die in den Stenographischen Protokollen stehen. Das widerspricht Ihren Aussagen, und der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen steht für mich schon in Frage.

Wir Freiheitlichen haben seit Jahren immer ein leistungsbezogenes Einkommen für Politiker gefordert, und sind dafür eingetreten, daß die ungerechtfertigten Doppelbezüge abgeschafft werden. (Zwischenruf des Abg. Wallner. ) Wir haben zurückgezahlt! Wir Freiheitlichen schon, das unterscheidet uns ja! Wir haben da unsere eigenen moralischen Ansprüche – im Gegensatz zu Ihnen. (Neuerliche Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Da können Sie lachen, wie Sie wollen! Der, der zuletzt lacht, lacht am besten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Unsere freiheitlichen Forderungen haben wir auch heute wieder zum x-ten Male in einem neuen Antrag formuliert; dieser liegt wieder auf dem Tisch.

Daß Sie, Herr Bundeskanzler, Ihrem Klubobmann Kostelka heute über die APA wieder recht gegeben haben und daß auch – ich möchte die ÖVP nicht ganz aus der Ziehung nehmen – Klubobmann Khol heute sagt, daß eine Trennung der Spesenrechnung und der arbeitslosen Einkommen – bei einer politischen Abstimmung darüber – aus politischen und technischen Gründen nicht sinnvoll gewesen wäre, das spricht doch einfach Bände! Und es spricht für mich auch Bände, daß man wieder nur einen sehr flexiblen Rahmen schafft, der dann von der Präsidiale im eigenen Haus präzisiert werden soll: von Herrn Präsidenten Fischer, von Herrn Dr. Kostelka, von Herrn Präsidenten Neisser. Letztere werden über die neuen Spesenregelungen entscheiden. Aber gerade diese Personen sind es doch, von denen sich in letzter Zeit herausgestellt hat, daß auch sie zu den Beziehern von arbeitslosen Einkommen gehören!

Da muß ich sagen: Entschuldigen Sie vielmals, aber da fehlt mir schon das Vertrauen, daß dabei etwas Ordentliches herauskommt! (Abg. Dunst: Uns auch in Sie!)

Eines hat sich ja bisher wirklich bewiesen: Sie hätten ja schon lange Zeit gehabt, hier etwas Sinnvolles zu produzieren, aber es hat sich immer wieder bewiesen, daß ÖVP und SPÖ in diesem Bereich einander nicht weh tun, denn beide Parteien sind ja gleich betroffen. Die Fälle sind ja heute schon ein paarmal erörtert worden (Abg. Koppler: Welche?) , ich will mich da nicht wiederholen.

Es ist ja so, daß es diese geplante neue Regelung sogar ermöglicht, eigene Versorgungsposten für Beamten zu schaffen. Was in diesem Fall dann besser werden soll, das frage ich mich wirklich. Und die großen Reformschritte, Herr Bundeskanzler, von denen Sie heute über die APA gesprochen haben, die haben Sie ja auch wieder nur angekündigt.

Jetzt noch ein paar Worte zu den Ausführungen Ihres Parteikollegen Cap, der in einer Art von Humor, der ich wirklich nicht folgen kann, immer wieder versucht (Abg. Koppler: Das glaube ich! – Abg. Sophie Bauer: Das glaube ich!) – ja, ich werde Ihnen aber auch erklären, warum –, von der Problematik der Diskussion abzulenken. Dazu kann ich nur sagen: Ich finde diese Art von Humor schäbig – schäbig und unwürdig. (Abg. Koppler: Horchen Sie dem Stadler auch zu!) Und da Sie seinen Ausführungen so begeistert Beifall gespendet haben, muß ich sagen, ich glaube, daß Sie einfach erleichtert über die Atempause waren, die er Ihnen dadurch gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Guggenberger: Jetzt haben wir eine Atempause! Jetzt haben wir eine Atempause bei diesen Ausführungen!)


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Er hat der Länge und der Breite nach zu hinterfragen versucht, wie man "leistungsbezogene Bezüge" und "angemessene Bezüge" in Zukunft definieren soll und warum wir Freiheitlichen das bisher nicht getan haben. Da muß ich schon sagen: In der Regierung war bisher seine Partei, nicht wir (Abg. Leikam: Da werden Sie auch nicht so bald sein!) , und trotzdem haben wir Freiheitlichen das aber schon seit Jahren versucht. (Abg. Dunst: Versäumt!) Nein, wir haben es versucht. Wir haben Anträge gestellt, Frau Kollegin. Ich weiß nicht, wollen Sie sich wirklich nicht mit der Wahrheit auseinandersetzen? (Abg. Koppler: Kennen Sie Ihren Ehrenobmann, den Götz?) Wir reden jetzt von den Anträgen, die wir eingebracht haben, und Ihre Kollegin bestreitet anscheinend, daß das der Fall war. (Abg. Koppler: Reden wir über den Götz! Sagen Sie einmal etwas über den Götz! Über Ihren Ehrenobmann!) Wann ich was sage, das überlassen Sie bitte mir und meiner Entscheidung, genauso wie ich Ihnen nichts vorschreibe. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist mir schon klar, daß Ihnen das nicht so sehr in den Kram paßt, was ich da jetzt von mir gebe.

Aber eines steht fest: daß der Bürger draußen (Abg. Dr. Kräuter: Der interessiert sich genau für den Götz!) – und das wissen Sie ganz genau – für diese Diskussion und für die Argumente, die Sie hier verwenden, überhaupt kein Verständnis mehr hat. Dem Bürger sind in den letzten zwei Jahren zwei Belastungspakete ungeheuren Ausmaßes aufgebürdet worden. Und Sie beweisen jetzt wieder mit Ihren Vorschlägen, mit Ihren mickrigen Vorschlägen einer Veränderung, daß Sie selber überhaupt nicht bereit sind einzusparen.

Das, was Sie heute geliefert haben, bitte, das ist doch Stückwerk, und dieses Stückwerk ist ja nicht von Ihnen aus eigener Initiative gekommen, auch wenn das so schön Initiativantrag heißt, sondern das haben Sie nur unter dem Zugzwang der öffentlichen Meinung und der Causa Höchtl produziert. (Abg. Silhavy: Und der Causa Brauneder!) Das wissen wir doch alle. Beschönigen Sie das nicht so, das hat ja keinen Sinn! Stellen sie sich einmal den Tatsachen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn eines will ich dem Herrn Bundeskanzler und Ihnen zum Schluß schon noch sagen: In dieser Frage haben Sie und auch der Herr Bundeskanzler beim Wähler schon lange verloren. Es wäre, glaube ich, wirklich ein moralischer Akt Ihrerseits notwendig, um das zu korrigieren. (Abg. Silhavy: Bei einem Brauneder haben Sie es notwendig, über Moral zu reden!) Es hat sich ja bewiesen, daß es diese Art von Politikereinkommen, diese Art von arbeitslosen Einkommen nur in Österreich gibt. Das ist ein schlechtes Beispiel.

Ich möchte hier auch meinerseits noch einmal die Aufforderung an Sie richten, Herr Bundeskanzler: Setzen Sie hier wirklich ein moralisches Zeichen, indem Sie auf die Abfertigung verzichten! Ich appelliere auch an die Politiker der beiden Koalitionsparteien, an die Abgeordneten, wirklich auf ihre arbeitslosen Einkommen zu verzichten und das, was Sie bisher kassiert haben, zurückzuzahlen!

Ich glaube, das würde insgesamt der politischen Situation in Österreich nur guttun und würde sicher auch die Zustimmung der Freiheitlichen finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Sauer. Er hat das Wort.

18.25

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich hatte eigentlich nicht die Absicht, mich zu diesem Thema zu Wort zu melden. Ich bin zwar nicht mehr sehr jung an Jahren, aber sehr jung in dieser Funktion, habe aber dieses Thema in dieser kurzen Zeit, der ich dem Hohes Haus angehören darf, sehr, sehr oft schon behandelt gehört.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich fühle mich als einer der Privilegierten in diesem Haus. Ja – vielleicht im Gegensatz zu Ihnen –, ich fühle mich als Privilegierter, weil ich einer von 183 sein darf, die das Volk vertreten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ich höre


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vielleicht manche Stimme mehr aus dem Volk, weil ich sicher mehr in meinem Wahlkreis bin als so mancher Abgeordnete dieses Hohes Hauses.

Ich bin auch ein Privilegierter mit einem Doppelberuf, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn heute Kollege Öllinger hier herausgegangen ist und von den Doppelberufen geredet hat, dann, muß ich sagen, fühle ich mich als Privilegierter mit einem Doppelberuf: Ich bin Bauer und Mandatar dieses Hohen Hauses.

Ich nenne Ihnen meine Privilegien: Ich habe heute, bevor ich nach Wien gefahren bin, noch meine Stallarbeit geleistet. – Das ist mein Privileg. Und ich habe, meine sehr verehrten Damen und Herren, als mich vor kurzem ein Reporter meiner Lokalzeitung befragte, was ich im Urlaub machen werde, geantwortet: Zuerst werde ich meine Waldschäden aufarbeiten, weil ich bis jetzt noch nicht dazugekommen bin, weil ich viele, viele Stunden – auch mit Sondersitzungen – in diesem Hohen Haus verbringen mußte. (Abg. Ing. Reichhold: Da mußt du halt mehr Leute aufnehmen! Du mußt ja nicht alles selber machen! – Abg. Dr. Haider: Du gefährdest ja deinen Waldbestand! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das ist richtig, ich könnte mir Leute aufnehmen, die diese Arbeit verrichten, das ist richtig. (Abg. Dr. Haider: Du bist verpflichtet, die Waldschäden aufzuarbeiten!) Aber, ich muß, Herr Kollege ... (Abg. Ing. Reichhold: Du bist ja gesetzlich verpflichtet, die Waldschäden aufzuarbeiten!) Siehst du, Herr Kollege, und das werde ich tun. Ich bin verpflichtet, und ich werde es tun. (Abg. Ing. Reichhold: Der zweite Flug vom Borkenkäfer ist schon vorbei! – Abg. Dr. Haider: Da ist es schon ein bißchen spät! – Abg. Ing. Reichhold: Das hätte schon längst gemacht gehört!) Wir haben die Erstarbeit geleistet, und die Zweitarbeit ist jetzt noch zu machen. Ich glaube, daß du als Berufskollege und Forstwirt vielleicht auch die Möglichkeit hast, in diese berufsspezifische Art einzugreifen. (Abg. Dr. Haider: Muß ja keiner Politiker werden! – Abg. Parnigoni: Nur jemand, der es sich leisten kann! Nur jemand, der gesponsert wird wie du!) Das ist richtig, es muß ja keiner. Nur kann ich mir mit einem Waldbesitz von 4,5 Hektar, Herr Kollege Haider, im Gegensatz zu Ihnen im Bärental keine zusätzlichen Arbeiter leisten (Abg. Dr. Haider: Sag, was verdienst du denn?) und schon gar nicht vielleicht Arbeitskräfte aus dem Ausland. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ruf: Schwarzarbeiter!)

Ich habe das Privileg, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch manche Dinge, die ich nicht machen konnte, spät, spät in der Urlaubszeit zu verrichten. Ich habe aber auch das Privileg – und gerade bei dieser Sondersitzung heute –, nicht dabeisein zu können, wenn mein bester Freund zu Grabe getragen wird. Das ist auch ein Privileg, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Blödsinn!) Das ist ein Blödsinn, wenn ein guter Freund zu Grabe getragen wird, Herr Kollege Haider? Gegen eine derartige Aussage verwahre ich mich! Dagegen verwahre ich mich! So ist es! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Das ist ein Blödsinn! Wenn man eine Pflicht übernimmt, dann muß man sie auch erfüllen! – Abg. Ing. Reichhold: Entweder man ist ein Abgeordneter oder nicht! – Zahlreiche weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Khol: Red weiter, Willi, red weiter!)

Ja, ich habe das Privileg, meine sehr verehrten Damen und Herren, und ich merke an Ihrer Aufregung, daß meine Worte doch eine gewisse Richtigkeit haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Debatte führt dazu, daß alle Politiker, auch die Politiker der Freiheitlichen Partei, in der Bevölkerung nicht im besten Licht dastehen. (Abg. Dr. Haider: Unsere Wahlergebnisse stehen dem entgegen!) Es wird immer wieder von den Privilegien geredet (Abg. Meisinger: Von den Privilegien vom Höchtl!) , und da wird nicht unterschieden, ob jemand der ÖVP, der SPÖ oder einer Oppositionspartei angehört, es wird generell von den Politikern geredet. Und ich wage zu behaupten, daß Sie mit diesen Debatten Ihnen und uns keinen guten Dienst erweisen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Sie müssen einmal die Mißstände beseitigen!)

Wenn heute eine Debatte über die Abschaffung von gewissen Mißständen – wie Sie es bezeichnen: Abschaffung von Mißständen (Abg. Ing. Reichhold: Was ist es denn?) – geführt wird und gerade Kollege Öllinger hier herausgeht und schon wieder über neue nachdenkt,


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indem er sagt, die Politiker könnten doch auf den Gedanken kommen, wenn sie direkt verrechnen, daß sie eine Netzkarte kaufen, aber dann die Einzelfahrten verrechnen, dann muß ich schon sagen, das ist etwas weit hergeholt. Da denkt man schon wieder darüber nach, wie man etwas umgehen kann. (Abg. Dr. Puttinger : Wie der Schelm denkt, so ist er!) Und dieser Gedanke kommt bei weitem nicht von den Regierungsparteien! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch eines zu bedenken geben: Wenn diese Debatte in dieser Art weitergeführt wird, dann, wage ich zu behaupten, haben wir über kurz oder lang nur mehr Politiker dritter Klasse oder solche, die es sich leisten können. – Ich bin nicht so überheblich, daß ich mich zu den ganz ersten zähle, aber ich habe so viel Selbstvertrauen, daß ich meine, daß ich nicht zu den dritten gehöre. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Gut! Sehr gut!)

18.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. Sie hat das Wort.

18.33

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich habe mir in den fast zwei Jahren, die ich in diesem Hause bin, schon sehr oft gewunschen, man möge diese parlamentarischen Debatten einmal im Fernsehen durchgehend übertragen. Ich habe mir das schon sehr oft gewunschen, aber heute habe ich mir das wirklich dringendst gewunschen (Abg. Dr. Khol: Gewünscht! – Abg. Schwarzenberger: Das heißt: Gewünscht! – Weitere Rufe: Gewünscht! Gewünscht!) , denn heute hätten all jene an den Fernsehgeräten sitzen können, die Sie alle, wie Sie da sitzen, gewählt haben, und sie hätten Ihren Debattenbeiträgen lauschen können, wie sich so manche von Ihnen krankgejammert und wirklich an Privilegien gekrallt haben, von denen Sie aber in den Sonntagsreden, bei Wahlveranstaltungen, wo Sie mit Engelszungen reden, dem Wähler, der Sie wählen soll, durchaus nichts kundgetan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das hätten die Leute heute gehört! Und ich sage Ihnen eines: Sie hätten sich das nächste Mal weder durch einen Brief des Bundeskanzlers abschrecken lassen noch durch so viele Wahlversprechungen, wie sie es gewohnt sind. (Abg. Silhavy: Sie hätten sich von Ihnen abschrecken lassen! – Abg. Dietachmayr: Den Fernseher kann man abschalten! Und jetzt hätten die Leute abgedreht!) Dann hätten sie endlich gewußt, was hier gespielt wird in diesem Hohen Haus! Vielleicht geht mein Wunsch einmal in Erfüllung. Dann würde hier ein anderes Klima herrschen, nämlich jenes Klima, das auch die Koalitionsparteien dazu zwingt, einmal ein bißchen – nur ein wenig! – die Wahrheit zu sagen. Denn dann müßten Sie das, was Sie hier sagen, auch in Ihrem Wahlkreis und vor Ihren Wählern vertreten. Das wäre einmal eine gesunde Geschichte! (Abg. Dietachmayr: Jetzt würden die Leute abdrehen!)

Bezüglich dieser Bezugspyramide, die nun kommen soll und die uns schon so lange versprochen wurde, sehe ich keinen Ansatzpunkt, daß sie im Herbst kommen wird. Wahrscheinlich wird sie einmal im Herbst kommen. Aber in welchem? Im Herbst dieses Jahres? Im Herbst nächsten Jahres? Vielleicht in der nächsten Legislaturperiode? Vielleicht fällt es wieder irgend jemandem ein, die Koalition zu brechen, damit wir wieder Wahlen haben. Dann kann man diese Bezügedebatte noch ein wenig hinausschieben, und dann kann das Ganze noch fröhliche Urständ in den Bundesländern feiern.

Ich halte auch die Kommission, die hier eingesetzt werden soll, um arbeitslose Einkommen beziehungsweise 50prozentige Einkommen einzelner Mandatare zu rechtfertigen, für einen absoluten Unsinn, denn es gibt ja genug Beispiele – nicht nur den Fall Höchtl, sondern es gibt auch in den Bundesländern genug Beispiele –, wo man schon eine Regelung getroffen hat, aber wo diese Regelungen natürlich umgangen worden sind.

Heute sagte zum Beispiel der Obmann des SPÖ-Landtagsklubs in Oberösterreich, der rund 100 000 S brutto im Monat bezieht und gleichzeitig auch Hofrat in der Bildungsabteilung der oberösterreichischen Landesregierung ist, in einem Interview, er erfülle beide Aufgaben; zwei Minuten später sagte er aber von sich selber, er könne, weil in beiden Funktionen der Schreib


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tisch der gleiche ist, nicht für jeden Handgriff sagen, ob er ihn jetzt als Hofrat oder als Abgeordneter tut. – Bitte, wenn er es selbst nicht kann, ja wie soll da eine Kommission feststellen, ob er jenes Soll erfüllt, das ihm einen 50prozentigen oder einen 75prozentigen Bezug sichert.

Ich finde, das ist wieder eine Umgehung. Damit werden die Leute beruhigt, und somit wird wieder über alles eine schöne Decke gebreitet, und wir können wieder ein neues Belastungspaket auf die Bevölkerung loslassen, denn die Politiker haben ja bei sich selber schon gespart. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt auch einen zweiten Fall: Abgeordneter Robert Elmecker ist auch pensioniert, hat einen Abgeordnetenbezug, den wir alle kennen, plus 21 000 S Pension. Das hat man ihm vorgeworfen, und sofort hat er gesagt: "Allein 19 000 S" – weinerlich hat er das gesagt, das sollte wirklich übertragen werden – "muß ich aber an Parteisteuer zahlen." Das ist doch ein klarer Fall einer zusätzlichen Parteienfinanzierung, die der Steuerzahler zusätzlich zahlt, über die gesetzliche Parteienförderung hinaus noch zusätzlich. (Abg. Silhavy: Und wie ist das mit dem Brauneder?!) Wenn das die Rechtfertigung dafür sein soll, warum man ein arbeitsloses Einkommen in der Höhe von 19 000 S bezieht, dann, muß ich sagen, ist die Suppe wirklich etwas dünn.

Heute wurde auch schon Herr Pallwein-Prettner zitiert. Ich habe mir ein Interview angehört. Wie Sie wissen, hat dieser Landtagsabgeordnete 50 Prozent seines Lehrergehaltes bezogen, ohne je unterrichtet zu haben. Jetzt ist er natürlich zurückgepfiffen worden aufgrund der Diskussion, die sich in der letzten Zeit ergeben hat, und – siehe da! – er saß auch am Samstag schon brav an seinem Schreibtisch. Man hat ihm im Landesschulrat einen Schreibtisch zugeordnet. Er ist natürlich sofort am Samstag in Radio Oberösterreich interviewt worden, und da hat man ihn gefragt: Herr Abgeordneter, was werden Sie denn jetzt machen? Und er hat wortwörtlich geantwortet: "Ich komme meiner Auflage, die mir vorgegeben ist, nach." Daraufhin hat der Interviewer gefragt: "Ja was werden Sie denn tun?" Die Antwort: "Das ist mir nicht bekannt."

So, meine Damen und Herren, wird hier mit 50 Prozent eines Bezuges umgegangen! Man schafft Dienststellen, die jeglicher Sinnhaftigkeit entbehren und die überhaupt nichts bringen (Abg. Mag. Kukacka: Fragen Sie den Stöger!) , nur damit jemand dort sitzen und sagen kann, ich versehe meinen Dienst, meine Arbeit hat einen Sinn. – Er gibt es aber selber zu, daß es nicht so ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie gesagt, es gibt ja noch wesentlich andere Dinge, was die Bezugspyramidenregelung betreffen würde. Wir haben in unserer Stadt Steyr in Oberösterreich – das ist die viertkleinste Stadt mit eigenem Statut, 42 000 Einwohner – einen Bürgermeister, der sage und schreibe 181 000 S im Monat kassiert. (Abg. Dr. Krüger: Von welcher Partei ist der?) Von der SPÖ! Sozialistisch natürlich. Das ist ja sozialdemokratisch. Da verdient der Bürgermeister der kleinen Stadt Steyr mehr als zum Beispiel der Bürgermeister von Wels. Der regt sich natürlich maßlos auf, aber er traut sich nicht recht, etwas zu sagen, denn der Bürgermeister von Wels ist ja bei seiner Partei etwas in Ungnade gefallen, und da möchte er sich natürlich nicht auch noch lauthals über seine Bezüge beschweren.

Noch etwas Schönes haben wir in Steyr, und zwar im Stadtsenat. Da hat es vor einigen Jahren noch die Regelung gegeben, daß die Senatsmitglieder überhaupt keinen Pensionsbeitrag zahlen mußten. Das muß man sich einmal vorstellen! Sie haben zwar die Anwartschaft zur Pension erfüllt, haben aber bis dahin keinen Pensionsbeitrag geleistet.

Vor einigen Jahren ist man draufgekommen – wir führen ja die Privilegiendebatte schon jahrelang –, daß man in der Stadt Steyr diesbezüglich etwas ändern muß; und das hat man dann auch gemacht. Der Stadtsenat zahlt jetzt 16 Prozent an Pensionsbeiträgen, und es muß jemand zehn Jahre diesem Senat angehören, damit er dann seine Pension lukrieren kann. Es gibt, das muß man wissen, eine Ausnahmeregelung: Wenn jemand krank ist und nicht mehr arbeiten kann, kann er nach vier Jahren eine Pension beanspruchen. Und so hat sich halt auch wieder ein Sozialdemokrat – diese Sozialdemokratie ist ja überhaupt unheimlich "sozial" – nach genau vier Jahren – solch ein Zufall! – krankschreiben lassen – er sei arbeitsunfähig –, hat aber gleichzeitig den Job als Direktor einer HAK bekommen. Nun muß ich Herrn Kollegen Mühlbachler


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fragen – er war auch Direktor an einer Handelsakademie in Freistadt –, ob es ihm nicht sauer aufstößt, wenn jemand, der als Mitglied des Stadtsenats berufsunfähig ist, locker Direktor einer Handelsakademie sein kann. Und jetzt geht der liebe Herr her und möchte seine Pension beanspruchen. Ich finde, das ist der Gipfel der Frechheit! Ärger kann es nicht mehr sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Klubobmann Khol hat heute schon wörtlich gesagt: Machen wir nicht unseren eigenen Berufsstand schlecht! Wir machen unseren Berufsstand nicht schlecht. Schlecht machen ihn nur jene Abgeordnete, die Gesetze beschlossen haben, um ihr arbeitsloses Einkommen zu sichern – und wir werden mit diesen in einen Topf geworfen! Erst durch einen Anlaßfall, den Fall Höchtl, wird offensichtlich – das ließ sich auch nicht mehr verschweigen –, wie tief der Sumpf wirklich ist. (Abg. Dr. Khol: Frau Kollegin, Sie wissen aber schon, daß die FPÖ das mitbeschlossen hat! – Abg. Schwarzenberger: 1983! – Abg. Dr. Haider: Nicht den Mißbrauch!) Nicht den Mißbrauch, so ist es. (Abg. Dr. Haider: Den haben wir nicht mitbeschlossen! – Abg. Dr. Khol: Aber die Regelung! – Abg. Dr. Haider: Weil Sie gesagt haben, das wird streng kontrolliert, und der war 20 Jahre nicht auf dem Arbeitsplatz!) Ja, die Dienstbehörde, die jetzt auch wieder kontrollieren soll. Sie haben nur ein neues Kleid unter einen alten Hut gesteckt.

Nicht nur, daß über Spesenabrechnungen und bezahlten Zeitaufwand für die Anreise eine indirekte Erhöhung der Politikergehälter stattfindet, verlieren die Antragsteller auch kein Wort über ungerechte Abfertigungen oder viel zu kurze Pensionsanwartschaften. Es ist heute schon gesagt worden: In der Privatwirtschaft ist das so üblich! Ich komme aus der Privatwirtschaft und muß sagen: Nirgendwo gibt es Abfertigungsregelungen ähnlich jenen für Regierungsmitglieder oder Nationalratsabgeordnete. Ich kenne niemanden in der Privatwirtschaft, der nach einer Funktionsdauer von drei Jahren drei Monatsbezüge als Abfertigung bekommt. In der Privatwirtschaft bekommt jemand, der zehn Jahre lang im selben Betrieb war, eine Abfertigung von drei Monatsgehältern, aber nicht schon nach drei Jahren. Also die Behauptung, daß dies Abfertigungsregelungen ähnlich jenen in der Privatwirtschaft sind, sind wirklich eine Unwahrheit und sollen nur Sand in den Augen der Bevölkerung sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Anreisezeit: Ich bin der Meinung, daß die Anreisezeit sehr wohl im Gehalt eines Abgeordneten inkludiert ist. Es bekommt ja auch kein Handelsvertreter und kein Manager eine Zeitgutschrift oder die Zeit bezahlt, die er braucht, um bei Verhandlungen dabeisein zu können. Das ist doch lächerlich. Plötzlich will man so etwas einführen, und zwar heimlich, still und leise, damit es keiner erfährt. Die Medien haben sich ja über diesen Punkt wohlweislich nicht sehr ausgelassen. (Abg. Dr. Mertel: Wieso "heimlich, still und leise"?)

All das sind Gründe dafür, daß ich mir gewünscht hätte, daß diese Debatte im Fernsehen übertragen wird, denn dann wäre herausgekommen, daß diese Bezügereform in Wirklichkeit keine ist. Wenn auch die Stellungnahme des Bundeskanzlers übertragen worden wäre, wäre der Bevölkerung klar gewesen: Wenn die Abfertigungsmeister schon auf der Regierungsbank sitzen und sogar in ihrem Parteinamen das Wort "sozial" haben, dann ist es kein Wunder, daß die Bezügereform so ausschaut, wie sie nun ausschaut.

Der sozial bedürftige Mitbürger kann von solchen Abfertigungen und Pensionen nur träumen oder im Lotto gewinnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Blünegger. – Bitte.

18.45

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat heute auf unsere dringliche Anfrage, die wir gestellt haben, eine Antwort gegeben, die mich ein bißchen schockiert hat; schockiert deshalb, weil er das Wort "unseriös" verwendet hat. Ich kann ihm nur folgendes zurückgeben: Die Beantwortung unserer dringlichen Anfrage war von ihm unseriös! Das muß er sich auch von mir sagen lassen – schade, daß er jetzt nicht hier ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Er hat auch gesagt, daß wir Freiheitlichen keine Wahrheitsfanatiker sind. Da muß ich an ihn die Frage richten, welch ein Wahrheitsfanatiker er ist, da er unter anderem das Belastungspaket auf uns zugeschnitten hat, da er versprochen hat, dieses Belastungspaket sozial ausgewogen zu gestalten, und unter anderem auch gesagt hat, daß dieses Belastungspaket arbeitsplatzsichernd ist. Daher muß ich ihn fragen: Wo bleibt da die Wahrheit? Ich glaube, da hat er die Unwahrheit gesagt!

Auch hinsichtlich der Pensionsregelung hat er die Unwahrheit gesagt. Er hat nämlich gesagt, daß die Pensionisten keine Belastungen hinnehmen müssen, und trotzdem sind für sie Belastungen gekommen. Wo bleibt da die Wahrheit, meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten? – Da liegt die Unwahrheit beim Bundeskanzler!

Auch Kollege Cap hat heute wieder einen schauspielerischen Auftritt gehabt. Wenn das ein Abgeordneter sieht, der jetzt fünf Monate in diesem Parlament ist, dann muß er sich fragen, warum man eine so wichtige Debatte wie die Privilegiendebatte so ins Lächerliche zieht, wie dies Kollege Cap getan hat. Wo bleibt die parlamentarische Glaubwürdigkeit eines Abgeordneten, wenn er die Tatsache, daß es heute noch Privilegienritter hier herinnen gibt, die Doppeleinkommen, arbeitslose Einkommen und verschiedene andere Dinge haben, ins Lächerliche zieht? Für mich ist das, was Kollege Cap gemacht hat, nicht lächerlich, sondern er sollte sich dafür schämen, daß er solch einen Auftritt liefert und solch eine Rede hält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann vielleicht noch in seiner lächerlichen Art zu sagen, daß er nur in seinen eigenen Reihen genau zu schauen braucht, daß 36 von den 71 Abgeordneten der Sozialdemokratie davon betroffen sind, ist wirklich stark. 36 Abgeordnete haben praktisch Privilegien. Er sollte einmal in seiner eigenen Fraktion klare Worte reden und nicht so lächerlich auftreten, wie er es heute gemacht hat.

Dann hat er noch den Mut gehabt, hier herauszugehen und zu sagen, daß die Mitgliederbefragung in den Kammern Österreichs ein sehr großer Erfolg war. Er braucht sich nicht zu rühmen, das war kein Erfolg! (Abg. Seidinger: Na was sonst?) Denn was ist dabei unter anderem herausgekommen? Es ist ja nicht in Frage gestellt worden, ob man die Kammern haben will oder nicht, die Frage hätte richtig lauten müssen – da hätte man den Mut haben müssen, die Menschen das zu fragen –, ob man die Pflichtmitgliedschaft haben will. Aber den Mut zu dieser Fragestellung hat man ja nicht gehabt. Wir Freiheitlichen hätten aber diese Frage beantwortet haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler hat heute unter anderem gesagt, daß das Bezügegesetz von seiner Seite aus richtig ist. Wir Freiheitlichen sagen, daß es ein Stückwerk ist, weil es nicht die Streichung der Abfertigung beinhaltet, weil es keine Pensionsregelung gibt.

Ich habe heute die Gelegenheit gehabt, unter anderen auch Klubobmann Dr. Kostelka zu hören. Wenn der Klubobmann der Sozialdemokraten hier einfach sagt, wir Freiheitlichen sollten uns schämen, dann muß ich fragen: Haben Sie kein Gefühl? Sie haben jeden Monat 40 000 S bekommen, Sie müssen sich schämen, Herr Klubobmann, nicht wir Freiheitlichen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als ganz normaler Arbeiter, der im Berufsleben steht, traue ich mir zu, zu sagen, daß ein Abgeordneter wie Dr. Kastelka, wenn er in einen Betrieb kommt, von den Arbeitnehmern dort sicher nicht mehr freundlich empfangen wird. – Ein arbeitsloses Einkommen beziehen und dann noch hergehen und sagen, wir sollten uns schämen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe hier auch einen unpassenden Spruch, den er geäußert hat. In der Fernsehsendung "Zur Sache" am 23. Juni 1996 haben Sie, Herr Dr. Kastelka, folgendes gesagt (Abg. Dr. Kostelka: Ko-! Kostelka!):

Zum Unterschied von anderen habe ich nie erklärt, arbeiten zu wollen. – Das ist eine sehr gute Aussage! Aber 40 000 S haben Sie einkassiert jedes Monat – arbeitslos! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich glaube, das sind Argumente, anhand derer ich unter anderem im Arbeit


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nehmerbereich, bei den Arbeitern und Angestellten, dokumentieren kann, daß die Sozialdemokratie dort, wo sie die Arbeitnehmer vertreten sollte, schon längst weg ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genauso ist es mir heute gegangen bei der Wortmeldung von Klubobmann Dr. Khol, der natürlich auch etwas zu verteidigen hat, das ist ja ganz klar. Er hat 25 von den 53 ÖVP-Abgeordneten zu verteidigen, die in diese Situation kommen, Privilegien zu haben, die man natürlich als politisch denkender Mensch nicht brauchen kann. Er hat aufgezählt, wie viele Beamte es gibt, wie viele in den Kammern- und in den Funktionärsbereichen tätig sind. Da gibt es einige Beispiele, die ich in meiner Rede noch bringen werde, wo Klubobmann Dr. Khol draufkommt, daß sich seitens der ÖVP das eine oder andere schon abstellen läßt.

Er hätte ruhig eine Rückzahlung von seinen eigenen Freunden verlangen können. Ich kann nur aus der "Tiroler Tageszeitung" zitieren, das ist für mich sehr interessant, Herr Abgeordneter Khol ist ja auch ein Tiroler Abgeordneter. Herr Landeshauptmann Weingartner hat zu Dr. Höchtl folgendes gesagt: Ich an seiner Stelle würde Konsequenzen ziehen. – Ich werde jetzt den Klubobmann fragen, ob er das nicht auch seinen Freunden sagen sollte, daß nun Konsequenzen gezogen werden, wenn jemand so viele Jahre ein arbeitsloses Einkommen bezogen hat. Daher ist meine erste Forderung eine sofortige Rückzahlung dieses arbeitslosen Einkommens. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe an dieser Stelle schon einmal, nämlich am 27. Februar, betont: Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu verlangen, daß die Politiker unseres Landes ein Vorbild sind. Dieses Vorbild sollten wir ihnen auch sein. Ich kann mich unter anderem mit dem Antrag sicherlich anfreunden, daß dieses Bezügegesetz zurückgestellt und neu verhandelt wird, damit es zu einer gerechten Regelung und zu einer guten Lösung kommt, die man auch nach außen hin verkaufen kann. Das ist, glaube ich, unsere Aufgabe.

Jene Politiker, die unter das Volk gehen, wissen genau, daß sie jetzt schon überall einen schlechten Ruf haben, auch wenn sie der Bevölkerung erklären, daß sie Abfertigungen beziehen et cetera oder die gleichen Abschreibungsmöglichkeiten wie die Unternehmer und andere Begünstigungen in verschiedenen Bereichen haben. Diese Vergünstigungen sind Privilegien, die wir abschaffen müßten, aber auf diesem Gebiet ist leider nichts passiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich selbst stehe auf dem Standpunkt, daß jeder Politiker neben seinem Mandat auch seinen Beruf ausüben soll, und diesbezüglich ist es für mich ganz entscheidend, daß bei der Ausübung dieses Berufes wieder klare Verhältnisse herrschen. Es läßt sich jeder Beruf gemäß dem Anteil der Beschäftigung prozentuell einstufen.

Ein Beispiel von mir: Ich habe in meinem Privatbetrieb unter anderem eine Vereinbarung getroffen, die sich als klare und gute Lösung herausstellt. Es ist so, daß ich mindestens 60 Stunden im Monat in der Produktion stehe, somit hat der Betrieb eine Kalkulationsgrundlage. Wenn ich länger oder öfter in der Firma bin, bekomme ich das adäquat bezahlt, ich werde also genau meiner Leistung entsprechend bezahlt. Und diese Leistung ist überprüfbar, es ist nicht so, daß ich an irgendeinem Schreibtisch sitze und dort eine Tätigkeit verrichte – ob es jetzt als Mandatar ist oder nicht –, die nicht kontrollierbar ist. Bei mir ist es kontrollierbar. Wenn das nun 30 Prozent des Monatsbezuges ausmacht, dann ist das ein gerechter Lohn, bringe ich 40 Prozent zusammen, bekomme ich 40 Prozent des Bezuges bezahlt, weil ich die entsprechenden Anwesenheitsstunden habe und auch meine Leistung dementsprechend ist. (Abg. Seidinger: Wieviel kriegt der Kollege Bauer? – Abg. Dr. Mertel: Wieviel kriegt die Kollegin Partik-Pablé?)

Meine geschätzten Kollegen von den Sozialdemokraten! Ihr redet immer vom Kollegen Bauer, dabei habt ihr selbst 25 Personen, die dieses Privileg genießen, arbeitslose Einkommen zu beziehen. Und ihr redet immer nur von uns Freiheitlichen! Ich kann euch noch ein paar andere Funktionäre aufzählen. Soll ich euch noch ein paar Funktionäre aufzählen, die jetzt auch hier sind?


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Abgeordneter Kollege Dr. Niederwieser zum Beispiel. Er ist persönlich ein netter Kerl, er ist Schulsprecher der Sozialdemokraten, aber was seine Arbeitsleistung in der Tiroler Arbeiterkammer betrifft, wo er in der Bildungsabteilung tätig ist, bin ich nicht mehr so begeistert. Er hat dort 25 Prozent weniger Bezug. Aber wissen Sie, wovon? – Das muß ich Ihnen nämlich noch sagen: Ausgerechnet von der Überstundenzulage, die er mit 20 Prozent bezieht, davon bekommt er 25 Prozent weniger. Jetzt muß ich als normaldenkender Arbeitnehmer und Mensch fragen: Ist das eine gerechte Lösung? (Abg. Dr. Mertel: Er ist jeden Tag dort! Haben Sie schon einmal versucht, ihn dort zu erreichen?) Er ist jeden Tag dort? – Er hat nur leider in den vergangenen zwei Monaten 140 Stunden zuwenig gehabt, es wurde nämlich eine Stechuhr eingeführt – dies nur als Beweis dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seit neuestem gibt es dort also eine Stechuhr – Gott sei Dank gibt es diese, denn jetzt muß auch Abgeordneter Niederwieser ein bisserl nach der Zeit leben. Trotzdem hat er noch die Möglichkeit, während seiner Bürotätigkeit auch Abgeordnetentätigkeit zu machen, da dies ja nicht kontrollierbar ist, wo er doch selbst Abteilungsleiter ist! – Das ist nämlich das Entscheidende! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Woher wollen Sie das wissen? – Zwischenruf der Abg. Steibl. ) Frau Kollegin, Sie brauchen sich nicht so aufzuregen, ich habe es ja schon gesagt: Auf dieser Seite sitzen ebenso viele Privilegienritter wie auf jener Seite. (Der Redner zeigt in Richtung ÖVP und SPÖ.) Ich selbst bin kein Privilegienritter, ich habe damit kein Problem! (Abg. Steibl: Ich hab auch kein Problem!)

Ich muß Ihnen einfach sagen, welche Privilegien Sie hier immer noch verteidigen! Anstatt den Mut zu haben, etwas zu beschließen, was wir Freiheitliche fordern, sind Sie immer noch dagegen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe noch so ein schönes Beispiel – ein paar Beispiele habe ich schon noch (Abg. Dr. Graf: Überstundenpauschale!), mir gehen sie nicht aus: Obmann der Tiroler Gebietskrankenkasse – was sagen Sie dazu? Vorstandsmitglied in der Tiroler Arbeiterkammer und Gewerkschaftssekretär, das ist in Ordnung, weil das ist ja sein Beruf. Nur bekommt er als Gewerkschaftssekretär nicht weniger bezahlt, obwohl er die Hälfte seiner Arbeitszeit nicht dort ist. Und das ist falsch! Er müßte die Hälfte seines Gewerkschaftssekretärsgehalts bekommen, da er ja nicht die volle Leistung bringt! Das wäre in Ordnung. Aber so hat er eben drei Einkommen. Das sind alles nur Freunde des ÖAAB. (Abg. Steibl: Ich finde das total gemein! Schauen Sie einmal in Ihre eigenen Reihen! – Abg. Dr. Haider: Ihr verzichtet auf nichts, zum Unterschied von uns!) Kollege Höchtl ist noch da. Er kann aber seinen Kollegen und Freunden eines weiterhin mit auf den Weg geben – ich habe es auch schon einmal gesagt –: Wie der Präsident Dinkhauser das richtig sagt – er verteidigt nämlich die Arbeitnehmer –: Sie brauchen keine Privilegien. Es sind aber einige hier anwesend, die das nicht tun. Daher muß ich das auch in diesem Haus einfach sagen.

Zu den Politikerpensionen: Warum kann man die Politikerpensionen in der heutigen Sitzung nicht so regeln, daß man – auch wenn man einmal keine Beamtenpension bekommt – das zu den ASVG-Versicherungsbeiträgen dazunimmt. Ich muß – da ich weniger verdiene – meine ASVG-Pensionsversicherungsbeiträge selbst finanzieren, nur weil ich Beamten-Pensionsversicherungsabzüge habe, die ich nie zurückbekommen werde. Daher frage ich mich, ob es nicht richtig wäre, heute solche Gesetze zu beschließen. Den Mut hat wahrscheinlich niemand in diesem Haus. Man wird den Vorstellungen der Freiheitlichen einfach nicht gerecht, und das finde ich nicht in Ordnung.

Daher appelliere ich einmal an alle Abgeordneten, daß wir wirklich mit gutem Beispiel vorangehen sollten – vor allem sollten die Beamten unter den Abgeordneten mit gutem Beispiel vorangehen. Wir haben auch die moralische Pflicht, uns von den Privilegien zu verabschieden, und die Bezeichnung "Volksvertreter" muß meiner Überzeugung nach wieder einen Sinn erhalten. In diesem Sinne wünsche ich mir, daß es wieder gute, ehrliche Volksvertreter gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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19.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mentil. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.00

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler er ist uns leider schon abhanden gekommen – ist mit uns wieder einmal sehr hart ins Gericht gegangen: Er hat die Begriffe "Wahrheit", "Seriosität", "Ehrlichkeit" strapaziert, hat uns das alles aberkannt und abgesprochen. Ich für meine Person kann Ihnen sagen – vielleicht kann man das dem Herr Bundeskanzler ausrichten oder er liest es im Protokoll nach –: Seit ich seine Aussagen anläßlich der Wahlauseinandersetzungen und der EU-Abstimmung überdacht habe, fällt es mir schwer, seine Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit nicht anzuzweifeln; es ist aber sein gutes Recht, es selbst nicht zu leben, es bei anderen aber zu urgieren.

Während des Redebeitrages des Herrn Kollegen Cap habe ich mir heute gedacht, es wird Zeit, daß er den Herrn Muliar ablöst. Er wäre ein würdiger Nachfolger von ihm. Aber wissen Sie, meine Damen und Herren: In einer Situation, in der es eine sehr hohe Arbeitslosenquote gibt, in einer Situation, in der aus budgetären Gründen Behinderten das Taschengeld um die Hälfte gekürzt wird – von 1 100 S auf 550 S –, und in einer Zeit, in der es einen Firmencrash nach dem anderen gibt – heuer ist die Zahl der Pleiten schon höher als voriges Jahr –, in einer solchen Zeit ist mir nicht zum Lachen zumute. Wenn es Ihnen von der linken Reichshälfte, wenn es Ihnen Sozialdemokraten nach Theater, gelüstet und zum Lachen zumute ist, dann lachen Sie nur! Ich finde Ihre Vorgangsweise beschämend und traurig, und das muß ich Ihnen mitteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Zu dem Pfusch, den Sie hier vorgelegt haben und den Sie hier heute beschließen wollen, kann ich nur folgendes sagen: Lesen Sie den "Kurier" von morgen! Herr Kollege Löschnak, den ich für einen sehr seriösen Mann halte, hat richtig festgestellt, daß das neue Bezügegesetz nicht den Titel "Reform" verdient und die Probleme damit nicht gelöst werden. Ich freue mich, daß es – Gott sein Dank – auch in Ihren Reihen noch Abgeordnete gibt, die an die Dinge so herangehen, wie ein verantwortungsbewußter Parlamentarier das tun sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Herr Landeshauptmann Purtscher richtete Ihnen ja über die Medien aus, daß er nicht unglücklich wäre, wenn heute die erforderliche Mehrheit nicht zustande käme. Meine Herren von der ÖVP! Sie sollten darüber nachdenken. Herr Purtscher ist wohl noch immer ein kompetenter Politiker in Ihren Reihen. Es gibt schon sehr wenige wahre Persönlichkeiten in Ihren Reihen; Herrn Purtscher zähle ich noch dazu. Er wird schon wissen, warum er Sie ersucht, zu überdenken, ob Sie da wirklich zustimmen können.

Wenn Sie sich beispielsweise die Zusammensetzung des Parlamentsklubs der Sozialdemokraten anschauen, dann können Sie feststellen, daß von 71 Parlamentariern 36 Parlamentarier im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Wenn Sie diese Fehlentwicklung noch weiter verfolgen und den gesamten geschützten Bereich ausloten, dann sehen Sie, daß 75 Prozent Ihrer Abgeordneten aus dem geschützten Bereich stammen. Sie wissen wahrscheinlich mittlerweile, warum das so ist, warum Sie Arbeiter oder Angestellte aus der Privatwirtschaft nicht in Ihren Reihen haben oder warum sie nicht so präsent sind, wie es aufgrund Ihrer Stärke sein müßte. Sie wissen, warum der Bauer, der Kleingewerbetreibende, der Industrielle fast nicht die Möglichkeit hat, im Nationalrat tätig zu sein: Nur aufgrund dieser von Ihnen eingeleiteten Fehlentwicklung, die 20 Jahre hindurch prolongiert wurde, die Sie als den Weg für die Zukunft propagieren! Wollen Sie denn nur mehr unter sich sitzen? Wollen Sie denn nur mehr öffentlich Bedienstete, wollen Sie nur mehr Leute aus geschützten Bereichen in Ihren Reihen haben? Denken Sie überhaupt nicht daran, daß ein Arbeiter, ein Angestellter, ein Freiberufler, ein Unternehmer dasselbe Recht hat, im Parlament die Interessen der Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen. Ist Ihnen jegliches Gefühl dafür völlig abhanden gekommen? Das ist doch unwahrscheinlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn die Kollegin Ederer, die, wie ich meine, doch ein etwas gestörtes Verhältnis zur Betriebswirtschaft hat, immer wieder kundtut, daß die wirtschaftlichen Lösungen, die immer wieder angestrebt werden, korrekt und anständig sind, und wenn sie dann sogar weit geht, daß sie der Opposition den Vorwurf dafür macht, daß Sie von der Regierung 20 Jahre im Verzug sind und die Gesetze nicht geändert haben, dann muß ich sagen: Ich verstehe die Welt nicht mehr! Sie sind doch am Zug, Sie sind die Koalitionsregierung, Sie müssen die Gesetze beschließen, Sie


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müssen die Lösungen finden und dafür sorgen, daß wir zu vernünftigen Gesetzen, zu vernünftigen Lösungen und korrekten Entschädigungen kommen! (Abg. Dr. Mertel: Schreien Sie doch nicht so!)

Es gibt in diesem Hohen Haus nur einen Politiker, der bis jetzt von sich behaupten kann – und es auch beweisen kann –, daß er auf zirka 1,6 Millionen Schilling Abfertigung verzichtet hat. Es gibt nur einen, und das ist eben Dr. Haider. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! Ob es Ihnen paßt oder nicht, das ist völlig uninteressant, es ist so. Das ist das Entscheidende! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei Ihnen sieht die Situation völlig anders aus: Da sagen die Herren, sie denken gar nicht daran, zu arbeiten, beziehungsweise sie wollen gar nicht arbeiten. Die Aussage des Herrn Genossen Kostelka in der Sendung "Zur Sache" vom 23. Juni muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: Im Unterschied zu anderen habe ich nie erklärt, arbeiten zu wollen. – Herr Klubobmann! Eine derartige Aussage in dieser Sendung zu machen, ist fürchterlich! Was denken sich denn die jungen Menschen, wenn sie hören, daß Sie, wie Sie erklärt haben, zwar 190 000 S im Monat haben wollen, aber dafür eigentlich nichts leisten wollen. Ich glaube nicht, daß durch solche Aussagen die Glaubwürdigkeit der Politiker steigen wird.

Herr Kostelka! Ich habe überhaupt ein Problem mit Ihnen: Sie haben heute wieder einmal in die marxistische Argumentationskiste gegriffen, und zwar in einer Form, daß es schon peinlich war. Dazu sage ich Ihnen als 30 Jahre lang gequälter Unternehmer: Ich halte die 5,1 Millionen Schilling an Abfertigung des Bundeskanzlers und seine Vision von 4 Millionen Schilling Pension für weitaus interessanter als den Forst des Dr. Haider! Denn wenn Sie einen Forst besitzen, dann müssen Sie ihn bearbeiten, damit Sie etwas verdienen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) 5,1 Millionen Schilling an Abfertigung hingegen, Herr Kostelka, braucht man nur auf die Bank zu legen, um ein gutes Auskommen zu haben. Aber das ist eben Ihr zentralistisches, staatskapitalistisches Denken! So schaut das aus, so funktioniert das! (Abg. Leikam: Einmal geht’s noch! Gemma!)

Herr Kostelka! Mit dem Rechnen haben Sie Schwierigkeiten. Sie haben unser Rechenbeispiel durchgerechnet, unseren Vorschlag durchgerechnet, aber eines war unlauter dabei: Sie haben nämlich den April zur Berechnung herangezogen, und da war die Budgetdebatte dabei. Deshalb sind Sie auf die horrenden Bezüge gekommen, Herr Genosse Kostelka! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: 187 000!)

Sie sollten wirklich einmal damit beginnen, nicht nur marxistische Phrasen zu dreschen, sondern echte Vorschläge zu machen, gute, vernünftige Vorschläge, aus denen man etwas machen kann. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Sie sind ein richtiger Marktschreier!)

Ich bin überzeugt davon, daß es, um bei den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes wieder glaubwürdig zu sein, höchste Zeit ist, daß Sie sich bemühen, lieber Herr Kostelka – Herr Kollege Khol ist auch dazu aufgerufen; es ist sehr wichtig, daß er sich da zuschaltet, denn wenn er Sie, Herr Kostelka, allein agieren läßt, wird es wahrscheinlich sehr schwierig werden –, Gesetze zu beschließen, die von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen und akzeptiert werden können. Nur so können Sie den Politikern wieder ein glaubwürdiges und ehrliches Image verleihen. Dazu ist es höchst an der Zeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im übrigen, Herr Genosse Kostelka (Abg. Dr. Mertel: Er ist nicht Ihr Genosse!) , möchte ich Ihnen folgendes sagen – schade, daß der Herr Christdemokrat Khol nicht da ist –: Man soll im Leben das Materielle nicht überbewerten! Sie müssen sich eines merken, Herr Kollege: Ein Totenhemd hat keine Taschen! Sie können sich nichts mitnehmen, auch wenn Sie noch soviel kassieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch wenn sie ohne zu arbeiten kassieren, auch wenn Sie noch soviel abräumen, Sie werden einmal abtreten, und dann wird es völlig egal sein, ob Sie zwei, drei oder zehn Bezüge gehabt haben.

Ich wünsche mir nur eines: Überdenken Sie diesen Salat, den Sie da heute zu beschließen vorhaben! Überdenken Sie es, geben Sie dem nicht die Zustimmung, und arbeiten Sie an einer


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vernünftigen, gescheiten Lösung! Legen Sie einen gescheiten, vernünftigen Entwurf vor! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Abgeordneter DDr. Niederwieser hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. – Herr Abgeordneter! Bitte, beginnen Sie mit der Darstellung des Sachverhalts, den Sie berichtigen wollen. – Drei Minuten Redezeit.

19.10

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Abgeordneter Blünegger hat behauptet, ich hätte 25 Prozent Gehaltsreduzierung, wobei die Berechnungsgrundlage der Gehalt plus Überstundenpauschale wären, und ich hätte in den vergangenen beiden Monaten 140 Fehlstunden aufgewiesen. Diese Behauptung ist unrichtig!

Ich habe eine Regelung, die nach der von Kollegen Blünegger genannten Berechnungsmethode 70 Prozent vorsieht: Ich habe im Mai 66 Prozent davon nach der Stechuhr gearbeitet (Abg. Dr. Graf: Inklusive Überstundenpauschale?) – inklusive – und im Juni 73 Stunden. Das ergibt im Schnitt genau diese 70 Prozent. Ich habe insgesamt von den Sollstunden nicht 140, sondern 100 Stunden gefehlt. Das sind genau 70 Prozent, für die ich eine Vereinbarung habe.

Was er nicht dazugesagt hat, obwohl er im Vorstand war und das wissen müßte, ist, daß zusätzlich in meiner Vereinbarung eine Regelung enthalten ist, die besagt, daß, sofern ich einen Pensionsanspruch aus dem öffentlichen Amt erhalte, ein äquivalenter Pensionsanspruch aus der Arbeiterkammer entfällt. – Das wäre die vollständige Wahrheit gewesen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Haider .)

19.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.12

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Rede des Herrn Abgeordneten Sauer hat mich dazu bewogen, an das Rednerpult zu gehen; er ist jetzt leider nicht da. Diese Rede des Herrn Abgeordneten Sauer, der auch Bauer ist, werden wir an alle unsere Bauernfunktionäre verschicken, denn das Protokoll dieser Rede ist es wirklich wert, daß es vervielfältigt wird und genau dort ankommt, wo diejenigen Menschen sitzen und arbeiten, die Sie hier vertreten sollten. Es gibt ja viele Bauernvertreter in der ÖVP: eine Frau Horngacher, einen Herrn Schwarzenberger, einen Herrn Abgeordneten Sauer, einen Herrn Donabauer, einen Herrn Kaiser, einen Herrn Schwarzböck.

Aber Herr Abgeordneter Sauer, woher Sie den Mut nehmen, sich hier an das Rednerpult zu stellen und zu sagen: Ich, Nationalratsabgeordneter Sauer, habe folgendes "Privileg": Bevor ich heute in dieses Parlament gefahren bin, habe ich in den Stall gehen müssen ... (Rufe: Dürfen! Dürfen!) Gut, dürfen.

Herr Abgeordneter Sauer! Vor zwei Stunden hat mich eine Bäuerin angerufen – eine Frau, die genau dieser Berufsgruppe angehört, die Sie hier vertreten müssen –, und jetzt sage ich Ihnen die "Privilegien" dieser Bäuerin: 51 Jahre, 30 Hektar Viehbetrieb, schwere Rückgratserkrankungen mit bereits beginnenden Lähmungen in beiden Beinen. Diese Frau hat um Frühpensionierung angesucht. Wissen Sie, was die Sozialversicherungsanstalt der Bauern dieser Frau gesagt hat? Es gibt keinen Berufsschutz für Bäuerinnen, es gibt auch kein Krankengeld für Bäuerinnen, und sie sei für die Pension viel zu früh dran, sie könne leichte Arbeiten durchaus weiterhin verrichten. – Diese Frau muß sich jetzt auf dem freien Arbeitsmarkt einen Erwerb suchen.

Das sind die "Privilegien", die Sie mit Ihrer Politik den Bäuerinnen zukommen lassen. Das ist wirklich eine Schande! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Sauer! Es kann doch nicht sein, daß Sie absolut kein Gefühl mehr für die Bauern und Bäuerinnen in diesem Land haben. Das gibt es doch überhaupt nicht! Sie stellen sich her


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und reden vom "Privileg", weil Sie in den Stall gehen müssen. (Abg. Dr. Maitz: So eine Arroganz ist unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Bestimmungen zur Bäuerinnenpension wurden rückwirkend geändert. Herr Kollege Sauer, Sie haben den Bäuerinnen vor drei Jahren versprochen, daß sie, wenn sie für eine eigene Pension einzahlen, nach 120 Monaten die Mindestpension bekommen. Herr Kollege Sauer! Wissen Sie, was mit der Pension für Bäuerinnen geschehen ist? – Sie haben die Anwartschaft dafür auf 180 Monate erhöht. Das heißt, die Bäuerinnen müssen jetzt bis zu ihrem 60., 65. Lebensjahr arbeiten. Und Sie als Nationalratsabgeordneter, der Sie nach zehn Jahren Abgeordnetentätigkeit in diesem Hohen Haus eine Pension erwerben und mit einer Abfertigung nach Hause gehen, jammern hier herunten, daß Sie in den Stall gehen müssen! Sie haben überhaupt keine Ahnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben völlig das Gefühl für die Menschen, die Sie zu vertreten haben, verloren! Sie sind der größte Privilegienritter, den es überhaupt gibt. Wahrscheinlich sitzen Sie auch noch irgendwo im Raiffeisen-Bereich und haben noch eine Aufsichtstätigkeit ... (Abg. Steibl: Das zum Sauer zu sagen, ist eine Frechheit!)

Selbstverständlich! Dort sitzen sie ja auch beisammen, die Privilegienritter. Was ist denn los im Raiffeisen-Bereich? – 30 Millionen Schilling Abfertigung für einen Herrn Wittmann! Und dann nimmt man einen neuen Mann, zum Beispiel den Herrn Dr. Günter Böhm mit 45 Jahren. Das ist zufällig der Schwager von Dr. Ferdinand Maier, welcher früher Generalsekretär der ÖVP war. Dieser holt seinen Schwager in die RWA, der Schwager nimmt den alten Vertrag von der Raiffeisen-Warenzentrale mit, und würde der jetzt gekündigt, Herr Kollege Sauer, bekäme er nicht 30 Millionen Schilling wie der Herr Wittmann, sondern 60 Millionen Schilling! (Abg. Dr. Haider: Wieviel?) 60 Millionen! Aber die Bauern haften, Herr Kollege Sauer, Frau Horngacher, Herr Schwarzenberger, im Lagerhausbereich mit ihren Anteilen, unversichert, nicht wertgesichert, und wenn sie sie kündigen, dann bekommen sie sie erst in fünf Jahren ausbezahlt.

Das ist Ihre Politik! Und Sie gehen hier herunter und jammern uns die Ohren voll, daß Sie als "armer" Abgeordneter noch in den Stall haben gehen müssen. Ich sage Ihnen: Schämen Sie sich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Wenitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

19.17

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Willi Sauer, du hast mich dazu bewogen, noch einmal kurz zum Rednerpult zu kommen. Deine herzzerreissende Rede hier herunten, wie arm doch die Politiker hier im Parlament seien, hat mich dazu veranlaßt, daß ich dieses Rednerpult heute noch einmal aufgesucht habe.

Herr Kollege Sauer! Du hast gejammert, du habest nur einen bezahlten Beruf. Aber du bist im Zweitberuf Bauer, und du bist Obmann vom Flecktierzüchter-Verband. Vielleicht sitzt du auch noch irgendwo bei Raiffeisen; das kann ich aber nicht genau sagen, darüber bin ich nicht informiert, aber es ist möglich. Es würde mich freuen, wenn du das alles einmal offenlegen würdest, wie das die Freiheitlichen verlangen, nämlich daß die Bezüge der Abgeordneten in einer Zeitung veröffentlicht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Sauer! Das hätte mich noch gar nicht so gestört, aber du hältst hier so eine Rede in einer Woche, in der die Bauern gerade von der ÖVP massivst belastet werden: Es gibt neue AMA-Regelungen. Die Pensionsbeiträge sind wieder erhöht worden, das dritte Mal in diesem Jahr. Diesen Monat sind es wieder um 1 300 S mehr für meinen Betrieb mit 48 Hektar. Insgesamt sind sie bei mir schon um fast 4 000 S erhöht worden, im Vierteljahr! Das sind 16 000 S im Jahre. Auf der anderen Seite nimmt man den Bauern alles weg: Man kürzt ihnen die Fruchtfolgestabilisierung, man kürzt ihnen die Elementarförderung und so weiter und so fort.


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Kollege Sauer! Das wäre ein Anliegen gewesen, das du hier herunten zu vertreten gehabt hättest, aber du hast nur deine Kollegen gedeckt, von denen auch ich dir ein paar Sachen erzählen kann. – Was ist denn der Herr Kollege Donabauer beispielsweise alles, der schon wieder die Beiträge für die Bauern massiv erhöht hat? – Er ist Obmann der Sozialversicherungsanstalt, er ist Bürgermeister, er ist Vorstand der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich/Wien, und er ist nebenbei noch Mitglied des Vorstandes des Hauptverbandes der Sozialversicherungen.

Kollege Sauer! Das kann man doch nicht verteidigen! Das kannst du doch deinen Bauern nicht antun! Das ist eine Schande! Das sage ich dir ganz offen und ehrlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder nimm den Kollegen Rudolf Schwarzböck her. Rudolf Schwarzböck ist Präsident der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer: Laut "profil" 90 000 S im Monat plus Chauffeur, plus Dienstwagen. – Das sind Privilegien, meine Herrschaften, da müssen wir einmal eingreifen! Nebenbei ist er noch Nationalratsabgeordneter und Präsident der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer. Meine Herrschaften! So kann es nicht weitergehen! Daheim spielt er Bauer. – Vielleicht macht er es noch selber, ich bezweifle es, aber wenn er das noch macht, dann spielt er ihn sicherlich nur mehr. Diese Sachen gehören aufgegriffen!

Oder euer Wirtschaftskammerpräsident Herr Maderthaner. Was ist der Herr Maderthaner alles? – Er war eine Zeitlang Abgeordneter im Nationalrat, jetzt ist er es nicht mehr. Er ist Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Hört zu! – Er ist zweiter Aufsichtsratsvorsitzender-Stellvertreter der Versicherungsanstalt der österreichischen Bundesländer Versicherungs AG, Aufsichtsrat der IWG-Holding, Aufsichtsrat der Österreichischen Wirtschaftsverlag Druck- und VerlagsgesmbH, Aufsichtsrat der Wiener Messen Congress GesmbH, Aufsichtsrat der Ungar Druckerei GesmbH.

Ja, Willi Sauer, willst du das wirklich hier verteidigen? Das kann doch nicht wahr sein! Sechs Aufsichtsratsposten bitte, und dazu noch Präsident! Diese Privilegien und dieser Proporz gehören abgeschafft in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn der Bauernbundpräsident Kollege Schwarzenberger sagt, er habe auf seinen Kammerersatz oder wie auch immer verzichtet. In allen Ehren, das freut mich für Sie, aber trotzdem Herr Schwarzenberger: Sie sind Nationalratsabgeordneter, Sie sind Bauer. Brauchen Sie wirklich einen Aufsichtsratsposten in der Salzburger Landesversicherungs AG? Ist das notwendig? So etwas braucht man doch wirklich nicht zu machen. Es tut jeder so, als ob er kein Amtl hätte, aber wenn man genau nachschaut, kommt man auf vieles drauf.

Meine Damen und Herren! Raiffeisen ist leider nicht kontrollierbar, aber da müßte man wirklich einmal hineinschauen, was sich da abspielt. Wenn wir das eruieren könnten, ich glaube, dann würde eine Bombe hochgehen!

Oder nehmen wir den Jakob Auer her: Er ist Bürgermeister, Nationalratsabgeordneter und Vorstandsobmann-Stellvertreter der Raiffeisenbank Oberösterreich. Meine Herrschaften! Das sind Privilegien, die abgeschafft gehören! Willi Sauer! Setz dich ein für die Bauern, nicht für die Privilegienritter hier im Parlament! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Donabauer. )

Das stimmt ja, Kollege Donabauer! Du brauchst dich nicht aufzuregen! Du hast mir vor zwei Monaten gesagt, die Beiträge für die Bauern werden nicht mehr erhöht. In Wirklichkeit sind sie heuer schon dreimal erhöht worden. Das mußt du dir einmal anschauen! Da kannst du ruhig lachen?!

Im gestrigen "Kurier" gab es eine interessante Meldung: In Frankreich ist ein Regionalpolitiker zu einer Geldstrafe von 42 000 S verurteilt worden, weil er 300 Arbeitsplätze versprochen hat und dieses Versprechen nicht eingehalten hat. Meine Damen und Herren! Ich habe den Spruch von Vranitzky noch sehr in den Ohren: Wir werden 30 000 Arbeitsplätze durch den EU-Beitritt neu


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schaffen. Meine Herrschaften! Wenn Vranitzky in Frankreich leben würde, müßte er allein für diese Aussage 4,2 Millionen Schilling blechen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Abgeordneter Schwarzböck hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie die Berichtigung mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

19.23

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl zu Behauptungen von freiheitlichen Funktionären in der gleichen Diktion, wie sie hier Kollege Wenitsch von sich gegeben hat, ein Verfahren läuft (Abg. Dr. Graf: Behauptung und Gegenbehauptung!) , sind heute wieder solche Behauptungen aufgestellt worden. Ich stelle daher richtig: Ich beziehe neben meinem Abgeordnetengehalt eine einzige politische Aufwandsentschädigung: die vom Niederösterreichischen Landtag festgesetzte Präsidentenentschädigung für die Niederösterreichische Landwirtschaftskammer.

Als Vorsitzender der Präsidentenkonferenz habe ich keine Aufwandsentschädigung, weil ich darauf verzichtet habe. Die Höhe der Aufwandsentschädigung für den niederösterreichischen Kammerpräsidenten beträgt nach der gesetzlichen Grundlage ungefähr 75 000 S. Da ich in den laufenden Jahren auf Erhöhungen parallel zu den Praktiken der Politikerentschädigungen verzichtet habe, liegt sie momentan vor Steuern bei zirka 63 000 S brutto. (Beifall bei der ÖVP.)

19.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Wir haben über zwei Entschließungsanträge abzustimmen. – Ich bitte die Klubangestellten, aus den Abgeordnetenreihen zu treten.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend Abbau der Politikerprivilegien.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Politikerprivileg Abfertigung.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen zu Punkt 1 der Tagesordnung betreffend Bezügereformgesetz wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Haselsteiner: Den Herrn Amon hat der Andreas wieder auf Vordermann gebracht!)

19.25

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig, nach den Polemiken, die hier und vor allem auch nach den Unwahrheiten, die hier gebracht worden sind, wieder in eine Sachdiskussion zu finden.

Ich möchte am Beginn meiner Rede doch darauf zu sprechen kommen, daß sich sehr vieles von dem, was insbesondere an Kritik von seiten der Freiheitlichen im Laufe der Debatte gekommen


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ist, in Wirklichkeit auf den ursprünglichen Antrag der Koalitionsparteien bezogen hat. (Abg. Dr. Graf: Umgefallen bist du!) Ich werde gleich darauf eingehen, Herr Kollege.

Und dieser ursprüngliche Entwurf hat tatsächlich den Eindruck erweckt, daß man sich für das, was jetzt wegfällt, nämlich die arbeitslosen Einkommen, auf der anderen Seite über die Hintertüre einen Ersatz holt. Und dieser Eindruck ist durch den Abänderungsantrag jetzt beseitigt worden. Deshalb, glaube ich, kann man diesem vorliegenden Entwurf die Zustimmung geben.

Die Änderungen, die in diesem neuen Antrag enthalten sind, sind durchaus umfassend. Zum einen haben die Mitglieder der Präsidiale darauf verzichtet, eine Erhöhung ihrer Bezüge in Anspruch zu nehmen. Zum zweiten hat es de facto eine Halbierung des gesamten Spesenersatzes gegenüber dem ursprünglichen Entwurf gegeben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Zum dritten wird der Fahrtkostenersatz jetzt nach dem Grundsatz "Was’s wiegt, das hat’s!" abgerechnet. Ich glaube, gerade Sie als Mann der Wirtschaft müßten durchaus nachvollziehen können, daß es sinnvoller ist, Kosten nach der Höhe abzurechnen, in welcher sie tatsächlich entstehen.

Ich glaube, daß angesichts des vorliegenden Entwurfes – auch, wenn es noch eine Reihe von Dingen zu diskutieren gibt – die Kritik, daß es zu Erhöhungen von Bezügen kommen kann und auch wird, nicht aufrechtzuhalten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nun auch zum Sozialfonds etwas sagen, weil hier die Freiheitlichen herausgehen und großartig verkünden, wie toll sie sozial Schwachen, Gruppen, die in Not geraten sind, helfen. Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Ich halte es eigentlich für beschämend, daß es notwendig ist, hier herauszugehen und eine Liste über Dinge, die Sie an Gutem geleistet haben, vorzulegen. (Abg. Scheibner: Ihr habt es ja verlangt!) Herr Kollege Scheibner, ich sage Ihnen dazu folgendes: Es gibt unzählige Abgeordnete hier im Haus, die Monat für Monat Überweisungen an in Not geratene Mitbürger tätigen, die Überweisungen an unterstützungswürdige Organisationen tätigen – ohne daß sie mit einem Taferl herumrennen und aller Welt zeigen, was sie denn alles an Gutem tun. – Das haben nur Sie notwendig! (Beifall bei der ÖVP.)

Interessant wäre es trotzdem, wenn Sie schon großartig von einer Offenlegung in diesem Zusammenhang reden, auch einmal zu sehen, was an Summe in diesen Fonds einbezahlt wurde und was dann tatsächlich für in Not Geratene verwendet wurde. Denn nur das ist eine echte Offenlegung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Offenlegen oder nicht offenlegen?)

Ich sage Ihnen: Wenn Sie schon eine Offenlegung Ihres Sozialfonds bringen, dann wäre es natürlich schon interessant, zu wissen, was insgesamt in diesen Fonds einbezahlt und was tatsächlich für gute Dinge aus diesem Fonds verwendet wurde.

Sie haben präsentiert, daß Sie in der Größenordnung von ungefähr 1 Million Schilling Unterstützung geleistet haben. Das entspricht etwa dem halben Jahreseinkommen nur eines Betroffenen in Ihren Reihen. Das muß man, glaube ich, auch sagen, und daher ist das eine durchaus schwindlige Angelegenheit. (Abg. Böhacker: Unterste Schublade ist das, was Sie da sagen!)

Man wird im Zuge der Diskussion über die Einkommenspyramide im Herbst unterschiedlicher Auffassung sein, was die Regelung von Abgeordnetenbezügen anlangt. Man kann Abgeordnete natürlich wie Freiberufler beurteilen. Man kann Abgeordnete theoretisch wie Beamte beurteilen, man kann sie auch wie Angestellte beurteilen. Das ist sicherlich eine Frage, die man breit diskutieren kann und auch soll. Das ist mit dem Entschließungsantrag, der eingebracht werden wird, auch sichergestellt, denn im Zusammenhang mit der Diskussion um die Einkommenspyramide wird auch eine Systemdiskussion nicht zu verhindern sein.

Wenn aber die Freiheitlichen meinen, daß man ohne weiteres auf 50 Prozent der Parlamentarier in diesem Haus verzichten kann, und damit davon ausgehen, daß das dann nur die Hälfte kostet, dann wäre es wahrscheinlich am günstigsten – das ist möglicherweise ihr Ziel –, gar keine Abgeordneten zu haben, denn so würde man sich überhaupt die Kosten für den Parlamentarismus ersparen. Das kann es zweifelsohne auch nicht sein! Demokratie kostet etwas, und dazu muß man sich, glaube ich, auch bekennen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Der Entschließungsantrag zur Einkommenspyramide, die bis zum Ende des Jahres vorzulegen ist, sieht auch eine Deckelung bei Bezügen aus Mehrfacheinkommen aus dem öffentlichen Bereich vor; und ich glaube, daß das durchaus eine saubere Lösung ist. Denn ich möchte schon eines sagen: Man kann natürlich den Standpunkt vertreten, daß neben dem Beruf nur eine bezahlte politische Funktion ausgeübt werden soll. Auf der anderen Seite glaube ich aber schon, daß es notwendig ist, im Hohen Haus etwa auch Bürgermeister und Vertreter der Sozialpartner zu haben, weil diese Wesentliches einzubringen haben. Wenn das im Zusammenhang mit einer Einkommensdeckelung, mit einer Einkommensobergrenze geschieht, ist es durchaus vertretbar und akzeptabel. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend bringe ich zwei Abänderungsanträge ein. Beim ersten handelt es sich um eine Zitierungsänderung der Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Khol betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses (249 der Beilagen).

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Kohl und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses (249 der Beilagen) betreffend ein Bezügereformgesetz

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Art. 2 Z. 16 (Verfassungsbestimmung) wird in § 45 Abs. 13 das Datum "1. August 1996" durch das Datum "1. Jänner 1997" ersetzt.

2. In Art. 5 Z. 5 wird in § 160a Abs. 3 die Bezeichnung "Abs. 9a" durch die Bezeichnung "Abs. 9" ersetzt.

*****

Der zweite Abänderungsantrag geht in Richtung Erweiterung des vorliegenden Entschließungsantrages zur Einkommenspyramide.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kohl und Kollegen zu dem im Bericht des Verfassungsausschusses (249 der Beilagen) beigedruckten Entschließungsantrag betreffend Einkommenspyramide

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs erwähnte Entschließungsantrag wird geändert wie folgt:

Am Ende des dritten Satzes wird anstelle des Punktes ein Beistrich gesetzt und folgender Nebensatz angefügt: "wobei von dieser Expertengruppe die Einkommen aus der politischen Tätigkeit umfassend zu analysieren und konkrete Reformvorschläge zu erstatten sind."

*****

Alle Fraktionen sind eingeladen, in konstruktiver Art und Weise daran teilzunehmen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag zum Entschließungsantrag betreffend Einkommenspyramide, den der Abgeordnete Amon soeben vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird daher in die Verhandlung miteinbezogen. Dasselbe gilt für den Abänderungsantrag zum vorliegenden Gesetzentwurf.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.


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19.35

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Amon, dessen medialen Vorstoß von vor ein paar Tagen ich ausdrücklich bewundert habe, hat heute hier eigentlich nur belegt, daß er sich vorschnell hat einfangen lassen und nicht gesehen hat, welcher politische Aktionsraum aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse für diesen Antrag von ihm ausgelassen wurde. Dazu kann ich nur eines sagen: Das ist schade! Es ist das deshalb schade, Werner, weil es heute im Grunde genommen von ein, zwei Personen abhängen wird, ob man eine wirklich fundierte Regelung schaffen kann oder ob de facto wieder das eigentliche Problem prolongiert wird.

Genau das geschieht. Ein Entschließungsantrag, der eine Einkommenspyramide, die wirklich schon sehr, sehr lange angekündigt ist, für den Herbst verspricht, und eine Novelle, die diese Diskussion über den Sommer nicht beenden wird, so positiv und so überfällig die Abschaffung der arbeitslosen Einkommen auch sein mag, werden nicht dazu führen, daß es zu einer erhöhten Glaubwürdigkeit solcher Aktivitäten kommt.

Noch einmal, meine Damen und Herren: Im Grunde genommen liegt es heute an zwei Personen – an zwei Personen konkret, wenn Sie die Mehrheitsverhältnisse betrachten –, die an der Abstimmung nicht teilnehmen dürfen, damit wirklich eine fundierte Lösung dieser Problematik erreicht werden kann. Ich wundere mich, daß bei einer Diskussion, die im Grunde genommen uns allen so nah angeht, sich unter den Abgeordneten nicht die Bereitschaft findet, diese Verantwortung auch wirklich wahrzunehmen.

Es war Herr Abgeordneter Khol, der gesagt hat, man müsse hier eine Lösung und eine Bezahlung finden, die sich nach Verantwortung und nach Leistung richtet. Aber wenn es um Verantwortung geht, meine Damen und Herren, dann geht es doch auch darum, diese Verantwortung auch wirklich wahrzunehmen. Doch die ganze heutige Debatte hat doch im Grunde genommen nicht dazu geführt, daß der Antrag, der vorliegt, der heute beschlossen werden soll, in irgendeiner Art und Weise hinsichtlich seiner Wirkung erhellt worden wäre, sondern ganz im Gegenteil: Das eine ist eine vordergründige Bezügediskussion, die sich auf die jeweilige Höhe bezieht, und das andere kann man – was auch in den Medien geschieht – mit dem Wort "Politikerdreschen" zusammenfassen. Das ist modern. Aber das Grundproblem wird nicht angegangen!

Meine Damen und Herren! Die Regelung ist – auch entgegen dem, was Herr Abgeordneter Kostelka gesagt hat – nicht transparent, sie ist nicht fair und sie wird – das sei noch einmal gesagt – diese Diskussion nicht beenden.

Wenn Sie sich die Kommentare anschauen und wenn Sie sich die Diskussionen vergegenwärtigen, die – auch von jedem von Ihnen – in den letzten Tagen geführt worden ist, dann werden Sie erkennen können: Es ist nicht die unmittelbare Höhe des Bezuges, was die Leute auf die Palme bringt, sondern es sind die Tatsache des arbeitslosen Einkommens und die Mehrfachbezüge, die aus verschiedenen Tätigkeiten lukriert werden – und dazu gehören auch die Bezüge aus dem Bereich der Kammern; es wäre falsch zu sagen, daß das kein politisch hochsensibler Bereich in Österreich ist –, was die Leute ärgert.

Es wundert mich, daß sich die Abgeordneten der Regierungsparteien diese Diskussion und diese Kritik so einfach gefallen lassen, wo doch in Wahrheit jede Bezügedebatte in diesem Haus auch eine Debatte über Parteienfinanzierung und Klubfinanzierung sein muß. Denn Sie alle, meine Damen und Herren, lassen sich letztlich für ein Einkommen kritisieren, von dem Sie cash auf der Hand ein gut Teil gar nicht sehen. Das Bundesrechenamt zieht Ihnen schon von vornherein einen Teil Ihrer Bezüge ab, und das geht dann an die Partei, das geht an den Klub.

Das ist doch etwas, was falsch ist! Das ist doch etwas, was nicht transparent ist, und das ist doch etwas, was, Herr Abgeordneter Kostelka, mit einer solchen Novelle abgeschafft werden könnte! Aber es wird nicht getan.

Es besteht keine Offenheit, es besteht keine Fairneß, und Sie haben offenbar, meine Damen und Herren, nicht den politischen Mut oder Willen dazu, Ihren eigenen Parteien als Institutionen


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Paroli zu bieten und zu sagen: Wir wollen für eine verdeckte Parteienfinanzierung nicht länger herhalten müssen! Wir wollen eine klare Regelung, wir wollen für unsere Arbeit, die wir hier leisten, einen entsprechenden Bezug bekommen! Das, was Parteien oder Klubs benötigen, sollen sie sich über die Parteienförderung oder über die Klubfinanzierung holen, aber nicht versteckt über Abgeordneteneinkommen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es ist heute auch die Freistellung von Beamten, wenn sie sich um ein Mandat bewerben, erwähnt worden. Die Freistellung von Beamten ist doch in diesem Zusammenhang weniger ein Privileg der Beamten selbst als vielmehr eine Möglichkeit von Parteien, auf Arbeitskräfte in Wahlzeiten zurückzugreifen. Es ist doch auch Ihnen bekannt – es wird das niemand abstreiten –, daß selbstverständlich auf den hinteren, nicht wählbaren Plätzen der Listen sehr oft Beamte aufscheinen, nur damit sie während der Wahlkampfzeit keinen Dienst verrichten müssen und man die Möglichkeit hat, auf deren Arbeitskraft unmittelbar zurückzugreifen.

All das, meine Damen und Herren, sind mit den Bezügen essentiell zusammenhängende Punkte, für die Sie letztlich kritisiert werden – und das zu Recht, weil Sie heute nicht die Gelegenheit wahrnehmen, sich dagegen aufzulehnen!

Meine Damen und Herren, ein Letztes in diesem Zusammenhang: Äußern Sie doch einmal auch hier vom Rednerpult aus Ihren Unmut darüber, daß Mandate von Parteien immer noch als Lehen angesehen werden. Oder ist es nicht so, daß bei Ihnen – ich meine ÖVP, SPÖ, FPÖ – die Abgeordneten von ihrem Bezug während des Wahlkampfs letztlich sehr hohe Beträge beisteuern müssen, nur um zu erreichen, daß man im Bezirk, im Land einen entsprechenden Stellenwert hat? – Auch da wieder: versteckte Parteienfinanzierung!

Das ist doch nicht notwendig! Es wäre heute, meine Damen und Herren, sogar wichtig, all diese Punkte aufzugreifen, nicht um für jeden einzelnen Abgeordneten eine Änderung in der Höhe seines Bezuges zu erreichen, sondern um klarzulegen, daß man keine versteckte Parteienfinanzierung mehr über die Gehälter der Abgeordneten haben will.

Ich wundere mich, meine Damen und Herren, daß mit dieser Novelle letztlich ein Politikerbild festgeschrieben wird, indem hier im Parlament eine Kommission gebildet wird, die darüber zu entscheiden hat, welche Abgeordneten tatsächlich in Ausübung ihres Mandates bei Diskussionen irgendwo im Lande unterwegs sind und welche nicht. Das kann doch nicht sinnvoll sein! Es kann doch nicht sinnvoll sein, daß über den Bundesgesetzgeber Landeshauptleute, Vertreter des Gemeindebundes, Vertreter des Städtebundes bestimmen und sagen: Jetzt werden wir entscheiden, ob die Damen und Herren tatsächlich eine politische Tätigkeit ausüben oder nicht.

Das ist keine gute Lösung, das wissen Sie! Die einzige Gelegenheit, das wirklich ohne Gesichtsverlust für alle richtig und gut regeln zu können, wäre es, die Vorlage an den Ausschuß rückzuverweisen und noch einmal in Diskussion zu ziehen. Es besteht überhaupt kein Grund, eine Regelung, die im September getroffen wird, nicht mit 1. August in Kraft zu setzen. Man hat im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes zum Sparpaket ja auch rückwirkende Regelungen getroffen. Warum also nehmen Sie sich nicht die Zeit, das ordentlich zu regeln, und setzen es dann rückwirkend mit 1. August in Kraft, wenn es Ihre Sorge ist, daß es heißen könnte, Sie wollen sich noch eine gewisse Zeit bedienen? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Mir ist es auch wichtig, meine Damen und Herren, klarzulegen, daß die Feststellung der tatsächlichen Arbeitsleistung der Beamten an ihrem Arbeitsplatz nicht stattfinden wird, und zwar schlicht und einfach deshalb, weil es nicht möglich ist. Sie wissen genauso gut wie ich: Sie können noch so viele Stechuhren vor einer Tür montieren, aber wer sagt Ihnen, daß diejenigen, die hineingehen, drinnen nicht ihre Parlamentspost erledigen, anstatt ihre eigentliche Arbeit zu machen? Warum, meine Damen und Herren, soll es so sein, daß jemand, der in einem Verwaltungsverfahren auf einen Bescheid wartet, nur deshalb noch länger warten muß, weil in dieses Verwaltungsverfahren jemand involviert ist, der ein Abgeordnetenmandat ausübt und dadurch vielleicht nur noch zu 25 Prozent an seiner Arbeitsstelle als Beamter sein kann, aber durch dessen Hand sozusagen trotz alledem die Verfahren laufen? Entsprechende Verzögerun


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gen werden die Folge sein. Sie werden keinen Weg finden, eine echte Messung der Leistung durchführen zu können, weil Anwesenheit am Arbeitsplatz noch überhaupt nicht bedeutet, daß dabei wirklich etwas herauskommt.

Meine Damen und Herren! Die Verwaltung in Österreich ist ja nicht unpolitisch. Ich kann mir gut vorstellen, daß je nach Dienststelle und Abgeordneten in dieser Dienststelle und politischer Nahebeziehung des jeweiligen Abgeordneten die Regelungen unterschiedlich aussehen werden. – All das, meine Damen und Herren, führt nur dazu, daß wir sehr bald wieder eine Diskussion darüber haben werden, und dann wird es heißen: Augenblick! Jetzt haben sie es vor dem Sommer geändert, nach dem Sommer ändern sie es schon wieder – das wird wahrscheinlich wiederum keine ehrliche Lösung sein.

Solche kleinen Schritte wie die 34. Novelle zum Bezügegesetz, wo Abgeordneter Amon, der heute die Gelegenheit hätte, wahrzumachen, was er vor ein paar Tagen angekündigt hat, schon ankündigt, daß die 35. Novelle im Herbst kommen wird, und eigentlich die Tür dazu aufmacht, sind kein Weg, eine Lösung dieses Problems wirklich anzugehen.

Sie werden, meine Damen und Herren, niemandem erklären können, warum ein Ersatz der Bürokosten für Abgeordnete getätigt werden soll, wenn das etwa für Handelsvertreter vor wenigen Monaten gestrichen worden ist. Sie können einen Fahrtzeitausgleich nicht argumentieren, wenn er für Pendler überhaupt nicht in Frage kommt.

Meine Damen und Herren! Diese Debatte ist so lange nicht zu Ende, solange man genau diese Probleme nicht offen und ehrlich hier auf den Tisch legt und ankündigt, daß man es bei der nächsten Novelle tun wird. Unser Antrag bietet die Gelegenheit, eine solche Lösung im Herbst definitiv und endgültig durchführen zu können. Der Abschaffung der arbeitslosen Einkommen steht nichts im Wege, auch mit heutigem Tage nicht, meine Damen und Herren.

Ich bitte Sie, unserem Rückverweisungsantrag zuzustimmen, damit wir wirklich zu einer guten Lösung kommen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.45

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Bericht des Verfassungsausschusses betreffend Bezügereform habe ich mir zu Wochenende ganz kurz durchgeschaut. Dabei sind mir gleich einige schwerwiegende Punkte, die so absolut nicht sein können, aufgefallen. Ich möchte mich hier aber nur auf einige wenige beschränken.

Ein Punkt sind die Fahrtkosten. In diesem Entwurf heißt es, so wie es Herr Amon gesagt hat: Was es wiegt, das hat es, das soll verrechnet werden! Selbstverständlich soll jeder die Fahrtkosten, die er hat, auch bezahlt bekommen. Die Frage ist nur: von wem? – Ich glaube, daß es angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage und aufgrund der Sparpakete, die wir seit Jahren haben, nicht vertretbar ist, daß wir diese Fahrtkosten jetzt auch noch den Bürgerinnen und Bürgern anlasten, indem wir über Staatsgeld unsere Fahrtkosten erstattet haben wollen. Das kann doch wohl nicht die Lösung dieser Frage sein! Ich habe mir ausgerechnet, was es den Bund im Jahr kosten würde, wenn jeder sein Kilometergeld verrechnet, und ich bin davon ausgegangen, daß im Durchschnitt jeder Abgeordnete im Jahr zirka 50 000 Kilometer für seine berufliche Tätigkeit unterwegs ist. (Abg. Böhacker: Das ist schon sehr viel!)

Meine Damen und Herren! Haben Sie bedacht, daß bei einer Bewältigung von 50 000 Kilometern pro Abgeordnetem und bei einem Kilometerersatz von 4,60 S pro gefahrenem Kilometer das den Staatshaushalt 42 Millionen Schilling kosten würde? – Der Freifahrtschein der Bundesbahnen, der derzeit an die Abgeordneten ausgegeben wird, kostet hingegen nur 6,6 Millionen Schilling. Das heißt, mit dem geplanten Verrechnungssystem der Fahrtkosten über Kilometer


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geld würde das eine Steigerung von 636 Prozent bedeuten – 636 Prozent! – oder 42 Millionen Schilling.

Ich bin die Letzte, die dafür ist, daß jeder Abgeordnete seine Fahrtkosten selbst tragen muß, aber ich glaube, es kann und darf nicht die Lösung sein, daß diese Fahrtkosten auf die Bürger abgewälzt werden, sondern es muß die Lösung geben, daß Fahrtkosten, die sich über jenen des Freifahrtscheins bewegen, von den Klubs getragen, aus dem Klubbudget und nicht aus dem Staatsbudget bezahlt werden. Das wäre eine faire Lösung, und das wäre eine Lösung, die auch für die Bevölkerung vertretbar ist! (Abg. Ing. Meischberger: Woher kommt denn das Klubbudget, Kollegin?) Jeder Klub kann sich dann mit seinem Abgeordneten absprechen, ob diese Fahrt gerechtfertigt ist oder nicht, ob sie überhaupt als notwendig angesehen wird oder nicht. Aber nach dem neuen Modell von SPÖ und ÖVP bringt das nur weitere Staatsschulden, die wir uns wirklich nicht mehr leisten können. (Beifall bei den Grünen.)

Es gäbe vernünftigere Modelle zu den Fahrtkosten als das von Herrn Kostelka und von Herrn Khol. Herr Kostelka! Herr Khol! Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie ein Mischsystem aussehen könnte, ein System, wonach jeder Abgeordneten seinen Freifahrtschein beibehält und gleichzeitig noch 20 000 S im Jahr als sonstige Fahrtkosten in Form von Kilometergeld geltend machen kann?

Oder haben Sie sich ein Modell für jene Personen überlegt, die nicht mit dem Auto fahren können, aber auch nicht mit dem Zug fahren können, weil aufgrund der Bahnverbindung keine halbwegs vernünftige Anreisezeit möglich ist? Auch da gäbe es eine Möglichkeit: Sie könnten den Gegenwert des Freifahrtscheines an jene Abgeordneten auszahlen, die auf den Freifahrtschein verzichten. Nur die Differenz von 20 000 S wäre wieder steuerlich absetzbar. Alles, was sonst noch an Fahrkosten hinzukommt, sollten die Klubs aus ihren Klubbudgets bezahlen, das ist Sache der jeweiligen Klubs. (Beifall bei den Grünen.)

In meinem Verein kann ich ja auch nicht irgendwohin gehen und sagen: Bitte, bezahlt die Fahrtkosten meiner Mitarbeiter! Ich habe ein Budget. Mein Budget ist mein Vereinsbudget, und daraus habe ich die Fahrtkosten für die MitarbeiterInnen meines Vereins zu bezahlen.

Wir Abgeordnete haben eigentlich dieselbe Position. Wir sind Abgeordnete der einzelnen Klubs, und die einzelnen Klubs haben ihre Budgets. Aus diesen Budgets soll die Finanzierung sichergestellt werden – aber nicht aus Mitteln, die der Bevölkerung zustehen. Das ist absolut ungerechtfertigt, denn dadurch würde man der Bevölkerung noch weitere Belastungen aufbürden, zusätzlich zu den Belastungen, die sie jetzt schon zu tragen hat und die sie nicht mehr verkraften kann.

Wir können Ihrem Vorschlag zur Bezügereform keine Zustimmung geben, und zwar nicht nur aufgrund dessen, was ich jetzt zum Bereich der Fahrtkosten gesagt habe, sondern es sind noch andere Punkte in Ihrem Vorschlag enthalten, die mir einigermaßen Bauchschmerzen verursachen.

Da heißt es zum Beispiel in den Grundsätzen für die Lösung, und zwar bei der Übernahme der Bürokosten: Bürokosten sollten bis zu einem gewissen Ausmaß übernommen werden. Der Begriff "gewisses Ausmaß" – was heißt das? Ist das ein Ausmaß meines Gewissens? Wer setzt dieses "gewisse Ausmaß" fest? Das heißt, jeder kann es sich wieder so richten, wie er glaubt, je nachdem: Je besser einer verhandeln kann, umso mehr wird er für sein Büro unter Umständen bekommen – oder auch nicht .

Ich glaube, in einem Gesetz wie dem Bezügegesetz haben Begriffe wie "gewisses Ausmaß" absolut nichts zu suchen. Da sollte alles klar formuliert und mit konkreten Beträgen abgesichert sein. Der Begriff "gewisses Ausmaß" läßt eine Spannbreite von 1 000 S bis 100 000 S, 170 000 S zu, je nachdem, wie es sich der einzelne richten will beziehungsweise richten kann.

Das darf bitte niemals Grundlage eines Gesetzes sein! Von einer Bezügereform erwarte ich mir etwas anderes. Von einer Bezügereform erwarte ich mir, daß jeder Abgeordnete ein anstän


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diges Gehalt bekommt, daß jeder Abgeordnete die Möglichkeit haben soll, seine Fahrtkosten, seine Spesen, geltend zu machen, und zwar über den Lohnsteuerausgleich oder Einkommensteuerausgleich, den ja ohnehin jeder macht, und der noch verbleibende Betrag, den der Abgeordnete selber zu tragen hat, soll aus den Klubbudgets finanziert werden, niemals aber von der öffentlichen Hand.

Bei diesem Entwurf aber ist es genau umgekehrt, und deshalb werde ich diesem Entwurf meine Zustimmung nicht geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.54

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst ein Wort zum Kollegen Amon, einem meiner Vorredner. Kollege Amon! Es ist schon ein bißchen ein durchsichtiges Spiel gewesen, das du hier aufgeführt hast. Denn zuerst etwas zu verlangen, nämlich die Offenlegung unseres Fonds, und dann gerade diese Offenlegung zu kritisieren, das ist schon doppelbödig. Aber das kennen wir ja schon. Gerade auch von deiner Fraktion haben wir dieses Spielchen ja schon im Burgenland erlebt. Bürgermeister Steindl war ja auch ein Betroffener. Da haben jene, die Doppelbezüge kassiert haben, die anderen, die sie an einen Fonds abgeliefert haben, kritisiert. Man mußte sogar zu Gericht gehen, um zu beweisen, daß alles seine Rechtmäßigkeit hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Kollege Amon! Du warst einer jener, die diese Regelung in der Öffentlichkeit sehr scharf kritisiert haben. (Zwischenruf des Abg. Amon .) – Aha, das war früher. Ich habe eigentlich gehofft, daß du konsequent bleibst und auch zu denen gehören wirst, die dafür sorgen, daß wir in Ruhe eine gescheite Lösung finden können – und nicht dieses Husch-Pfusch-Gesetz, das wieder nur zur Verwirrung beiträgt und zu dem schlechten Image, das heute auch wieder von allen Fraktionen beklagt wurde.

Meine Damen und Herren! Es war ja schon ein bißchen auffällig – wir diskutieren jetzt schon einige Stunden hier über diese Vorlage –, daß man von den Vertretern der Regierungsfraktionen sehr wenig gehört hat, was denn jetzt wirklich die Substanz, das Positive an dieser Reform sein soll. Von Ihrer Seite hat es nur Ablenkungsmanöver und Angriffe gegen die Freiheitlichen, die jetzt das alles kritisierten, gegeben. Kollege Kukacka hat sogar Volksanwalt Schender "herangezerrt" – kann man fast sagen – als Beispiel, wie man bei uns mit Leuten umgeht. Das paßt da überhaupt nicht her. Herr Kollege Kukacka, es ist schon merkwürdig, daß Sie der Meinung sind, daß jemand, wenn er Volksanwalt wird, auf irgendeinen Versorgungsposten abgeschoben wird. Ich würde mir nie erlauben, dasselbe von Ihrer ehemaligen Generalsekretärin Korosec zu behaupten, denn ich glaube, die Volksanwaltschaft ist eine wichtige Institution, und jedem, der dieses Amt erreichen kann, ist größte Hochachtung zu zollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Man durchschaut diesen Versuch einer Ablenkung, aber Sie haben anscheinend auch ein schlechtes Gewissen.

Ich stimme auch jenen Abgeordneten zu, die das schlechte Image der Politik beklagt haben, die über die Aufwendungen referiert und hier auch über die Mühsal der Politik geklagt haben. Das ist schon richtig.

Es ist auch richtig, daß man es manchen Leuten bei den Politikerbezügen sicherlich nicht recht machen kann. Die werden auch dann noch kritisieren, wenn man für diese Tätigkeit überhaupt nichts mehr bekommt. Aber ich glaube, daß es eine überwiegende Mehrheit der Bevölkerung gibt, die für eine ordentliche Bezahlung der Politiker eintritt, die aber Transparenz verlangt, Transparenz bei den Bezügen, sodaß auch nachvollziehbar ist, was der Abgeordnete für seine Tätigkeit bekommt.

Meine Damen und Herren! Da, glaube ich, haben Sie mit dieser Regelung eine echte Chance verpaßt. Ich zitiere hier nur einen Paragraphen, nur einen Absatz, den Fahrzeitausgleich betreffend, und dann sagen Sie mir, ob der Normalbürger, wenn er das liest – und es wird ja immer


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gesagt, die Politikerbezüge seien ja im Gesetz nachlesbar –, nachvollziehen kann, was das in der Praxis bedeutet. Da heißt es:

"Der Fahrzeitausgleich gebührt in der Höhe der durch 173,2 geteilten Summe des Gehalts eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung der Gehaltsstufe 5 der Dienstklasse VII und der für diesen vorgesehenen Verwaltungsdienstzulage in der Zeitzone 1 und erhöht sich für jede zusätzliche Zeitzone um denselben Betrag. Der sich daraus ergebende Betrag ist mit der Anzahl der Fahrten, an denen durchschnittlich in einem Kalenderjahr pro Monat Plenar-, Ausschuß- oder Klubsitzungen stattfinden, zu vervielfachen und gebührt monatlich, wobei Hin- und Rückreise zu berücksichtigen sind. Die der Berechnung zu Grunde zu legende Anzahl der durchschnittlich in einem Kalenderjahr pro Monat stattfindenden Fahrten zu Plenar-, Ausschuß-, Klub- oder sonstigen Fraktionssitzungen wird vom Präsidenten des Nationalrates – hinsichtlich der Mitglieder des Bundesrates nach Anhörung des Präsidenten des Bundesrates – nach Rücksprache mit den Mitglieder der Präsidialkonferenz festgelegt."

Meine Damen und Herren! Das ist die Klarheit, die Sie mit dieser Regelung schaffen! Ich glaube, allein dieser eine Paragraph zeigt, daß Sie gerade dem Ansehen der Politik, das Sie hier eingemahnt haben, einen sehr schlechten Dienst erwiesen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich erinnere auch an die Worte von Klubobmann Khol, der hier vor wenigen Wochen oder Monaten – ich glaube es war im Rahmen einer Fristsetzungsdebatte über die Bezügereform – referiert und gesagt hat, daß von allen Fraktionen positive Initiativen und Anträge vorlägen. Er hat auch unseren Antrag ausdrücklich gelobt und gesagt, das sei der ihm am plausibelsten scheinende Antrag, und er hat weiters gemeint, daß alle gemeinsam versuchen sollten, eine solche Reform umzusetzen, ja er hat das sogar versprochen.

Herr Kollege Khol, was ist denn aus diesem Ihrem Versprechen geworden, daß wir alle gemeinsam hier im Parlament diese Bezügereform umsetzen werden? – Nichts ist daraus geworden, meine Damen und Herren! Dieser freiheitliche Antrag – Sie haben ihn anscheinend noch nicht alle genau gelesen – wäre ja eine Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen, indem man ein leistungsbezogenes Gehalt einführt.

Dann würde auch diese ganze Kritik, wer wie lang, wie oft, bei welchen Ausschüssen ist, an wie vielen Sitzungen teilnimmt, wer redet und so weiter, sehr bald der Vergangenheit angehören. Aber man sieht ja, Sie sind nicht bereit, das in einer ordentlichen Diskussion abzuführen.

Meine Damen und Herren! Wir wollen Ihnen die Gelegenheit geben, sich das noch einmal zu überlegen, um dann mit uns gemeinsam eine entsprechende Reform durchführen. Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Kollegen betreffend "umfassenden Privilegienabbau"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der einen umfassenden Abbau der Politikerprivilegien vorsieht und insbesondere auch folgende Punkte enthält:

1. Offenlegung aller Einkünfte der Träger politischer Funktionen,

2. Beschränkung auf eine bezahlte politische Funktion,

3. Unterbindung arbeitsloser Beamteneinkommen durch eine saubere Leistungskontrolle, die nicht durch Alibiplanstellen unterlaufen werden kann,


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4. Einbeziehung aller Bereiche, insbesondere auch der Funktionäre und Dienstnehmer der Interessenvertretungen, der Sozialversicherungsträger, der Nationalbank und anderer von den Gebietskörperschaften beherrschten Unternehmen, in die zu treffende gesetzliche Regelung und

5. Abschaffung der Parteisteuern."

*****

Meine Damen und Herren! Stimmen Sie diesem Antrag zu! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Scheibner soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt; er wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Abgeordneter Wabl. Maximale Redezeit: 11 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.02

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Jahr hat heuer nicht so schlecht begonnen, was die Frage der Neuregelung der Bezüge der Politiker angeht. Ein Staatssekretär mit Namen Schlögl hat sich im Jänner vorgenommen, dieses Thema seriös zu behandeln und auch Vorschläge zu machen, die gemeinsam mit allen Fraktionen hier diskutiert werden sollten.

Meine Damen und Herren! Leider ist ein Problem dazwischengekommen, und das Problem hat einen Namen; ich will nicht noch einmal darauf eingehen. Aufgrund des Bekanntwerdens dieses Problems sind die zwei Klubobleute, Kostelka und Khol, in einer Art Nacht- und Nebelaktion gezwungen gewesen, hier eine gesetzliche Änderung herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Darüber ist heute bereits ausführlich diskutiert worden. Ich möchte dazu nicht mehr sehr viel sagen, nur eines muß ich schon feststellen: Die freiheitliche Fraktion ist geläutert, denn der Herr Scheibner hat gerade einen Antrag eingebracht – und zwar den ersten der Freiheitlichen Partei – auf Offenlegung der Einkommen der Politiker und der Vermögensverhältnisse.

Das ist eine Premiere, obwohl Kollege Haider in seiner Rede heute behauptet hat, daß das die Freiheitlichen schon des öfteren gemacht hätten. Ich habe ein Gehalt ausgelobt. Kollege Haider hat zwar gemeint, sie hätten schon ein Paket eingebracht, wo die Offenlegung verlangt worden ist, aber ich hätte gerne nur einen einzigen Antrag gesehen, der in den letzten Jahren diesbezüglich eingebracht worden ist. – Es ist aber leider keiner eingebracht worden.

Meine Damen und Herren! Die grüne Fraktion hat im Jahre 1987 diesen Antrag eingebracht, im Jahre 1988, 1989, dann zu Beginn dieses Jahres wieder, und jetzt liegt wieder so ein Antrag hier vor.

Ich kann mich erinnern, welche Personen in diesem Hause zugestimmt haben. Die Freiheitlichen waren auf jeden Fall nicht dabei. – Auch Sie nicht, Herr Kollege Haider, auch Sie nicht, Herr Kollege Reichhold, und der Herr Stadler war, glaube ich, noch nicht im Hause damals, 1987. (Abg. Ing. Reichhold: Ich lege mein Gehalt jedes Jahr offen! Da brauch’ ich keinen Beschluß!) – Ja, selbstverständlich! Möglicherweise der Frau, aber sonst niemandem.

Meine Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei hat hier nie zugestimmt. Die ÖVP hat hier nie zugestimmt, und auch die SPÖ hat nicht zugestimmt, obwohl die SPÖ damals signalisiert hat, daß sie diesem Antrag zustimmen wird. Die ehemaligen Mitglieder der Freiheitlichen Partei, die jetzt bei den Liberalen sind, haben damals auch nicht zugestimmt, damals der Herr Frischenschlager, damals der Herr Peter und damals die Heide Schmidt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Damals haben sie nicht dürfen!) Ich weiß, Herr Kollege Haselsteiner, Sie konnten damals nicht zustimmen. Ich bin überzeugt davon, Sie hätten sofort zugestimmt. (Abg. Dr. Haselsteiner nickt zustimmend.) Bravo! Da kann ich nur sagen: Hochachtung!


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Meine Damen und Herren! Ich bringe nunmehr folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Wabl, Freunde und Freundinnen betreffend Offenlegung der Einkommen, Vermögensverhältnisse und Nebenbeschäftigungen von Politikern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage des Unvereinbarkeitsgesetzes vorzulegen, wobei insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen sind:

1. Der Bundespräsident, die Mitglieder der Bundesregierung, die Staatssekretäre, die Mitglieder der Landesregierungen, die Abgeordneten zum Nationalrat sowie die Bundesräte sollen bei ihrem Amtsantritt und in der Folge alljährlich ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen müssen.

2. Derselbe Personenkreis soll weiters angeben müssen, ob neben der politischen Tätigkeit auch noch ein weiteres Dienstverhältnis besteht. Dabei sind auch etwaige Abreden mit dem Arbeitgeber hinsichtlich der Dienstzeiten und das vereinbarte Entgelt sowie die vereinbarte Arbeitsleistung offenzulegen."

*****

Herr Abgeordneter Haider! Wenn Sie es tatsächlich wollen, wie Sie heute hier lang und breit erklärt haben, haben Sie jetzt die Gelegenheit, endlich so einem Antrag wirklich zuzustimmen. Herr Abgeordneter Stadler kann das natürlich auch. Sie waren ja damals noch nicht im Hause, als wir diese wunderbaren Anträge schon eingebracht haben. Der Herr Meischberger, glaube ich, war schon hier. Er hat es leider damals noch versäumt. Aber es ist alles eine Frage der Entwicklung und der Reife. Wenn der Meischberger gewußt hätte, ... (Abg. Mag. Stadler – auf die Regierungsbank weisend –: Da ist die Regierung!) – Ich weiß schon! Aber wir hätten damals zumindest von der Opposition der Freiheitlichen erwartet, Herr Kollege Stadler, daß sie dieser Offenlegung zustimmt. (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold .) Herr Kollege Reichhold! Heute – immerhin schon etwas.

Das Problem der Offenlegung 1987 wäre folgendes gewesen: Wäre damals – was leider nicht geschehen ist – dieser Antrag durchgegangen, dann hätten wir schon 1987 gewußt, was der Herr Höchtl verdient, und auch was alle anderen hier im Hause verdienen. Und dann hätten wir auch heuer relativ bald gewußt, was der Herr Brauneder verdient und was andere in sämtlichen Fraktionen verdienen. Dann hätten wir eine offene Diskussion darüber gehabt und hätten nicht so verschämt Stück für Stück erfahren müssen, was in diesem Hause passiert.

Meine Damen und Herren! Wir werden (Abg. Ing. Reichhold: Beschäftigst du dich noch immer mit dem Antrag aus dem 87er Jahr?) Nein, ich habe hier einen neuen Antrag, Herr Kollege Reichhold.

Meine Damen und Herren! Wir beenden hier vorläufig ein trauriges Kapitel mit dem ... (Unruhe im Saal.) Die Nervosität ist schon auf dem Höhepunkt, weil die Kollegen Khol und Kostelka nicht wissen, ob sie die Zweidrittelmehrheit zustande bringen. Das kann eine fürchterliche Niederlage werden. Wenn ich jetzt so in die Reihen schaue, glaube ich, es ist am besten, ich beende meine Rede gleich. Bei der ÖVP fehlen nämlich noch einige, und somit ist die Wahrscheinlichkeit einer Niederlage sehr groß. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


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34. Sitzung / Seite 145

20.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Wabl vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt; er wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Dolinschek. – Bitte, Sie haben das Wort.

20.08

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die gesamte Debatte zur Bezügereform und auch zur dringlichen Anfrage an den Herrn Bundeskanzler hat gezeigt, daß sich hier sämtliche Kollegen aus der Koalition bemüßigt gefühlt haben, sich selbst zu verteidigen, daß sie das früher nicht gewußt haben, daß das halt immer so war, und so weiter, und so fort. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner .)

Herr Kollege Haselsteiner! So war das nicht. Wir Freiheitlichen haben schon seit zehn Jahren, seit ich diese Politik näher beobachte – und ich bin jetzt schon fast sechs Jahre lang hier in diesem Hohen Haus –, diese Privilegien immer wieder kritisiert. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen (Abg. Wabl: Keine Unwahrheiten!), daß es eben Unterschiede gibt zwischen den einzelnen Bevölkerungsschichten, repräsentiert von den Volksvertretern hier im Hohen Hause. Diese Unterschiede gibt es nun einmal: Es sind hier Selbständige, Bauern und Freiberufler, Unselbständige, Beamte, in der Privatwirtschaft Beschäftigte, Beschäftigte aus dem sogenannten geschützten Bereich, den Kammern, den Sozialversicherunganstalten, der Nationalbank und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.

Sehr geehrte Damen und Herren! Steter Tropfen höhlt eben den Stein. Das haben wir in den letzten Jahren getan. Jetzt, nachdem ein paar markante Fälle im Zuge der Sparmaßnahmen, die Sie der Bevölkerung aufs Auge gedrückt haben, ans Tageslicht getreten sind, haben Sie Handlungsbedarf. Jetzt muß von heute auf morgen irgend etwas geschaffen werden, was aber nicht ausgereift und im Prinzip ein Husch-Pfusch-Gesetz ist.

Die Bezüge der Abgeordneten sollten irgendwie eingeschränkt werden. Aber was machen Sie? – Jetzt gibt es eine Erhöhung. Es soll jetzt bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine Teilzeitbeschäftigung geben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das habe ich schon seit sechs Jahren. Seit sechs Jahren habe ich eine Teilzeitbeschäftigung, und zwar eine Halbtagsbeschäftigung, und ich bekomme entsprechend meiner Arbeitsleistung – ich erhalte also 50 Prozent – bezahlt. Ich war Angestellter, nämlich Werkmeister, und war für 54 Personen verantwortlich, und zwar im Einschicht-, im Zweischicht- und im Dreischichtbetrieb. Es erfolgten Umstrukturierungen, was zur Folge hatte, daß ich seither in der Kalkulationsabteilung arbeite.

Ein öffentlich Bediensteter, der Abgeordneter in diesem Hohen Haus wird, wird weiter beschäftigt, wobei er 75 Prozent seiner Bezüge erhält. Das kann er auch heute noch. Wieviel er dann tatsächlich dort an seinem Schreibtisch arbeitet, sei dahingestellt. Jetzt soll eine Stechuhr eingeführt werden. Das ist in der Privatwirtschaft selbstverständlich, das war dort noch nie anders.

Dann sind im Nationalrat auch noch Arbeitnehmervertreter, so wie sich das eben gehört. Es ist selbstverständlich und soll auch niemandem abgesprochen werden, daß Leute aus der Arbeiterkammer, aus der Wirtschaftskammer, aus dem Sozialversicherungsbereich oder vom Österreichischen Gewerkschaftsbund hier im Hohen Haus auch die Arbeitnehmerinteressen vertreten.

Aber es besteht ein Unterschied zwischen uns, Herr Präsident Verzetnitsch und Kollege Nürnberger: Ich habe eine Teilzeitbeschäftigung und beziehe 50 Prozent jenes Gehaltes, das ich für eine Vollzeitbeschäftigung erhalten würde. Ich muß für jede Stunde, die ich arbeite, praktisch die Stechuhr drücken. Meine Kollegen wollen auch nicht, daß ich weniger leiste, denn dann müssen sie mehr machen. Das ist keine Frage. Ich kann dort nicht jene Politik machen, die Sie bei Ihrem Job, für den Sie volles Gehalt beziehen, machen können. Das ist derzeit natürlich rechtlich abgesichert. Keine Frage. Sie werden aber zugeben, daß die Optik etwas schief ist.

Ich appelliere hier vor allem an Sie als Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und als Arbeitnehmervertreter: Wenn Sie hier Nägel mit Köpfen machen wollen, dann müssen Sie eine Regelung treffen, die ähnlich jener ist, die für die Personen gilt, die neu in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden, wonach Neueingestellte eben ASVG-versichert sind. Die Abgeordneten sollten auch ASVG-versichert sein, eine Pension bekommen, auf die Politiker


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34. Sitzung / Seite 146

pension verzichten, auf die Abfertigung verzichten und eben eine Grundentschädigung erhalten, die transparent ist, und eine Entfernungszulage. Es sollte keine dubiose Abrechnungsregelung geben, sondern dies sollte transparent sein. Es könnte auch eine Kilometeraufteilung in 50-Kilometer-Schritten erfolgen und so weiter.

Wenn Sie das durchbringen, dann, so meine ich, ist es eine echte Politikerbezügereform, die man auch nach außenhin vertreten kann – aber so nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Bitte Platz zu nehmen. Ich unterbreche kurz die Sitzung, weil ich das Croquis noch einmal abchecken möchte.

(Die Sitzung wird um 20.14 Uhr unterbrochen und um 20.16 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir treten jetzt in den Abstimmungsvorgang ein. Ich bitte um Aufmerksamkeit, weil ich den Abstimmungsvorgang erläutern werde.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 249 der Beilagen.

Hiezu hat Frau Abgeordnete Dr. Schmidt einen Antrag auf Rückverweisung eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen einen Zusatz- sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen einen Abänderungsantrag vorgelegt.

Ich werde zunächst über den Rückverweisungantrag, danach über die erwähnten Anträge der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen, hierauf über diese Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen abstimmen lassen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, den Antrag 245/A an den Verfassungsausschuß rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit . Dieser Antrag ist abgelehnt .

Damit kommen wir nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 249 der Beilagen.

Ich lasse nunmehr über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Artikel 2 § 38 abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über die beantragte Änderung der Ziffernbezeichnung.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 § 45 Abs. 14 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über Artikel 2 § 45 Abs. 14 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.


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34. Sitzung / Seite 147

Für diese Abstimmung ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "ja", das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise "nein", das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung dürfen ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden. Die Abgeordneten werden namentlich aufgerufen, die Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für Artikel 2 § 45 Abs. 14 in der Fassung des Ausschußberichtes stimmen, "Ja" -Zettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Zettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer wird sie dann ablösen. – Bitte.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Rosemarie Bauer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die bereitgestellte Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmenabgabe ist beendet.

Ich ersuche die mit der Auszählung beauftragten Bediensteten des Hauses, unter der Aufsicht der Schriftführer die Auszählung vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung für kurze Zeit.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.27 Uhr unterbrochen und um 20.41 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 179, davon "Ja"-Stimmen: 120, "Nein"-Stimmen: 59.

Artikel 2 § 45 Abs. 14 in der Fassung des Ausschußberichtes ist daher mit Mehrheit angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 7 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brader, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Ellmauer, Elmecker;

Fekter, Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gaal, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kaiser, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;


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34. Sitzung / Seite 148

Lackner, Leikam, Leiner, Lukesch;

Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Neugebauer, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Platter, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck, Aumayr;

Barmüller, Bauer Holger, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger, Frischenschlager;

Graf, Grollitsch;

Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haselsteiner, Haupt, Hofmann;

Kammerlander, Kier, Koller, Kopf, Krüger;

Lafer, Langthaler;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Moser Hans Helmut, Motter;

Ofner, Öllinger;

Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Povysil, Preisinger, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Trattner, Trenk;

Van der Bellen;

Wabl, Wenitsch.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die restlichen Teile des vorliegenden Gesetzentwurfes.


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34. Sitzung / Seite 149

Da die restlichen Teile des vorliegenden Gesetzentwurfes Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir stimmen nunmehr ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 249 der Beilagen, in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen.

Auch hier ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden, die von 20 Abgeordneten gestellt wurde. Die namentliche Abstimmung ist daher durchzuführen.

Ich verweise auf meine Verhaltensanweisungen, die ich vorhin gegeben habe, und möchte noch darauf aufmerksam machen, daß jene Abgeordneten, die für die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes und des Abänderungsantrages der Abgeordneten Kostelka und Khol sind, mit "Ja" stimmen, das heißt, diese müssen "Ja" -Stimmzettel abgeben, während jene, die gegen diesen Antrag sind, mit "Nein" -Stimmzettel zu wählen haben.

Der Aufruf der Abgeordneten erfolgt wie bisher durch die beiden Schriftführerinnen, und ich bitte die Frau Abgeordnete Parfuss, mit dem Aufruf zu beginnen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Rosemarie Bauer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist damit beendet.

Ich ersuche die damit betrauten Bediensteten, die Stimmenzählung unter Aufsicht der Schriftführer vorzunehmen, und unterbreche die Sitzung für diese Zeit der Auszählung.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.50 Uhr unterbrochen und um 21.02 Uhr wiederaufgenommen .)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegeben wurden 179 Stimmen, davon "Ja"-Stimmen: 120, "Nein"-Stimmen: 59.

Die restlichen Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 249 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen sind daher mehrheitlich angenommen worden.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten bei der namentlichen Abstimmung wird in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brader, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Ellmauer, Elmecker;

Fekter, Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;


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34. Sitzung / Seite 150

Gaál, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kaiser, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Leikam, Leiner, Lukesch;

Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Neugebauer, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Platter, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck, Aumayr;

Barmüller, Bauer Holger, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger, Frischenschlager;

Graf, Grollitsch;

Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haselsteiner, Haupt, Hofmann;

Kammerlander, Kier, Koller, Kopf, Krüger;

Lafer, Langthaler;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Moser Hans Helmut, Motter;

Ofner, Öllinger;

Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Povysil, Preisinger, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Trattner, Trenk;


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34. Sitzung / Seite 151

Van der Bellen;

Wabl, Wenitsch.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit .

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 249 der Beilagen beigedruckte Entschließung betreffend Einkommenspyramide für Politiker.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Khol, Dr. Kostelka und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Entschließungsantrag in 249 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Khol, Dr. Kostelka und Genossen abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Entschließung ist mit Mehrheit angenommen . (E 15.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 249 der Beilagen beigedruckte Entschließung betreffend Bezahlung von Politikern in ihrem Beruf nach tatsächlicher Leistung.

Wer dafür ist, möge das durch ein Zeichen der Zustimmung bekunden. – Die dem Ausschußbericht beigedruckte Entschließung ist mehrheitlich angenommen . (E 16.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend "umfassenden Privilegienabbau".

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl und Genossen betreffend Offenlegung der Einkommen, Vermögensverhältnisse und Nebenbeschäftigung von Politikern.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 249 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge dies durch ein entsprechendes Zeichen kundtun. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen im "Fall Höchtl".

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit . Dieser Antrag ist abgelehnt .


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34. Sitzung / Seite 152

Wir lassen nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Bezügen im "Fall Frischenschlager".

Wer für diesen Antrag ist, der möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

2. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (284 der Beilagen) (Zweite Lesung)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (285 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies der

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (284 der Beilagen), sowie der

Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (285 der Beilagen).

Berichterstatter ist zu beiden Punkten Herr Abgeordneter Lackner. – Ich bitte, Herr Abgeordneter, um Ihren Bericht und damit um die Eröffnung der Debatte.

Berichterstatter Manfred Lackner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätztes Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird.

Am 30. Jänner 1996 haben die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen den oben bezeichneten Antrag im Nationalrat eingebracht.

Der Geschäftsordnungsausschuß hat den gegenständlichen Antrag erstmals in seiner Sitzung am 26. März 1996 in Verhandlung genommen.

Am 4. Juli 1996 setzte der Geschäftsordnungsausschuß seine Beratungen fort.

Im Zuge der Verhandlungen wurde von den Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Dr. Friedhelm Frischenschlager und Andreas Wabl ein Abänderungsantrag eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der im Antrag 29/A enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Dr. Friedhelm Frischenschlager und Andreas Wabl mit Stimmenmehrheit angenommen.


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34. Sitzung / Seite 153

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Geschäftsordnungsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle den dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Weiters erstatte ich den Bericht über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Im Zuge seiner Beratungen über den Antrag 29/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird, hat der Geschäftsordnungsausschuß am 4. Juli 1996 über Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Dr. Friedhelm Frischenschlager und Andreas Wabl mehrstimmig beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes zum Gegenstand hat.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Geschäftsordnungsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Da Wortmeldungen vorliegen, sehr geehrter Herr Präsident, bitte ich, in der Debatte fortzufahren.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Danke, Herr Berichterstatter.

Für diese Debatte wurde eine Blockredezeit von 8 "Wiener Stunden" festgelegt, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben – in Minuten –: SPÖ 120, ÖVP 112, Freiheitliche 104, Liberales Forum und Grüne je 72.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.10

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Vor dem Hintergrund der soeben durchgeführten Abstimmung und dem Inhalt dessen, was heute den ganzen Tag diskutiert und soeben abgestimmt wurde, scheint die gesamte Geschäftsordnungsdiskussion sub titolo zu firmieren: weniger Kontrolle, weniger Oppositionsrechte, weniger Parlament, aber mehr Cash. – Ja, Sie lachen, Herr Kollege Kostelka! Sie waren es doch, der noch vor 14 Tagen hier heraußen an der Rostra dem Hohes Haus, insbesondere der verblüfften Oppositionspartei – und wenn ich von Opposition spreche, dann meine ich wirklich nur die Opposition, nämlich die Freiheitliche Partei –, sehr zur Überraschung von uns allen erklärt haben: Wir haben ja so viele Sitzungen, daher verdienen wir das, was wir verdienen, zu Recht – gemeint haben Sie damals wahrscheinlich Ihr Abgeordnetengehalt und nicht auch noch, so nehme ich das zumindest an, das, was Sie sich ohne jede Arbeitstätigkeit nebenbei als Parlamentsrat noch zugeschanzt haben.

Meine Damen und Herren! Mehr Kontrolle war von der Opposition seit Jahren gewünscht, mehr Transparenz, mehr Oppositionsrechte, mehr Minderheitsrechte. – Nichts davon, Herr Kollege Wabl, Herr Kollege Frischenschlager, ist herausgekommen!

Bei Friedhelm Frischenschlager sehe ich das ja noch ein, den hat man ja mit seinen Kosten, die er – wie hieß es in der APA-Aussendung? – für die Scheidung aufzubringen hatte, ordentlich am Drücker gehabt, deswegen mußte er auch ein bißchen "höchtln". Den hat man am Drücker gehabt, denn sonst hätten wahrscheinlich heute eine strafende SPÖ und eine ÖVP dem Antrag Petrovic und Genossen zugestimmt und das Geld zurückgefordert. Also da sehe ich es ja noch ein: Er hatte private Interessen zu verfolgen, als er "höchtln" ging, und er hatte private Interessen zu verfolgen, als er dieser Geschäftsordnung zugestimmt hat. Nämlich in völliger Verkehrung dessen, Herr Kollege Frischenschlager, was du früher selbst in der Presse kundgetan hat. (Abg. Haigermoser: Wahrlich ungeheuerlich!)


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34. Sitzung / Seite 154

Der Kollege Frischenschlager war jedenfalls noch im Jahre 1987 – das war noch vor seiner Mutation – der Meinung, daß Redezeitbeschränkungen im Parlament eine Verschiebung der Macht bedeuten, und zwar Richtung Regierungsparteien, daß das eine völlig absurde Idee ist. – Heute ist er einer der Verfechter dieser "völlig absurden Idee", meine Damen und Herren, daß es mehr Kontrollrechte für die Minderheit geben muß. (Abg. Haigermoser: Wir haben dir solange die Mauer gemacht!) Damals war das alles eine völlig absurde Idee. Heute macht sich der Kollege Frischenschlager stark als Vertreter einer Nominalopposition, die in Wahrheit – man sehe sich nur den Patron dieser Gründung an – nichts anderes ist als ein Anhängsel – ich beliebe, den Vergleich des Blinddarms zu verwenden – der Sozialisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und auch Kollege Frischenschlager, meine Damen und Herren, Hohes Haus, ist ein Vertreter dieses grün-gelben Appendix, der ja nur zu diesem Zwecke gegründet wurde, Anhängsel für die Sozialisten zu sein. Wir haben heute erlebt, daß sich diese Gründung, deren Patron man nicht oft genug nennen kann – nämlich auch einer, der 20 Jahre lang "gehöchtlt" hat –, als willfähriges Feigenblatt für die sozialistische Koalitionsregierung hergibt.

Meine Damen und Herren! Auch die Chefin dieser Gründung, dieser Blinddarmgründung, war ja im Jahre 1992, als sie noch Dritte Präsidentin des Hauses war, in einem ausführlichen Schreiben vom 7. September 1992 der Meinung – wie ja unser Klubobmann heute bereits zitiert hat –, daß die Rechte der Minderheit, die Rechte der Opposition, insbesondere Rederechte, massiv ausgebaut werden sollten. Damals hat sie noch an den "lieben Jörg" umfangreiche Vorschläge gemacht, daß man – und ich zitiere jetzt wörtlich ... (Abg. Schieder: Aber "lieber Ewald" hat sie noch nie geschrieben!) Nein, das hat sie noch nie geschrieben (Abg. Schieder: Das ist ihr zugute zu halten!) , das halte ich mir zugute. Darauf lege ich Wert!

Lieber Kollege Schieder! Für diesen Zwischenruf bin ich außerordentlich dankbar. Ich kann damit klarstellen: Ein derartiges Schreiben existiert nicht, meine Damen und Herren! (Abg. Haigermoser: Hat sie "lieber Peter" geschrieben? – "Lieber Peter" auch nicht?) Nein! An den "lieben Peter" muß sie ja nicht schreiben, solange sie an den "lieben Heinz" nicht zu schreiben braucht! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dieses Schreiben ist ein einziger Beleg für die Richtigkeit oppositioneller Positionen bei einer Geschäftsordnungsreform, nämlich ein Mehr an Parlamentarismus, ein Mehr an Oppositionsrechten, ein Mehr an Kontrollrechten. In Zeiten, in denen das Parlament durch den EU-Beitritt ohnehin von einer Kompetenzausdünnung bedroht ist – zumindest, Herr Kollege Schieder, vertreten das Ihre Genossen in Vorarlberg wortgleich; ich kann Ihnen zahllose Reden bringen, gute Reden meines Freundes Dr. Keckeis, gute Reden des ehemaligen Vorsitzenden der Sozialisten in Vorarlberg Karl Falschlunger, die mit beredten Worten das verlangt haben, was wir heute einfordern. Was Ihnen in Vorarlberg billig ist ... (Abg. Schieder: Die Schlußfolgerung vom kleineren zum größeren stimmt oft nicht!) Argumentum a minoria ad maius, stimmt, das ist eine juristische Disziplin, die nach wie vor gültig ist, meine Damen und Herren, Hohes Haus. Was Ihre Genossen in Vorarlberg mit beredten und richtig gesetzten Sätzen fordern, das sollte Ihnen hier billig sein, Herr Kollege Schieder! Statt dessen gehen Sie her und machen ein Parlament – und nicht nur eine Opposition, nein, ein ganzes Parlament! – mit einer sogenannten Geschäftsordnungsreform, die den Namen Reform nicht verdient, sondern die eine Geschäftsordnungsknebelung ist, regierungskonform, regierungsgerecht, so wie es der Herr Bundeskanzler haben will.

Das wird Ihnen, Herr Kollege Schieder, der Sie ein alter und guter Parlamentarier sind, wahrscheinlich in der Seele weh tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihrem Klubobmann Kostelka, vermute ich, ist das nur recht, denn seit der Kollege Kostelka Ihren Klub als Obmann übernommen hat – und wie ich meine, wird selbst in der SPÖ diese Entscheidung wahrscheinlich schon bedauert werden –, hat sich herausgestellt, daß diese SPÖ in jedem Fall mit Fuhrmann noch besser bedient war. Fuhrmann hätte sich nicht zum willfährigen Büttel der Bundesregierung gemacht, Fuhrmann hätte nicht auf Kommandoruf des "wahrheitsliebenden" Bundeskanzlers reagiert (Beifall bei den Freiheitlichen) und die Parlamentsrechte – und zwar, sage ich, die gesamten Parlamentsrechte – in einem Akt massiv beschnitten in einer Art und Weise, vor der


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Sie schlicht und einfach damals noch, Herr Kollege Schieder – ich darf Sie weiter zitieren –, bei einer Debatte um die Rechte der Parteien, um die Rechte der Fraktionen – allerdings in einem Zusammenhang mit Volksbegehren aus dem Jahre 1988 –, selbst noch gewarnt haben, daß diese Art der Behandlung eines Parlaments an eine sehr unselige Zeit erinnert. – Ich habe mir das ausgehoben.

Daher bin ich der Überzeugung, daß heute nicht jeder Sozialist freudig diesem Vorschlag zustimmt, daß nicht jeder Sozialist freudig apportieren geht, wenn es der Herr Bundeskanzler verlangt, daß nicht jeder Sozialist so handzahm ist, wie das Frau Schmidt und ihr sogenanntes Liberales Forum für die Regierungspartei SPÖ ist. Nein, meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, daß es auch in den Regierungsparteien den einen oder anderen gibt, der weiß, daß das ein ganz massiver und, wie ich sage, unerhörter Anschlag auf den Parlamentarismus in Österreich ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bei Friedhelm Frischenschlager wundere ich mich schon gar nicht mehr, daß er dabei lacht. (Abg. Haigermoser: Ich auch nicht!) Der Parlamentarismus wird abmontiert – Friedhelm Frischenschlager lacht. Früher hat er gesagt, das sei – ich darf dich noch einmal zitieren – eine "völlig absurde Idee". (Abg. Dr. Frischenschlager: Was ist das?) Ich frage dich , was das war! Jetzt beschließt du heute mit und bejubelst das noch als eine große Geschäftsordnungsreform, was du noch vor Jahren als eine "völlig absurde Idee" bezeichnet hast. (Abg. Haigermoser: Als Landesobmann hat er auch diese Töne gespuckt!) Wer ist jetzt stärker – i, der Friedi, oder i, der Friedi? – Das ist das Problem des Friedhelm Frischenschlager (Beifall bei den Freiheitlichen), das er – aber ich kenne dich ja schon lange genug – nicht zum erstenmal hat. Das hat er schon in seiner Studentenzeit gehabt, das hat er in seiner freiheitlichen Zeit in Salzburg gehabt. Er hat nie gewußt, wem er die Hand schüttelt, er hat nie gewußt, wo er hingehört. Er weiß auch heute nicht, was er mitbeschließt und was er im Jahre 1987 noch als eine "völlig absurde Idee" bezeichnet hat. (Abg. Dr. Frischenschlager: Dein Niveau möchte ich einmal erleben!) Mit seiner Vorsitzenden Heide Schmidt, unter deren Kuratel er offensichtlich steht, die noch im Jahre 1992 an den "lieben Jörg" Vorschläge gemacht hat, die wir zum Teil – und diesen Genuß haben wir uns natürlich schon bereitet – wörtlich übernommen haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben zum Beispiel in unsere Forderungen die Einführung einer Zwischenrede nach deutschem Muster hineingeschrieben. Dann sagt sie ganz stolz, die Frau Präsidentin außer Dienst – damals war sie noch Präsidentin –: War ein Vorschlag von mir, sagt sie. – Heute sagt Friedhelm Frischenschlager: Kommt nicht in Frage! Heute stimmt der gleiche Friedhelm Frischenschlager mit seiner Appendixpartei für eine Geschäftsordnungsreform und gegen vernünftige Vorschläge der Freiheitlichen!

Ich kann eine Fraktion, die sich derartig halswenderisch verhält, nur als Appendix bezeichnen. Sie verdienen es nicht mehr, als Oppositionsfraktion in diesem Haus in irgendeiner Weise ernst genommen zu werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Frischenschlager: Primitiver Pöbelparlamentarismus!) Du brauchst dich jetzt nicht herauszureden! Du hast die Diskette gewechselt, das wissen wir. Du hast die freiheitliche Diskette herausgenommen und die sogenannte liberale Diskette von links hineingeschoben. Das ist uns nicht neu. Aber du solltest wenigstens soviel Ehrlichkeit haben zu sagen: Ich habe mich halt drehen müssen. Die politischen Sachzwänge meiner großen Vorsitzenden sind eben zu groß, als daß ich es durchgestanden hätte, etwa wie heute Kollege Kopf den Mut aufzubringen, um zu opponieren und für die Rechte des Parlamentes, insbesondere für die Rechte einer politischen Minderheit, für mehr Kontrolle in diesem Haus und für ein Gleichziehen des Parlamentarismus mit europäischem Niveau einzutreten. Dazu reicht der Mut, der zugegebenermaßen noch nie sehr groß war, beim Kollegen Frischenschlager nicht! (Abg. Dr. Frischenschlager: Das Wort "Niveau" würde ich an deiner Stelle nicht in den Mund nehmen!) Mach dir bitte keine Sorgen um mein Niveau! Das ist mein Problem! Ich mache mir vielmehr Sorgen um einen Mann, der heute das Gegenteil von dem vertritt, was er noch vor einigen Jahren vertreten hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um einen solchen Mann mache ich mir Sorgen, aber nicht um seine Person, sondern aufgrund der Tatsache, daß so ein Mann Mitglied eines Parlamentes ist! (Abg. Mag. Barmüller: Du hast


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kein Problem, Stadler, du bist ein Problem!) Ich mache ich mir Sorgen um einen Mann, der heute nicht weiß was er vor einigen Jahren vertreten hat, meine Damen und Herren! Um ein Parlament, das mit solchen Leuten bestückt ist, mache ich mir Sorgen. Aber es wird natürlich an uns liegen, auch das in den kommenden Monaten und Jahren klarzulegen!

Wobei ich heute schon dazusage, meine Damen und Herren: Diese Appendixpartei wird es nicht mehr treffen, aber eine der beiden SVP-Parteien! (Abg. Mag. Barmüller: Herr Präsident! Sind Sie dieser Fremdwörter mächtig?) Zumindest eine der SVP-Parteien wird irgendwann einmal – dessen sind sich wenigstens die Sekretäre bewußt, betreffend die Abgeordneten bin ich mir da nicht so sicher, weil die Ignoranz wirklich sagenhaft ist – beziehungsweise schon in absehbarer Zeit unter dieser Geschäftsordnung wahrscheinlich zu leiden haben. Davon bin ich felsenfest überzeugt!

Denn die beiden Klubzwillinge bringen ja nicht einmal mehr ausgehandelte Bezügereformen durch: Einmal gehen Leute hinaus, dann stimmen sie dagegen, ein paar werden im letzten Moment umgedreht. Ich weiß nicht, womit man etwa Kollegen Kukacka gedroht hat. – Jedenfalls ist das Ende dieser Koalition absehbar.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie glauben, daß diese Koalition für die Ewigkeit geschmiedet ist, dann sage ich Ihnen heute schon voraus, daß eine der beiden Parteien in absehbarer Zeit wahrscheinlich unter dieser Geschäftsordnung zu leiden haben wird. Unser Mitleid wird sich dann allerdings in Grenzen halten!

Aber auch die Grünen, Herr Kollege Wabl, haben halswenderisch eine 180-Grad-Wendung vollzogen. – Ich darf Kollegen Wabl zitieren, der in der "Presse" vom 7. Dezember 1988 folgendes zur Redezeitbeschränkung sagte, meine Damen und Herren:

Seiner Ansicht nach, gemeint ist Wabl, bringe die geplante Kürzung der Redezeit von 20 auf 15 Minuten – man muß sich das vergegenwärtigen: von 20 auf 15 Minuten, wie traumhaft schön wäre es, wenn das wirklich in der Geschäftsordnungsreform stünde! – eine "einschneidende Verschlechterung". Die Mehrheit könne der Minderheit vorschreiben, wieviel sie reden dürfe. Wabl: "In dieser sensiblen Frage können keine Kompromisse geschlossen werden." (Zwischenruf des Abg. Wabl .)

Und was macht Kollege Wabl heute? Er erklärt der Weltöffentlichkeit in einer Pressekonferenz, daß er eine Viertelstunde vorher einen Antrag mitunterschrieben hat, den ein Oppositionspolitiker niemals unterschreiben könnte. Er, Wabl macht das aber! – Wabl als Obmann des Rechnungshofausschusses ist damit einverstanden, daß der Rechnungshofausschuß in seinen Rechten, Debatten und Kontrollen durchzuführen und die Öffentlichkeit dazu zu laden, von der Mehrheit völlig abhängig ist. Wabl rechnet offenbar damit, daß er irgendwann Teil der Mehrheit sein wird. Ich glaube jedoch, daß Wabl sich in diesem Zusammenhang völlig auf einem utopischen Dampfer befindet, meine Damen und Herren, Hohes Haus!

Wabl hat sich über den Tisch ziehen lassen. Das ist die Quintessenz. Und ich würde gerne wissen, Herr Kollege Wabl, was man Ihnen dafür geboten hat, daß Sie sich eine Viertelstunde vor einer Pressekonferenz über den Tisch ziehen ließen! (Abg. Haigermoser: Das wäre interessant! – Abg. Wabl: Gehalt von Brauneder!) Das kann es nicht sein, Herr Kollege Wabl. Denn wären Sie an den Fonds abgeliefert worden, und Kollege Trattner würde sich dagegen wehren, daß Sie plötzlich Bestandteil unseres Sozialfonds sind! Nein, das kann es nicht sein, Herr Kollege Wabl! Was hat man Ihnen geboten? (Abg. Wabl: Einen Arbeitsplatz, wie ihn Bauer hat!)

Verhält sich es tatsächlich so, Herr Kollege Wabl, daß es nur, wie böse Zungen behaupten, der Futterneid ist, den die Grünen gegenüber den Freiheitlichen empfinden? Denn die Grünen spielen als Opposition überhaupt keine Rolle mehr. Aber sie spielen zu Recht keine Rolle mehr! Eine Partei, die sich so verhält, verdient den Namen "Opposition" nicht! – Empfinden Sie tatsächlich nur Futterneid, weil die Oppositionspolitik in diesem Hohen Haus ausschließlich von den Freiheitlichen gemacht wird? Oder ist das ein böses Gerücht?


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Ich bin geneigt, dieses Gerücht zu glauben. Ich bin geneigt zu glauben, daß Kollege Wabl seit mehr als einem Jahr keine andere Sorge mehr hat, als zu überlegen: Wie beschneiden wir die Rechte der Freiheitlichen? Ich bin zu jeder Schandtat bereit, Hauptsache, wir spielen eine bessere Rolle, wenn wir den Aktionsradius der Freiheitlichen eingeengt haben.

Herr Kollege Wabl! Das ist eine kurzsichtige Rechnung, glauben Sie mir! Denn die Anzahl an Mandaten, die Sie in die Waagschale bringen, bringen wir in den ersten drei Reihen noch allemal in die Waagschale, glauben Sie mir! Und daran wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Wenn Sie so weitermachen, dann werden Sie weiter atomisiert werden, Sie sind ja mittlerweile die fünftgrößte Partei in diesem Hohes Hause, und das zu Recht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn eine Partei, die sich nur als linker Flügel der SPÖ versteht, um dort ein bißchen linke Flügeldeckung für einen Innenminister zu machen, eine Partei, die ihren Hauptgegner in der freiheitlichen Opposition sieht, eine Partei, die sich in 90 Prozent der Debattenbeiträge – zumindest war das bis vor wenigen Sitzungen so – um niemand anderen so kümmert wie um die Freiheitlichen, ist in Wahrheit keine Oppositionspartei. Sie haben das ja bewiesen, als Sie dieser unglaublichen Geschäftsordnungsreform, die einen – ich kann es nur wiederholen – massiven Anschlag auf den Parlamentarismus darstellt, zugestimmt haben.

Kollege Khol wurde heute schon zitiert. Ich möchte ihm das daher nicht noch einmal antun, denn ich habe mittlerweile schon Mitleid mit ihm. Herr Kollege! Da sehen Sie einmal, welch menschliche Regungen ich habe! Ich habe mit Andreas Khol mittlerweile Mitleid, denn seine Fraktion steht nicht mehr hinter ihm. Intern wird er angeschossen und angefeindet. Er hat es nicht leicht, das muß man sagen!

Außerdem hat er einen Koalitionspartner, der ihn jeden Tag mit einer Zumutung konfrontiert, jeden Tag am Schlafittchen hält, jeden Tag am Nasenring, wie du richtig deutest, Kollege Graf, in aller Öffentlichkeit vorführt. Meine Damen und Herren! Mit einem solchen Klubobmann muß man schön langsam Mitleid haben, auch wenn er noch im Jahre 1986 der wohlbegründeten Meinung war, daß das österreichische Parlament zu wenig Plenartage habe. Damals hat Andreas Khol wörtlich gesagt: Ich kenne kein europäisches Parlament mit so wenigen Plenartagen.

Herr Kollege Khol! Dagegen haben wir gerade Abhilfe geschafft! Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, wie ernst wir Ihre Kritik nehmen! Wir haben uns gesagt: Andreas Khol ist der wohlbegründeten und richtigen Meinung, daß es zu wenig Plenartage gibt. – Und was haben wir gemacht? Wir haben eine Sondersitzung nach der anderen beantragt, zu einem wichtigen Thema nach dem anderen, meine Damen und Herren! Und plötzlich war Andreas Khol der gegenteiligen Meinung! Was ist mit Andreas Khol passiert? Ist er derselben Mutation unterlegen wie Friedhelm Frischenschlager? Das ist unglaublich!

Ich vermute jedoch eher, daß Andreas Khol – wie derzeit die ganze ÖVP – unter den Druck der Sozialisten geraten ist. Der Druck in dieser Koalition muß horrend sein! Man stelle sich nur vor, welchen Kraftakt es gekostet hat, den Pensionselfer, den die ÖVP den Sozialisten vor der Nationalratswahl aufgelegt hat, jetzt im nachhinein zu reparieren, meine Damen und Herren! Aufgrund dieses Pensionselfers, für den Gottfried Feurstein verantwortlich ist, mußte sich die SPÖ quasi in einem Elfmeterschießen durch die Nationalratswahl turnen. Nach der Nationalratswahl wollte Andreas Khol diese schwere Scharte auswetzen. Er hat es geschafft, aber das waren für ihn natürlich enorme Kraftanstrengungen, sodaß er nicht mehr in der Lage war, sich daran zu erinnern, welches Niveau an Parlamentarismus er noch im Jahre 1986 verlangt hat.

Und das tut mir sehr leid, Herr Kollege Khol. Bei den Sozialisten habe ich gleich bei den ersten Besprechungen gemerkt, daß alles vergeblich ist. Die Sozialisten haben auf die Ampelkoalition gesetzt, sie träumen nach wie vor vom Ampelprojekt. Aber bei der ÖVP hatte ich zunächst noch den Eindruck, daß ein Gesprächsinteresse vorhanden ist. Daher tut es mir sehr leid, daß die ÖVP wieder einmal – ich betone das: wieder einmal – umgefallen ist, so sind heute etwa Kollege Amon und Kollege Kukacka umgefallen. Die ÖVP bringt es fertig, ständig umzufallen und be


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klagt sich über die Fallschmerzen dann auch noch bei den Freiheitlichen. Herr Kollege Khol! In diesem einen Fall sind Sie für Ihren Umfaller selber verantwortlich!

Wie Sie als Klubobmann einer Minderheitspartei – Sie sollten sich vergegenwärtigen, daß Sie als Teil der SVP-Koalition immer noch eine Minderheitspartei sind! – Regelungen zustimmen können, nach denen nahezu jede Kleinigkeit vom Willen eines Mehrheitsbeschlusses abhängig gemacht wird, das ist mir unverständlich, Herr Kollege Khol! Das ist mir völlig unverständlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie können Sie dem als eine Fraktion, die mittlerweile auf 53 Abgeordnete geschrumpft ist und wahrscheinlich in absehbarer Zeit ein weiteres Mandat verlieren wird, zustimmen? Dieses werden Sie nämlich bei Nachwahlen verlieren, die wir der Frau Bundesministerin außer Dienst Moser verdanken. – Ich möchte mich herzlich bei ihr bedanken. Da sie nicht wußte, was ein Wählerverzeichnis ist, wird es eine Nachwahl aufgrund eines Judikats des Verfassungsgerichtshofes geben. Darüber besteht kein Zweifel mehr.

Eine Partei, die in allen Meinungsumfragen derzeit einen sagenhaften Absturz erleidet, kann doch nicht sehenden Auges in eine Geschäftsordnung hineinlaufen, die letztlich nichts anderes ist als eine Knebelung, auch einer Partei von der Größe der Österreichischen Volkspartei! Daher bin ich sehr erstaunt, daß die ÖVP dem Druck der Sozialisten ein weiteres Mal nachgegeben hat und heute bereit ist, die Zahl der Sondersitzungen – Khol hat noch bejammert, daß es so wenig Plenarsitzungen gibt! – und die Zahl der dringlichen Anfragen zu beschränken. Damit wird ein wichtiges Kontrollinstrument des Parlamentarismus geknebelt. Auch die Redezeit soll nach unten beschränkt werden, und zwar, meine Damen und Herren, soll es zum Teil nur noch 5-Minuten-Reden geben. Das ist ein Niveau, bei dem dieses Haus die Begriffsbezeichnung "Parlament" – das kommt ja von "reden" – nicht mehr verdient, meine Damen und Herren, Hohes Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen.) 5 Minuten gesteht man der Opposition für Debattenbeiträge noch zu!

Für den Fall eines Fristsetzungsantrages ist die Regelung sogar so unsinnig konstruiert, daß beispielsweise eine Debatte über einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungausschusses gar nicht mehr geführt werden kann. Das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Fristsetzungsantrag kann von einem Klub und bloß einmal – einmal! – pro Woche gestellt werden. (Abg. Haigermoser: Friedhelm! Hast du dem zugestimmt?)

Meine Damen und Herren! Eine Fristsetzung kann es nur noch einmal pro Woche und Fraktion des Hauses geben. Derzeit besteht hingegen unbegrenzt die Möglichkeit, Fristsetzungsanträge zu stellen. (Abg. Wabl: Sie kennen die Geschäftsordnung nicht!) Ich kenne die Geschäftsordnung sehr wohl. Sie können heute mit einer Fraktion von unserer Größe praktisch unbegrenzt Fristsetzungsanträge stellen! (Abg. Wabl: Praktisch!) Ja selbstverständlich! (Abg. Wabl: Zeigen Sie uns die Bestimmung!) Hören Sie zu, Herr Kollege Wabl: Für Ihr Träumeland kann man keine Geschäftsordnung machen! Wenn ich von "Opposition" spreche, dann spreche ich nur von meiner Fraktion. Ihre Fraktion kann ja nicht in Anspruch nehmen, eine Oppositionsfraktion zu sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie dann noch bereit sind zuzustimmen, daß die Zahl der Redeminuten bei einem Untersuchungsausschußantrag auf Null reduziert wird – auf Null! –, dann wird diese Geschäftsordnungsreform zu einem oppositionsfeindlichen, kontrollfeindlichen Instrumentarium, mit dem das Parlament in seiner Kontrollfunktion mundtot gemacht wird. (Abg. Wabl: Bestimmung zeigen!)

Meine Damen und Herren! Der Klubdirektor des freiheitlichen Klubs und meine Wenigkeit, die in der Arbeitsgruppe tätig waren, die die Aufgabe hatte, die Sitzung des Geschäftsordnungsausschusses inhaltlich vorzubereiten, haben umfangreiche Vorschläge gemacht. (Abg. Wabl: Herr Präsident! Helfen Sie ihm!) Wir haben umfangreiche Vorschläge gemacht, wie man die Debatte, gemessen an europäischen Regelungen, durchaus verbessern und den einen oder anderen Punkt ausbauen kann, ohne Oppositionsrechte im Ergebnis zu schmälern. (Abg. Mag. Barmüller: Gemessen an welchen europäischen Regelungen?) Diese Vorschläge wurden sogar


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von Herrn Präsident Fischer, der den Vorsitz in diesem Arbeitskomitee hatte, gewürdigt. Sie waren sogar auch als Entgegenkommen an die Majorität gedacht.

Heute stellt sich heraus, daß die beiden SVP-Parteien und ihre Appendix-Parteien längst alles ausgepackelt hatten. Die gesamte Diskussion, die Unzahl an Anträgen und Vorschlägen, die zahllosen Seiten an nahezu wörtlicher Übertragung der Beratungen, die das Hauspersonal anfertigen mußte, all diese Mühen waren für die Katz!

Warum waren sie für die Katz? – Weil alles bereits ausgepackelt war! Es war von vornherein klar, daß man die Geschäftsordnungsreform nicht mit den Freiheitlichen durchführen will! Es war für Klubobmann Kostelka von vornherein klar, daß er sich das Feigenblatt bei den Appendix-Parteien holen wird und daß man mit der Opposition im Hohen Hause gar nicht reden will. Sie verhielten sich genauso wie bei der Bezügereform, immer nach dem Motto: Weniger Kontrolle, weniger Arbeit, mehr kassieren! – Das ist Klubobmann Kostelka wichtig gewesen, und das ist auch Klubobmann Khol wichtig gewesen. Wer es nicht glaubt, der soll sich den ersten Antrag der Zwillinge anschauen, in dem es darum ging, sich auf Ministergehälter hochzukatapultieren. Das ist parallel gelaufen. Diese Ungeheuerlichkeit muß man sich vor Augen führen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka .)

Ich glaube schon, daß Sie das lustig finden! Ich fände es aber an Ihrer Stelle nicht mehr lustig, denn so, wie Sie in Ihrer eigenen Fraktion diskutiert werden, sind Ihre Tage als Klubobmann gezählt! Der Parlamentarismus hat in der Zwischenzeit genug Schaden unter Ihnen erlitten, weil Sie eine derartige Regelung zu verantworten hätten! Der Parlamentarismus hat letztlich fünf vor zwölf, mit dem Druck der öffentlichen Meinung gerade noch verhindern können, daß Sie auch noch mit einem Ministergehalt ausgestattet sind und sich noch besser gestellt haben, als Sie vorher beim "Höchtln" waren, Herr Kostelka! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka .)

So schauen die Dinge aus! Sie streben eine Geschäftsordnungsreform mit weniger Parlamentarismus an, nach dem Motto: Was der Kanzler befiehlt, wird von Kostelka sofort exekutiert. Bei dieser Gelegenheit werden auch noch die Bezüge hinaufgeschnalzt! Und all das wird dann als "Geschäftsordnungsreform" und "Parlamentarismus" bezeichnet.

Meine Damen und Herren! Eine derartige Vorgangsweise kann meine Fraktion nicht billigen, weil sie sich nach wie vor – im Gegensatz zu den beiden Appendix-Parteien – als echte Oppositionsfraktion versteht, die ihre Kontrollfunktion lückenlos wahrnimmt. Und das wird auch in Zukunft so sein! So sehr werden Sie unsere Möglichkeiten gar nicht beschränken können, das kann ich Ihnen heute schon voraussagen. Da unterschätzen Sie unsere Phantasie und die verbleibenden Möglichkeiten gewaltig! Wir werden vieles eben in den außerparlamentarischen Raum verlagern. (Abg. Mag. Barmüller: Sehr beschränkt allerdings!) Bitte? – Das ist ein seltenes Eingeständnis, wenn Kollege Barmüller von "beschränkt" redet. Herr Kollege Barmüller! Eine gewisse Selbsterkenntnis ist der Beginn der Besserung! Denn das, was Ihre Partei hier aufführt, ist in der Tat – da haben Sie recht! – völlig beschränkt. Das ist die Beschränkung des Parlamentarismus auf ein derartiges Niveau, daß er jedenfalls die Bezeichnung "Parlamentarismus" nicht mehr verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Das sind deine Ideen, Stadler!)

21.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich möchte zur weiteren Vorgangsweise vorschlagen, doch Äußerungen zu vermeiden, die zumindest den Anschein erwecken, daß andere Parteien herabgewürdigt werden sollen.

Als nächster am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte, Sie haben das Wort.

21.38

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat es beim Anschein nicht bewenden lassen. Er hat tief in die Kiste gegriffen, die bei den Freiheitlichen stets zur Hand ist, nämlich jene Kiste, deren einziger Zweck ist, Beleidigungen zu enthalten.


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Herr Abgeordneter Stadler! Sie tun mir unendlich leid. Sie müssen wirklich zur Kenntnis nehmen, daß Opposition nicht ausschließlich mit der Freiheitlichen Partei gleichzusetzen ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf .) Es gibt darüber hinaus nämlich noch konstruktiv und sehr kritisch agierende Oppositionsfraktionen, denen es nicht nur um Obstruktion und darum geht, dieses Haus als "Quatschbude" zu diffamieren. (Abg. Dr. Ofner: Das ist ungeheuerlich!) Das ist die Realität! Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie müssen heute zur Kenntnis nehmen, daß sich die Mehrheit dieses Hauses das schlicht und einfach nicht gefallen läßt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn es nach Ihnen ginge, dann wäre das Maximum an Parlamentarismus erreicht, wenn wir vom Anfang bis zum Ende der Sitzung nur Dringliche hätten, bei denen permanent Argumente wiederholt werden, die schon allen bekannt sind, die aber mit der Realität nichts zu tun haben. (Abg. Dr. Ofner: Zur Geschäftsordnung!) Herr Abgeordneter Ofner! Nehmen Sie zur Kenntnis, daß auch für Sie gilt: Eine Meldung zur Geschäftsbehandlung ist während der Rede eines Abgeordneten nicht zulässig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie können sich wahrlich nicht beherrschen! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Es gibt in diesem Hause Gott sei Dank auch Fraktionen, die parlamentarisch arbeiten wollen, denen es um Gesetze geht und nicht nur darum, meine Damen und Herren, immer wieder denselben Stuß vorzukauen! (Abg. Haigermoser: Nehmen Sie den Schaum vom Mund!) Und das tun Sie gegen alle Beweise, gegen alle nachdrücklichen Fakten, die auf den Tisch gelegt werden. Sie wollen nur krakeelen, von einem Tag zum anderen! Und das, was wir mit dieser Geschäftsordnungsreform sicherstellen wollen, ist, daß wir Plenarsitzungen haben, bei denen keine Fidel-Castro-Reden mehr gehalten werden, sondern eine rasche Abfolge von Argumenten erreicht wird! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das ist letztklassig! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Allein Ihr Minderheitenbericht ist unendlich demaskierend. (Abg. Mag. Stadler: Er ist gut!) Er zeigt Ihre Haltung: Am freiheitlichen Wesen soll der Parlamentarismus genesen. Wissen Sie, was in diesem Bericht steht? – Ich bringe ein Beispiel für die Vorschläge der Freiheitlichen. Da steht:

"Darüber hinaus war die freiheitliche Vorstellung zur Geschäftsordnungsreform auf eine Belebung und Weiterentwicklung des freien demokratischen Parlamentarismus österreichischer Prägung gerichtet." – Soweit, so gut. (Abg. Scheibner: Bravo! Sehr gut!) Dann kommt der einzige Vorschlag, den Sie gemacht haben: "So wurde von der freiheitlichen Fraktion unter anderem die Schaffung der Zwischenrede nach dem Muster des Deutschen Bundestages vorgeschlagen und eingefordert." (Abg. Haigermoser: Unter anderem, na klar!)

Meine Damen und Herren! Ein Blick nach Bonn ist Ihre Weiterentwicklung des österreichischen Parlamentarismus. – Das ist wirklich freiheitliche Logik! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Geschäftsordnungsreform wird diffamiert als kleriko-marxistischer Anschlag auf die Demokratie. Meine Damen und Herren! Das ist schlicht und einfach lächerlich, nichts anderes als lächerlich! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ist die Schaffung eines Arbeitsplanes nach dem Modell: eine Plenarwoche, zwei Ausschußwochen und eine sitzungsfreie Woche wirklich ein kleriko-marxistischer Anschlag auf den Parlamentarismus? (Abg. Haigermoser: Für Ihre Rede muß man sich ja genieren!) Wissen Sie, was das Ergebnis dieser Reform ist? – Das Ergebnis ist, daß es mehr Plenartage und mehr Ausschußtage im Jahr geben wird als bisher. Und das soll eine Einschränkung der Arbeitsmöglichkeiten des Parlaments sein? Sie können anscheinend die Plenartage und die Ausschußtage nicht zusammenzählen, weil sonst kämen Sie nicht zu Ihrem Ergebnis! (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Wir werden in Zukunft vier Sondersitzungen im Jahr haben. Innerhalb von 25 Jahren haben wir insgesamt sechs gehabt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heißt, daß es in einem Vierteljahrhundert pro Legislaturperiode durchschnittlich eine Sondersitzung gegeben hat. Wir


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demokratisieren das also. Es gibt in Zukunft im Jahr vier Sondersitzungen – und diese werden mit Sicherheit stattfinden. Sie beklagen sich jedoch, daß es ein Weniger an Parlamentarismus geben wird! (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Das ist doch nur lächerlich! Sie sind nur neidig, daß dieses Recht nicht Ihnen allein zusteht, sondern darüber hinaus auch anderen Fraktionen. Das ist es! Wehleidig sind Sie wie immer, wenn hier um parlamentarische Rechte gerungen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird zusätzlich dringliche Anträge geben, ein völlig neues Instrument, das es bisher nicht gab. Oppositionsparteien können ein Regierungsmitglied nicht nur befragen, sie werden es in kürzester Zeit auch mit einem Antrag konfrontieren können. (Abg. Mag. Stadler: Was Sie verzapfen, ist ein schlechter Witz!) Ist das weniger Parlamentarismus? Ist das weniger Kontrolle? Ist das weniger Auseinandersetzung mit der Regierung? – Anscheinend sind Sie nicht bereit und in der Lage, sich die Möglichkeiten, die sich in diesem Zusammenhang für Sie ergeben werden, auch tatsächlich auszumalen.

Es gibt ein völlig neu geschaffenes Recht für Oppositionsfraktionen, sicherzustellen, daß Anträge nicht nur im Ausschuß beraten werden, sondern daß der Ausschuß verpflichtet wird, einen Bericht an das Plenum des Nationalrates zu erstatten. Meine Damen und Herren! Das ist doch für Sie ein wesentliches zusätzliches Recht: Sie können sicherstellen, daß nicht nur in der "Heimlichkeit" – unter Anführungszeichen – des Ausschusses, sondern in aller Öffentlichkeit des Plenums über einen Antrag diskutiert wird und die Regierungsfraktionen gezwungen sind, sich Ihren Argumenten zu stellen. Ist das weniger Parlamentarismus?

Wir haben die Öffentlichkeitsrechte wesentlich ausgeweitet. Es gibt eine Enderledigung im Ausschuß, die öffentlich zu sein hat. (Abg. Haigermoser: Ich fürchte, Sie glauben, was Sie uns erzählen!) Der Rechnungshofausschuß kann in weiten Bereichen öffentlich sein. Im Hauptausschuß werden die EU-Beratungen öffentlich sein. Expertenhearings in Ausschüssen werden öffentlich sein, und es wird darüber hinaus in Enquete-Kommissionen öffentliche Hearings geben.

Meine Damen und Herren! Bedeutet diese zusätzliche Öffentlichkeit, die eine Unterstützung für die Opposition ist, ein Weniger an Parlamentarismus? – Ich verstehe Sie wirklich nicht! Entweder verstehen Sie die Möglichkeiten, die in diesem Zusammenhang für eine Opposition gegeben sind, nicht, oder Sie sind ganz einfach wieder einmal auf der Schiene: Etwas zu behaupten ist eine Sache, die Tatsache selbst ist eine andere. (Abg. Scheibner: All das sind Mehrheitenrechte!)

Man könnte noch viele Argumente bringen. Zuletzt möchte ich sagen: In Zukunft werden die zwei sensibelsten Kontrollinstrumente des Parlaments, nämlich die Ständigen Unterausschüsse betreffend Stapo und Heeres-Nachrichtenamt, nicht nur halbjährlich, sondern vierteljährlich zu beraten und zusammenzutreten haben. Meine Damen und Herren! Es handelt sich um eine Erhöhung der Schlagzahl dieser hochsensiblen, wichtigen Ausschüsse. (Abg. Scheibner: Das darf doch nicht wahr sein, daß Sie das selbst glauben!) Ist das etwa ein Minus an Parlamentarismus?

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie sitzen im Schmollwinkel. Es gibt eine Geschäftsordnungsreform unter breiter Beteiligung der Opposition mit Ausnahme Ihrer Partei, und das ist etwas, was in die freiheitliche Welt ganz einfach nicht paßt. Es gibt einen Parlamentarismus in Österreich, der lebt, und dieser sagt nein zu einer Oppositionspolitik, wie Sie sie betreiben. Heute in diesem Theater und am Freitag endgültig wird es beschlossen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Dr. Ofner zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

21.47

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Der Redner Kostelka – nicht irgend jemand, sondern immerhin der Klubobmann der stärksten Frak


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tion im Hause – hat im Rahmen der Rede, die wir soeben gehört haben, die freiheitliche Fraktion beziehungsweise die Freiheitlichen überhaupt dessen geziehen, daß sie das Parlament als "Quatschbude" ansehen. (Abg. Dr. Löschnak: Der Verdacht liegt nahe!) Er hat uns damit bewußt in die Nähe von Goebbels appliziert. "Quatschbude" ist ein bekannter Goebbels-Ausdruck. Goebbels hat den Parlamentarismus damit bekämpft, daß er das Parlament als "Quatschbude" angesehen und bezeichnet hat. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Es ist eine ungeheure Entgleisung, wenn ein ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter! Sie müssen einen konkreten Wunsch zur Verhandlungsführung äußern. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): Herr Präsident! Ich beantrage wegen dieses unerhörten Zwischenfalls eine Unterbrechung der Sitzung, damit die Präsidiale zusammentreten kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Ich sehe keinen Grund, die Sitzung für eine Präsidiale zu unterbrechen. Aber ich unterbreche kurz und bitte die Klubobleute zu einer ganz kurzen Besprechung zu mir.

(Die Sitzung wird um 21.48 Uhr unterbrochen und um 21.50 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf .

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Kiss: Dürfen wir das Ergebnis erfahren?)

Es wird die Sitzung nicht unterbrochen, es wird keine Präsidiale einberufen. Ich habe die Klubobleute gebeten, dafür zu sorgen, daß die Diskussion in einem sachlichen Ton fortgeführt wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Am Wort ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Herr Abgeordneter, bitte machen Sie davon Gebrauch.

21.51

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Danke.

Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist leider so, wie ich es am Vormittag befürchtet habe: Sternstunde des Parlamentarismus ist der heutige Tag keiner geworden. (Abg. Schieder: Von der Uhrzeit her schon!) Herr Kollege Schieder, von der Uhrzeit her vielleicht, aber vom Wetter draußen auch nicht. (Abg. Dr. Löschnak: Herr Kollege Haupt, wir können nichts dafür!) Herr Kollege Löschnak, das gebe ich Ihnen gerne zu; Sie haben sich bemüht.

Sehr geehrten Damen und Herren! Daß die heutige Gesetzesänderung im Hinblick auf die Geschäftsordnung des Nationalrates nicht einvernehmlich geht und die Freiheitliche Partei hier fünf Minuten vor zwölf von den anderen vier Fraktionen dieses Hauses von den Verhandlungen ausgeschlossen wurde, indem bei einer Pressekonferenz eine Vier-Parteien-Einigung präsentiert und erst danach die Ausschußsitzung gemacht wurde, um dann im Ausschuß mit den Freiheitlichen weiterzuberaten, ist eine Tatsache. Daran gibt es weder etwas zu kritisieren noch zu deuteln, das ist festzustellen, das ist geschichtliche Tradition, das ist so.

Die Beweggründe für dieses Vorgehen hat der eine so, der andere so gesehen. Wir Freiheitliche haben es als das bewußte Zurückweisen unserer Vorschläge, die wir gemacht haben, als das Nicht-mehr-weiter-Eingehen auf unsere Vorschläge, die auf dem Tisch gelegen sind, gesehen und haben daraus die Konsequenzen gezogen. Wir haben den Ausschuß mehrheitlich verlassen nach einer Protestresolution, die unser Klubobmann-Stellvertreter Stadler überreicht hat und einer negativen Abstimmung zu dem vorliegenden Paket, weil es unsere Vorstellungen keineswegs beinhaltet.


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Herr Kollege Kostelka! Zwei Dinge sehe ich durchaus bei dieser Reform positiv: daß die Möglichkeit geschaffen wurde, elektronische Abstimmungsanlagen zu installieren, und daß zum zweiten Abstimmungen dann, wenn das Croquis nicht vorhanden ist, auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden können, damit wir uns Abstimmungsschlamassel ersparen, die in der Vergangenheit in diesem Hause auch dazu beigetragen haben, daß das Ansehen des Parlaments nicht gerade gewachsen ist. (Zwischenruf des Abg. Kiss .) Ob das ausreicht, Herr Kollege, diese Reform insgesamt zu begrüßen, wage ich zu bezweifeln.

Eines erscheint mir aber schon erwähnenswert: Bei den Debatten wurde es von allen Rednern – und ich nehme an, es werden sich auch einige Nachredner die Protokolle der letzten 40 Jahre zu Geschäftsordnungsdebatten angesehen haben – immer bis 1993 als unbestreitbarer Vorteil angesehen, daß alle hier mitgewirkt haben und daß die wichtigsten Reformen in diesem Hause von der Gemeinsamkeit und auch von der gemeinsamen Optik geprägt waren, nämlich nicht aus der Sicht der Regierung oder aus der Sicht der Opposition das Parlament zu betrachten, sondern aus der Sicht jedes einzelnen. (Zwischenruf des Abg. Wabl .)

Herr Kollege Wabl, Sie haben ja dann Zeit, Ihre Ansicht hier darzulegen, auch Ihre Ansichten über die Vergangenheit darzulegen, Ihre eigenen Reden, Ihr wechselndes Bild zur vorliegenden Reform und die wechselnden Haltungen, die Sie bei den vorherigen Reformen – zur Redezeit etwa – eingenommen haben, die nachzulesen sind und die Ihren heutigen Bemühungen, diese Reform mitzutragen, einfach – wie am Beispiel der Redezeiten zu sehen – diametral entgegengesetzt sind. Die Dokumente liegen im Parlament, nachlesbar für jeden, auf. Es sind Zeitdokumente, die von jedem nachgelesen werden können. Und Sie haben das Problem, Ihre Änderungen Ihren Wählern, Ihren Parteimitgliedern und auch den Angehörigen Ihrer eigenen Fraktion irgendwann einmal darzulegen und zu erläutern. Das ist nicht mein Problem.

Mein Problem ist eigentlich, daß die wichtigsten Rechte der Opposition in diesem Parlament für mich deutlich und klar beschnitten worden sind. Die Ausgangslage der Reform war doch, bei der Besetzung der Spitze des Rechnungshofes durchaus der Opposition in entsprechender Form das Besetzungsrecht einzuräumen. Kein Wort davon in dieser Reform.

Bei der letzten Reform wurde die Idee eines kleinen Untersuchungsausschusses verwirklicht, des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses. Er ist heute noch immer ohne Geschäftsordnung. Aber Herr Klubobmann Kostelka sagt, daß die Rechte der Opposition, auch die Rechte der beiden kleinen Oppositionsparteien, hier mit in Betracht gezogen und ausgeführt worden sind. Vielleicht ist der Grund darin zu suchen, daß die Obfrau dieses kleinen Untersuchungsausschusses, so wie er gesehen wurde in der letzten Reform, keine Angehörige der konstruktiven Opposition, sondern eine Angehörige der großen Opposition, nämlich der Freiheitlichen Partei, ist, daß man daher gar nicht wollte, daß dieser kleine Untersuchungsausschuß jemals arbeiten kann und jemals tätig werden kann. Das ist ein eklatantes Problem, glaube ich, das unser Parlament jetzt schon seit zwei Jahren mitführt.

Die Öffentlichkeit im Europaausschuß war bisher schon gegeben. Im Europaausschuß waren die Protokolle öffentlich. Zwar keine Wortprotokolle, aber die gesamten Protokolle. Nunmehr werden Teile – und das halte ich durchaus für gut, Kollege Schieder, das haben wir von den Dänen, glaube ich, sehr gut abgeschaut – dort, wo die Regierung Bindung bekommt, nicht mehr öffentlich sein, damit sich unsere europäischen Verhandlungspartner nicht darauf einstellen können. Aber es wird gleichzeitig diese Nichtöffentlichkeit ein Recht der Mehrheit sein. Es wird das ein Recht der Mehrheit sein, und die Mehrheit wird darüber entscheiden.

Und so, Herr Kollege Schieder, kann es nicht sein, daß es dann der Herr Kollege Kostelka als Minderheitsrecht verkauft. Heute sind alle Beiträge, die von allen Oppositionsparteien und die von den Regierungsparteien, zwar nicht Wort für Wort, aber sinngemäß für jeden nachlesbar. (Abg. Schieder: Aber die Vertraulichkeit muß auch mit Mehrheit beschlossen werden!) Dann, Herr Kollege Schieder, wird, wenn ein Thema auf der Tagesordnung ist, das die Regierung interessiert, die qualifizierte Mehrheit beschließen, wer, je nach Raumlage, die Parlamentsmitarbeiter oder Zeitungen oder wer immer, als Öffentlicher zugelassen wird. Aber die Mehrheit wird das beschließen. (Abg. Schieder: Aber jetzt doch auch! Wenn es die Mehrheit beschlossen hat!)


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Heute, Herr Kollege Schieder, kann sich jeder Journalist in Österreich die Protokolle des Rechnungshofausschusses nehmen. (Abg. Schieder: Wenn die Mehrheit beschlossen hat, nicht!) Ja dann, wenn es die Mehrheit beschlossen hat, nicht (Abg. Schieder: Dann war es vertraulich!) , aber den Rest, Herr Kollege Schieder, konnte sich jeder besorgen.

Sie werden dann einen engeren Kreis qualitativ zulassen oder nicht zulassen. (Abg. Schieder: Bisher war es auch die Mehrheit!) Ich sehe das, verzeihen Sie mir das, Herr Kollege Schieder, nicht als mehr Rechte für die Opposition, sondern ich sehe das als eine Einschränkung. (Abg. Schieder: So wie bisher!)

Und ich sage Ihnen auch eines, Herr Kollege Schieder. Wenn Ihr Klubobmann Dr. Kostelka hier etwas im Brustton der Überzeugung als Wahrheit sagt, so muß ich sagen: Ich habe in zehn Jahren Parlamentarismus, in der Zeit, als Kostelka Staatssekretär war, eines gelernt: Wenn Kostelka angibt, eine richtige Rechtsinterpretation zu sagen, dann werde ich doppelt vorsichtig. Denn in meiner Erinnerung war in den letzten zehn Jahren der Herr Klubobmann Kostelka der einzige Abgeordnete und dann der einzige, der als Vertreter der Regierung, als Staatssekretär, im Verfassungsausschuß gesessen ist und dem Verfassungsausschuß wider besseres Wissen und obwohl seine eigenen Mitarbeiter heftigst dagegen protestiert haben Rechtsinterpretationen gegeben hat, die mit keinem einzigen Wort, um nicht das Wort der Lüge zu verwenden, den vorliegenden Gesetzesmaterien zu entnehmen waren. (Abg. Dr. Kostelka: Können Sie ein Beispiel dafür nennen?)

Es gibt die Beispiele dafür, wo er zusammenpacken und den Ausschuß wieder verlassen mußte, und die Österreichische Volkspartei hat dann dort die Gelegenheit ergriffen und Bezügereformen durchgeführt. Ich erinnere mich noch daran. Und daher erinnere ich mich auch ganz genau daran, wenn Kostelka Rechtszitate hier verwendet, mit welchem Mann ich es zu tun habe und mit welcher Rechtswahrheit ich es zu tun habe, Herr Kollege Kostelka. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von dieser Meinung werden Sie mich mit Sicherheit nicht abbringen, und damit werden wir beide vermutlich, Herr Kollege Kostelka, unser Leben beenden müssen. Diese Tatsache ist Faktum und ist auch in den Berichten des Verfassungsausschusses und in der Erinnerung von jenen, die damals dort waren, festgehalten. Sie waren damals Staatssekretär, Herr Kollege Kostelka, und ich war einfacher Abgeordneter. Ich habe mir das gemerkt, und ich werde mir das auch weiterhin merken.

Ich glaube auch, daß das Verlangen auf Sondersitzungen, so wie es heute hier zur Debatte steht, kein weiterer Fortschritt ist. Heute können Sie, wenn Sie eine qualifizierte Mehrheit haben, in entsprechender Form Sondersitzungen dann verlangen, wenn sie Ihnen notwendig erscheinen. In Zukunft kann eine beschränkte Anzahl von Sondersitzungen verlangt werden, und diese beschränkte Anzahl von Sondersitzungen wird zwischen den Oppositionsparteien aufgeteilt. Jede Partei, die das notwendige Quorum nicht hat, kann trotzdem, wenn sie Fraktionsgröße hat, in entsprechender Form die Anträge stellen.

Ich glaube, daß das Abgehen von der traditionellen Stärke hier im Parlament, einfach Rechte an die Fraktionen abzugeben unbeschadet ihrer Stärke und ihrer Größe, ein überlegenswerter Abgang vom Prinzip des Stärkeverhältnisses überhaupt ist. Auf der einen Seite werden die Stärkeverhältnisse der Regierungsparteien möglichst stark und möglichst drastisch festgeschrieben. Auf der anderen Seite sind aber alle jene Rechte, die man in der Vergangenheit, durchaus auch Vertreter der Regierungsparteien, als klassische Oppositionsrechte moniert hat, nicht als solche ausgestattet worden. Man hat daher der Opposition ihre Rechte nicht aufgewertet, man hat sie nur untereinander anders verteilt.

Daß jene, die bei diesen Verteilungskampf unbeschadet ihrer Stärke gewonnen haben, nunmehr dem Regierungsentwurf beigetreten sind, ist Ihre Angelegenheit, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen und der liberalen Fraktion. Daß wir aber insgesamt das nicht als Stärkung der Opposition betrachten, ist durchaus auf Ihr Verhalten in den letzten zwei Jahren zu


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rückzuführen, daß Sie nämlich in vielen Passagen mehr die andere Oppositionspartei als die Regierungsparteien kritisiert haben. Die Reden sind ebenfalls nachzulesen.

Ich halte es überhaupt für hanebüchen, daß dann, wenn eine dringliche Anfrage eingebracht wird, nur mehr eine Anfragebesprechung durchgeführt werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren von den anderen Parteien! Betrachten Sie einmal die Situation dieses Parlaments. Seit der Verfassungsreform von 1929 und nunmehr auch durch die Einführung des Datenschutzes sind die Beantwortungen der Minister immer dürftiger geworden. Das Kontrollrecht des Parlaments ist klassisch ausgehöhlt worden. Die Beantwortungen, die wir von den Ministern bekommen, wo sie uns einfach mitteilen, das geht uns nichts an, sind immer dürftiger geworden. Und nunmehr können wir noch eine durchführen, auch dann, wenn uns drei unterschiedliche Ministerien das, was man volkstümlich rotzige Antworten nennt, auf den Tisch legen.

Wir können dann auch nur mehr die eingeschränkte Redezeit lukrieren. Wir können unseren Unmut nur mehr mit einem Redner zehn Minuten und einem Redner pro Fraktion fünf Minuten hier formulieren, wobei dann zwei oder drei Redner womöglich für die Regierungsparteien, selbstverständlich als Unterstützer jener, die hier die Regierungsmehrheit bilden, reden werden, somit die ganze Opposition auf satte 20, maximal 25 Minuten Redezeit beschränkt wird, um hier ein Verhalten in der Behinderung ihres klassischen Kontrollrechtes zu formulieren.

Ich gebe dem Kollegen Kostelka recht: Es wird hier zack-zack gehen. Genau so zack-zack wird es gehen, es wird abprallen, und das Echo wird selbstverständlich, weil es ja so zack-zack geht, knapp werden.

Und auf der anderen Seite überlegen Sie einmal: Es wird hier beklagt, daß die Diktion immer härter und immer härter wird. Ja, wundern Sie sich noch, wenn die Redezeiten auf drei und fünf Minuten ab dem dritten Redner eingeschränkt werden können und die Erstredner nur mehr 10 oder 20 oder 15 Minuten, je nachdem, haben werden? (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller .)

Kollege Barmüller, was soll denn dann jemand noch groß ausführen, was er an den Regierungsprogrammen positiv findet, wenn er eine Reihe von Abweichungspunkten hat, die er in entsprechender Form redezeitmäßig gar nicht mehr über die Runden bringen wird? Dann werden Sie sich wieder aufregen, daß die Diktion immer härter wird, die Farben immer mehr schwarzweiß werden, nur mehr das Gute an den Anträgen der eigenen Fraktion und das Schlechte an den Anträgen der anderen Fraktionen gesehen wird und die Schwarzweißmalerei klassisch wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Barmüller, vielleicht machen Sie sich auch einmal die Mühe, sich hinunterzubegeben in die Bibliothek und sich die Reden anzuschauen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller .)

Ich weiß, es ist für Sie unerträglich, Herr Kollege Barmüller, nachgewiesen zu kriegen, daß Sie die Oppositionsrechte nicht ausgeweitet haben. Aber damit werden Sie, wenn Sie heute hier mitstimmen, leben müssen. Und dieses Leben damit werde ich Ihnen nicht leichter machen, sondern ich werde Sie darauf hinweisen, daß Sie damit leben müssen, daß Sie sich verantworten müssen. (Abg. Mag. Barmüller: Das ist doch pathetisch!) Selbstverständlich, Kollege Barmüller: Wer mitstimmt, muß sich auch dafür verantworten. Das ist das Prinzip hier im Parlament. Dafür haften Sie Ihren Wählern gegenüber, Ihrer Klientel gegenüber, Ihren Interessenten gegenüber, und davon wird Sie auch niemand entbinden.

Und Sie werden sich – und deswegen ist es mir auch klar – den Vorwurf gefallen lassen müssen, daß es Ihnen ja schon unerträglich geworden ist, anderen Meinungen zuzuhören. Daher dürfen diese anderen Meinungen nur mehr sehr kurz werden. Und diese anderen Meinungen sollen möglichst so kurz werden, daß man sie gar nicht mehr hört – das wäre Ihnen mit Sicherheit, Kollege Barmüller, das liebste (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller ) , wenn ich Sie jetzt so erlebe, wie Sie sich exaltieren und ausgeben, weil es Ihnen offensichtlich schon unerträglich geworden ist, hier abweichende Meinungen von den Ihren anhören zu müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich kann mir auch vorstellen, Sie werden dann glücklich und zufrieden sein. Jetzt können Sie Gott sei Dank nur mehr zwei Minuten tatsächlich berichtigen und nur mehr fünf Minuten ab dem dritten Redner sprechen (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller ) , und Sie werden schon hart darauf drängen, daß der jeweilige Vorsitzende im Rechnungshofausschuß nach zehn Minuten jemanden das Wort das erste Mal entzieht. Er kann sich dann ein zweites, drittes oder viertes Mal noch zu Wort melden, aber vermutlich erst dann, wenn die Regierungsparteien schon wieder beschlossen haben, daß die Öffentlichkeit nunmehr den Ausschuß verlassen muß. Denn die Regierungsmitglieder dort können ihre Positionen unbeschränkt verteilen, unbeschränkt. Ihnen als Abgeordneter, der Sie kontrollieren wollen, kann dann vom Kollegen Wabl nach zehn Minuten das Wort entzogen werden. Dann stellt jemand, womöglich um das Szenario auch einmal von der anderen Seite zu beleuchten, den Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen, und dann können Sie wieder das zweite und das dritte Mal reden. Aber dann ist die Öffentlichkeit schon wieder dort, wo sie die Mehrheit im Ausschuß haben will. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein schwieriger Sachverhalt für den Barmüller!) Und das einzige, was dann noch im Raum steht, ist die ausufernde Gegenäußerung des Regierungsmitgliedes, das verfassungsmäßig nicht beschränkt werden kann und das daher reden kann, so lange es will. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. )

Und das, Kollege Barmüller, wollen Sie uns noch damit verkaufen, daß Sie sagen, der Parlamentarismus ist gestärkt worden, die Kontrolle ist gestärkt worden. – Ich danke, Herr Kollege Barmüller, für eine solche Stärkung der parlamentarischen Möglichkeiten und der Kontrolle!

Und noch etwas: Wenn Sie die Redezeiten verfolgen, werden Sie sehen, daß es früher möglich war, den einen oder anderen Tagesordnungspunkt durch Filibustern so hinzuziehen, um in entsprechender Form Tagesordnungspunkte, die einer Partei wichtig erschienen sind, zu dem Zeitpunkt zu bringen, wo sie medial wirksam waren.

Jetzt wird die dringliche Anfrage zum gleichen Instrument. (Abg. Mag. Barmüller: Ab 15 Uhr!) In Zukunft werden die dringlichen Anfragen zeitmäßig beschränkt. Sie werden zwar eine Stunde vorverlegt auf 15 Uhr – aber dafür werden dann die Regierungsparteien jeweils auch das Instrument haben. Der Kollege Kostelka hat vergessen, in seiner Statistik auch festzustellen, daß in 25 Jahren nicht nur sechs Sondersitzungen waren, sondern daß wir es auch in den letzten fünf Jahren das erste Mal wieder gehabt haben nach 20 Jahren, daß die Regierungsparteien zwei Dringliche gegen sich selbst eingebracht haben.

Ein Instrument der Courtoisie, das eigentlich nur der Opposition zustehen sollte, nämlich jenes der dringlichen Anfrage gegen die Regierung, wurde von Ihnen ... (Abg. Dr. Khol: Warum eigentlich?) Selbstverständlich, sehen Sie nach! (Abg. Dr. Khol: Das Parlament kontrolliert die Regierung!) Können Sie sich nicht mehr erinnern, wie Sie unsere Dringlichen hinten ansetzen wollten? Und dieses Instrument haben Sie sich jetzt noch besser geschaffen, denn Sie, die beiden Regierungsparteien, bringen üblicherweise keine Dringliche ein. (Abg. Schieder: Das bringen doch Abgeordnete ein, nicht Parteien!) Sie werden dann, wenn eine Dringliche einer Oppositionspartei auf dem Tisch liegt, die Ihnen nicht in den Kram paßt, Herr Kollege, nunmehr ein neues Mittel haben. Sie werden dann von seiten der Regierung oder einer der Regierungsparteien eine Dringliche einbringen, die wird selbstverständlich aufgerufen werden, weil Sie ja schon länger keine gehabt haben, und jene der Opposition, ganz egal, welche Oppositionspartei sie einbringt, wird nicht stattfinden. Wenn dann in der nächsten Woche die Oppositionspartei die gleiche Dringliche macht, wird die zweite Regierungspartei ihre Dringliche einbringen. (Abg. Dr. Khol: So würden Sie das handhaben!) Nein, genauso wird das gehandhabt werden in dringenden Fällen. (Abg. Dr. Schwimmer: Wie der Schelm denkt, so ist er!) Sie werden das sehen, Herr Kollege Khol. Und ich habe da keine Zweifel aus den Erfahrungen der letzten fünf Jahre, wie Sie das Instrument der Dringlichen hier eingesetzt haben und wozu und für welchen Zweck. (Abg. Dr. Khol: Eine einzige haben wir gemacht!) Und diese Möglichkeit haben Sie sich jetzt noch verbessert. Diese Möglichkeit, Herr Kollege Khol, haben Sie sich jetzt noch verbessert. Darüber gibt es keine Diskussion, das ist eine Tatsache. Und das Gesicht des Kollegen Schieder ist ja beredt, denn er weiß genau, daß diese Verbesserung zugunsten der Regierungsparteien nunmehr in dieser Geschäftsordnung hier drinnen ist.


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Und daß dann dazu, wenn die Dringliche nicht stattfinden kann, auch die Debatte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu dem Thema nicht möglich ist, ist eine zusätzliche Feinheit. Und das alles wird von unseren beiden Mitbewerbern in der Opposition als Stärkung der Opposition bezeichnet!

Ich glaube, daß ein Wort vom Kollegen Pilz, den ich sonst nicht schätze, das aber in den parlamentarischen Protokollen auf der Seite 10117 nachzulesen ist, heute vielleicht zutreffender ist als damals, als er es gesprochen hat, nämlich in der 88. Sitzung der XVII. GP am 14. 12. 1988. "Das, was Sie heute hier versuchen", sagte Pilz, "nämlich das Rederecht einzuschränken und sich gleichzeitig unverschämt mitten in der Nacht auf Kosten der Steuerzahler zu bereichern, ist nichts anderes als ein Anschlag auf die österreichische Demokratie." Und so sehe ich auch den heutigen Tag! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemeldet. Ich verweise auf die Geschäftsordnung.

22.11

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Klubobmann Kostelka hat unter Zitierung aus dem Minderheitsbericht zum Geschäftsordnungsgesetz die Behauptung aufgestellt, daß die Freiheitlichen bei der Anregung der Schaffung des Instruments der Zwischenrede zur Weiterentwicklung des österreichischen Parlamentarismus Anleihen in Deutschland genommen hätten.

Ich berichtige: Das ist unrichtig. Wir haben ausschließlich österreichische Anregungen hier in dem Minderheitsbericht und in unsere Vorschläge aufgenommen.

Zum einen – das habe ich bereits erwähnt – den seinerzeitigen Vorschlag der vormaligen Dritten Präsidentin des Nationalrates ... (Abg. Schieder: Nicht daß Sie es getan haben, sondern er hat gesagt, daß Sie es geschrieben haben!)

Nein, er hat gesagt: Damit werde klar, wo wir Anleihe nehmen. (Abg. Schieder: Das ist zu prüfen, ob der Satz dortsteht!)

Ich zitiere noch einmal: Wir haben Anleihe genommen bei der vormaligen Dritten Präsidentin des Nationalrates, wie bereits im Schreiben vom 7. 9. 1992 an den "lieben Jörg" zum Ausdruck gebracht.

Aber, Herr Kollege Kostelka, was Sie mehr interessieren dürfte: Wir haben Anleihe genommen in der Stellungnahme der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion zur Reform des Geschäftsordnungsgesetzes vom 27. Oktober 1992 unter Ihrem hochgeschätzten Vorgänger Dr. Fuhrmann, wo es unter Punkt V wörtlich heißt – ich zitiere –: "Die Einführung einer Zwischenrede nach deutschem Muster wird von der SP-Fraktion begrüßt." Ende des Zitats. – Das haben wir in dem Minderheitsbericht und in unsere Vorschläge aufgenommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Ah so ist das?)

22.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.13

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat habe ich mich seit 1986 für einen zeitgemäßen Parlamentarismus und eine umfassende Parlamentsreform eingesetzt. Es ist richtig, was Herr Kollege Haider heute in der Früh zitiert hat. Ich habe bereits 1986 gesagt, daß es zuwenig Parlamentstage gibt. – Wir haben inzwischen mehr Parlamentstage, und durch den Arbeitsplan, den wir heute beschließen, werden wir wesentlich mehr Parlamentstage haben. Und daher ist ein Punkt, den ich 1986 angeregt habe, durchgeführt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Ich habe auch, wie Herr Haider ganz richtig zitiert hat, gesagt, viele würden lieber öfter reden, und habe gesagt, daß die Redezeit zu knapp ist. Nur hat Herr Haider in seiner selektiven Wahrnehmung meine Schlußfolgerung daraus nicht vorgelesen, die ich aus dem Protokoll verlese: "Desgleichen liegt es an uns, das Rederecht zu gestalten. Ich glaube, wir sind generell – und ich nehme mich selber davon nicht aus – zu lange am Wort. Die Reden sind zu lange. Und eben auf diese Weise finden die 45-Minuten-Reden statt."

Ich habe also angeregt (Abg. Mag. Stadler: Fünf! Das waren fünf!) – ja –, wir sollten die Kurzreden einführen, wie das in manchen Parlamenten der Fall ist. Dort wird jener Redner, der sich von vornherein verpflichtet, nicht länger als fünf Minuten zu reden, bei der Wortmeldung privilegiert.

Meine Damen und Herren! Ich bin mir selber treu geblieben, wir haben die Kurzreden eingeführt, und ich bin stolz darauf, daß mein Klub seit zwei Jahren nicht länger redet als 20 Minuten und der Durchschnitts-ÖVP-Redner nicht länger redet als zehn Minuten. Ich glaube, das ist lebendiger Parlamentarismus, und ich würde dem Herrn Haider empfehlen, meine Wortmeldungen – wenn er sie schon liest – zu Ende zu lesen, damit er sie vollständig zitieren kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir schlagen heute eine umfassende Parlamentsreform vor. (Abg. Mag. Stadler: Ihre Restredezeit beträgt noch zwei, drei Minuten!) Ich bin froh, daß sich hier die Grünen und die Liberalen auch in den Dienst eines wehrhaften Parlamentarismus stellen, wenn es darum geht, nicht ein Parteiwohl in den Vordergrund zu stellen, sondern das Gemeinwohl an einer wirkungsvollen Gesetzgebung, an einer wirkungsvollen Kontrolle und an einem zeitgemäßen Ablauf parlamentarischer Prozesse. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben eine ganze Reihe neuer Herausforderungen zu beantworten, denn Opas Parlament ist tot. (Abg. Dr. Graf: Opas Parlament – Kollege Schieder, warum zeigt er auf dich?) Das neue Parlament muß sich den Herausforderungen der Medien stellen, weil es neue Herausforderungen gibt, denn die Medien sind überall und immer dabei. Wir müssen unser Erscheinungsbild verbessern, und vor allem müssen wir den Eindruck in der Öffentlichkeit bekämpfen, daß Parlament nur im Plenum stattfindet und daß die Ausschußarbeit unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet.

Wir sind diesem Mediengesetz gefolgt, wir werden auf der einen Seite Öffentlichkeit in den Ausschüssen haben, wir werden kürzere Reden haben, wir werden Widerrede-Rede-Widerrede haben, und die Fidel-Castro-ähnlichen Reden, wie sie mein Kollege Kostelka zu Recht apostrophiert hat, gehören der Geschichte an. Sie werden niemandem abgehen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist auch das Zwei-Parteien-Parlament nicht mehr Wirklichkeit und auch nicht mehr das Zweieinhalb-Parteien-Parlament. Wir haben fünf Fraktionen. Es war höchst an der Zeit, die Oppositionsrechte gerecht auf die Oppositionsfraktionen aufzuteilen.

Und ich verstehe schon Ihren Schmerz, Herr Kollege Stadler, Herr Kollege Haupt: Sie reagieren so wie ein Kind, dem man sein liebstes Spielzeug weggenommen hat. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Genauso ist es! (Abg. Mag. Stadler: Noch eine Minute, Herr Khol!) Herr Kollege Stadler! Wie lange ich hier rede, ist meine eigene Entscheidung. (Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie sich selber zuzuschreiben! Fünf Minuten, haben Sie gesagt!) Das einzige Positive, was ich von Ihnen heute gehört habe, ist, daß Sie mich als Angehörigen der SVP bezeichnet haben. Das interpretiere ich als die Südtiroler Volkspartei, und darauf bin ich stolz. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Eine weitere Herausforderung, die wir zu beantworten haben, ist die Gefahr der Regierungsgesetzgebung. Und ich glaube, daß das eine wirklich real existierende Gefahr ist, daß durch unseren Beitritt zur Europäischen Union die Gesetzgebungsrechte des Nationalrates und des Bundesrates verkürzt werden. Es war höchste Zeit, daß wir die diesbezüglichen Hauptausschußrechte ausgestaltet haben, daß wir den Unterausschuß einsetzen und daß wir auf diese Weise auch das Konsultativkomitee haben, sodaß wir wirkungsvoll unsere


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Meinung zu jedem Zeitpunkt der Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der EU einbringen können, und das ist wichtig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ihre Redezeit!)

Meine Damen und Herren! Wir haben auch auf unsere Zeitgestaltung Rücksicht zu nehmen, denn bitte nur wir herinnen empfinden es als eine ungeheure Weltsensation, wenn zwei Dringliche abgeführt werden, wenn die Minister herbeizitiert werden, wenn die Minister in den Couloirs warten, bis ihr Auftritt kommt. Alle anderen sagen: Hier wird Zeit verplempert. – Es soll regiert werden, es soll kontrolliert werden, es soll diskutiert werden. Aber all das, meine Damen und Herren, unter rationalem Einsatz der einzigen nicht wieder ersetzbaren Ressource: der Zeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Stadler! Sie haben gesagt – und da haben Sie sicher recht –, daß jede Fraktion in diesem Haus die Geschäftsordnungsrechte so zu beurteilen hat, daß sie, wenn sie heute Regierungspartei ist, auch einmal Oppositionspartei sein könnte und diese dann dennoch für sie akzeptabel wären. Das ist ein völlig richtiger Gesichtspunkt! Und wir haben uns ernsthaft geprüft, ob wir uns nicht als Oppositionspartei mit dieser Geschäftsordnung geknebelt fühlen würden. Wir haben das genau geprüft und haben festgestellt: Es macht keinen Unterschied, ob wir jetzt eine dringliche Anfrage in fünf Stunden oder in zwei Stunden abhandeln. In zwei Stunden kann man sinnvollerweise wesentlich mehr ausrichten als mit 30 Rednern in sieben Stunden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube, daß es um die Zeitnutzung geht. Wir haben darüber sehr ernsthaft diskutiert. Meine Damen und Herren! Letztlich müssen natürlich auch wir das Gemeinwohl im Auge haben. Aber auch einer Oppositionspartei muß es um die Qualität der Gesetzgebung und die Möglichkeit zur Gesetzgebung gehen, und auch eine Oppositionspartei muß die Kirche im Dorf lassen, wenn sie an den Parlamentarismus glaubt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluß. Wir alle in diesem Haus haben Verantwortung dafür, daß niemand draußen oder auch hier im Haus selbst Grund hat, dieses Parlament als "Quatsch-Bude" zu verhöhnen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Es wird Zeit dazu, daß wir Sie in die Opposition schicken!)

22.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.22

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die heutige Debatte um die Geschäftsordnungsreform beziehungsweise um Reform überhaupt hat erst durch die Entgleisung des Klubobmanns der Sozialdemokraten Kostelka das richtige Schlaglicht erhalten. – Personen wie Kostelka stellen mit ihrem zynischen Zündeln eine Belastung für den Parlamentarismus und für die Demokratie und ein Unglück für die Sozialdemokratie dar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele von Ihnen haben es vielleicht schon erkannt, die anderen werden es noch erkennen: Klubobleute von diesem Zuschnitt belasten die Fraktionen, denen sie vorstehen, ungeheuerlich. Und es wird Ihnen noch ganz stark auf den Kopf fallen, daß Sie so einen zynischen, haßerfüllten Klubobmann haben, der buchstäblich vor nichts zurückschreckt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch Khol hat ein sehr offenes Wort, das die ganze Debatte und das ganze Vorhaben charakterisiert, geäußert: Er hat erklärt, daß man den Freiheitlichen offenbar ihr liebstes Spielzeug weggenommen habe und daß sie sich deshalb entsprechend aufführen. Und damit hat er verraten, worum es eigentlich geht. Es geht nicht um sein altes Anliegen, daß man kürzer reden soll und daß man die Demokratie den Gegenbenheiten unserer Tage anpassen soll, sondern er wollte der Opposition ihr Spielzeug wegnehmen. – Das Parlament ist aber nicht das Spielzeug der Opposition, das Parlament ist das Feld der Opposition! Und genau darum ist es gegangen. Es gibt eine virulente, wirksame, starke, eine für die Regierenden unangenehme Opposition: Das sind die Freiheitlichen. Ihr Feld ist naturgemäß das Parlament, und dieses Feld wollte man


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ihr streitig machen. Darum geht es heute, und das ist im übrigen das einzige, worum es geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich hat sich das Bild des Parlaments in den letzten Jahrzehnten geändert. Früher hat es drei Fraktionen gegeben. Ich bin bereits 17 Jahre hier im Haus: Ich kann mich gar nicht erinnern, daß im ersten Jahrzehnt jemals ein Reservetag angepatzt worden wäre.

Es hat unterschiedliche Regierungsformen gegeben: Alleinregierung der Sozialdemokraten, kleine Koalition, danach bis jetzt große Koalition. Es hat immer die entsprechenden, auch lautstarken und lang andauernden Szenarien im Parlament gegeben.

Ich erinnere mich an die vier Jahre der kleinen Koalition. Damals hat die Opposition, das war damals die ÖVP, zu Recht – das war ihr gutes Recht, es hat uns geärgert, aber es ist uns nicht eingefallen, es ihr strittig zu machen – hier im Parlament und auch außerhalb des Parlaments einiges aufgeführt! Sie hat von ihren Rechten reichlich Gebrauch gemacht. Sie hat uns auf der Regierungsbank in Verlegenheit gebracht. Sie hat die damaligen Sozialisten und die damaligen Freiheitlichen gefordert. Aber niemandem, weder den Sozialdemokraten noch den Freiheitlichen, wäre es auch nur eine Sekunde lang eingefallen, zu sagen: Jetzt ändern wird die Geschäftsordnung und sorgen dafür, daß die nichts mehr zu reden haben, auch nicht im Parlament. (Abg. Dr. Khol: Ihr habt ja keine Mehrheit dafür gehabt!) Wir alle waren damals wirklich noch Demokraten, niemals wäre es uns eingefallen, Ihnen einen Knebel zu verpassen, so wie es jetzt geschieht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weitere Zwischenrufe des Abg. Khol. )

Wenn man will, kann man immer Knebel verpassen. Dann spricht man halt von Mißbrauch. Meine Damen und Herren! Wenn von einer gesetzlich eingeräumten Möglichkeit – und dazu gehören die Dringlichen und die Sondersitzungen – Gebrauch gemacht wird, auch extensiv Gebrauch gemacht wird, dann ist das "Gebrauch" und nicht "Mißbrauch". Von "Mißbrauch" spricht man dann, wenn über die Grenze des Erlaubten hinausgegangen wird. Wenn man hingegen das Erlaubte ausnützt, dann ist das kein Mißbrauch.

Wenn ich bei Rot über die Kreuzung fahre, dann ist das ein Mißbrauch meiner Möglichkeiten mit dem Kraftfahrzeug. Wenn ich jedoch spazierenfahre und bei Grün auch noch so oft über die Kreuzung fahre, dann ist das kein Mißbrauch. Ich kann andere damit ärgern, aber sie können es mir nicht verbieten. Und wenn sie es mir verbieten, dann ist das jedenfalls gegen Gesetz und Rechte, meine Damen und Herren!

Es ist klar, daß man Nerven braucht, um als relativ schwache Regierung mit knapper Mehrheit die Dinge durchstehen zu können. Aber man möge bitte zwei Dinge im Auge behalten.

Ein Umstand ist heute schon mehrmals erwähnt worden: Das Szenario, wer in der Regierung und wer in der Opposition ist, kann sich oft sehr rasch und oft auch sehr überraschend ändern. Niemand von denen, die sich heute in ihrer Funktion als Regierungsparteiangehörige sonnen, kann wissen, ob das übermorgen noch der Fall sein wird. Schon höre ich – ich wünsche es mir gar nicht! –, daß wieder Neuwahlen ins Haus stehen sollen. Schon wird darüber geplaudert, daß auch dieses Jahr nicht ohne Neuwahlen zum Nationalrat zu Ende gehen werde.

Sie von der ÖVP bemühen sich, Kaffeehausstimmung aufkommen zu lassen und zu zeigen, daß Sie zwar im Parlament sitzen, aber geringschätzig plaudern und so tun kann, als ob Sie all das nichts anginge, den Klubobmann miteinbezogen. – Sie signalisieren: Es redet ja ohnedies nur die Opposition. Bald wird sie kürzer reden dürfen, bald nur mehr ein paar Minuten. Jetzt darf der Oppositionsangehörige noch lang reden. Er will dem Khol was sagen, aber Sie sorgen dafür, zu demonstrieren, daß ein Khol nicht einmal zuhorchen muß, wenn der Ofner redet. Und das ist das ungehörige, was einem Universitätsprofessor, der sich noch dazu etwas darauf einbildet, Tiroler zu sein – und das ist ja was –, nicht ansteht! (Abg. Dr. Khol: Darauf, daß man Tiroler ist, kann man sich auch etwas einbilden! Auf den Universitätsprofessor bilde ich mir nichts ein! – Zwischenruf der Abg. Steibl. )


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Denn ich wollte dich ansprechen: Du hast dich jedoch absichtlich auf ein Kaffeehausgeplauder eingelassen, nur um zu zeigen, daß die Opposition gar nicht mit dir reden soll. Das war es! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Überlassen Sie uns zu entscheiden, was "Kaffeehausgeplauder" ist!)

Aber vom hohen Roß, mein lieber Andreas, ist man schneller wieder unten, als man glaubt! Ich weiß, wovon ich rede. Mach dich darauf gefaßt. Es kann dir jeden Tag passieren, und den anderen wird das genauso geschwind passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Sie gehören ja zur Altherrenpartei!) Frau Kollegin! Sie haben sich heute schon einmal für mich unverständlicherweise aufgeregt. Ich sehe, daß Sie heute nicht gut drauf sind. Ich rate Ihnen: Schonen Sie Ihre Nerven! Denn auch wenn man einer Regierungspartei angehört, muß man seine Nerven bewahren. Oder der Betreffende verläßt, wie Kostelka, wenn für ihn unangenehme Redner kommen, das Lokal. Das ist natürlich auch möglich! (Abg. Dr. Khol: Was willst du mir denn sagen, Harald?)

Es ist genauso ungehörig, aus dem Gremium ein Kaffeehaus machen zu wollen, wie es ungehörig und der Demokratie widersprechend ist, die Opposition knebeln zu wollen. (Weitere Zwischenrufe der Abg. Steibl. ) Ich rede mit dem Klubobmann, und ich diskutiere nicht wie im Kaffeehaus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ich weiß, was ich rede!) Ich habe es dir schon gesagt: Du wirst vom hohen Roß schneller unten sein, als du glaubst! (Abg. Dr. Khol: Was willst du mir sagen?) Das war das eine, was ich dir sagen wollte. Dein Koalitionspartner hat schon "jawohl" gesagt, falls du es überhört haben solltest. (Abg. Dr. Khol: "Jawohl" ist eher eure Diktion!) Nicht ganz! Das ist wahrscheinlich die tirolerische Diktion. (Abg. Dr. Khol: Wir sagen "ja" oder "wohl, wohl"!) – Ist in Ordnung, ich werde es mir merken!

Aber die Steirer sagen offenbar "jawohl". Irgend jemand hat "jawohl" gesagt. War es Koppler? – Nein? Ist in Ordnung! Irgendeiner hat "jawohl" gesagt. Ein Koalitionspartner von dir freut sich schon darauf ... (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Er gibt es nicht einmal zu.

Aber völlig unverständlich ist mir, daß sich die kleinere, wirkungslose Opposition, die Grünen und die Gelben zu einer Feigenblattfunktion einspannen lassen. Denn nichts anderes ist das: Sie bekommen ein paar Zuckerln als Geschenk. Sie dürfen selber, obwohl es Ihnen bisher nicht zugestanden ist, je eine Sondersitzung für sich vereinnahmen. Aber im übrigen leihen sie ihre Hand zu einem Schritt, zu dem sich die Regierungsparteien ohne diese Feigenblattoperation von seiten der Grünen und der Gelben wohl nicht verstanden hätten.

Eines werdet ihr beide aber noch erkennen, das sage ich vor allem den beiden Herren, die sicher federführend waren, Friedhelm Frischenschlager, der jahrelang mein Zimmergenosse war, und Thomas Barmüller, der mein Konzipient war. Ich kenne beide relativ gut. Beide sind gescheite Burschen. Sie wissen, was sie anstellen. (Abg. Dr. Maitz: Deswegen sind sie auch von euch weggegangen!) – Danke, ganz lieb! Ich kann dir auch sagen, warum sie weggegangen sind.

Der Friedhelm Frischenschlager ist weggegangen – er möge mir nicht böse sein, aber ich wurde jetzt von Kollegen Maitz provoziert –, nachdem er mir jahrelang in den Ohren gelegen ist. Er hat gesagt: Was soll ich machen? Ich weiß, sie stellen mich in Salzburg nimmer auf. Lieber Harald! Mach bitte nicht den Fehler, so wie ich, daß du nicht dort wohnst, wo du kandidierst. Ich kann doch nicht mit 50 Jahren als Assistent an die Universität zurückgehen. (Abg. Dr. Frischenschlager: Das habe ich nie gesagt!) Das war der Weg. Er hat nicht so gehandelt, weil er so gescheit war. Er hat wieder im Parlament sein wollen. Und diese Rechnung ist aufgegangen. Ich habe das bist jetzt nicht verraten, aber ich wurde dazu provoziert. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) Jawohl, er dankt es dir, lieber Maitz.

Und das gilt in gewissem Sinne für alle, die so rasch gewechselt haben. Niemand war ein überzeugter Liberaler und hat es deswegen bei uns nicht mehr ausgehalten. Aber jeder hat gewußt, daß er bei uns nicht mehr kandidieren können wird. Und dann hat er eben eine Partei gesucht, bei der es möglich sein würde, wieder ins Parlament zu kommen. So war es! (Abg. Dr. Khol: Und was ist mit Barmüller?)


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Barmüller war mein Konzipient. Am Tag davor hat er gesagt, was bei Konzipienten nicht ungewöhnlich ist: Morgen vormittag bin ich nicht da. – Das sagt man halt so zum Chef. Ich sagte: Ist recht. Ich habe mir gedacht: Er macht eine Erhebung, geht zu Gericht oder ähnliches. Er war dann, wie gesagt, nicht anwesend. Als ich hinunter auf die Straße gehe, um ins Parlament zu fahren, kommt meine Frau, und die fragt: Wohin gehst du denn? Darauf sage ich: Ins Parlament. Darauf fragt sie: Besuchst du deine halbe Fraktion? Drauf ich: Wieso? Darauf antwortet sie: Weißt du gar nicht, daß dein Konzipient gerade im Presseclub "Concordia" eine Pressekonferenz abhält und die Gründung einer neuen Partei bekanntgibt? – Das war mein Abschied von meinen beiden Freunden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Frischenschlager. ) Ich habe das bis jetzt niemandem erzählt, aber jetzt erzähle ich es halt. Ich bin in diese Richtung provoziert worden.

Ich traue beiden – und den meisten anderen Grünen und Liberalen auch – zu, daß sie erkennen, was sie für die Zukunft zu Lasten aller Oppositionsparteien anrichten mit dieser ihrer Zustimmung; mit dieser Zustimmung geben sie den Regierungsparteien Deckung, mit deren Hilfe sich diese die unangenehme Opposition vom Hals schaffen können. Mit dieser Zustimmung glauben sie, heute die Möglichkeit zu haben, uns zu schlagen. In Wahrheit treffen sie damit alle. Übrigens wird jetzt gleich die tatsächliche Berichtigung von Klara Motter kommen, daß sie weder meine Zimmerkollegin noch meine Konzipientin war. Ich bin gespannt darauf, was sie berichten wird. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, daß wir unangenehm waren mit unseren Sondersitzungen und mit den Dringlichen. Aber dafür, ob wir zu viele eingebracht haben, gibt es nur zwei Parameter: Der eine Parameter ist das Gesetz, und nach dem Gesetz durften wir sie einbringen. Der zweite Parameter ist die Entscheidung des Wählers. Und wenn wir wirklich über das Ziel geschossen haben sollten, dann wird uns der Wähler entsprechend bestrafen. Aber es ist nicht zulässig, daß wir von den beiden Regierungsparteien nur deswegen gemaßregelt und geschurigelt werden, weil wir ihnen auf die Nerven gegangen sind mit unseren dringlichen Anfragen und mit unseren Sondersitzungsanliegen, und daß dabei zwei der Oppositionsparteien aus blindem Haß gegenüber den Freiheitlichen, die einen oder die anderen von ihnen, aber vielleicht auch aus Kurzsichtigkeit, der eine oder andere von ihnen, zu diesem Unterfangen noch ihre Hand leihen.

Das Parlament ist mehr als das liebste Spielzeug der Opposition, was Klubobmann Khol der Tendenz nach behauptet hat. Das Parlament ist vielmehr das Feld der Opposition schlechthin. Die Regierung hat viel mehr, die Regierung hat alle Möglichkeiten: Die Regierung hat einen Riesenapparat, sie hat die Beamten, die Kammern, die Medien, die Wirtschaft. Die Regierung ist in jeder Hinsicht gut beschlagen.

Die Opposition hat nur das Parlament oder die Straße, wobei wir nicht hoffen wollen, daß der eine oder andere – nicht aus unserer Partei, sondern aus anderen Parteien – sich letzterer bedient. Wenn man aber der Opposition die parlamentarischen Rechte beschneidet, sie in dieser Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen, einschränkt und etwa die Redezeit auf Minutendauer verkürzt, dann ist das ein Unterfangen, das der Hybris entstammt. Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß Sie von Hybris erfaßt sind. Bei den alten Griechen nannte man das Gefühl, alles tun und lassen zu können, Hybris. Aber die Hybris kommt immer vor dem Fall. Sie wird auch bei Ihnen vor dem Fall kommen! (Abg. Dr. Khol: Genau das ist euch widerfahren!)

Sie hätten sich nicht getraut, über eine geschlossene Opposition drüberzufahren. Sie haben die beiden kleinen Oppositionsparteien einkaufen müssen, und zwar mit ein paar kleinen Zuckerln, wie etwa daß ihnen je eine Sondersitzung des Nationalrates zusteht. Sonst hätten Sie sich das nicht leisten können! Die beiden großen Parteien haben eine Sünde gegen die Demokratie und gegen den Parlamentarismus begangen und die Oppositionsparteien – noch dazu die Opposition schlechthin – auf lange Zeit geschädigt. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich weiß nicht, wer da noch gesündigt hat!) Und das wird, so fürchte ich jedenfalls, nicht zu reparieren sein.

Man soll während des Spieles die Spielregeln nicht ändern. Sie tun das ununterbrochen. Es ist ja noch gar nicht lang her, daß wir uns von diesem Rednerpult gegen die vorangegangene Geschäftsordnungsreform gewehrt haben, damals noch mit Hilfe anderer Oppositionsparteien.


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(Abg. Wabl: Wann habt ihr euch gewehrt?) – Man darf die Spielregeln nicht ändern. Sie tun es aber, und es helfen Ihnen Betroffene kurzsichtig und haßerfüllt dabei. Und das ist ein Schlag ins Gesicht des Parlamentarismus und der Demokratie in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter. Ich verweise auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung.

22.37

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Ofner hat jetzt in Anspielung auf die Situation des 4. Februar 1993 gemeint, daß es – ich war damals bei ihm Konzipient – bloß durch meine Aussage am Vortag, daß ich am nächsten Tag nicht dasein werde, zum Abschied von mir, seinem Konzipienten, gekommen sei. (Abg. Dr. Ofner: Das kannst du nicht berichtigen, das habe ich nicht gesagt!)

Lieber Harald! Wahr ist vielmehr: Es hat sehr wohl dieses Gespräch, das du angeschnitten hast, gegeben. Es hat in der Folge aber noch ein persönliches Gespräch gegeben, das erstens die Begründung meines Schrittes und zweitens die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum Gegenstand gehabt hat. Es tut mir leid, daß das Niveau, das damals zwischen uns geherrscht hat, heute auf ein so tiefes gesunken ist! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Eine persönliche Erwiderung durch Herrn Dr. Ofner. – Bitte.

Ich verweise ganz besonders auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung.

22.38

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Abgeordneter Barmüller hat etwas berichtigt, was ich nicht behauptet habe: Ich habe gar nicht davon geredet, daß das unser letztes Gespräch war. (Abg. Mag. Barmüller: Das war auch nicht unser letztes Gespräch!) Ich habe davon geredet, daß er gesagt hat: Chef, ich bin morgen nicht da. (Abg. Mag. Barmüller: Und das ist unrichtig, Harald!) Das sagst du mir aber nicht ins Gesicht! Das sagst du mir aber nicht ins Gesicht!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte nur die Feststellung und keine Diskussion.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): Ich bin morgen nicht da. Das hat er schlicht und einfach gesagt. Und am nächsten Tag hat er, anstatt anwaltlichen Tätigkeiten nachzugehen, im Presseclub "Concordia" eine Pressekonferenz über die Gründung des Liberalen Forums abgehalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.39

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich wollte an sich auf die Ausführungen des Abgeordneten Stadler, die an Niveaulosigkeit nicht mehr zu überbieten waren, eigentlich nicht eingehen. Und ich möchte auch gar nicht auf das persönliche Niveau des Herrn Kollegen Ofner eingehen, der wider besseres Wissen hier etwas aus persönlichen Gesprächen erzählt hat. (Abg. Dr. Ofner: Sei froh, daß es kein Duell mehr gibt! – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Lieber Harald! Sei froh, daß ich manches, was du mir über deine Partei gesagt hast, hier nicht zum besten gebe. Das sind nämlich auch Realitäten! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Aber ich halte mich daran, auf diese persönlichen Dinge nicht in der Öffentlichkeit ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf etwas hinweisen: Wir haben vorher in der Besprechung der Klubsekretäre und der Klubobmänner festgestellt, daß persönliche Anwürfe zu unterbleiben haben. Ich bitte, das wirklich im Auge zu behalten. – Entschuldigen Sie, daß ich Sie unterbrochen habe, Herr Abgeordneter. Fahren Sie fort. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen, beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.) Ich meine alle, jede Seite.


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Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager
(fortsetzend): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte eines festhalten: Bisher hat eine einzige Fraktion mit persönlichen Untergriffen agiert, eine einzige! Das möchte ich doch festhalten! (Beifall beim Liberalen Forum. – Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Ich muß jetzt aber trotzdem auf Kollegen Stadler noch eingehen, wenn auch aus einem anderen Grund, nicht wegen persönlicher Untergriffe. Aber man sollte ein bißchen das betrachten, was sich hinter seinem Stil verbirgt. Im Grunde genommen hat er nämlich ein ganz bestimmtes Problem, und das ist interessant: Wenn sich mehrere Parteien zu Verhandlungen finden, zu einem Ergebnis kommen und dann eine Mehrheit bilden, dann ist das für die Freiheitliche Partei wie ein Staatsstreich, wie Parlamentsaufhebung. Dann sprechen sie von der Beseitigung des Rederechtes der Opposition et cetera p.p.

Das einzige, was daran interessant ist, ist, daß Klubobmann Stadler für die Freiheitliche Partei hier zum Ausdruck gebracht hat, daß es, wenn andere Parteien eine Mehrheit bilden, für ihn unerträglich ist. Dann rastet er im wahrsten Sinne des Wortes aus, dann kann er nur mehr persönlich beleidigend werden und andere Parteien diffamieren. – Das ist der sachliche Befund, Kollege Stadler, zu dem ich aufgrund deiner unglaublichen Wortmeldung komme!

Und das wird dann noch überhöht: Wenn hier eine Mehrheit auf demokratische Weise gebildet wird, dann paßt es ja gut dazu, daß Kollege Stadler noch mit außerparlamentarischen Aktionen droht. – Da frage ich mich, wenn ich diesen polemischen Stil und die persönlich diffamierende Art und Weise ins Kalkül ziehe, ob man sich nicht manche totalitären Aspekte dieser Rede sehr genau merken soll. Und das ist das eigentliche Problem! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Graf: Die ÖVP hat nie, wenn sie in der Regierung war, die Bauern auf die Straße geschickt! – Die liberalen Studenten sind auf die Straße gegangen, unsere nicht!)

Kollege Stadler hat sich heute mit seiner geifernden Rede selbst demaskiert. Er ist ausgerastet, weil andere Parteien einen Konsens gefunden haben, der mit seinen politischen Interessen im Widerspruch steht. Damit können die Freiheitlichen nicht umgehen. Sie wollen immer allein im Besitz dessen sein, was Opposition ist und was richtig ist. Das ist das Problem, das ihr habt. Das erklärt diesen Ton, diese miserable parlamentarische Kultur und diese, Kollege Stadler, ausrastende Art. (Abg. Mag. Stadler: Du bist am Ausrasten!) Ich überhaupt nicht, nein! Lies deine Rede im Protokoll nach und schäm dich für diesen miserablen Stil und für die diffamierende Art! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.) Aber macht nur so weiter, ihr werdet auch damit nicht weiterkommen! (Abg. Dr. Ofner: Und du schau dir die Auswirkungen eures Handelns in ein paar Jahren an!) Ja, ist schon recht, ist schon recht!

Ein nächster Punkt: Die Freiheitliche Partei ist offensichtlich der Ansicht, daß sie ein Monopol auf Opposition hat. Und sie verlangt selbstverständlich, daß andere Oppositionsparteien sich ihren Wünschen unterordnen. So ist das! (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Herr Präsident! Es ist nicht möglich, zu reden, wenn hier Dauerzwischenrufe gemacht werden! (Abg. Mag. Stadler: Sei nicht so empfindlich!) Ich bin überhaupt nicht empfindlich! Aber euer parlamentarischer Stil besteht im Antiparlamentarischen, das bei euch immer wieder auftaucht, jetzt durch Dauerzwischenreden zum Beispiel! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Ich erinnere noch einmal an unsere Besprechung! Bitte.

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (fortsetzend): Herr Präsident! Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, daß Zwischenrufe ein Recht der Abgeordneten sind, aber nicht Dauerzwischenreden. (Abg. Scheibner: Wo steht das?) Außerdem haben Abgeordnete nicht auf einem Platz zu sitzen, wo sie nicht hingehören, wie jetzt etwa Kollege Graf. Er soll sich hinsetzen, wo er hingehört! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt abermals das Glockenzeichen.)

Ich komme jetzt zu einem weiteren Punkt, der ganz interessant ist. Die Freiheitliche Partei stellt sich jetzt in den Reden so dar, als ob sie um den Parlamentarismus kämpfe; dieselbe Partei legt aber natürlich in ihren verfassungspolitischen Vorstellungen auf das Parlament überhaupt keinen großen Wert. Ein Parteiobmann dieser Partei kann sich hinstellen und sagen: 100 sind eigentlich genug, aber warum eigentlich nicht nur 50 oder 20, das wäre noch praktischer und noch billiger! (Abg. Mag. Stadler: Herr Lehrer! Firlinger sitzt auch auf dem falschen Platz!) Dabei wissen Sie genau, daß hier dieses Parlament auf Fraktionen beruht, die nicht nur zusammenarbeiten sollen, sondern die auch eine bestimmte Arbeitssubstanz haben müssen. Aber nach dem freiheitlichen Parlamentsverständnis könnten wir diese Zahl reduzieren, zunächst auf 100 und dann vielleicht auf noch weniger. Denn das Parlament könnte ja vielleicht lästig sein, wenn wir einmal eine Dritte Republik mit einem Bundesministerpräsidenten haben. – All das, was Sie heute in Richtung Parlamentarismus sagen, ist also Schall und Rauch. Man weiß ganz genau: Im Grunde genommen geht es euch um ganz andere politische Strukturen, und deshalb bin ich froh, daß ich nicht mehr bei euch bin, wirklich wahr! (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun komme ich zum Inhalt dieser Geschäftsordnungsreform. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Ich meine, daß sie tatsächlich nur einen Kompromiß darstellt, einen Annäherungswert, wie alle bisherigen Geschäftsordnungsreformen. Ich weiß das, weil das die vierte ist, die ich mit verhandelt habe. Es war immer so, und wir sollten das auch ganz offen sagen: Es gibt ganz natürlich Interessengegensätze zwischen Regierung und Opposition, es gibt logischerweise Gegensätze zwischen den einzelnen Oppositionsparteien und vielleicht sogar zwischen den Regierungsparteien. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Graf .)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Graf! Bitte unterlassen Sie jetzt wirklich endlich diese Art von Zwischenrufen!

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (fortsetzend): Das ist halt wieder eine Demaskierung, was parlamentarisches Niveau betrifft. Macht aber nichts! Es ist vielleicht ganz gut, wenn er so weiter tut!

Man muß sich den Inhalt der bisherigen Geschäftsordnungsreformen vergegenwärtigen. Verfolgen Sie den Ablauf einmal genau: Es gab 1961, 1966, 1975, 1988 und 1993 Reformen. Und jedesmal haben natürlich die veränderten politischen Verhältnisse eine Rolle gespielt. Selbstverständlich gab es ein ewiges Geraufe um die Vermehrung der Oppositionsrechte und um den Ausbau der Rechte der einzelnen Fraktionen, insbesondere der kleinen.

Und jetzt sage ich es noch einmal, meine Kollegen von der Freiheitlichen Partei: Jedes Mal waren es kleine Schritte, jedesmal gab es einen Kompromiß, und deshalb betone ich, daß mich diese Diffamierung des Kompromisses so stört. Denn darin läßt sich tatsächlich ein Mangel an demokratischer, parlamentarischer Arbeitsweise und Einstellung erkennen. Das ist das wesentliche! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Du bist über den Tisch gezogen worden!)

Bei allen Geschäftsordnungsreformen geht es natürlich um Machtfragen und um Fragen der Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments. Es gab immer schwierigste Verhandlungen, weil es logischerweise Interessengegensätze gab.

Schauen wir uns nun unter diesem Gesichtspunkt an, ob bei dieser Geschäftsordnungsreform etwas für das Parlament herausgekommen ist oder nicht: Ich gebe gerne zu, daß vieles, was ich mir gewünscht hätte, nicht durchsetzbar war, vielleicht auch die Zwischenrede, Kollege Stadler,


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das ist durchaus möglich. (Abg. Mag. Stadler: Dieser Wunsch stammt von der SPÖ und von Ihrer Frau Schmidt!) Ist ja ganz gleichgültig. Das ist vielleicht auch eine gute Idee. Aber es gibt nicht alles auf dem Christbaum, wenn man an die Mehrheitsdemokratie glaubt. – Wenn man glaubt, daß man allein an der Macht ist oder allein der richtigen Meinung ist, dann geht es auch anders, wenn man die Macht hat. Aber wenn man im Parlament zu einer Zusammenarbeit verpflichtet ist und sich als kleinere oder größere Partei dem Verhandlungsprozeß unterzieht und etwas erreichen will, dann kann man Ergebnisse ablehnen oder ihnen zustimmen. Man darf aber nicht diffamieren, Kollege Stadler! Das tut nicht gut! Und auch die Öffentlichkeit wird sehr, sehr genau verfolgen, wie sich eine Partei diesbezüglich verhält. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sehen wir uns nun an, ob bei dieser Geschäftsordnungsreform etwas herausgekommen ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Aufgrund all meiner schriftlichen und auch mündlichen Äußerungen können Sie mir nicht einmal vorwerfen, daß ich meine Meinung geändert hätte! (Abg. Haigermoser: Nicht nur einmal! – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Nein, nein, nicht ein einziges Mal. (Abg. Mag. Stadler: Im Zeitungsartikel, den ich hier habe, ist die Antwort darauf zu lesen!)

Erstens sollte man eine derartige Geschäftsordnungsreform unter dem Gesichtspunkt betrachten, ob für die Gesetzgebungsfunktion des Parlamentes etwas herausgeschaut hat oder nicht. Und nun möchte ich wiederum die Freiheitlichen erinnern an eine Situation im vergangenen Verfassungsausschuß, in dem es ein sehr schönes Beispiel genau für das gab, was durch diese Geschäftsordnungsreform bereinigt wird.

Ein freiheitlicher Antrag, der über das, was die Regierung vorgelegt hatte, weit hinaus ging, war schon zur Verhandlung mit dem Regierungstagesordnungspunkt zusammengezogen worden. Bei der Abstimmung war er in die Regierungsvorlage mit einbezogen, und im Plenum wurde er ebenso mit behandelt. – Genau das ist wirklich eine der ganz großen parlamentarischen Skandale: daß Oppositionsanträge, die inhaltlich Initiativanträge sind, bis dato im Regelfall ein derartiges Begräbnis dritter Klasse erlitten haben!

Das haben wir durch diese Geschäftsordnungsreform geändert. Es besteht nun das erste Mal die Möglichkeit, daß oppositionelle inhaltliche Anträge im Ausschuß zur individuellen Behandlung und Abstimmung stehen, im Plenum als eigener Tagesordnungspunkt diskutierbar sind und diese Vorgangsweise innerhalb eines Jahres durchsetzbar ist. Das ist ein wesentlicher Fortschritt zur inhaltlichen Arbeitsstärkung des Parlaments, insbesondere im Hinblick auf Oppositionsanträge. Das war mir zum Beispiel sehr, sehr wichtig. Ihr wißt es! (Beifall bei Liberalen Forum.)

Warum? Weil ich meine, daß das Parlament eine ganz zentrale Aufgabe hat, nämlich politische Alternativen, die zur Diskussion stehen, an die Öffentlichkeit zu bringen und damit der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, sich über inhaltliche Positionen ein Bild zu verschaffen. Das ist die Aufgabe des Parlamentes auch. Das kam bisher zu kurz, und das ist hier wesentlich verbessert.

Ein zweiter Punkt: Wir haben bei dieser Geschäftsordnungsreform etwas meines Erachtens sehr Gutes erreicht, nämlich daß es nicht nur eine dringliche Anfrage gibt, die kontrolliert, die also versucht, insbesondere natürlich von der Opposition her, die Regierung zu kontrollieren, sie oppositionell zu attackieren. Ich empfinde die Weiterentwicklung, daß wir jetzt auch einen dringlichen Antrag haben, wo die Oppositionsfraktionen eine Regierung mit einem inhaltlichen Anliegen auf den Punkt genau konfrontieren können, von ihr eine Positionierung verlangen können, ebenfalls für eine ganz, ganz wesentliche Weiterentwicklung der inhaltlichen Aufgabe des Parlamentarismus. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein dritter Punkt. Es ist zwar jetzt fast schon Parlamentspraxis praeter legem, seit wir Mitglied der Europäischen Union sind, aber ich halte es nach wie vor als ein Verdienst der Zeit, als die große Koalition keine Zweidrittelmehrheit hatte, daß wir damals durchsetzen konnten, daß in EU-Angelegenheiten das Parlament den Regierungsmitgliedern inhaltliche Aufträge erteilen kann und daß das über den Hauptausschuß zu formulieren ist. (Abg. Scheibner: Wann war das?) Das ist mehrfach passiert, du warst offensichtlich nicht drinnen. – Und vor allem ist es die


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Möglichkeit, über das Parlament in der Form der Mitwirkung der EU-Politik ganz maßgeblich die Politik mitzugestalten. Und wer den Hauptausschuß und die Debatten dort kennt, der weiß, daß es vieles gibt, was wir nach wie vor logischerweise kritisieren, vor allem die Frage: Welche Themen kommen dorthin? Aber es ist eigentlich ein ganz essentieller Ausbau der parlamentarischen Rechte im Bereich des Vollzuges, denn Außenpolitik – und dazu gehört eben die EU-Politik bis zu einem gewissen Grad noch immer – ist eine Vollzugsgeschichte. Und daß das gelungen ist, ist auch ein Verdienst des Wählers, weil er es zur Zeit der Zweidrittelmehrheit-Abschaffung der Opposition überhaupt ermöglicht hat, das durchzusetzen. Das ist der eine Punkt.

Der zweite ist, daß wir diese Debatte öffentlich durchführen können. Es ist wesentlich, daß diese Entscheidungen auch in einer Medienöffentlichkeit ans Tageslicht gebracht werden können. Das scheint mir auch ganz wesentlich zu sein. Wie ich überhaupt meine, daß diese Geschäftsordnungsreform einen Ausbau der Öffentlichkeitsmöglichkeiten mit sich bringt. Denn es ist jetzt möglich, daß in Ausschüssen Expertenhearings der Medienöffentlichkeit zugänglich gemacht werden, es ist jetzt möglich bei den Enquete-Kommissionen et cetera, es wird beim Rechnungshofausschuß die Anhörung ermöglicht. (Abg. Scheibner: Mit Mehrheitsbeschluß!) Ja, mag sein, daß vielleicht das eine oder andere noch nicht so in unserem Sinn ist. Aber, Kollege Scheibner, Hand aufs Herz: Es sind Schritte, und zwar relativ große Schritte, in die richtige Richtung. Und das ist der springende Punkt, daß ich meine, daß wir mit dieser Geschäftsordnungsreform, durch die Öffnung der Ausschüsse zum Teil für die Öffentlichkeit zu einer wesentlichen Belebung der Ausschüsse kommen und damit dem Charakter des Arbeitsparlamentes eine wesentliche politische Schärfe auch geben. Denn das ist das Wesentliche. Ich glaube tatsächlich, daß dann, wo Öffentlichkeit dabei ist, sich eine Regierungspartei es sich nicht mehr leisten kann, über geäußerte Meinungen, zum Beispiel von Experten, einfach sang- und klanglos drüberzugehen. Sie müssen zumindest argumentieren. Und das ist das Wesentliche, dieser Argumentationszwang, der durch diese Öffnung der Ausschüsse zum Beispiel bei den Berichten et cetera hergestellt wird. Und das ist wiederum ein wesentlicher Fortschritt des Parlamentarismus. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Wabl .)

Nun zu den Kontrollrechten. Wenn man den freiheitlichen Debattenbeiträgen zuhört, dann hat man ja fast den Eindruck, es wird überhaupt ihre Position abgeschafft und die parlamentarische Kontrolle.

Etwas ist natürlich schon passiert, das gebe ich offen und ehrlich zu. Die Freiheitliche Partei geht davon aus, die Oppositionsmittel sind eigentlich für sie da. Den anderen ist es ja egal.

Ich frage nämlich: Wenn schon der Ausbau der Rechte so wichtig wäre, hat es dann irgendeine Idee von der freiheitlichen Seite gegeben, die Rücksicht darauf genommen hätte, daß es noch andere Oppositionsfraktionen gibt? Das war wie selbstverständlich: Wir haben diese Rechte, es ist ja auch die Freiheitliche Partei stärker geworden, und da sind Ihnen die kleinen Fraktionen egal. (Abg. Scheibner: Aber das war ja auch euer Anliegen! Ihr wart für die Abschaffung dieser Möglichkeiten!)

Momenterl! Abgeschafft ist gar nichts, sondern das ist rein eure Phantasie! Abgeschafft wird gar nichts! Aber etwas ist erreicht worden: daß auch andere Oppositionsfraktionen diese parlamentarischen Kontrollrechte stärker nützen können. Das war unser Interesse, aber im Interesse auch des Parlaments. (Abg. Dr. Ofner: Du redest schon viermal so lang, als erlaubt ist!) Das ist mein Recht! Kollege Ofner, das ist mein Recht! (Abg. Dr. Ofner: Du schaffst es ab, dein Recht!) Das ist schon möglich. Aber es ist mein Recht. (Abg. Dr. Ofner: Du schaffst dir selber dein Recht ab!) Ich rede jetzt 17 Minuten, also ich halte mich sogar an die zukünftige Redezeit. (Abg. Dr. Ofner: Es gibt dann nur fünf Minuten!) Nein.

Aber nun noch einmal zu den Kontrollrechten, Kollege Ofner. Zurück zu den Kontrollrechten. Es gibt natürlich einen Gegensatz in den Interessen zwischen einer größeren Oppositionspartei und einer kleineren. Es ist unser selbstverständliches Recht, unsere politischen Instrumentarien zu verbessern.

Und jetzt zu den Sondersitzungen. Bei den Sondersitzungen ist doch in Wahrheit folgendes passiert: Die Sondersitzungen sind, in der Praxis der Freiheitlichen Partei, nicht zu ihrem ur


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sprünglichen Zweck verlangt worden, nämlich daß eine außerordentliche Situation eine parlamentarische Debatte und Beschlußfassung erfordert. Das ist der Sinn von Sondersitzungen. Bei den Freiheitlichen sind die Sondersitzungen zu – ich würde es einmal so taufen – Superdringlichen geworden. Wenn man sich die Dringliche anschaut, wenn man sich die diversen Frage- und Kontrollrechte anschaut, dann ist es sicherlich so, daß die Sondersitzung von den Dringlichen mutiert worden ist zu Superdringlichen, die Sie bei Ihnen passenden Angelegenheiten eingesetzt haben. Das war Ihr Recht und ist Ihr Recht, selbstverständlich. Aber wenn man es so weiterentwickelt, dann bitte um Verständnis, daß wir sagen: Warum nicht andere Oppositionsfraktionen auch? Daher diese Regelung, und die haben wir durchgesetzt. Da bin ich froh, jetzt haben wir diese Möglichkeit, und es ist eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle – nicht unbedingt der Freiheitlichen. Aber ihr seid nicht allein die Opposition, und ihr seid nicht allein die Kontrolle. Andere sind es auch. Wir haben jetzt diese Instrumente. Das haben wir den Regierungsparteien abgetrotzt, und das ist auch gut so. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Als letzter Punkt zur Redezeit. Da wird natürlich geheuchelt, wie nicht so bald noch einmal. (Abg. Dr. Ofner: 22 Minuten und ist für die Verkürzung!) Ja, Kollege Ofner, es ist schon so: Wenn man so wie heute das dringliche Instrument – völlig rechtlich, aber ich würde sagen schikanös – einsetzt, wenn also das Bezügegesetz auf der Tagesordnung ist und man am selben Tag die Dringliche zum selben Thema einsetzt, dann ist genau das passiert, wo ich sage ...


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Herr Abgeordneter, den Schlußsatz, bitte! (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ein Irrtum!)

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (fortsetzend) : Es hat sich aufgeklärt, ich habe das Recht, weiterzureden. (Abg. Dr. Ofner: Einmal ist er froh, daß er reden darf!)

Ich stelle hier noch einmal fest: Hier ist wiederum ein schikanöser Mißbrauch des permanenten Zwischenrufens, aber so sind Sie halt.

Daher möchte ich noch einmal festhalten zur Redezeit: Das Wesentliche meines Erachtens ist, daß man ehrlich ist bei der Redezeitbeschränkung. Der moderne Parlamentarismus besteht nicht in Redeschlachten mit einem Dauerwettbewerb. Es ist einfach vernünftiger, wenn wir heute bei unseren Debatten die Diskussionen knapper fassen, wenn die Meinungen kürzer aufeinanderprallen und diese Auseinandersetzungen eben in Diskussionsform und nicht in Dauerredenform abgehandelt werden. Das ist ein alter Streit. Natürlich kann man sagen: Die Redefreiheit des Abgeordneten ist grenzenlos. Aber es ist nicht parlamentarisch, und man weiß ganz genau, daß das natürlich ... (Abg. Haigermoser: Endlos waren die Grünen!) Mag ja sein: Fest steht, es tut der parlamentarischen Debatte und der Öffentlichkeit, die eine Debatte auch aufnehmen soll, gut, wenn wir uns knapper fassen. Und diese Redezeitbeschränkungen sind Verkürzungen, sie sind nicht im geringsten eine Abschaffung der Redefreiheit, aber es sind Reformen hinsichtlich der Redezeit, wie es sich international weitgehend durchgesetzt hat. Das zu diffamieren als Wegnehmen des Rederechtes ist eine massive Übertreibung und ist natürlich überhaupt kein konstruktiver Beitrag.

Alle Abgeordneten, die hier herinnensitzen, haben schon einmal oder oft geklagt: Wozu diese endlosen Reden? Ich glaube, knappe Redezeiten sind gescheiter, sind parlamentarischer, sind politischer und öffentlichkeitsgerechter.

Meine Damen und Herren! Zusammengefaßt: Natürlich ist das nicht die große Parlamentsreform, natürlich ist das nicht eine Novellierung der Geschäftsordnung, wo ich sage, daß alle wesentlichen Wünsche schon erfüllt sind. Aber es sind Schritte in die richtige Richtung für ein öffentlichkeitsgerechteres Parlament, für ein Parlament, das mehr Pluralität bei den Oppositions- und Kontrollrechten bringt, und letzten Endes für ein Parlament, das eben für den Bürger, für die Öffentlichkeit durchschaubarer und nachvollziehbarer ist. Das sind wesentliche Punkte, die bei dieser Geschäftsordnungsreform durchgesetzt worden sind, und deshalb werden wir ihr zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war jetzt schon etwas überrascht von den Ausführungen des Kollegen Frischenschlager, denn ich kann mich noch sehr gut erinnern an seine wirklich guten Reden, die er hier gehalten hat, gerade zu Fragen der Verfassung des Parlamentarismus und vor allem der Geschäftsordnung. Es ist allerdings schon einige Zeit her. Er war damals noch bei einer anderen Fraktion, da hat er vielleicht das eine oder andere auch anders gesehen. Es ist merkwürdig, daß mit dem Wechsel der Farben auch der Wechsel der Meinung so rasch konform geht. Ich bedaure das, Kollege Frischenschlager, denn du warst mit diesen Reden durchaus auch Vorbild, und du hast damit auch meinungsbildend gewirkt. Und es war eines immer als Inhalt deiner Reden bei den Geschäftsordnungsfragen: daß die Opposition ja naturgemäß eine Minderheit in diesem Parlament darstellt und daß die grundlegenden Oppositionsrechte, die Kontrollrechte, deshalb auch Minderheitsrechte darstellen müssen. – Gut, du nickst.

Jetzt aber – und das hast du selber zugegeben – haben wir doch den Umstand, noch mehr als bisher, daß die gravierendsten Kontrollrechte, die gravierendsten Rechte, hier eigenständig Parlamentarismus zu betreiben, Mehrheitsrechte sind. Und im Gegenteil noch dazu: All diese Fragen mit den Dringlichen, mit den Sondersitzungen, das sind ja alles Mehrheitsrechte geworden. Die Mehrheit des Parlaments kann, während diese Beschränkungen für die Opposition eingeführt werden, diese Instrumente ungezügelt und unbeschränkt ausnützen. Kollege Frischenschlager, ist dir das alles entgangen, daß diese Kontrollrechte plötzlich der Mehrheit ohne jede Beschränkung zugestanden werden und bei der Opposition immer stärkere Einschränkungen passieren? – Aber ich komme noch dazu.

Nur zu einem möchte ich noch Stellung nehmen. Wenn du darauf hingewiesen hast, daß der Abgeordnete Stadler angekündigt hat, daß man, wenn man hier im Parlament nicht mehr zu Wort kommt, halt dann außerhalb des Parlamentes Aktionen setzen muß, um auf die Anliegen aufmerksam zu machen, dann frage ich schon, Kollege Frischenschlager, wer denn zum Beispiel mit den linken Studentenorganisationen die Streiks und Demonstrationen organisiert hat auf der Straße? Da frage ich dich, Kollege Frischenschlager, wenn ihr jetzt in einem Boot sitzt mit den Regierungsparteien und mit den Grünen, wer denn immer gedroht hat und es zum Teil auch umgesetzt hat, die Bauern auf die Straße zu bringen mit ihren Traktoren? Da erinnere ich dich. (Abg. Dr. Frischenschlager: Ich? – Auf die ÖVP weisend: – Die!) Du sitzt ja mit denen in einem Boot, dann kritisiere das einmal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist plötzlich nicht gegen den Parlamentarismus, das ist dann plötzlich nicht staatsgefährdend, was du uns jetzt hier vorgeworfen hast.

Du findest es auch nicht staatsgefährdend und antidemokratisch, wenn es die Drohungen gibt, daß halt dann die Arbeiter oder die Gewerkschaft auf die Straße gehen, oder – auch in eurem Boot sitzend – wenn die Grünen Opernballdemonstrationen organisieren.

Ich habe auch kein Wort der Kritik gehört – da hier so oft über Mißbrauch von Rechten der Parlamentarier gesprochen wird –, daß wir hier einmal über die staatstragende Frage der Jute, ich weiß nicht, waren es 40 Stunden, 50 Stunden, diskutiert haben.

Ich sage, es war in Ordnung, daß wir darüber diskutiert haben, denn das war das Recht einer Fraktion, daß sie damals die Möglichkeiten der Geschäftsordnung nicht ausgenutzt – ich habe gesagt "damals" –, sondern genutzt hat. Wir haben nie gesagt, daß das ein Mißbrauch ist. (Abg. Dr. Ofner: Wir haben nicht dagegengeredet, sondern dagegengestimmt!) So, ich glaube, jetzt ist das auch geklärt. (Abg. Wabl: 1988 habt ihr zugestimmt!) Kollege Wabl, diese Benutzung der Geschäftsordnung oder das Ausnützen der Geschäftsordnung war nicht 1988, sondern das war später, wenn ich dir damit auf die Sprünge helfen darf. Wir haben damals nicht vom Mißbrauch gesprochen, obwohl man auch darüber diskutieren kann, ob es Sinn der Geschäftsordnungen


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des Parlamentarismus ist, über Jute 40 oder 50 Stunden hier in diesem Haus zu debattieren. (Abg. Wabl: Ihr habt über den Mißbrauch geschimpft!)

Und jetzt reden zwar alle davon, mehr Rechte für das Parlament, der Kollege Cap etwa hat bei seiner kabarettreifen Rede zu den Bezügen ja auch von einer Aufwertung des Parlaments gesprochen, mehr Rechte für die Parlamentarier, und dann wird hier eine Geschäftsordnungsreform vorgelegt, wo es weniger Sitzungen gibt, wo es weniger Debatten und kürzere Debatten geben wird und vor allem, wo es kürzere Reden geben wird und wo die Möglichkeit, wirkliche Kontrollinstrumente wahrzunehmen und ordentliche Debatten darüber abzuführen, beschnitten bis fast unmöglich gemacht wird. Das ist die Realität, wenn hier über Parlamentarismus und mehr Rechte für die Parlamentarier gesprochen wird, meine Damen und Herren.

Und da, Kollege Frischenschlager, stimmt ihr mit. Ihr werdet eure Gründe dafür haben. Denn es ist natürlich klar, wenn man jetzt als Oppositionsfraktion hier dafür stimmt, daß die Mehrheit in dem Parlament mehr Rechte bekommt, dann ist das vielleicht unverdächtig, weil man ja im Hinterkopf hat, daß man möglicherweise bald zumindest das Ziel hat, auch dieser Mehrheit anzugehören, indem man in einer Koalition mit anderen Fraktionen in diesem Haus eine Regierung bilden kann.

Das sage ich auch hier in die Reihen der ÖVP, weil Sie sich so aufgeregt haben und weil Sie so gelacht haben über diese ganze Debatte und jetzt alles in Ordnung finden, meine Damen und Herren von der ÖVP.

Auch ich kann mich noch gut erinnern. Ich war damals noch nicht in diesem Haus, aber ich kann mich gut erinnern, welche Debatten waren und wie Sie die Möglichkeiten der Geschäftsordnung genutzt haben als Oppositionsfraktion. (Abg. Mag. Dr. Fekter: Aber nicht mißbraucht!) Wenn eine Wortmeldung des Bundeskanzlers oder eines Ministers gegenüber der Opposition in einem derartigen Ton, wie das heute wieder der Fall gewesen ist, erfolgt wäre, was wäre dann in diesem Haus los gewesen? Da hätte es Sitzungsunterbrechungen gegeben, da hätte es solcher Wortmeldungen wie der des Herrn Kostelka gar nicht bedurft, um eine Sitzungsunterbrechung zu erwirken, denn damals hatte dieses Parlament gegenüber der Regierung noch ein Selbstbewußtsein. Da hat man sich eben das alles nicht gefallen lassen. Da war man stolz, sowohl die Mehrheitsfraktion als auch die Minderheitsfraktionen, daß man hier Rechte hat gegenüber der Regierung (Beifall bei den Freiheitlichen) , daß man hier Legislative ist, daß es hier Gewaltentrennung gibt, daß man hier selbstbewußte Abgeordnete hat. Das ist anscheinend alles in den letzten Jahren verlorengegangen, meine Damen und Herren.

Und beschnitten werden im großen und ganzen die Dinge, die lästig geworden sind, lästig geworden, weil sie benutzt wurden – nicht ausgenutzt, sondern benutzt wurden –, um Ihre Fehler aufzuzeigen (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel ), Frau Kollegin Mertel. Und sagen Sie doch nicht, daß diese Sondersitzungen Mißbrauch gewesen sind oder unnütz gewesen sind. (Abg. Leikam: Mißbrauch!) In Ihren Augen war das Mißbrauch, selbstverständlich. Denn Sie wollen das natürlich nicht, daß man den Finger auf Ihre Wunden gibt und vielleicht noch Salz hineinstreut und sieht, was da los ist in diesem Land. (Abg. Böhacker: Sie wollen nur zudecken!) Ja was waren denn das für Sondersitzungen, die wir beantragt haben, vom "Konsum" über HTM bis zur Ausländerpolitik und und und? Das waren doch alles wichtige Fragen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich erinnere Sie, Herr Kollege Leikam, und ich erinnere Sie, Frau Kollegin Fekter, in den Jahren 1994 und 1995 waren Sie doch froh, daß wir Sondersitzungen verlangt und Dringliche eingebracht haben! Sie hätten doch damals nicht einmal eine Tagesordnung zusammengebracht, weil Sie sich auf keine Vorlagen einigen konnten! So ist doch die Realität gewesen! Da wäre doch Ihre Handlungsunfähigkeit noch offensichtlicher gewesen gegenüber der Bevölkerung, wenn nicht die Freiheitlichen mit den Sondersitzungen und mit den dringlichen Anfragen das Geschehen im Parlament bestimmt hätten! Das ist Ihnen natürlich unangenehm gewesen, das ist ganz klar!

Genauso wie es Ihnen unangenehm ist, daß Untersuchungsausschüsse zumindest beantragt werden können. Ich kann mich noch gut erinnern, daß die Grünen und die Liberalen verlangt haben: Das Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses muß ein Minderheitsrecht


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werden. – Ja, wunderbar, die Forderung, die haben wir alle gehört, hätten wir unterstützt. Jetzt wird es nicht nur kein Minderheitsrecht, sondern es wird auch noch die Redezeit und die Anzahl der Redner beschränkt. Das habt ihr euch wunderbar ausgeschnapst!

Und da sagst du, lieber Kollege Frischenschlager: ein Schritt in die richtige Richtung. Na ja, wenn man so zurückgeht, wie du anscheinend, vielleicht kommst du dann wieder an die Ursprünge deiner politischen Tätigkeit. Wir werden uns das alles genau anschauen; Beispiele aus eurer Fraktion gibt es bereits.

Meine Damen und Herren! Wir nehmen das natürlich zur Kenntnis, und wir nehmen auch zur Kenntnis, daß das Parlament keine Gesetze macht. Das hat uns ja auch Herr Abgeordneter Khol einmal sehr ehrlich in einem Verfassungsausschuß vor einigen Jahren vor Augen geführt, als das Beamten-Dienstrechtsgesetz beschlossen wurde. Da wurde uns so ein Paket (zeigt mit den Händen einen Abstand von etwa 20 Zentimetern an) auf den Tisch geknallt, und die Opposition hat im Verfassungsausschuß gemeint, da müßte man einen Unterausschuß bilden, da müßte man Abänderungsanträge machen und eine ordentliche Diskussion abhalten. Da hat Herr Abgeordneter Khol, damaliger Verfassungssprecher, gemeint: Ja, das wäre vielleicht durchaus sinnvoll, und das sollte man eigentlich machen, aber das geht nicht, denn dieses Beamten-Dienstrechtsgesetz ist von den Sozialpartnern ausverhandelt und da dürfen wir nichts mehr ändern, denn wenn wir das Paket aufschnüren, geht das alles wieder zurück, und das können wir nicht machen.

Na wunderbar! Das ist die Realität, meine Damen und Herren! Da gehen Abgeordnete herunter, verlangen mehr Rechte für das Parlament, und dann hören wir in den Ausschüssen, daß wir als gewählte Parlamentarier, als der Bevölkerung verantwortliche Vertreter nicht einmal in der Lage sind, hier – ich sage jetzt nicht einmal Gesetze zu machen, sondern Gesetze zu verändern, obwohl selbst die, die das eingebracht haben, der Meinung sind, daß das notwendig wäre. – Also Gesetze werden nicht im Parlament gemacht.

Aber jetzt wird nicht einmal darüber ausführlich diskutiert werden können, meine Damen und Herren, und ich glaube, das ist ein weiterer Tiefpunkt in der Geschichte des österreichischen Parlaments. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Man kann darüber diskutieren, Kollege Frischenschlager, selbstverständlich, daß auch kleinere Fraktionen die Möglichkeit haben sollen, Sondersitzungen einzuberufen, über eine Ausweitung der Rechte der dringlichen Anfragen auch für kleinere Fraktionen – über das kann man ja alles diskutieren –, über eine Ausweitung der Kontrollrechte des Parlaments, über eine Ausweitung von Minderheitsrechten und vor allem über eine Ausweitung von Kontrollrechten, daß das eine oder andere Kontrollrecht zu einem wirklichen Minderheitsrecht wird. Über das alles kann man diskutieren.

Aber ihr seid jetzt froh, daß ihr im Jahr eine Sondersitzung abhalten könnt, und da vergeßt ihr alles andere. Alles andere, was hier an Oppositionsrechten beschnitten wird, ist vergessen. Hauptsache, wir haben uns eine Sondersitzung herausgeholt, damit wir nicht so untergehen in der Berichterstattung, wie das in der Vergangenheit gewesen ist. Aber ich glaube, das Nichtbeachtetwerden in der Öffentlichkeit hat nichts damit zu tun, daß man hier Sondersitzungen einsetzt, sondern es hat halt mit der Politik zu tun, die man in Permanenz hier abhält. Und da wird euch die eine Sondersitzung auch nichts nützen! (Beifall bei dem Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Keine Gesetze werden gemacht, keine Debatten werden über die Runden gebracht werden, und auch über die Redezeit hätten wir diskutieren können. Ja selbstverständlich, auch bei den dringlichen Anfragen kann man darüber diskutieren, ob der 20. Redner noch 15 Minuten Redezeit haben soll. Aber was Sie jetzt hier machen, ist nicht nur eine Beschneidung der Dauer der Redezeit, sondern auch bei diesen Kontrollrechten eine Beschneidung der Anzahl der Redner. Und das finde ich so gravierend. Ich glaube doch, und wenn jemand 5 Minuten Redezeit hat, daß jedem Abgeordneten in diesem Haus, der der Bevölkerung verantwortlich ist für seine Handlung, die Möglichkeit gegeben werden muß, daß er sich zu Wort meldet, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das kann doch nicht sein,


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daß nach zwei, drei Rednern die Debatten vorbei sind und alle anderen hier nur dabeisitzen und zuhören können. Das sind doch Rechte des Parlaments, Kollege Frischenschlager, und das wird jetzt in wirklich eklatanter Weise beschnitten!

Und zum Schluß vielleicht noch: Wenn hier vom Kollegen Kostelka gelobt wurde, daß die Kontrollausschüsse – wenn ich das schon höre: die Kontrollausschüsse – der Nachrichtendienste statt halbjährlich jetzt vierteljährlich tagen müssen, dann muß ich sagen: Das ist wirklich keine Verbesserung. Denn solange wir nicht für eine ordentliche Vorgangsweise in diesen Ausschüssen sorgen, solange wir nicht sicherstellen, was uns dort berichtet wird, so lange können wir jede Woche einen Ausschuß machen. Das bringt überhaupt nichts. Denn wenn ich am nächsten Tag das angeblich so Geheime in einer Zeitung lese, wenn ich lese, daß der Minister, der uns vorher alle zur Verschwiegenheit verpflichtet hat durch seinen Bericht, am nächsten Tag eine Pressekonferenz gibt, wo er genau dieselben Inhalte der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt, können wir diese Ausschüsse alle abschaffen, denn dann haben wir nur ein Problem: Was machen wir mit diesen Allerweltsinformationen, da wir eigentlich zur Verschwiegenheit verpflichtet worden sind? Also es gibt eine Fülle von Themen, von Problemen, die es eigentlich zur diskutieren gelte.

Und, Herr Kollege Frischenschlager, zum Schluß vielleicht auch noch eines. Du hast gesagt: Ja bitte, es ist halt einmal so in einer Demokratie. Es haben sich einige Fraktionen zusammengesetzt, es hat eine Mehrheit gegeben, und das ist jetzt so.

Das ist auch wieder interessant: die Spielregeln, die wir hier für das Parlament beschließen. Und da habe ich auch von dir schon ganz anderes gehört. Es ist also jetzt nur mehr so: Die Mehrheit bestimmt über die Minderheit. – Wunderbar! Das nächste Mal werden wir die Redezeit auf eine Minute beschränken, auf einen Redner pro Tagesordnungspunkt, und da wirst du auch sagen, die Mehrheit hat über die Minderheit beschlossen. – Wunderbar, das wird der Parlamentarismus der Zukunft, wenn ihr dann wirklich in dieser Regierung drinnen seid. Das werden wir uns anschauen.

Gott sei Dank gibt es noch das Regulativ des Wählers, und der wird sicherlich hier auch das letzte Wort sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Er hat das Wort.

23.16

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Geschäftsordnungsreform gehört eigentlich zum Schwierigsten, insbesondere dann, wenn es eine Fraktion gibt, die meint, die Spielregeln seien nur so lange einzuhalten, solange sie ihr nützen.

Meine Damen und Herren! Ich hätte es gerne gesehen, daß wir im Geschäftsordnungskomitee mit den Freiheitlichen zu einem Ergebnis kommen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Geh hör auf!) Sie brauchen mir das nicht zu glauben, es ist ja nicht notwendig. Nur eines, Herr Kollege Bauer, ist ein Problem: wenn hier in diesem Haus ein Instrument so lange in einer Art und Weise benützt wird, daß es nicht nur unerträglich ist für die Regierungsparteien, sondern auch für die anderen Oppositionsparteien. (Abg. Haigermoser: Jute-Rede!)

Herr Kollege Stadler hat ein ganz richtiges Wort gesagt: Das Parlament wird zur Fassade. Er hat allerdings etwas anderes gemeint. Das, was in den letzten Monaten hier Parteichef Haider gemacht hat, bei den dringlichen Anfragen, bei den Sondersitzungen, war eine klare Degradierung des gesamten Hauses zu einer Fassade für sein Bierhausspektakel. Meine Damen und Herren! Kollege Haider ist hereingekommen in dieses Haus, hat 40 Minuten die Regierung verächtlich gemacht – jetzt kann man dazu sagen, na gut, als Opposition kann man sich darüber freuen, daß der Herr Haider es dem Vranitzky und den anderen Regierungsmitgliedern ordentlich hineingibt (Abg. Dr. Krüger: Sie reden wie ein Pflichtverteidiger! – Abg. Haigermoser: Wo ist der gute alte Wabl!) –, aber Sie haben nicht nur die Regierung verächtlich gemacht, sondern Sie haben alle anderen Redner und alle anderen Oppositionsparteien verächtlich gemacht. Und dann, nachdem der Herr Haider 40 Minuten geredet hat, hat er sich gedacht: Jetzt gehe ich


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Tennis spielen, die Medien sind weg, schau, es ist ohnehin schon vorbei. Danke schön, es reicht, jetzt kann ich gehen. (Abg. Haigermoser: Wo ist denn der Voggenhuber?)

Und dann, damit das Ganze noch auf die Spitze getrieben wird, hat es Unterrichtung gegeben im FPÖ-Klub für Rednerschulung. Dann mußte einer nach dem anderen heruntergehen von den Freiheitlichen und diese Demütigung weiterspielen.

Meine Damen und Herren! Ich war immer ein grundsätzlicher Gegner von Redezeitbeschränkungen und habe auch heute noch schwere Bedenken dabei. (Abg. Dr. Ofner: Wir werden es überleben!)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ofner! Sie haben 1988 für die Redezeitbeschränkungen gestimmt (Abg. Dr. Ofner: Nein!) , Sie haben 1993 ... (Abg. Dr. Ofner: Nein! Ich habe immer dagegen geredet und immer dagegen gestimmt!) Herr Kollege Ofner! Sie vielleicht als Person. (Abg. Dr. Ofner: Da können Sie behaupten was Sie wollen!) Ich habe hier das Protokoll. Schauen Sie, hier hat der Herr Frischenschlager, damals noch ihr Fraktionskollege, eine fulminante Rede gehalten für die Kürzung der Redezeiten. Dann steht hier: "Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP." (Abg. Dr. Ofner: Ja, Beifall! Ich habe dagegen gestimmt!) Ich kann mir nicht vorstellen, daß damals der Herr Frischenschlager ein Oppositionsredner war und massiv gegen die Regierungsparteien gesprochen hat. (Abg. Dr. Ofner: Aber der Harald Ofner hat dagegen gestimmt!) Vielleicht haben Sie als Person dagegen gestimmt. Alle Achtung. (Abg. Dr. Ofner: Aus Selbsterhaltungstrieb!) Aus Selbsterhaltungstrieb.

Meine Damen und Herren! Wenn ich mir anschaue, was jetzt passiert ist mit den Redezeitbeschränkungen, dann muß ich feststellen: Wenn die Freiheitlichen weiterhin auf ihrem Kurs fahren, exzessives Ausnützen der Geschäftsordnung, Verächtlichmachung aller und jedes, außer es sind Freiheitliche, dann kommen wir immer noch auf zwölf Stunden am Tag. Ich frage Sie, ob das für Sie der Normarbeitstag ist? Ich frage Sie, ob das Parlamentarismus ist, vor allem wenn in diesen zwölf Stunden fast ausschließlich Ihr Parteichef Haider die alleinseligmachenden Wahrheiten verkündet? Herr Kollege Ofner! (Abg. Dr. Ofner: Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sagen könnten, daß das nicht alles gegen uns gerichtet ist!) Nein, das ist nicht alles gegen Sie gerichtet! Ich spreche zunächst einmal nur von dem, was mir weh tut.

Ich hätte es gerne gesehen, daß die Regierungsparteien und auch Sie von den Freiheitlichen es mit mehr Gelassenheit gesehen hätten, als die Grünen mit Filibusterreden ein Gesetz torpedieren wollten, das sie für verheerend hielten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Ich hätte auch für mehr Gelassenheit plädiert, als ihr Parteiobmann das ganze Haus verächtlich gemacht hat, weil ich der Meinung bin, daß eine Demokratie das aushalten muß.

Meine Damen und Herren! Ich halte aber wenig davon, wenn Abgeordneter Haider und Ihr Parteiobmann dieses Haus nur mehr als Schaubühne benützt, um kurzfristig über die Medien den Menschen mitzuteilen, was er von der Welt hält, und außerdem diesem Haus mitteilt, wie unfähig es ist und wie minderwertig die anderen Oppositionsparteien sind. – Diese Mentalität kommt in der hervorragenden Bezeichnung "Appendix-Parteien" bestens zum Ausdruck.

Herr Abgeordneter Ofner! Ich nehme Ihnen ab, daß Sie damals dagegen waren. Aber ich nehme Ihnen nicht ab, daß Sie sich in Ihrer eigenen Fraktion dagegen gewehrt haben, daß diese Art der Auseinandersetzung in diesem Haus vorherrscht.

Meine Damen und Herren! Wir haben in den jetzigen Verhandlungen sehr, sehr viel von dem erreicht, was Sie 1988 und 1993 verkauft und sehr billig abgegeben haben. Wir haben bereits im Jahr 1993 darüber verhandelt, daß es Öffentlichkeit des Rechnungshofausschusses gibt. Was haben Sie aber gemacht? – Sie haben für ein paar Anfragebesprechungen dieses Konsensergebnis wieder verkauft und zugestimmt. (Abg. Dr. Ofner: Ich weiß selbst, was ich getan habe!)

Herr Abgeordneter Ofner! Ich nehme Ihnen das nicht ab. Wir haben jetzt bei dieser Geschäftsordnungsreform – und das ist einmalig – erreicht, daß in den Ausschüssen Öffentlichkeit


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herrschen kann. (Abg. Dr. Ofner: Daß diese von der Mehrheit beschlossen werden kann!) Herr Abgeordneter Ofner! Selbstverständlich hätte ich es lieber gesehen, wenn Öffentlichkeit automatisch möglich gewesen wäre, gar keine Frage! Herr Abgeordneter Ofner! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner .) Es gibt jedoch eine Zweidrittelmehrheit der ÖVP und SPÖ. Und Sie verkennen die Situation, wenn Sie meinen, daß die Öffentlichkeit in diesem Fall ein Korrektiv ist. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer .) Warum wird die Öffentlichkeit Ihrer Meinung nach überhaupt eingeführt? Weil damals in den Rechnungshofausschüssen auch der Bundeskanzler gesessen ist und es für viele von den Regierungsparteien unerträglich war, daß vor der Tür die Medien warteten und es unterschiedliche Stellungnahmen der einzelnen Abgeordneten gab, sodaß man meinen mußte, es habe sich um verschiedene Veranstaltungen gehandelt. Aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit mußten der Kanzler und die Regierungsparteien einsehen, daß nur Öffentlichkeit Abhilfe schafft. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer .)

Jetzt gebe ich Ihnen schon recht, Herr Kollege Ofner! Die Regierungsparteien können selbstverständlich sagen: Nein, wir wollen keine Öffentlichkeit in diesem Rechnungshofausschuß. – Was passiert Ihrer Meinung nach in der Öffentlichkeit? (Abg. Apfelbeck: Überhaupt nichts!) Sie meinen selbstverständlich, daß nichts passiert, denn die Öffentlichkeit, von der Sie reden, sagt natürlich nichts. Der genügt es, wenn sie quasi krönend zuhören kann, was Ihr Parteichef sagt. Aber es gibt eine Öffentlichkeit, die sehr sensibel ist, eine Öffentlichkeit, die darüber diskutiert, was hier in diesem Haus passiert. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. ) Herr Kollege Bauer! Es gibt eine Öffentlichkeit, die sehr sensibel beobachtet, was hier in diesem Haus diskutiert wird und was hier in diesen Ausschüssen gemacht wird. (Abg. Haigermoser: Contenance, Herr Wabl!)

Frau Abgeordnete Apfelbeck! Herr Haider und Herr Stadler haben sich beschwert, daß man die Rede in den Verhandlungen im Rechnungshofausschuß auf 10 Minuten beschränkt. – Sie haben offenbar das Gesetz nicht gelesen. Darin steht nämlich: soll beschränkt werden. Und wissen Sie, warum im Gesetz "soll" steht? – Weil wir in Zukunft Öffentlichkeit haben werden und manche Abgeordnete der Opposition – und dazu gehören Sie leider – bei ihrer Erstrede nicht nur 10 Minuten oder eine Viertelstunde, sondern 30 Minuten reden. Und alle anderen Abgeordneten müssen aus Höflichkeit warten, bis Sie endlich Schluß machen. (Abg. Dr. Ofner: Diese Überheblichkeit ist unerträglich! – Zwischenruf der Abg. Apfelbeck .)

Frau Abgeordnete Apfelbeck! Sie können dann wieder 10 Minuten und wieder 10 Minuten und wieder 10 Minuten reden. Nur innerhalb einer Runde, Frau Abgeordnete Apfelbeck, gibt es eine kleine Korrektur! Ich weiß schon, daß es schwierig für Sie ist, in einem solchen Ausschuß mit den ganzen Fragen zu Rande zu kommen, die Ihnen irgend jemand aufschreibt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Ofner! Es ist einfach nicht erträglich, wenn Sie glauben, daß dieses Haus Ihnen allein als Bühne dienen muß, und alles andere sei angepaßt, kompromißlerisch und und und. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Herr Abgeordneter Ofner! Darum geht es überhaupt nicht! Wir haben jetzt Öffentlichkeit im Hauptausschuß, wir haben Öffentlichkeit in den Enqueten, wir haben Öffentlichkeit in den Ausschüssen, wenn Dinge enderledigt werden. (Abg. Dr. Ofner: Aber nur aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses!) Ja, natürlich aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses. Ich gebe schon zu, daß ich gern mehr gehabt hätte. Ich hätte auch schon letztes Mal, als Sie zugestimmt haben, gern den Untersuchungsausschuß mit einem Viertel Minderheitsquorum gehabt.

Ich hätte beim letzten Mal schon gern gehabt, daß im Rechnungshofausschuß die Minderheit die Auskunftspersonen bestimmen kann. Aber warum geht denn das nicht? – Weil Ihre Fraktion Auskunftspersonen bestellt, die dann nicht befragt werden. Dann sitzen zehn Leute im Rechnungshofausschuß, unter anderem Leute, die aus Innsbruck oder aus Linz et cetera angereist sind, aber Sie fahren dann schon nach Hause oder gehen Tennis spielen mit Ihrem Parteichef. – Das ist das Problem, und das ist für Regierungsparteien unerträglich! (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum und bei der SPÖ. – Abg. Leikam: So ist es!)


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Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Apfelbeck! Sie haben bei den meisten Anträgen, überhaupt kein Interesse daran, daß sie verhandelt werden. Denn diese Anträge dienen meist nur dazu, daß Sie plakativ darstellen können, was Sie möchten. Wir haben jetzt durchgesetzt –das hat Kollege Frischenschlager schon gesagt –, daß endlich Anträge nicht automatisch versenkt werden können, sondern daß sie auch hier in diesem Haus behandelt und enderledigt werden müssen. Und wenn es sich so verhält, dann muß die Regierung dazu Stellung nehmen. Bisher konnten all unsere Anträge vertagt beziehungsweise irgendwo versenkt werden. Sie kennen das Ritual. Sie haben sich dagegen nicht gewehrt, Sie haben nicht einmal einen Antrag im Geschäftsordnungskomitee gestellt, damit das verändert wird. Ich kann mich nicht erinnern, daß Kollege Stadler diesbezüglich irgendeine Veränderung gewünscht hätte.

Meine Damen und Herren! Wir haben selbstverständlich – und da gebe ich Ihnen auch recht – bei den Geheimdienstausschüssen versucht, ein effizientes Instrument zu finden. Aber, Kollege Scheibner, wie oft haben Sie denn dort einen (Abg. Scheibner: In jedem Ausschuß haben wir Anträge gestellt) Antrag gestellt, damit die Unterlagen herausgegeben werden? – Kollege Anschober erzählt mir immer: Es schläft dort immer jemand, nämlich Herr Scheibner, er meldet sich überhaupt nie. (Abg. Scheibner: Wie kann Anschober etwas aus dem Ausschuß erzählen?) Es sollte doch ein bißchen Zusammenarbeit geben innerhalb der Opposition! Und daher bin ich froh, Herr Kollege Scheibner, daß endlich ein bißchen Öffentlichkeit in den Ausschüssen ist. Herr Kollege Scheibner! Denn wenn das Plenum der einzige Ort der Öffentlichkeit ist, dann genügt es für Sie offensichtlich, wenn Ihr Parteichef hier großartige Reden hält. Aber wenn es auch in den Ausschüssen Öffentlichkeit gibt, dann wird es darauf ankommen, was jeder oder jede einzelne von Ihnen an Anträgen stellt. Und ich bin auch davon überzeugt, daß sich auch die einzelnen Abgeordneten von den Regierungsparteien mehr bemühen müssen. Dann könnte dieser Ausschuß auch tatsächlich ein Arbeitsausschuß werden. (Abg. Ing. Meischberger: Wer muß sich bemühen?) Herr Kollege Meischberger! (Abg. Ing. Meischberger: Das ist interessant! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Scheibner! Sie haben heute gemeint, bei den Sondersitzungen ... (Abg. Scheibner: Uns werfen Sie immer vor, daß wir die Verschwiegenheit verletzen! – Was erzählt Ihnen Anschober also aus dem Geheimdienstausschuß?) Nichts! Vielleicht unterliegt es dem Datenschutz, daß Sie dort schlafen. Das kann schon sein, ich glaube es nicht. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kollege Stadler hat in seinem Negativbericht beziehungsweise Minderheitsbericht gemeint, daß es in Zukunft keine zwingende Enderledigung gibt. – Das ist ein aufgelegter Unsinn! Er hat das Gesetz nicht gelesen!

Kollege Stadler hat außerdem gemeint, daß im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuß, keine Debatte mehr möglich sein wird. – Entweder mißversteht er das Gesetz, oder er hat es nicht gelesen. Kollege Stadler hat weiters gemeint, daß es unglaublich und negativ ist, daß in Zukunft die Samstage und Sonntage und Feiertage nicht mehr in den Fristenlauf eingerechnet werden. Wissen Sie, von wem dieser Vorschlag gekommen ist? – Von Kollegen Stadler! Er hat im Geschäftsordnungskomitee einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Dieser Antrag stammt von ihm. Und jetzt beschwert er sich in seinem Kommentar im Minderheitsbericht darüber, daß das eingeführt worden ist. Von wem ist der Minderheitsbericht? – Von Brauneder, Haupt und Stadler.

Kollege Stadler behauptet auch, daß die ständigen Unterausschüsse zur Kontrolle der staatspolizeilichen und nachrichtendienstlichen Aktivitäten zu selten tagen. Es gibt jedoch keinen diesbezüglichen Antrag der Freiheitlichen im Geschäftsordnungskomitee, und ich weiß nicht, ob es hier einen solchen Antrag geben wird.

Frau Kollegin Apfelbeck! Ich kann Ihnen garantieren, daß Sie im Rechnungshofausschuß ausführlich fragen und daß wir dort ausführlich verhandeln können werden. Aber eines kann ich Ihnen nicht garantieren: Daß Sie dort als einzige reden können werden. Das wird nicht möglich sein. Kollege Haider hat das probiert, aber es ist nicht möglich.


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Kollege Stadler meint außerdem, daß das Strukturanpassungsgesetz in Zukunft an einem Tag beschlossen werden könnte. – Das ist einfach falsch! Entweder hat er das Gesetz nicht gelesen, oder er verbreitet hier bewußt Unwahrheiten.

Meine Damen und Herren! Ich halte diesen Kompromiß für einen Schritt in die Richtung von mehr Kontrolle in bestimmten Bereichen. (Abg. Dr. Ofner: Das haben wir schon gehört!) Ich hätte mir mehr gewünscht. Die Frage der Redezeitbeschränkungen ist meines Erachtens bereits 1988 und 1993 entschieden worden. Wir gehen in die Richtung der Handhabung im Europaparlament oder in anderen Parlamenten, etwa im deutschen Parlament. Ich halte das für ein Problem. Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir hier länger reden könnten.

Grundsätzlich gibt es einige Verbesserungen. Meines Erachtens bestehen die Verschlechterungen darin, daß wir in Zukunft nur mehr zwölf Stunden pro Tag verhandeln können. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. ) Herr Abgeordneter Bauer! Ich will Ihnen nicht die Reden der Freiheitlichen Partei vorlesen, die Beschimpfungen wegen unserer Filibusterreden enthalten. Ich will Ihnen das ersparen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ihr habt es aber so gemacht!) Selbstverständlich haben wir das gemacht! Ich will Ihnen aber auch eine Vorlesung der großen Lobesreden des Abgeordneten Haupt im Jahr 1993 und des Abgeordneten Frischenschlager im Jahr 1988 ersparen. Die grüne Fraktion stimmt dieser Geschäftsordnungsnovelle zu, weil wir glauben, daß damit Fortschritte erzielt werden, weil es nicht mehr zumutbar ist, daß wir tagelang und nächtelang hier sitzen und uns anagitieren in einer Art und Weise, die unerträglich ist. (Abg. Dr. Ofner: Ein Geständnis ist kein Milderungsgrund!)

Herr Ofner! Sie waren der einzige, der immer dagegen gestimmt hat. (Abg. Dr. Ofner: Das ist ja nicht wahr! Ich habe nur dagegen geredet!) Ihre ganze Fraktion hat aber immer dafür gestimmt. Wir werden in den nächsten Jahren sehen, wie sich diese Instrumente auswirken. Frau Kollegin Apfelbeck wird Ihnen sicher berichten, wie erfolgreich die Verbesserungen waren. – Ich danke schön. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Apfelbeck zum Wort. – Bitte sehr.

23.35

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Zuerst möchte ich einmal Herrn Kollegen Wabl berichtigen. Er hat gemeint, ich würde im Ausschuß meine Fragen stellen und dann Tennis spielen gehen. Ich stelle richtig: Das stimmt nicht, weil ich überhaupt nicht Tennis spielen kann. Richtig ist vielmehr, daß Herr Abgeordneter Wabl zum vorletzten Rechnungshofausschuß überhaupt nicht gekommen ist. (Abg. Scheibner: Wo war er denn?) Nachdem wir 5 Minuten zugewartet hatten, mußten wir die Rechnungshofsitzung selbst leiten. Und daß die Auskunftspersonen, Herr Abgeordneter Wabl, nicht zur Befragung gekommen sind, das liegt an Ihrer Ausschußführung und an sonst gar nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Wenn Wabl den Vorsitz führt, dann herrscht das Chaos!)

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Änderung der Geschäftsordnung ist der Akt eines absoluten Herrschers, und dementsprechend führen Sie sich auch auf. Sie ist einem Akt der Abschaffung der freien Meinungsäußerung gleichzusetzen. (Abg. Dr. Nowotny: Wer hat Ihnen denn diese Rede geschrieben?) Sie ist ein Akt, der die Demokratie in Österreich zumindest sehr, sehr stark einengt. Und das haben Sie von den kleinen Parteien mitzuverantworten! Denn die große Koalition konnte die Geschäftsordnungsreform mit Hilfe der kleinen Oppositionsparteien durchsetzen. Sie wirken damit an Ihrer eigenen Abschaffung mit, und das müssen Sie dann auch draußen vor Ihren Wählern verantworten, Herr Kollege Wabl! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stellt sich für mich die Frage: Um welchen Preis hat euch die große Koalition den Strick abgekauft, mit dem sie euch und uns dann knebeln wird? (Abg. Dr. Pumberger: Mit dem sie euch aufhängen wird?) So weit will ich gar nicht gehen! Was kann denn nur so wertvoll sein, daß eine politische Oppositionspartei in einer freien Demokratie ihre demokratischen Freiheitsrechte verkauft, jene demokratischen Freiheitsrechte, von denen eine demokratische Opposition über


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haupt lebt? (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Herr Kollege Wabl! Sie waren vorher am Wort! Sie können sich, wenn Sie wollen, noch einmal melden!

Der Steuerzahler gibt seine Stimme, wie ich meine, deshalb einer Oppositionspartei seiner Wahl, damit diese den Regierenden auf die Finger schaut und allzu große Mißwirtschaft mit seinem Steuergeld verhindert. Genau diese Kontrollmöglichkeit, meine Damen und Herren, wird durch den neuen Geschäftsordnungsstrick vehement eingeengt, und das haben Sie mitzuverantworten!

Ich kann und will gar nicht annehmen, daß der Rechnungshofausschußobmann Wabl so naiv ist und das nicht durchschaut, meine Damen und Herren! Ich beziehe mich jetzt auf die Gesetzesänderung, die den Rechnungshofausschuß betrifft, dessen Obmann Sie ja sind, Herr Kollege Wabl! Die Öffentlichkeit kann beschlossen werden, aber sie muß nicht beschlossen werden, und sie wird nur dann beschlossen, wenn die große Koalition es auch zuläßt. Meine Damen und Herren! Das ist eine reine Augenauswischerei, sonst überhaupt nichts! Sie wollen nur den Anschein erwecken, daß Sie öffnen, in Wirklichkeit werden Sie das aber nicht tun!

Das Fragerecht im Rechnungshofausschuß wird mit 10 Minuten begrenzt. Auch das ist ein Akt, der die Demokratie in Österreich sehr stark einengt. Es bestehen nämlich nur mehr 10 Minuten Fragerecht im Zusammenhang mit dem meist skandalösen Mißbrauch von Steuergeldern. Und nur, wenn es die Regierenden zulassen, darf die Öffentlichkeit wissen, was mit ihrem Steuergeld passiert!

Der Satz der Klubobfrau der Grünen, daß die jüngsten Gesetzentwürfe – und sie meinte damit eigentlich die Spesenregelung – die Arbeit der anständigen Parlamentarier diskreditieren, gilt im gleichen Ausmaß für die Stimmabgabe der Grünen zu dieser Änderung der Geschäftsordnung.

Vom Liberalen Forum kann ich die Zustimmung zu ihrer eigenen Abschaffung eher verstehen: Sie sind eben so liberal, daß sie sich schon selbst abschaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Hervorragend!)

23.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Schieder. Redezeit: 10 Minuten maximal. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, daß die neue Geschäftsordnung gut ist, daß sie zur Schaffung eines lebendigeren Parlaments und auch zur Möglichkeit, daß mehr Personen tatsächlich das Wort ergreifen können, beitragen wird. (Abg. Dr. Krüger: Wir haben uns gedacht, daß das Ihre Meinung ist.)

Vor allem die freiheitliche Fraktion hat hier sehr harte Worte gegen diese neue Geschäftsordnung gefunden. Das wird wohl ein bisserl daran liegen, daß Sie sich darüber ärgern, daß es bei den fünf Fraktionen vier zu eins in der Frage der Zustimmung zur Geschäftsordnungsreform steht. (Abg. Dr. Krüger: Wir freuen uns, daß wir uns abgrenzen!)

Außerdem ärgern Sie sich wohl auch deswegen – obwohl Sie es nicht zugeben können –, weil manche von Ihnen selbst die Vermutung haben werden, daß Sie das Ganze selbst ein bisserl verschuldet haben, da Sie mit Sondersitzungen, dringlichen Anfragen et cetera übertrieben haben. Und immer, wenn man sich in seinem Innersten selbst schuldig fühlt, dann ärgert man sich doppelt, wenn etwas Bestimmtes eintritt. (Abg. Haigermoser: Wir ärgern uns nicht, wir sind empört!) Ich glaube, daß das auch ein bisserl bei Ihnen der Fall ist. Aber das werden Sie sicherlich nicht zugeben können. (Abg. Ing. Meischberger: Wie kann sich ein Abgeordneter für parlamentarische Aktivitäten schuldig fühlen?) Ich weiß nicht, ob Sie sich schuldig fühlen können! Aber Sie ärgern sich möglicherweise darüber! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch eine Frage der Einstellung und der Moral, ob man Schuldgefühle hat. Aber lassen wir das. Die Frage, die wirklich zu stellen ist, ist folgende: Ist die Sorge berechtigt, daß kürzere


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Redezeiten dazu führen, was meine Vorrednerin als Abschaffung des demokratischen Rederechts bezeichnet hat? Ist eine kürzere Redezeit, wie Ihr Erstredner gesagt hat, ein Schritt in die Richtung, daß man jemanden gar nicht mehr reden lassen will? – Ich glaube, es wäre falsch zu sagen, daß die Tatsache, daß man lang reden kann, unbedingt ein Mehr an Demokratie bedeutet. Ich glaube, die Frage besteht darin, ob man überhaupt die Möglichkeit hat, seine Meinung zu äußern, und welche Zeitspanne die angemessene Zeit dafür ist, einen Punkt im Parlament zu beleuchten, eine Frage zu stellen et cetera. (Abg. Ing. Meischberger: Was ist, wenn jeder freiwillig kürzer redet?)

In fast allen Parlamenten ist man von der früheren Form, daß lange, schöne Reden gehalten wurden, die dann auch in den gesammelten Reden und Schriften prominenter Parlamentarier veröffentlicht wurden, übergegangen zu einer kürzeren Darstellung. Denn dies ermöglicht erstens eine stärkere Wechselrede, und zweitens gibt man mehr Personen die Chance, an einer Debatte teilzunehmen. Im Europäischen Parlament und in fast allen nationalen Parlamenten beträgt die Redezeit bei Debatten zwischen 5 und 10 Minuten. Und das reicht meistens auch aus, vielleicht nicht in jedem Fall für den Erstredner, aber es ist so meist genügend Zeit vorhanden, daß man einen Gedanken formulieren, einem Kreis von Zuhörern näherbringen und seine Haltung äußern kann. – Das ist meiner Meinung nach das wesentliche.

Wirklichkeit ist ja heute nicht nur das, was sich wirklich abspielt. Auch das Abbild der Wirklichkeit wird in dieser Mediengesellschaft sehr oft zur Wirklichkeit selbst. Und diese Wiedergabe der Wirklichkeit verkürzt die Reden noch um einiges. Prinzipiell wäre es daher ausreichend, einen prägnanten Satz hier vom Rednerpult aus zu sagen. Denn mehr kommt weder in Zeitungen noch im Fernsehen oder im Radio durch.

So weit wollen wir natürlich nicht gehen. Aber ich glaube, es ist gut, wenn wir die Möglichkeit bieten, in kurzen Beiträgen seine Meinung zu äußern. Das erfordert dann natürlich, liebe Vorrednerin und andere Betroffene, auch wirklich die freie Rede.

Ich glaube, die Sorge, die Sie haben, ist also wirklich nicht berechtigt. Diese Reform wird vielmehr zu einer besseren Einteilung der Arbeit, zu einem vernünftigeren Ablauf der Sitzungen, zu einer besseren Debatte und daher auch zu einer besseren parlamentarischen Kultur insgesamt mit mehr Chancen für den einzelnen Abgeordneten führen. Und aus diesem Grund sind wir dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte noch zwei weitere kurze Anmerkungen machen:

Ich glaube, wir sollen uns auch überlegen, wie wir die technischen Möglichkeiten in Zukunft verbessern. Ich glaube, die Abläufe des heutigen Tages haben wieder gezeigt, daß mit einer automatischen Abstimmungsanlage manches wahrscheinlich noch deutlicher, schneller und besser zu machen wäre.

Jetzt äußere ich noch meine Privatmeinung. Ich spreche jetzt nicht im Namen der Fraktion, denn das ist noch nicht ausdiskutiert. Ich persönlich glaube auch, daß wir uns überlegen sollten ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Es gibt noch eine Möglichkeit! Wir schaffen die namentliche Abstimmung ab!) Herr Kollege! Ich möchte meinen Gedanken zu Ende führen! Stören Sie mich jetzt bitte nicht! Sie können nachher dann rufen! – Ich glaube, daß es auch wichtig wäre, daß wir uns überlegen, ob jener inhaltliche Abstimmungsvorgang bei Gesetzen, also jenes sklavische Festhalten – wie ich es nennen möchte – an kelsenianischen Entitäten, wirklich notwendig ist. Viele andere Parlamente machen das viel einfacher und kommen auch zu Gesetzen, und der Staat funktioniert auch. Ich glaube daher, wir sollten uns für die Zukunft auch vornehmen, daß wir darüber noch in aller Ruhe sprechen. Mit all den Verbesserungen der Arbeitsmöglichkeiten, auch der Parlamentsmitarbeiter der letzten Jahre, mit dieser Geschäftsordnung und mit weiteren Überlegungen werden wir sicherlich zu einem Parlament kommen, das seine Arbeit besser leisten kann. Und wenn das Parlament seine Arbeit besser leistet, dann ist das auch besser für einen Staat und für eine Demokratie! (Beifall bei der SPÖ.)

23.47


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Am Wort als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte sehr.

23.47

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die durchaus wohlgesetzten Worte des Herrn Kollegen Schieder haben sich erfreulich angehört. Sie sind allerdings, Herr Kollege Schieder, mit der Geschäftsordnungsreform, so wie sie heute in zweiter Lesung und Donnerstag in dritter Lesung zur Beschlußfassung ansteht, nicht in Einklang zu bringen.

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Geschäftsordnungreform ist nichts anderes als eine Strafexpedition der Regierungsparteien mit den Abgeordneten des Liberalen Forums und der Grünen gegenüber den Freiheitlichen. Es handelt sich dabei – und das wurde ja in aller Offenheit zugestanden – um eine Anlaßgesetzgebung, die die Freiheitlichen an der Ausübung der Minderheitsrechte nach der Geschäftsordnung in Zukunft hindern soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas ist eigenartig: Gerade aus Anlaß der heutigen Sondersitzung werden sehr wesentliche Dinge, die uns Parlamentarier betreffen, geregelt. Dennoch ist niemand von den Regierungsparteien auch nur im leisesten Ansatz auf die Idee gekommen zu sagen, daß diese Sitzung heute unnotwendig ist. Und das ist deshalb eine Ironie, weil die heutige Sondersitzung ganz deutlich zeigt, wie wichtig dieses Minderheitsrecht in der Geschäftsordnung ist, nach dem einem Fünftel der Abgeordneten die Möglichkeit eingeräumt wird, eine Sondersitzung zu beantragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und das eben Gesagte betrifft nicht nur die heutige Sondersitzung, die durchaus lebhaft und interessant war und im Zusammenhang mit sehr wesentlichen Gesetzesmaterien abgeführt wird, sondern auch andere Sondersitzungen.

Ich denke etwa daran, daß es in der vergangenen Legislaturperiode einer Sondersitzung der Freiheitlichen Partei zu verdanken war, daß Herr Primar Poigenfürst nach wie vor seinen Dienst im Krankenhaus versehen kann und nicht in Zwangspension geschickt wurde.

So sind halt im Laufe der Zeit, im Laufe der Abwicklung auch der Sondersitzungen die Mißgunst und der Neid der anderen sogenannten Oppositionsparteien entstanden, weil gerade die Sondersitzungen die Regierungsparteien immer in Zugzwang gebracht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich garantiere Ihnen eines: Wenn die freiheitliche Fraktion nicht die heutige Sondersitzung initiiert hätte, Sie können sicher sein, daß der völlig untragbare Erstentwurf der Klubobleute Kostelka und Khol zur Bezügereform heute so, wie er war, verhandelt und beschlossen worden wäre und nicht in der Fassung des Abänderungsantrages. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Aber nein! – Abg. Parnigoni: Überschätzen Sie sich nicht gar so! – Abg. Wurmitzer: Das ist eine maßlose Eigenüberschätzung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses liest, so liest man in der Präambel, daß angeblich neue Möglichkeiten für Minderheiten zur Gestaltung des parlamentarischen Ablaufes geschaffen wurden. Da wird dann angeführt, daß durch die Herabsetzung der Zugangserfordernisse zum Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung ein verbesserter Zugang zum Parlamentarismus geschaffen wird.

Es wird hier in einer Übertextierung in der Präambel dargelegt, daß neue Möglichkeiten für Minderheiten geschaffen werden, auf der anderen Seite wird aber sehr nobel verschwiegen und nur in Parenthese angeführt, daß eines der wichtigsten Minderheitsrechte, nämlich daß ein Fünftel der Abgeordneten des Hohen Hauses eine Sondersitzung beantragen kann, ganz einfach kaltschnäuzig abgeschafft wird. (Abg. Wurmitzer: Das stimmt ja gar nicht! Das stimmt überhaupt nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da erhebt sich natürlich für die freiheitliche Opposition schon die Frage, welche Umstände die Liberalen und Grünen, die jetzt jeweils nur mehr durch


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einen Sitzungsteilnehmer hier im Hohen Haus vertreten sind (Abg. Mag. Kammerlander: Das reicht auch!) , dazu veranlaßt haben, da zuzustimmen. Frau Kollegin! Sie werden mir diesen kleinen Seitenhieb schon zugestehen. Denn wenn Kollege Wabl aus seiner Sicht beanstandet hat, daß der eine oder andere Abgeordnete nicht durchgehend da ist, dann werden Sie uns schon das Recht zuerkennen, auch einmal dieses Problem der mangelnden Präsenz der Abgeordneten des Liberalen Forums, aber vor allen Dingen der Grünen hier aufzuzeigen und zu beanstanden. Das wird hier wohl doch noch gestattet sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Und wenn wir nur halb so lange hier wären, wäre es noch mehr als der Haider!)

Es stellt sich hier wirklich die Frage, was denn eine Opposition veranlassen kann, einer derartigen Teilentmündigung der freiheitlichen Opposition zuzustimmen. Wenn man sich darüber Gedanken macht, dann fallen einem naturgemäß auch Umstände des parlamentarischen Ablaufes in der vergangenen Legislaturperiode ein.

Sie können sich, meine Damen und Herren, sicher daran erinnern, daß in der vergangenen Legislaturperiode eine Beschneidung der Oppositionsrechte stattgefunden hat, die darin bestand, daß per Bundesverfassungsgesetz durch eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments die Position des Vizepräsidenten des Rechnungshofes abgeschafft wurde. In der vergangenen Legislaturperiode waren die Regierungsparteien, da sie damals nicht die Zweidrittelmehrheit hatten, darauf angewiesen, daß entweder die Grünen oder die Liberalen oder beide, wie es meistens stattfindet, auch tatsächlich zustimmen.

Das war damals wirklich allen Demokraten und allen mit den parlamentarischen Werten einer Demokratie verbundenen Menschen uneinsichtig, daß ausgerechnet zwei Oppositionsparteien die wichtige Funktion des Vizepräsidenten des Rechnungshofes abschaffen wollten. Denn ich brauche Ihnen ja nicht zu erklären, daß der Rechnungshof ein Hilfsorgan des Parlaments ist und es naturgegeben so ist, daß die Opposition darauf pochen muß, daß der Rechnungshof seine Arbeit ungeschmälert, auch personell ungeschmälert, durchführen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben damals in der Debatte die Frage gestellt, was denn der Judaslohn dafür ist, daß Sie hier die Oppositionsrechte, obwohl Sie selbst angeblich in Opposition sind, beschneiden wollen. (Abg. Dr. Schmidt: "Judaslohn" – das ist eine so widerwärtige Sprache! Das ist unerträglich!) Vielleicht war das, meine Damen und Herren, auch Bestandteil des Gesamtpaketes, denn auch in der vergangenen Legislaturperiode hat man sich daran gestoßen, daß wir Freiheitlichen Sondersitzungen einberufen haben. Da hat man Ihnen offenbar versprochen, in einer Geschäftsordnungsreform werden die Rechte der Grünen und der Liberalen zu Lasten der freiheitlichen Opposition wahrgenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß auch Herr Präsident Fischer mir hier recht geben würde, und ich bin schon sehr gespannt, was er dann in seinem Kommentar, der zweifellos zur neuen Geschäftsordnung oder zur novellierten Geschäftsordnung herauskommen wird, für Worte finden wird, nämlich Worte der Begründung.

Was denkt sich denn der Gesetzgeber dabei, Herr Präsident Fischer, wenn bezüglich der Einberufung von Sondersitzungen eine Bestimmung eingeführt wird, die zum Gegenstand hat, daß jeweils 20 Abgeordnete, aber nur einmal im Jahr, eine Sondersitzung einberufen dürfen, aber ein wesentlich kleinerer Klub, egal, aus wie vielen Abgeordneten er besteht, auch einmal im Jahr? Da frage ich mich schon, wo da der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Denn durch den gesamten Parlamentarismus, durch die Geschäftsordnung zieht sich ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Grundsatz der proportionalen Wahrnehmung der demokratischen parlamentarischen Rechte, und hier sehe ich dieses Verhältnismäßigkeitsprinzip erheblich gestört.

Ich greife zwei Beispiele heraus. Denken Sie etwa daran, daß eine Fraktion im Hohen Haus über 39 Abgeordnete verfügt. Diese 39 Abgeordneten vermögen einmal im Jahr lediglich eine einzige Sondersitzung einzuberufen, denn 20 Abgeordnete verbrauchen durch ihre Unterschrift


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das Recht auf das Verlangen nach Einberufung einer Sondersitzung. Die 19 übrigen nützen überhaupt nichts mehr. Das heißt, ich halte fest: Eine Fraktion, die theoretisch – das ist ja eine Hypothese – 39 Abgeordnete hat, kann im Jahr eine einzige Sondersitzung beantragen, also genauso viel wie eine Fraktion, die etwa aus fünf Abgeordneten – die Untergrenze des Klubs – besteht.

Herr Präsident Fischer! Ich bin wirklich gespannt darauf, welche Worte der Begründung Sie dafür finden werden, daß die Rechte zur Einberufung einer Sondersitzung gleich gelagert sind, egal, ob fünf Abgeordnete in einem Klub zusammengefaßt sind und eine Sondersitzung beantragen oder 39 Abgeordnete. Darauf bin ich schon sehr gespannt, wie die Begründung lauten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es wirklich sehr bedauerlich, daß sich die Liberalen und die Grünen dazu durchgerungen haben, in Aufwertung ihrer Minderheitenrechte zu Lasten der freiheitlichen Opposition diesem Anschlag auf den Parlamentarismus noch Vorschub zu leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn Sie da und dort als Blinddarm oder als Appendix der Regierungsparteien, vielmehr der sozialdemokratischen Regierungspartei bezeichnet werden. Ich habe nur so gestaunt, denn offensichtlich hat Herr Kollege Wabl diese Begriffe wie Appendix und Blinddarm bereits so stark verinnerlicht, daß er allen Ernstes selber schon von Appendix-Parteien hier in diesem Hohen – gemeint sind damit seine eigene Partei und die Liberalen – gesprochen hat. Aber ich darf Ihnen eines sagen: Ich glaube, wenn Sie so weitermachen und sich so offenkundig – ich möchte fast sagen: plump – in ein Boot mit der Sozialdemokratischen Partei hineinsetzen, daß dieser Blinddarm der Gefahr einer Entzündung ausgesetzt ist, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen aus der Medizin sehr genau, daß jede Blinddarmentzündung gleichfalls die Gefahr eines Blinddarmdurchbruches nach sich ziehen kann. Von der bildhaften Sprache der Medizin umgesetzt in die politische Realität heißt das dann mit anderen Worten, daß Sie das Ergebnis bei den Wahlen sehr stark in dieser Richtung verspüren werden. Aber das sei Ihnen wirklich vergönnt!

Wer hier im Gleichschritt mit den Mächtigen in diesem Land, wer hier im Gleichschritt mit der SPÖ eine Geschäftsordnungsreform schafft, eine Geschäftsordnungsreform befürwortet, sich dann noch stolz ins Fernsehen setzt und eine gemeinsame Pressekonferenz der sogenannten Viererbande ermöglicht – bitte stoßen Sie sich nicht an diesem Begriff, denn Bande ist ja nichts anderes, als daß man sich verbindet, und Sie haben sich ja sehr stark verbunden (Abg. Dr. Nowotny: Ein Sophist!) –, wer so einer Beschneidung der freiheitlichen Opposition oder überhaupt der Opposition Rechnung trägt, nur um sich den einen oder anderen Judaslohn einräumen zu lassen, den wird der Wähler bestrafen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Was ist das für eine Sprache? Das ist Ihre Sprache! – Abg. Dr. Mertel: Pharisäer! – Abg. Dr. Karlsson: Pharisäer und Schriftgelehrter! – Abg. Mag. Stadler: Dann sind Sie eine Quäkerin! – Abg. Dr. Karlsson: Lieber Quäker als Pharisäer! Aber seien Sie nicht so schmissig! Man sieht es Ihnen eh an! Schmissig kann man ja sagen? Oder? – Abg. Dr. Nowotny: Der fühlt sich noch geschmeichelt!)

0.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte sehr.

0.01

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Werter Herr Präsident! Hohes Haus! Im Jahr 1897, also vor 99 Jahren, erreichte die Parlamentskrise, die seit mehr als einem halben Jahr das gesamte innenpolitische Leben des cisleithanischen Teils der österreich-ungarischen Monarchie lahmgelegt hatte, ihren Höhepunkt und führte zu gewalttätigen Unruhen, die tiefe Spuren in der österreichischen Gesellschaft hinterlassen haben. (Abg. Dr. Mertel: Was ist das jetzt? Geisterstunde ist jetzt!) Ausgelöst wurde diese Parlamentskrise damals durch jahrelang ausgeübte Obstruktion als parlamentarisches Instrument, und diese Obstruktion eskalierte.

Generell verstand man damals und auch heute noch unter Obstruktion das Verhalten einer Minderheit in einem parlamentarischen Vertretungskörper, die unter formeller Ausnützung aller dazu


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vorhandenen und durch die Geschäftsordnung ermöglichten Mittel das Zustandekommen eines ihr nicht genehmen Beschlusses zu verhindern trachtet.

Als Mittel zur Erreichung dieses Zieles gelten Dauerreden (Abg. Mag. Stadler: Die Grünen!) , die klassische Form der Obstruktion, der Versuch, durch Absenz das zur Beschlußfähigkeit notwendige Quorum zu verhindern (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) , das dauernde Einbringen neuer Anträge (Abg. Mag. Stadler: Ja, durch die Regierung!) , die häufige Herbeiführung von Abstimmungen, möglichst in der aufwendigen Form namentlicher Abstimmungen, sowie die exzessive Nutzung des parlamentarischen Frage- und Interpellationsrechtes. (Abg. Haigermoser: Und die verfassungsmäßige Gesetzgebung rückwirkend!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Haigermoser! Diese Definition, die ich gerade vorgelesen habe, beschreibt nicht das Verhalten einer Fraktion in diesem Haus, sondern diese Definition stammt bereits aus dem Jahr 1910 von Oswald Koller. Ähnlichkeiten mit heutigem Verhalten sind aber nicht nur zufällig, sondern beabsichtigt. (Abg. Scheibner: Aber damals war es die Opposition, jetzt ist es die Regierung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lieber Herr Kollege Bauer! Der Oswald Koller hat eine Schrift verfaßt: "Die Obstruktion – Eine Studie aus dem vergleichenden Parlamentsrecht". Sie wurde 1910 herausgegeben. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Na und?! – Abg. Scheibner: Da war noch die schöne Monarchie! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Scheibner, da schaust du! Eine gescheite Frau!) Und diese Definition der Obstruktion zeigt ganz deutlich, wie notwendig Geschäftsordnungen sind, um einen effizienten Parlamentarismus zu gewährleisten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Die Ähnlichkeit dieser damaligen Definition mit heutigen Verhältnissen oder mit Verhältnissen der vergangenen Monate (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wer hat das geschrieben? Das wird ein beauftragter Schreiberling gewesen sein!) , Herr Kollege Bauer, ist nicht zufällig. Ich empfinde nämlich das Verhalten der freiheitlichen Fraktion schon länger als obstruktiv.

Die heutige Sondersitzung ist ein klassischer Fall. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Für spätes Nachhausekommen!) In einer Sitzung, in der das Bezügegesetz debattiert wird, eine dringliche Anfrage zum selben Thema einzubringen, ist in meinen Augen zwar formal gerechtfertigt, aber materiell-rechtlich ein Mißbrauch der Geschäftsordnung. Und wie ernst Herr Dr. Haider dieses Hohe Haus nimmt, beweist diese Einladung, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier lädt Herr Dr. Haider zu einem gemütlichen Info-Sommerabend ein (Ruf: Wann?) , im kleineren Kreis. (Rufe: Wann? Wann? – Abg. Dr. Leiner: Das rechtfertigt eine Sondersitzung!) Morgen abend, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Da gehen wir alle hin! – Abg. Dr. Khol: Da gehen wir alle hin!) Dort gibt es nämlich Gelegenheit, mit Herrn Dr. Haider in lockerer Atmosphäre das eine oder andere Hintergrundgespräch zu führen. (Abg. Dr. Khol: Ach so! In lockerer Atmosphäre! – Abg. Dr. Mertel: Wo? – Abg. Dr. Khol: Wo ist das?) Also für alle, die den Dr. Haider morgen zu gewissen Hintergründen befragen wollen: Schweizerhaus im Wiener Prater, eine sehr stimmige Gegend. (Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Mertel: Der Haider geht, das Stimmvieh bleibt da!)

Daß Herr Dr. Haider das Hohe Haus nicht wirklich ernst nimmt, beweist nämlich diese Einladung zu einem Zeitpunkt, wo wir morgen hier die Sozialdebatte abführen werden. (Abg. Ing. Meischberger: Aber, Frau Kollegin, er nimmt dieses Haus so ernst, daß er nicht barfuß herumläuft!) Zugunsten einer Schlagzeile interessiert nämlich Herrn Dr. Haider die Sozialdebatte nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Meischberger, kennst du den Begriff "Praterstrizzi"? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Gehen Sie morgen auch ins Schweizerhaus? – Abg. Schwarzenberger: Alle gehen wir hin!)

Wenn ich von obstruktivem Verhalten spreche, dann ist auch diese Schlagzeile obstruktiv gewesen, Herr Kollege Meischberger. (Abg. Ing. Meischberger: Aber die Schuhe hat er nie ausgezogen!) Ich meine nämlich hier den Mißbrauch der parlamentarischen Instrumente.

Auch wenn die Ausnutzung aller Geschäftsordnungsinstrumente durch die Opposition für die Regierungsparteien oft mühsam ist, so sind Minderheitenrechte dennoch unverzichtbarer Teil


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einer Demokratie, und daher begrüße ich die Vierparteieneinigung, wiewohl ich mir sehr gewünscht hätte, daß es eine Fünfparteieneinigung bei einer Geschäftsordnungsreform gäbe. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Demokratie gebietet Respekt vor den Institutionen und den Minderheitenrechten. Das Ernstnehmen der Institutionen zeigt sich aber zum Beispiel auch im Umgang mit diesen. Wer zudem zuläßt, daß in weiten Teilen der Bevölkerung der Eindruck entsteht, hier gerät der Parlamentarismus zeitlich oder auch thematisch aus den Fugen, weil nichts mehr planbar ist oder Dringlichkeit vorgegaukelt wird, Sondersitzungen verlangt werden, obwohl ohnehin Plenarsitzungen unmittelbar bevorstehen (Abg. Ing. Meischberger: Aber er hat dabei immer die Schuhe an!) , handelt demokratiepolitisch bedenklich. (Abg. Ing. Meischberger: Er hat immer die Schuhe an! – Abg. Dr. Mertel: Sie würden sonst einen Geruch verbreiten!) Dazu paßt die Demontage des Politikers insgesamt, was heute durch die stellenweise unwürdige Debatte im Hinblick auf die Bezüge bewiesen worden ist und für mich das obstruktive Tüpfelchen auf dem i war.

Werte Kollegen von der freiheitlichen Fraktion! Sie haben durch Ihr Verhalten diese Geschäftsordnungsreform geradezu provoziert, weil Sie den Respekt vor den parlamentarischen Spielregeln vermissen lassen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ein Racheakt ist keine Reform!) Nein, Herr, Kollege Bauer, kein Racheakt, sondern (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sondern ein Geständnis!) es ist die Sorge um den Parlamentarismus in dieser Republik gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Respekt vor den demokratischen Institutionen ist ein Wert an sich, der Ihnen bedauerlicherweise fremd ist. (Abg. Mag. Stadler: Aufpassen! Genau in der Zeile bleiben!) , und die große Mehrheit in diesem Haus will diesen Wert nicht einer Titelstory opfern, sondern effizient debattieren – unter Wahrung der Minderheitenrechte.

Wir von der ÖVP haben gelernt aus der Geschichte, denn gerade angesichts des relativ jungen österreichischen Parlamentarismus schufen die Obstruktionsszenen 1897 ... (Abg. Dr. Mertel: Da wurden schon die Kinder kontrolliert! Unter Dollfuß wurden schon die Kinder kontrolliert! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Passen Sie auf, Herr Kollege Scheibner, Nachhilfeunterricht in Geschichte tut Ihnen nämlich gut. (Beifall bei der ÖVP.) Die Obstruktionsszenen 1897 schufen bei weiten Teilen der Bevölkerung eine Klischeebild vom Parlament als einen Ort sinnentleerter Verbalauseinandersetzungen (Abg. Mag. Stadler: Wie hat denn damals das Parlament geheißen?) oder überhaupt der Destruktion und des Chaos, insbesondere bei der studierenden Jugend. (Abg. Mag. Stadler: Wie hat denn damals das Parlament geheißen?)

Herr Kollege Stadler! Weil Ihnen eben dieses Geschichtswissen fehlt (Zwischenruf des Abg. Scheibner ) , gehen Sie derart mißachtend gegenüber dem Parlament vor. (Abg. Mag. Stadler: Wie hat es denn geheißen? Geben Sie doch einmal eine Antwort! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Mag. Stadler: Wie hat es denn damals geheißen?) Herr Kollege Stadler, lassen Sie mich fortfahren! (Abg. Mag. Stadler: Ich habe eine Frage gestellt, Frau Geschichtslehrerin! Geben Sie mir eine Antwort!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist Frau Abgeordnete Fekter!

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Der Beginn der dreißiger Jahre war geprägt durch dieses Parlament. (Abg. Mag. Stadler: Die Antwort hängt bei Ihnen im Klub! Das war der Austrofaschismus!) Und liest man das 1937 erschienene programmatische Buch des damaligen Bundeskanzlers Kurt Schuschnigg "Dreimal Österreich", so wird diese Annahme bestätigt. (Abg. Mag. Stadler: Der Austrofaschismus war das! – Abg. Scheibner: Wo war denn das Parlament damals? – Zahlreiche weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Monarchisten und Austrofaschisten!)

Offen nennt der Kanzler die Obstruktion vor dem Ersten Weltkrieg als einen der Hauptgründe für das Faktum, daß der Parlamentarismus in Österreich keine Wurzeln geschlagen habe. – Das hören Sie nicht gerne (Abg. Mag. Stadler: Nein, mit Austrofaschismus haben wir nichts zu tun! –


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Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) , weil Sie nämlich ähnliche Vorgangsweisen hier in diesem Haus provoziert haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Inzwischen hat der ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, ich habe die Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß die freiwillige Redezeit abgelaufen ist.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Ich habe es an dem Licht gesehen, Herr Präsident.

Inzwischen hat der Parlamentarismus in Österreich tiefe und gesunde Wurzeln geschlagen, und die heutige Geschäftsordnungsreform trägt dazu bei (Abg. Mag. Stadler: Sie zitiert Austrofaschisten als Rechtfertigung für die Geschäftsordnungsreform! Das ist ja unglaublich!) , daß Tendenzen, wie wir sie in diesem Jahrhundert schon erlebt hatten, nicht aufkommen können. (Abg. Scheibner: Jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind!) Der Mehrparteienkonsens war dabei unumgängliche demokratiepolitische Voraussetzung.

Wenn wir wollen, daß unsere Kinder den notwendigen Respekt vor unserer Demokratie und ihren Institutionen mitbekommen (Abg. Scheibner: So wie 1934! Das ist ein Wahnsinn!) , dann soll unsere Arbeit hier im Hohen Haus nicht für Selbstdarstellung oder für eine Schlagzeile von morgen mißbraucht werden, sondern es muß ein effizientes Gesetzgebungsorgan und ein schlagkräftiges Kontrollinstrument sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Für das Inkrafttreten der mit der gegenständlichen Geschäftsordnungsreform im Zusammenhang stehenden Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle bringe ich einen Abänderungsantrag in zweiter Lesung ein, der lediglich redaktionelle Berichtigungen beinhaltet.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Dr. Friedhelm Frischenschlager, Wabl und Kollegen zu 285 der Beilagen, Bericht und Antrag des Geschäftsordnungsausschusses

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Z 3 des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, lautet:

3. Art. 151 wird folgender Abs. 13 angefügt:

"(13) Art. 23e Abs. 6 und Art. 28 Abs. 5 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. xxx/xxxx treten mit 15. September 1996 in Kraft."

*****

(Beifall bei der ÖVP.)

0.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der verlesene Antrag steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte sehr.

0.14

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist der harte Kern der Geschäftsordnungsreform schon unterschiedlich beleuchtet worden, und zwar einerseits von den Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Kompromiß mitgearbeitet haben, andererseits wurde er schlaglichtartig von den Debattenrednern der Freiheitlichen Partei beleuchtet, und dabei ist mir etwas besonders aufgefallen.

Die Geschäftsordnungsreform ist auch nach meiner Einschätzung das Ergebnis von Vernunft, von Augenmaß und von der Kompromißfähigkeit (Abg. Scheibner: Da können Sie nicht dabeigewesen sein!) , die auch Interessengegensätze zwischen oppositionellen Anliegen und Regie


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rungsanliegen überbrückt hat. Ich greife gern auch eine Äußerung des Kollegen Khol auf, der gesagt hat, er hat sich auch überlegt, ob er, wenn ein Rollentausch stattfände, dann mit dieser Geschäftsordnung auch leben könnte, und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, daß es eine redliche Überlegung war.

Was ist jetzt das Aufregende an dieser Einigung? – Das Aufregende ist offenbar, daß eine Fraktion zu dem Ergebnis gekommen ist, daß sie für ihre politischen Stilmittel das braucht, was jetzt geändert wird. Man kann eben eindeutigerweise andere Menschen in einer bestimmten Weise vorführen und viel besser diffamieren, wenn man die Instrumente zur Verfügung hat, die bis jetzt in Kraft sind, wenn man eben zum Beispiel mitten in die Debatte um eine Bezügereform eine dringliche Anfrage hineinschieben kann, die sozusagen die Debatte verdoppelt, in dem Bewußtsein, daß man dadurch zu einem Zeitpunkt, zu dem eine hohe mediale Aufmerksamkeit möglich ist, noch einmal den Erstredner einer Dringlichen stellt und den Ersterwiderer einer Dringlichen stellt, also den normalen Redefluß, die normale Abfolge der Redner unterbricht.

Wenn eine dringliche Anfrage sozusagen dazu verkommt, daß sie dazu verwendet wird, daß man mit einem bestimmten Timing die Reihenfolge der sonst vorhandenen Rednerlisten verändern kann, dann ist sie kein Oppositionsrecht, sondern dann ist sie ein Instrument zur Verwendung von Stilmitteln, die mit Parlamentarismus nichts zu tun haben, sondern nur mehr mit Schaubühne. Das ist aber eben etwas, was eine Oppositionspartei mit dem Verständnis des Liberalen Forums nicht nachvollziehen kann. Denn für uns ist das Parlament natürlich ein Ort der öffentlichen Auseinandersetzung, aber keine Schaubühne, auf der ausschließlich nach dem Timing von Medienerfordernissen und ausschließlich nach dem Gesichtspunkt, was spektakulär und überschriftentauglich ist, diskutiert wird, sondern wo es um inhaltliche Auseinandersetzungen geht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich sage es Ihnen als jemand, der wirklich gerne redet und der auch in dem Ruf steht – nicht gerade in diesem Haus, aber sonst –, gelegentlich sogar zu lange zu reden, daß es eben, wenn man sich diszipliniert, möglich ist, in den nunmehr vorgesehenen Redezeiten durchaus das zum Ausdruck zu bringen, was man zum Ausdruck bringen möchte. Es ist nicht notwendig, in jeden Satz noch drei Beschimpfungen einzubauen. Es ist nicht notwendig, nach jedem Argument außerdem noch vier oder sechs Beleidigungen anzuhängen. Es ist nicht notwendig, 17 Redner zu schicken, die eigentlich nur mehr das wiederholen, was die jeweils 16 vor ihnen, 15 vor ihnen, 14 vor ihnen gesagt haben. Das ist nicht politisches Argumentieren, das ist Agitieren. Natürlich gehört auch die Agitation als ein gewisses Element in eine Debatte, aber das muß eine Agitation sein, die inhaltlichen Sinn macht, die nicht nur auf stereotypes Wiederholen hinausläuft, die sozusagen das Modell der tibetanischen Gebetsmühle hier an dieses Rednerpult versetzt. Das ist nicht der Sinn der Auseinandersetzung.

Wenn hier die Möglichkeit, daß die Ausschüsse in Zukunft öffentlich sein werden, von den Kollegen von der Freiheitlichen Partei so heruntergespielt wird, so sage ich Ihnen: Wenn die Öffentlichkeit grundsätzlich unter den in der Geschäftsordnung vorgesehenen Rahmenbedingungen möglich ist und natürlich auch gelegentlich ausgeschlossen werden können muß, dann stehen diejenigen, die die Öffentlichkeit vielleicht einmal ausschließen wollen, unter einem hohen Öffentlichkeitsdruck. Denn man wird den Journalisten dann erklären müssen, warum diese Sitzung, obwohl sie normalerweise öffentlich gewesen wäre, nicht öffentlich sein wird.

Allein dieses Korrektiv ist ein gutes Korrektiv, und ich meine, es wäre eben durchaus sinnvoll, sich mit den positiven Seiten dieser Reform zu beschäftigen und nicht ausschließlich in der Diktion des Kollegen Krüger Worte zu verwenden wie "Anschlag auf den Parlamentarismus", "Judaslohn", "Appendix" und "alle Demokraten waren entsetzt".

Das war der härteste Ausspruch des Kollegen Krüger. Die anderen Ausdrücke, die er verwendet hat, sind die ihm eigenen Stilmittel. "Anschlag auf den Parlamentarismus" und "Judaslohn" – das ist Krüger im Originalton. Aber für sich mit einer Arroganz sondergleichen in Anspruch zu nehmen, daß alle, die mit dieser Geschäftsordnungsreform einverstanden sind, keine Demokraten sind – weil nicht entsetzt offenbar, denn nur jemand, der entsetzt ist über diese Reform, ist ein Demokrat –, das ist dieses ganz, ganz primitive Schwarz-Weiß: Wir die Guten, alle anderen die Bösen. (Ruf bei der SPÖ. Unerhört!) Und sei die Mehrheit noch so groß! Wenn sie nicht die Mei


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nung der Freiheitlichen Partei eins zu eins übernimmt, dann sind alle anderen die Bösen. Ich glaube, allein das ist so entlarvend, daß man sagen muß (Abg. Dr. Krüger: Eine Schwarz-Weiß-Geschäftsordnung ist das, Herr Kollege!) , das ist nicht nachvollziehbar. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich zitiere hier nur Krüger. Und ich wiederhole noch einmal, und ich würde es gerne auch zum wiederholten Male in den Stenographischen Protokollen lesen: Wenn alle Demokraten entsetzt waren über das, was in den Verhandlungen zwischen SPÖ, ÖVP, Liberalen und Grünen herausgekommen ist, dann sind offenbar diese vier Parteien keine Demokraten. Denn sonst müßte ich sagen: Khol war entsetzt über sein eigenes Ergebnis. Er war es nicht, also ist er kein Demokrat! (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Kostelka war nicht entsetzt über das eigene Ergebnis: Er ist also kein Demokrat. Waren Schmidt und Frischenschlager entsetzt? – Nein, also sind sie keine Demokraten. Wabl war nicht entsetzt, also ist er auch kein Demokrat. (Abg. Haigermoser: Und Kier?) Kier ist auch nicht entsetzt, also ist er auch kein Demokrat. Aber Haider – er ist abwesend, sozusagen nur in Astralleibform vorhanden – war entsetzt. Daraus schließe ich folgerichtig, daß er ein Demokrat ist! Wenn man also in der Minderheit bleibt, dann braucht man nur für sich in Anspruch nehmen, daß man entsetzt war: Dann ist man ein Demokrat.

Im Sinne der Kollegin Apfelbeck ist "der Akt des Herrschers über die Demokraten gerollt." Denn sie hat ja gesagt, daß dieser Kompromiß ein Akt des Herrschers war. Wenn also eine Mehrheit sich zu einem Kompromiß findet und entsprechend abstimmt, dann wird das zum Gesetz. Das Recht soll in diesem Lande das letzte Wort haben, und insofern herrscht es auch. Aber der Herrscher, den Kollegin Apfelbeck gemeint hat, sitzt in ihrer Fraktion und ist momentan nicht anwesend. Er demonstriert damit, daß er sich für die Geschäftsordnung überhaupt nicht interessiert, was mich auch nicht wundert. Denn wozu braucht er sie? – Er braucht sie bestenfalls für seine Selbstdarstellung. Und das ist im 24.20 Uhr nicht mehr gut möglich. Logischerweise ist er daher nicht da. In einer "Dritten Republik" würden wir keine Geschäftsordnung mehr haben. Da werden alle Demokraten zwar entsetzt sein, aber dann die wirklichen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

0.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Sie hat das Wort.

0.22

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Wir debattieren über die Geschäftsordnung. Wenn man die Geschäftsordnungsreform in der Öffentlichkeit oder bei der Basis im Wahlkreis diskutiert, wird man oft mit dem Argument konfrontiert: Das ist doch ganz einfach! In anderen Arbeitsforen werden auch Gesetze gemacht, Wissen produziert, Entscheidungen getroffen und so weiter. – Mit dem Parlament und mit dem Parlamentarismus hat es jedoch – wie wir heute schon deutlich sehen konnten – eine andere Bewandtnis. Es ist nicht so leicht, wie ein Außenstehender vielleicht meint, zu einem einstimmigen Ergebnis zu kommen. Daher freut es mich als noch nicht so lange im Amt seiende Parlamentarierin umso mehr, daß es zu einem Beschluß kommt, dem sich vier aufrecht demokratische parlamentarische Fraktionen anschließen, was sie auch vertreten können. Das ist ein schönes Erlebnis! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ, des Liberalen Forums.) Ich glaube, daß wir zu diesem Ergebnis auch mit einem Blick einerseits über die Grenzen und andererseits ein bißchen in die Tradition gekommen sind. Die europäischen Parlamente beziehen sich im wesentlichen auf die Demokratie und die Mitbestimmungsvorstellungen des klassischen Athen. Auch dort hat man bereits erkannt, daß überall dort, wo Menschen arbeiten, das "Menscheln" natürlich auch diszipliniert werden muß, daß man sich Instrumentarien schaffen muß, um Arbeit zu ermöglichen und gleichzeitig aber alle möglichen negativen Seiten auszuschließen. Wissen Sie übrigens, wie lange die dort mit der Wasseruhr gemessene Redezeit sein durfte? – Sechs Minuten! – Wir beschließen hier also eine eigentlich traditionelle und gleichzeitig sehr moderne Variante der Geschäftsordnung!

Die Demokratie hat sich weiterentwickelt, und in Europa haben sich – wir haben das teilweise schon gehört – zwei Typologien herausgebildet: zum einen der französische Typus mit dem Ort der großen Rede in Arenaanordnung – etwa so wie hier – mit Pathos und geschichtsmächtigen


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und geschichtsträchtigen Aussagen und der britische Typus mit dem raschen aufeinander Eingehen, das Situationsparlament, das auch eine andere Sitzordnung hat.

Die EU ist jetzt dabei, für das Parlament eine sehr pragmatische Lösung zu finden. Wenn wir ähnlich pragmatisch vorgehen wollen, müssen wir nicht gleich den Saal umbauen. Aber wir müssen uns fragen: Wie können wir aktuell und modern sein und den neuen Anforderungen der Öffentlichkeit entsprechen? – Diesen Weg geht Österreich mit dieser Geschäftsordnung, und das ist gut so.

Apropos pragmatisch: Ein funktionierendes Parlament ist auch eine Arbeitsstätte. Das kann ich feststellen, wenn ich hier zu meiner Linken, zu meiner Rechten und auch an meine Rückseite blicke. – Angestellte, Arbeiter, öffentlich Bedienstete leisten hier Arbeit, erbringen wesentliche Dienste und tragen zum guten Gelingen unserer Gesetzes- und Kontrollarbeit bei. Daher meine ich, daß künftig arbeitsrechtliche und arbeitnehmerschutzrechtliche Normen nicht nur verabschiedet, sondern auch eingelöst werden müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, daß die jetzige Geschäftsordnung die Chance gibt, diese Normen auch faktisch einzulösen, ohne daß das Ganze in Selbstausbeutung und Selbstzerstörung endet. Ich glaube, dieses Gremium sollte, wenn es sich zum Ziel gesetzt hat, daß es ein Fortschreiten auf dem Weg zu mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit geben soll, nicht unmenschliche Zustände herrschen lassen. Und wenn Sie jetzt und vielleicht noch ein bißchen später auf die Uhr blicken, sollten Sie überlegen, ob wir jetzt nicht in die Nähe der zuletzt genannten Einschätzungen kommen. Gegenwärtig herrschen bisweilen unmenschliche Zustände, die der Arbeit nicht förderlich sind und auch die Qualität der Gesetzgebung nicht begünstigen. Ich glaube, wir kommen mit dieser Geschäftsordnung jedoch zu einem guten Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Kontrollrechten von etwa zwei zu eins. – In Anbetracht dessen muß sich keiner beschnitten und eingeschränkt fühlen!

Zum Abschluß möchte ich noch eine mir wesentliche Anmerkung machen: Nach der neuen Geschäftsordnung wird die parlamentarische Arbeit planbarer, effizienter, transparenter, übersichtlicher, durchaus auch intensiver, wenn Sie an die Ausschußarbeit denken. Diese Regelung ist eine geeignete Methode, meine ich, daß man sich auch überlegen kann, welcher Umfang an Arbeit in welcher Form gemeinsam mit der politischen Tätigkeit noch geleistet werden kann. Denn die Unübersichtlichkeit ist in der letzten Zeit gewachsen.

Noch eine Facette: Diese neue Geschäftsordnung ist eine menschen- und familienfreundlichere Interpretation der Arbeit des Parlaments. Selbst- und Fremdausbeutung in Form von Fünfzehn- bis Zwanzig-Stunden-Sitzungen lassen keine Chance für Rekreation, für Nachdenken, für das Sammeln von sozialer Erfahrung und eventuell auch gedankliche Erneuerung. Ich meine, daß wir im Jahr des lebenslangen Lernens daran denken sollten, daß auch Parlamentarier eine Weiterbildung absolvieren können.

Offenbar sind aber diese Dimensionen, sowohl die Familien- und Menschenfreundlichkeit als auch die Weiterbildung, für die F-Partei keine wirklich großen Anliegen, obwohl sie sich manchmal als "Familienpartei" anpreisen will.

Die Planbarkeit der Arbeit – etwa im britischen Parlament weiß man heute schon, was im November an einem ganz bestimmten Tag auf der Tagesordnung stehen und behandelt werden wird – entspricht im wesentlichen den Vorstellungen von parlamentarischer und politischer Arbeit wie sie auch Frauen gerne mögen, und das gar nicht zu Unrecht. – Darüber freue ich mich! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich sagen: Es wurden in diese Debatte schon viele Gedanken eingebracht, auch kritische Gedanken. Ich meine, daß weder seelisch selbstverstümmelnde Parlamentarier noch politische Stegreifdilettanten – wer immer das jeweils für sich geltend machen kann – hier nicht gebraucht werden. Man braucht auch nicht die Schlußfolgerung in einer Art zu ziehen, die lautet: Wenn kürzer geredet werden muß, dann wird der Ton gröber. – Das muß nicht sein! Man darf nicht formal etwas gebrauchen, indem man es inhaltlich längst mißbraucht. Es liegt an uns, meine Damen und Herren, sehr geehrte männliche und weibliche Abgeordnete, daß wir das, was wir hier zum Gesetz machen, dann auch entsprechend nützen: Wir müssen


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uns Rahmenbedingungen schaffen, selber die bestmögliche Qualität herausbilden und gute Arbeit leisten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. – Er hat das Wort.

0.29

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin zwar erst das zweite Jahr in diesem Hause tätig, aber allein diese letzte Plenarwoche vor der Sommerpause wird zeitlich vieles bisher Dagewesene in den Schatten stellen.

Meiner Meinung nach ist die Zusammenstellung der vorliegenden Tagesordnung mit den vorgegebenen Tagesblockredezeiten unter "Menschenschinderei" einzuordnen: Denn vom Beginn dieser Sitzung gestern, Dienstag, 11 Uhr, bis zum geplanten Schluß – wenn ich großzügig rechne – Freitag gegen Mitternacht sind das laut meinem Kalender 85 Stunden. Und innerhalb dieser 85 Stunden wurden allein 64 Stunden reguläre Blockredezeit vereinbart, wobei die Redezeiten der Regierungsmitglieder, die gestern bereits abgehandelte Dringliche und jene, die mit Sicherheit noch kommen werden, gar nicht mitberücksichtigt sind.

Das heißt, daß innerhalb dieser vier Tage so gut wie überhaupt keine Ruhephasen für die Abgeordneten eingeplant werden konnten, weil es mangels der Kooperationsbereitschaft der Freiheitlichen zu keiner vernünftigen Einigung in der Präsidiale gekommen ist.

Es kann wirklich keine Dauerlösung sein, daß man einen geregelten Sitzungsablauf immer nur auf die Hoffnung aufbaut, daß Fraktionen ihre Redezeit nicht ausschöpfen beziehungsweise darauf verzichten. Es kommt bei jeder Sitzung zu zeitlichen Auswüchsen. Es ist für uns Abgeordnete so gut wie nichts mehr planbar. – Die Hauptschuldigen sind natürlich beinahe immer die Freiheitlichen. Es ist wirklich höchst an der Zeit, daß diesem unhaltbaren Zustand mit einer neuen Geschäftsordnungsreform Einhalt geboten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverständlich müssen bei jeder Geschäftsordnungsreform auch die Oppositionsrechte gewahrt werden. Aber daß man vier Tage rund um die Uhr Plenarsitzungen vereinbart beziehungsweise solche fordert, hat mit Oppositionsrechten schon wirklich gar nichts mehr zu tun! Jeder Tagesordnungspunkt ist für mich wichtig. Ebenso sollten natürlich auch Sonderaktionen der Opposition die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Aber allein die Dringliche der Freiheitlichen in der letzten Sitzung, die allein sechseinhalb Stunden dauerte und neben einer langen normalen Tagesordnung, noch dazu zum selben Thema abgehandelt wurde, zeigt umso mehr die Wichtigkeit dieser Reform.

Ich bin erfreut darüber, daß die beiden kleinen Oppositionsparteien aufgrund von entsprechenden Verhandlungen diese Geschäftsordnungsreform mittragen werden. Das zeigt auch, daß diese Änderung nicht über die Köpfe der kleinen Parteien hinweggeht, sondern die Auswüchse, die meist durch die Freiheitlichen verursacht werden, verhindern hilft und einen geregelten Parlamentsbetrieb gewährleisten wird. – Liebend gerne werde ich dieser neuen Geschäftsordnung meine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist als nächster Redner Abgeordneter Mag. Barmüller.

0.33

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir wichtig, zur Sondersitzung noch folgendes anzumerken: Es wurde den Liberalen und den Grünen sehr geneidet, aber sie werden in Zukunft auch die Möglichkeit haben, zu wichtigen Themen eine Sondersitzung zu verlangen. (Abg. Scheibner: Das hat kein Mensch gesagt!) Außerdem – und das ist der eigentliche Sinn der Sondersitzung, und so war sie in diesem Gesamtregime auch zu sehen – soll jede Oppositionsfraktion die Möglichkeit haben, den Sitzungsfluß für den Fall aufrechtzuerhalten – und dieser könnte eintreten –, daß eine Regierung


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das Parlament einfach nicht mehr einberuft. Diese Möglichkeit hat die Opposition, und zwar mehrfach und mannigfacher, als das zuvor der Fall war, und insofern ist das auch eine Bereicherung, die es zukünftig geben wird.

Herr Abgeordneter Haupt – Frau Abgeordnete Brinek hat das schon kurz gestreift – hat in seiner Rede heute gemeint, daß sich niemand zu wundern braucht, wenn in Zukunft die Ausdrücke härter werden, weil es eine Redezeitbeschränkung geben wird. – Ihm ist entgegenzuhalten, daß er Ursache und Wirkung verwechselt. Denn in den letzten Jahren ist die Ausdrucksweise im Hohen Haus zwar qualitativ nicht unbedingt gestiegen, aber jedenfalls härter geworden: Und das ist etwas, was wohl nicht er persönlich, aber doch zu einem guten Teil seine Fraktion zu verantworten hat. Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Regelungen betreffend die Redezeitbeschränkung letztlich nur der Versuch sind, daß eine gewisse Redekultur im Hause selbst noch gewahrt werden kann. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Insofern ist es von Herrn Abgeordneten Haupt ein doppeltes Maß, wenn er hier mit seiner gesetzten Art so tut, als würde der Parlamentarismus abgeschafft werden und alles gegen die Freiheitlichen gerichtet sein. Denn wenn er auf meinen Vorhalt, daß er in dieser Sache Ursache und Wirkung verwechselt, Herr Abgeordneter Graf, nicht Besseres zu tun weiß, als mir entgegenzuhalten, ich könne eine andere Meinung nicht mehr hören, aber etwa Ihnen oder dem Abgeordneten Stadler das nicht sagt, dann sehe ich, mit welchem doppelten Maß auch er mittlerweile mißt und wie abgehoben er sich von der Beurteilung der tatsächlichen Abläufe im Hause bereits gibt.

Daß dringliche Anfragen von Abgeordneten vielleicht selbst genutzt werden und vielleicht sogar später einmal von Regierungsabgeordneten, ist etwas, was diesem Haus als Emanzipation des Hohen Hauses gegenüber der Regierung nur guttun kann. Das ist nicht etwas, das kritisiert werden muß, wie es Haupt getan hat! Daß es anfänglich Themen sind, die eher der Regierung schmeicheln, als sie wirklich unter Druck zu bringen, das ist eine andere Sache! Aber wenn hier die Türe einmal aufgemacht wird, dann ist das etwas, was auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, daß nämlich auch eine größere Ferne der Regierungsfraktionen von der Regierung selbst eintreten wird können.

Meine Damen und Herren von der "F"! Es ist durchaus keine Beschränkung des Austausches von Argumenten, wenn es in Zukunft auch bei dringlichen Anfragen Beschränkungen geben wird. Ich bringe noch einmal das Beispiel: Daß heute zu einer Materie, die zur Diskussion steht, eine dringliche Anfrage gemacht wird, deren Hauptteil sich damit beschäftigt, die tatsächliche gesetzliche Lage hinsichtlich jenes Antrags zu erfragen, der ohnehin schon verhandelt wird, zeigt doch wohl, was bei Ihnen der Zweck dringlicher Anfragen ist: Sich selbst zu informieren, aber nicht, um wirklich etwas weiterzubringen. Insofern sind es Krokodilstränen, die Abgeordneter Haupt vergossen hat. Und es ist nach meinem Dafürhalten überhaupt keine Beschränkung des Austausches von Argumenten, wenn Abgeordnete nach fünf Stunden Debatte über eine dringliche Anfrage, wenn dann nur noch 17 freiheitliche Redner auf der Rednerliste stehen, die ohnehin alle mit demselben Konzept – wie man auch bei Herrn Abgeordneten Krüger sieht –, mittlerweile uniform einherkommen, ihre Reden nicht mehr zum Besten geben können.

Meine Damen und Herren! Eine freiwillige Beschränkung von Redezeiten wäre in diesem Haus wünschenswert gewesen, hätte aber erfordert, daß Fraktionen in der Präsidiale nicht einen Standpunkt vertreten und dann hier im Plenum anders handeln. Insofern wird diese Geschäftsordnungsreform eine Bereicherung für dieses Haus darstellen. Es wird interessanter werden, und die Medien werden das Ganze leichter beobachten und transportieren können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

0.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Stadler, wünschen Sie zur Geschäftsbehandlung das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Dann gebe ich bekannt, daß niemand mehr zu Wort gemeldet und die Debatte geschlossen ist.

Ein Verlangen des Herrn Berichterstatters auf ein Schlußwort liegt mir nicht vor.


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Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Es wird über die einzelnen Ausschußanträge getrennt abgestimmt.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird, samt Titel und Eingang in 284 der Beilagen. Gemäß § 82 Abs. 2 der Geschäftsordnung kann dieses Bundesgesetz nur in Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgeändert werden. Ich stelle daher zunächst das erforderliche Quorum fest, das gegeben ist.

Wir stimmen nun ab, und ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf betreffend die Geschäftsordnung des Nationalrates die Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Gesetzentwurf mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in zweiter Lesung angenommen wurde.

Im Sinne des § 108 der Geschäftsordnung wird die dritte Lesung nicht sogleich vorgenommen, sondern es wird so vorgegangen werden, daß zwischen der zweiten und der dritten Lesung ein Abstand von mindestens 24 Stunden liegen wird.

Wir stimmen weiters ab über den Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird, samt Titel und Eingang in 285 der Beilagen.

Es gibt dazu einen Abänderungsantrag Kostelka, Khol, Frischenschlager, Wabl und Genossen. Da nur dieser eine Antrag vorliegt, werde ich über den Gesetzentwurf in 285 der Beilagen in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages, womit auch einer Anregung des Kollegen Schieder Rechnung getragen wird, abstimmen lassen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich ebenfalls zunächst nach § 82 Abs. 1 GOG das erforderliche Quorum fest. – Dieses ist gegeben.

Ich lasse nunmehr über den Gesetzentwurf, 285 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages Kostelka, Khol, Frischenschlager, Wabl und Genossen abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß diese Novelle zum B-VG mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in zweiter Lesung beschlossen wurde.

Hier kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf die Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen ersuchen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.

4. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Belarus andererseits samt Anhängen und Protokoll (115 der Beilagen)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

5. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Kirgisischen Republik andererseits samt Anhängen und Protokoll (116 der Beilagen)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)


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6. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kasachstan andererseits samt Anhängen und Protokoll (117 der Beilagen)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

7. Punkt

Regierungsvorlage: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen (126 der Beilagen)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (86 der Beilagen): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen (230 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (153 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) (231 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 9 der Tagesordnung.

Es sind dies Regierungsvorlagen:

Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten samt Anhängen und Protokoll mit der Republik Belarus (115 der Beilagen), der Kirgisischen Republik (116 der Beilagen) und der Republik Kasachstan (117 der Beilagen),

Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen,

Berichte des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (86 der Beilagen): Vertrag mit der Republik Slowenien samt Anlagen (230 der Beilagen) und über die Regierungsvorlage (153 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien (231 der Beilagen).

Zu den Punkten 4 bis 7 wurde von einer Vorberatung in einem Ausschuß Abstand genommen. Damit entfällt auch die Berichterstattung.

Zu den Punkten 8 und 9 ist Kollege Kaiser als Berichterstatter im Ausschuß bestimmt worden. Ich ersuche ihn, die Debatte einzuleiten.

Berichterstatter Dipl.-Ing. Richard Kaiser: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (86 der Beilagen): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen.


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Die Regulierungsarbeiten wurden im Oberlauf der Kutschenitza nordwärts von Grenzzeichenpaar Nr. II/502 bis zum Grenzzeichenpaar Nr. II/98 (Ende der nassen Grenzstrecke) in den Jahren 1981 bis 1986 fortgesetzt. Die Regulierungsstrecke beträgt zirka 27 Kilometer. Die Staatsgrenze, die in diesem Bereich nach dem Grenzurkundenwerk 1923 überwiegend in der Mitte der Kutschenitza verlief, ist der durch die Regulierung bewirkten Veränderung des Wasserlaufes nicht gefolgt.

Durch die Neufestlegung der Staatsgrenze ergibt sich eine Flächendifferenz von 707 m2 zuungunsten der Republik Österreich. Der vollständige Flächenausgleich wird im trockenen Bereich der Staatsgrenze erzielt.

Im Zusammenhang mit dem Neubau der Brücke im Bereich des Straßengrenzüberganges Langegg/Jurski wurde der Glanzbach (Gemeinde Glanz) reguliert. Die Staatsgrenze wurde in die Mitte des Regulierungsgerinnes verlegt. Die aufgrund dieser Vermessung vorgenommen Berechnungen ergaben eine Flächendifferenz von 92 m2 zugunsten der Republik Österreich, die im trockenen Teil ausgeglichen wird. (Abg. Dr. Ofner: Das genügt schon!) Ich kürze ohnedies! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Der ganze Bericht ist fünf Mal so lang!

Der Außenpolitische Ausschuß hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 2. Juli 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages zu empfehlen.

Der Außenpolitische Ausschuß stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Abschluß des Staatsvertrages: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) samt Anlagen (86 der Beilagen wird genehmigt.

2. Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung der Anlagen 1 bis 24 zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den Verlauf der Staatsgrenze in den Grenzabschnitten II, IV bis VII und in Teilen der Grenzabschnitte IX und X (regulierter Glanzbach) sowie XIX (regulierter Rischbergbach) dadurch zu erfolgen, daß sie für die Dauer der Geltung des Vertrages zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden aufgelegt werden, und zwar:

a) alle genannten Anlagen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in Wien und überdies

b) die Anlagen 1 bis 4 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung und bei den Vermessungsämtern Feldbach und Leibnitz,

c) die Anlagen 5 bis 20 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung und beim Vermessungsamt Leibnitz,

d) die Anlagen 21 bis 24 beim Amt der Kärntner Landesregierung und beim Vermessungsamt Völkermarkt.

Ich darf gleich zum Bericht des nächsten Punktes kommen.

Es handelt sich ebenfalls um einen Bericht des Außenpolitischen Ausschusses (231 der Beilagen).

Der Außenpolitische Ausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Juli in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.


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Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Außenpolitische Ausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (153 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter, der den Nationalrat jetzt wirklich ausreichend informiert hat.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die Redezeiten sind mit 10 Minuten beschränkt.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner.

0.45

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Es wurde heute sehr viel geklagt über zu lange Sitzungen und darüber, daß man bis spät in die Nacht hinein tagt. Kollege Guggenberger gähnt schon, deshalb werde ich es ganz kurz machen. (Abg. Mag. Guggenberger: Danke!)

Nach diesen bewegenden Worten des Berichterstatters bleibt mir eigentlich zu diesen beiden Vorlagen nicht mehr viel zu sagen. Es geht also um Grenzveränderungen, die aus der Regulierung des Glanzbaches und des Rischbergbaches resultieren. Ich kann sagen, daß meine Fraktion diesen beiden Vorlagen zustimmen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Das ist etwas Positives, denn es geht um wichtige Dinge. Es ist erstaunlich und auch sehr schön, daß es Grenzveränderungen auf dem Vertragswege gibt. Und ich glaube, Herr Berichterstatter, daß die Veränderungen zugunsten Österreichs vorgenommen wurden. (Abg. Schieder: Österreich ist größer geworden.) Das ist ja eine Verbesserung! Man kann, glaube ich, nur aus vollstem Herzen zustimmen, daß unser Land jetzt um rund 93 m2 größer geworden ist.

Zu den anderen Vorlagen, den Punkten 4 bis 7 betreffend die Partnerschaftsabkommen, gibt es bei uns unterschiedliche Meinungen. Der Großteil der Fraktion wird auch diesen Vorlagen die Zustimmung geben, weil wir der Meinung sind, daß es vor allem zur Belebung auch unserer Wirtschaft wichtig ist, gerade in diesem Bereich der ehemaligen Ostblockstaaten Handelserleichterungen einzuführen.

Es ist allerdings auch zu bedenken, daß es nicht zu gewissen Erscheinungen kommt: So mußten wir etwa jetzt im Zusammenhang mit der Türkei aufgrund des Assoziierungsabkommens der EU mit diesem Staat bemerken, daß über die Hintertür Maßnahmen greifen, die für uns sehr negativ sind. Eine dieser Maßnahmen könnte die Landwirtschaft treffen. Über diese Problematik wird dann noch meine Kollegin Aumayr zu Ihnen sprechen, die eine etwas differenziertere Haltung zu diesem Punkt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. – Er hat das Wort. (Abg. Aumayr: Uns bleibt nichts erspart!)

0.47

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn ich meinem Vorredner nicht ganz in der Qualität seiner Kurzfassung nachfolgen kann, werde ich mich an der mitternächtlichen Stunde orientieren.

Aber ich glaube, die hervorragende Entwicklung von Slowenien verlangt es, daß wir die erfolgreiche Wende von einer zentralen Verwaltungswirtschaft zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung, von einem Einparteiensystem zu einer demokratischen Ordnung, anerkennen. Heute gehört Slowenien, unser südlicher Nachbar, zu den qualifiziertesten postkommunistischen Län


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dern, die mit Recht eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstreben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Minderheitenfragen sind wesentliche Bestandteile der Menschenrechtsproblematik, und wir hoffen, daß es auch in diesem Zusammenhang Fortschritte geben wird. Die Slowenen sind sich dessen bewußt, und es wurde ihnen auch oft genug gesagt. (Abg. Dr. Ofner: Dafür bin ich dankbar! Ich bitte, nicht nachzulassen!)

Meine Damen und Herren! Aufgrund der Situation Österreichs in der europäischen Staatengemeinschaft haben wir nicht nur eine Solidaritätsverpflichtung gegenüber Ländern, die mit dem schwierigen Erbe des kommunistischen Regimes belastet sind. Die Sicherheit und die Stabilität dieser Länder in den kommenden Jahren ist auch unsere Stabilität. Es ist gar nicht so uneigennützig, wenn wir dazu beitragen, daß die Länder wirtschaftliche und politische Stabilität erreichen. Die Stabilität Ungarns, der Slowakei, Tschechiens, Polens, Sloweniens und anderer Länder bedingt in hohem Maß auch die österreichische Zukunft. Wir haben an der Stabilität dieser Länder ein bedeutendes Interesse, und ich spreche auf jeden Fall für meine Partei, wenn ich sage, daß wir uns mit allen unseren Kräften dafür einsetzen, daß diese Länder möglichst rasch Mitglieder der Europäischen Union werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schieder. )

Das wird man in diesen Ländern gerne hören. Daher verlangt es die Fairneß auch, daß man dazu sagt, daß das möglicherweise für das eine oder andere dieser Länder länger dauern kann, als wir und diese Länder das wünschen. Denn es kann nur zwei Entwicklungskomponenten geben: Die Erweiterung der Europäischen Union muß parallel mit einer Stärkung der politischen Integration laufen. Die Europäischen Union muß eines Tages auch mit 20 Mitgliedern mindestens so arbeitsfähig sein, wie sie es heute ist. Sonst würde das eine Unterminierung des europäischen Integrationsprozesses bedeuten. Ich bin dafür, diese Erweiterung mit allen Mitteln zu unterstützen, jedoch nicht um den Preis der Aushöhlung der Europäischen Union. Denn für uns ist die Europäischen Union ein politisches Ziel, das wir verwirklichen wollen, vor allem mit der Bestrebung, ein für allemal das Risiko eines nationalen Krieges in Europa auszuschalten.

Wir hoffen daher, daß auch die Regierungskonferenz konkrete Ergebnisse erreicht in diesem Bereich. Die Atmosphäre ist nicht gerade aufgeschlossen für die politische Integration. Österreich muß sich dafür einsetzen – sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse eines Erweiterungsprozesses, der den Einigungsprozeß in Europa stärkt und nicht schwächt. Es kann kein Verzichten geben auf den politischen Integrationsprozeß, weder für uns noch für andere glaubwürdige Europäer, auch wenn mancher, offen gesagt, aus diesem erweiterten Europa nur eine bessere OECD oder Wirtschafts-KSZE machen will.

Das Ziel ist ein politisches Ziel: eine politische Handlungsfähigkeit eines geeinten Europa. Und das braucht eben Effizienz, gemeinsames Bewußtsein und Stärke. (Beifall bei der ÖVP.)

Das gilt auch für die Sicherheitspolitik. Ich appelliere hier an die Fraktionen im Haus – es wurde heute einige Male Ingeborg Bachmann zitiert; sie hat gesagt: Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler –: Lernen wir aus der Diskussion, die wir um den europäischen Integrationsprozeß geführt haben hier in diesem Haus. Es hat unterschiedliche Meinungen gegeben, meine Damen und Herren, pro und kontra. Dann gab es die Entscheidung vom 12. Juni 1994. Mehr als zwei Drittel der Österreicher haben ja gesagt; nicht nur ja zum Beitritt, nicht nur ja zum Verhandlungsergebnis, sondern auch ja zum Auftrag, das Beste für Österreich und für ein friedliches Europa zu machen.

Dazu brauchen wir auch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Wir haben es in der Frage der wirtschaftlichen Einigung geleistet, daß heute niemand mehr in diesem Haus einen Austritt aus der Europäischen Union verlangt, auch nicht jene, die gegen einen Beitritt waren. Sie haben erkannt, es gibt nur eine Chance für ein friedliches Europa: Das ist das Mittun, das Miteinander-Engagieren, das ist das Wollen, das Beste daraus zu machen. (Abg. Scheibner: Warum tun wir dann nicht mit bei der gemeinsamen


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Sicherheitspolitik?) Ich bin dafür, und ich glaube, daß uns in Berlin mit der neuen NATO auch ein neuer Ansatz gegeben wurde.

Ich möchte deswegen daran erinnern, denn wenn ich auch durchaus anerkenne, daß alle ihren Anteil haben an dem Gelingen des Beitrittsprozesses, müssen wir uns doch sagen, daß wir manche Stunde unnötigerweise verloren haben. Zuerst hat es geheißen, das sei ein Bürgerblock, da könne man aus ideologischen Gründen nicht mittun, dann hat es geheißen, das verkraften wir nicht im Wettbewerb, dann kam es zu innenpolitischen Reibereien. Ich muß allerdings anerkennen, daß es immer schon Sozialisten gab, die sich zur Vollmitgliedschaft bekannt haben, gerade im Gewerkschaftsbund und in den Arbeiterkammern. Da gab es einen Sozialdemokraten, den heutigen Botschafter Dr. Jankowitsch – ich hoffe, ich tue ihm nichts Schlechtes, wenn ich das hier sage –: Er war der erste von den Sozialisten in der Regierungsriege, der sich zu einer Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union bekannt hat. Er wurde damals zurückgerufen auf die Parteilinie. Dann gab es wieder Reibereien. Erst als wir an einem Strick gezogen haben während der Verhandlungen, gab es auch den großen Erfolg.

Jetzt hat Stadtrat Swoboda sehr klar Stellung bezogen. Wir brauchen, um die Sicherheit in Europa und den Frieden zu sichern, die Solidarität zwischen uns und den Mitgliedern der Europäischen Union. Er hat das sehr klar gesagt, er ist dafür eingetreten, daß zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union auch ein Vertragsverhältnis begründet wird, das diese Solidarität sichert. Ich bin für diese Solidarität. Ich hoffe, niemand holt den Vorreiter der Sozialisten zurück. Lassen Sie diesen Vorreiter! Ich bin überzeugt davon, er geht den richtigen Weg. (Zwischenruf des Abg. Leikam . – Abg. Mag. Ederer: Ich bin dafür nicht verantwortlich! – Abg. Leikam – zur Abg. Mag. Ederer –: Du mußt etwas machen! – Abg. Mag. Ederer: Ich? – Heiterkeit.) Ich akzeptiere voll seine Sprache, und ich bin überzeugt davon: Sie werden ihm eines Tages folgen. Wir ersparen uns Reibereien und erreichen einen Punkt, wo wir sagen können: Wir haben auch den Integrationsprozeß zu einer gemeinsamen Sicherheit, zu einer gemeinsamen Außenpolitik gemeinsam erreicht.

Bundespräsident Klestil hat auch klare Worte gesprochen, sowohl im politischen Integrationsprozeß als auch jetzt zur Frage der gemeinsamen Sicherheitspolitik. Wir brauchen weder Bremser noch Euphoriker, wir brauchen Realisten und Patrioten, dann wählen wir auch die richtige Vorgangsweise für die gemeinsame Sicherheit eines friedlichen Europa. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Aumayr zu Wort. – Bitte.

0.55

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Mag. Kukacka – da die Rednerin einen Stoß Unterlagen hat –: Das ist wieder ein Abfall!) Nein, sehr geehrte Kollegen, ich lese Ihnen das nicht vor, aber darüber stimmen Sie heute ab, und ich frage: Wer von Ihnen hat es gelesen? (Abg. Dr. Neisser: Wir alle! – Abg. Dr. Khol: Sie sicher nicht!) Doch, ich habe es gelesen. (Ironische Rufe ungläubigen Staunens. – Abg. Rosemarie Bauer: Die Frage ist nicht, ob Sie es gelesen haben, sondern ob Sie es verstanden haben!) Und ich werde daraus zitieren. Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen.

Herr Dr. Mock! Ich gebe Ihnen in weiten Bereichen ihrer Rede recht, nur eines muß ich sagen: Wenn man sagt, die österreichische Bevölkerung hat mit einer Zweidrittelmehrheit für den Beitritt zur Europäischen Union gestimmt (Abg. Dr. Cap: So ist es!) – so ist es –, dann muß man ehrlicherweise auch sagen (Abg. Haigermoser: Die Wahrheit!) : Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. (Abg. Dr. Cap: So ist es nicht!) So ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und eines kann ich Ihnen noch sagen, Herr Dr. Mock: Der Frieden und die Sicherheit wurden ununterbrochen zitiert, auch von Ihnen heute wieder, aber wenn ich daran denke, daß der deutsche Bundeskanzler Dr. Kohl bei einem Parteitag der ÖVP, und zwar vor den Wahlen 1995, gesagt hat, die Frage der Einheitswährung sei eine Frage über Krieg oder Frieden in Europa, dann, muß ich sagen, Herr Dr. Mock, wird mir angst und bange dabei. (Abg. Rosemarie Bauer: Nein, nur verstanden haben Sie es nicht!)


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Herr Dr. Mock! Ich gebe Ihnen auch recht, wenn Sie sagen, daß es wichtig ist, daß wir unsere Nachbarstaaten, die Reformstaaten miteinbinden, denn Europa endet einfach nicht an unseren Grenzen. Aber in Slowenien und Tschechien kämpft die deutsche Minderheit nach wie vor um ihre Minderheitenrechte, und ich glaube schon, daß wir, bevor Österreich ja sagt zum Beitritt der Länder Slowenien und Tschechien, sehr genau schauen müssen, wie es dort mit den Minderheitenrechten der deutschsprachigen Bevölkerung ausschaut. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Schwarzböck! Mit diesen Abkommen, die wir heute beschließen – die Sie beschließen, ich beschließe sie nicht mit –, kommt es zu einer weiteren Liberalisierung in der Landwirtschaft, und zwar zu einer enormen Liberalisierung. Dazu zitiere ich aus dem heutigen "Kurier" den Herrn Präsidenten der Landwirtschaftskammer, Schwarzböck:

"Weitere Liberalisierung ruiniert bäuerliche Existenz. ,Jede weitere Liberalisierung auch im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der WTO ist nicht notwendig und würde der österreichischen Landwirtschaft schwersten Schaden zufügen’, bekräftigte gestern, Dienstag, der Vorsitzende der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Rudolf Schwarzböck.

Zehntausende bäuerliche Existenzen würden im Falle einer weiteren Liberalisierung ruiniert. Die heimischen Konsumenten würden ,auf diese Weise genau jenen Produktionsweisen ausgeliefert, die heute in Österreich mit Entschiedenheit bekämpft und verhindert werden’, so Schwarzböck." (Abg. Ing. Reichhold: Genauso ist es!)

Herr Präsident! Haben Sie diese Abkommen gelesen und gesehen, was da an Produkten drinnen ist, die allein die Landwirtschaft betreffen? Haben Sie das gelesen? Zum Beispiel auch mit Israel?

Aber ich gehe nicht nur auf die Landwirtschaft ein: Diese Abkommen bedeuten einen weiteren Schritt in Richtung Absiedelung von Arbeitsplätzen, denn in den Ländern Kirgisien, Kasachstan sind momentan Löhne ... (Ruf bei der SPÖ: Nach Kirgisien?) Na, selbstverständlich, Herr Kollege Schwarzböck, und das müßte auch die Kollegen von der SPÖ interessieren, denn dort sind momentan Löhne an der Tagesordnung, die weit, weit unter dem Standard von Slowenien oder Kroatien oder Polen oder Ungarn liegen. Diese Abkommen werden natürlich in der Folge weitere Betriebsabsiedlungen und Arbeitsplatzverluste für Österreich bedeuten. Das ist überhaupt keine Frage! Denn dann wird die Produktion natürlich in diese Billiglohnländer transferiert.

Dem wird immer entgegengehalten, wir hätten auch einen Gewinn, wenn wir mit diesen Ländern Handel betreiben, denn wir exportieren schließlich und endlich auch etwas in diese Länder. Dorthin exportieren wir in erster Linie Arbeitsplätze! Das muß uns natürlich bewußt sein, das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Dr. Karlsson: Das ist doch überhaupt nicht wahr!)

Aber man muß sich auch die Produkte anschauen, die jetzt zollfrei, ohne jede Einschränkung aus Israel nach Österreich kommen: Lebendtiertransporte, genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, Blut, menschliches Blut, tierisches Blut, Würste, Fleisch, Abfälle von Lebensmittelprodukten, die zu Tiermehl verarbeitet werden, Asbestfaser – das muß man sich einmal vorstellen, in Österreich bereits verboten –, die ganze Chemiepalette, alle Dünger für die Landwirtschaft, Pestizide, Herbizide und – zollfrei! – Kernreaktoren- und Brennstoffelemente für Kernreaktoren oder zum Beispiel Panzerkraftwagen und andere selbstfahrende gepanzerte Kraftfahrzeuge, auch mit Waffen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Da muß ich schon sagen: Ich finde es eigentlich unerhört, daß solche Abkommen im österreichischen Parlament beschlossen werden, ohne daß sie in einem Ausschuß behandelt worden sind! Das sind nichts anderes als Befehle aus Brüssel, Befehle der EU, und diese vollziehen Sie hier und heute zum Schaden der österreichischen Wirtschaft und zum Schaden der österreichischen Landwirtschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.02


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34. Sitzung / Seite 207

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.02

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Stunde möchte ich nur drei Anmerkungen zum jüngst stattgefundenen Osteuropagipfel des Weltwirtschaftsforums in Salzburg machen.

Erstens: Dieser Gipfel ... (Abg. Ing. Reichhold: Können Sie zu den vorliegenden Abkommen auch etwas sagen, Frau Kollegin?) Ich werde schon darauf eingehen, das ist meine Sache. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich gehe auf die Punkte 4 bis 7, Partnerschaftsverträge der EU mit osteuropäischen Ländern, ein, und in diesem Zusammenhang halte ich diesen Gipfel für die Entwicklung und Zukunft der osteuropäischen Länder für außerordentlich wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß diese Gipfelgespräche nun jedes Jahr in Salzburg stattfinden sollen, ist von großer Bedeutung für Österreichs Positionierung in seiner wichtigen Brückenfunktion und als Bindeglied zwischen der EU und Osteuropa.

Zweitens: Eine langfristige Öffnung der Europäischen Union ist historisch-politisch unumgänglich. Die Integration Mittel- und Osteuropas ist eine der größten Herausforderungen für Europas Konkurrenzfähigkeit weltweit.

Unsere Aufgabe muß es sein, Österreichs Chance der Ostöffnung zu nützen. Firmen, die derzeit bereit sind, in diesen Ländern zu investieren, müssen von uns verstärkt gefördert werden. Voraussetzung ist jedoch, daß die Ängste der Bevölkerung hinsichtlich der Investitionen in osteuropäische Länder abgebaut werden. Die Gefahr der Niedriglöhne und der Auslagerung von Arbeitsplätzen ist nicht von der Hand zu weisen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, daß längerfristig der wirtschaftliche Aufschwung in Osteuropa vor allem bei uns wieder Wirtschaftszweige in der Konsumgüterindustrie fördern wird. Voraussetzung ist allerdings, daß auch für die EU die Einforderung von Sozial- und Umweltklauseln und Umweltstandards von den osteuropäischen Ländern Priorität haben muß, damit die zunehmende Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt abgefedert wird.

Drittens: Ich halte es für sehr problematisch, daß viele osteuropäische Länder den Beitritt zur NATO in der jetzigen Situation anstreben. Ich halte auch die Aussage des Bundespräsidenten Klestil und die Forderung der ÖVP und der FPÖ nach einem sofortigen NATO-Beitritt für äußerst problematisch (Beifall bei der SPÖ) – dies vor allem deswegen, weil ein umfassendes europäisches Sicherheitssystem nur unter Einbeziehung Rußlands funktionieren kann. Der russische Präsidentenberater Dmitri Ryurikow kritisierte erst vor kurzem, wie man über einen guten Willen sprechen könne, wenn man die mächtigste Streitmacht bis an die Grenze Moskaus vorantreibe.

Weil ein NATO-Beitritt auch eine massive finanzielle Investition in neue Waffensysteme und in eine Aufrüstung Osteuropas bedeutet, werden gerade in einer Zeit, da dringend finanzielle Mittel gebraucht würden, um die zivile Produktion in diesen Ländern zu stärken und zu fördern, diese Mittel abgezogen und in den Ankauf neuer Waffensysteme investiert, die eben bei einem Beitritt zur NATO benötigt werden.

Aus diesem Grund ist es mir wichtig, daß diese Frage eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems umfassend diskutiert wird. Wir werden uns daran intensiv zu beteiligen haben, aber zum momentanen Zeitpunkt, denke ich, ist der NATO-Beitritt abzulehnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

1.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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34. Sitzung / Seite 208

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen wegen erhöhten Lärmpegels. – Abg. Dr. Cap: Keine Ordnung!)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung , die ich über jeden Verhandlungsgegenstand getrennt vornehme.

Gegenstand der Abstimmung ist zunächst die Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen und Protokollen in 115 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung dieses Vertragswerkes in allen authentischen Sprachfassungen durch Auf


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34. Sitzung / Seite 209

lage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen. (Abg. Dr. Khol: Da ist der Haupt auch dafür!)

Wir kommen jetzt zur Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen und Protokollen in 116 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Genehmigung erfolgt mehrheitlich.

Nun kommen wir zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung dieses Vertragswerkes in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen . (Abg. Dr. Kostelka – in Richtung Freiheitliche –: Ihr habt auch keine Disziplin mehr!)

Wir gelangen zur Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen und Protokollen in 117 der Beilagen.

Wer hiezu seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Die Genehmigung erfolgt mehrheitlich.

Wir kommen zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung dieses Vertragswerkes in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheit zu erfolgen hat.

Wer hier zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Mehrheitlich angenommen .

Ferner kommen wir zur Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhängen und Protokollen sowie Schlußakte und Erklärungen in 126 der Beilagen.

Wer hier zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Die Genehmigung wurde mehrheitlich erteilt.

Nun kommen wir zur Abstimmung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes, daß die Kundmachung des Vertragswerkes in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des vorliegenden Staatsvertrages, dessen Artikel 1, 2, 4 bis 10 sowie 12 und 13 verfassungsändernd sind, samt Anlagen in 86 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für die Genehmigung des Staatsvertrages samt Anlagen aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Zustimmung erfolgt einstimmig . Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, daß die Kundmachung der Anlagen 1 bis 24 dieses Staatsvertrages dadurch zu erfolgen hat, daß sie für die Dauer der Geltung des Vertrages zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden wie folgt aufgelegt werden:

a) alle genannten Anlagen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in Wien,

b) die Anlagen 1 bis 4 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung und bei den Vermessungsämtern Feldbach und Leibnitz,

c) die Anlagen 5 bis 20 beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung und beim Vermessungsamt Leibnitz und

d) die Anlagen 21 bis 24 beim Amt der Kärntner Landesregierung und beim Vermessungsamt Völkermarkt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 153 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst die Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt einstimmig.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch hier kann ich die einstimmige Annahme feststellen, wobei ich ausdrücklich darauf hinweise, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist. (Ergänzung; siehe auch 36. Sitzung)

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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34. Sitzung / Seite 210

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 262/A (E) und 263/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 951/J bis 988/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, den 10. Juli 1996, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.14 Uhr