Stenographisches Protokoll

37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 19. September 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 19. September 1996

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. September 1996: 11.03 – 23.57 Uhr

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Tagesordnung

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu Wirtschafts- und Integrationsfragen

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Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 1996/97 39

Personalien

Verhinderungen 39

Ordnungsrufe 178, 209

Geschäftsbehandlung

Einwendungen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung 39

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung 39

Redner:

Herbert Scheibner 39

Dr. Peter Kostelka 41

Mag. Herbert Haupt 41

Dr. Andreas Khol 43

Mag. Dr. Heide Schmidt 43

Mag. Johann Ewald Stadler 44

Karl Öllinger 45

Einwendungen finden keine Mehrheit 46

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlagen 314, 315 und 316 d. B.) 66

Verlangen auf Besprechung der Anfragebeantwortung 701/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 67


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37. Sitzung / Seite 2

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 147

Redner:

Dr. Volker Kier 147

Annemarie Reitsamer 149

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 150

Mag. Helmut Peter 151

Karl Öllinger 152

Bundesminister Franz Hums 153

Mag. Johann Ewald Stadler 155

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 4 der Geschäftsordnung 67

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Zwischenruf eines Abgeordneten 105


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37. Sitzung / Seite 3

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder zur Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol 105

Unterbrechungen der Sitzung 106, 206, 207, 209

Antrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie im Zusammenhang mit dem illegalen Export von Kunststoffabfällen durch Österreich gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 211

Bekanntgabe 119

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 119

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 212

Ablehnung 213

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 205

Wortmeldungen des Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer betreffend Stimmabgabe eines Abgeordneten bei der namentlichen Abstimmung 206, 209

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zu den Wortmeldungen des Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer 206, 209

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Herbert Haupt betreffend Stimmverhalten eines Abgeordneten bei der namentlichen Abstimmung 206

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zur Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Herbert Haupt 207

Erklärung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Vorgangsweise bei der Durchführung einer namentlichen Abstimmung 207

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend Protokollierung des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung sowie Ersuchen , eine Präsidialkonferenz einzuberufen 209

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zur Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler 209

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Alois Pumberger betreffend Ergebnis und Art der namentlichen Abstimmung 212

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zur Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Alois Pumberger 212

Aktuelle Stunde (5.)

Thema: "Der Lehrling, das Stiefkind der sozialistisch dominierten Koalitionsregierung"

Redner:

Helmut Haigermoser 47

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 49

Sigisbert Dolinschek 51

Erhard Koppler 52

Dr. Sonja Moser 53

Maria Schaffenrath 54

Karl Öllinger 56

Herbert Scheibner 57

DDr. Erwin Niederwieser 58

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 60

Mag. Helmut Peter 61

Dr. Alexander Van der Bellen 62

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 39

Ausschüsse

Zuweisungen 64

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Schutz unserer Kinder (280/A) (E) 108

Begründung: Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 108

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 111

Debatte:

Ute Apfelbeck 114

Rosemarie Bauer 117

Edith Haller 120

Doris Bures 121

Dr. Martin Graf 124

Mag. Dr. Heide Schmidt 125

Mag. Terezija Stoisits 127

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 130

Maria Rauch-Kallat 131

Gabriele Binder 133

Klara Motter 135

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 137

Karl Öllinger 138

Johann Schuster 140


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37. Sitzung / Seite 4

Mag. Thomas Barmüller 142

Theresia Haidlmayr 144

Mag. Johann Ewald Stadler 145

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages 280/A (E) (E 20) 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend Bekämpfung der Kinderpornographie – Ablehnung 116, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend die Verhinderung des Mißbrauchs des Internet insbesondere im Zusammenhang mit Kinderpornographie und NS-Wiederbetätigung – Annahme (E 21) 123, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten


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37. Sitzung / Seite 5

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz unserer Kinder – Annahme (E 22) 141, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Schutz unserer Kinder betreffend Ausnahme vom Verbot von Schein- und Vertrauenskäufen bei Suchtgift- und Kinderpornographiedelikten – Ablehnung 146, 147

Verhandlungen

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu Wirtschafts- und Integrationsfragen

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky 67

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 73

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 der Geschäftsordnung 67

Redner:

Dr. Jörg Haider 78

Dr. Andreas Khol 83

Dr. Friedhelm Frischenschlager 87

Dr. Ewald Nowotny 91

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 94

Friedrich Verzetnitsch 97

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 100

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 104

Dr. Jörg Haider (tatsächliche Berichtigung) 105

Ing. Leopold Maderthaner 106

Dr. Alexander Van der Bellen (tatsächliche Berichtigung) 156

Mag. Helmut Peter 156

Heidrun Silhavy 158

Karl Öllinger 161

Georg Schwarzenberger 165

Helmut Haigermoser 168

Helmut Dietachmayr 171

Dr. Volker Kier 173

Mag. Franz Steindl 176

Dr. Alexander Van der Bellen 178

Josef Edler 185

Peter Rosenstingl 187

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 189

Mag. Thomas Barmüller 191

Franz Riepl 192

Mag. Karl Schweitzer 194

Mag. Dr. Josef Trinkl 196

Mag. Reinhard Firlinger 198

Mag. Gilbert Trattner 200

Franz Koller 202

Edith Haller 203

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend rückwirkende Abschaffung von Sozialversicherungspflicht und Abzugsteuer für Werkverträge – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 83, 205

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Brüsseler EU-Förderfalle – Ablehnung 102, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Rettung der Semperit Reifen AG und der übrigen österreichischen KFZ-Zulieferindustrie – Ablehnung 103, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Ewald Nowotny und Genossen betreffend Schwerpunkte der österreichischen Integrationspolitik – Annahme (E 23) 160, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Aussetzung der bestehenden Werkvertragsregelung und Frist für arbeits- und sozialrechtliche Regelung prekärer Arbeitsverhältnisse – Ablehnung 163, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Nutzung der aus dem EU-Haushalt an Österreich rückerstatteten Finanzmittel für aktive Arbeitsmarktpolitik – Ablehnung 164, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Vorbereitung einer Beschäftigungsoffensive – Ablehnung 165, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend EU-Beitragsermäßigungen – Ablehnung 170, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend EU-Kurskorrektur auf sozialer, ökologischer und friedenspolitischer Basis – Ablehnung 183, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Neuverhandlung des Transitvertrages – Ablehnung 188, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend die Aufrechterhaltung der hohen österreichischen Umweltstandards innerhalb der EU – Ablehnung 195, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend eine Volksabstimmung über die Teilnahme Österreichs an der Einheitswährung "Euro" – Ablehnung 202, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend volle Verlustabgeltung für Österreichs Rinderbauern – Ablehnung 203, 211


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37. Sitzung / Seite 6

Eingebracht wurden

Petition 64

Petition betreffend "Gerechtigkeit bei den Telefongebühren" (Ordnungsnummer 14) (überreicht vom Abgeordneten Peter Rosenstingl )

Bürgerinitiativen 64

Bürgerinitiative betreffend "Tieflegung der Verbindungsbahn im 13. Wiener Gemeindebezirk anstatt Bau des Lainzer Tunnels" (Ordnungsnummer 7)

Bürgerinitiative betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich (Ordnungsnummer 8)

Regierungsvorlagen 63

212: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

252: Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG

253: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden

309: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen über die Förderung und den Schutz von Investitionen

310: Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird

311: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden

312: Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden (Bauträgervertragsgesetz – BTVG) und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert wird

313: Medizinproduktegesetz – MPG

314: Internationales Naturkautschukübereinkommen von 1995 samt Anlagen

315: Protokoll zum vierten AKP-EG-Abkommen von Lomé infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union

316: Abkommen zur Änderung des vierten AKP-EG-Abkommens von Lomé samt Schlußakte

317: Strafvollzugsgesetznovelle 1996

318: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung geändert werden

320: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Schweden über Soziale Sicherheit

322: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur elften Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 11)


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37. Sitzung / Seite 7

Berichte 64

III-27: Bericht über die Studie "Einheitliches Umweltanlagenrecht" entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 24. September 1993, E 121-NR/XVIII. GP; BM f. Umwelt, Jugend und Familie

III-29: Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Kostentransparenz staatlicher Aufgabenerfüllung, Einführung einer Kostenrechnung des Bundes und Einrichtung eines Haushaltsausschusses"

III-40: Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes 1995 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen; BM f. Umwelt, Jugend und Familie

III-41: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1995; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

III-42: Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Bundesregierung

III-43: Gleichbehandlungsbericht (VII/1990 – VI/1995); BM f. Arbeit und Soziales und BM f. Frauenangelegenheiten

III-45: Bericht über den Finanzschuldenbericht der Österreichischen Postsparkasse für 1995; BM f. Finanzen

III-46: Bericht über die vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführte Studie betreffend Umverteilung durch öffentliche Haushalte in Österreich aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 22. März 1991, E 10-NR/XVIII. GP; BM f. Finanzen

III-47: Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Altlastensanierung

III-48: Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1995 (Grüner Bericht 1995); Bundesregierung

III-49: Budgetprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1996 – 2000; BM f. Finanzen

III-51: Bericht über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der Urheberrechtsgesetznovelle 1980 in der Fassung der Novelle 1986 (Geschäftsjahr 1995); BM f. Wissenschaft, Verkehr und Kunst

Vorlage 13 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 1996; BM f. Finanzen

Vorlage 14 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 2. Quartal 1996; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Schutz unserer Kinder (280/A) (E)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) (281/A)


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37. Sitzung / Seite 8

Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (282/A)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Anwendung der 80 Prozent Wahlarztregelung auch auf Physiotherapeuten und drei andere Medizinisch-Technische Dienste (MTDs) (283/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend die Aufhebung der Bestimmungen über die Sozialversicherungspflicht von Werk- und sogenannten freien Dienstverträgen (284/A)

Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Begrenzung der Politiker- und Funktionärsbezüge (285/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Änderung des Jugendgerichtsgesetzes (BGBl. 1988/599) (286/A)

Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (287/A)

Dr. Walter Schwimmer, Ing. Erwin Kaipel und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (288/A)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Bundesgesetz über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages, BGBl. Nr. 13/1952, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 376/1986, geändert werden (289/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Bummelstudent Karl Habsburg (1199/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Unmöglichkeit der Einhaltung des AMFG bei Ambulatorien (1200/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend die Umwandlung der pflichtgemäßen Kostenersatzleistungen für Rettungs- und Krankentransporte durch die Sozialversicherungsträger in freiwillige Leistungen (1201/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend die Neuberechnung der Steigerungsbeträge für die Alterspension (1202/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend einschneidende Verschlechterungen für Medizinisch-Technische Dienste (MTDs) (1203/J)


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37. Sitzung / Seite 9

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Verein "Freimaurervereinigung des Schottischen Ritus" hinsichtlich gesetz- und statutenwidriger Handlungen (1204/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend private Arbeitsvermittler (1205/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogendelikte in Vorarlberger Drogenberatungsstellen (1206/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Drogendelikte in Vorarlberger Drogenberatungsstellen (1207/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Drogendelikte in Vorarlberger Drogenberatungsstellen (1208/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Förderung von Nationalparks (1209/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Autofahren und Telefonieren (1210/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Wagenmaterial der ÖBB (1211/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Börsegang der Post (1212/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend biogene Abfälle und Hygiene (1213/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend biogene Abfälle (1214/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Unbrauchbarmachung von Feldschuhen (1215/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend mangelhafte Umsetzung von EU-Richtlinien (1216/J)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Anton Leikam und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die weitere Entwicklung rund um die Zollwache (1096/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Atomstromimporte nach erfolgter Liberalisierung der EU-Strommärkte (1184/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günther Platter und Genossen (603/AB zu 634/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (604/AB zu 671/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Willi Sauer und Genossen (605/AB zu 837/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (606/AB zu 608/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (607/AB zu 611/J)


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37. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (608/AB zu 615/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Verena Dunst und Genossen (609/AB zu 690/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (610/AB zu 614/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (611/AB zu 624/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (612/AB zu 651/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (613/AB zu 691/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (614/AB zu 677/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (615/AB zu 610/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (616/AB zu 663/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (617/AB zu 679/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen (618/AB zu 696/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (619/AB zu 707/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (620/AB zu 709/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (621/AB zu 732/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (622/AB zu 734/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (623/AB zu 736/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (624/AB zu 627/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen (625/AB zu 602/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schieder und Genossen (626/AB zu 645/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder und Genossen (627/AB zu 693/J)


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37. Sitzung / Seite 11

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (628/AB zu 763/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (629/AB zu 766/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (630/AB zu 632/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (631/AB zu 746/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (632/AB zu 806/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (633/AB zu 622/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (634/AB zu 699/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (635/AB zu 616/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Sonja Ablinger und Genossen (636/AB zu 657/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (637/AB zu 687/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (638/AB zu 790/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Genossen (639/AB zu 605/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (640/AB zu 621/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (641/AB zu 639/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (642/AB zu 682/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (643/AB zu 688/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (644/AB zu 686/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (645/AB zu 665/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (646/AB zu 653/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (647/AB zu 661/J)


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37. Sitzung / Seite 12

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen (648/AB zu 643/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (649/AB zu 656/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (650/AB zu 618/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (651/AB zu 623/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (652/AB zu 638/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (653/AB zu 704/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (654/AB zu 762/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (655/AB zu 695/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (656/AB zu 705/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (657/AB zu 708/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (658/AB zu 712/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (659/AB zu 713/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (660/AB zu 716/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (661/AB zu 720/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (662/AB zu 729/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (663/AB zu 740/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (664/AB zu 741/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (665/AB zu 742/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (666/AB zu 744/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (667/AB zu 768/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (668/AB zu 849/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (669/AB zu 612/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Salzl und Genossen (670/AB zu 613/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (671/AB zu 617/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (672/AB zu 628/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (673/AB zu 631/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (674/AB zu 635/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (675/AB zu 636/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (676/AB zu 650/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer und Genossen (677/AB zu 655/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (678/AB zu 680/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (679/AB zu 681/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (680/AB zu 803/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (681/AB zu 626/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (682/AB zu 938/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson und Genossen (683/AB zu 787/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen (684/AB zu 783/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (685/AB zu 775/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Sonja Moser und Genossen (686/AB zu 719/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (687/AB zu 710/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (688/AB zu 685/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (689/AB zu 684/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (690/AB zu 683/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer und Genossen (691/AB zu 630/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (692/AB zu 668/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (693/AB zu 654/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (694/AB zu 664/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (695/AB zu 658/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (696/AB zu 667/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (697/AB zu 669/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (698/AB zu 647/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Marizzi und Genossen (699/AB zu 607/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (700/AB zu 609/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen (701/AB zu 620/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (702/AB zu 619/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (703/AB zu 808/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (704/AB zu 672/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (705/AB zu 659/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (706/AB zu 841/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (707/AB zu 666/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 15

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (708/AB zu 670/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (709/AB zu 675/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen (710/AB zu 633/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (711/AB zu 694/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (712/AB zu 604/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (713/AB zu 765/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (714/AB zu 773/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (715/AB zu 625/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (716/AB zu 606/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (717/AB zu 640/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (718/AB zu 662/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Marizzi und Genossen (719/AB zu 725/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (720/AB zu 804/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (721/AB zu 660/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (722/AB zu 805/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (723/AB zu 735/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (724/AB zu 926/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (725/AB zu 718/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Elmecker und Genossen (726/AB zu 701/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Elmecker und Genossen (727/AB zu 703/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (728/AB zu 758/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (729/AB zu 771J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (730/AB zu 784/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (731/AB zu 747/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (732/AB zu 749/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (733/AB zu 798/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (734/AB zu 823/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (735/AB zu 826/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen (736/AB zu 848/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (737/AB zu 752/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (738/AB zu 753/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (739/AB zu 754/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (740/AB zu 760/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (741/AB zu 777/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (742/AB zu 799/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (743/AB zu 774/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (744/AB zu 792/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (745/AB zu 802/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (746/AB zu 822/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (747/AB zu 824/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (748/AB zu 825J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (749/AB zu 827/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (750/AB zu 895/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (751/AB zu 721/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (752/AB zu 781/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (753/AB zu 838/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen (754/AB zu 952/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (755/AB zu 789/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (756/AB zu 845/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen (757/AB zu 878/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (758/AB zu 923/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (759/AB zu 840/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (760/AB zu 796/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (761/AB zu 809/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (762/AB zu 810/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (763/AB zu 811/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (764/AB zu 812/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (765/AB zu 813/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (766/AB zu 814/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (767/AB zu 815/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (768/AB zu 816/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (769/AB zu 817/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (770/AB zu 818/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (771/AB zu 819/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (772/AB zu 820/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (773/AB zu 821/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (774/AB zu 697/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.- Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (775/AB zu 698/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (776/AB zu 772/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Trenk und Genossen (777/AB zu 874/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (778/AB zu 717/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (779/AB zu 751/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (780/AB zu 778/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (781/AB zu 786/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (782/AB zu 750/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (783/AB zu 756/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (784/AB zu 880/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (785/AB zu 1109/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (786/AB zu 794/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (787/AB zu 797/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (788/AB zu 828/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (789/AB zu 829/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (790/AB zu 830/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (791/AB zu 831/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (792/AB zu 832/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (793/AB zu 833/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (794/AB zu 834/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (795/AB zu 888/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (796/AB zu 779/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (797/AB zu 873/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (798/AB zu 882/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (799/AB zu 1018/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (800/AB zu 856/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (801/AB zu 866/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (802/AB zu 870/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (803/AB zu 898/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (804/AB zu 949/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Elmecker und Genossen (805/AB zu 702/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen (806/AB zu 706/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (807/AB zu 748/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (808/AB zu 757/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (809/AB zu 770/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson und Genossen (810/AB zu 788/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (811/AB zu 791/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (812/AB zu 877/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (813/AB zu 911/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (814/AB zu 917/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (815/AB zu 931/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (816/AB zu 761/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (817/AB zu 865/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (818/AB zu 780/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (819/AB zu 835/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (820/AB zu 851/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (821/AB zu 881/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (822/AB zu 913/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (823/AB zu 924/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (824/AB zu 711/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (825/AB zu 715/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (826/AB zu 730/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (827/AB zu 731/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (828/AB zu 733/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (829/AB zu 764/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (830/AB zu 767/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (831/AB zu 927/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Marizzi und Genossen (832/AB zu 726/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (833/AB zu 755/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (834/AB zu 800/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (835/AB zu 807/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (836/AB zu 846/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (837/AB zu 887/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (838/AB zu 958/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (839/AB zu 1040/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (840/AB zu 737/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (841/AB zu 739/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (842/AB zu 743/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (843/AB zu 793/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (844/AB zu 844/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (845/AB zu 867/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (846/AB zu 919/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (847/AB zu 957/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (848/AB zu 745/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (849/AB zu 759/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (850/AB zu 782/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen (851/AB zu 723/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (852/AB zu 728/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (853/AB zu 776/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (854/AB zu 769/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (855/AB zu 801/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (856/AB zu 925/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (857/AB zu 795/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Fritz Neugebauer und Genossen (858/AB zu 839/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (859/AB zu 724/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (860/AB zu 727/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (861/AB zu 738/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (862/AB zu 847/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (863/AB zu 853/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (864/AB zu 930/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (865/AB zu 950/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (866/AB zu 929/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (867/AB zu 1046/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (868/AB zu 935/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (869/AB zu 936/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (870/AB zu 937/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (871/AB zu 836/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (872/AB zu 842/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (873/AB zu 843/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (874/AB zu 850/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (875/AB zu 883/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (876/AB zu 899/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (877/AB zu 933/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (878/AB zu 852/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (879/AB zu 915/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Verena Dunst und Genossen (880/AB zu 918/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (881/AB zu 948/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (882/AB zu 1005/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (883/AB zu 1006/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (884/AB zu 1007/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (885/AB zu 1150/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (886/AB zu 864/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (887/AB zu 879/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (888/AB zu 1082/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (889/AB zu 959/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Huber und Genossen (890/AB zu 857/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (891/AB zu 897/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (892/AB zu 875/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (893/AB zu 943/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (894/AB zu 901/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Salzl und Genossen (895/AB zu 1089/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (896/AB zu 1097/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (897/AB zu 1051/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (898/AB zu 1081/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (899/AB zu 863/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (900/AB zu 872/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (901/AB zu 905/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (902/AB zu 906/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (903/AB zu 932/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (904/AB zu 944/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (905/AB zu 1008/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (906/AB zu 1068/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (907/AB zu 1143/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (908/AB zu 920/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (909/AB zu 1119/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (910/AB zu 1191/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (911/AB zu 869/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (912/AB zu 871/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (913/AB zu 1110/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (914/AB zu 1125/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (915/AB zu 884/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (916/AB zu 886/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (917/AB zu 868/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Gisela Wurm und Genossen (918/AB zu 855/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (919/AB zu 859/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (920/AB zu 858/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (921/AB zu 910/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (922/AB zu 912/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen (923/AB zu 934/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (924/AB zu 1072/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (925/AB zu 900/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (926/AB zu 907/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (927/AB zu 967/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (928/AB zu 1064/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (929/AB zu 1146/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (930/AB zu 928/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (931/AB zu 954/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (932/AB zu 1071/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (933/AB zu 1091/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (934/AB zu 889/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (935/AB zu 893/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (936/AB zu 922/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (937/AB zu 1043/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (938/AB zu 940/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (939/AB zu 941/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (940/AB zu 860/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (941/AB zu 890/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (942/AB zu 916/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (943/AB zu 1190/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (944/AB zu 891/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (945/AB zu 921/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (946/AB zu 1120/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (947/AB zu 1144/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (948/AB zu 1152/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (949/AB zu 876/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (950/AB zu 903/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (951/AB zu 1118/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (952/AB zu 861/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (953/AB zu 862/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (954/AB zu 885/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (955/AB zu 894/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (956/AB zu 896/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (957/AB zu 902/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (958/AB zu 904/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (959/AB zu /908J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (960/AB zu 909/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (961/AB zu 914/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (962/AB zu 1149/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (963/AB zu 956/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (964/AB zu 964/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schrefel und Genossen (965/AB zu 973/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (966/AB zu 978/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (967/AB zu 1017/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (968/AB zu 1023/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (969/AB zu 1197/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (970/AB zu 1193/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (971/AB zu 892/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (972/AB zu 1162/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (973/AB zu 939/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (974/AB zu 945/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (975/AB zu 1048/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (976/AB zu 960/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (977/AB zu 1003/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (978/AB zu 1014/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (979/AB zu 1121/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (980/AB zu 1076/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (981/AB zu 1001/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (982/AB zu 1009/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (983/AB zu 1022/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemaria Onodi und Genossen (984/AB zu 1029/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (985/AB zu 946/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (986/AB zu 942/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (987/AB zu 947/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 29

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (988/AB zu 1010/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (989/AB zu 1044/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (990/AB zu 1053/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (991/AB zu 1198/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (992/AB zu 955/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (993/AB zu 972/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (994/AB zu 1012/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (995/AB zu 1013/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (996/AB zu 1066/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (997/AB zu 1069/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (998/AB zu 953/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (999/AB zu 969/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1000/AB zu 975/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1001/AB zu 979/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1002/AB zu 982/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1003/AB zu 995/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1004/AB zu 1037/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1005/AB zu 1050/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (1006/AB zu 1134/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1007/AB zu 1166/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 30

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1008/AB zu 987/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (1009/AB zu 996/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (1010/AB zu 1052/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1011/AB zu 1067/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Brunhilde Fuchs und Genossen (1012/AB zu 1073/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1013/AB zu 1074/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1014/AB zu 1090/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (1015/AB zu 1094/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Verena Dunst und Genossen (1016/AB zu 1106/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1017/AB zu 1138/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1018/AB zu 965/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (1019/AB zu 983/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (1020/AB zu 985/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (1021/AB zu 986/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (1022/AB zu 997/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1023/AB zu 1130/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (1024/AB zu 984/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (1025/AB zu 1028/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (1026/AB zu 1086/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1027/AB zu 1172/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 31

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1028/AB zu 970/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (1029/AB zu 1016/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (1030/AB zu 1020/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1031/AB zu 1151/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (1032/AB zu 1036/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (1033/AB zu 1019/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (1034/AB zu 1063/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (1035/AB zu 1065/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1036/AB zu 1148/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1037/AB zu 1163/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (1038/AB zu 993/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1039/AB zu 1056/J und 1188/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1040/AB zu 1070/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (1041/AB zu 1083/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1042/AB zu 1042/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (1043/AB zu 1101/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1044/AB zu 1055/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1045/AB zu 1041/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1046/AB zu 962/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1047/AB zu 971/J)


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37. Sitzung / Seite 32

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1048/AB zu 977/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1049/AB zu 980/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1050/AB zu 1169/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1051/AB zu 966/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1052/AB zu 981/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (1053/AB zu 1002/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1054/AB zu 968/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (1055/AB zu 974/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1056/AB zu 963/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (1057/AB zu 1035/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1058/AB zu 1122/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1059/AB zu 1194/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1060/AB zu 1192/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1061/AB zu 1116/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1062/AB zu 976/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (1063/AB zu 1015/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1064/AB zu 1031/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (1065/AB zu 1032/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (1066/AB zu 1034/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1067/AB zu 1049/J)


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37. Sitzung / Seite 33

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1068/AB zu 1124/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1069/AB zu 1140/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1070/AB zu 1175/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (1071/AB zu 994/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1072/AB zu 1039/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (1073/AB zu 1078/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (1074/AB zu 1079/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (1075/AB zu 1092/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ernst Fink und Genossen (1076/AB zu 1098/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1077/AB zu 1123/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (1078/AB zu 1135/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (1079/AB zu 1136/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (1080/AB zu 1189/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Fritz Neugebauer und Genossen (1081/AB zu 992/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (1082/AB zu 1021/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1083/AB zu 1054/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1084/AB zu 1075/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1085/AB zu 1112/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (1086/AB zu 1114/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (1087/AB zu 1115/J)


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37. Sitzung / Seite 34

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1088/AB zu 1131/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1089/AB zu 1161/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (1090/AB zu 1176/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (1091/AB zu 961/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (1092/AB zu 1038/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1093/AB zu 1045/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (1094/AB zu 1093/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1095/AB zu 1185/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1096/AB zu 1103/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (1097/AB zu 1113/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1098/AB zu 1127/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1099/AB zu 1147/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1100/AB zu /1061J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1101/AB zu 1057/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1102/AB zu 1058/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günther Platter und Genossen (1103/AB zu 1100/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1104/AB zu 1117/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1105/AB zu 1167/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1106/AB zu 1168/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (1107/AB zu 991/J)


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37. Sitzung / Seite 35

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1108/AB zu 1060/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1109/AB zu 1179/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1110/AB zu 1047/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1111/AB zu 988/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (1112/AB zu 998/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1113/AB zu 1059/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (1114/AB zu 1111/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1115/AB zu 1157/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1116/AB zu 1158/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1117/AB zu 1177/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1118/AB zu 1180/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1119/AB zu 1196/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (1120/AB zu 1027/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (1121/AB zu 1033/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (1122/AB zu 1088/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1123/AB zu 1159/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (1124/AB zu 1004/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1125/AB zu 1062/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (1126/AB zu 1108/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1127/AB zu 1142/J)


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37. Sitzung / Seite 36

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1128/AB zu 1156/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1129/AB zu 1141/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1130/AB zu 1170/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (1131/AB zu 1085/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (1132/AB zu 1087/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1133/AB zu 1137/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1134/AB zu 1173/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1135/AB zu 1155/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1136/AB zu 1186/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1137/AB zu 1105/J)


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37. Sitzung / Seite 37

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1138/AB zu 1153/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1139/AB zu 1104/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1140/AB zu 1129/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (1141/AB zu 1000/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (1142/AB zu 1095/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1143/AB zu 1174/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hannelore Buder und Genossen (1144/AB zu 1102/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (1145/AB zu 1099/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1146/AB zu 1165/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1147/AB zu 1187/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1148/AB zu 1160/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1149/AB zu 1126/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1150/AB zu 1080/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1151/AB zu 1181/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (1152/AB zu 999/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1153/AB zu 1183/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Sigl und Genossen (1154/AB zu 1024/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1155/AB zu 1145/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (1156/AB zu 1154/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1157/AB zu 1178/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1158/AB zu 1084/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (1159/AB zu 1107/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1160/AB zu 1139/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1161/AB zu 1182/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (1162/AB zu 1077/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1163/AB zu 1030/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (1164/AB zu 1171/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1165/AB zu 1164/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1166/AB zu 1195/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1167/AB zu 1011/J)


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37. Sitzung / Seite 38

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (1168/AB zu 1128/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (1169/AB zu 1133/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (1170/AB zu 1132/J)

*****

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (Zu 671/AB zu 617/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (Zu 872/AB zu 842/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (Zu 946/AB zu 1120/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (Zu 989/AB zu 1044/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3/ABPR zu 3/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4/ABPR zu 4/JPR)

 


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37. Sitzung / Seite 39

Beginn der Sitzung: 11.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zu der ersten Sitzung nach dem Sommer. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen.

Ich eröffne die 37. Sitzung des Nationalrates, die ordnungsgemäß eingeladen wurde.

Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 10. September 1996 nach Art. 28 Bundes-Verfassungsgesetz den Nationalrat für den 17. September zu seiner ordentlichen Tagung 1996/97 einberufen. Aufgrund dieser Entschließung wurde die heutige Sitzung anberaumt.

Die Amtlichen Protokolle der 34. Sitzung vom 9. und 10. Juli sowie der 35. Sitzung und 36. Sitzung sind aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Eder, Marizzi, Dr. Ofner, Schöll, Dr. Preisinger, Dr. Löschnak, Aumayr, Dr. Haselsteiner, Dr. Brinek, Dr. Brader, Dr. Höchtl, Dkfm. Mühlbachler, Dr. Fuhrmann, Dr. Stippel, Ing. Tychtl und Dr. Povysil.

Es ist mir eine Freude, meine Damen und Herren, in unserer Mitte die Speakerin des Britischen Unterhauses, die auf einem offiziellen Besuch in Österreich ist, auf das herzlichste zu begrüßen. Willkommen, Madam! (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß das Bundeskanzleramt Mitteilung gemacht hat wie folgt über eine Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Regierungsmitgliedern:

Herr Justizminister Dr. Michalek wird durch Innenminister Dr. Caspar Einem vertreten.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß der Abgeordnete Mag. Stadler im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung Einwendungen gegen die Tagesordnung der heutigen Sitzung erhoben hat. Diese Einwendungen betreffen die Aufnahme des Berichtes des Wirtschaftsausschusses über den Berufsbildungsbericht 1995 in die heutige Tagesordnung.

Wenn der Präsident des Nationalrates diesen Einwendungen nicht beitritt, hat der Nationalrat zu entscheiden. Es kann darüber eine Debatte geführt werden.

Eine solche Debatte ist verlangt worden. Ich werde daher diese Debatte jetzt durchführen und gemäß § 50 der Geschäftsordnung eine Redezeit von fünf Minuten für maximal drei Redner pro Fraktion festsetzen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte sehr. Redezeit: fünf Minuten.

11.07

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Sitzung nach der langen Sommerpause ist ja irgendwie eine Premiere. Es wurde auch in den Medien schon festgehalten, daß es die erste Sitzung nach der neuen Geschäftsordnung ist, nach einer Geschäftsordnung, die von vier Fraktionen in diesem Parlament gegen


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37. Sitzung / Seite 40

die Stimmen der Freiheitlichen beschlossen wurde – auch mit den Stimmen von zwei Oppositionsparteien, was ja besonders merkwürdig und bezeichnend für die Blockbildung in diesem Haus ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Geschäftsordnung nimmt der Opposition nicht nur jede Gestaltungs-, sondern auch jede Kontrollmöglichkeit. Das gilt vor allem auch für dringliche Anfragen. Die Mehrheit dieses Hauses, die Regierungsmehrheit kann jede dringliche Anfrage der Opposition übertrumpfen und so der Opposition dieses wichtige Element der Kontrolle nehmen.

Aber die Opposition – besser gesagt: Quasi-Opposition – von Grünen und Liberalen ist ja auch schon draufgekommen, wie das läuft. Ich höre, daß man die Regierungsparteien ersucht hat, jetzt nur ja keine dringlichen Anfragen einzubringen, weil man ja selbst auch noch das eine oder andere sagen möchte. – Man hat also schon gesehen, was in Zukunft auf uns zukommen wird.

Meine Damen und Herren! Wir sehen es ja an der jetzigen Tagesordnung: Wir sind kein Arbeitsparlament mehr, sondern wir haben Tagesordnungen anscheinend nur deswegen, daß es nach außenhin so aussieht, als würden wir arbeiten. Wir haben eine Reihe von ersten Lesungen hier, wir haben zwei Berichte – ansonsten ist nichts davon zu sehen, daß hier gearbeitet wird, daß Vorlagen kommen, daß wichtige Probleme, die in diesem Land auf uns zukommen, Probleme, vor denen wir jetzt stehen, hier in diesem Hohen Haus diskutiert werden können.

Deshalb stellen wir den Antrag, die Tagesordnung zu ergänzen, und zwar um den Berufsbildungsbericht 1995. – Meine Damen und Herren! Warum geht es uns gerade um diesen Berufsbildungsbericht 1995? Seit 7. März 1996, also seit mehr als einem halben Jahr, ist dieser Berufsbildungsbericht im Ausschuß behandelt worden, zumindest der erste Teil, und dieser Berufsbildungsbericht gibt einen sehr interessanten und informativen Abriß über die Lage der beruflichen Bildung in Österreich. Gerade im Hinblick auf die Situation der Jugend und hier vor allem in bezug auf die Frage der Lehrlingsausbildung, wäre es wichtig, diesen Bericht heute offensiv zu diskutieren. Ich glaube, das wäre im Interesse aller Fraktionen. – Ich sehe hier den Kollegen Koppler, ich sehe hier auch Vertreter anderer Fraktionen, von denen ich weiß, daß für sie die Frage der Lehrlingsausbildung, der Berufsbildung unserer Jugend ein wichtiges Anliegen ist.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute zwar auch noch eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema, aber es geht uns auch um die Möglichkeit, Anträge einzubringen, vielleicht gemeinsam Anträge einzubringen, um in den Fragen der Lehrlingsausbildung und der Berufsausbildung unserer Jugend wieder einen Schritt vorankommen.

Warum ist es so wichtig, daß wir das heute diskutieren, meine Damen und Herren? – Vor kurzem haben wir ja Statistiken etwa über die Frage der Jugendarbeitslosigkeit bekommen. Erstmals seit 1988 ist die Jugendarbeitslosigkeit wieder gestiegen, und zwar um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Erstmals seit 1988! Und die Zahlen über die Entwicklung der Lehrlinge zeigen ja auch, wie wichtig es wäre, diese Frage jetzt zu diskutieren.

Im Juli 1994 etwa gab es noch 9 200 angebotene Lehrstellen, dem standen 7 000 Lehrstellensuchende gegenüber. Das bedeutete also einen Überhang von mehr als 2 000 Lehrstellen, Herr Kollege Khol. Im Juli 1995 – und da sieht man, wie innerhalb von einem Jahr diese Entwicklung umgekehrt wurde – gab es 6 500 angebotene Lehrstellen und 7 700 Lehrstellensuchende. Heuer, im Juli 1996, suchen über 5 000 angehende Lehrlinge einen Arbeitsplatz – und finden keinen.

Meine Damen und Herren! Es wäre wichtig, heute in diesem Hohen Haus – in der ersten Sitzung nach der Sommerpause – ein klares Signal zu setzen, ein erstes Zeichen zu geben und diesen Bericht zu diskutieren. Darauf aufbauend könnten auch die entsprechenden Anträge gestellt und die entsprechenden Initiativen gesetzt werden.(Beifall bei den Freiheitlichen.)


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37. Sitzung / Seite 41

11.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Kostelka. – Gleiche Redezeit: fünf Minuten.

11.11

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lehrlingsausbildung und die Situation auf dem Lehrlingsarbeitsmarkt ist fürwahr eine wichtige, eine ganz wesentliche Frage, der wir uns in diesem Haus zu widmen haben werden – und wir tun dies auch. Herr Abgeordneter Scheibner! Die moralische Entrüstung, die Sie hier an den Tag gelegt haben, ist künstlich, diese nehme ich Ihnen nicht ab. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Ich nehme Ihnen diese Entrüstung nicht ab und möchte Ihnen als Grund dafür eine Passage aus dem Protokoll der Präsidialkonferenz vom Freitag vergangener Woche vorlesen. (Abg. Scheibner : Da war ich nicht dabei, Herr Kollege!) – Deswegen hat sich ja Herr Abgeordneter Stadler nicht als erster zu Wort gemeldet: weil er ganz genau weiß, was vereinbart wurde. Und die Frage der Lehrlingsproblematik ist ja nicht erst seit Freitag so dringlich geworden, sondern diese Problematik ist uns schon seit dem Sommer, ja seit dem Frühjahr dieses Jahres bewußt.

Meine Damen und Herren! Es wurde in diesem Zusammenhang in der Präsidiale – und ich darf die Mitglieder dieses Hauses bitten, zu beachten, was tatsächlich vereinbart wurde – als Ergebnis einer Diskussion über oppositionelle Vorschläge, Vorschläge des Kollegen Stadler betreffend die Tagesordnung der nächstfolgenden NR-Sitzungen am 2. und 3. Oktober die Vereinbarung getroffen, genau diesen Bericht, von dem Sie jetzt gesprochen haben, auf die Tagesordnung zu setzen. Und Sie, Herr Kollege Stadler, haben das zur Kenntnis genommen, Sie haben das akzeptiert.

Wir haben das gemeinsam in Aussicht genommen, weil wir alle davon überzeugt sind, daß die Lehrlingsproblematik eine so wesentliche ist, daß sie an prominenter Stelle einer Tagesordnung diskutiert und abgehandelt werden soll – nicht aber heute, am Ende eines langen Plenarsitzungstages. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.) Das ist der Grund, warum dieser Punkt nicht heute, sondern in 14 Tagen diskutiert werden wird.

Sie haben darüber hinaus auch noch – wofür wir Ihnen durchaus dankbar sind – die Gelegenheit wahrgenommen, die heutige Aktuelle Stunde für eine Diskussion über Lehrlingsprobleme zu nützen. Wir werden also in dieser Plenarwoche und auch in der nächsten Plenarwoche – innerhalb von 14 Tagen also zweimal – diese wichtige Frage diskutieren. Das halte ich für richtig, das halte ich für notwendig, und das entspricht meiner Meinung nach auch den Vereinbarungen in der Präsidiale.

Lassen Sie mich als letztes noch ein Wort zu dem sagen, was hier über die neue Geschäftsordnung gesagt wurde. Meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: In diesem Haus gibt es drei Oppositionsfraktionen – Sie sind eine davon –, und diese Geschäftsordnungsreform hat die Mehrheit von vier Parteien dieses Hauses gefunden, weil sie eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten bedeutet. Diese Geschäftsordnung wird sicherstellen, daß wir ein echtes Arbeitsparlament verwirklichen können, ein Parlament, in dem intensive legistische Arbeit geleistet wird – und das in rascherer Abfolge der Argumente und in rascherer Abfolge der Themen. Wir werden mehr Beratungstage haben, wir werden mehr oppositionelle Aktivitäten haben als je zuvor. Wir werden aber – das geben ich zu – weniger Nachtberatungsstunden haben, weil diese eine Zumutung für uns alle sind und in der Regel keine mediale Berücksichtigung mehr finden. Wir haben mehr und neue oppositionelle Instrumente und mehr Öffentlichkeit. Es ist dies alles in allem eine Geschäftsordnung, die diesem Haus wahrlich gut ansteht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen. – Abg. Scheibner : Aber immer nur dann, wenn Sie es wollen!)

11.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächstem erteile ich Herrn Abgeordneten Haupt das Wort. – Gleiche Redezeit.

11.16

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte meinem Vorredner, Dr. Kostelka, nur in einem einzigen Punkt


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recht geben. (Rufe: Frau Bundesminister!) Bitte um Entschuldigung: Frau Bundesminister, selbstverständlich. – Ich möchte dem Kollegen Kostelka nur in einem Punkt recht geben: daß die Lehrlingsausbildung eine eminent wichtige Frage für diese Zweite Republik geworden ist.

Gestern hat der Sozialwissenschaftler Kaufmann im Fernsehen deutlich gemacht, daß das Problem, keine Lehrstelle zu bekommen, für die weitere Entwicklung des Jugendlichen ein ganz entscheidendes ist. Es ist dies eine wichtigere und in ihren sozialen Auswirkungen schwieriger zu beurteilende Frage als die Frage nach einer Lehre oder die Frage nach einer temporären Weiterbeschäftigung eines älteren Arbeitnehmers. Ich glaube daher, daß das Begehren der freiheitlichen Fraktion, den seit März dieses Jahres im Wirtschaftsausschuß anstehenden Bericht endlich hier im Plenum zu behandeln, berechtigt ist.

Ich bin Herrn Kostelka auch dankbar dafür, daß er wenigstens für die Öffentlichkeit erwähnt hat, daß es unserem Kollegen Stadler in der Präsidiale wichtig war, daß dieses Thema endlich erledigt und nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag hinausgeschoben wird. Ich gebe schon zu, sehr geehrter Kollege Kostelka, daß das eine oder andere in der Präsidiale nicht den Wünschen der Freiheitlichen entspricht, von uns aber dennoch zähneknirschend als die bessere von zwei schlechten Möglichkeiten akzeptiert werden muß. Wir haben ja in der Präsidiale keine Mehrheit, sondern sind auch dort an eine Konsensfindung gebunden.

Ich glaube aber nicht, daß die Österreicherinnen und Österreicher die neue Geschäftsordnung als einen Weg hin zu einem Arbeitsparlament empfinden werden, wenn ein Bericht über die Jahre 1994 und 1995, der im März dieses Jahres – und ich zitiere hier den Bericht des Wirtschaftsausschusses vom 7. März 1996 – enderledigt worden ist, nicht oder verspätet auf die Tagesordnung genommen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dem österreichischen Parlament haben diese vielen Berichte in den letzten 40 Jahren Milliarden gekostet. Es gibt ja eine Anfrage der Kollegin Ederer bezüglich Kosten der Berichte, die jeder nachlesen kann, eine Anfrage aus der Zeit, als sie noch Fraktionsvorsitzende im Rechnungshofausschuß war. Es wird hier eine massive Steuerverschwendungspolitik betrieben, indem Steuermittel für diese Berichte aufgewendet werden, die Berichte aber im Hohen Haus liegenbleiben oder aufgrund einer Legisvakanz durch vorzeitige Beendigung der Legislaturperiode oder aus dem Grund, weil sie für die Regierungsparteien katastrophal ausgefallen sind, überhaupt nicht zur Debatte kommen.

Die Anzahl der Berichte ist Legion. Ich glaube, daß gerade dieser Bericht über die Situation der Lehrlingsausbildung, über die Berufsausbildungspolitik und die berufliche Weiterbildung aktueller ist als je zuvor. Gerade in diesen Tagen sollten Tausende junge Österreicherinnen und Österreicher, die auf einen Arbeitsplatz gehofft haben, endlich einmal sehen, daß das Parlament nicht nur in einer Aktuellen Stunde darüber diskutiert, sondern daß dieser Bericht einer Enderledigung zugeführt wird, ein Bericht, der Zukunftsoptionen und Zukunftsaussichten, Analysen über die Schwachstellen unseres Ausbildungssystems und auch durchaus intelligente Anreize für die Zukunft beinhaltet.

Ich möchte darauf hinweisen, daß der Bericht im Ausschuß selbstverständlich nicht unwidersprochen geblieben ist und daher nur mehrheitlich angenommen worden ist, aber die Regierungsparteien haben wenigstens im Ausschuß mit den von mir vorher zitierten Worten ihren Bericht gefeiert. Ich verstehe daher nicht, warum man hier noch länger warten möchte, um diesen Bericht einer Enderledigung zuzuführen. Man sollte den jungen Menschen ein deutliches Signal geben, damit sie in diesem Staate wieder Hoffnung schöpfen können (Beifall bei den Freiheitlichen), nicht nur einen Arbeitsplatz annehmen zu müssen, der gerade frei ist, sondern wieder – wie in der Vergangenheit – zwischen acht oder neun unterschiedlichen Lehrplätzen wählen und sich jenen Lehrplatz aussuchen zu können, den sie sich für ihr weiteres Leben vorstellen. Es sollte nicht so sein, daß sie einfach irgendeinen Lehrplatz in Anspruch nehmen müssen, nur weil er gerade frei ist.

Ich hielte es für gerechtfertigt, diesen Bericht auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Ich appelliere an die Mehrheit in diesem Hause, diesem unserem Antrag auf Ergänzung der Tages


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ordnung zuzustimmen. Ich kann nämlich Kollegen Kostelka in einem sicherlich nicht zustimmen: daß gewichtet wird, ob ein Tagesordnungspunkt als erster, fünfter, siebenter oder neunter im Plenum abgehandelt wird und dann in entsprechender Weise prominent ist oder nicht. Wenn das so wäre, wie Kollege Kostelka das dargestellt hat, wäre die Familienpolitik in diesem Hause das Schlußlicht. Ich kann mich nämlich nicht daran erinnern, daß die Familienpolitik einmal der Tagesordnungspunkt 1 hier im Parlament gewesen wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist vielleicht decouvrierend, wenn der Klubobmann der SPÖ hier einmal die Wertigkeit der Dinge aus Sicht seiner Fraktion erläutert. – Ich hoffe, daß die Ergänzung der Tagesordnung heute erfolgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Gleiche Redezeit.

11.21

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Madam Speaker! Meine Damen und Herren! Die Lebenschancen unserer Jugend sind unser aller Anliegen. Das Lehrlingsproblem ist ein sehr wichtiges Problem. Wir wissen, daß noch nicht alle, die Arbeit suchen, Lehrstellen haben, in sicheren Händen von Lehrherren und Lehrfrauen sind. Es ist unser ganzes Bemühen, daß wir die Lebenschancen unserer Jugend auch in der Lehre sicherstellen.

Meine Damen und Herren! Durch die Diskussion eines Berichtes in diesem Haus wird keine einzige Lehrstelle geschaffen, denn die Lehrstellen schafft die Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und daß es Ihnen in dieser Angelegenheit nicht ernst ist, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, wird dadurch bewiesen, daß Sie einen Bericht, der noch nicht einmal fertiggestellt ist, zur Diskussion stellen wollen. Das heißt, der entscheidende Teil, der von der Unterrichtsministerin vorgelegt wird, ist noch nicht einmal im Ausschuß gewesen. Es geht Ihnen einmal mehr um window-dressing, um Schaupolitik, und das lehnen wir ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Für uns ist es wichtig, daß wir heute eine Grundsatzdebatte durchführen über unseren Weg in der Europäischen Union. Dazu wollen wir Erklärungen des Kanzlers und Vizekanzlers. Dazu werden wir eine Debatte über ein wichtiges Thema führen.

Das zweite wichtige Thema, das ich auch betonen möchte, ist der Schutz unserer Kinder vor Mißbrauch, vor sexueller Gewalt. Das hat für uns Priorität, daher diskutieren wir diese und nicht andere Dinge, wie es Ihnen von der einen Oppositionspartei gefallen würde. Die Prioritäten, meine Damen und Herren, setzen wir in der Präsidialkonferenz.

Und was Sie zur Geschäftsordnung gesagt haben: Ich verstehe schon, daß es Ihnen weh tut, daß wieder einmal vier Fraktionen einen demokratischen Weg gegangen sind, den Sie in Frage stellen. Wie sich die neue Geschäftsordnung bewährt, meine Damen und Herren, das werden wir sehen: The proof of the pudding is in the eating. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Gleiche Redezeit.

11.24

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Ich bin froh, daß Madam Speaker nicht weiter hört, mit welchen Instrumenten hier gearbeitet wird. Das Ausmaß der Unehrlichkeit ist interessanterweise immer noch steigerbar. Es ist mir wirklich unerträglich, in welcher Form diese Geschäftsordnung durch eine Fraktion dieses Hauses ge- und mißbraucht wird. (Abg. Mag. Stadler: Die Meisterin des Empörens ist am Wort!) Ich weiß nicht, wovon die Leute hier überhaupt reden. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Scheibner! Sie stellen sich hier herunter und sind offenbar nicht in der Lage, zu erkennen, daß es um eine Einwendungsdebatte geht. Das heißt, es geht um die Einwendungen gegen


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eine Tagesordnung. Sie sollten wissen, daß Tagesordnungen in der Präsidiale vereinbart werden. Als dann Kollege Kostelka darüber sprach, was in der Präsidiale vereinbart wurde, kam Ihr Zwischenruf: "Da war ich nicht dabei!" Wenn Sie es nicht wissen, dann stellen Sie sich nicht da her, dann schicken Sie den Herrn Stadler! (Beifall beim Liberalen Forum und bei SPÖ und ÖVP.) Denn dann müßten Sie wissen, was tatsächlich in der Präsidiale passiert ist. (Abg. Mag. Stadler: Die Frau Lehrerin war schon als gescheite Lehrerin bekannt, als sie noch in der FPÖ war!)

Es ist richtig, daß die Freiheitlichen den jetzt monierten Tagesordnungspunkt dazu haben wollten. Auch die Liberalen wollten einen anderen Tagesordnungspunkt noch draufhaben. Wir haben uns aber dann darauf verstanden, heute die Berichte des Kanzlers und Vizekanzlers zu diskutieren, und haben dann über die Redezeit gesprochen. Herr Stadler hat dann gesagt: acht Stunden Blockredezeit, "Wiener Stunden", und darunter geht er nicht. Nachdem es aber eine klare Mehrheit in der Präsidiale gefunden hat, daß das offenbar nur eine Provokation war und daß mit sieben Stunden auch das Auslangen gefunden werden kann, hat er sich zurückgelehnt und gesagt: "Dann wird es halt eine Einwendungsdebatte geben." (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Dann gehen Sie nach Hause, wenn Ihnen das unangenehm ist!)

Ich weiß, daß du nicht gewöhnt bist, zuzuhören, denn man liefert euch allen offenbar die Dinge fertig auf den Tisch. Vielleicht kannst du aber einmal zuhören! (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Grünen.)

Nachdem man Stadler darauf hingewiesen hat, daß es zu Redezeitbeschränkungen eben keine Debatte gibt, hat er gesagt: Dann wird es halt Einwendungen gegen die Tagesordnung geben. – So ist es nämlich gelaufen. Das nur, um die "Redlichkeit", die "Ernsthaftigkeit" des jetzt Vorgebrachten Anliegens klarzustellen. Und bei so etwas mitzuspielen, zerstört das Parlament. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Grünen.)

11.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.27

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die "Großmeisterin des Empörungshandwerks" hat es uns heute aber wieder einmal gegeben! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Herr Schüler Scheibner, hat sie gesagt, passen Sie auf! Jetzt werde ich Ihnen erklären, worum es in dieser Republik geht! Das Parlament ist wieder einmal bedroht, sagt die Großmeisterin des Empörungshandwerkes.

Meine liebe Kollegin Schmidt! Sie winseln derzeit gemeinsam mit den Grünen bei den Koalitionsparteien, daß sie Ihre Oppositionsrechte nicht unterlaufen. Meine Damen und Herren! Das läßt sich aus den Protokollen der Präsidiale ersehen. Ihre Klubdirektorin winselt darum, daß die Regierungsparteien erklären, daß sie von ihren geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeiten, die sie selber mitbeschlossen hat, keinen Gebrauch machen, damit sie als Opposition auch noch ein bißchen vorkommt. Das läßt sich aus den Protokollen zweifelsfrei ersehen.

Tatsache ist, daß es in der Präsidiale – und das merken Sie sich gleich, Frau Lehrerin, jetzt sagt Ihnen der Schüler einmal etwas, merken Sie sich das, Frau Lehrerin! – von mir keine Zustimmung zu einer Tagesordnung geben wird, wenn nicht auch eine Zustimmung zur Redezeitregelung vorhanden ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Für uns als Opposition – und ich betone: als einzig echte Opposition – ist Tagesordnung – und das habe ich Ihnen in der Präsidiale beigebracht – mit Redezeit untrennbar verknüpft, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie glauben heute noch nicht, daß dieser Berufsbildungsbericht dringlich ist. Sie hätten gestern abend den Stadtschulratspräsidenten von Wien hören sollen, der gesagt hat, daß die Jugendarbeitslosigkeit bereits so dramatisch ist, daß er mittlerweile gegen das Gesetz und gegen die Weisungen der Frau Bundesministerin – gegen das Gesetz! – in den Berufsschulen arbeitslose


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Jugendliche aufnehmen muß, nur damit sie nicht auf der Straße sind und den Drogendealern zum Fraß vorgeworfen werden. Meine Damen und Herren, so schaut die Situation in Österreich aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber die "Dame des Empörungshandwerkes" kommt und erklärt der Schulklasse, was sie zu tun hat, wie dramatisch die Situation ist und wie wieder einmal das Parlament vor dem Zusammenbrechen ist, weil die FPÖ von ihrer geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeit einer Einwendungsdebatte Gebrauch macht. Aber da haben wir es halt wieder verabsäumt, bei der Frau Lehrerin nachzufragen, ob wir das auch dürfen, was in der Geschäftsordnung steht. Das hat sie nicht mit der Regierungsfraktion auswinseln können, weil sie dort, wie wir schon wissen, bei jeder Gelegenheit nachfragen muß, ob es die Opposition in diesem Hohen Haus überhaupt noch geben darf, meine Damen und Herren. So schaut nämlich die neue Geschäftsordnung aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat bereits früher bei der Bevölkerung Zweifel darüber gegeben, ob dieses Parlament überhaupt ein Arbeitsparlament ist. Heute sind Zweifel angebracht, ob dieses Parlament überhaupt noch ein Kontrollparlament ist, meine Damen und Herren, wenn das die Opposition sein soll, die die Regierung kontrolliert!

Mit Ihrer Zustimmung haben Sie bewirkt, daß die Opposition mit dieser neuen Knebelungsgeschäftsordnung in diesem Hohen Hause hinsichtlich der Kontrollfunktion in der Demokratie auf ein Randgruppendasein vergattert wird. (Abg. Dr. Khol: Nein!) Frau Schmidt, darin sollten Sie eine Bedrohung des Parlamentes sehen – aber nicht in einer Geschäftsordnungsdebatte über die Einwendungen der Freiheitlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie, insbesondere der Kollege von den Grünen, noch einen Funken, noch einen Rest an ... (Abg. Mag. Barmüller: Warum sprechen Sie nicht zur Sache, Herr Stadler? Sprechen Sie zur Sache! – Zahlreiche weitere Zwischenrufe.) Den besten Lehrling hat Frau Schmidt in ihren eigenen Reihen. Wir sind ja so froh, daß sie ihn mitgenommen hat, denn einen so guten Musterschüler der Frau Schmidt hätten wir in unserer Fraktion nicht mehr gut ertragen. Glauben Sie mir das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Öllinger! Wenn Sie rudimentär noch an die Funktion der parlamentarischen Demokratie glauben und das Kontrollrecht der Opposition hochhalten wollen, dann werden Sie in Zukunft nicht der Frau Schmidt nachlaufen, sondern dann werden Sie tun, was Ihnen als Oppositionspartei zu gebieten wäre: nämlich für die Rechte der Opposition auch zu kämpfen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Barmüller: Das müssen Sie uns nicht sagen, Herr Stadler!)

11.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Dann wird voraussichtlich abgestimmt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Stadler, da es Sie offensichtlich nicht zu stören scheint, weil Sie sich selbst gern mit diesen Begriffen titulieren – etwa als "Dobermann" –, muß ich Ihnen sagen: Mich stört es, wenn Sie Begriffe aus der Tiersprache benützen, um andere Personen hier in diesem Haus zu charakterisieren. (Beifall bei den Grünen sowie bei der SPÖ.)

Das "Winseln", das Sie bei der Frau Abgeordneten Schmidt apostrophieren, Herr Abgeordneter Stadler (Abg. Mag. Stadler: Sie winseln ja mit!) , das Winseln, auch wenn Sie es für mich geltend machen, ist ein Begriff aus der Tiersprache. Sie sollten es sich überlegen, Herr Abgeordneter Stadler, wen und ob Sie jemandem hier in diesem Haus beiläufig als Tier apostrophieren. (Abg. Dr. Krüger: Es gibt auch Menschen, die winseln!) Ich finde es für den politischen Stil eigentlich nicht passend! (Beifall bei den Grünen sowie bei der SPÖ.)

Zur eigentlichen Frage, Herr Abgeordneter Stadler: Ich habe auch in der Präsidiale, in der ich vertretungsweise war, ausdrücklich erklärt: Es ist heute die erste Sitzung mit einer neuen


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Geschäftsordnung. Ob und wie wir mit dieser neuen Geschäftsordnung zurechtkommen (Abg. Dr. Haider: Sie haben ja mitgestimmt!) , ob es möglich ist, im Rahmen dieser neuen Geschäftsordnung die Rechte der Opposition wahrzunehmen, auszuüben (Abg. Dr. Graf: Haben Sie Zweifel, Kollege Öllinger?) , das weiß ich noch nicht. (Abg. Dr. Graf: Sie zweifeln also!) Ich habe dafür gestimmt. (Abg. Haigermoser: Das ist keine Garantie!) Aber selbstverständlich ist es möglich, daß wir hier nach einer bestimmten Phase der Anwendung der neuen Geschäftsordnung auch negative Erfahrungen machen, und ich hoffe darauf, daß es dann möglich sein wird, gemeinsam – auch mit Ihren Stimmen – diese Geschäftsordnung zu verbessern. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krüger: Jetzt schon? Sie ist noch gar nicht angewendet worden, und jetzt soll man sie schon verbessern!) Wir wissen es noch nicht, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Jetzt schon?!) Herr Abgeordneter Haigermoser, Sie hören nicht zu! Ich habe ausdrücklich gesagt: Wir müssen erst unsere Erfahrungen mit dieser Geschäftsordnung machen. Ich hoffe und nehme an, daß es gute Erfahrungen sein werden (Abg. Böhacker: Das ist wie bei den Werkverträgen!) , aber sollte es notwendig sein, diese Geschäftsordnung zu reformieren – und wir haben sie schon mehrere Male reformiert –, dann, denke ich, wird es möglich sein, darüber zu reden. Aber wir können doch diesen heutigen ersten Tag mit klaren Absichten nicht damit beginnen – und das war die Debatte in der Präsidiale (Abg. Dr. Krüger: Über den Tisch haben Sie sich ziehen lassen!) –, daß wir uferlos – aus den ursprünglich vereinbarten sechs Stunde wurde ja ohnehin ein Kompromiß mit sieben Stunden Redezeit – auf acht, neun oder zehn Stunden erweitern.

Und eines sei schon noch angemerkt: Von einer Debatte über den Berufsbildungsbericht heute war nicht die Rede. (Abg. Mag. Stadler: Na klar!) Wir haben – mit den Stimmen der Freiheitlichen! – vereinbart, daß der Berufsbildungsbericht auf die Tagesordnung kommt. (Abg. Mag. Stadler: Sie sind wieder nicht informiert! Ihr Klubdirektor bringt Sie nicht auf Vordermann!) Sie waren einverstanden, Herr Abgeordneter Stadler. Sie waren der Meinung, daß es richtig und wichtig ist, in dieser Frage einen Konsens zu erzielen, und dieser Konsens konnte erzielt werden. Der Berufsbildungsbericht steht auf der Tagesordnung, aber nicht heute. (Abg. Mag. Stadler: Ihr Klubdirektor tut mit leid!)

Ich möchte schon noch sagen: In den letzten Monaten, Herr Abgeordneter Stadler, sind Sie mir nicht dadurch aufgefallen, daß Sie in der Präsidiale oder irgendwo den Berufsbildungsbericht eingefordert hätten. (Abg. Mag. Stadler: Sie waren ja nie in der Präsidiale!) Der Berufsbildungsbericht ist seit einem halben Jahr im ersten Teil fertig; was fehlt, ist der zweite Teil. Sie hätten schon mehrere Male die Möglichkeit gehabt, diesen Berufsbildungsbericht einzufordern, und Sie sollten nicht so scheinheilig sein, hier und heute zu erklären, daß es jetzt das Um und Auf ist, daß wir das heute diskutieren.

Wir müssen über die Lehrlingsausbildung diskutieren, wir müssen die Fragen der Lehrlinge diskutieren, aber es ist zu bezweifeln, ob das heute um 23 Uhr der Fall sein muß oder ob es nicht besser ist, die Frage der Lehrlingsausbildung in der nächsten Sitzung des Nationalrats an einem guten Platz zu diskutieren. (Abg. Wenitsch: Fragen Sie die Lehrlinge!) Das ist auch noch vor den Wahlen, Herr Abgeordneter Haider. Sie können das politische Kleingeld, das Sie unbedingt daraus ziehen wollen, vermutlich noch daraus ziehen, wenn es Ihnen gelingt. Es ist noch vor den Wahlen. Wir haben die Möglichkeit darüber zu diskutieren, aber es ist nicht vereinbart oder von Ihnen gefordert worden, daß dieser Bericht hier und heute auf die Tagesordnung kommt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Na klar! Lesen Sie das Protokoll!)

11.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Einwendungen stimmen, das heißt, die dafür stimmen, den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Berufsbildungsbericht 1995, III-11 respektive 67 der Beilagen, auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung nehmen zu wollen, um


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ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Damit bleibt es bei der ausgegebenen Tagesordnung für die heutige Sitzung des Nationalrates.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Aktuellen Stunde. Das Thema lautet:

"Der Lehrling, das Stiefkind der sozialistisch dominierten Koalitionsregierung"

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Haigermoser. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.37

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Freiheitlichen sind zur Überzeugung gekommen, daß die Situation der Lehrlinge einer offensiven Behandlung und einer entsprechenden parlamentarischen Behandlung zugeführt werden muß. Im Interesse der Lehrlinge wurde daher diese Debatte und auch diese Aktuelle Stunde heute von uns verlangt.

Und warum? – Weil die sozialistische Koalitionsregierung, wie aus dem Titel dieser Aktuellen Stunde zu ersehen ist, in der Frage der Weiterentwicklung der Lehrlingsausbildung und zum Erhalt und zur Schaffung von Ausbildungsplätzen bis dato nur neue Belastungen erfunden hat, meine Damen und Herren. Ihnen ist bis dato nichts eingefallen, als die Wirtschaft, die Ausbildungsbetriebe neu und stärker zu belasten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Lippenbekenntnis nach dem anderen konnte man in der Vergangenheit hören beziehungsweise mußte man über sich ergehen lassen, mit dem Ergebnis, daß die rot-schwarzen Sonntagsredner es geschafft haben, erstmalig – wir werden Sie immer wieder darauf hinweisen: erstmalig! – eine Lehrlingssteuer in der Höhe von 3 Prozent der Lehrlingsentschädigung einzuführen, meine Damen und Herren. Das heißt also, daß Sie entgegen Ihren Lippenbekenntnissen eine Lehrlingssteuer eingeführt und damit erreicht haben, daß immer weniger Lehrlinge ausgebildet werden. – Zugegebenermaßen ist das nicht der einzige Grund, aber einer der wichtigsten Gründe.

Wir haben heute bereits eine sehr emotionale Debatte über einen Bericht geführt und von einigen Quasi-Oppositionsparteien gehört, dieser Bericht sei ja noch nicht fertig, daran müsse man noch feilen, erst dann könne man in die Beratungen eingehen. In diesem Zusammenhang ist es ganz interessant, wenn man im Archiv ein bißchen in der Vergangenheit herumschmökert. Da gibt es einen Bericht über die "Berufsausbildung in Österreich" aus dem Jahre 1993, da gab es am 24. Feber 1993 eine parlamentarische Enquete über die "Zukunft der Lehrlingsausbildung", es gibt den Bericht über den schulischen Teil der Berufsausbildung in Österreich 1993. Da nützt auch das Gähnen der Frau Bundesministerin nichts, wenn diese Berichte als alt bezeichnet werden, wenn auf der anderen Seite in diesen Berichten aus dem Jahre 1993 Erkenntnisse enthalten sind, die längst hätten umgesetzt werden müssen.

All das, meine Damen und Herren, haben Sie nicht getan! Sie waren nicht bereit, nach einer Strategie zu suchen, welche es ermöglicht, die Lehrlingsausbildung zu verbessern, zu straffen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Jetzt aber wollen Sie das zudecken, indem Sie sagen, es gebe bereits einen Bericht 1995; dieser sei zwar schon im März ins Haus gekommen, sei aber noch nicht fertig. – Ja wo war denn die Frau Bundesministerin in der Zwischenzeit, um diesen Bericht anzureichern und fertigzustellen? – Offensichtlich auf Tauchstation! Sie gähnt nicht nur auf der Regierungsbank, sondern sie gähnt auch politisch pausenlos, meine Damen und Herren! Das sind die Fakten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn in den zitierten Berichten aus 1993 festgestellt wurde, daß die Lehrlingszahlen im Handel mit minus 42,3 Prozent zu Buche schlagen, mit minus 29,9 Prozent in der Industrie und mit minus 28,2 Prozent in Gewerbe und Handwerk, dann hätten doch die Alarmglocken schrillen müssen. Nichts haben Sie jedoch getan! Man hat dazu von Ihnen nichts gesehen und nichts


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gehört, sondern Sie haben bei Sonntagsreden viel geredet, meine Damen und Herren. Das war Ihre "Arbeit" – unter Anführungszeichen – zum Thema Lehre.

Faktum ist, daß die zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten in unserem Land auch dazu führen, daß weniger Lehrlinge ausgebildet werden. Aber nicht nur das: Auch der Angriff dieser sozialistischen Koalition gegen die klein- und mittelständische Wirtschaft hat dazu beigetragen, daß immer weniger Lehrlingsplätze zur Verfügung gestellt werden können! Meine Damen und Herren, Sie sind mit einem Raubzug gegen diese klein- und mittelständischen Betriebe unterwegs, schnalzen die Steuern hinauf, und die Bürokratie wird von Tag zu Tag mehr – siehe das sogenannte Arbeitnehmerschutzgesetz, das auch Präsident Maderthaner und Herr Stummvoll mit Freuden hier mitbeschlossen haben. Das hindert Maderthaner aber nicht daran, wenige Monate später dagegen aufzutreten, die Muskeln spielen zu lassen und zu sagen: Dieser Bürokratiewust muß einmal wegkommen! Also jene, die dieser sozialistische Koalition hier die Räuberleiter machen, schlucken zum Frühstück Kreide und vermeinen, mit diesen salbungsvollen Tönen die österreichische Wirtschaft verführen zu können, meine Damen und Herren. Nicht mit unserer Zustimmung! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nicht mit freiheitlicher Zustimmung, meine Damen und Herren, denn die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Es ist ja nichts Neues, man braucht ja nichts Neues zu erfinden! Wir Freiheitliche haben mehr denn je die offenen Wunden aufgezeigt.

Wir Freiheitliche bekennen uns zum dualen Ausbildungssystem, weil mit Hilfe dieses Systems es bis dato doch geschafft wurde, die Jugendarbeitslosigkeit halbwegs im Griff zu haben. (Abg. Böhacker: Noch!) Aber die gegenwärtigen Zeiten zeigen – siehe Zitate, siehe Aussagen der Schulpolitiker –, daß eben dieses Instrument verstärkt werden muß, und zwar mit entsprechenden budgetären Maßnahmen und entsprechenden fiskalischen Lösungen für die drangsalierten Betriebe, meine Damen und Herren.

Ich sage Ihnen deutlich: Staatliche Lehrwerkstätten sind keine Antwort auf die Probleme auf dem Lehrlingsausbildungssektor. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir sind auf der Seite der Betriebe und der Lehrlinge, aber offensichtlich ist auch die ÖVP einmal mehr umgefallen. Jetzt werden wieder einmal die Muskeln unter dem Sakko gestrafft, indem man sagt: Ein Fonds kommt für uns nicht in Frage! – Wir Freiheitliche sind auch der Ansicht, daß ein Fonds mehr Bürokratie bedeutet und keine einzige Arbeitsstelle schafft, aber Sie, meine Damen und Herren, Herr Stummvoll, haben ja diese Lehrwerkstätten im Wortlaut festgemacht und bei den Regierungsverhandlungen zugestimmt, indem Sie beschlossen haben: Es besteht Einvernehmen, daß aus Mitteln des Sozialministeriums beziehungsweise des Wirtschaftsministeriums im Verhältnis 75 :  25 Lehrwerkstätten zusätzlich gefördert werden können.

Was ist die Antwort der Regierung? – Farnleitner flüchtet ins Ausland, Hums sagt: Das geht mich nichts an!, und dann setzt man die arme Frau Bundesministerin Gehrer auf das Armesünderbankerl der Bundesregierung, meine Damen und Herren, ohne umzusetzen, was man vor dieser Vereinbarung versprochen hat, nämlich die Wirtschaft zu entlasten. Maderthaner ist das vollkommen Wurscht. Er gibt zwar immer wieder Erklärungen ab, wie man diesbezüglich Verbesserungen erzielen könnte, aber wenn es dann ums Handeln, um die Umsetzung geht, fällt Maderthaner jeden Tag mehr denn je um, meine Damen und Herren.

Ich darf Ihnen nun kurz einige Vorschläge darbringen, wie wir Freiheitlichen uns eine offensive Lehrlingsausbildung vorstellen, eine Reform in jenen Bereichen, in denen Reformansätze notwendig sind.

Wir fordern: leichteren Berufswechsel innerhalb der Branche durch Neugestaltung der Lehrpläne und Ausbildungsziele; einen verbesserten Zugang zum zweiten Bildungsweg; Chancengleichheit durch Angleichung der Ausbildungsstandards; gesellschaftliche Aufwertung des Lehrlings und des Arbeitnehmers durch Gleichstellung der dualen Berufsausbildung gegenüber der schulischen Ausbildung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum sozialen Bereich: Hiezu gibt es genug Möglichkeiten, die budgetär zu verkraften sind, eine Verbesserung der Situation der Lehrlinge gegenüber den Studenten zu erreichen.


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Mit diesen Maßnahmen – neben vielen anderen – könnte man einen Reformschub raschest einleiten.

Die Vielfalt der Begabungen ist zu nützen, Frau Bundesministerin. In der sechsten bis achten Schulstufe wären die Pflichtfächer Berufskunde, Berufsorientierung einzuführen, Berufs- und Lehreignungstests wären in verstärkter Form anzubieten, eine Arbeitserprobung in der Dauer von zwei bis drei Monaten sollte stattfinden. – All das wurde vorgeschlagen, aber nicht durchgeführt, meine Damen und Herren.

Es geht um eine Modernisierung der Ausbildungspläne, um eine Reform des Berufsschulwesens, und es ist nicht damit getan, daß die in der Zwischenzeit in die Jahre gekommene Jugendsprecherin der Sozialisten, Frau Bures, vor eineinhalb Jahren gefordert hat, man müsse jetzt das Berufsschulwesen vom damaligen Herrn Wirtschaftsminister Schüssel zu Herrn Hums sozusagen hinüberschaufeln. Das ist doch keine Lösung, sondern nur ein Pingpongspiel, wie es diese sozialistische Koalitionsregierung – zum Gaudium, möchte ich fast sagen; nein, tragisch ist es – der Öffentlichkeit vorführt.

Wir sagen Ihnen: Es soll keinen Fonds geben, es darf keinen Fonds geben, weil dieser Fonds nur Bürokratien gebärt, meine Damen und Herren, und keinen einzigen Lehrplatz fördern wird. Aber da hat leider Gottes die nickende ÖVP zugestimmt im Regierungsabkommen, und wir haben sie hier und heute einmal mehr auf frischer Tat ertappt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es tut mir leid – noch einmal gesagt –, daß sich die Nachfolgerin des Pepi Höchtl – die natürlich in vielen Bereichen nichts dafür kann, was da so passiert ist, die aber auch keine Handlungsbereitschaft zeigt – das heute hier auf der Regierungsbank anhören muß. Ich hoffe aber zumindest, daß Sie diese Botschaft, die wir Ihnen allen heute mitgeben, in die Herzen der Betriebe hineintransportiert, durch legistische steuerliche Maßnahmen unterstützen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – zum Schluß kommend –, welche es ermöglichen, Lehrplätze seitens der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Die Wirtschaft und die Lehrlinge haben jedenfalls die Freiheitlichen auf ihrer Seite. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin im Sinne der Geschäftsordnung. Ich erteile es ihr.

11.47

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Lehrlingsausbildung ist ein ganz wichtiges Anliegen aller, die in der Politik tätig sind. Die duale Ausbildung gibt es in Österreich zusammen mit der Berufsschule seit 1945, und diese duale Ausbildung findet auch in Europa sehr großen Anklang. Bei jeder Konferenz der Europäischen Union wird hervorgehoben, daß diese österreichische duale Ausbildung eine besonders gute berufliche Ausbildung sei, und daß man im übrigen Europa bemüht sei, ebenfalls diese Ausbildung für Jugendliche einzuführen. (Beifall bei der ÖVP.) Deswegen glaube ich, daß wir diese Frage in einer konstruktiven Art und Weise diskutieren und diese duale Ausbildung stützen sollten.

Natürlich hat sich in den letzten Jahren eine Verlagerung ergeben. Vor zehn Jahren haben noch etwa 48 Prozent eines Altersjahrganges eine Lehre gemacht, heute sind es etwa 43 Prozent. Darüber hinaus, meine Damen und Herren, haben wir im großen Maße andere Jugendliche in unserem schulischen System aufgefangen. Wir haben 10 000 Schüler und Schülerinnen mehr in unseren beruflichen höheren und mittleren Schulen. Wir gehen also sehr verantwortungsvoll mit den Jugendlichen um.

Natürlich ist es ein großes Anliegen, die Lehre zu fördern, zu stützen, und daher hat die Regierung bereits im abgelaufenen Jahr (Abg. Haigermoser: Die Lehrlingssteuer eingeführt!) eine Arbeitsgruppe einberufen, die ganz klare Maßnahmen gesetzt hat. (Abg. Haigermoser: Die 3prozentige Lehrlingssteuer!)


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Mit diesen Maßnahmen wurden bereits Forderungen eines Entschließungsantrages im Nationalrat hinsichtlich Lehrwerkstättenförderung durchgeführt. (Abg. Haigermoser: Na, Stummvoll! Was ist jetzt, Stummvoll?) Die Umgestaltung des Polytechnischen Lehrganges mit verstärkter Berufsorientierung ist im Gesetz vorgesehen. Es gibt eine Leistungsanerkennung mit Hilfe von Lehrlingsstipendien durch das Wirtschaftsministerium. Wir haben die flexiblere Berufsschulzeit ermöglicht. Es gibt bereits eine Vorlage, um die Gruppenlehrberufe umzusetzen. Die Berufsreifeprüfung wird in diesem Herbst noch umgesetzt werden, und, meine Damen und Herren, die Modernisierung der Ausbildungslehrpläne geschieht laufend; das ist ein laufender Prozeß. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters möchte ich betonen, daß gerade heute mit der Änderung der Werkverträge auch eine Entlastung für Unternehmer im Lehrlingsbereich beschlossen werden wird. Es wird damit beschlossen, daß die von den Auftraggebern bezahlten Mehrbeträge an die Krankenversicherung, die über der Höchstbeitragsgrundlage liegen, zur Entlastung der Krankenversicherungsbeiträge für Lehrlinge in den Betrieben verwendet werden. Meine Damen und Herren, das ist ein erster großer und wichtiger Schritt zur Entlastung der Betriebe. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Mit der Linken gibt man, mit der Rechten nimmt man! Das ist unglaublich!)

Nun zu dem von manchen in diesem Haus so hochgelobten Vorschlag in Wien, daß Jugendliche, die keinen Lehrplatz haben, in die Berufsschule gehen sollen: Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie haben sich nicht überlegt, was das in letzter Konsequenz bedeutet: Das bedeutet, daß der Jugendliche einen Tag oder vielleicht eineinhalb Tage in die Schule geht, etwas lernt, wofür er vielleicht gar keinen Lehrplatz bekommt. Ich frage mich: Wo liegt da der Sinn, wo liegt da die Verantwortung für den Jugendlichen, ihm eine zielgerichtete berufliche Ausbildung zu bieten? (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir arbeiten mit dem Arbeitsmarktservice zusammen. Das Arbeitsmarktservice hat 600 Millionen Schilling für Kurse und Schulungen zur Verfügung, um Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern, diesen zu verbessern, und zwar gerade für jene Jugendliche, die nicht gleich einen Lehrplatz finden. Wir sind durchaus bereit, diese Einstiegskurse, die das AMS macht, in unseren Berufsschulen unter Nutzung der Ressourcen durchführen zu lassen – aber alles andere ist der falsche Weg. (Beifall bei der ÖVP)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Regierung sehr wohl verantwortlich mit den Jugendlichen, mit den Chancen der Jugendlichen umgeht. Dieses Aktionsprogramm, das im Frühjahr bereits besprochen wurde und jetzt zügig umgesetzt wird, wird eine Erleichterung bringen. (Abg. Böhacker: Wann wird es umgesetzt? – Abg. Rossmann: Nie!) Weiters wirkt dieses Aktionsprogramm bis in den Herbst hinein.

Ich darf Ihnen bezüglich der Zahlen, die ich gestern und heute erhoben habe, auch noch folgendes sagen: In Oberösterreich und in Salzburg gibt es geringfügig mehr Lehranfänger, in der Steiermark, in Tirol und in Vorarlberg sind die Zahlen gleichbleibend, in Wien, im Burgenland und in Kärnten gibt es derzeit etwa 5 bis 8 Prozent weniger Lehranfänger, wobei ich aber ganz klar festhalten möchte, daß eine endgültige Beurteilung der Situation erst im Spätherbst, wenn alle Maßnahmen greifen, getroffen werden kann. Lehrlinge können ja noch bis Dezember aufgenommen werden und dann auch noch ab Dezember den ersten Jahrgang der Berufsschule besuchen.

Kommende Woche findet bereits eine weitere Sitzung des Arbeitsteams bezüglich der Lehrlinge statt. Die weitere Umsetzung der Maßnahmen wird zwischen den Sozialpartnern und den betroffenen Ministerien besprochen. Die Regierung wird sehr genau darauf achten, welche Wirkungen diese Maßnahmen haben, und sie wird dann weitere Initiativprogramme vorschlagen. Wir werden diese Maßnahmen weiter verbessern.

Mein Anliegen als verantwortliche Politikerin ist es, nicht durch kurzfristige Schnellschüsse die duale Ausbildung zu unterhöhlen und kaputtzumachen, sondern langfristige Bildungsperspektiven zu eröffnen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich rufe daher all jene, denen die berufliche Ausbildung unserer Jugend wirklich am Herzen liegt, auf, mit uns für eine positive Weiterentwicklung


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der Lehrlingsausbildung in einer konstruktiven Diskussion zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Sie wollen ja nicht diskutieren!)

11.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gehen in die Debatte ein. – Redezeiten einheitlich fünf Minuten.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte sehr.

11.55

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Bundesminister, Sie haben erwähnt, daß seit 1945 in Österreich im Rahmen der dualen Berufsausbildung – einerseits der schulischen Berufsausbildung, andererseits der praktischen Ausbildung in den Betrieben – Lehrlinge ausgebildet werden, und das sei vorbildhaft für ganz Europa.

Uns allen ist bekannt, daß sich dieses duale Berufsausbildungssystem hauptsächlich auf Österreich und auf Deutschland beschränkt. Es ist unbestritten – da gebe ich Ihnen recht –, daß es ein vorteilhaftes Erstausbildungssystem ist, Frau Bundesministerin, aber nichtsdestotrotz wissen wir alle – und Sie wissen das auch ganz genau –, daß da langsam aber sicher Abnützungserscheinungen bemerkbar sind. Die jüngsten Statistiken belegen ja die seit Jahren katastrophale Entwicklung im Bereich der Lehre. Sie haben selbst erwähnt, daß die Zahl der Lehrlinge von 48 Prozent auf knapp über 40 Prozent drastisch zurückgegangen ist (Bundesministerin Gehrer: 43 Prozent!) – 42 Prozent, glaube ich, sind es ganz genau –, aber auch die Zahl der offenen Lehrstellen ist dramatisch zurückgegangen. Aber auch die Jugendarbeitslosigkeit, die zugegebenermaßen momentan in Österreich noch nicht sehr hoch ist, ist ebenfalls im Steigen begriffen, und die Ausbildung in einer Lehre ist – entgegen langjährigen Versprechungen – für Lehrlinge und für Betriebe zunehmend weniger attraktiv, um nicht zu sagen, uninteressant geworden.

Frau Bundesministerin! Es wurde seitens der Bundesregierung, der Sozialpartner und so weiter das Image des Lehrlings zu heben versucht – gefruchtet hat das aber nichts. All diese Plakatieraktionen wie etwa "Karriere mit Lehre" sind im Sand verlaufen. Sie haben nicht gewirkt. Die Zahl der Lehrstellen ist weiterhin rückläufig.

Interessant, Frau Bundesministerin, ist, daß derzeit erstmals 5 000 Jugendliche auf einen Arbeitsplatz, auf einen Lehrplatz warten, während in der Vergangenheit noch immer wesentlich mehr offene Lehrstellen vorhanden waren und weniger Lehrlinge. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, denn wenn sich diese Tendenz fortsetzt, haben wir in ein paar Jahren eine Jugendarbeitslosigkeit, die zwar langsam steigt, sich dann aber sicher dem EU-Durchschnitt mit 20,3 Prozent nähert. Heute beträgt sie bei uns nur 5,4 Prozent, aber diese Entwicklung ist sehr gefährlich.

Und wie kommt es dazu? – Weil der Lehrling heute einfach ein soziales Image hat, das sozusagen im Keller ist, weil die Bundesregierung falsche Maßnahmen setzt. Wenn Sie sagen, im Polytechnikum will man etwas ändern, dann muß ich Ihnen sagen: Tun Sie das sehr, sehr schnell, denn dieser Polytechnische Lehrgang, wie er derzeit praktiziert wird, ist einfach ein großer Blödsinn! Wir müssen zu einem Berufsbildungsgrundjahr kommen – und weg vom Polytechnikum. Hingegen haben Sie, Frau Bundesminister, mit Ihrer Fraktion die Kommunalsteuer eingeführt, jene Kommunalsteuer, die die Lehrlinge in den Lehrbetrieben besonders belastet.

Wir, sehr geehrte Frau Bundesminister, wollen, daß die Ausbildung in Privatbetrieben beziehungsweise in privaten Lehrwerkstätten gefördert, forciert wird, daß die Lehrlingsausbildung auch von der Berechnung der Kommunalabgabe sowie vom Zuschlag des Dienstgeberbeitrages bei der Steuer ausgenommen wird, daß ein 30prozentiger Zusatz vom Lehrlingsaufwandspauschale als Ausbildungsfreibetrag von der Steuer absetzbar ist, daß zur Attraktivierung des dualen Berufsausbildungssystems für Jugendliche eine frühzeitig laufende Information erfolgt,


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daß die allgemeine Förderung der Lehrlingsweiterbildung auch im Ausland bevorzugt und ein vom Bund finanziertes Leistungsstipendium für Lehrlinge für überdurchschnittliche Leistungen bis zu jener Höhe der Kosten ausgeschüttet wird, wie sie im Vergleich für AHS-Schüler aufgewendet werden, und daß eine gesetzliche Festlegung der jährlichen Mindeststeigerung der Lehrlingsentschädigung im Ausmaß der sonstigen Kollektivvertragslohnerhöhung im jeweiligen Wirtschaftszweig erfolgt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das bedeutet eine Mindestlehrlingsentschädigung, die wir massiv fordern, denn die Arbeitgebervertreter – allen voran die Bundeswirtschaftskammer, Herr Maderthaner – forderten ja vor einigen Monaten sogar das Einfrieren der Lehrlingsentschädigung, wogegen wir uns massiv aussprechen, was aber gar nicht so unrealistisch ist, wenn man Äußerungen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes betrachtet, in denen sogar Überlegungen über eine Nullohnrunde angestellt wurden. Daher ist das gar nicht so unrealistisch, daß das bald kommt.

Der Jugend, Frau Bundesminister, sehr geehrte Damen und Herren, werden Sie damit keinen guten Dienst erweisen, wenn Sie diese Maßnahmen setzen. Überlegen Sie unsere Vorschläge im Dienste der Jugend, der Lehrlinge und im Interesse Österreichs! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koppler. Er hat das Wort.

12.00

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Dieses Thema ist zu ernst, man sollte daher nicht blödeln. Wir könnten am Abend zum Heurigen gehen. Aber mit dir, Kollege, gehe ich nicht zum Heurigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hätte mich gewundert, wenn die Freiheitlichen ihren populistischen Stil nach der Sommerpause nicht fortgesetzt hätten. Das Thema dieser Aktuellen Stunde nehmen Sie zum Anlaß, Parteipolitik und Populismus auf dem Rücken der Lehrlinge zu betreiben. Das ist entschieden abzulehnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird Ihnen nicht gelingen, uns davon zu überzeugen, daß gerade Sie es mit den Lehrlingen ernst meinen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lehrlinge finden seit Jahrzehnten – mit einigen Ausnahmen – in der SPÖ vehement Unterstützung, und das wissen auch die Lehrlinge. Allerdings wurde die Realisierung von Vorschlägen in vielen Fällen verhindert. Als Gewerkschafter und sozialdemokratischer Abgeordneter ist mir eine solide, fachlich fundierte Ausbildung für junge Menschen ein besonderes Anliegen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung neuer Produktionsverfahren steigt die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung enorm.

Grundlage für eine höherqualifizierte Weiterbildung sind eine solide Allgemeinbildung und berufliche Erstausbildung. Oft wurden wir dann, wenn wir uns für eine Verbesserung der Ausbildungssituation für junge Menschen in Berufsschulen einsetzten, boykottiert, und das geht immer weiter.

Vor allem von Wirtschaftstreibenden hörten wir immer wieder Argumente, warum man Lehrlingen nicht die gleichen Chancen wie Schülern an weiterführenden Schulen und Studenten an Universitäten einräumen kann. Man spricht auch immer wieder von Verschulung der Ausbildung. Ich habe derartige Signale in der heutigen Diskussion vom Abgeordneten Peter gehört. Besondere Schutzbestimmungen für Lehrlinge, steigende Kosten für Ausbildungsbetriebe, unnötige Fehlzeiten in den Betrieben und viele andere meist unsachliche Argumente waren in diesem Zusammenhang immer wieder zu hören.


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Erinnern wir uns an die Diskussionen, als wir auch eine Ausbildung in Englisch für Lehrlinge an Berufsschulen oder die Möglichkeit der Freifahrt für Lehrlinge forderten. Diesbezügliche Initiativen gingen von unserer Fraktion aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erinnern wir uns an den letzten Plenartag im Nationalrat vor der Sommerpause. Der ursprünglich von mir und ÖGB-Präsident Verzetnitsch eingebrachte Entschließungsantrag wurde ergänzt durch Vorschläge der anderen Fraktionen und auch mehrheitlich beschlossen. Dieser Antrag fand bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, keine Zustimmung, und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, obwohl Ihre Absichten vollinhaltlich Eingang in diese Entschließung gefunden haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist ein sehr ernstes Thema. Abschließend: Bemühen wir uns nochmals gemeinsam, diese sehr schwierige Situation zu meistern. Es geht, wie ich meine, um unser wichtigstes Kapital, nämlich um unsere Jugend. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

12.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ich erteile ihr das Wort.

12.05

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Berufsausbildung hat in Österreich ein hohes gesellschaftliches Ansehen. Ungefähr 80 Prozent der Jugendlichen treten nach Absolvierung der Pflichtschule in ein weiterführendes berufsbildendes System ein. Die Motivation für mehr Qualifikation stieg. So ging auch die Zahl der Pflichtschulabsolventen in den letzten Jahren stark zurück. 1981 waren es noch 41 Prozent, 1992 26 Prozent.

Der Grund liegt sicher in der Besonderheit des österreichischen Bildungssystems: einerseits in der Unterscheidung in vollschulische und duale Ausbildungszweige und andererseits in der Einbeziehung der Wirtschaft. Am Rande sei hier bemerkt, daß sich auch Bundesminister Hums dezidiert gegen eine Öffnung der Berufsschule für Lehrlinge ohne Lehrvertrag ausgesprochen hat, konterkariert von Landesschulratspräsidenten Dr. Scholz. Vielleicht kann sich diese Fraktion in dieser Beziehung einigen.

Ich fordere die Stärkung der Motivation der Auszubildenden und die Verbesserung des Beratungssystems. Auch die Bildungsbereitschaft muß gesichert, gefördert und optimiert werden. Möglichkeiten würden sich im Fernunterricht oder durch elektronisch unterstützte Unterrichtstechnologien ergeben.

Im Koalitionsübereinkommen formulierte die Bundesregierung eindeutige Ziele: Durch sinnvolle Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen den berufsbildenden Schulen und den Polytechnischen Lehrgängen soll deren Akzeptanz erhöht werden. Besonders für Absolventen der dualen Ausbildungen von Fachschulen soll die Durchlässigkeit zu weiterführender Bildung gesichert werden.

Der wirtschaftliche Strukturwandel erfordert mehr denn je die Lehrlingsausbildung. In den meisten europäischen Ländern ist die Jugendarbeitslosigkeit längst ein Problem. In Österreich ist sie mit 5,4 Prozent noch relativ gering im Vergleich zum EU-Durchschnitt von 20,8. In unserem Nachbarland Deutschland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 8,7 Prozent, Spanien führt mit 40,8. Betrachtet man also die internationale Landschaft, haben wir kein Problem. Wir sehen auch weiterhin in Österreich die wesentliche Beschäftigungschance für Jugendliche in der Qualifikation der Ausbildung. (Beifall bei der ÖVP.)

Daß es aber Probleme gibt, davon möchte ich natürlich genauso sprechen.

Problem eins ist das Anreizsystem für Lehrstellenanbieter. Das muß überdacht werden. Oft sind es nur Details, die hemmen. Auch in diesem Fall brauchen wir eine Flexibilisierung der Arbeits


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zeiten. Jugendliche wollen durch Überstunden zum Beispiel "Fenstertage" einbringen können. Sie sehen es nicht als Notwendigkeit an, über lange Strecken extra geholt werden zu müssen, wenn sie auf Montage sind.

Zum Jugendlichenarbeitsgesetz wäre auch noch zu sagen, daß Berufsschulzeit und Fahrzeit voll in die 40-Stunden-Woche eingerechnet werden. In meinem Bezirk sind die Lehrstellenangebote besonders aus diesem Grund noch vor zwei Jahren zurückgegangen. Nun sind sie aber wieder deutlich gestiegen, weil die Schule im Metallwerk Plansee "geöffnet hat", das heißt, für andere Betriebe Schulplätze angeboten hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Betriebe wünschen sich wieder eine Behaltefrist von drei Monaten statt der jetzigen zwei Monate. Auch das sollte man überdenken.

Je weniger gebildet, desto größer ist die Gefahr, arbeitslos zu werden. Es gilt also alles daranzusetzen, die Jugendarbeitslosigkeit einzudämmen und die Lehrstellenproblematik von allen Seiten zu beleuchten.

5 000 Jugendliche strebten zwar eine Lehrstelle an, konnten aber keinen Betrieb finden. Hier sei noch einmal an die Flexibilisierung der Arbeitszeiten und den Abbau von Bürokratismus gemahnt.

Ich betone noch einmal: Das duale Ausbildungssystem darf keineswegs fallen! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Zusammenfassung von Lehrberufen in eine Ausbildungsschiene erweitert die Möglichkeit der Absolventen, im späteren Berufsleben wieder leichter Fuß fassen zu können. So wie der Familienlastenausgleichsfonds eine Umverteilung von den Kinderlosen zu jenen, die unterhaltspflichtig sind, gewährleisten soll, so ist das auch im Lehrstellenbereich zu sehen. Es ist gelungen, bezüglich der Finanzierung der Krankenversicherungsbeiträge bei der Lehrlingsentschädigung eine deutliche Verbesserung herbeizuführen.

Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, zahlen künftig weniger Krankenversicherung für ihre Lehrlinge im ersten Lehrjahr. Also auch da soll ein Lastenausgleich erfolgen.

Die Jugend hat die Chance in Europa erkannt, ein "Programm Leonardo" daher auch für die Lehrlinge. 20 000 Teilnehmer sind es im heutigen Bereich.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (fortsetzend) : Wir haben also ein bewährtes Ausbildungssystem, Verständnis und Motivation, die Erkenntnis, Zusatzqualifikationen zu erwerben. Wir brauchen nur mehr Flexibilität und Mobilität, dann sind unsere Lehrlinge keineswegs Stiefkinder. (Beifall bei der ÖVP.)

12.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. Sie hat das Wort. (Abg. Haigermoser: Hoffentlich wird die Rede nicht so giftig, wie die Schuhe grün sind!)

12.11

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Ich bin froh, daß Sie Farben erkennen können.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es wurden von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern die Fakten, die zu dieser dramatischen Situation auf dem Lehrstellenmarkt geführt haben, ja schon klar und deutlich dargelegt. Seit Jahren ist diese Tendenz klar erkennbar. Leider gab es bisher keine echten Reformansätze, die ein wirklich sinnvolles System wieder zu einem erfolgreichen System machen.


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Die Gründe der Wirtschaft liegen ebenfalls seit Jahren auf dem Tisch. Bitte vergessen Sie nicht: Seit 1990 haben mehr als 6 000 Betriebe die Ausbildung von Lehrlingen zur Gänze eingestellt. Es ist die Rede von einem zu starren Berufsausbildungs- und Jugendbeschäftigungsgesetz, überverhältnismäßig hohen Lehrlingskosten, und nicht zuletzt wird auch von den Betrieben der Mangel an geeigneten Bewerbern und Bewerberinnen genannt. Mit diesem Thema wird sich mein Kollege Helmut Peter noch näher beschäftigen.

Auf der anderen Seite ist es sehr erfreulich, daß es einen steigenden Bildungsanspruch der jungen Menschen gibt. Die Lehre in der derzeitigen Form ist für junge Menschen nicht attraktiv genug, sie hat nach wie vor Sackgassencharakter, die Durchlässigkeit zum tertiären Bildungsbereich ist nicht gewährleistet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Eine Steigerung der schulischen Ausbildungsqualität ist in dieser starren Organisation nicht mehr möglich, weil der Wirtschaft einfach nicht mehr zugemutet werden kann, einer schulischen Ausweitung zuzustimmen. Die Kosten-Nutzen-Relation stimmt nicht. Betriebe müssen gerade in dieser Zeit zumindest wirtschaftlich arbeiten dürfen. Und es ist genau diese zu enge Verbindung von betrieblichen Ausbildungskosten mit dem schulischen Bildungsanspruch unserer jungen Menschen, die einen gordischen Knoten darstellt, der nach unseren Vorstellungen endgültig zerschlagen gehört. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Deshalb fordern wir Liberale eine sozialrechtliche und auch gehaltsmäßige Entkoppelung von Schulzeit und betrieblicher Ausbildungszeit. Das heißt, Lehrlinge sind während ihres Besuches der Berufsschule anderen Schülern völlig gleichzustellen. Das heißt, sie sind mitzuversichern, das heißt aber auch, sie bekommen in dieser Zeit keine Lehrlingsentschädigung. Diese Entkoppelung ist Grundvoraussetzung dafür, daß eine notwendige Flexibilisierung im dualen System greifen kann, daß eine bessere Ausbildung bei Verringerung der Kosten gesichert wird.

Wir stellen uns vor, daß der Berufsschulanteil für alle Lehrlinge unter dieser Voraussetzung der Entkoppelung auf mindestens drei Monate angehoben wird. Selbstverständlich sind individuelle Ausweitungen bis zu sechs Monaten – abhängig von den Eingangsvoraussetzungen der Lehrlinge – durchaus möglich. Das würde dazu führen, daß wir infolge des höheren schulischen Anteils an der gesamten Lehrzeit rasch ein größeres Lehrstellenangebot hätten. Neben der Standardlehre würden wir unseren jungen Menschen höhere Bildungsabschlüsse ermöglichen. Das bedeutet größere Aufstiegschancen für die Jugend und auch qualifiziertere Fachkräfte für die Wirtschaft.

Selbstverständlich müssen wir die Berufsschule dann auch zu wirklich autonomen Berufsbildungszentren entwickeln. Die Berufsschulen müssen zusätzliche Bildungsangebote unterbreiten, und zwar in allen Bereichen: Informatik, Fremdsprachen, Kulturtechniken, Schlüsselqualifikationen, natürlich auch im fachtheoretischen Bereich. Wir müssen in den Berufsschulen von diesem starren Stundenplansystem wegkommen, wir müssen dieses Bildungsangebot in Modulform aufbereiten, weil nur so individuelle Bildungslaufbahnen zwischen Lehrling und Lehrberechtigten auch geplant werden können. Vor allem müssen wir die Berufsschulen für alle Bildungswilligen öffnen. Es soll das Nachholen von Bildungsabschlüssen ermöglicht werden. Der Begriff "lebensbegleitendes Lernen" darf nicht nur Schlagwort sein, sondern muß auch in die Realität umgesetzt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein solches neues System ist finanzierbar. Wir können Mittel umschichten. Ich denke etwa nur an die hohen Kosten, die ein Schüler an einer berufsbildenden höheren Schule verursacht, in etwa 70 000 S pro Jahr. Es gibt eine Abbrecherquote von rund 40 Prozent. Es gibt irrationale Repetentenquoten in allen Schulbereichen, die Milliarden kosten. Ich möchte dabei noch gar nicht von den sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Jugendarbeitslosigkeit sprechen. Wenn sich die österreichische Jugend, wenn sich die österreichische Wirtschaft etwas wirklich nicht leisten kann, so ist es die Reformunfähigkeit der dafür Verantwortlichen. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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12.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

12.17

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ja schon einiges heute über die möglichen Ursachen der Misere auf dem Lehrlingssektor gehört. Ich frage mich: Sind das die wirklichen Gründe? Sind wirklich die Kosten für die Lehrlinge zu hoch? Ist es wirklich das Schutzniveau bei den Lehrlingen, das die Ursache dafür ist, warum so wenig ausgebildet wird? Ist wirklich die lange Ausbildungszeit, die Lehrlinge in der Schule verbringen müssen, die Ursache dafür, daß so wenige Lehrlinge ausgebildet werden, oder liegen die Ursachen nicht viel eher in einem Wirtschaftssystem, das immer kurzatmiger wird, immer mehr auf den schnellen Profit orientiert ist? Liegen die Ursachen nicht auch in einer Wirtschaftspolitik, die dem zu folgen versucht? Liegen die Ursachen nicht auch in einer Bildungspolitik, die nicht mehr innovativ ist, die für die Lehrlinge in einer Sackgasse endet?

Ich erinnere daran, daß Anfang Juli in den "Salzburger Nachrichten" ein längerer Bericht über Lehrlingsausbildung zu lesen war. Da wurde ein Fachmann von ABB, der Personalchef, zitiert, der zum Thema Lehrlingsausbildung gesagt hat: ABB hat Ende der achtziger Jahre einen Lehrlingsstand von 100 gehabt. Vor drei Jahren ist die Lehrwerkstatt in diesem großen Unternehmen in Österreich geschlossen worden. Dann wurde er nach den Gründen gefragt. Darauf sagte der Personalchef, man habe die Frage kurzfristig betriebswirtschaftlich betrachtet und keine langfristigen volkswirtschaftlichen Überlegungen angestellt.

Wohin dieses kurzfristige Denken führt, meine Damen und Herren, illustriert ein anderer Artikel, und zwar in der "Neuen Zürcher Zeitung". Da steht unter dem Titel "Qualifikation wird in den USA zur Mangelware", daß klein- und mittelständische Unternehmen Alarm schlagen, weil das Ausbildungssystem, auch das System beruflicher Bildung in Amerika völlig versagt, weil die Leute, die in die Betriebe kommen, nicht einmal mehr Englisch können – das in Amerika! –, nicht Mathematik können, nicht mehr die grundlegendsten Qualifikationen haben.

Wenn ich das höre und lese, erinnere ich mich dabei daran, daß es in Österreich einen Streit darüber gegeben hat, und zwar bei der Berufsausbildung, ob wir in den Berufsschulen überhaupt den Unterrichtsgegenstand Englisch oder auch Deutsch brauchen, ob das nicht etwas ist, was man am besten vergessen kann.

Meine Damen und Herren! Was wir für die berufliche Bildung in Österreich brauchen, ist die gemeinsame Verantwortung, die gemeinsame Verantwortung von Staat und Unternehmen – und etwas weniger Ideologie auch in diesem Bereich. Wir brauchen die gemeinsame Verantwortung von Staat und Unternehmen, die sich die Kosten der Ausbildung zu teilen haben, und da muß eine klare Rechnung gemacht werden. Staat und Unternehmen haben auch die berufliche Ausbildung zu übernehmen.

Da stellt sich schon die Frage: Übernehmen diese Ausbildung der Staat, die öffentliche Hand, die Länder und die Gemeinden in ausreichendem Maße? Ich würde sagen, daß das nicht der Fall ist. Selbstverständlich gibt es auch im Bereich der öffentlichen Hand genügend Möglichkeiten, Lehrlingsausbildung zu betreiben.

Warum kann es nicht den Sozialversicherungskaufmann geben? Warum kann es nicht den EDV-Lehrling im öffentlichen Bereich, in den Diensten der öffentlichen Hand geben? Warum nicht den Arbeitsvermittler, der das Handwerk von der Pike auf lernt? Warum nicht Medien- und Marketingleute auch im öffentlichen Dienst? Das sind doch alles Fragen, die offen und ernst diskutiert werden müssen.

Selbstverständlich ist es notwendig, daß sich beide, nämlich Staat – also öffentliche Hand – und Unternehmen diese Kosten teilen, daß also ein Lastenausgleich erfolgt. Es kann meiner Ansicht nach nicht so sein, daß man, wenn man über den Lastenausgleich redet, nur den Lastenausgleich im Bereich der Privatwirtschaft meint. Nein, auch die öffentliche Hand, die nicht ausbildet, soll an diesem Lastenausgleich beteiligt werden.

Sinnvoll wäre es meiner Ansicht nach auch, sich zu überlegen, ob bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen – derzeit ist ja ein Bundesvergabegesetz in Diskussion beziehungsweise


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Begutachtung – nicht ein Kriterium sein sollte, ob der Betrieb, der diesen Auftrag erhält, Lehrlingsausbildung betreibt, ob er Ausbildung generell betreibt und ob er Weiterbildung betreibt. Das wäre eine Möglichkeit. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Liberalen Forums.)

Sinnvoll wäre es auch, die Ausbildung generell zu verbessern. Frau Minister! Es ist kein Zufall, daß die Gestaltung der Berufsschulbücher am schlechtesten ist. Die Wertung des Katholischen Familienverbandes sagt klar, die Berufschulbücher sind von miserabler Qualität. Natürlich muß da etwas gemacht werden. Es darf die berufliche Bildung kein Stiefkind bleiben.

Die Durchlässigkeit muß erhöht werden. Keine Studiengebühren für die Fachhochschulen, die Sie aber diskutieren. Solche sind nicht angebracht, wenn man die Berufsbildung wirklich fördern will. Eine stärkere Differenzierung in der Berufsbildung wäre von Vorteil. Statt leere Versprechungen abzugeben, was die Lehre betrifft, sollten Sie, meine Damen und Herren, sollten wir erreichen, daß die Jugendlichen nicht leer ausgehen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Liberalen Forums.)

12.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Er hat das Wort. – Gleiche Redezeit.

12.22

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten und Redner von den Regierungsfraktionen haben hier von diesem Rednerpult aus auch heute wieder die Wichtigkeit dieser Frage betont. Ich frage mich nur, meine Damen und Herren, vor allem auch Sie von der Volkspartei, denn dort war ja das besonders auffallend, warum Sie die Wichtigkeit und die Aktualität dieser Frage jetzt wieder verniedlicht haben. Frau Bundesministerin Gehrer meinte, als sie vom Rückgang der Zahl der Lehrlinge sprach, daß das ja alles nicht so schlimm sei. Frau Abgeordnete Moser meinte unglaublich naiv: Betrachtet man die internationale Statistik, so sehe sie überhaupt kein Problem.

Meine Damen und Herren von der Volkspartei! Ich glaube, daß das wirklich der falsche Ansatz ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Betrachten Sie nur die nackten Zahlen, wenn Sie schon mit Statistiken arbeiten: 1979 gab es 197 000 Lehrlinge, meine Damen und Herren von der Volkspartei, 1995 waren es nur mehr 123 000 Lehrlinge. Herr Kollege Khol! Frau Kollegin Moser! Das ist ein Rückgang um über 40 Prozent. (Abg. Dr. Khol: Weniger Kinder und in die Schule!)

Herr Kollege Khol! Auf diesen Zwischenruf habe ich gewartet. Natürlich ist das auch eine Frage der demographischen Entwicklung. Aber, Herr Kollege Khol, auch dafür, nämlich für die Familienpolitik, wären Sie in den letzten Jahren verantwortlich gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da fehlen ja auch Initiativen (Abg. Dr. Khol: Ich habe meinen Beitrag geleistet!) , damit dieser Spirale, die uns auch in anderen Ressorts Sorgen macht, etwas entgegengesetzt wird. Aber, Herr Kollege Khol, es geht nicht nur um die demographische Entwicklung, das wissen Sie ganz genau: Aus langfristigen Statistiken lassen sich die Prognosen ableiten, daß sich in den nächsten Jahren die Zahl der Schulabgänger sehr an jene der Lehrabgänger, der Absolventen einer Facharbeiterausbildung angleichen wird. Das heißt, wir werden in Zukunft ähnlich viele Schulabgänger haben – wobei wir nicht wissen, in welche berufliche Zukunft sie gehen werden – wie Lehrlinge, die wir in Zukunft genauso dringend brauchen werden wie gut ausgebildete Akademiker.

Herr Kollege Khol! Wo sind denn Ihre Maßnahmen und Vorschläge, wie Sie einer Reduzierung des Lehrstellenangebots entgegenarbeiten werden? (Abg. Dr. Khol: Das wird Ihnen der Herr Stummvoll sagen!) Da bin ich aber sehr gespannt, Herr Kollege.

Aber wer ist denn in der Regierung, Herr Kollege Khol? Wer hätte denn in den letzten Monaten und Jahren die Möglichkeit gehabt, dieser Entwicklung entgegenzuwirken? – Das waren doch Sie von der Volkspartei! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber was machen Sie? – Sie streiten mit den Soziallisten darüber, wer an dieser Lehrlingsproblematik schuld ist, ob es die Gewerkschaft oder die Wirtschaftskammer ist. Meine Damen und Herren! Lassen Sie die Gewerkschaft aus dem Spiel! Lassen Sie die Wirtschaftskammer aus dem Spiel! Setzen Sie vielmehr endlich die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen, gemeinsam auch mit uns! Arbeiten wir zusammen, und zwingen wir die Wirtschaftskammer und auch die Gewerkschaft, daß sie unseren Gesetzen folgen, und die Lehrlinge, aber auch die Wirtschaftstreibenden ordentlich vertreten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es kann ja kein Lösungsansatz sein, daß man, wie Frau Abgeordnete Schaffenrath gemeint hat, sagt: Wir entlasten die Wirtschaftsbetriebe, indem wir den Lehrlingen keine Lehrlingsentschädigung für die Zeit ihrer Berufschullaufbahn bezahlen. (Abg. Schaffenrath: Warum denn nicht?) Frau Kollegin Schaffenrath, das ist doch genau der falsche Ansatz! Wir müssen doch danach trachten, daß wir den Lehrlingen eine bessere soziale Stellung geben. (Abg. Schaffenrath: Wissen Sie, was der Maurerlehrling im Schnitt bekommt? 11 000 S!)

Die Unternehmen muß man entlasten, selbstverständlich, aber diskutieren wir doch über eine Reduzierung der Lohnnebenkosten für die Wirtschaftsbetriebe und über eine ordentlich Wirtschaftspolitik! Es müßte doch auch in Ihrem Interesse sein, daß es sich Wirtschaftsbetriebe und Gewerbebetreibenden wieder leisten können, Lehrlinge einzustellen und Lehrlinge auszubilden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sind doch die wichtigen Ansätze, die es hier zu diskutieren gilt.

Herr Kollege Koppler! Sie haben uns vorgeworfen, wir würden das nur polemisch meinen. – Das Gegenteil ist der Fall, und Sie wissen das in Wirklichkeit ganz genau. Wenn es Ihnen und auch allen anderen wirklich um den sozialen Stellenwert und den gesellschaftspolitischen Stellenwert der Lehrlinge geht, dann würde ich Sie ersuchen, zu verhindern – ich habe das in der letzten Debatte schon gebracht –, daß Ihre Organisationen, wie etwa die sozialistischen "Kinderfreunde", mit Unterstützung der Arbeiterkammer und mit Unterstützung des Innenministeriums Pamphlete herausgeben, Spiele vorschlagen, in denen der Lehrling unterschwellig als dumpfer Rechtsextremist diffamiert wird. Das ist in Wahrheit Parteipolemik und Mißbrauch der Lehrlinge für parteipolitische Zwecke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Unterrichtsministerin! Es hat mir bei Ihnen auch der Vorschlag gefehlt, daß wir auch einmal umfassend über unser Bildungssystem diskutieren, daß wir den Lehrling und die Lehrausbildung als Teil des gesamten Bildungssystems sehen, das ja bei der Volksschule beginnt, wo wir Probleme haben, und über die Hauptschulen und das Polytechnikum geht. Meine Damen und Herren! Es wäre wichtig, einmal gemeinsam die grundlegenden Probleme zu diskutieren und darauf aufbauend in diesem Parlament gesetzliche Maßnahmen für unsere Lehrling zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Er hat das Wort.

12.27

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst auf die Ausführungen einiger Vorredner eingehen. Die Abgeordneten Haigermoser, Dolinschek und Scheibner haben es relativ leicht, sie können ja alles verlangen, was gut und teuer ist, sie brauchen sich um Budgets nicht zu kümmern. Sie brauchen sich nicht darum zu kümmern, wie das zeitmäßig unterzubringen ist. Das ist der Vorteil der Opposition. Ich hoffe, die Bürger sind so klug, Ihnen nicht alles zu glauben.

Kollege Scheibner! Es muß aber auch erlaubt sein, Daten zu zitieren, wie sie sie sind, ohne zu sagen, daß uns das Problem deswegen gleichgültig wäre. Es ist uns kein Lehrling egal, der keine Lehrstelle findet, es ist uns kein Jugendlicher egal, der keine Ausbildungsstelle findet, selbstverständlich nicht. Aber sagen werden wir noch dürfen, daß in diesem Europa, wo es viele hochindustrialisierte Länder gibt, die Jugendarbeitslosenrate in Österreich mit 6 Prozent die


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niedrigste aller EU-Länder ist. An zweiter Stelle liegt Luxemburg mit 8 Prozent und an dritter Stelle Dänemark mit 8,3, dann kommt Deutschland mit 9,2 Prozent. Alle anderen Länder liegen wesentlich darüber. Das enthebt uns aber nicht der Verpflichtung, Maßnahmen zu setzen, weil wir eben diesen Platz halten wollen. (Abg. Haigermoser: Diese Diskussion führen wir gerne! Da haben wir kein Problem!) Wir wollen diesen ersten Platz halten, und wir werden alles daransetzen, daß wir das auch erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation der Lehrverträge hat sich nicht dramatisch verschlechtert, sondern das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den Lehrstellensuchenden bei den Arbeitsämtern, beim Arbeitsmarktservice und den gemeldeten offenen Lehrstellen. Das rührt daher, daß Lehrlinge zum Teil selbst wesentlich initiativer geworden sind und Lehrstellen gesucht haben; das ist nachweisbar. Das heißt zum zweiten, daß Betriebe teilweise – das ist momentan das Problem – warten, was hinsichtlich der Förderungen entschieden wird.

Daher sollten wir sehr rasch zu diesen Entscheidungen kommen. (Abg. Haigermoser: Bei eurer Regierungspolitik!) Kollege Haigermoser! Anstatt hier dazwischenzurufen, sollten Sie mit Ihrem Stadtrat Federspiel, dem freiheitlichen Innsbrucker Aushängeschild, reden und ihn fragen, wieso er seit 1995 keine Lehrling mehr ausbildet. Fragen Sie ihn einmal, da können Sie etwas für zwei Lehrstellen tun. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Wegen eurer Regierungspolitik!) Er hat das bisher immer getan.

Ich möchte mich hier jetzt auf das konzentrieren, was wir im Bereich der Schule und im Bereich ... (Abg. Haigermoser: Jetzt ist der Federspiel schuld am Dilemma!) Herr Haigermoser, Sie sind momentan so aufgezogen, sind Sie im Klub nicht zum Reden gekommen? Hat dort nur der Chef geredet? (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte mich jetzt auf die schulischen Maßnahmen, die wir hier setzen, konzentrieren. Die Bundesregierung und die Koalition haben diesbezüglich sehr klare Konzepte, die ich Ihnen darlegen darf: Wir möchten im Bereich der Berufsschule – das ist nachlesbar in der Koalitionsvereinbarung und auch im Entschließungsantrag, den dieses Parlament vor dem Sommer verabschiedet hat – eine verstärkte Zusammenführung der Lehrberufe in Berufsfelder, sodaß es erst später zu einer Spezialisierung kommt, um die Möglichkeit zu haben, verschiedene Berufe ergreifen zu können. Diese Reform im Bereich der Berufsbilder und im Bereich der Berufsausbildung ist teilweise schon angegangen worden, es gibt schon erste Berufe, hinsichtlich derer das geschehen ist. Die Reform wird zügig fortzusetzen sein und zügig fortgesetzt werden.

Im heurigen Jahr wird es, so denke ich, möglich sein, zumindest einen Entwurf in die Begutachtung zu schicken, laut dem das neue System einer Berufsreifeprüfung entwickelt wird, wo Lehrlinge in der Berufsschule den Zugang zu den Fachhochschulen, den unmittelbaren Zugang zu den Universitäten erwerben können. Dadurch wird eine sehr deutliche Aufwertung der Lehrlinge erfolgen.

Wir werden die Berufsschulen in Kooperation mit den Erwachsenenbildungseinrichtungen zu Lernzentren ausbauen, und wir werden den Berufsschulen insgesamt neue Aufgaben zuweisen, und wir werden im Bereich der Reform des Polytechnischen Lehrgangs den beruflichen Teil der Grundausbildung verstärken.

Sie sehen, es gibt eine Menge von Maßnahmen im Bereich von berufsbildenden Schulen, der Pflichtschulen, der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, die in nächster Zeit gesetzt werden. Wir sind daran, dieses System dann so wirkungsvoll zu erhalten. Und wenn wir diese Maßnahmen gesetzt haben, werden Sie sehen – jetzt komme ich auf die Zahlen zurück –, daß wir weiterhin zu den Ländern zählen, die ihren Jugendlichen die beste Ausbildung in Europa bieten können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Er hat das Wort. – Gleiche Redezeit.


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12.33

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir diskutieren heute die wichtige Frage der Lehrlingsausbildung im Rahmen einer Aktuellen Stunde, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, meine Damen und Herren: Ich sage ganz bewußt als Vertreter der Wirtschaft, daß das wichtigste Kapital, das wir in der Wirtschaft haben, nicht das Eigenkapital ist – so wichtig dieses auch sein mag –, auch nicht das Fremdkapital, das wichtigste Kapital in der Wirtschaft sind die menschlichen Ressourcen unserer Mitarbeiter, ist das Humankapital! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Es zeigt den Stellenwert, den die Jugend in einer Gesellschaft hat, inwieweit wir bereit sind, vor allem in die jungen Menschen und in deren Bildung zu investieren – das ist eine klassische Zukunftsinvestition. Wir von der Volkspartei sind bereit, anzuerkennen: Wir müssen in die Bildung unserer Jugend investieren, das als Zukunftsinvestition sehen. Und diese Politik werden wir auch in Zukunft konsequent verfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich gehöre nicht zu jenen, die die Probleme nicht aufzeigen – ich werde dies gleich machen –, aber in einem muß ich mich meinem Vorredner anschließen: Unser System der dualen Berufsausbildung mag da oder dort im Detail Mängel haben, aber es hat dazu geführt, daß wir seit Jahren die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben! (Beifall des Abg. Kröll. )

Ich möchte an dieser Stelle allen Betrieben und allen Lehrherren dafür danken, daß sie durch ihre Arbeitskraft, durch ihren Einsatz dazu beigetragen haben, daß wir die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir dürfen dabei aber nicht übersehen, daß wir natürlich auch Probleme haben. Wir haben vor allem das Problem, daß die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe zurückgeht. Wenn Sie mit den Unternehmen reden, wenn Sie sich Meinungsumfragen anschauen, stellen Sie folgendes fest: Es kommen drei Gründe sehr klar heraus: erster Grund: Viele Unternehmer sagen: Die Lehrlinge sind zu teuer geworden!, zweiter Grund: Die Lehrlinge sind zu wenig im Betrieb anwesend! und dritter Grund: Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen sind zu praxisfremd und zu wenig flexibel!

Meine Damen und Herren! Wir müssen diese Gründe ernst nehmen, wir können es uns nicht so leicht machen, nur zu sagen: Ein zentraler Fonds oder Lehrwerkstätten lösen das Problem. – So einfach ist das Problem nicht zu lösen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Schaffenrath. )

Herr Kollege Haigermoser, ich habe hier von diesem Rednerpult aus (Zwischenruf des Abg. Haigermoser ) am 12. Juli die Haltung meiner Fraktion zum Fonds sehr klar erklärt: Wir sind gegen den Fonds, wir sind für einen sinnvollen Lastenausgleich in Form von Anreizen, etwa durch Lehrlingsausbildungsfreibeträge, etwa durch Entlastung bei den Krankenversicherungsbeiträgen. (Abg. Haigermoser: Zugestimmt!) Ich bin sehr froh, daß es uns im Zuge der Werkvertragsregelung gelungen ist, einen ersten wichtigen Schritt zur Entlastung der Betriebe beim Krankenversicherungsbeitrag zu setzen, und ich bekenne mich auch dazu, daß viele Gemeinden bereit sind, den Lehrbetrieben die Kommunalabgabe für Lehrlinge zu ersetzen. Diesen Weg, hier die Betriebe finanziell zu entlasten, müssen wir konsequent weitergehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Herr Kollege Koppler! Es gilt das, was unser Klubobmann gesagt hat: Die einzigen, die Lehrplätze schaffen können, sind Betriebe und Unternehmer – und sonst niemand! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Nächster Punkt: Meine Damen und Herren! Wir müssen so ehrlich sein, zuzugeben, daß unsere arbeitsrechtlichen Bestimmungen zum Teil zu unflexibel, zu antiquiert und zu wenig praxisorientiert sind.

Zwei Beispiele: Wenn ein Kellnerlehrling nach 22 Uhr Gäste nicht mehr bedienen darf, wenn ein Dachdeckerlehrling während seiner ganzen Lehrzeit nicht auf das Dach steigen darf, weil er


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noch nicht 19 Jahre alt ist (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Irrsinn!) , dann müssen wir in diesen Bereichen anpassen – im Interesse unserer Jugend und ihrer Ausbildung. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Schaffenrath. )

Es ist ja absurd, daß in Österreich mit 18 Jahren alle volljährig sind, daß aber für Lehrlinge bis 19 Jahre das Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz gilt. Da müssen wir zweifellos die Weichen neu stellen. Wir sind dazu im Interesse der Zukunftschancen unserer Jugend bereit. (Beifall bei der ÖVP.)

12.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Er hat das Wort.

12.37

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich freue mich, daß ich als Betroffener zu Wort komme, als Betroffener, der in seinem Unternehmen seit vielen Jahren Lehrlinge ausbildet und es als Verantwortung der Wirtschaft und des Unternehmers betrachtet, in der Lehrlingsausbildung tätig zu sein.

Ich möchte anschließen an das, was Kollege Öllinger gesagt hat. Er hat festgestellt, daß sich unsere Wirtschaft in einem unendlichen Wandel befindet, daß der Kostendruck, unter dem die Unternehmungen stehen, dazu führt, daß auch die Kosten der Lehrlingsausbildung durchgerechnet werden und man feststellt, daß – wie könnte es anders sein – die Investition, die man in diese jungen Menschen tätigt, höher ist als das, was letztlich an Produktivität durch einen Lehrling herauskommt.

Ich muß Ihnen mit tiefer Betroffenheit sagen, daß auch unser Unternehmen die Zahl der Lehrlinge, die 1995 noch 25 betragen hat, bis 1997 auf 15 reduzieren wird. Ich sage Ihnen das mit tiefer Betroffenheit.

Wir kommen nicht darum herum, über dieses grandiose System der Lehrlingsausbildung intensiver nachzudenken, als nur Schule zu reformieren und da und dort eine Retusche anzusetzen. Uns muß klar sein, daß es eigentlich eine gemeinschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe ist, die sekundäre Bildungsstufe zu finanzieren – das ist bei Maturanten ganz selbstverständlich, darüber diskutiert kein Mensch; es ist auch beim Fachschüler selbstverständlich. Warum gehen wir nicht eine wirkliche Partnerschaft hinsichtlich der Ausbildung, der Lasten, der Arbeit und der Aufwendung für die Lehrlinge ein?

Frau Schaffenrath hat meiner Ansicht nach in die richtige Richtung gezeigt: Wir müssen die Berufsschulzeit und die Lehrzeit voneinander entkoppeln. Ich bekenne mich zu einer absoluten Verlängerung der Berufsschulzeit, sie ist notwendig. Wir haben einen solch hohen Qualifikationsbedarf auch im Hinblick auf das lebenslange Lernen, daß wir die Berufsschulzeiten unbedingt variabel gestalten müssen. Ich meine, wenn Lehrzeit und Berufsschulzeit voneinander entkoppelt sind, dann wären für mich drei Monate Berufsschulzeit in einem Berufsausbildungszentrum ein Minimum, wo junge Menschen unterschiedliche Module, die für ihren Beruf notwendig sind, lernen. Das kann bis zu einer Berufsschulzeit von sechs Monaten gehen, es bleiben dann immer noch sechs Monate im Jahr, in denen der Lehrling im Betrieb arbeiten und selbstverständlich eine anständige Lehrlingsentschädigung haben soll. In den anderen sechs Monaten im Jahr sollte er wie ein Schüler behandelt werden. Auf diese Weise könnten wir unseren Facharbeitern mehr Wissen vermitteln.

Warum hat denn die Wirtschaft immer geblockt, wenn es um die Ausweitung der Berufsschulzeiten ging? – Weil sie immer Angst hatte davor, daß sie noch mehr Monate bezahlen muß, und diese Rechnung zwischen Ausbildung und dem, was ein Lehrling im Betrieb an produktiver Leistung erbringt, noch schlechter wird. Wagen wir doch den Sprung hin zu den Berufsausbildungszentren, zur Trennung von Berufsschule und Lehrzeit, und öffnen wir damit den sekundären Bildungsweg für die jungen Menschen, für die jungen Burschen und Mädel, die den Weg über die Lehre gehen wollen, automatisch bis hin zur tertiären Bildungsstufe. Warum


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kann ein Lehrling, der sechs Monate Berufsschule modulartig gemacht hat – da weiß ich, diese sechs Monate ist er im Betrieb, jene sechs Monate in der Schule – nicht nach Absolvierung weiterer Module nach Ende seiner Lehrzeit bis zur Fachhochschulreife kommen? Kann es nicht viel attraktiver für viele junge Menschen sein, zu sagen: Ich gehe den Weg der Lehre, da ich denselben Weg in die tertiäre Bildungsstufe habe, wie wenn ich in eine weiterführende Schule gehe!?

Wir haben doch viel zu viele Abbrecher, Frau Unterrichtsminister. Wir haben viel zu viele AHS-Abbrecher, wir haben viel zu viele BAS-Abbrecher. Wir sollten uns in der Wirtschaft noch mehr mit Lehrlingsausbildung auseinandersetzen. Unser Ziel sollte es sein, in die Lehrlingsausbildung zu investieren. Nur, unter den jetzigen Umständen, unter den jetzigen Rahmenbedingungen, die dieses Parlament beschlossen hat, die diese Bundesregierung gesetzt hat, haben wir nun einmal den Effekt – das ist den Statistiken zu entnehmen –, daß immer weniger Betriebe bereit sind, diese Verantwortung wahrzunehmen, weil sie sie nicht mehr zu leisten vermögen.

Meine Damen und Herren! Ich halte die Lehrlingsausbildung, die duale Ausbildung für unverzichtbar, das hat sie bewiesen. Ich meine aber, daß sie umgehend wesentlich reformiert werden muß, daß wir aber dann bei neuen Berufsschulgestaltungen in den Betrieben wieder mehr Lehrlinge aufnehmen können, da wir ja, wenn ein Lehrling nur sechs Monate im Betrieb ist – die Dualität: halbe Zeit hier, halbe Zeit dort –, die Zahl der jungen Menschen, die bei uns ausgebildet werden, verdoppeln können.

Die Welt ist komplizierter geworden, die Ausbildungsanforderungen sind größer geworden –passen wir diesen Problemen auch die Lehrlingsausbildung an! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der vorläufig letzte Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

12.42

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte etwas zur Finanzierung der dualen Ausbildung sagen und im wesentlichen für eine stärkere Beteiligung des Staates an dieser Finanzierung plädieren.

Ganz grob gesagt: Mir scheint, der Lehrling hat drei Segmente in seiner Arbeitszeit und seiner Tätigkeit: Der Lehrling arbeitet erstens für den Betrieb, und es ist klar, daß der Betrieb für diese Tätigkeit eine Entschädigung zu leisten hat.

Zweitens erwirbt der Lehrling – im Jargon der Ökonomen, Sie entschuldigen – so etwas wie firmenspezifisches Humankapital, das ist Wissen, das er vor allem und in erster Linie in diesem Betrieb weiterverwerten wird und weiterverwenden kann. Für den Betrieb allerdings ist das nur insoweit von primärem Interesse, als der Lehrling nach der Ausbildung noch einige Zeit im Betrieb bleibt.

Drittens erwirbt der Lehrling natürlich allgemeine Kenntnisse, die er in seinem Beruf im Prinzip an jedem beliebigen Arbeitsplatz verwenden kann.

Es war meines Erachtens immer schon problematisch, die Gesamtfinanzierung für diese Ausbildung dem Betrieb anzuhängen, nur ist das jahrzehntelang nicht aufgefallen. Es ist so lang nicht aufgefallen, solang die Arbeitskräfte knapp, nicht im Überschuß vorhanden waren, solang die Mobilität der Arbeitnehmer geringer war als heute. Aber je stärker diese Mobilität wird, die wir ja im Prinzip fördern wollen durch die Schlagworte "Flexibilität", "mehr allgemeinere Ausbildung" und so weiter, mit anderen Worten, je schwächer die Betriebsfixierung nach der Ausbildung wird, desto uninteressanter wird für es den Betrieb, in seinem Eigeninteresse Lehrlinge auszubilden.

Spöttisch oder zynisch kann man sagen: Es steigt das Interesse des Betriebes, "Schwarzfahrer" im System zu werden, nämlich Leute anzustellen, die von anderen Betrieben ausgebildet


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wurden. Aber ich glaube, das ist eine irreführende Sicht. Es ist einfach das Eigeninteresse der Betriebe gesunken, Lehrlinge auszubilden, und daraus ist eine Konsequenz zu ziehen.

Wenn wir die duale Ausbildung grundsätzlich beibehalten wollen – ich rede jetzt gar nicht über die Struktur des Ganzen und verschiedene Reformen im Detail, die meine Vorredner angeschnitten haben –, dann ist eine stärkere Beteiligung der Finanzierung von außen – sage ich jetzt einmal ganz grob – unverzichtbar. Über die genauen Modalitäten kann man ja verhandeln. Ob es ein Umlagemodell, ein Fondsmodell ist, ob es eine schlichte Steuerersparnis für die ausbildenden Betriebe ist, ist, meine ich, letztlich von sekundärer Bedeutung und eher eine Machtfrage oder eine Frage der Durchsetzungsfähigkeit einzelner Interessen, aber es soll am Prinzip nichts ändern, daß sich der Staat hier stärker beteiligen muß, und zwar rasch. – Rasch, denn angesichts der Zahlen, die heute schon genannt wurden, haben wir keine Zeit, noch länger zuzuwarten, wenn das sogenannte duale Ausbildungssystem nicht zugrunde gehen soll. Es ist richtig, daß die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich geringer ist als in den meisten anderen Ländern – das liegt sicher auch am dualen Ausbildungssystem –, aber wenn es so weitergeht, wird es in drei Jahren nicht mehr so sein.

In diesem Sinne glaube ich, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit muß absolute Priorität haben, denn wir haben da nicht mehr viel Zeit! – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalem Forum sowie des Abg. Kröll. )

12.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, damit ist die Debatte geschlossen und die Aktuelle Stunde beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung betrifft, verweise ich nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen:

Zurückziehungen: 1096/J und 1184/J.

2. Anfragebeantwortungen:

603/AB bis 1170/AB.

Ergänzungen beziehungsweise Beilagen zu Anfragebeantwortungen: Zu 671/AB, Zu 872/AB, Zu 946/AB und Zu 989/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

3/ABPR und 4/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG (252 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (253 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (310 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden (311 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem Regelungen über den Erwerb von Rechten an Gebäuden und Wohnungen von Bauträgern getroffen werden (Bauträgervertragsgesetz – BTVG) und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert wird (312 der Beilagen),

Medizinproduktegesetz – MPG (313 der Beilagen),

Strafvollzugsgesetznovelle 1996 (317 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung geändert werden (318 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur elften Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 11) (322 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 1996 (Vorlage 13 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 2. Quartal 1996 (Vorlage 14 BA);

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 14 betreffend "Gerechtigkeit bei den Telefongebühren", überreicht vom Abgeordneten Peter Rosenstingl,

Bürgerinitiative Nr. 7 betreffend "Tieflegung der Verbindungsbahn im 13. Wiener Gemeindebezirk anstatt Bau des Lainzer Tunnels",

Bürgerinitiative Nr. 8 betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Schweden über Soziale Sicherheit (320 der Beilagen);

Budgetausschuß:

Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Kostentransparenz staatlicher Aufgabenerfüllung, Einführung einer Kostenrechnung des Bundes und Einrichtung eines Haushaltsausschusses" (III-29 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (212 der Beilagen),


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Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen über die Förderung und den Schutz von Investitionen (309 der Beilagen),

Antrag 277/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996) geändert wird;

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 278/A (E) der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend Maßnahmen gegen die Abwanderung aus der Landwirtschaft;

Rechnungshofausschuß:

Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Altlastensanierung (III-47 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Antrag 271/A (E) der Abgeordneten Dr. Stefan Salzl und Genossen betreffend Tierschutz als Bundeskompetenz,

Antrag 275/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Anfechtung der Kärntner Landtagswahlordnung beim Verfassungsgerichtshof;

Verkehrsausschuß:

Antrag 274/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend die organisatorische Neugestaltung des Bahninfrastrukturausbaues,

Antrag 276/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend finanzielle Absicherung des öffentlichen Personennahverkehrs durch ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz auch nach Streichung von Geldern aus dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 279/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend fehlendes aktives und passives Wahlrecht in Kollegialorganen für externe LektorInnen nach UOG 93;

b) zur Enderledigung (im Sinne des § 28b GOG):

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über den Finanzschuldenbericht der Österreichischen Postsparkasse für 1995 (III-45 der Beilagen),

Budgetprogramm der Bundesregierung für die Jahre 1996 – 2000, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (III-49 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführte Studie betreffend Umverteilung durch öffentliche Haushalte in Österreich aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 22. März 1991, E 10-NR/XVIII. GP (III-46 der Beilagen);

Gleichbehandlungsausschuß:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen (III-42 der Beilagen),


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Gleichbehandlungsbericht (VII/1990 – VI/1995), vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit und Soziales gemeinsam mit der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten (III-43 der Beilagen);

Justizausschuß:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der Urheberrechtsgesetznovelle 1980 in der Fassung der Novelle 1986 (Geschäftsjahr 1995) (III-51 der Beilagen);

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1995 (Grüner Bericht 1995) (III-48 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Studie "Einheitliches Umweltanlagenrecht" entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 24. September 1993, E 121-NR/XVIII. GP (III-27 der Beilagen),

Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Umweltförderungen des Bundes 1995 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (III-40 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuß:

Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1995 (III-41 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Darüber hinaus sind folgende Vorlagen eingelangt, die in der Mitteilung noch nicht enthalten sind:

Internationales Naturkautschukübereinkommen von 1995 samt Anlagen (314 der Beilagen),

Protokoll zum vierten AKP-EG-Abkommen von Lomé infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union (315 der Beilagen),

Abkommen zur Änderung des vierten AKP-EG-Abkommens von Lomé samt Schlußakt (316 der Beilagen).

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 28a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieser Gegenstände an einen Ausschuß abzusehen und sie bei der Erstellung der Tagesordnungen der nächsten Sitzungen zu berücksichtigen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall, daher werden wir so vorgehen.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Kostelka und Genossen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Kostelka und Genossen betreffend Schutz unserer Kinder dringlich zu behandeln.

Gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird die Durchführung des Dringlichen Antrages in der Regel um 15 Uhr, aber frühestens drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung aufgerufen. Da wir in den nächsten Momenten in die Tagesordnung eingehen werden,


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setze ich den Aufruf dieses Dringlichen Antrages für 15.50 Uhr, also für in drei Stunden, wie dies die Geschäftsordnung vorschreibt, fest.

Verlangen auf Besprechung einer Anfragebeantwortung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 701/AB der Anfrage 620/J der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend Sozialversicherungspflicht für Werkverträge durch den Herrn Bundesminister für Arbeit und Soziales abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages – wie gerade bekanntgegeben – vorgesehen ist, wird diese kurze Debatte über die Anfragebeantwortung nach der Diskussion zum Dringlichen Antrag stattfinden.

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu Wirtschafts- und Integrationsfragen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr gehen wir in die Tagesordnung ein und gelangen zum einzigen Tagesordnungspunkt dieser Tagesordnung, nämlich den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu Wirtschafts- und Integrationsfragen. Im Anschluß an diese Erklärungen wird entsprechend einem gestellten Verlangen eine Debatte über diese Erklärungen stattfinden.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 57 Abs. 4 der Geschäftsordnung eine Blockredezeit von 7 "Wiener Stunden" vor, sodaß sich für die Abgeordneten der einzelnen Klubs folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 105 Minuten, ÖVP 98 Minuten, Freiheitliche 91 Minuten sowie Liberales Forum und Grüne je 63 Minuten. Über diesen Antrag ist abzustimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den genannten Redezeiten zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen .

Im Hinblick darauf, daß es sich nur um einen Tagesordnungspunkt und nicht um eine Tagesblockredezeit handelt, wäre eine Zweidrittelmehrheit nicht erforderlich.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf nunmehr dem Herrn Bundeskanzler für seine Erklärung das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

12.50

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die erste Plenarsitzung des Nationalrates nach der Sommerpause gibt Gelegenheit, hier vor dem Hohen Haus die wichtigsten Elemente der Arbeit der Bundesregierung darzustellen, wobei ich mich auf die wirtschafts- und integrationspolitischen Bereiche konzentrieren werde.

Wir stehen unmittelbar vor einigen wichtigen politischen Entscheidungen in unserem Land, insbesondere vor der Wahl zum Europäischen Parlament am 13. Oktober. Wir befinden uns aber auch inmitten der Umsetzung eines Regierungsprogramms, das den Staatshaushalt weiterhin konsolidieren und uns mehr politischen Handlungsspielraum für die Gestaltung der Zukunft geben soll. Und wir befinden uns schließlich europa- und weltpolitisch gesehen in einer Phase des permanenten Umbruchs und der Neuerung. Wir, und zwar jeder einzelne von uns, haben uns diesen Prozessen zu stellen. Das ist für niemanden leicht, das geht auch nicht ohne Schwierigkeiten. Aber im Grunde sind in Österreich eine Bundesregierung und auch eine


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Gesetzgebung am Werk, die die Probleme erkennen, danach handeln und für Österreich den richtigen Kurs steuern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn wir unseren Blick über die tägliche durchaus notwendige, unerläßliche Kleinarbeit hinaus erheben, so sehen wir einmal mehr, wie gut Österreich im internationalen Vergleich liegt.

Nehmen wir die Arbeitslosigkeit: im untersten Viertel.

Nehmen wir die Inflation: im untersten Drittel.

Nehmen wir die Beschäftigtenzahl: so hoch wie kaum je zuvor in unserem Land.

Nehmen wir die Stabilität der österreichischen Währung: weltweit anerkannt.

Nehmen wir unser Sozialsystem, unsere Bildungssysteme, unsere Umweltstandards: weltweit vorbildhaft.

Und dennoch: Meine Damen und Herren! All das ist nicht genug. Für diese Erfolge gibt es keine Fortsetzungsgarantie, ganz im Gegenteil, wir müssen darum kämpfen, sie abzusichern und weiterzuentwickeln.

Nicht zuletzt diesem Ziel hat auch der Beitritt zur Europäischen Union gedient. Heute – mehr denn je – können wir sagen: Es war richtig, diesen Schritt getan zu haben, denn nur in und gemeinsam mit Europa sind wir, ist unsere Wirtschaft, sind unsere Arbeitnehmer stark genug, im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen.

Nur in einem gemeinsamen Europa können wir auch die Spielregeln mitgestalten. Ich weiß, das ist mühsam, das ist langwierig und manchmal auch nicht mit sofortigen Erfolgserlebnissen verbunden. Aber Demokratie ist eben manchmal mühsam, manchmal langwierig und manchmal nicht mit sofortigen Erfolgserlebnissen verbunden. Dennoch ist der Erfolg meßbar, sichtbar, erlebbar: Der Vergleich des Europa vor 50 oder 60 Jahren mit dem heutigen Europa macht da ganz sicher.

Wir haben ein sehr umfangreiches Reformprogramm in Angriff genommen, das bei den öffentlichen Finanzen ansetzt, aber weit darüber hinausreicht. Viele andere Staaten ringen noch um ein analoges Programm.

Die Bundesregierung ist entschlossen, den öffentlichen Haushalt weiter zu konsolidieren und dabei auch Reformen in der öffentlichen Verwaltung, im Gesundheitswesen und im Pensionssystem umzusetzen. Wir meinen, gerade weil wir nicht innehalten auf diesem Weg, daß wir auf dem richtigen Weg sind hier bei uns in Österreich und auch in Europa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich sagte schon, daß die Wahl zum Europäischen Parlament am 13. Oktober eine Wahl mit hoher, höchster politischer Bedeutung ist. Durch den Vertrag von Maastricht erhielt das Europäische Parlament wesentliche Kompetenzen, wie zum Beispiel die Zustimmungskompetenz bei Haushaltsfragen, bei der Ernennung der Kommission und bei der Neuaufnahme eines Mitglieds.

Gerade diese drei Rechte bedeuten, daß österreichische EU-Parlamentarier sehr große Verantwortung bei der Vertretung österreichischer Interessen in der Europäischen Union tragen. Deshalb schon – aus vielen anderen Gründen auch – wollen und dürfen wir diese Wahl nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denken wir an das Zustimmungsrecht in Haushaltsfragen: Es ist für den Nettozahler Österreich wichtig, wie das Budget dort aussieht.

Es ist auch sehr wichtig für Österreich, welche Persönlichkeiten als Kommissare die Einhaltung der EU-Spielregeln in den Mitgliedstaaten überwachen sollen, und es ist für Österreich als Grenzland der Europäischen Union außerordentlich wichtig, welche Länder in die Union neu aufgenommen werden.


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Ich habe diese drei Elemente herausgegriffen, um aufzuzeigen, wie bedeutsam die Auswahl von Personen bereits vor der Reform des Europäischen-Unions-Vertrages ist, des Vertrags, der eine Aufwertung des Europäischen Parlaments bringen soll.

Ein Bekenntnis zur Wahl zum Europäischen Parlament enthält aber auch ein Bekenntnis zu einer Erweiterung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments, wenn auch die Entscheidungsprozesse dort gestrafft werden müssen.

Die Tätigkeit des Europäischen Parlaments hat dem Integrationsprozeß wichtige Impulse verliehen, wie zum Beispiel die Verstärkung der ökologischen Dimension, die Transeuropäischen Netze, die starke Betonung der Menschenrechte im Zusammenhang mit Abkommen einzelner Länder und auch den energischen Protest gegen die französischen Atomversuche.

In seiner gestrigen Sitzung hat das Europäische Parlament einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung sozialer Mindeststandards gesetzt. Die Beschlußfassung der Entsenderichtlinie, die Lohndumping in den Mitgliedstaaten hintanhalten soll, ist für Österreich mit seinem überdurchschnittlich hohen Lohnniveau sicher von besonderer Bedeutung.

Meine Damen und Herren! Natürlich muß die Bundesregierung – es wird dies wohl auch das Hohe Haus tun – weiterhin die große Verantwortung für Europa wahrnehmen. Österreich hat die weitestgehenden parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten aller Mitgliedstaaten in EU-Fragen. Dieses Instrument hat sich bis jetzt gut bewährt, und ich bin sicher, daß es auch in Zukunft in verantwortungsvoller Weise genutzt wird.

Was sind nun die europapolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre? – An der Spitze steht wohl die im März des heurigen Jahres formell eröffnete und jetzt in der Verhandlungsphase befindliche Regierungskonferenz. Wir werden uns in diesem Zusammenhang sicher auch auf so manche rauhe Auseinandersetzung gefaßt machen müssen. Dem steht allerdings gegenüber, daß ohne jeden einzelnen Mitgliedstaat, daher auch ohne Österreich, in Europa "nichts mehr geht". Und das ist eine wichtige Errungenschaft für das Unionsmitglied Österreich. Wir werden daher in der praktischen Politik, in der praktischen Anwendung dafür kämpfen, daß Beschäftigung und Beschäftigungspolitik genauso ernst genommen werden wie eine gemeinsame Währung (Beifall bei SPÖ und ÖVP), daß die Union ihre sozialen und ihre Sicherheitsstandards sowie ihre ökologischen Standards nach oben entwickelt, daß Sicherheitspolitik, wie wir das im Grundsatzdokument der österreichischen Bundesregierung festgehalten haben, umfassend definiert wird, sodaß die österreichische Position in Wirklichkeit dem Ringen um die Bewältigung der sozialen und ökologischen Risken Rechnung trägt, daß Kriminalitätsbekämpfung eine Top-Priorität wird und daß militärische Risken durch Konfliktprävention und Dialog minimiert werden.

Aber auch die sogenannte Alltagspolitik der Europäischen Union soll weiterhin österreichische Handschrift tragen. Etwa der Vertrauenspakt des Kommissionspräsidenten Santer, der den sozialen Dialog, die Verwirklichung der Transeuropäischen Netze, eine bessere Forschungsförderung und Hilfestellungen an kleine und mittlere Betriebe beinhaltet – diese kleinen und mittleren Betriebe umfassen in der Europäischen Union immerhin 70 Prozent der Arbeitsplätze –, muß umgesetzt werden, und das werden wir seitens der österreichischen Bundesregierung in allen Gremien, im Europäischen Rat, im Rat der Außenminister, im Rat der Finanzminister, der Wirtschaftsminister, der Sozialminister forcieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Allen Unkenrufen, die vor der Volksabstimmung zu hören waren, stehen folgende Tatsachen entgegen: Österreich ist nach wie vor keinem Militärbündnis beigetreten und faßt dies auch nicht ins Auge. Die Landwirtschaft verzeichnet Einkommenszuwächse von 22 Prozent, und jedenfalls die österreichischen Lebensmittel erfreuen sich auf unseren Märkten und in unseren Geschäften nach wie vor bester Qualität. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Immer wieder gilt es zu betonen, daß Österreich als Nettozahler selbstverständlich in der Pflicht des österreichischen Steuerzahlers steht, der ein Anrecht auf eine korrekte Verwendung der von Österreich zu zahlenden Beiträge hat.


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Meine Damen und Herren! Im Mittelpunkt aller unserer politischen Überlegungen muß immer wieder das Thema Arbeit stehen, da nur sinnvolle Arbeit den Wohlstand schafft, der unsere Gesellschaft auszeichnet und auf den wir auch stolz sind. Arbeit ist sicherlich nicht durch die Abgabe von Arbeitsplatzgarantien oder durch einen Subventionsautomatismus zu erreichen. Arbeit muß immer wieder neu geschaffen werden und die Politik muß das Umfeld und die Bedingungen dafür bereitstellen, weil ja selbstverständlich ist, daß die konkrete Umsetzung von Programmen beziehungsweise die konkrete Schaffung von Arbeitsplätzen in den Betrieben, in den Unternehmungen vor sich geht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Werfen wir einen Blick auf die Arbeitsmarktdaten: Sie zeigen per Mitte September einen moderaten Rückgang der Arbeitslosigkeit verglichen mit August dieses Jahres. Mit einer Arbeitslosenrate von 4,1 Prozent liegt Österreich im Vergleich mit den Industriestaaten der Welt, also der OECD-Staaten, nach wie vor an ausgezeichneter dritter Stelle hinter Luxemburg mit 3,1 Prozent und Japan mit 3,4 Prozent.

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie zu einer Überlegung ein, die die gute Ausgangslage Österreichs belegt. Das "Job-Wunderland", die Vereinigten Staaten von Amerika, wird als ein solches gepriesen, liegt aber mit einer Arbeitslosenrate von 5,4 Prozent deutlich schlechter als Österreich.

All das ist angesichts der derzeit 190 000 arbeitslosen Menschen in unserem Land aber kein Grund, sich zufrieden zurückzulehnen. Die Verschlechterung der Arbeitsmarktlage ist das Ergebnis der Kombination verschiedener Faktoren. Es ist zunächst sicherlich der dramatische Rückgang der Höhe des Wirtschaftswachstums seit den siebziger Jahren anzuführen, wie auch eine schwache Dynamik der realwirtschaftlichen Investitionen und last but not least die instabile Konjunkturentwicklung.

Die in ganz Europa – in Österreich viel weniger – angestiegene Arbeitslosigkeit hat sehr viele unterschiedliche Ursachen. Daraus folgt, daß auch die Wirtschaftspolitik zu ihrer Bekämpfung eine Vielzahl von Instrumenten einzusetzen und auf allen Ebenen verantwortungsvoll zu agieren hat.

Die Klarstellung, daß die österreichische Arbeitslosenrate weniger als die Hälfte des Durchschnitts der Europäischen Unionsstaaten beträgt, ist deswegen wichtig, weil ja aus verschiedenen Motiven, gelegentlich aufgrund von Irrtümern, gelegentlich aufgrund durchsichtiger politischer Motive, auch bei uns immer wieder Patentrezepte propagiert werden, die in anderen Ländern versagt haben und auch in Österreich zu einer Verschlechterung der Wirtschaftsentwicklung und der Arbeitsmarktsituation führen würden.

Beschäftigungspolitische Strategien, die darin bestehen, etwa durch Lohnsenkungen generell oder durch Sozialdumping oder durch Umweltdumping Vorteile zu erzielen, erteile ich daher einmal mehr eine klare Absage, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann nicht Österreichs prinzipielle Strategie werden, mit Billiglohnländern über die Arbeitskosten zu konkurrieren. Gerade angesichts der besseren Situation auf unserem Arbeitsmarkt darf diese relativ bessere Situation auch nicht durch wirtschaftspolitische Experimente aufs Spiel gesetzt werden. Mir kommt es demgegenüber vor allem darauf an, aus der Vielzahl der diskutierten Vorschläge die für Österreich wirklich brauchbaren rasch umzusetzen und die Umsetzung bereits in Angriff genommener Maßnahmen zu beschleunigen.

Meine Damen und Herren! Ich habe einleitend gemeint, daß all die großen Umstellungen nicht ohne Schwierigkeiten und nicht ohne Härten ablaufen. Mit dem Verkauf einer großen Lebensmittelkette und dem stark disputierten Verhalten der deutschen Eigentümer der Firma Semperit hat sich in Österreich in gewisser Hinsicht ein Stimmungsklima ergeben, das durch das Wort "Ausverkauf" ausgedrückt wird. Diese Stimmung ist vorwiegend emotional begründet. Ich nehme sie trotzdem sehr ernst, halte aber folgendes entgegen:


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Erstens: Die Bilanz ist nicht so eindeutig und unausgeglichen, wie es den Anschein hat. Viele österreichische Unternehmungen sind im Ausland und multinational tätig, haben Betriebsstandorte außerhalb der Grenzen unserer Republik errichtet und haben ausländische Firmen in Produktion, in Handel, in Dienstleistungen, in Finanzangelegenheiten aufgekauft. Natürlich ist die Internationalisierung keine Einbahnstraße.

Zahlreiche aktuelle Beispiele, von BMW über Chrysler, von KNP-Leykam bis Siemens, von Opel bis Grundig belegen die Richtigkeit einer Strategie der Förderung technologieintensiver Betriebsansiedelungen. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig ausländische Investitionen in Österreich für Wettbewerbsfähigkeit, für Technologie, für Forschung und Entwicklung sowie Innovation im großen und ganzen für unser Land sind. Ausländische Unternehmungen, wenn sie in diesen technologieintensiven Branchen tätig sind, tragen damit zu hoher Wertschöpfung in Österreich und auch zur dynamischen Entwicklung unserer Wirtschaft bei. Tatsächlich wurden zahlreiche qualifizierte Arbeitsplätze und ansprechende Einkommen geschaffen. Es ist daher vor allem wichtig, daß wir in Österreich auch weiterhin Konzerne und deren Kompetenzzentren ansiedeln und verstärken.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns trotzdem auch entschlossen, eine bewußte Österreichstrategie zu definieren und zu verfolgen. Was meine ich damit? – Wir werden all die Unternehmen definieren, die in wichtigen Sektoren der Wirtschaft liegen, die in österreichischer Hand sind, die aber Kandidaten von Deregulierung oder Privatisierung sind oder aber auch wegen ihres Erfolgs ausländisches Interessen auf sich ziehen.

Wir werden uns gemeinsam darum bemühen, diese Unternehmungen im internationalen Wettbewerb wettbewerbsfähig zu halten. Ich zähle dazu etwa den Elektrizitätssektor, wo es darum gehen wird, Verbund und Landesgesellschaften zu einer aufeinander abgestimmten Strategie in Österreich zu bringen und die Zusammenarbeit zu intensivieren und dieses Verhältnis weiter auszubauen. Das gleiche gilt für die Luftfahrt, wo die Kooperation zwischen AUA und Lauda Air dieses Jahr bereits begonnen hat und ausgebaut werden sollte. Das gilt ebenso für den ORF, der gestärkt werden soll.

Diese Österreich-Strategie ist keine Abkehr von der Öffnung, ganz im Gegenteil: Sie ist die notwendige Ergänzung zu unserem Kurs der Öffnung im Zuge der Globalisierung. Es ist das Sich-bewußt-Werden über die eigenen Stärken und das Sich-klar-Werden darüber, was man in der Zukunft will. Für jede dieser Strategie gilt es, möglichst starke österreichische – wie es zur Zeit heißt – Players zu erarbeiten.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verfügbarkeit über das Eigentum an Wirtschaftsunternehmungen ist an sich kein alleiniges Kriterium oder gar Gradmesser für unsere Standort- und Industriepolitik. Ebenso wenig macht es Sinn, dem Druck, der durch die neue internationale Arbeitsteilung entstanden ist, ausschließlich durch einen Wettbewerb der Kosten begegnen zu wollen.

Gerade in einer Zeit, die geprägt ist von einer größeren Zahl von Anbietern, von ständig neuen Produkten und Technologien, von offenen Grenzen, müssen wir dort ansetzen, wo unsere Wirtschaft – im übertragenen Sinn gesprochen – zu Hause ist: nämlich beim hohen Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte, bei der sozialen Sicherheit, bei einer im großen und ganzen funktionierenden Administration, bei anerkannten Universitäten und bei einer exzellenten privaten und öffentlichen Verkehrsinfrastruktur.

Auf diese Stärken müssen wir uns besinnen und nicht dort den Kampf aufnehmen, wo immer ein oder mehrere Kontrahenten einen größeren Spielraum haben. Wenn eine hohe Umweltqualität oder ein hohes Einkommensniveau in manchen Analysen als Standortnachteile empfunden werden, dann kann doch für uns die Schlußfolgerung nicht sein, der Lohnkürzung oder der Luftverschmutzung das Wort zu reden, nur um scheinbar eine Standortverbesserung herbeizuführen.

Wir treten auch für mehr Kostenwahrheit im Verkehr ein, um vor allem den Güterverkehr und dessen zu erwartenden Zuwachs auf die Schiene zu bringen. Wir starten da von gar keiner


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schlechten Ausgangsposition: Die Österreichischen Bundesbahnen etwa transportieren heute mehr Güter auf der Schiene als ihre italienischen Kollegen, doppelt soviel wie die Schweiz und unterscheiden sich von Deutschland nur durch den Faktor 3 und nicht wie in anderen Bereichen durch den Faktor 7 bis 10.

Aus diesem Grund treten wir auch für die Realisierung der Transeuropäischen Netze ein und für eine Angleichung der europäischen Umweltstandards nach oben. Auch wenn ein Abgeordneter des Hohen Hauses versucht hat, hier anderes zu behaupten, stehen die Chancen hiefür durchaus gut. Ich gehe jedenfalls davon aus, daß sich die durchschnittlichen Umweltstandards in der Europäischen Union nach oben bewegen werden und daß Österreich keine Abstriche seiner erreichten Umweltstandards machen muß. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Natürlich werden auch in Zukunft Neuansiedelungen auf der einen Abwanderungen auf der anderen Seite entgegenstehen. Das allein ist noch nicht schlecht. In einer Gesamtschau geht es aber darum, den Standort Österreich strategisch abzusichern und ihn als Kompetenzzentrum für Technologie, Forschung und Entwicklung, für Beratung, aber natürlich auch für die Produktion zu erhalten.

Daß dieser Weg so falsch nicht sein kann, zeigt die rege Investitionstätigkeit von ausländischen Unternehmungen in Österreich nach dem erfolgten Beitritt unseres Landes zur Europäischen Union, eigentlich genaugenommen schon seit der Beitrittserklärung beziehungsweise seit dem Beitrittsantrag im Jahre 1992. (Beifall bei der SPÖ.)

Addiert man nur die großen Direktinvestitionen all der Firmen, die ich vorher schon genannt habe, und anderer, so kommt man auf ein Investitionsvolumen von mehr als 27 Milliarden Schilling seit dem EU-Beitritt.

Meine Damen und Herren! Mit der Einbettung in den gemeinsamen Markt verfügt unser Land über einen sicheren Heimathafen im internationalen Wettbewerb um Exportmärkte, Investitionen und Arbeitsplätze. Ich betone es einmal mehr: Das kann und darf nicht bedeuten, daß wir deswegen die Hände in den Schoß legen – ganz im Gegenteil! Die Gründung von Unternehmungen, die Entwicklung innovativer Produkte und Verfahren, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Einkommen – all das muß erleichtert werden. Anders gesagt: Wir müssen ein einfacheres Wirtschaften ermöglichen.

Ich weise in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Pläne der Bundesregierung hin, die Behördenverfahren zu beschleunigen, zu vereinfachen und auch einen nächsten Schritt einer Liberalisierung der Gewerbeordnung zu setzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gerade die Reform des Zugangs zu den Gewerben ist eine wesentliche Voraussetzung für die Neugründung von Unternehmungen und für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Natürlich wird es damit parallellaufend zu einer Verschärfung des Wettbewerbs kommen, und natürlich wird das tendenziell zu einem reichhaltigerem Angebot führen, zu besserer Qualität und zu niedrigeren Preisen für die Konsumenten. Die Deregulierung des Zugangs auf das für die Sicherheit von Leben, Gesundheit und Vermögen erforderliche Maß wird Märkte, die bisher relativ stark geschützt waren, dem Wettbewerb mehr aussetzen. Es muß uns klar sein, daß das für die Beteiligten und Betroffenen größere Anstrengungen mit sich bringt. Jene, die vom bisherigen Zustand profitieren, werden das wahrscheinlich auch nicht widerspruchslos hinnehmen, was uns trotzdem nicht abhalten darf, die Maßnahmen zu ergreifen, die für die Zukunft Österreichs als Wirtschaftsstandort unentbehrlich sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abgeordneten Dr. Mock .)

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat sich für die Gesetzgebungsperiode eine große Zahl ambitionierter Ziele gesetzt und Aufgaben gestellt, von denen so manche nur in Zusammenarbeit mit den anderen Gebietskörperschaften bewältigt und erledigt werden können. Eines dieser großen Ziele ist zweifellos Österreichs Teilnahme an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Gerade auf diesem Gebiet haben wir im Interesse der Erfüllung der Voraussetzungen zur Teilnahme an der Währungsunion, also der sogenannten Konvergenzkriterien, gemeinsam mit den Bundesländern und den Gemeinden einen erfolg


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versprechenden Weg in Richtung einer neuen Partnerschaft zwischen Bund, Bundesländern, Städten und Gemeinden eingeschlagen, den wir unter allen Umständen fortsetzen müssen, wird doch der finanzielle Status in bezug auf Währungsunion nicht anhand der Bundesfinanzen, sondern anhand der Gesamtfinanzen unserer Republik gemessen und beurteilt.

In diesem Sinne habe ich in der vergangenen Woche mit den Landeshauptleuten Einvernehmen darüber erzielt, sowohl seitens der Bundesregierung als auch seitens der Landesregierungen alles zu unternehmen und konkrete Regelungen vorzubereiten, daß gegenseitige finanzielle Belastungen der Gebietskörperschaften durch Gesetze, durch Verordnungen ohne Kostenberechnung und ohne Klarstellung über die Kostentragung künftig nicht mehr möglich sein sollen, um die Solidität des Gesamtstaates in finanzieller Hinsicht für die Zukunft abzusichern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Sie haben vor wenigen Wochen, noch unmittelbar vor der Sommerpause, hier im Hohen Haus Gesetzesbeschlüsse gefaßt, mit denen die Politikerbezüge neu geregelt werden. Es ist ja auch mittlerweile bekanntgeworden, daß im Hohen Haus eine Kommission eingesetzt wird beziehungsweise schon wurde, die unter dem Vorsitz des Präsidenten des Rechnungshofes diesbezüglich Vorarbeiten leisten und Vorschläge erarbeiten wird.

Ich selber werde im Rahmen aller mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für eine klare, transparente, sinnvolle, gerechte neue Einkommenspyramide sorgen. Dazu gehört auch, mich mit jedem seriösen und guten Vorschlag ernsthaft und eingehend auseinanderzusetzen.

Ich meine aber auch, daß man auch in Zukunft Versuchen einer populistischen Lizitationspolitik nach unten mit ebenso großer Entschiedenheit entgegentreten muß, wie allen Versuchen, auf dem Weg des Bezügegesetzes den Staat und seine Spitzenrepräsentanten abzuwerten und damit letztlich in Frage zu stellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin sicher, Sie werden mit mir übereinstimmen, daß Politik nicht auf Personen reduziert werden darf, die sich das Politisch-tätig-Sein als Nebenbeschäftigung leisten können, weil sie anderweitig genug Geld verdienen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Zum Beispiel Bankpensionisten!) – Ja, natürlich! (Abg. Seidinger: Geh hinaus!) Meine Damen und Herren! Ich habe mit ... (Anhaltende Zwischenrufe. - Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Mag. Stadler: Ich bin kein Bankpensionist! Leider!) – Ich unterdrücke mein Erstaunen, aus welcher Ecke ausgerechnet jetzt die Zwischenrufe kommen.

Meine Damen und Herren! Meine Ausführungen, die ich somit abschließe – ich bedanke mich gleichzeitig für Ihre Aufmerksamkeit –, zeigen, daß wir viel Arbeit vor uns haben. Sie zeigen auch, daß wir auf dem richtigen Weg sind. Nicht Kleinmut darf unser Begleiter auf diesem Weg sein, sondern der feste Wille, gemeinsam an einem starken Österreich in einem geeinten Europa zu arbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen und ich erteile nunmehr dem Herrn Vizekanzler das Wort. – Bitte, Herr Vizekanzler.

13.19

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Heute vor 50 Jahren, am 19. September, wurde eine der wahrhaft historischen Reden gehalten. Es war dies Winston Churchill in der Aula der Universität in Zürich. Diese Rede ist übrigens – für interessierte Parlamentarier, und das sind sicherlich sehr viele – in der gestrigen "Neuen Zürcher Zeitung" in einer Sonderbeilage abgedruckt.

Diese Rede ist es wert, sich in Erinnerung zu rufen, wann sie gehalten wurde – 19. September 1946 – und was damals – eigentlich fast prophetisch – in den Raum gestellt wurde. Winston Churchill wörtlich: Was wäre angesichts des Leides und des Elends der Menschen ein


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vorzügliches Heilmittel? – Es ist die Neuschöpfung der europäischen Völkerfamilie, indem wir ihr eine Struktur geben, in welcher sie in Frieden, in Sicherheit und in Freiheit bestehen kann.

Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa errichten. Nur auf diese Weise werden Hunderte von Millionen sich abmühender Menschen in die Lage versetzt, jene einfachen Freuden und Hoffnungen wiederzuerhalten, die das Leben lebenswert macht.

Das einzige, was notwendig ist, ist der Entschluß Hunderter von Millionen Männern und Frauen, Recht statt Unrecht zu tun und dafür Segen statt Fluch als Belohnung zu ernten.

Und dann dankt er – auch überraschend von Winston Churchill – den Anstrengungen der Paneuropäischen Union, welche Graf Coudenhove-Kalergi, einem Österreicher, viel zu verdanken hat und welche dem Wirken des berühmten französischen Patrioten Aristide Briand seine Richtung gab.

Er sagt dann – ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs –, Deutschland müsse der Macht beraubt werden, sich wieder zu bewaffnen und einen neuen Angriffskrieg zu bewältigen. Aber wenn dies alles getan ist, dann muß die Vergeltung ein Ende haben, dann muß das stattfinden, was Gladstone vor vielen Jahren den "segensreichen Akt des Vergessens" genannt hat: Wir müssen dann dem Schrecken der Vergangenheit den Rücken kehren, wir müssen in die Zukunft blicken.

Und er sagt weiters etwas, was Sie erstaunen wird: Der erste Schritt zu einer Neuschöpfung der europäischen Völkerfamilie muß eine Partnerschaft zwischen Frankreich und Deutschland sein. Es gibt kein Wiederaufleben Europas ohne ein geistig großes Frankreich und ein geistig großes Deutschland. Wenn das Gefüge der Vereinigten Staaten von Europa gut und richtig gebaut wird, dann wird die materielle Stärke eines einzelnen Staates weniger wichtig sein. Kleine Nationen werden genauso viel zählen wie große, und sie werden sich ihren Rang durch ihren Beitrag für die gemeinsame Sache sichern. – Prophetische Worte. Und dieses Projekt Europa lebt heute noch. Es ist ein junges Projekt, und wir sind dabei.

Vor eineinhalb Jahren, genau 20 Monate ist es her, ist Österreich der EU beigetreten. Es ist daher hoch an der Zeit, daß man eine Bilanz angesichts der großen Linien zieht. Dieses Projekt Europa lebt, es hat sich vor zehn Jahren das Ziel einer Währungsunion gesetzt, und in drei Jahren erfolgt hierfür der Startschuß. Das Projekt Europäischer Binnenmarkt lebt, denn vor drei Jahren wurde der Europäische Wirtschaftsraum gegründet. Das Projekt der Integration Europa – nicht der Festung! – lebt, da seit fünf Jahren nach dem Fall des Kommunismus mittlerweile ein dichtes Netzwerk von zwölf Assoziationsverträgen mit den osteuropäischen und mitteleuropäischen Ländern fix und fertig ist. Und seit Jänner 1995 sind drei neue Mitglieder – Schweden, Finnland und Österreich – mit dabei.

Das Projekt lebt und geht weiter, weil in Richtung Regierungskonferenz, in Richtung Osterweiterung, in Richtung Aufbau einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und einer Verteidigungspolitik jetzt ernsthaft verhandelt wird.

Wir sollten natürlich auch die Frage aufwerfen, die der Bundeskanzler bereits versucht hat in einigen raschen Pinselstrichen zu zeichnen. Und ich will damit fortsetzen, was dieses Projekt für uns in Österreich konkret bedeutet und was es bewegt hat.

Ich stimme dem Herrn Bundeskanzler zu, daß Österreich jetzt nicht nur in allen EU-Gremien vertreten ist, sondern durchaus bereits seine eigene Handschrift gezeigt hat. Es ist wichtig, wer in der Europäischen Kommission nach dem Rechten sieht und für bestimmte politische Anliegen kämpft. Und wir sind stolz darauf – und ich hoffe, Sie teilen mit mir diese Meinung –, daß unser österreichischer Kommissär Franz Fischler in einer internationalen Bewertung "Klassenbester" in der Kommission geworden ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Darauf kann man stolz sein, ohne von ihm zu erwarten, daß er jetzt der österreichische Botschafter in der EU ist; das ist er nicht. Er ist europäischer Politiker, aber er hat weder sein Herz noch seine Gesinnung an der europäischen Garderobe abgegeben. Und es ist wichtig –


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ich stimme Franz Vranitzky zu –, wer ab dem 13. Oktober im Europäischen Parlament die Arbeit von uns im nationalen Parlament, aber auch von uns in den Ministerräten unterstützen wird.

Wir sehen – das ist auch klar zum Ausdruck gekommen – eine gemeinsame Linie, eine natürliche Allianz gerade der kleinen und mittleren europäischen Länder mit dem Europäischen Parlament, das uns ja in vielen Fragen unterstützt, wenn es um die Kostenwahrheit geht, wenn es um die Anhebung der Umweltstandards geht, wenn es um eine ökologisch motivierte soziale Landwirtschaftspolitik geht, wenn es um die Wahrung der Menschenrechte, um Frieden, Export und Stabilität geht.

Wir wollen daher in diesem Europäischen Parlament glühende Europäer und Österreicher, die uns bei der Arbeit unterstützen, sie erleichtern und für die Menschen in diesem Land und in ganz Europa etwas bewegen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist wahr: Der Standort Österreich ist besser geworden, das ist keine Frage. Für Produktion und für Arbeitsplätze wurden 15 Milliarden Schilling Nettoinvestitionen von ausländischen Betrieben in Österreich getätigt. Und es ist wahr: Die meisten davon wurden im Jahr 1994 nach dem Referendum im Juni 1994 getätigt. Im folgenden Jahr waren es bereits 18 Milliarden Schilling, und heuer werden es vermutlich an die 25 Milliarden Schilling sein. Wer da nicht erkennt, daß der Standort Österreich, der Produktionsstandort, der Investitionsstandort, verbessert wurde, der verschließt die Augen vor der objektiven ökonomischen Realität.

Und es ist wahr, daß die Erwartungen, die wir gehabt haben – ich damals noch als Wirtschaftsminister –, daß der Export stimuliert wird, bestätigt wurden. Zum Vergleich: Im ersten Jahr unserer Mitgliedschaft, 1995, hat die Schweiz mit Ach und Krach 2 Prozent Exportsteigerungen in die EU-Länder gehabt, wir konnten das Fünffache davon verzeichnen, nämlich 10 Prozent, 11 Prozent vielleicht. Das ist ein gewaltiger Erfolg.

Wir wissen natürlich, daß praktisch jeder dritte Arbeitsplatz in Österreich von diesem großen europäischen Markt abhängig ist, direkt von der EU abhängig ist. Jeder, der offen oder versteckt mit einer Austrittsoption spekuliert, muß wissen, daß ihm von allen, denen Beschäftigung und Export am Herzen liegen, mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden muß. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir hatten vor dem Beitritt große Sorge über den Standort Österreichs und die soziale und ökonomische Lage unserer Bauern. Wir hatten große Sorge, weil wir natürlich wußten, daß damit ein dramatischer Preisverfall Hand in Hand gehen würde. Er wäre aber auch eingetreten, wären wir nicht beigetreten, weil die brutale Wirklichkeit der GATT-Runde, der Welthandelsrunde, es ganz einfach erzwingt.

Aber wir haben gut verhandelt in Brüssel und haben vor allem auch dank dem Parlament, der Bundesregierung und den Koalitionsparteien die Bauern nicht im Stich gelassen. Wir haben national und von EU-Seite sehr viel zu ihrer Unterstützung beigetragen, und der Erfolg stellt sich heute ein:

Im ersten Jahr unserer Mitgliedschaft haben wir nicht nur die Einkommenssituation der Landwirtschaft halten können, sondern wir haben zugelegt, wenn man die degressiven Abgeltungen miteinbezieht. Das ist ein Erfolg, der nicht weggeredet oder wegdiskutiert werden kann. Es ist ein gemeinsamer Erfolg dank einer starken Interessenvertretung, einer Sozialpartnerschaft, aber auch dank des Verständnisses anderer Gruppen für die Nöte unserer Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus ökologischer Sicht ist enorm viel in Bewegung gekommen. Durch die EU-Programme, durch das größte Umweltprojekt unserer Geschichte, das ÖPUL-Programm, werden heute 80 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in ganz Österreich mit ökologischen Mitteln bewirtschaftet: mit weniger Düngemitteln, mit weniger Chemieeinsatz, es gibt keine Massentierhaltung – also nach ökologischen Grundsätzen. Das kann, sage ich, auch ein Exportartikel zurück in andere Mitgliedstaaten der Union werden und soll als österreichische Handschrift durchaus auch verstanden werden.


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Jetzt stellen sich einige Probleme – und der Bundeskanzler hat einige bereits sehr ehrlich angesprochen –, die wichtig, wenn auch manchmal schwierig sind.

Das erste Problem, mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben: Wer einen echten Binnenmarkt will, der muß eigentlich auch ein klares "Ja" zu einer gemeinsamen Währung in diesem Binnenmarkt sagen, einer klaren, einheitlichen, starken Währung, denn sonst wird dieser Binnenmarkt nie vollendet sein. Und wir alle – gerade wir Hartwährungsländer – hätten dafür den Preis zu zahlen.

Wer den Wegfall der Grenzen will, für die Touristen, für die Arbeitnehmer, für die Unternehmer, für die Investoren, der muß aber gerade deshalb für eine Koordination der Anstrengungen für die innere Sicherheit kämpfen, denn sonst haben wir den grenzenlosen Binnenmarkt für die organisierten Kriminellen, und das will nun wirklich niemand, am allerwenigsten der Bürger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher härtester Kampf gegen das organisierte Verbrechertum, gegen die Drogenhändler, gegen die Menschenhändler, gegen die Prostitution und gegen jene, die daran verdienen, und gegen jene, die mit dem schmutzigsten Geschäft überhaupt, der Kinderpornographie, ihr Geld verdienen.

Wer Stabilität exportieren will, meine Damen und Herren, der muß aber auch – und ich weiß, was ich sage; vielleicht ist das gar nicht so populär – für die Erweiterung der Union eintreten. Denn letztlich wird sich in den nächsten Jahren die Entscheidungsfrage stellen: Wo werden sich Länder, die uns am Herzen liegen müssen, Nachbarländer wie Tschechien, Ungarn oder Slowenien, aber auch Polen, kein Nachbarland, gruppieren: um den multizentralen Kraftkern Europa oder wieder um Moskau?

Das ist die simple und zugleich brutale Wahrheit. Daher: Wer von uns interessiert ist, nicht nur aus humanen oder geopolitischen Überlegungen, auch aus eigenen österreichischen Überlegungen, muß für eine Erweiterung der Union sein, natürlich nach klaren Prinzipien und in einem behutsamen Tempo, aber er muß aus vollem Herzen dafür sein, sonst importieren wir irgendwann einmal Instabilität und Probleme, die niemand will. (Beifall bei der ÖVP. )

Wer den Frieden will, muß für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und auch für den Aufbau einer militärischen Sicherheitskomponente sein, denn Trittbrettfahrer werden in diesem solidarischen Europa, meine Damen und Herren, nicht gefragt sein! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Und so meine ich, daß sich Österreich, das sich ja mit dem Beitrittsvertrag und der Volksabstimmung vom 12. Juni bereits zu diesen Dimensionen bekannt hat, die jetzt entstehen, deren Ziel fixiert ist, wobei der Weg dorthin mit harten Verhandlungen gepflastert ist, diesen Ansprüchen nicht entziehen kann und will.

Franz Vranitzky hat so wie ich immer wieder von den Initiativen gesprochen, die wir in diesem europäischen Kontext einbringen sollen. Und es ist wahr: Gerade Österreich hat sich in den vergangenen Monaten sehr aktiv und initiativ gezeigt. Es ist uns eben nicht recht, nur bei den Verhandlungen zu sitzen und zu warten, was andere vorschlagen, wir bringen selbst Vorschläge ein, und zwar nicht nur für eine Wirtschafts- und Währungsunion, sondern auch für eine Beschäftigungs- , Sozial-, Umwelt- und Sicherheitsunion. Wir Österreicher waren die ersten, – Sie wissen, als Außenminister verhandle ich in der Regierungskonferenz die österreichische Position –, die für die Integration der Sozialcharta in den Europäischen Vertrag eingetreten sind. Wir waren es, die Vorschläge dahin gehend gemacht haben, daß auf jeder Tagesordnung der Europäischen Räte Beschäftigungsfragen stehen sollen. Wir waren es, welche die Ideen von Jacques Santer, eine europäische Sozialpartnerschaft zu schaffen, quasi ein österreichischer Exportartikel, voll unterstützt haben, weil es wichtig ist, daß nicht nur die Regierungen und die gewählten Parlamentarier, sondern auch die Sozialpartner auf Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Bauernseite mit integriert sind. Das ist wichtig. (Beifall bei der ÖVP. )


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Wir wollen, daß jedes Land seine nationale Verantwortung für die Beschäftigung keineswegs mindert. Dort liegt die Hauptverantwortung; keine Frage. Das muß jeder wissen. Aber ebenso klar ist, daß wir auch auf europäischer Ebene viel tun können: in der Überwachung, in der Koordinierung von nationalen Beschäftigungsprogrammen, in der Überlegung jedes einzelnen Kommissionsvorschlags, was er für die Beschäftigung bedeutet, im Kampf der Europäischen Union an vorderster Front, jetzt etwa bei der Welthandelskonferenz in Singapur, daß Sozialstandards in die Welthandelsregeln mit übernommen werden. Das ist unser Interesse. Wir wollen nicht mindern müssen, wir wollen, daß auch andere Bevölkerungsgruppen, Arbeiter, Arbeiterinnen, Angestellte in Asien, in Afrika, in Südamerika, in den Genuß von sozialen Rechten und Mindeststandards kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Kostelka. )

Wir haben in diesen Tagen eine eigenständige Initiative vorgelegt, wonach wir auch im Umweltrecht eine sehr aktive Rolle spielen wollen. Wir haben vorgeschlagen, daß wir die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in den Europäischen Vertrag aufnehmen, daß die Kommission jede einzelne Maßnahme, die sie vorschlägt – sie hat ja das Initiativrecht, das Monopolrecht für Initiativen und Vorschläge –, auf die ökologischen Auswirkungen hin überprüft. Wir wollen, daß auch Fragen des Tierschutzes, Elemente gegen Massentierhaltungen und eine positive Tiertransportregelung auf europäischer Ebene diskutiert werden. Wir wollen überdies gemeinsam mit den Italienern einen Vorschlag in Richtung einer europäischen Bürgercharta machen, die die Rechte der Bürger besser beschreibt, die in Richtung Menschenrechte geht. Wir wollen auch die Wertegemeinschaft in der Union stärker betonen, indem wir die Rolle der Religionsgemeinschaften im Europäischen Vertrag definieren und andere Fragen mehr. (Beifall bei der ÖVP. )

Erlauben Sie, daß ich noch einen Punkt nenne, der sehr wichtig ist. Morgen kommt der russische Außenminister Primakow nach Wien, um – Sie werden es kaum erraten; das heißt, Sie wissen es ohnehin – den NATO-Generalsekretär Solana zu treffen. Dieser Dialog ist unglaublich wichtig. Er wird aus österreichischer Sicht vollinhaltlich begrüßt. Es ist wichtig, daß wir ein umfassendes Sicherheitsnetz über Europa spannen, das Elemente innerhalb der Westeuropäischen Union, der Europäischen Union und natürlich auch der NATO und der OSZE hat. Gar keine Frage. Und wir sollten das Ende, die Ziele dieser Diskussion offenhalten. Ich halte nichts davon, hier überstürzt vorzugehen und etwas anzukündigen, was noch nicht reif ist, und auf der anderen Seite etwas auszuschließen, was vielleicht gar nicht ausgeschlossen werden kann.

In diesem Sinne meine ich, daß unser österreichischer Weg, wie wir ihn in den Regierungsverhandlungen definiert haben, ein kluger Weg ist. Er ist einer, der aufbauend vom Ziel der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik einen klaren Weg in Etappen beschreibt.

Die erste Etappe zeichnet sich ab: Die Europäische Union wird für bestimmte, sehr wichtige präventive, sicherheitspolitische Krisen vermeidende Politiken eine klare politische Auftraggeberrolle übernehmen, und sie wird diese der Westeuropäischen Union zur Durchführung übertragen. In verschiedenen anderen Bereichen kann und wird die WEU mit der NATO strukturell immer stärker verzahnt werden und kooperieren, wie etwa jetzt im Fall von Bosnien, wo sich ja eine solche gemeinsame Aktion gerade abzeichnet. Natürlich führt dies dazu, daß die drei großen Organisationen Europäische Union, Westeuropäische Union und NATO näher aneinanderrücken, und das wird gut und auch für die österreichische Sicherheit richtig sein, denn ich meine, das Beste an Sicherheit ist für die österreichischen Bürger gerade gut genug! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

In diesem Sinne sollten wir auch die Diskussion in Europa sehen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Heiße Luft!) Sie wird in Deutschland sehr interessant und offen geführt, wo die Out-of-area-Einsätze bereits eindeutig geregelt sind. Frankreich und Spanien rücken näher heran an solche Sicherheitsstrukturen, und auch von österreichischer Seite her, meine ich, sind wir gut unterwegs, auch mit unserem eigenen Zeitplan, der nach Prüfung dieser Veränderungen spätestens Anfang 1998 dem österreichischen Parlament die notwendigen Optionen vorschlägt.


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Sie sehen also – ich komme damit zum Schluß –: Das Projekt Europa funktioniert. Europa war das Hauptopfer des kalten Kriegs und hat die Chance, heute global zu agieren, auf gleicher Ebene und gleich gehört, gleich geachtet wie Asien oder Amerika.

Es wird nicht leicht sein, diese Chancen in jedem Fall zu nützen. Keineswegs geschieht dies von vornherein und automatisch, denn wir müssen sehen, daß uns nach dem Vulkanausbruch des Zusammenbruchs des Kommunismus noch viele kleine Nachbeben in nächster Zeit zu schaffen machen werden.

Ich glaube, daß Europa als Projekt aber nur überleben kann in einem Staatenverbund, nie als zentralistisches Gebilde, wo an einer Stelle, sei es in Brüssel oder sonstwo, angeschafft wird, was die anderen Teile, die Mitgliedstaaten, zu tun haben. Was europäisch ist, muß auf europäischer Ebene gelöst werden: die Fragen des Außenhandels, des Binnenmarkts, der Währung, der Friedenssicherung. Das andere muß subsidiär an die kleinere Einheit übertragen werden, die das ganz einfach besser kann. (Abg. Scheibner: Seit wann wissen Sie das, Herr Minister?)

Daher ist die Balance zwischen den kleinen Staaten und den großen Staaten ganz im Sinne der Vision von Winston Churchill essentiell für das Funktionieren und die Lebensfähigkeit dieses europäischen Staatenverbundes. Und es ist wichtig und gut, meine Damen und Herren, daß Österreich hier mitgestalten und mitbestimmen kann. Mehr als drei Millionen Österreicher haben uns am 12. Juni 1994 dazu den Auftrag gegeben, und sie haben nicht geirrt, als sie sich – nicht nur im eigenen Interesse, sondern vor allem im Interesse der nachfolgenden Generationen – so und nicht anders entschieden haben. Wir haben den Auftrag von dieser Mehrheit, von dieser Zweidrittelmehrheit der Österreicher übernommen, das Projekt Europa am Leben zu erhalten. Und das werden wir tun. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke auch dem Herrn Vizekanzler für seine Ausführungen.

Wir gehen jetzt in die Debatte über beide Erklärungen, jene des Herrn Bundeskanzlers und jene des Herrn Vizekanzlers, ein.

Ich rufe noch einmal die beschlossene Redezeitbeschränkung in Erinnerung: SPÖ 105 Minuten, ÖVP 98 Minuten, FPÖ 91 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 63 Minuten.

Als erster Redner hat sich Abgeordneter Dr. Jörg Haider zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich erteile es Ihnen.

13.41

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten, befaßten sich die beiden Repräsentanten der Koalitionsregierung in eher wolkigen Erklärungen mit Dingen, die sie uns bereits vor dem EU-Beitritt 1994 geschildert hatten. (Abg. Kiss: Schildlaus!) Ich möchte nun doch ein bißchen zur Realität zurückkommen, zu einer Realität, wo sich manche vielleicht auch in ihrer Verantwortung wiederfinden sollten, denn zum selben Zeitpunkt, zu dem hier in höchsten Tönen die erfolgreiche Integration Österreichs in die EU gelobt wird – und Eigenlob ist immer etwas Gefährliches, meine Damen und Herren von der Bundesregierung –, schreibt etwa das linksliberale Blatt "Weltwoche" in Zürich folgenden Artikel (Abg. Dr. Khol: Die Schweizer sind draußen!):

" Österreichs Europapolitik stand vom ersten Moment bis dato unter keinem glücklichen Stern. Sie erweist sich als eine Kette von Halbwahrheiten, Versäumnissen und Ausreden. Sogar mit falschen Zahlen wurde operiert. Entgegen großspurigen Ankündigungen vermochte Wien die Brüsseler Politik in keiner einzigen Problematik initiativ mitzugestalten", und so weiter und so fort. (Zwischenruf des Abg. Schwarzböck. )

Daher knüpfe ich daran ein paar Fragen, zumal der Herr Bundeskanzler freundlicherweise von der Notwendigkeit, den Steuerzahler zu schonen, spricht, aber gleichzeitig vergißt, daß sein eigener Wirtschaftsminister im Kabinett Vranitzky gesagt hat: Wir haben falsch verhandelt, wir


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sind in die Förderfalle geraten, wir zahlen zuviel nach Brüssel und bekommen zuwenig zurück. Wir müssen für jeden Schilling, den wir uns dort holen, noch einmal 70 Groschen selber dazulegen.

Meine Damen und Herren! Da tut sich eine Differenz auf, die erklärungsbedürftig ist. Das ist der Grund, warum wir Freiheitlichen uns nicht in wolkigen Erklärungen ergehen, sondern ganz unmißverständlich sagen: Wenn die europäische Entscheidung am 13. Oktober einen Sinn hat, dann soll sie jene Kräfte stärken, die sich dafür einsetzen wollen, daß Österreich in Zukunft weniger Beiträge abzuliefern hat und mehr Geld hier belassen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist ja etwa im Geschäftsbericht des ehemaligen verstaatlichten Unternehmens Böhler Uddeholm nachzulesen: Durch das Sparpaket der Bundesregierung ist uns der Verlustvortrag gestrichen. Daher ist das Betriebsergebnis schlechter und daher müssen wir 270 Mitarbeiter zur Kündigung anmelden.

Das ist Ihre Politik. Das ist der Ausfluß einer falschen Verhandlung von Mitgliedsbeiträgen an die Europäische Union, die zu massiven Mehrbelastungen der österreichischen Bevölkerung und der heimischen Wirtschaft führen. Das ist es, was wir an Ihre Adresse gerichtet sagen müssen!

Oder: Wenn da groß von der Landwirtschaft geredet wird, sagen Sie recht oft, Herr Vizekanzler, daß die Landwirtschaft gewaltig profitiert hat. Sie werden sich den Unmut der Bauern zuziehen, denn keiner versteht, daß man keine Ausgleichszahlungen für den dramatischen Einbruch bei den Rinderpreisen mobilisieren kann, aber dieselbe EU jedes Jahr 1 Milliarde Schilling zur Subventionierung des spanischen Stierkampfes ausgibt. (Abg. Schwarzenberger: Das ist wie die Schildlaus!)

Das müssen Sie erst den Bauern erklären, wieso das eine sinnvolle Agrarpolitik ist! Und Sie müssen den Bauern erklären, daß es ein "Erfolg" Ihrer Einkommenspolitik ist, wenn im ersten EU-Jahr 12 400 Bauern ihre Höfe verlassen und die Produktion aufgegeben haben, wenn mit einer geringeren Anzahl von Bauern ein selbes Einkommen erwirtschaftet wird, das ohne die Subventionen im Übergang die Existenz gesichert hätte, und wenn man im Vorjahr keine Investitionen gemacht hat und deshalb die Einkommenspolitik anders ausgesehen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Erklären Sie nicht großspurig: Wir sind jetzt auch für einen Staatenverbund. Das kommt mir bekannt vor. Uns haben Sie noch kritisiert, als wir gesagt haben: Wir sind nicht für einen Bundesstaat, sondern für einen Staatenverbund. Damals haben Sie gesagt: Fürchterlich, die freiheitliche Position! Jetzt ist der Herr Vizekanzler plötzlich über den Sommer klüger geworden. Er hat ein bisserl nachgelesen in den freiheitlichen Programmen. Jetzt ist er für einen Staatenverbund.

Meine Damen und Herren! Jetzt ist also der Herr Vizekanzler für einen Staatenverbund und ignoriert plötzlich, daß trotzdem ein Regelungsmechanismus in Brüssel an der Tagesordnung ist, wo man beispielsweise, um bei den Bauern zu bleiben, bis zur Verfliesungshöhe in der Milchkammer alles regelt, bis hin zur Dienstbekleidung der Almhirten alles regelt, bis hin zur Vorschrift, daß der Bauer ein Handtuch nehmen muß, wenn er aus dem Stall kommt, alles regelt. Das alles regelt Ihr angeblich so kooperativer Brüsseler Bundesstaat, den Sie jetzt im Sinne der Subsidiarität bilden wollen. – Regeln Sie zuerst einmal Ihre Sprache in der Frage, was wirklich regulierungsbedürftig ist, anstatt uns hier solche Märchen zu erzählen, daß Sie einen konföderativen Staat haben wollen – und gleichzeitig geht der Regelungswahn in Brüssel munter weiter. Das ist es nicht, was wir Ihnen glauben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun möchte ich mich ein bißchen der Arbeitsplatzpolitik zuwenden, denn sie ist offenkundig. Der Herr Bundeskanzler hat im sozialistischen Telegramm, das im Zuge von EU-Abstimmungen und im Zuge von Nationalratswahlen an die Haushalte geschickt worden ist, immer wieder gesagt: Der EU-Beitritt bringt uns kurzfristig 38 000 neue Arbeitsplätze. Der Herr Vizekanzler hat sich nicht lumpen lassen und hat gesagt: Was heißt 38 000, 70 000 neue Arbeitsplätze werden


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kommen! – Ergebnis: Wir haben heute, nach zwei Jahren, mehr Arbeitslose und nicht weniger. (Abg. Dr. Khol: Mehr Arbeitsplätze!)

Wir haben weniger Arbeitsplätze – Herr Kollege Khol, Sie sind leider falsch informiert – und nicht mehr! Wir haben eine Steigerung von 17 Prozent bei den Dauerarbeitslosen, meine Damen und Herren. Wir haben 80 000 Notstandshilfebezieher in dieser Republik, und wir haben über 100 000 Leute, die weniger als 10 000 S im Monat an Einkommen nach Hause tragen können. Wir haben 5 000 Jugendliche, die keinen Lehrplatz bekommen. – Das ist die nüchterne, traurige Bilanz Ihrer Integrationspolitik, meine Damen und Herren! Und diese Bilanz ist es, die heute zur Diskussion steht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darunter sind etwa die Opfer in der Lebensmittelindustrie: minus 4 000 Arbeitsplätze bis heute. Der Herr Vizekanzler hat "Eurofit-Programme" versprochen, die bis heute nicht greifen – daher 4 000 Arbeitsplätze kaputt! Die Textil- und Bekleidungsindustrie – ich zitiere nur die Anfragebeantwortung des Herrn Wirtschaftsministers – hat seit dem EU-Beitritt über 4 300 Arbeitsplätze verloren. Erinnern wir uns doch an den Fernsehauftritt eines Textilindustriellen, der gesagt hat: Nur wer ja zur EU sagt, sagt ja zur Sicherung der Arbeitsplätze. – Und jetzt haben wir im ersten Jahr um 4 300 Arbeitsplätze weniger! (Abg. Mag. Ederer: Wieviel hätte sie verloren, wenn wir nicht beigetreten wären?) – Frau Kollegin, seien Sie ganz ruhig mit Ihren 1 000 S! Zahlen Sie zuerst einmal Ihre Schulden, bevor Sie hier Zwischenbemerkungen machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Geben Sie den Österreichern den Tausender, den Sie ihnen versprochen haben, dann können Sie sich wieder in die Debatte hier einmengen. Aber jemand, der seit Jahren etwas ankündigt, was nicht passiert, ist nicht sehr glaubwürdig! Ihr eigener Wirtschaftsminister, Herr Farnleitner, hat ja gesagt: Na, glauben Sie halt einer Staatssekretärin nicht alles! – Bitte, das ist eine schöne Rechtfertigung, die er da im Fernsehen Sie betreffend abgegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht ja weiter: 6 000 Arbeitsplätze im Speditionsgewerbe sind über Nacht weg. Und jetzt feiert es diese Regierung bereits als Erfolg, wenn bei der Firma Semperit möglicherweise der Standort gehalten werden kann, obwohl über 1 000 Arbeitsplätze verlorengehen, weil man nicht verhandelt, weil der Herr Vizekanzler das Parlament falsch informiert hat. Er hat gesagt, er habe mit den Japanern und mit den Europäern alles ausgehandelt, was Semperit betrifft. – Nicht ein einziges Mal war er in Japan, um diese Frage zu verhandeln!

Das geht weiter, bis hinein in die Elektrobranche. Die Firma AEG ist gerade jetzt wieder munter dabei, ein paar hundert Arbeitsplätze abzugeben. Wir könnten Ihnen Beispiele über Beispiele darlegen. Ich zitiere daher einen, den Sie ja sonst so gerne hochjubeln, nämlich den Chef der VOEST-ALPINE-Technologie, Othmar Pühringer, der vor kurzem in den "Salzburger Nachrichten" gesagt hat:

In Österreich sinkt die Mitarbeiterzahl in der Industrie, und das ist bedrückend. Wir würden gerne auch im Inland wachsen – die Voraussetzungen dafür sind leider nicht gegeben.

Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, das, meine Damen und Herren, das ist Ihre Verantwortung. Es geht nicht darum, daß Sie uns erklären, wie schön die EU ist, sondern es geht darum, daß Sie endlich in Österreich die Voraussetzungen schaffen, damit die Österreicher die Vorteile, die Sie uns für den Fall der EU-Mitgliedschaft versprochen haben, auch wirklich herausholen können. Um diese Frage geht es, und das sind Sie uns seit Jahren schuldig. Die sind Sie uns beim "Eurofit-Programm" schuldig, die sind Sie uns bei der Deregulierung schuldig, die sind Sie uns in der Berufsausbildung schuldig, die sind Sie uns in der Technologiepolitik schuldig, und die sind Sie uns selbstverständlich auch in der Beschäftigungspolitik schuldig, denn sonst hätten Sie ja nicht Tausende Arbeitsplätze so locker riskiert.

Das Ergebnis ist ja da. Lesen Sie bitte die jüngste Studie des World Economic Forums – zu dem ja alle roten und schwarzen Politiker jedes Jahr pilgern –, aus der hervorgeht, daß die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs vom elften Platz auf den neunzehnten zurückgerutscht ist und die Wachstumserwartungen der österreichischen Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren auf den 33. Platz zurückgefallen sind.


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Interessanterweise weist die von Ihnen als "Armenhaus" titulierte Schweiz in dieser Studie eine der größten Wachstumsraten auf, und in der Wettbewerbsfähigkeit rangiert sie neben Norwegen weit vor Österreich als dem angeblich so erfolgreichen EU-Land.

Das sind Studien, die Sie sonst so akklamieren. Das sind Seminare, die Sie selbst mit Ihren Politikern besuchen. Das sind Unterlagen, die man jetzt nicht mehr in Frage stellen sollte.

Und dazu gehört auch der Wahnsinn mit den Werkverträgen. Mit dieser Werkvertragsregelung wollen Sie eine Wirtschaftsordnung in Österreich möglich machen, die mit Regulierungen die Wirtschaft traktiert, anstatt daß sie sich durch einen möglichen flexiblen Einsatz von Arbeitskräften auszeichnet. Dieser Wahnsinn, den Sie hier mit den Werkverträgen gemacht haben, ist symptomatisch für Ihre Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ist das für ein Erfolg, Herr Bundeskanzler, wenn Sie im Fernsehen einem Semperit-Arbeiter sagen: Ich habe ohnehin verhindert, daß im August schon die Maschinen abmontiert und nach Tschechien abtransportiert werden!? Ist das Ihre Politik? Ist das eine Politik, wenn man sagt, wir geben halt Subventionen, aber wenn man sich nicht an die Spielregeln hält, dann können wir auch nichts machen, wenn zugesperrt wird? Semperit hat immerhin 1,2 Milliarden Schilling an öffentlichen Zuschüssen erhalten. Die DDSG haben Sie auch den Fluß runtergehen lassen mit mehr als 1 Milliarde Schilling an öffentlichen Mitteln, und heute gehört sie dem Ausland.

Dasselbe spielt sich jetzt bei der Papierfabrik Hallein ab. Da werden Millionen und Abermillionen Subventionen vergeben, und gleichzeitig sagt man: Wir kündigen Leute, ihr müßt länger arbeiten, ihr kriegt keine Überstunden mehr bezahlt. – Das sind die Segnungen dieser neuen Politik, die Sie uns verheißen haben? Das werden die Leute nicht verstehen, wenn sie über Nacht 20 Prozent weniger Lohn bekommen haben, daß sich der Kanzler hierherstellt und sagt: Wir Sozialdemokraten, wir von der Bundesregierung, werden es nicht zulassen, daß den Menschen ihre Löhne gekürzt werden; wir sind gegen jede Form des Lohndumpings! Aber Sie stecken Subventionen in eine Papierfabrik hinein, die den Mitarbeitern über Nacht um 20 Prozent weniger zahlt und keine Überstunde mehr bezahlt – und Samstag, Sonntag arbeiten läßt. Na was sagen Sie denn dazu, zu diesen realen Dingen, die sich in Österreich ereignen? Darüber gibt es natürlich keine Information. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Was ist denn mit der Firma HTM? Da gibt es einen herrlichen Bericht der Europäischen Kommission. Ich habe ihn mitgebracht. Die Europäische Kommission sagt: Die Firma HTM wurde zur Unzeit verkauft. Es ist dem Staat und damit dem Eigentümer, der Austria Tabak, ein Schaden von 3 Milliarden Schilling entstanden, und es ist den staatlichen Banken ein weiterer Schaden von rund 1 Milliarde Schilling entstanden. Das können Sie alles nachlesen: 4 Milliarden Schilling Schaden durch die ach so gelobte, hervorragende Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung. – Nur ein paar Beispiele, damit man die Dinge wieder ins Lot bringt, die durch diese wolkigen Erklärungen, daß sich alles so wunderbar entwickelt, verschleiert worden sind.

Was ist mit Ihren Versprechungen in der Wirtschaftspolitik? Herr Bundeskanzler! Ihre Sozialdemokraten haben vor der letzten Wahl Flugblätter verteilt und gesagt: Wenn der schwarz-blaue Bürgerblock kommt, dann wird es eine Deregulierung der Arbeitszeit geben. Das bedeutet: jederzeitige Verfügbarkeit der Arbeitnehmer. – Jetzt sagt der Herr Nürnberger: Wir müssen reden über Feiertagsarbeit, wir müssen reden über Samstag-, Sonntag-Arbeit. Der ÖGB ist bereit, darüber zu verhandeln.

Zweiter Punkt: Die SPÖ sagt vor der Wahl: Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf zehn bis dreizehn Stunden droht, wenn Schüssel und Haider was zu reden haben. Das bedeutet: Einkommensverlust durch Wegfall der Überstundenzuschläge. – Was ist denn jetzt bei der Papierfabrik in Hallein? – Wegfall der Überstundenzuschläge. Was ist bei BMW? – Wegfall der Überstundenzuschläge. Was ist bei anderen Großunternehmen, etwa bei der Firma Steyr, wo Ihr ehemaliger Ministerkollege Streicher Generaldirektor ist? – Wegfall der Überstundenzuschläge, Samstag-Arbeit ohne Mehrbezahlung.


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Und Sie stellen sich da her und sagen: Wir werden gegen jede Form des Lohndumpings und des Einkommensverzichtes auftreten!? Das ist wirklich eine ganz miese Art, die Österreicher zu provozieren, meine Damen und Herren, weil die Politik doch ganz anders läuft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Es wird einen Wegfall der Steuerfreiheit der Überstunden geben, wenn Schüssel und Haider etwas zu reden haben, hieß es. Jetzt hat Vranitzky was zu reden, und jetzt gibt es massive Lohneinbußen, weil keine Überstunden mehr gezahlt werden, weil die Frau Ederer den Vorschlag gemacht hat: Statt Überstunden gibt es Freizeitausgleich. Die Leute werden also weniger verdienen, auch dann, wenn sie fleißig sind. Nur Herrn Klimas Sekretäre, die das Ganze aushecken – 21 an der Zahl! – haben natürlich Sonderverträge mit Überstundenpauschalien in der Höhe von 80 000 S pro Monat. Was man dem kleinen Arbeiter neidig ist, das ist in der Bundesregierung aber noch möglich. Ich kann Ihnen ein schönes Papier dazu zeigen, wenn Sie Beweise haben wollen.

Also, es ist alles ganz anders, als es hier dargestellt wird.

Weiters steht in dem Flugblatt: Wenn Schüssel und Haider was zu reden haben, dann gibt es weniger Förderung der Ausbildung, weniger Lehrplätze. – 5 000 Lehrstellen, Herr Bundeskanzler, fehlen heute. 5 000! 80 000 Leute sind Sozialhilfeempfänger beziehungsweise Notstandshilfeempfänger unter Ihrer Regierung. Das ist eine dramatische Steigerung. 12 400 Bauern haben ihrem Hof den Rücken gekehrt, suchen auch einen neuen Arbeitsplatz. Das ist kein Erfolg, da können Sie sich nicht herstellen und sagen: Wir Sozialdemokraten sichern die soziale Zukunft Österreichs, denn jetzt geht es ums Ganze.

Behalten Sie sich Ihre Sozialresolutionen, die Sie jetzt vor der EU-Wahl verabschieden! Kümmern Sie sich um die konkreten Lebensschicksale der Österreicher, die Sie gewählt haben und die Ihnen unmittelbar anvertraut sind! Da haben Sie eine Menge zu tun, um Ihre Versprechungen einzuhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage ganz offen: Wir haben diese Erklärungen mit Interesse verfolgt, aber wir werden natürlich den entsprechenden Kommentar dazu liefern müssen, denn Sie können nicht schon wieder ankündigen, wir werden viel Arbeit im Herbst haben. Sie haben bitte schon seit Monaten Gelegenheit, diese Rahmenbedingungen, die Sie auch im Zuge des EU-Beitrittes versprochen haben, endlich zu schaffen. Das könnten Sie jetzt tun, und da könnten sie alle mittun. Da kann der Herr Maderthaner seinen Beitrag leisten, indem er endlich der österreichischen Wirtschaft die 3,3 Milliarden Schilling zuviel und fälschlich einkassierten Außenhandelsförderungsbeiträge zurückzahlt. Das ist die beste Wirtschaftsförderung, Herr Präsident Maderthaner! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da kann die ÖVP einen Beitrag leisten, indem sie erstmals wirklich flexible Arbeitszeitregelungen dort, wo es sinnvoll ist, möglich macht, indem sie heute unserem


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Entschließungsantrag zustimmt, der vorsieht, die Werkvertragsregelung ersatzlos aufzuheben und die alte Regelung wieder in Kraft zu setzen. Und kommen Sie jetzt nicht und sagen, wir haben jetzt einen Kompromiß gefunden! Ihr eigener Landesparteiobmann der Wiener ÖVP, Herr Görg, macht eine Unterschriftenaktion. Auf diesem Blatt steht: "Die Wiener Volkspartei fordert daher, daß die Neuregelungen der Werkverträge sofort außer Kraft gesetzt werden und der ursprüngliche Zustand (wie vor dem 1. Juli 1996) wiederhergestellt wird."

Das schreibt die ÖVP, meine Damen und Herren! Das ist doch auch eine interessante Sache! (Beifall und Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Das unterschreibe ich gern und schicke es ihm zurück!) Es ist ein Zetterl dabei, da kann man unterschreiben.

Also Sie sind herzlich eingeladen, meine Damen und Herren von der ÖVP, unserem Entschließungsantrag, den ich jetzt einbringe, zuzustimmen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Mag. Haupt und Kollegen zu den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu Wirtschafts- und Integrationsfragen betreffend rückwirkende Abschaffung von Sozialversicherungspflicht und Abzugssteuer für Werkverträge

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesminister für Arbeit und Soziales und für Finanzen werden ersucht, dem Nationalrat bis spätestens 27. September 1996 Gesetzentwürfe zuzuleiten, die eine rückwirkende Aufhebung der mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 beschlossenen und durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 1996 geänderten Sozialversicherungspflicht und Abzugssteuer für dienstnehmerähnliche Werkverträge und freie Dienstverträge rückwirkend mit 1. Juli 1996 beinhalten."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir dürfen Sie also einladen, hier mitzumachen. Und wir dürfen Sie einladen, konkret zu sagen, wie Sie dem englischen Beispiel und dem deutschen Vorbild folgend, die Nettobelastungen aus dem EU-Beitritt herunterverhandeln werden, damit mehr Geld in Österreich bleibt, damit eine Steuerreform durchgeführt werden kann, die die Eigenkapitalbildung der Betriebe durch Nichtbesteuern nicht entnommener Gewinne möglich macht. Und wir laden Sie ein, uns hier auch verbindlich zu erklären, wie Sie das Lohndumping verhindern wollen, welche konkreten Maßnahmen Sie ergreifen werden, um zu verhindern, daß Österreicher, die heute den Firmen zu teuer geworden sind, durch billigere Ausländer ausgetauscht werden und damit eine sozial unverhältnismäßig problematische Situation entsteht.

Das sind die Dinge, über die wir mit Ihnen reden wollen. Ihre Ankündigungen sollten Sie sich sparen, die haben Sie schon in der Regierungserklärung gemacht. (Lang anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Dr. Haider vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Kollege Khol! Was sagen Sie zum Görg?)

14.02

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt weiß ich endlich, warum die Freiheitlichen heute eine andere Tagesordnung wollten. Das war mir in der Früh nicht klar, aber jetzt weiß ich es. Da möchte ich Karl Kraus paraphrasieren: Herr Kollege Haider! Zu Europa fällt Ihnen wirklich nichts ein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Darf ich, damit Sie in Ihrer Zitatensammlung die Dinge richtig stellen, einige Sachen noch sagen: Das Wort "Staatenverbund" für die Europäische Union ist natürlich nicht aus dem freiheitlichen Programm, sondern aus dem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes, womit das Europa qualifiziert wird, das als Ergebnis des Maastricht-Vertrages vorliegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Arbeitskräften darf ich folgendes richtigstellen: Wir hatten 1994 3 070 000 unselbständig Erwerbstätige, und wir haben jetzt 3 138 000 unselbständig Erwerbstätige – eine Höchstzahl, wie wir sie seit Jahren nicht mehr haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie die "Weltwoche" für die Schweiz zitieren, dann zitiere ich die "Neue Zürcher Zeitung". Unter "Die immer drückendere Last des EWR-Neins" steht zu lesen: "Nicht weniger als 61 Prozent der befragten Firmen in der Schweiz stufen heute das Abseitsstehen von Europa als


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lästig bis bedrohlich ein. Weiter gaben 55 der antworteten Firmen zu Protokoll, daß sich die integrationspolitische Abstinenz wirtschaftlich in administrativem Mehraufwand und Umtrieben äußere. Am deutlichsten zeigt sich dies bei der Fabrikation, denn 27 Prozent der befragten Firmen in der Schweiz haben Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagert."

Herr Kollege Haider! Wollen Sie das wirklich für Österreich als Modell? – Ich eigentlich nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen auch gleich ein Beispiel: Ein junger Kärntner ist in Paris tätig, wurde im Sommer von der Firma Swatch der Firma Alcatel abgeworben. Er ist Betriebswirt und stammt aus Klagenfurt. Als er mir das erzählt hat, habe ich mich gewundert, warum. – Jetzt weiß ich es: Die Firma Swatch verlagert ihr Hauptquartier nach Österreich, braucht dazu Österreicher, holt jemand aus dem Ausland zurück, weil sie in der Schweiz für ihre internationale Produktion keinen Standort mehr hat! – Das zur Schweiz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Vizekanzler hat heute auf das Projekt Europa als das große Projekt hingewiesen. Und auch ich habe die "Neue Zürcher Zeitung und die berührende Rede von Winston Churchill von vor 50 Jahren gelesen. Natürlich ist Europa eine Baustelle, und für diese Baustelle im Projekt Europa brauchen wir einen guten Plan, brauchen wir guten Willen, brauchen wir Optimismus und brauchen wir gute Arbeiter. Und wenn ich mir anschaue, wen wir nach Europa schicken, eine Ursula Stenzel, einen Karl Habsburg (Heiterkeit bei SPÖ, Freiheitlichen und Liberalem Forum), einen Paul Rübig, eine Agnes Schierhuber, einen Hubert Pirker, dann muß ich sagen, haben wir gute Arbeiter. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade dieser Karl Habsburg (Abg. Dr. Haider: Im wievielten Semester ist denn der?) ist Präsident jener Paneuropabewegung, die Graf Coudenhove-Kalergi gegründet hat und die Winston Churchill vor 50 Jahren als Wegbereiter der Europäischen Union qualifiziert hat. (Abg. Dr. Nowotny: Schade für die Bewegung!) Ja, ich weiß, Sie können Ihre Vorurteile aus dem Bauch nicht loswerden, Herr Nowotny. Der Habsburg-Kannibalismus ist bei Ihnen weitverbreitet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Nowotny: Ich schaue nur seine Leistungen an!)

Meine Damen und Herren! Der Bundeskanzler und der Vizekanzler haben uns heute den Plan mit Optimismus vorgetragen, den wir für das Projekt Europa haben. Wir brauchen da keine Nörgler – die Nörgler haben dazu auch keine Alternativen –, wir brauchen auch keine Angstmacher, und wir brauchen auch keine Pessimisten, sondern wir brauchen Optimisten, die mit Tatkraft an die Arbeit gehen. – Arbeiten und nicht nörgeln! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Da spreche ich auch die grüne Fraktion an, also die Bankomat-Fraktionen in diesem Haus. Was waren das für Nörgler und Angstmacher! Ja wo ist denn die Blutschokolade? Ich hab sie noch nie und nirgendwo gesehen, und Wolfgang Schüssels Preis, daß jeder, der ihm eine Blutschokolade bringt, 1 000 S bekommt, ist immer noch nicht vergeben. Es gibt sie nicht, und damit haben sie Angst vor der EU gemacht (Beifall bei der ÖVP.)

Ja wo ist denn, meine Damen und Herren, die Überschwemmung der österreichischen Universitäten durch ausländische Hörer? (Abg. Haigermoser: Das geht ja nicht, weil ihnen der Habsburg den Platz versitzt!) Das Gegenteil ist richtig: 8 000 Österreicher studieren jetzt im EU-Ausland, was sie früher nicht konnten. (Abg. Mag. Stadler: Und der Habsburg auch noch immer!)

Wo ist die Überschwemmung Österreichs mit Portugiesen und Spaniern, die Gastarbeiterwelle, die Sie uns prophezeit haben? Wir haben der Arbeiterkammer geglaubt, die gesagt hat, das wird nicht geschehen, und es ist auch nicht geschehen. Sie haben Angst gemacht – und die Portugiesen und die Spanier können Sie uns auch nicht zeigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wo ist das österreichische Wasser, das Sie schon in Spanien gesehen haben? Es ist immer noch bei uns. (Der Redner schenkt sich ein Glas Wasser ein. – Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)


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Herr Kollege Haider! Wo ist das österreichische Gold, das Sie nach Brüssel verschoben gesehen haben? Bei uns ist es (Rufe bei den Freiheitlichen: Wo? Wo?), und die Währungsreserven unserer Nationalbank sind immer noch hervorragend. Und, meine Damen und Herren von der Schildlaus-Fraktion (Abg. Kiss: Und jetzt noch die Schuldlaus!), auch die Schildläuse haben uns nicht gefressen.

Warum sind wir in die Europäische Union eingetreten, meine Damen und Herren? Weil die Europäische Union das große Friedensprojekt ist, das große Umweltprojekt, das große Sicherheitsprojekt und das große Wirtschaftsprojekt. Und unsere Erwartungen, die wir an dieses Projekt geknüpft haben, sind zum Großteil erfüllt, und das können Sie nicht wegdiskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich ist nicht alles sofort zu 100 Prozent eingetreten. Natürlich wissen wir, daß die Effekte eine gewisse Zeit brauchen, natürlich wissen wir, daß es Umstellungsschwierigkeiten gibt, aber diese Schwierigkeiten bewältigen wir mit der Tatkraft der Menschen dieses Landes, der fleißigen arbeitsamen Österreicher, die initiativ sind, sich in der ganzen Welt bewähren und auch in Österreich unser Land voranbringen (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die EU als Friedensprojekt. Wir haben schon vor der Volksabstimmung gesagt, daß wir mit unserer Neutralität in der EU keine Schwierigkeiten haben werden – und wir haben keine Schwierigkeiten. (Abg. Scheibner: Weil es sie nicht mehr gibt!) Wir haben auch keine Schwierigkeiten mit der europäischen Solidarität, wir sind solidarisch in der Union, und wir haben dadurch kein Jota von unserer bisherigen Politik ändern müssen. Der Vizekanzler hat gesagt, die beste Sicherheit ist für Österreich gerade gut genug, und daher werden wir in der neuen Friedensordnung, die sich abzeichnet, aktiv mitarbeiten. Die Westeuropäische Union ist das Instrument, und sobald sich die neue Friedensordnung in ihren Konturen deutlich abgezeichnet hat, werden wir die Entscheidung treffen, was wir tun.

Dem Herrn Kollegen Cap möchte ich sagen: Bei seinen Beitrittsbemühungen zur NATO, die er zur Unzeit für seine Partei in den Raum gestellt hat – er hat nämlich den NATO-Beitritt vorgeschlagen –, soll er sich nur nicht auf die Freiheitlichen verlassen. Denn die Freiheitlichen haben auch vor der EU-Volksabstimmung in glühenden Farben für die EU geworben. Hic Rhodus, nunc salta: Als sie vor der Entscheidung standen, haben sie sich verabschiedet davon. Und so werden sie sich auch von allen anderen Dingen verabschieden, wenn es ihnen eine Stimme und ein halbe mehr bringt als nichts! (Beifall bei der ÖVP.)

Bei den Liberalen wird der Redner nach mir, Freund Frischenschlager, auch die Neutralität an den Nagel hängen wollen. Das ist seine eingealterte Zugehörigkeit zu den Freiheitlichen. Die haben, lieber Herr Kollege Frischenschlager, mit der Neutralität auch nie etwas am Hut gehabt.

Ich möchte dazu sagen, daß die Neutralität heute nicht mehr das Instrument ist, das es einmal war, sie hat aber neben der europäischen Solidarität eine wichtige Restfunktion, und daher werden Sie uns für die Abschaffung der Neutralität nicht gewinnen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Den Kollegen von der F möchte ich noch sagen: Ich würde vorschlagen, daß Ihr Spitzenkandidat für Europa doch einmal die Kurse des Freiheitlichen Bildungswerkes besucht, damit er lernt, daß beispielsweise Norwegen nicht Mitglied der Europäischen Union ist, und damit er weiß, daß ein Staatenbund, von dem er heute in der Früh in der Belangsendung gesprochen hat, weit weniger ist als das, was der Europarat heute schon ist, daß er also einen Weg ins finstere Mittelalter vorschlägt.

Meine Damen und Herren! Das Sicherheitsprojekt Europäische Union ist für unsere Bevölkerung von großer Bedeutung, und wir hängen ihm mit Herz und Seele an. Europa ist auch eine Gemeinschaft der inneren Sicherheit, eine Gemeinschaft der Kriminalitätsbekämpfung, eine Gemeinschaft gegen den Drogenmißbrauch, eine Gemeinschaft gegen die Kinderpornographie. Und daher möchte ich von diesem Pult aus dem Herrn Innenminister unsere volle Unterstützung zusagen, wenn er endlich die Instrumente schafft, die wir brauchen: Wir brauchen die modernen Fahndungsmethoden, wir brauchen endlich die Arbeitsteilung zwischen Zollwache


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und Gendarmerie an der Grenze. Herr Innenminister! Hier sind Sie säumig! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir nächstes Jahr Mitglied von Schengen sind, dann brauchen wir endlich eine klare Entscheidung, was mit der Zollwache geschieht, was mit der Gendarmerie geschieht. Es geht nicht an, daß die in der Regierungsübereinkunft festgelegte Entscheidung, daß Zollwacheposten zur Gendarmerie kommen und zur Grenzsicherung eingesetzt werden, daß diese Entscheidung nicht und nicht durchgeführt wird! Das müssen wir einmahnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich habe auch von Europa als dem großen Wirtschafts- und Arbeitsprojekt gesprochen. Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich wird hier die Fachkompetenz haben, um die Dinge auszuführen. Aber eines möchte ich schon sagen: Wir haben höchste Beschäftigung, und der von Ihnen immer wieder zitierte Wirtschaftsfachmann Breuss hat klar darauf hingewiesen. Natürlich haben wir Umstellungsschwierigkeiten gehabt, Mitte des Jahres 1995 hat sich bereits das Blatt gewendet, wir legen wieder mehr Arbeitsplätze in unserem Land zu, und die Arbeitsplatzgarantie, die die Wirtschaft gegeben hat, fruchtet. (Beifall bei der ÖVP.)

35 Milliarden Schilling sind investiert worden, seitdem wir in der Europäischen Union sind, in Arbeitsplätze im ganzen Land: Siemens in Villach, BMW in Steyr, Opel in Wien, KNP bei Leykam. Ich könnte weiter eine ganze Liste verlesen, aber ich möchte auch österreichische Betriebe nennen: Kaindl in Salzburg, Lenzing in Heiligenkreuz. Das sind große Betriebe, aber ich möchte Ihnen auch von einem ganz kleinen berichten: Als ich unlängst im Drautal eine Wahlveranstaltung hatte, hat ein Unternehmer zu mir gesagt: Herr Doktor! All die Plastikkübel, die Sie in Wien sehen, sind von meiner Firma, von der Firma Europlast. Früher haben wir sie aus Italien gekauft, jetzt haben wir ein Joint-Venture, ich produziere sie in Dellach im Drautal und habe in einem Jahr vierzig Qualitätsarbeitsplätze geschaffen. – Ich gratuliere der Wirtschaft zu solchen Unternehmern. (Beifall bei der ÖVP.)

Wären wir nicht beigetreten, meine Damen und Herren – das muß man auch sagen –, dann hätten wir nicht einen Einkommenszuwachs in der Landwirtschaft, sondern so wie in der Schweiz 11 Prozent weniger Einkommen für die Landwirte. Wir stehen zu unseren Landwirten, wir stehen zur bäuerlich strukturierten familiären Landwirtschaft, und daher sind wir für Einkommenszuwächse und nicht für Einkommensabstriche. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wären wir nicht beigetreten, hätten wir in fünf Jahren ab 1994 66 000 Arbeitsplätze weniger, als wir jetzt haben. Wir hätten 3,2 Prozent weniger Wirtschaftswachstum, und es wäre uns nicht gelungen, die Lebensmittel in dem Ausmaß zu verbilligen, wie sie verbilligt wurden. Da sind die Statistiken nämlich nicht zutreffend, die von durchschnittlich soundsoviel Prozent sprechen.

Ich war in St. Pölten bei der Firma Spar – ein tolles österreichisches Familienunternehmen und der größte Arbeitgeber in der Republik. Ich habe gefragt: Herr Direktor! Sie haben hier 8 000 verschiedene Waren im Sortiment. Wie ist der Preisunterschied gegenüber vor dem EU-Beitritt? Was kosten heute die 8 000 Produkte zusammen gegenüber 1994? Und er hat gesagt: 6,8 Prozent weniger als 1994. Das, was es in diesem Laden gibt, ist das, was der Durchschnittsösterreicher zum Leben braucht, und das ist um 6,8 Prozent billiger. Und ich glaube, das ist auch etwas, worauf wir nicht verzichten wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluß möchte ich das Augenmerk auf das lenken, was der Vizekanzler gesagt hat, er hat nämlich von der Wertegemeinschaft Europa gesprochen. Europa braucht auch eine Seele – das hat Jacques Delors, der große Sozialdemokrat, der Präsident der Kommission war, gesagt. Und wenn der Vizekanzler von der Europäischen Bürgercharta, von den Menschenrechten spricht, wenn er davon spricht, daß wir den nachhaltigen Umweltschutz im EU-Vertrag drinnen haben wollen, wenn er davon spricht, daß er die Religionsgesellschaften im EU-Vertrag verankern will, wenn er sagt, daß die Behinderten und schließlich auch der Tierschutz in den EU-Vertrag hineinkommen sollen, so hat er dabei unsere volle Unterstützung. Wir sind für ein Europa der Grundwerte! (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Trotz Nörgelei und Fundamentalismus: Das Projekt Europa geht weiter. Mit Optimismus und Tatkraft auf die Baustelle. Ich freue mich auf den Tag im Jahre 1998, an dem wir den Vorsitz in der Regierungskonferenz übernehmen werden. Ein österreichisches Staatsoberhaupt, ein österreichischer Regierungschef und ein österreichischer Außenminister werden 1998 dort, wo 1815 das letzte Mal beim Wiener Kongreß Österreich Europa geführt hat, Europa führen. – Glück auf, meine Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. – Ich erteile Ihnen das Wort.

14.19

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die beiden Berichte unserer Regierungsspitzen haben mich insofern angenehm überrascht, als sie eigentlich in einem eher großen Bogen versucht haben, die europapolitische Dimension aufzuzeigen. Ich frage mich nur, ob derartige Reden erklären können, warum inzwischen so viele Österreicher –nachgewiesenermaßen, leider –, nachdem diese Zieldimensionen so klar dastehen, so ein tiefes Mißtrauen gegenüber der Europäischen Integration haben. Und ich frage mich auch: Was ist die Ursache dafür, daß sich jetzt ein wesentlich größerer Bevölkerungsanteil gegen einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union aussprechen würde?

Meine Damen und Herren von der Regierung! Ich frage mich schon: Was haben Sie eigentlich aus diesem unglaublich weitsichtigen Ja der Österreicherinnen und Österreicher zur EU vor über zwei Jahren im Hinblick auf eine europäische Zukunft Österreichs gemacht? Was haben Sie inzwischen an Europapolitik geliefert, sodaß ein Stimmungsumschwung im Zusammenhang damit jedenfalls nicht zu leugnen ist?

Ich möchte jetzt eigentlich nicht eingehen auf diese ganze jammervolle Entwicklung unmittelbar nach dem Referendum. Erinnern wir uns etwa nur an die Kompetenzstreitigkeiten, an das Gerangel um jeden Posten in der österreichischen Mission in Brüssel, damit ja schön jede Regierungspartei "ihre" Beamten dort hat. Österreich hat in Brüssel – nach Deutschland – die größte Mission. Die Bundesländer – mit Ausnahme von einem – haben dort noch zusätzlich ihre eigene Botschaft in Brüssel errichten "müssen". Selbst Kommissar Fischler hat sich damals sehr deutlich geäußert und gesagt: Was ist das alles an Praxisexport aus Österreich bei der Personalpolitik, indem man versucht, diese geradezu tragische österreichische Proporzpolitik nach Möglichkeit auch in die EU-Beamtenschaft hineinzutragen!

Also ich glaube schon, daß es fast wie eine Drohung klingt, wenn jetzt im Wahlkampf das Schlagwort von der "Verösterreicherung Europas" auftaucht. So stelle ich mir die europäische Zukunft nicht vor, wie sich eben nach dem Referendum die konkrete EU-Politik dieser großen Koalition darstellt. Das kann nicht unser Ziel sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht mir aber, wie gesagt, jetzt eigentlich gar nicht so sehr darum, auf diese merkwürdigen Praktiken hinzuweisen, sondern was mich besonders stört – und das steht im Widerspruch zu ihren Reden heute –, ist, daß diese große Koalition – zumindest so, wie sich darstellt – die weitere politische Dimension der europäischen Einigung aus den Augen zu verlieren droht.

Ich habe heute sehr Schönes von Ihnen über den Binnenmarkt et cetera gehört. Aber ich frage – und da spreche ich besonders Sie an, Herr Vizekanzler –: Was soll man von einem Wirtschaftsminister halten, der als eine seiner ersten Aussagen unmittelbar nach seinem Amtsantritt den Österreichern allen Ernstes "patriotisches Einkaufen" und "patriotisches Urlauben" vorschreiben will?

Der neue Wirtschaftsminister wollte rund um Österreich Taferln in den Boden treiben und draufschreiben: Bleibt im Lande und bleibt redlich; es ist geradezu österreichischer Landesverrat, wenn ihr ins Ausland fahrt oder gar ausländische Güter konsumiert! (Abg. Verzetnitsch: Ihr Kollege Peter wirbt auch für Urlaub in Österreich!) Selbstverständlich, Herr Präsident!


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Ich meine nur, wir sollten den Binnenmarkt verstehen. Wir sollten kapieren, daß das keine Einbahn ist. Österreich ist ein Land, das außenwirtschaftsabhängig ist wie selten ein anderes. Wir müssen die geistigen Schranken, die wir oft noch eingebaut haben, beseitigen und nicht so einen Stumpfsinn produzieren, wie etwa den: Ein Taferl in die Erde treiben, auf dem steht: Bleibt im Land! beziehungsweise: Konsumiert Österreichisches! – Das kann doch nicht Sinn einer Binnenmarktpolitik sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Besonders "schön" war ja auch, als unlängst der Herr Wirtschaftsminister, der es besser wie kein anderer wissen sollte, allen Ernstes von einer "Förderungsfalle" der Europäischen Union gesprochen hat. Ich verstehe schon, daß er da vielleicht der eigenen Propaganda ein bißchen auf den Leim gegangen ist, da ja in Österreich sehr oft der Eindruck zu vermittelt versucht wird, die Europäische Union sei eigentlich die klassische Anzapfstelle für Subventionen für alles und jedes; das müsse alles hereingebracht werden. – Aber umgekehrt müssen wir doch ganz klar feststellen: Die Europäische Union hat eine Solidarität aufzubringen, es ist zu fördern, und deshalb haben wir auch ein Bekenntnis zum Nettozahlen abzulegen, eben als ein Land, das Gott sei Dank auf dem "reicheren Ufer" dieses Kontinentes steht.

Was mich besonders geärgert hat an dieser Aussage von der "Förderungsfalle", war, daß der neue Wirtschaftsminister gesagt hat, es sei schlecht verhandelt worden. – Ich frage: Wer hat denn verhandelt? – Natürlich die Regierung! Und wer ist denn da wie ein siamesischer Zwilling dabei? – Die Sozialpartner! Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Herr Farnleitner in seiner früheren Funktion in der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft da nicht ein Wörtchen mitzureden gehabt hätte. Er war dabei, aber jetzt betreibt er Flucht vor seiner eigenen Politik! Und das halte ich für niederträchtig! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundeskanzler! Bei der SPÖ kommen auch so merkwürdige Töne auf; ich würde sie "neo-sozialistisch" nennen. Im Zuge Ihres Wahlkampfauftaktes wurde davon gesprochen, es müßte endlich wieder sozusagen ein "Bollwerk" gegen den Kapitalismus errichtet werden. In der Zeitung ist das so gestanden, darum möchte ich es hier zitieren . – Andere von Ihnen wiederum sagen, man müsse dem Markt endlich wieder "Fesseln anlegen". – Gut, auch liberale Wirtschaftsverfassung meint, es braucht Rahmenbedingungen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Ja freilich.

Gerade von österreichischen Politikern, die zum Beispiel von "Marktfesseln" reden – und das in unserem überregulierten Land, in dem man Wirtschaften und Arbeiten ja geradezu hemmt –, höre ich solche Töne wirklich nicht gerne! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein besonderer Gag ist ja geradezu, wenn man davon spricht, in der Europäischen Union am Gängelband der Konzerne zu sein. – Auch da sage ich: Selbstverständlich, liberale Wirtschaftspolitik will, daß Monopolstellungen verhindert werden; es bedarf Wettbewerbsregelungen, eines Kartellrechtes et cetera. Aber warum dann diese merkwürdigen Töne: "die EU der Konzerne" – und das ausgerechnet von einer Partei, die sich damit gerühmt hat – wir haben es ja auch heute wieder in den Berichten gehört –, Konzerne nach Österreich zu holen. (Abg. Dr. Nowotny: Sie verwechseln da etwas!) Nein, überhaupt nicht!

Ich meine: Wenn man Konzerne nach Österreich bringt, ist das eine gute Sache, und sie kann uns auch etwas kosten, wenn es sinnvoll ist, aber alles war da nicht immer so klar. Wozu aber dann diese merkwürdige Propaganda, die EU sei abhängig von Konzernen?

Laßt doch diese Propaganda! Sagt, wie es ist! Und es ist so, daß wir Konzerne brauchen, und wir brauchen in Österreich mehr internationale Konzerne, wir brauchen mehr internationale Wirtschaftsverflechtung von Österreich im Ausland. Noch einmal: Laßt bitte diese Propaganda, diese altsozialistischen Töne, eine Propaganda, in der Stimmung gegen den Markt, gegen das Kapital und gegen internationale Konzerne gemacht wird! Das macht doch keinen Sinn! (Beifall beim Liberalen Forum.) Diese Sündenbockpolitik hat wirklich keine Zukunft!

Deshalb meine ich, daß wir einiges ganz klar herausarbeiten sollten, und wir tun es für unsere Seite: Wir sagen ja zum europäischen Binnenmarkt, denn er ist und bleibt die Chance, ver


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nünftig und effektiv zu wirtschaften und damit effektive Beschäftigung und sozialpolitischen Spielraum zum Ausgleich zu schaffen.

Wir sagen ja zu einer Wettbewerbsoffenheit dieses Landes – statt Flucht zurück in nationalstaatliche Scheinlösungen.

Wir sagen ja zu einer Öffnung der österreichischen Wirtschaft – statt über einen "Ausverkauf Österreichs" zu jammern –, denn wir wissen, daß diese ausländischen Investitionen positiv sind, daß es gut ist, wenn Österreichs Wirtschaft im Ausland investiert.

Wir sagen ja zu europäischen Lösungen, wie zum Beispiel bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität, wie zum Beispiel bei der Bekämpfung der Schwarzgeldwäsche. Verstecken wir uns nicht hinter einer Anonymität, nur gerade weil es unter dem Schlagwort "österreichische Sparkultur" vielleicht ganz angenehm ist!

Wir sagen ja zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – und nicht dieses Herumjeiern um die Neutralität. Wir werden morgen, Kollege Khol, darüber noch mehr zu debattieren haben. Wie gesagt: Keine Diskussionsverweigerung und dann letzten Endes die Österreicher doch wieder vor vollendete Tatsachen zu stellen, wo man dann, halt passiv leidend, die Aufgabe der Neutralität hinnimmt.

Wir sagen ja zu einer Europapolitik, die kontroversiell verläuft. Selbstverständlich stehen wir heute vor der Schwierigkeit, daß alle großen ökonomischen und sozialen Fragen kontrovers sind. Wir befinden uns in einer Krisensituation, und wir sollen daher die Dinge offen und hart debattieren. In dieser Werteauseinandersetzung sollten wir Europapolitik betreiben – aber nicht mit Schönfärberei beziehungsweise Verniedlichung der Dinge so tun, als ob es des großen europäischen politischen Lösungsansatzes nicht bedarf. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Damit zu einem ganz wichtigen und zentralen Problem, nämlich zur Beschäftigungspolitik, ein Problem, das wirklich den Kernpunkt der Herausforderungen insgesamt darstellt. Wir sollen und müssen Verständnis haben dafür, daß die Menschen in dieser Zeit der Umwälzungen Angst haben: Angst um ihre Lebensqualität, ja noch mehr, manchmal auch Angst um ihre Lebensgrundlagen, und sie fürchten sich davor, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. – Das ist tatsächlich für Österreich, für Europa, ja ich würde sagen weltweit die zentrale Problematik, eine Problematik, die gar nicht so sehr unmittelbar österreichische oder europäische Ursachen hat, sondern eine globale Herausforderung ist. (Abg. Verzetnitsch: Dieses Problem löst nicht ein schrankenloser Markt!)

Ja, richtig, und daher stellt sich die Frage, Herr Präsident: Wie gehen wir es an? Genau das ist der Punkt! Und da möchte ich mich auch gleich mit den Grünen auseinandersetzen, vor allem im Hinblick auf die Wirtschafts- und Währungsunion und damit, daß Sie von den Grünen davor warnen, daß es ein "Kaputtsparen" gäbe.

Natürlich wäre es mir auch lieber, wir hätten diese Schuldenberge nicht, für die es aber Väter gibt; das muß man schon dazu sagen. Mir wäre auch lieber, daß wir das erstens überhaupt nicht hätten und schon gar nicht zu einem Zeitpunkt, zu dem es international einen Wirtschaftskonjunkturabschwung gibt, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir offen eingestehen müssen, daß der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union auch Budgetbelastungen mit sich gebracht hat.

All das ist wahr, aber ein Aufschieben dieser Sanierungsnotwendigkeit wäre keine Lösung, sondern höchstens eine Verschiebung, vor allem aber würde ein Hinausschieben zu einer Vergrößerung des Problems führen. Deshalb bleibt uns nichts anderes übrig, als diese schwierige Phase durchzustehen, zu sanieren, uns in Europa zurechtzufinden und trotzdem dafür zu sorgen, daß die sozialen Standards in diesem Lande nicht reduziert werden. – Wie gesagt: Das Problem zu verschieben, hieße, es zu vergrößern. Deshalb stehen wir Liberalen zur Wirtschafts- und Währungsunion, und deshalb stehen wir zu den Konvergenzkriterien.

Die alte Leier: Ein paar Milliarden Schilling Schulden mehr bedrücken mich weniger als ein paar tausend Arbeitslose!, das zieht nicht mehr. Diese alte These, die in Österreich lange Praxis war,


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hat dazu geführt, daß wir heute hohe Schulden und Arbeitslosigkeit haben. – Das ist also kein Ausweg.

Damit möchte ich zur Beschäftigungspolitik kommen. Sie von der Sozialdemokratischen Partei sprechen ja sehr deutlich von einer Beschäftigungsunion. Sie wollen – zumindest vermitteln Sie diesen Eindruck –, daß die Europäische Union die Beschäftigungspolitik in die Hand nimmt. (Bundeskanzler Dr. Vranitzky: Falscher Eindruck!)

Herr Bundeskanzler! Sie sagen: falscher Eindruck. – Die Propaganda lautet aber nicht anders. Debattieren wir es also offen aus, und dazu sollte ja heute Gelegenheit sein. Seien Sie also nicht vorschnell, Herr Bundeskanzler, sondern hören Sie mir zu! (Bundeskanzler Dr. Vranitzky: Wie lange?)

Es ist zunächst einmal zu fragen: Wie soll denn diese Beschäftigungsunion ausschauen? Was soll unter diesem Titel geführt werden? Und: Wer soll das finanzieren? Und vor allem: Was soll neues kommen?

Es gibt in sämtlichen vertraglichen Unterlagen der Europäischen Union, es gibt im Bereich der Sozialcharta, im Vertrag zur Sozialpolitik aus dem Jahre 1992 ganz klare Zielvorstellungen – und zu diesen bekennen wir uns auch. Ich frage mich nur: Was soll darüber hinaus geschehen? Wir haben Förderungen in der Europäischen Union – ich würde sagen, logischerweise – im wesentlichen für Infrastruktur, für arbeitsmarkt- sowie bildungspolitische Qualitätspolitik in den Ländern. Die Transeuropäischen Netze wurden gleichfalls von Ihnen genannt. – Alles völlig in Ordnung, und das kann dann ja auch gesteigert werden. – Das ist sicher ein Beschäftigungsimpuls, aber nur sehr punktuell, würde ich sagen. Die Frage ist: Was kann eine Europäische Union darüber hinaus tun? – Und da, so meine ich, sind Sie eine Antwort schuldig geblieben.

Denn selbst wenn wir die Förderungsmittel, die wir heute haben – Österreich hat, und zwar aus allen Töpfen, in den Jahren zwischen 1995 und 1999 insgesamt 22 Milliarden Schilling ausgeschöpft, also im Schnitt unter 5 Milliarden pro Jahr –, verdoppelten, so würde das noch immer keine Lösung des österreichischen Beschäftigungsproblems darstellen. Es wäre also noch immer keine Lösung, wenn wir sie in Vergleich setzen mit den rund 50 Milliarden Schilling, die Österreich innerstaatlich aufwenden muß, um die Probleme im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit sozialpolitisch abzudecken.

Wir sind Meinung, daß die soziale Treffsicherheit in dem einen oder anderen Bereich wesentlich erhöht werden muß; dazu stehen wir.

Daher meine ich: Unterlassen wir es, daß über diese Zielbestimmungen, über die jetzigen Förderungssysteme hinausgehend die Erwartungen erweckt wird, daß die Europäische Union unmittelbar Beschäftigung schaffen kann. – Das kann sie nicht!

Ein zweiter Punkt ist mir in diesem Zusammenhang wichtig, da auch in der ÖVP von den Sozialstandards die Rede ist. Es ist ja auch gestern eine Sozialcharta der ÖVP herausgekommen, in der es ganz konkret heißt, daß diese Mindeststandards in die Außenwirtschaft einfließen sollen. – Das klingt zunächst einmal sehr, sehr gut. Ich frage mich allerdings nur, warum, Herr Vizekanzler und Exwirtschaftsminister Schüssel, österreichische Regierungsspitzen im asiatischen Raum eifrig Wirtschaftsanbahnungen betreiben, sich auch dementsprechend propagandistisch äußern, wenn wir zugleich diese Sozialstandards als außenwirtschaftliches Kriterium einführen wollen. – Ich glaube, hier ist Scheinmoral das, und davor möchte ich auch warnen. (Abg. Dr. Nowotny: Wir wollen dort etwas exportieren! Wir wollen auf fairer Basis Außenhandel betreiben! – Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. )

Völlig in Ordnung! Ist ja völlig in Ordnung, aber ich möchte an diesem Beispiel aufzeigen, daß man vorsichtig sein muß: Denn selbst wenn wir diese Sozialstandards, die auch ein Ziel des europäischen Vertragswerkes beziehungsweise des Rechtsrahmens der Europäischen Union darstellen, einführen, müssen wir uns im klaren darüber sein: Das Anheben der Mindeststandards heißt Arbeitskosten, und das belastet die Wirtschaft. (Abg. Verzetnitsch: Es geht um


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einen Ausgleich!) Richtig. Wir brauchen diese sozialen Standards (Abg. Verzetnitsch: Genau!), um ein Sozialdumping zu verhindern. Wir müssen wissen – und das ist jetzt an die Grünen gerichtet –, daß wir nicht zuerst von einer Sozialunion sprechen können, bevor wir nicht die Wirtschaft und deren Leistungsfähigkeit in die Lage versetzt haben, diese Sozialstandards tatsächlich erfüllen zu können. Das ist der zentrale Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Das, meine ich, sollten wir uns auch in Erinnerung rufen in bezug auf Sozialstandards, auf Forderungen nach Mindeststandards in der Europäischen Union. Wir in Österreich haben sehr hohe Standards – und die wollen wir erhalten. Dafür müssen wir wirtschaftlicher umso effektiver sein, damit wir sie uns leisten können. Und damit sind wir wieder bei der Aufgabenteilung zwischen der Europäischen Union und der innerstaatlichen österreichischen Eigenverantwortlichkeit für Sozialpolitik, Beschäftigungspolitik und so weiter.

Der entscheidende Punkt ist, daß wir nicht diese Grenzen verwischen zwischen dem, was die EU kann und soll, und dem, wofür wir in unserer Republik in Sachen Beschäftigungs- und Sozialpolitik verantwortlich sind. Diese Grenze versuchen Sie jedoch zurzeit im Wahlkampf zu verwischen – und dagegen wehren wir uns. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Deshalb fordern wir, daß Sie hier in Österreich die Bedingungen für leichteres Wirtschaften, für bessere Beschäftigungsmarktverhältnisse schaffen, daß Sie hier endlich Ihre politische Reformbereitschaft entdecken. Die Liste jener Dinge, die Sie hier versäumen, wo Sie hinten sind, wo Sie bestenfalls etwas versprochen, aber nichts eingehalten haben, diese Liste ist nicht enden wollend. So etwa: Flexibilisierung der Arbeitszeit. Was ist denn geschehen? – Kaum etwas. Was ist geschehen beim steuerlichen Privileg hinsichtlich Überstunden? Das wäre wichtig zur Verteilung von Arbeit. – Nichts ist geschehen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Was ist mit dem Angleichen des Pensionsrechtes, des Sozialrechtes zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten? Nichts! Was ist mit der Gewerbeordnung? – Auch da geht nichts weiter. Was ist mit der Ladenöffnung? – Nichts geschieht! (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Herr Präsident, mein letzter Satz: Wir sollten hier in Österreich den politischen Reformbedarf, den wir haben, endlich angehen, bevor wir dieses große soziale Problem in die Europäische Union sozusagen zu entsorgen versuchen. Das wäre ein Fehlweg, und den wollen wir verhindern. Wir fordern daher Reformbereitschaft von Ihnen ein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ich hoffe, Sie verstehen meine Großzügigkeit bei der Auslegung der Redezeit nicht falsch. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß aufgrund der Geschäftsordnungsreform die maximale Redezeit für jeden einzelnen Redner mit 20 Minuten festgelegt ist und ich in Zukunft eine so großzügige Interpretation nicht handhaben werde. (Abg. Mag. Stadler: Das hat er selbst mitbeschlossen!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der mir sehr sympathische Abgeordnete Frischenschlager hat hier mit großer Vehemenz im wesentlichen offene Türen eingerannt. – Ich glaube, Sie haben durchaus europäische Anliegen, aber ich sehe eigentlich nicht den Unterschied, den Sie herausarbeiten wollten. Was ich aber für richtig halte, ist, daß wir die Chance nutzen, mit dieser Debatte einen Überblick zu geben.

Was hat uns die EU-Mitgliedschaft in der Zeit, die seit dem Beitritt verstrichen ist, gebracht? – Wenn wir die Wirkungen von der ökonomischen Seite her ansehen, so ist vorausgesagt worden, daß der erste Effekt eine deutliche, eine erwünschte Verschärfung der Wettbewerbsintensität sein wird. Diese ist eingetreten, mit dem Effekt deutlich geringerer Inflationsraten. Wir haben heute eine der niedrigsten Inflationsraten der Nachkriegszeit in Österreich überhaupt, was unmittelbar den Konsumenten zugute kommt, damit den Verbrauchern, damit den Familien und damit im speziellen den Beziehern der niedrigsten Einkommen, die davon im besonderen Maß


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profitieren. – Ich glaube, das ist ein Erfolg der EU-Mitgliedschaft, der in der Diskussion auf keinen Fall untergehen sollte.

Was die Frage der Beschäftigung betrifft, so darf man diese Seite natürlich nicht isoliert sehen. Wir sind mit einem weltweiten Strukturwandel konfrontiert. Wir haben das Phänomen der Ostöffnung. Es hat mich schon sehr frappiert, als Herr Abgeordneter Haider – offensichtlich völlig unbeeinflußt von Dingen, die er angeblich heuer im Sommer in Amerika versucht hat zu lernen – so getan hat, als ob es Phänomene wie Globalisierung, als ob es Phänomene wie Ostöffnung überhaupt nicht gäbe. Er hat eine ganze Fülle von Problembereichen aufgezählt – gut. Er hat es jedoch sorgfältigst vermieden, irgendwelche Lösungen anzubieten und hat den einfachen Schluß gezogen: Sündenbock für alles ist die EU. Dabei wäre doch die wirklich relevante Frage, die man seriöserweise stellen müßte: Wie sind die Probleme, die wir haben, zu sehen? Wären sie ohne EU-Beitritt leichter zu lösen gewesen, oder sind sie leichter zu lösen als Mitglied der Europäischen Union?

Da ist meines Erachtens die Antwort eindeutig. Durch die Mitgliedschaft bei der EU haben sich die Standortvoraussetzungen für Österreich deutlich verbessert. Das zeigt sich sehr deutlich zum Beispiel anhand der Entwicklung der Betriebsansiedelungen. Natürlich gibt es Unternehmen, die aus Österreich abgezogen sind – übrigens im wesentlichen nicht in andere EU-Staaten, sondern in die Oststaaten, wo sie auf jeden Fall hingezogen wären –, aber gleichzeitig gibt es eine Fülle von Unternehmen, die nach Österreich gekommen sind, und zwar mit Kompetenzzentren, das heißt mit dem, was wir brauchen. Wir brauchen eben – das können wir auf Dauer auch nicht halten – keine verlängerten Werkbänke. Aber was wir brauchen und was wir halten können, das sind die Kompetenzzentren, wo wir unsere technologischen Fähigkeiten, unsere organisatorischen Fähigkeiten ausspielen können, wie wir das ja bereits tun – die lange Liste wurde zum Teil schon genannt: Siemens, BMW, Grundig.

Es findet derzeit eine interessante Entwicklung statt: die Abwanderung von qualitativ hochwertigen Unternehmungen aus der Schweiz nach Österreich – Stichwort IBM, Stichwort Swatch. Kein Mensch, der halbwegs vernünftig ist, wird annehmen, daß das ohne Mitgliedschaft in der EU möglich gewesen wäre. Also gerade weil Abgeordneter Haider hier Konkretheit eingemahnt hat, muß man ihm sagen: Das sind die konkreten Ergebnisse, nicht diese Horrorszenarien, die er hier geschildert hat.

Um noch eine Zahl zu nennen, die ich gerade bekommen habe, weil sie erst heute von der Nationalbank veröffentlicht wurde, betreffend die ausländischen Bruttoinvestitionen: Die Nettoinvestitionen des Auslands, also da sind Desinvestitionen schon abgezogen, betrugen allein im ersten Halbjahr 1996 16,7 Milliarden Schilling und waren damit dreimal so hoch wie im gesamten Jahr 1995. Das ist ein Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Österreich, und das ist damit ein Bekenntnis zu Beschäftigungsmöglichkeiten und zur Einkommenssicherung für die österreichische Bevölkerung. Das war auch der Grund, weshalb wir so vehement für Österreichs Mitgliedschaft in der EU eingetreten sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Debatte aber auch auf einige Aspekte längerfristiger Perspektiven eingehen, weil ich glaube, daß gerade diese längerfristigen Perspektiven bis jetzt bei uns im Parlament zu wenig und zu kurz behandelt wurden. Ich möchte mich dabei auf zwei Punkte beschränken.

Der erste Punkt ist schon mehrfach angeschnitten worden: die Frage der Beschäftigungspolitik. Ich möchte hier namens der sozialdemokratischen Fraktion die Bundesregierung nachdrücklich in ihrem Kampf auf allen europäischen Ebenen, beschäftigungspolitischen Zielsetzungen ein höheres Gewicht zu geben, unterstützen. Das ist nicht so selbstverständlich, wie Abgeordneter Frischenschlager vorhin gemeint hat. Es war Bundeskanzler Vranitzky, der dieses Thema erstmals als konkrete Formulierung und als konkrete verpflichtende Zielsetzung in die europäische Politik eingebracht hat. Und eines ist sehr wichtig: Auch im Rahmen der europäischen Währungsunion müssen wir sicherstellen, daß es hierbei auch von den Statuten her nicht nur um Aspekte der Preisstabilität geht – so wichtig diese ist –, sondern daß auch Beschäftigungsfragen gleichwertig Berücksichtigung finden.


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Es erfüllt mich mit Freude und ich kann mit Stolz sagen, daß es gerade die Sozialdemokratische Partei ist, die für die Europawahl erstklassige Experten genau für ökonomische und soziale Fragen als Kandidaten aufgestellt hat, weil wir das eben für so wichtig halten. (Abg. Dr. Khol: Fällt Ihnen der Name des Kandidaten ein? Er heißt Swoboda!) Andere Parteien halten vielleicht anderes für wichtig: möglicherweise die Heraldik oder die Forstwirtschaft, das kann schon sein. Auf jeden Fall haben wir deutliche Signale gesetzt, und diese Signale sind Signale im Interesse der Österreicher – und zwar aller Österreicher, nicht eines kleinen Teils! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Nicht Ederer, Swoboda!)

Ein Punkt, der mir unter längerfristigen Aspekten sehr wichtig erscheint und der bis jetzt eigentlich noch viel zuwenig Beachtung gefunden hat, ist die immer schärfere Form eines Steuerwettbewerbs, eines negativen Steuerwettbewerbs, den wir in Europa sehen und der den klaren Effekt hat, daß er dem mobilsten Faktor – nämlich den Faktor Kapital – zugute kommt, während der immobilere Faktor Arbeit draufzahlt und sich die Steuerlast immer stärker auf ihn verschiebt. Das muß man ganz offen sagen. Für ein einzelnes Land kann das natürlich eine sinnvolle Strategie sein, und die Österreicher haben auch ein bißchen mitgespielt bei diesem Spiel. Nur für alle gemeinsam ist es sicherlich eine gefährliche Entwicklung.

Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, daß die Wirtschafts- und Währungsunion mit Mindeststandards bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften verbunden sein soll. Und ich halte es für sehr wichtig und möchte an die Regierung appellieren, dafür auch einzutreten, daß diese Vorschläge gleichzeitig mit der Währungsunion realisiert werden.

Die zweite Frage, die mir von erheblicher langfristiger Bedeutung erscheint, sind die Aspekte eines Stabilitätspaktes, um die Entwicklung der öffentlichen Finanzen auch nach Eintritt in die Währungsunion unter Kontrolle zu halten. Es gibt sehr intensive Gespräche, in denen die Finanzminister fernab von den Parlamenten Überlegungen anstellen – Überlegungen, die zum Teil vernünftig sind, zum Teil sind es Überlegungen, die mir problematisch erscheinen, etwa in der Frage, ob nicht in vielen Fällen zuwenig Rücksicht auf die jeweilige konjunkturelle Situation genommen wird. Auf jeden Fall sind das ganz entscheidende Weichenstellungen für die Frage der Budgethoheit der Parlamente, für die Frage der wirtschaftspolitischen Handlungsspielräume überhaupt. Ich darf hier schon ankündigen, daß ich in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses als Vorsitzender von meiner geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeit Gebrauch machen werde, eine Diskussion, eine Aussprache über aktuelle Fragen zu diesem Thema anzusetzen, weil ich glaube, daß es absolut notwendig ist, im Parlament möglichst rezente Informationen über die Entwicklungen auf einem Gebiet zu erhalten, das unsere Arbeit ganz zentral berührt.

Ich glaube also, wir sind in einer spannenden, einer wichtigen, einer herausfordernden Phase, in der wirklich Weichen gestellt werden und wir Parlamentarier das Recht und die Pflicht haben, aktiv daran mitzuwirken.

Wir haben mit Recht argumentiert, daß wir in die EU wollen, um als Österreicher bei der Entwicklung Europas mitreden zu können. Ich glaube, wir können und sollen das auch im Bereich der Beschäftigungspolitik und der Finanzpolitik machen. Ich meine, daß wir auch einen breiten Konsens des gesamten Parlaments in dieser Richtung entwickeln können, wobei ich meine, daß das Parlament die Regierung umso besser unterstützen kann, je besser das Parlament umgekehrt von der Regierung informiert wird. Mitreden sollen alle können bei dieser Entwicklung, um die es hier in Europa geht.

In diesem Sinne war die heutige Debatte, wie ich glaube, auch als Teil einer Politik der Offenheit zu sehen, als Teil einer Politik der Seriosität, und zwar sowohl nach innen wie auch nach außen. Ich halte das für eine gute Entwicklung. Wir Sozialdemokraten werden diese Entwicklung weiter tragen und weiter unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)


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14.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Sie haben das Wort.

14.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den beiden grundsätzlichen Referaten des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers ist es sowohl um aktuelle Themen der österreichischen Innenpolitik gegangen als auch um Fragen rund um die Europäischen Union beziehungsweise um das Wechselspiel Österreich als Mitglied der Europäischen Union. Mein Vorredner, Abgeordneter Nowotny, hat appelliert, doch nicht für alle negativen Entwicklungen in Österreich, doch nicht für das teilweise schlechte Klima immer die Europäischen Union als Hauptverursacher darzustellen. Doch was ist seit dem österreichischen EU-Referendum beziehungsweise seit dem EU-Beitritt passiert?

Damals gab es eine deutliche Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Gestützt war diese deutliche Mehrheit, diese Zweidrittelmehrheit auf die klaren Ankündigungen der Regierung, Österreich wolle als EU-Mitglied einen sehr aktiven Beitrag dazu leisten, Europa zu verändern. (Abg. Dr. Khol: Aber ihr wart dagegen!) Ja, Herr Abgeordneter Khol, wir haben die Chancen, Europa zu verändern, damals mit großer Mehrheit anders beurteilt. (Abg. Dr. Khol: Aber nicht der Voggenhuber!) Wir sehen unsere Meinung heute sehr, sehr stark bestätigt, und ich will Ihnen das begründen.

Herr Abgeordneter Khol, Sie sind damals gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner angetreten, um in den Bereichen Ökologie, Sicherheitspolitik und im Bereich Wirtschaft und Soziales österreichische Akzente in Brüssel zu setzen. Und das war es auch, was sicherlich eine von den Grünen damals nicht so angenommene Mehrheit zu diesem Ja bewogen hat.

Dieses Klima hat sich seither nicht grundlos verändert. Daher, Herr Bundeskanzler, kann ich Ihre Einschätzung, die Sie im Zusammenhang mit dem wirtschaftspolitischen Klima, mit der Diskussion rund um den Ausverkauf der österreichischen Wirtschaft hier in Ihrem Referat geäußert haben, wonach diese Stimmung vorwiegend emotional begründet ist, überhaupt nicht teilen. Sie unterstellen ja damit eigentlich der österreichischen Bevölkerung, daß sie, ohne die Situation richtig einschätzen zu können, einfach so aus dem Bauch heraus jetzt die Situation ganz anders beurteilt als damals zum Zeitpunkt des Referendums. Die Österreicherinnen und Österreicher wissen aber sehr gut, was seither passiert ist und was vor allem nicht passiert ist. Und das sind die Gründe, warum sich die Stimmung geändert hat. (Beifall bei den Grünen.)

Tatsächlich geht es sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene um diese drei großen Fragen, die sowohl von der Regierungsbank aus als auch von den Vorrednern angesprochen wurden. Es geht um die Frage des Umweltschutzes, der Ökologie, auch der Auswirkungen auf die Beschäftigung, es geht um die Fragen der Sicherheitspolitik, wie Frieden in diesem Europa erhalten beziehungsweise hergestellt werden kann, und es geht um den großen Bereich der Sozial- und Wirtschaftspolitik. In allen drei Bereichen sind Sie beide Versprechen weitgehend schuldig geblieben. Weder haben Sie innerhalb Österreichs eine aktive Politik verfolgt, noch haben Sie versucht, Aktivitäten auf den Bereich der Europäischen Union zu übertragen. Sie waren sehr lax, im Inland und auch in der Europapolitik. Ich möchte das an einigen Beispielen deutlich machen.

Und deswegen, Herr Bundeskanzler: Der Stimmungsumschwung kommt nicht von irgendwoher, die Österreicher sind keine emotionalen Träumer, die nicht wissen, wie sie die Politik in diesem Land beurteilen sollen.

Erster Bereich: Umweltschutz, Umweltbereich. Sie sagten in Ihrem heutigen Referat einmal mehr, Sie wollen die ökologische Dimension verstärken, und Sie sprechen von einer Harmonisierung auf höchstem Niveau.

Im Umweltbereich, in einem Bereich, der der österreichischen Bevölkerung sehr wichtig ist und der für eine moderne Wirtschaftspolitik immer wichtiger werden wird, in dem Arbeitsplätze geschaffen werden können, sind Sie nahezu alle Ihre Versprechungen schuldig geblieben.

Die Rudimente einer Umweltbesteuerung sind im österreichischen Steuersystem eigentlich kaum erkennbar, und das, was Sie an Mehrbelastungen eingeführt haben, ist keine Ökosteuer,


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sondern dient wie all das, was unter dem Titel "Sparpaket" erfolgt ist, eigentlich dem Stopfen von Löchern. Und wenn man ganz konkrete Bereiche, die die österreichische Bevölkerung hautnah betreffen und die vor der Abstimmung wichtig waren, anschaut, dann, Herr Bundeskanzler, kommt man zu dem Schluß, daß in diesen wichtigen Bereichen ein Stillstand oder eine Verschlechterung eingetreten ist.

Vielleicht deutlichstes Beispiel: Transitverkehr. Sie haben angekündigt, den Transitvertrag zu verteidigen, ja dieses System auch noch auszubauen. Sie sprachen heute einmal mehr in Ihrem Referat von der Kostenwahrheit. Nur in der Praxis sieht es so aus – und das wissen Sie doch, Herr Bundeskanzler; und ich frage mich wirklich, warum schreiben Sie das oder lassen Sie das in Ihr Referat schreiben, wenn Sie genau wissen, daß die Fakten eine gegenteilige Sprache sprechen? –, daß der Transitverkehr der Nord-Süddirektion am Brenner um mehr als 20 Prozent angestiegen ist, ebenso die Schadstoffbelastung. Ein Fünftel mehr in kürzester Zeit entgegen all Ihren Versprechungen!

Und vor allem – wieder für die Zukunft: Sie sagten heute in Ihrem Referat, Kostenwahrheit ist herzustellen. – In Wahrheit sind die Kosten gesunken, sie werden von etwa 70 000 S pro Lkw auf 17 000 S hinuntergehen. Sie wissen, daß Österreich wegen der Maut am Brenner geklagt werden wird, und Sie gehen an dieser brandaktuellsten Frage vorbei! Das heißt, einmal mehr haben Sie hier in diesem Haus eine ganz wichtige Gelegenheit verabsäumt, um über Fakten zu reden, um Ihre konkreten Politikansätze für die nächsten Jahre offenzulegen. Dann, Herr Bundeskanzler, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn dieser Stimmungsumschwung in einer so kurzen Zeit und so deutlich erfolgt ist! (Beifall bei den Grünen.)

Weitere Beispiele aus dem Umweltbereich: Auch folgendes sprachen Sie in Ihrem Referat an, aber wieder theoretisch abstrakt: nämlich die Nahrungsmittelqualität. Sie sagen auch dazu: Es wird manches aufgebauscht, die österreichischen Lebensmittel sind nach wie vor gut, ja hervorragend. – Die eigentliche Sorge der Bevölkerung gilt jedoch der Zukunft.

Es gibt ein ganz großes europäisches Thema, und das heißt Gentechnik. Und Sie sollten vor dem 13. Oktober sagen, was die österreichische Bundesregierung tun wird, um die Lebensmittelqualität in Zukunft zu sichern, um zu verhindern, daß gentechnisch veränderte Produkte auf die Märkte kommen oder um sicherzustellen, daß sie zumindest ganz eindeutig deklariert sind.

Wieder Fakten, Herr Bundeskanzler: Die Sprache der Gesundheitsministerin ist eine deutliche. Eine aktuelle Anfrage der Grünen wurde am 12. September wie folgt beantwortet: Sowohl die Richtlinie 90/220 als auch das österreichische Gentechnikgesetz beinhalten keine aktive Informationspflicht der Behörde betreffend das Vorliegen von Inverkehrbringungsanträgen – und so weiter. Das heißt, Sie ziehen sich darauf zurück: Im Gesetz steht ja nicht, wir müssen der Bevölkerung etwas sagen, daher sagen wir auch nichts. Das heißt, die Gesundheitsministerin bekennt sich zu einer Politik der Geheimniskrämerei, und das in Österreich, in dem Land, in dem bereits Zigtausende Menschen schriftlich ihre Einwendungen und ihren Protest gegen gentechnische Freisetzungsexperimente vorgebracht haben! Das, Herr Bundeskanzler, verursacht einen Meinungsumschwung! (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ein letztes aus dem Umweltbereich: Tiertransporte, Tierschutz. Vor wenigen Monaten fand in Österreich ein überraschend erfreuliches und erstaunlich erfolgreiches Volksbegehren zum Thema Tierschutz statt. Kurz vorher ist es der österreichischen Tierschutzbewegung gelungen, durch konsequentes Arbeiten – auch in diesem Hohen Haus – zumindest zu erreichen, daß wir ein für Europa ziemlich strenges Tiertransportgesetz beschlossen haben.

Doch was geschah seither? – Da spreche ich vor allem den Vizekanzler und die ÖVP an. Dieses Gesetz wird in den Bundesländern einfach ignoriert. Die Landeshauptleute wollen dieses Gesetz offenbar nicht, daher gibt es so gut wie keine Kontrollen und praktisch keine Strafen. Ein jahrelanges Bemühen der österreichischen Umwelt- und Tierschutzbewegung, endlich ein Erfolg auf legistischer Ebene – und dann die Schmeck’s-Haltung der österreichischen Bundes


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regierung! Es war alles buchstäblich für die Katz. Das Gesetz wird nicht umgesetzt. Einmal mehr, Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler: Das ist auch ein Grund für den Stimmungsumschwung und nicht die nebulosen Ängste aus dem Bauch. (Beifall bei den Grünen.)

Über den Bereich Sicherheitspolitik werden wir wohl im Rahmen dieser Sitzungsphase noch Gelegenheit haben zu sprechen. Jedenfalls ist auch da – an beide Regierungsparteien – Ihre Glaubwürdigkeit nicht mehr hoch.

Klubobmann Khol hat sich zwar heute – etwas überraschend angesichts der Aussagen von ÖVP-Politikern aus jüngster Zeit – für die österreichische Neutralität ausgesprochen. Da schwingt wohl eher die Angst vor dem 13. Oktober und vor einem weiteren Meinungsumschwung in der österreichischen Bevölkerung mit. Das Handeln der Bundesregierung war jedoch anders: Stückchenweise, scheibchenweise ist die Neutralität aufgelockert worden, und das Hineinschnuppern in die Militärbündnisse findet bereits statt, sowohl im Bereich der WEU als auch im Bereich der NATO-"Partnership for Peace".

Das ist nicht mehr die reine und immerwährende österreichische Neutralität, sondern das ist bereits eine verkürzte Neutralität. Und daher, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie es wirklich ernst damit meinen, daß die Neutralität ein gutes und auch für die Zukunft bewährtes sicherheitspolitisches Konzept ist, dann garantieren Sie doch heute, garantieren Sie vor dem 13. Oktober, daß dieser Wert, diese österreichische Einrichtung nicht angetastet wird, und daß, sollte das je irgend jemand versuchen, nur das österreichische Volk darüber zu entscheiden hat. (Beifall bei den Grünen.)

Zum dritten und letzten Bereich: Wirtschafts- und Sozialpolitik. Also da, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben mich die heutigen Ausführungen am meisten enttäuscht. Derart nichtssagende und leere Phrasen sind wirklich selten in diesem Haus vorgebracht worden. Das steht ja auch im Kontext mit dem Budgetprogramm, das Sie kürzlich vorgelegt haben und das eigentlich nur – so hat es unser Finanz- und Budgetsprecher Van der Bellen völlig zu Recht bezeichnet – als eine demokratiepolitische Zumutung verstanden werden kann.

Eines geht aus diesen vagen Andeutungen sehr wohl hervor: Das Sparpaket 1996, das Belastungspaket 1996 ist nicht das letzte. Aus diesem nebulosen Zahlenwerk, das zwar verschweigt, wie Sie zu Ihren Zielen kommen werden, leuchtet aber sehr deutlich hervor, daß das nächste Belastungspaket sicher kommen wird. Und es wird mindestens 25 Milliarden Schilling umfassen, denn sonst stimmen Ihre Rechnungen allesamt nicht. Und man kann aus den Äußerungen ahnen, wo wieder einmal gekürzt werden soll: wieder einmal im Sozialbereich, wieder einmal bei denen, die ohnehin heute schon fast vor dem Nichts stehen, bei den Notstandshilfeempfängerinnen und -empfängern und einmal mehr wohl bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Auch dazu, Herr Dr. Khol, Zahlen und Fakten – und nicht Stimmungen aus dem Bauch. Sie haben gerade vorhin gesagt, die Beschäftigung habe in Österreich gerade einen Höhepunkt wie nie zuvor erreicht. – Das ist falsch. Und eigentlich ist das eine Zahl, die uns besonders zu denken geben sollte – auch in Ihrem Referat, Herr Bundeskanzler, kam das leider nicht zum Ausdruck –: Erstmals – und das wirklich erstmals seit langer Zeit – steigt nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern es sinkt die Zahl der unselbständig Beschäftigten. Herr Vizekanzler, sie sinkt gegenüber dem Vormonat. Ende August 1996 gab es ein Minus von 0,23 Prozent oder 7 315 Personen; gegenüber dem Vorjahr, dem August 1995, gab es einen Rückgang um 9 944 oder 0,3 Prozent. 0,3 Prozent, das heißt in Kosten für den Staat Milliardenbeträge, sowohl an direkten Zahlen als auch an indirekt verursachten Ausfällen, und das heißt für die Betroffenen unendliches Leid.

Meine Damen und Herren! Ich habe diese Zahlen deswegen so genau erwähnt, um aufzuzeigen, wie schwammig, wie vage und wie aussagelos die heutigen Reden von der Regierungsbank aus waren. Und das ist tatsächlich etwas, was geeignet ist, dumpfe Ängste hervorzurufen. Eine Regierung, die nicht mehr auch Schwierigkeiten klar einbekennen und gleichzeitig


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Konzepte vorlegen kann, wie man herauskommt aus den Schwierigkeiten, darf zu Recht nicht mehr auf das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung hoffen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Insbesondere ist bedenklich, daß die Frauenerwerbsquote dabei noch stärker sinkt. Wir haben erstmals auch eine rückläufige Frauenerwerbsquote – und das in einem Land, in dem ohnehin niemals die Werte der skandinavischen Länder oder auch nur unserer unmittelbaren Nachbarländer erreicht werden konnten. Und das ist, glaube ich, gerade in Österreich angesichts der ökonomischen Situation der Frauen – die Alterspension der Frauen beträgt nicht einmal die Hälfte jener der Männer – ein Alarmsignal, das uns alle wachrütteln sollte.

Die Aufzählung der Gründe, warum diese Bundesregierung im Bereich der Innenpolitik und der Europapolitik nicht mehr auf das Vertrauen der Bevölkerung hoffen kann, ließe sich fortsetzen. Wer dieser Tage einen Blick auf die Universitäten gemacht hat, sieht, wozu das Belastungspaket dort geführt hat. Studentinnen und Studenten müssen vor versperrten Türen übernachten. Neunzigtausend Studierende können von 20 Beamtinnen und Beamten in den Evidenzstellen nicht mehr zeitgerecht und korrekt behandelt werden, und auch diese Tendenz setzt sich leider fort.

Wir werden daher zu all diesen Punkten, Beschäftigungssicherung, Wahrung der sozialen und ökologischen Standards und Neutralität, im folgenden Entschließungsanträge einbringen. Dann können Sie, anders als bei Ihren vagen und schwammigen Aussagen, endlich zeigen, ob Sie es ernst meinen, daß Sie die Chancen, die Sie bisher nicht genutzt haben, in Zukunft nutzen wollen, daß Sie endlich anfangen, das, was Sie vor dem 12. Juni 1994 versprochen haben, nämlich das Gewicht Österreichs aktiv zu nutzen, um Europa zu verändern, umzusetzen. Bis heute sehen wir zuwenig Signale. Wir hoffen, daß sich vielleicht doch der eine oder die andere Abgeordnete mit diesen grünen Entschließungsanträgen solidarisch erklären kann. Herr Bundeskanzler! Bisher ist es jedenfalls kein Wunder und nicht dumpfe Emotion, daß die Österreicherinnen und Österreicher Ihre Politik argwöhnisch beobachten. (Beifall bei den Grünen.)

15.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.

15.12

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme nicht an, daß es sich um ein Arbeitsbeschaffungsprogramm des österreichischen Parlaments handelt, wenn die Klubobleute und der Präsident jetzt eine Telefonanlage bekommen haben. Genauso wenig glaube ich, daß Herr Haider sich weiter als Schutzpatron der Arbeiter bezeichnen kann, wenn er selbst, wie zum Beispiel vor kurzem, die Reduktion von Urlaubsansprüchen, die Streichung des zweiten Karenzjahres, den Sozialabbau als Mittel zur Überwindung der Krise sowie Pensionskürzungen für Arbeitnehmer, die oft arbeitslos waren, verlangt. Ich könnte diese Liste noch fortsetzen. (Abg. Dolinschek: Das ist nicht wahr!) Ich habe sie schon mehrfach dem Protokoll angehängt. (Abg. Dolinschek: Das ist die Unwahrheit!) Das ist die Unwahrheit? – Das sind die eigenen Worte Ihres Parteiobmannes, Herr Kollege! Ich zitiere nur Ihren Parteiobmann. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber in der heutigen Debatte sollen wir uns mit der Frage der Wirtschaft und der Integration auseinandersetzen. Ich glaube, daß sich gerade bei diesen beiden Themen im Fokus – das zog sich auch durch die Beiträge einiger Debattenredner – die Frage erhebt: Rahmenbedingungen oder schrankenloser und ungezügelter Markt? Dazu fällt mir ein, daß der vormalige Staatspräsident Gorbatschow zu Außenminister Schultz einmal gesagt hat: Ich werde Ihnen das Ärgste antun, was man Ihnen antun kann: Ich werde Ihnen den Feind nehmen.

Vergleicht man das mit der heutigen Situation in Europa, wenn es um Wirtschaftsdebatten geht, so habe ich persönlich das Gefühl, daß heute oft genug Arbeitnehmer als Feind gesehen werden, vor allem jene Arbeitnehmer, die soziale Schutzrechte einfordern, die auch ihren gerechten Anteil an dem gemeinsam erwirtschafteten Volksvermögen haben wollen. Wenn nämlich zum Beispiel Herr Abgeordneter Haselsteiner in einer Zeitung – er wird in "täglich Alles"


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zitiert – in bezug auf die Sonntagsarbeit meint, daß ihm seine Arbeiter sagen, daß es ihnen lieber ist, am Sonntag zu arbeiten als sich zu Hause blöd anzusaufen, dann ist das in Wirklichkeit menschenverachtend. – Eine Entgegnung habe ich nicht gelesen. (Abg. Dr. Schmidt: Sie zitieren nicht richtig!) Ich habe nur das Zitat des Herrn Haselsteiner in diesem Zusammenhang gelesen.

Ich glaube, daß das, was gestern im Europäischen Parlament passiert ist, ein gutes Beispiel dafür war, wie Österreich sich in Europa verhält.

Wenn wir hier gestern erfahren durften, daß Entsenderichtlinien im Europäischen Parlament beschlossen wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren, so wissen Sie als Abgeordnete, daß wir Ähnliches bereits im Jahr 1993 getan haben, um allen Arbeitnehmern, egal, aus welchen Ländern sie kommen, in Österreich die gleichen Bedingungen zu gewährleisten. Es ist deutlich zu bemerken, daß zum Beispiel in Deutschland sehr lange über diese Frage diskutiert und noch immer keine Lösung gefunden wurde und daß sogar Statistiken davon sprechen, daß 6 000 Baubetriebe gefährdet sind, weil sie keine gleichwertigen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt vorfinden. Wir haben hier bereits 1993 die richtigen Schritte gesetzt und durch unser Beispiel sicherlich auch dazu beigetragen, daß diese Entscheidung im Europäischen Parlament möglich war.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, man sollte auch nicht unerwähnt lassen, daß es diesbezügliche Aktivitäten der Bundesregierung Ende des vergangenen Jahres und Anfang dieses Jahres gegeben hat, die zum Beispiel dazu geführt haben, daß bei erkennbaren Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Bauwirtschaft durch ein 30-Milliarden-Investitionsprogramm nachweislich heute feststellbar ist, daß die Bauarbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Für Wien kann ich das mit Sicherheit feststellen. Ich meine, daß das ein wesentlicher Beitrag dazu war, wie man gegensteuern kann. (Zwischenruf des Abg. Meisinger .) Herr Kollege! Schauen Sie sich die Zahlen an, und provozieren Sie nicht immer! Schauen Sie sich die Zahlen an, dann werden Sie sehen, daß das auch stimmt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber einen Eindruck kann man in der wirtschaftspolitischen Debatte sicherlich nicht verwischen: daß jetzt europaweit Aktiengewinne – "neudeutsch" nennt man das: Shareholder value – im Vordergrund stehen. – Erst vor kurzem hat auch in Österreich ein gutes Beispiel diese Frage bestätigt: Auf einem einseitigen Inserat wurde für die Börseneinführung geworben. Auf der Nebenseite wird darauf hingewiesen, daß man den Aktionären zumindest 25 Prozent Dividende in der nächsten Zeit garantiert. In diesem Artikel darüber sagt derselbe Generaldirektor jedoch: Das wird aber Arbeitsplätze kosten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr bewußt möchte ich hier an § 70 des österreichischen Aktiengesetzes erinnern, in dem man nachlesen kann, daß es nicht nur um das Wohl des Unternehmens und um die Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre geht, sondern daß auch die Interessen der Arbeitnehmer sowie das öffentliche Interesse durch die Unternehmungen zu wahren sind. Und ich glaube, daß es mehr denn je notwendig ist, daß wir auf diese Entwicklung auch in Österreich, und nicht nur in Österreich hinweisen.

Sie alle kennen das Beispiel, als im heurigen Frühjahr bei AT&T aufgrund der Äußerung des Generaldirektors, 40 000 Kündigungen vornehmen zu wollen, die Aktienkurse in die Höhe geschnellt sind. Um diese Frage geht es auch in Europa. Ich bin froh darüber, daß die österreichische Bundesregierung in den Bemühungen um eine soziale Integration in Europa, aber nicht nur in Europa, sondern auch weltweit, auch wenn das enorm schwierig erscheint, nicht müde wird und das auch dementsprechend nach außen trägt.

Zu diesem Punkt gehört aber auch, daß wir uns mit der Frage der beruflichen Bildung beschäftigen. Meine Damen und Herren! Meine persönliche Bitte an alle Abgeordneten hier im Haus: Hören wir doch endlich mit diesem Pingpongspiel auf! Wenn von einem Lastenausgleich gesprochen wird, dann verlangen wir den Verstaatlichtenlehrling, eine Fondslösung. (Abg. Dr. Stummvoll: Das habe ich nicht gesagt!)


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Herr Abgeordneter Stummvoll! In Ihrem eigenen Haus gibt es die Lehrbauhöfe, die finanziert werden durch eine Umlage der Bauwirtschaft. Warum kann man dieses Beispiel nicht auf andere Bereiche übertragen? Wenn Sie selbst hier in diesem Haus einem Entschließungsantrag zugestimmt haben, in dem ein Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Unternehmern gefordert wird, dann putzen Sie sich doch bitte nicht am Steuerzahler ab, sondern sorgen Sie dafür, daß im Interesse der Betriebe, die ausbilden, und der Lehrlinge eine Finanzierung zustande kommt, die die Zukunft sichert! (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht hilft Ihnen auch ein Urteil, das in Deutschland durch den Obersten Gerichtshof betreffend ein Bundesverfassungsgesetz gefällt worden ist. Er stellt fest: "Die spezifische Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen obliegt eindeutig und der Natur der Sache nach den Arbeitgebern." Und begründet wird das auch noch damit – das ist nicht uninteressant –, daß die Arbeitgeber, wenn sie sich auf der einen Seite immer gegen staatliche Eingriffe in das duale System wehren, auf der anderen Seite auch die Verantwortung wahrnehmen müssen. - Ich glaube, daß sollte auch ein kleiner Hinweis für uns sein. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie stellen das sehr einfach dar!) Lesen Sie dieses Urteil nach! Da werden Sie noch viel mehr Argumente finden in dieser Richtung! Denn in Deutschland zahlen die Arbeitgeber zum Beispiel ein Umlage. (Abg. Dr. Stummvoll: Sollen wir die Verantwortung allein übernehmen?)

Überhaupt nicht! Aber Sie sagen dauernd, wenn es ums Zahlen geht: Wir gehören nicht dazu! Da fordern Sie dann immer die öffentliche Hand ein. Wir sollten im Interesse der Betriebe, die eine Ausbildungsleistung erbringen, eine tatsächliche Lösung finden. Die werden wir auf europäischer Ebene genauso wie in Österreich letztendlich finden.

Meine Damen und Herren! Das Thema der unterschiedlichen Arbeitnehmerbegriffe ist heute auch schon angesprochen worden. Ich glaube, daß wir auf dem richtigen Weg waren, als die Gewerkschaften die "Aktion Fairneß" gestartet haben und erst vor kurzem der Bundesregierung mehr als 330 000 Unterschriften übergeben konnten. (Zwischenruf des Abg. Meisinger .) Von seiten der Bundesregierung ist die Zusage gemacht worden, daß man bis zum Jahr 1997 die legistischen Maßnahmen in diese Richtung auch dementsprechend unterstützen wird.

Ich möchte auch sehr bewußt noch ein Thema ansprechen. Der eine oder andere wird sich fragen: Gehört das zur europäischen Thematik? – Ich glaube sehr wohl, daß es dazu gehört, nämlich die Debatte, die es jetzt um die Werkverträge gibt. Ich lasse all das unnötige Zeug beiseite; es ist in diesem Zusammenhang von Freiheit und zügelloser Einschränkung und ähnlichem gesprochen worden. Ich komme vielmehr auf das zurück, was uns in diesem Haus in dieser Frage immer wieder geeint hat: Es geht bei der Werkvertragsregelung im wesentlichen darum, daß wir wegen des Hinausdrängens von Arbeitnehmern aus dem sozialen Schutz besorgt sein müssen. Es werden immer mehr Praktiken geübt, sich der ordentlichen Dienstverhältnisse zu entledigen und das im Wege des sogenannten Werkvertrages zu lösen.

Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, wenn mir der Personalchef eines großen Elektronikkonzerns in Wien vor drei Wochen erklärt hat: Das ist zwar nicht ganz angenehm, wegen der EDV-Umstellung, aber ich kann Ihnen sagen: Ich bin eigentlich dankbar für die Änderung, denn jetzt weiß ich erst, was sich mit Hilfe solcher Praktiken in unserem Unternehmen abspielt.

Eine große Leiharbeit-Firma sagt beispielsweise: Jetzt haben wir im Vorjahr erst begonnen, unsere Arbeitnehmer, die im Reinigungsbereich tätig sind, auf Werkverträge umzustellen, und jetzt macht ihr all das wieder zunichte und holt sie wieder zurück. – Darum geht es in Wirklichkeit: um die Flucht aus dem Arbeitsrecht und aus dem Sozialrecht! Daher glaube ich, daß man hier gemeinsame Aktivitäten setzen sollte! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Warum flieht man aus dem Sozialrecht? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege! Das wird nicht möglich sein. Den besten sozialen Schutz ohne Beitrag gibt es nicht! Dem Schutz muß ein Beitrag gegenüberstehen. Man kann nicht den besten sozialen


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Schutz verlangen und sagen: Irgend jemand soll es zahlen! – So wird das sicherlich nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Genau aus diesem Grund glaube ich, daß das auch ein europäisches Thema ist. Denn warum sonst treffen sich am 21. Oktober auf europäischer Ebene Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um in dieser Frage auch eine Lösung zu finden? – So schlecht scheint es doch nicht zu sein!

Meine Damen und Herren! Zuletzt möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der auch von seiten der Liberalen immer wieder angesprochen wird, nämlich den Themenkreis Versicherungspflicht – Pflichtversicherung. Es ist trefflich, wir könnten es uns gar nicht besser wünschen, daß man nämlich die Ergebnisse dieser Debatte in Deutschland bereits sehr schön verfolgen kann. Dort werden zum Beispiel von öffentlichen Krankenkassen ältere Arbeitnehmer angeschrieben, und es wird ihnen gesagt: Sie stellen ein zu großes Risiko für die Versicherung dar. Eine andere öffentliche Krankenversicherungsanstalt wirbt mit Rabatten bei einem Baumarkt, damit sie Versicherte bekommt. – Wenn das die "Liberalität" im Krankenversicherungswesen ist, dann ist es mir noch hundertmal lieber, wir finden in Österreich Beispiele für eine ordentliche, eine an allen ausgerichtete Sozialversicherung! (Beifall bei der SPÖ.)

15.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte.

15.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nur allzu logisch, daß die beiden Regierungsvertreter und auch die Redner der Regierungsparteien hier alles im höchsten Maße loben.

Was ich heute wieder gelernt habe, ist, daß doch mit sehr gespaltener Zunge gesprochen wird. – Herr Vizekanzler! Ich darf Sie daran erinnern: Heute früh haben Sie vor 100 führenden Unternehmern und Industriellen Österreichs gesprochen. Sie sind auf viele Dinge aufmerksam gemacht worden und haben dort ein ganz anderes Bild gemalt. Ich verstehe das auch in gewisser Hinsicht. Aber ich werde am Schluß meiner Ausführungen auf einige Punkte zu sprechen kommen, die ich wirklich nicht mehr verstehe.

Ich glaube, daß in Anbetracht dieses Belastungspakets heute die Ursachen für sehr viele Mißstände zwischen Belastungspaket und EU vermischt werden. Es besteht gar keine Frage: Vieles ist heute schon gesagt worden, der Selbständigenansatz ist nicht gefunden worden. Weder in diesem Belastungspaket gibt es Anzeichen dafür, im Gegenteil, wir diskutieren Werkverträge, wir diskutieren Mindest-KöSt, wir diskutieren Verlustvorträge, die Sie dann begründen und sagen: Ein bisserl wird man den Gewinn doch besteuern dürfen! Wenn der Verlustvortrag wegfällt, dann soll das halt der Kommerzialrat aus der Brieftasche zahlen! – So stellen Sie sich das in Ihren wirtschaftspolitischen Vorstellungen vor und vergessen, daß Milliarden an Investitionsbeträgen für die nächsten zwei Jahre durch diese Entscheidung verlorengegangen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was noch viel ärger ist: Sie werfen den Freiheitlichen immer vor, daß sie Verunsicherung in die Bevölkerung hineintragen. Sie tragen sie doch höchstpersönlich hinein mit dieser völlig unüberlegten, kurzfristigen, ohne irgendwelche Perspektiven betriebenen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Sie tragen die Verunsicherung nicht nur in die Wirtschaft, sondern in die ganze Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die wesentlichen Punkte sind auch heute natürlich wieder nicht angesprochen worden. Gerade war Professor Horace Woody Brock von der Stanford und Harvard Universität hier. In der Zeitung schreibt er: Innovationskraft: Dort liegt das Job-Wunder. Eine Clinton-Studie liegt uns vor: Innovation ist gefragt, Kreativität ist gefragt.

Was machen Sie? – Sie fördern staatliches Sparen, Sie fördern Bausparen, obwohl die ganze Welt heute weiß, daß das das Kontraproduktivste zum Risikokapital ist. Und wenn dann über


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Risikokapital gesprochen wird, dann macht Herr Verzetnitsch gleich einige negative Bemerkungen zu Börseneinführungen. Das ist alles, was Ihnen dazu einfällt, zu einer Börse, die ohnedies fast nicht existent ist, zu einem Aktionärsanteil in Österreich, den es kaum gibt.

Das sind Ihre wirklichen wirtschaftspolitischen Versäumnisse. Es geht nicht nur darum, daß Sie heute Arbeitsplätze verlieren, nein: Wir gewinnen vor allem keine neuen, das ist die böse Sache! Dazu kommt, daß wir mit unserem Theater, dem Debakel im Zusammenhang mit unserem Kreditapparat international in einer fahrlässigen Art auftreten. Ich nenne dazu nur das Stichwort "CA". Es gibt da aber auch einiges anderes. Sie können Englisch, das weiß ich, Herr Vizekanzler. Dann können Sie die Zeitungen lesen, in denen man uns nur mehr als Kasperltheater und als Marionettenstaat darstellt. Und daran sind nicht wir Freiheitlichen schuld, sondern das sind die Folgen Ihrer Politik und dieses Kurses! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen sind nämlich für Europa. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Hört! Hört! Ach so!) Wir waren die erste Partei, die dafür war. Mein väterlicher Freund Wilfried Gredler und alle anderen bei uns sind für Europa. Wir sind auch für eine multikulturelle Globalisierung, Herr Abgeordneter! Aber wir sind gegen die von Ihnen ausgehandelten Maastricht-Kriterien, weil diese zum Schaden Österreichs gereichen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Sie kommen auch noch dran, melden Sie sich doch zu Wort, das ist ja kein Problem!

Ganz Europa hat die Schneid, diese Maastricht-Verträge neu zu verhandeln und zu sagen: Da und dort sind Fehler. Auch Sie haben heute die Änderungswünsche, die bestehen, genannt. Sind Änderungswünsche etwas anderes als ein Neuverhandeln gewisser Vertragspunkte? Änderungswünsche kann man so und so deuten, da verhält es sich so wie mit dem halbvollen und halbleeren Glas: Sie stellen die Situation immer halbvoll dar, wir stellen sie halbleer dar. Wissen Sie: Auf eine korrekte Darstellung, auf die ich heute noch zu sprechen kommen werde, wird wohl zu achten sein.

Ich glaube, einige Punkte des EU-Vertrags, die Sozial- und Umweltpunkte, die Transit- und Bergbauernpunkte, sind oft zitiert worden. – Ich nenne Ihnen allerdings Beispiele aus der Praxis: Wenn sogar in Österreich Wettbewerbsverzerrung via Ökodumping heute noch in großem Umfang möglich ist, nicht nur in der Papierbranche, sondern auch in anderen Bereichen, und zwar in Milliardenumfang, weil die Herren Landeshauptleute die Gesetze unterschiedlich vollziehen, dann muß ich gar nicht bis Brüssel gehen, wo Sie ständig antichambrieren und aufzeigen, wo die Übergangsfristen ständig verlängert werden in den EU-Ländern und natürlich unsere Konkurrenzprodukte ohne den Umweltkostenaufschlag zurück nach Österreich kommen. Dasselbe kann man natürlich auch für gewisse Bereiche im Sozialdumping heranziehen. Auch da haben wir es sträflich vernachlässigt, auf Übergangsfristen zu drängen. Im Gegenteil: sie werden weiter ausgedehnt und ausgedehnt (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Punkt sollen Sie nicht nur das Plenum nicht belügen, sondern Sie sollen auch die Bevölkerung nicht belügen. Wir sind ein Floh in Brüssel. Wir dürfen nicht glauben, daß wir unsere Umweltstandards dort kurzfristig durchsetzen können. (Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder. ) Sie fahren selten nach Brüssel, Frau Tichy! Das sind Dinge, die Sie auch als Unternehmer nicht wirklich besonders beschäftigt haben! Aber ich sage Ihnen: Dort können Sie Umweltschutzauflagen aus österreichischer Sicht kaum durchsetzen, dort können Sie als Bittsteller hingehen, und dann bekommen Sie die Antwort vom Herrn Verkehrsminister und von den Umweltsprechern der anderen Länder, die auf gut Wienerisch bedeutet: Die Österreicher sollen sich "brausen". Sie verstehen nicht ganz, was das bedeutet, aber sie wissen, was "brausen" heißt, mittlerweile auch schon in Brüssel. Denn wir können uns wirklich in vielen Dingen brausen dort.

Diese Dinge, die in der EU etwa auch für Semperit nicht stellvertretend ausverhandelt wurden und letztlich zu Lasten der österreichischen Industrie gehen, sind nicht nur in diesem Fall dokumentierbar. Wir reden immer über Semperit, denn der Fall Semperit ist ein Beispiel dafür, daß viele Firmen, nicht nur der KFZ-Branche, in diesen Märkten wesentliche Einbußen erlitten haben, weil sie sich auf die Aussagen verlassen haben, die führende und auch für mich bisher immer sehr glaubwürdige Persönlichkeiten wie der Herr Vizekanzler gemacht haben.


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Wir sind daher der Meinung, daß ein Entschließungsantrag von uns zur Rettung der Semperit-Reifen-AG angebracht ist. Darin wird erwähnt, daß Verhandlungen mit der EU aufgenommen werden sollen, daß im Rahmen der Förderungsprogramme die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Semperit wieder zurückgeholt werden soll, daß der Conti-Konzern natürlich für die Rückzahlung der 1,2 Milliarden zu sorgen hat und einiges mehr.

Wir glauben, daß solche Flops jetzt fortgesetzt werden durch die Kofinanzierung der Projekte, die es derzeit in Österreich gibt. – Lyocell ist etwa ein solches Projekt: 2,2 Milliarden Investitionssumme, 250, 400, 600, 800 Millionen Förderungen, je nachdem, ob Sie die europäische Förderung und die österreichischen Förderungen zusammenzählen: Das Projekt rechnet sich jedoch noch immer nicht! Und es ist natürlich blöd, wenn man für diese Projekte dann noch eine Finanzierung vom Land Burgenland auftreiben und in die Schweiz reisen muß, um sich dort Fremdmittel zu holen, und sich das Projekt trotz dieser Förderungen nicht rechnet. – Da kann ich Ihnen nur sagen: Wir bauen schon wieder ein paar neue Leichen im Keller auf. Und diese Situation wird auch durch den Bau von riesigen Golfplätzen im Burgenland mit EU-Fördermitteln nicht verbessert. Man muß nur Herrn Frank Stronach zuhören, der am Samstag den riesigen Golfplatz in Ebreichsdorf eröffnet und gesagt hat: This golfcourse is for my employees and for me for fun, but not for making money. – Ich kann Ihnen sagen: Das wird auch das Problem des riesigen Golfclubs im Burgenland sein: Es werden immer mehr Löcher aufgemacht und stopfen wird sie der österreichische Steuerzahler. So wird es sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Mag. Ederer. )

Ganz schlimm bei dem Projekt ist aber, daß zahlreiche Unternehmen nur zehn bis zwanzig Kilometer von Schwechat ins Burgenland übersiedeln, ihre gesamten burgenländischen Mitarbeiter mitnehmen, und das Projekt natürlich von der EU gefördert wird. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Firma, ich könnte jetzt eine ganze Reihe nennen, Sie kennen sie selber. Nicht nur die Staatsdruckerei mit Strohal holt sich die Förderungen, sondern auch viele andere, die ihre Mitarbeiter aus dem Burgenland 20 Kilometer mitnehmen und die Förderungen abkassieren. – So kann es wohl nicht gemeint sein!

Daher muß ich Ihnen sagen: Es ist richtig, was Herr Wirtschaftsminister Farnleitner gesagt hat: Wir sind in eine Förderfalle getappt. Das kann einem passieren. Dann soll man es aber zugeben und die Angelegenheit rasch reparieren, wie es sich für anständige Leute eigentlich gehört. Daher bringe ich einen Entschließungsantrag zur Brüsseler EU-Förderfalle ein:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, raschest Maßnahmen zu ergreifen, um eine bessere Information, stärkere Konzentration und Überschaubarkeit der Fördermaßnahmen sicherzustellen und so weiter.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Ich darf Sie bitte unterbrechen. Die Entschließungsanträge sind zur Gänze vorzulesen, überhaupt wenn es sich um kurze Entschließungsanträge handelt. Ihre bisherigen Ausführungen bewerte ich nur als Hinweise auf Entschließungsanträge. – Danke.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (fortsetzend): Ich bringe den Antrag nunmehr wie folgt ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen betreffend Brüsseler EU-Förderfalle

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, raschest Maßnahmen zu ergreifen, um eine bessere Information, stärkere Konzentration und Überschaubarkeit der Fördermaßnahmen sicherzustellen. Weiters sind seitens der Bundesregierung die längst fälligen Vorraussetzungen zu schaffen, die eine fristgerechte und volle Ausschöpfung der Förderungen ermöglichen, er


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leichtern und sicherstellen, um so zumindest teilweise das auch von Bundesminister Farnleitner kritisierte Ergebnis der EU-Beitrittsverhandlungen zu Lasten Österreichs zu korrigieren."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung für die Unterbrechung: Meine Bemerkung bezieht sich auch auf den ersten Entschließungsantrag, der nicht zur Gänze verlesen wurde. – Danke schön.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (fortsetzend): Ich hole auch den ersten Entschließungsantrag nach. Ich habe aufgehört bei Punkt zwei.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Rettung der Semperit Reifen AG und der übrigen österreichischen KFZ-Zulieferindustrie

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Rettung der Semperit Reifen AG und der übrigen österreichischen KFZ-Zulieferindustrie folgende Maßnahmen zu setzen:

1. Aufnahme von Verhandlungen mit der EU, um im Rahmen von Förderprogrammen die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Semperit wieder an den Standort Traiskirchen zurückstellen zu können.

2. Im Falle negativer Verhandlungsergebnisse mit dem Continental-Konzern Ausrüstung sämtlicher in Österreichs öffentlicher Wirtschaft und Verwaltung eingesetzter KFZ (bei Neukauf beziehungsweise Ersatzkauf) mit Produkten anderer Hersteller.

3. Vorbereitung von Klagen gegen den Continental-Konzern zwecks Rückzahlung an den Konzern ausbezahlter Förderungsmittel in Höhe von 1,2 Milliarden Schilling wegen vereinbarungswidriger, vorzeitiger Absiedelung wesentlicher Teile der Semperit Reifen AG ins Ausland.

4. Aufnahme von Verhandlungen mit den zuständigen staatlichen Stellen und der KFZ-Industrie in Japan, um den Absatz österreichischer Produkte der KFZ-Zulieferindustrie wieder anzukurbeln.

5. Anhebung der NOVA für KFZ japanischer Provenienz im Falle negativer Verhandlungsergebnisse mit den japanischen Partnern."

*****

Ich komme jetzt zum nächsten Punkt, der mich eigentlich ganz besonders getroffen hat, das muß ich Ihnen sagen. Wir Freiheitlichen sind für die EU, wir sind für Globalisierung, aber wir sind gegen die Maastricht-Kriterien, wir wollen diese neu verhandeln. Wir haben uns darüber heute am Vormittag schon unterhalten. Und da haben Sie, Herr Vizekanzler, zu meinem wirklichen Entsetzen, gesagt: Bei den Freiheitlichen ist ja alles ganz anders. Die Freiheitlichen – das haben Sie, Herr Vizekanzler, heute gesagt – sind ja dabei, ein Volksbegehren zum Austritt aus der EU zu initiieren und zu unterstützen. Darauf gab es natürlich einen ungeheuren Applaus, und eine Welle der Sympathie ist Ihnen entgegengeschlagen. (Abg. Rossmann: Unerhört!) Sie haben das sicherlich gemerkt. Das war übrigens die einzige wirkliche Welle! Bei dieser Welle der Sympathie, das muß ich Ihnen sagen, habe ich Sie wirklich menschlich ein bißchen verlassen. Denn ich kenne Sie als korrekten Menschen. Sie sind zwar Künstler, sehr begabt und wahrscheinlich auch schauspielerisch begabt, aber daß man sich deswegen zu einem solchen Populismus hinreißen läßt, Herr Vizekanzler, das finde ich arg! Sie haben sich auf ein Interview in den "Vorarlberger Nachrichten" bezogen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. )


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Herr Vizekanzler! Dort können Sie das Richtige lesen. Wenn Sie auf diese Art und Weise EU-Politik machen, daß der Herr Vizekanzler solche Dinge behauptet, dann kann ich nur sagen: Das ist der Populismus, den wir ablehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Steindl: Das ist eine Präpotenz sondergleichen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sollen auch einmal ein bißchen etwas zum Lachen haben! Sie können nämlich einmal über sich selber lachen! (Beifall bei den Freiheitllichen.)

Als Sie heute gesagt haben: Der Euro wird, wenn er nicht kommt, Österreich in eine tiefe Krise stürzen, haben Sie bei der exportierenden Industrie wieder große Sympathiepunkte gehortet. Sie sprechen von: in eine tiefe Krise stürzen. Das ist genau die Verunsicherung gegenüber der Bevölkerung, die Sie betreiben! Wenn Sie ein Mann und kein Mandl sind, dann entschuldigen Sie sich für diese Vorgangsweise! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden eben verlesenen Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte, Herr Vizekanzler.

15.36

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich melde mich gerne zu Wort, denn diese etwas wirren Ausführungen, die Sie jetzt gemacht haben, müssen erklärt werden. (Abg. Dr. Haider: Das kannst du nicht qualifizieren!) Abgeordneter Prinzhorn war heute bei einer Vorstandssitzung der Industriellenvereinigung anwesend, wo ich ... (Abg. Ing. Reichhold: Es geht um Fakten, nicht um Wolken!) Bitte seien Sie ein bißchen vorsichtiger: Wenn der Abgeordnete von Lügen redet und darüber, ob jemand ein Mann oder ein Mandl ist, dann habe ich das Recht ... (Abg. Dr. Haider: Sie haben überhaupt nicht zu polemisieren!) Zeigen Sie mir die Bestimmung! Ich polemisiere auch nicht, ich erkläre, und ich lasse mir nicht ... (Abg. Dr. Haider: Sie können doch nicht einen Abgeordneten für geisteskrank erklären!) Herr Abgeordneter, wer ist geisteskrank? Wer ist geisteskrank? Wer ist geisteskrank? (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Haider! Nehmen Sie eines zur Kenntnis: Ich habe das Recht, hier von der Regierungsbank zu reden, und Sie haben nicht das Recht, mich zu schulmeistern! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Polemik ist nicht ein Vorrecht von Ihnen! Nehmen Sie das zur Kenntnis! Wir lassen uns diesen Ton hier nicht gefallen. Wenn Sie die Macht haben, wird es vielleicht so sein, aber nicht, solange die anderen die Möglichkeit haben, sich mit demokratischen Mitteln und mit Argumenten zur Wehr zu setzen! Wo sind wir denn? (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Sache. Herr Abgeordneter Prinzhorn hat mir eine Lüge unterstellt, weil ich auf eine Wortmeldung von ihm eine sehr vorsichtige Erklärung in der Industriellenvereinigung abgegeben habe. Auf seine Frage, quasi: wieso ich die Freiheitlichen mit ihrem Europakurs kritisiere, habe ich gesagt: weil die Freiheitlichen abgewichen sind von ihren früheren Erklärungen. Das ist völlig korrekt: Ein Wilfried Gredler, auch ein Friedrich Peter, Broesigke und andere große Europapolitiker waren immer für die europäische Integration. (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Warten Sie! Warten Sie! All das ist nicht Polemik, sondern ein Lob der freiheitlichen Integrationspolitik von früher.

Ich habe dann gesagt: Jetzt ist die Situation eine völlig andere, und solange sich diese Europapolitik nicht ändert, wird es sehr schwierig sein, überhaupt zusammenzuarbeiten. Denn gestern war zum Beispiel in den "Vorarlberger Nachrichten" – das habe ich gesagt – ein Interview des freiheitlichen Bundesparteiobmanns Jörg Haider zu lesen, in dem "indirekt" – wörtliches Zitat – "eine Austrittsbewegung initiiert wird". (Abg. Dr. Haider: Nicht einmal indirekt!) Ich lese es Ihnen vor. – Dann muß das Interview dementiert werden. – Überschrift: "Kommt es zu EU-Austritts


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volksbegehren?" Untertitel: "Haider kann sich das vorstellen, rät aber den Parteien, das nicht zu initiieren." (Abg. Dr. Haider: Also!)

Dann kommt der Artikel: "Den Frust der Bevölkerung mit der Umsetzung des Beitritts schätzt FPÖ-Obmann Jörg Haider extrem hoch ein. Er kann sich deshalb sogar vorstellen, daß sich Wirtschaftsleute und Arbeitnehmer zusammentun und ein Volksbegehren zum Austritt aus der EU auf die Beine stellen." (Abg. Dr. Krüger: Das steht in der Verfassung!)

Entschuldigen Sie! Ich habe gesagt, daß indirekt mit einer solchen Austrittsbewegung geliebäugelt wird. (Abg. Dr. Haider schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. – Abg. Scheibner: Das ist eine miese Unterstellung!) Der "freiheitliche" Spitzenkandidat der Grünen, Voggenhuber, stellt sich sogar hin und sagt: Jawohl, wir sollten über eine solche Sache nachdenken! - Da sage ich: Da hört sich das europapolitische Programm auf! So kann es nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Lügen haben kurze Beine, Herr Vizekanzler!)

Für mich als Demokraten – und das empfehle ich auch allen anderen – ist das Ergebnis der Volksabstimmung vom 12. Juni 1994 bindend. Man soll eine solches Referendum akzeptieren und nicht indirekt oder direkt zu einem Austritt aufrufen, wo noch dazu der freiheitliche Spitzenkandidat Linser erklärt, das wäre eine Blamage für Österreich. Das glaube ich übrigens auch! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

15.4


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1

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

15.41

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist in diesem Haus noch nicht vorgekommen (Abg. Dr. Haider: Daß ein Abgeordneter als "wirr" beschimpft wird!), daß ein Klubobmann einer Partei ein Regierungsmitglied als geisteskrank und als Lügner bezeichnet hat. (Abg. Dr. Haider – in Richtung Regierungsbank zeigend –: Er! – Abg. Dr. Khol – in Richtung des Abg. Dr. Haider –: Lügen haben kurze Beine! – Weitere heftige Zwischenrufe.)

15.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich bitte um Ruhe! Ich werde mir – ich habe es den Beamten schon gesagt – das Protokoll kommen lassen, sobald es fertig ist.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich (anhaltende Zwischenrufe) – ich bitte um Ruhe! – Herr Abgeordneter Dr. Haider gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. Redezeit: 2 Minuten.

15.42

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Herr Vizekanzler hat, so glaube ich, deutlich gemacht, daß er aus keiner Passage des Redetextes und des Gedruckten der "Vorarlberger Nachrichten" entnehmen konnte (Rufe bei der ÖVP: Wo ist die tatsächliche Berichtigung?), daß ich für eine Einleitung eines Volksbegehrens zum Austritt aus der EU eingetreten bin. Daher ist diese Behauptung von ihm unrichtig (Bundesminister Dr. Schüssel: Welche?), die wir entsprechend zurückweisen. Aus dem Redetext geht hervor, daß ich meiner Partei empfehle, das nicht zu tun, sondern nur, daß ich auf die verfassungsmäßigen Möglichkeiten aller Österreicher – der Arbeitnehmer, der Gewerbetreibenden, der Pensionisten – hingewiesen habe, ein Volksbegehren einzuleiten, wenn sie aus der EU austreten wollen.

Wenn das für die ÖVP schon ein Grund ist, so ein Theater zu machen, dann haben sie den Bundesstaat und die Verfassung gründlich mißverstanden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. – Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich nach 7 Minuten unterbrechen muß.

15.43

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht wäre es möglich, daß Sie sich endlich einmal beruhigen. Es ist Ihre Art, immer Wirbel hereinzubringen. (Abg. Scheibner: Sagen Sie das Ihrem Klubobmann! – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Abgeordneter Maderthaner. Ich bitte, das zu berücksichtigen! – Herr Abgeordneter, bitte schön.

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (fortsetzend): Ich möchte sehr klar und objektiv die Lage der österreichischen Wirtschaft beleuchten und nicht polemisieren, wie Sie das gewohnt sind, sondern klar und deutlich zeigen, was uns der EU-Beitritt gebracht hat, was die Vorteile und was die Nachteile des EU-Beitrittes sind. Darum soll es gehen.

Meine Damen und Herren! Nach 20 Monaten seit dem EU-Beitritt ist eine erste Bilanz durchaus möglich. (Abg. Dr. Haider: Abgeordnete als "wirr" zu bezeichnen, hat sich noch niemand getraut!) Darf ich Sie bitten, das einmal ... (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (neuerlich das Glockenzeichen gebend): Bitte, Herr Abgeordneter, fahren Sie fort! Ich darf vielleicht darauf hinweisen, daß die Geschäftsordnung eine Debatte vorsieht, aber nicht in dem Sinn, wie sie hier jetzt abgeführt wird. Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner! (Weitere Zwischenrufe.) Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner! (Anhaltende Unruhe im Saal.)

Ich unterbreche die Sitzung zur Beruhigung der Gemüter.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme die Sitzung wieder auf.

Herr Abgeordneter, bitte. Sie haben das Wort!

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (fortsetzend): Ich möchte mich jedenfalls bemühen, in Ruhe fortzusetzen, und hoffe, daß Sie noch so viel ... (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider begibt sich zur Regierungsbank und erläutert Bundesminister Dr. Schüssel eine Unterlage.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich darf auch bitten, die Diskussion auf der Ministerbank einzustellen.

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (fortsetzend): Meine Herren und Damen des Hohen Hauses! Ich glaube, wir sollten uns heute bemühen, herauszustreichen, was in der Zeit seit dem EU-Beitritts geschehen ist, was wir heute nach 20monatiger Zugehörigkeit zur Europäischen Union, an Positivem und Negativem feststellen können. Ich darf Bilanz ziehen: Unter dem Strich hat sich der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union für die österreichische Wirtschaft positiv ausgewirkt. Daß es auch eine Reihe von Umstellungsschwierigkeiten gab, ist ja gar keine Frage. Hat denn jemand erwartet, daß eine historische Umstellung dieser Größenordnung ohne weiteres vor sich geht, ohne daß es dadurch Probleme und Schwierigkeiten gibt? Das kann doch nicht wahr sein!

Aber wenn Sie heute dem Volk einreden wollen, daß ein Nichtbeitritt besser wäre, daß es dann der österreichischen Wirtschaft besser ginge, dann muß ich sagen: Das ist wiederum der Versuch, die Tatsachen im falschen Licht darzustellen.

Sie haben, Herr Abgeordneter Haider, heute auf die Situation in der Schweiz hingewiesen. Ich war vor zirka zehn Tagen in der Schweiz, ich hatte dort auch die Möglichkeit, mit dem derzeitigen Bundespräsidenten Delamuraz zu reden, und kenne daher die Stimmung in der Schweiz. Vergleichen wir die Zahlen: Wir Österreicher haben 0,7 Prozent Wirtschaftswachstum, und die Schweizer haben 0,1 Prozent. Die Investitionssumme ist in der Schweiz innerhalb von


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fünf Jahren auf ein Fünftel zurückgegangen, und die Unternehmer sind dort höchst verunsichert und sagen, sie würden gerne einiges den Österreichern nachtun, die ihnen diesbezüglich einige Schritte voraus sind. (Abg. Dr. Krüger: Wer hat die stärkste Währung?) Das ist Tatsache, meine Damen und Herren, und das sollten wir heute auch sagen, das sollten wir vor allem den Menschen in Österreich sagen. Ohne EU-Beitritt hätten wir heute nicht so hohe Investitionsziffern und so viele Arbeitsplätzen in Österreich.

Weil Sie sagen, es sei schlechter geworden: Ja meine Damen und Herren, die Zeit ist überhaupt härter geworden, das muß man ja wissen. Aber eines ist auch ganz sicher: Wenn wir nicht bei der EU wären, würde die Situation in Österreich völlig anders ausschauen, nämlich viel negativer. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hätten nicht eine Inflationsrate, die seit 1988 die niedrigste derzeit ist, nämlich unter 2 Prozent; sie ist auf 1,6 Prozent gesunken. Das ist auch eine Folge des EU-Beitritts – das wurde ganz deutlich auch von Kollegen Khol ausgeführt –, die sich auch auf die Verbraucherpreise auswirkt, was ein echter Vorteil ist, den wir nur durch den EU-Beitritt erreichen konnten. Der Wettbewerb ist zweifellos in fast allen Bereichen härter geworden, aber der Markt ist dafür größer geworden, weshalb wir auch in diesem Fall Positives aufgrund des EU-Beitritts feststellen können.

Weiters sind die Grenzkontrollen, meine Damen und Herren, weggefallen. Es ist heute im Bereich des Warenverkehrs viel einfacher, von einem Land in ein anderes zu kommen. Dadurch sind viele Kosten weggefallen. Es konnten Konsignationslager aufgelassen werden. All das sind positive Erscheinungen bedingt durch den EU-Beitritt.

Sie wissen genau, daß wir vor dem EU-Beitritt ständig Probleme mit der Benachteiligung bei der Lohnveredelung hatten. Auch das ist durch den EU-Beitritt weggefallen und somit positiv zu verbuchen. (Beifall bei der ÖVP.) Der Warenhandel Österreichs in die EU-Nachbarländer hat um 11 Prozent zugenommen – auch ein Erfolg des EU-Beitritts. An öffentlichen Aufträgen können wir uns natürlich auch beteiligen. Selbstverständlich sind Handel und Gewerbe keine Einbahnstraße, natürlich ist es auch möglich, daß sich unsere Nachbarstaaten bei öffentlichen Ausschreibungen in Österreich beteiligen. Aber wir haben die Chance und die Möglichkeit, dort teilzunehmen.

Österreich ist in den Verhandlungen mit Drittstaaten viel stärker geworden. Vom kleinen Zwerg, von dem hier die Rede war, kann keine Rede sein, denn wir haben ein Mitspracherecht wie jeder andere große Teilnehmerstaat. Auch das ist positiv zu verbuchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Außerdem nehmen wir an allen Forschungs- und Entwicklungsprojekten teil. Es kann mit Zahlen belegt werden, wie viele Forschungsprojekte derzeit von österreichischen Teilnehmern mitgestaltet werden. Das ist nämlich ein Vielfaches dessen, was wir vor dem EU-Beitritt hatten.

Dazu kommen die Osteuropa-Programme, das PHARE-Programm, das TACIS-Programm. All das hat größtes Interesse bei den österreichischen Unternehmern gefunden. Bisher sind Projekte weit über 110 Millionen ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den vorläufigen Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (fortsetzend) : Ich komme ohnehin gleich zum Schluß. Ich darf zusammenfassend sagen: Wir sollten uns heute bemühen, eine ehrliche Bilanz zu ziehen, in der wir positive und negative Dinge aufzeigen. Nur so sind wir in der Lage, die Zukunft so zu gestalten, wie wir sie brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Maderthaner! Darf ich fragen, ob Sie mit Ihren Ausführungen zu Ende sind? Sie hätten nämlich noch eine Restredezeit von zirka 13 Minuten. (Abg. Ing. Maderthaner: Ja!) Danke schön.


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Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Peter Kostelka, Rosemarie Bauer, Doris Bures, Johann Schuster, Gabriele Binder und Genossen betreffend Schutz unserer Kinder (280/A) (E)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche nun die Verhandlung zu den beiden Erklärungen, und wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 280 A (E). Da dieser zwischenzeitlich allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die unterfertigten Abgeordneten stellen den

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht,

1. dem Nationalrat über die Erfahrungen mit § 207a StGB und die Spruchpraxis der Gerichte zu dieser Bestimmung sowie der Bestimmungen des Pornographiegesetzes in bezug auf Kinderpornographie zu berichten;

2. bis zu einer eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 25 StPO im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres klarzustellen, welche Möglichkeiten den Sicherheitsbehörden im Rahmen der verdeckten Ermittlung zur Verfügung stehen;

3. im internationalen Kontext Möglichkeiten zu prüfen, wie im Internet gegen kinderpornographische Darstellungen (und rechtsextreme Ausführungen) vorgegangen werden kann und dem Nationalrat darüber zu berichten.

In formeller Hinsicht wird gemäß § 74a GOG beantragt, diesen Entschließungsantrag dringlich zu behandeln und der Erstantragstellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Fekter als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 Geschäftsordnungsgesetz darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten.

Bitte, Frau Abgeordnete.

15.51

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister Bartenstein! Herr Justizminister! Hohes Haus! Es ist ein sehr trauriges Thema, das nun zur Debatte steht. Die Schlagzeilen über die tragischen Mordfälle und die Kindesmißhandlungen in Belgien, die wir im Sommer lesen mußten, haben uns alle betroffen gemacht. Besonders entsetzt war ich aber dann, als gleich kurz darauf Schlagzeilen aus Österreich zu einem ähnlichen Thema die Medien gefüllt haben, und es ist bei mir der Eindruck entstanden – wie bei manchen Kollegen, wie ich bereits erfahren konnte, auch –, daß wir in diesem Hohen Haus gelegentlich die Prioritäten nicht ganz richtig setzen.

Kinderpornographie, die üblicherweise im verborgenen bleibt, ist bei uns weit mehr vertreten, als wir das bisher wahrhaben wollten, und wir haben gerade diesem Problem hier in diesem Haus viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Oder glauben Sie nicht, daß die Prioritäten ein bißchen verzerrt sind, wenn wir obstruktive Einwendungsdebatten haben, die zu gar nichts führen, die auch gar keinen Sinn ergeben, aber Zeit in Anspruch nehmen, oder glauben Sie


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nicht, daß die Prioritäten falsch gesetzt sind, wenn wir den Tierschutz zum Beispiel zehnmal öfter diskutieren als den Kinderschutz?

Damit für die ÖVP die Prioritäten ganz klar auf dem Tisch liegen, haben wir in der ersten Plenarsitzung nach der Sommerpause einen Dringlichen Antrag und mehrere Initiativanträge zu diesem Thema eingebracht, um den Schutz der Kinder zu verbessern. Wir wollen geeignete Maßnahmen diesbezüglich vordringlich behandeln. Kinderschutz hat nämlich für uns nicht nur angesichts der Skandale heute Priorität, sondern auch in Zukunft, und zwar in unserer ganzen parlamentarischen Tätigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir halten es für dringend geboten, daß auch die Strafbestimmungen verschärft werden. Wir haben bezüglich der Strafbestimmungen – § 207, Kinderpornographie – einen Initiativantrag eingebracht. Im § 64 wollen wir eine Ergänzung betreffend Sextourismus normieren. Außerdem wollen wir die Strafen für jene schweren Taten, bei denen Kinderpornographie dem Gelderwerb der Täter dient, drastisch erhöhen.

Besonders eigenartig fand ich die Aufdeckung der österreichischen Fälle: Ich habe nämlich kein Verständnis dafür, daß Aufdeckungsjournalismus effizienter arbeitet, als die Exekutive unsere Kinder schützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, daß klargestellt werden muß, was die Exekutive kann, was sie darf, und daß Rechtsunsicherheiten speziell im Hinblick auf verdeckte Ermittlung beseitigt werden müssen. Wir müssen des weiteren auf die internationale Vernetzung der Täter und Käufer im Pornogeschäft reagieren. In der Zeit vom 27. bis 31. August hat in Stockholm der erste Weltkongreß gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern stattgefunden, und das Aktionsprogramm, das dort verabschiedet worden ist, gilt es raschest umzusetzen. Die EU hat anläßlich des Rates der Außenminister auf Initiative unseres Vizekanzlers Schüssel ein Aktionsprogramm angenommen, das zur Bekämpfung der Kinderpornographie und zum Schutz der Kinder einzusetzen ist, und dann soll die Stockholmer Resolution auch auf europäischer Ebene umgesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie dringlich dieses Thema ist, zeigt, daß das Europäische Parlament heute auf Initiative der Europäischen Volkspartei auch ein Aktionsprogramm beschlossen und gegen Mittag eine Resolution verabschiedet hat, in der es hauptsächlich um die internationale Kooperation geht, aber auch um die Schaffung einer zentralen Meldestelle für vermißte Kinder.

Wir müssen außerdem den neuen Technologien begegnen. Kinderpornographie im Internet ist so gut wie schrankenlos. Es gibt schon einige Vorstöße anderer Länder, einerseits die Täter auszuforschen, andererseits aber auch Zugangsbeschränkungen zu schaffen. Ein einzelnes Land wird da erfolglos bleiben, da muß es eine internationale Zusammenarbeit geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht Anlaßgesetzgebung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern die Dringlichkeit des Problems macht es erforderlich, daß gegen jegliche Gewalt, gegen jeden Mißbrauch angekämpft wird, der unseren Kindern angetan wird, und zwar effizient und rasch.

Im Jahr 1993 haben wir in diesem Hohen Haus die Probleme der Kinderpornographie intensiv diskutiert und den Straftatbestand des § 207a eingeführt. Es ist nun notwendig, die Ergebnisse zu erfahren und die konkreten Erfahrungen daraus zu analysieren.

Herr Bundesminister! Wir ersuchen Sie in unserem Entschließungsantrag, zu berichten, wie die Spruchpraxis zum § 207a gelaufen ist und welche Erfahrungen Sie mit diesen Bestimmungen gemacht haben, insbesondere auch mit dem Pornographiegesetz, das in diesem Zusammenhang natürlich auch zu sehen ist.

Hohes Haus! Für eine effiziente Täterausforschung ist es aber, wie vorhin schon erwähnt, dringend geboten, klarzustellen, was bei der geltenden Rechtslage verdeckt ermittelt werden kann. Die Sicherheitsbehörden müssen wissen, ob sie sich auf legalem Boden bewegen, und sie müssen mindestens soviel, wenn nicht sogar um einiges mehr, dürfen als der Aufdeckungs


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journalismus. Ich gehe davon aus, daß bereits derzeit die Rechtslage so ist, daß die Exekutive das, was der Journalist getan hat, schon längst hätte tun können. Bedauerlicherweise ist das nicht passiert. Wir bitten in unserem Entschließungsantrag sowohl den Justizminister als auch den Innenminister, klar zu prüfen, ob die Regelungen des § 25 Strafprozeßordnung ausreichend sind und ob die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden im Rahmen der verdeckten Ermittlungen zu einem effizienten Erfolg führen oder ob da legistischer Handlungsbedarf besteht.

Die politische Mehrheit für den Einsatz des Instrumentes eines verdeckten Ermittlers ist in diesem Haus mit Sicherheit gegeben. Das haben wir bereits den Medien entnommen. Bedauerlicherweise ist, Herr Minister, aus dem Ministerium diesbezüglich kein konkreter Vorschlag gekommen. Ihren Äußerungen in den Medien habe ich aber entnommen, daß Sie diesem Instrument grundsätzlich nicht negativ gegenüberstehen.

Im letzten Punkt unseres Entschließungsantrages ersuchen wir den Justizminister, im internationalen Kontext Möglichkeiten zu prüfen, wie wir im Internet Kinderpornographie in Hinkunft eindämmen können. Ich weiß, daß in der Bundesrepublik Deutschland ein Ansatz, den ein Bundesland gestartet hat, gescheitert ist. Ich weiß aber auch, daß die Niederlande diesbezüglich bereits Regelungen und gesetzliche Normierungen kennen, die erfolgversprechender aussehen. Auch die Konferenz in Stockholm hat ein diesbezügliches Aktionsprogramm verabschiedet, und es ist die Intention der EU, auf diesem Gebiet international intensiver zusammenzuarbeiten.

Meine werten Kollegen! Ich hoffe auf eine breite Zustimmung zu unserem Dringlichen Antrag. Frau Kollegin! Ich gehe davon aus, daß wir in der Frage der Kinderpornographie an einem Strang ziehen. (Abg. Mag. Stoisits: Aber auch die Kolleginnen!) Natürlich auch die Kolleginnen. Für mich als Frau ist das selbstverständlich. Ich hänge nicht an einzelnen Worten. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich aber ergänzen, denn mit dem Entschließungsantrag allein ist es nicht getan: Kinderschutz muß lückenlos sein. Deshalb haben wir heute auch einen Initiativantrag eingebracht, mit dem wir die Strafbestimmungen verschärfen, und dabei erscheint mir wesentlich gravierender, einen neuen Schadenersatzanspruch für die erlittene Kränkung zu normieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zum ersten Mal, daß wir einem Opfer in größerem Ausmaß immateriellen Schadenersatz zubilligen, das ist in unserer Rechtsordnung, im Schadenersatzrecht, in diesem Ausmaß nicht vorgesehen. Ich glaube, daß diese verabscheuungswürdigen Taten gegen unsere Kinder, aber auch bei Vergewaltigungen gegen mißbrauchte Frauen auch in der Form gutgemacht werden müssen, daß die Täter zum Schadenersatz herangezogen werden, und zwar für den Schaden, den die Seele dabei erlitten hat, für die erlittene Kränkung. Es ist nämlich nach unserem derzeitigen Schadenersatzrecht so, daß nur Körperverletzungen zu Schmerzensgeld führen, und wenn nicht wirklich eine sichtbare Körperverletzung vorhanden ist, dann kann kein Schmerzensgeld verlangt werden, sondern lediglich der Ersatz für eventuelle Therapiekosten. Das ist unbefriedigend, und ich glaube, daß wir vom Grundsatz, nur materielle Schäden abzugelten, in diesen eingeschränkten Fällen abweichen können. Ich glaube, daß das der Kinderschutz rechtfertigt.

Abschließend möchte ich noch auf eine Gesetzeslücke hinweisen. Im Zusammenhang mit dem Linzer Kinderpornofall ist eine Gesetzeslücke im Strafgesetzbuch aufgetaucht: Für jene Täter, die Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren pornographisch darstellen, nicht mißbrauchen im Sinne von geschlechtlichen Handlungen, sondern für Pornofilme verwenden, sei es auch, indem sie durch Schnitt- und filmische Tricktechnik dann Pornofilme daraus machen, fehlt jegliche Strafbestimmung. Da haben wir die paradoxe Situation, daß sich diese Jugendlichen zwar die Pornofilme nicht kaufen dürfen, weil da Jugendschutzgesetze greifen, daß sie aber sehr wohl, wenn sie über 14 Jahre sind, daran mitwirken dürfen. Das ist aus meiner Sicht eine Gesetzeslücke, die zu schließen ist. Es sind die Täter, die Jugendliche über 14 Jahre für pornographische Darstellungen verwenden und mißbrauchen, zu bestrafen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben daher einen diesbezüglichen Antrag heute eingebracht. Bedauerlicherweise haben wir dafür bei unseren Kollegen noch keine Zustimmung gefunden. Aber ich glaube, daß das


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Problem so virulent ist, daß wir dann, wenn wir dieses Thema im Ausschuß diskutieren, einhellig die Auffassung vertreten werden, daß diese Gesetzeslücke zu schließen ist. Ich bin aber davon überzeugt, daß wir auch noch über andere Gesetzeslücken, die wir im Bereich Kinderschutz schließen müssen, diskutieren müssen, aber die genannten Probleme liegen bereits so klar auf dem Tisch, daß dieser unser Antrag bereits formuliert werden konnte und bereits zur Debatte steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Kinderschutz muß in diesem Haus – nicht nur bei der ÖVP, sondern bei allen Fraktionen! – wesentlich größeres Augenmerk geschenkt werden, und dieser muß oberste Priorität haben. (Beifall bei der ÖVP.)

16.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich nun der Herr Bundesminister für Justiz gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen.

16.07

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Augenblicke, da wird ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit bloßgelegt, das uns erschreckt und abstößt, das wir daher nicht gerne wahrnehmen wollen oder gar verdrängen.

Angesichts der heute zur Diskussion stehenden besonders abstoßenden Ereignisse der letzten Zeit – nicht nur im Ausland, leider auch in Österreich – müssen wir nach den Ursachen für das Unverständliche, Unerträgliche fragen und nach Orientierungsmaßstäben und Abhilfen suchen. Viele glauben, sie in den Strafgesetzen zu finden.

Meine Damen und Herren! Sicherlich hat auch das Strafrecht einen notwendigen Beitrag zur Problemlösung zu leisten. Dieser reicht aber nicht aus und ist auch ein in der praktischen Anwendung nicht immer ganz unproblematischer. Schon weil die Strafverfolgung oft zu spät kommt und dem Strafrecht überhaupt nur eine Ultima-ratio-Funktion zukommt, müssen wir den Blick auf das Ganze richten.

Vor allem müssen wir darum bemüht sein, dem Verschweigen und dem Wegschauen den Kampf anzusagen! Die Dunkelfelder und Grauzonen der sexuellen Manipulation und des Mißbrauches junger Menschen dürfen kein Tabu der Gesellschaft sein, und sie dürfen auch nicht der Polizei und der Justiz allein zur Aufhellung und Durchbrechung überlassen werden.

Wir alle, besonders natürlich Verwandte, Nachbarn, Kindergärtner, Lehrer, Ärzte, Sozialarbeiter, sind aufgerufen, aufmerksam und einfühlsam zu sein. Kinder brauchen Zuwendung und Verständnis, um jenes Vertrauen aufzubringen, das fast immer die Voraussetzung für ein erfolgreiches Eingreifen staatlicher Einrichtungen bildet. Kinder müssen vor allem als eigenständige und verletzbare Menschen ernst genommen werden.

Lassen Sie mich vor dem Hintergrund dieser meiner Grundeinstellung zum Problem einige Bemerkungen zur Rechtslage – de lege lata beziehungsweise de lege ferenda – machen.

Erstens: Auch rechtliche und rechtspolitische Überlegungen bedürfen einer ganzheitlichen und nicht bloß einer punktuellen Sicht. Deshalb sind das Verwaltungs- und das Justizrecht, das Familien- und das Jugendwohlfahrtsrecht, das Jugendschutzrecht der Länder und das Strafrecht sowie das Schadenersatzrecht in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Zweitens: Den Kernbereich des strafrechtlichen Schutzes von Kindern und Jugendlichen bilden nicht etwa die Strafbestimmungen gegen die Pornographie, sondern die Strafdrohungen des Sexualstrafrechts mit ihren wesentlich höheren Strafsätzen.

Auch wenn wir die Zusammenhänge von Nachfrage und Angebot nicht aus den Augen verlieren, geht es dennoch primär darum, geschlechtlichen Handlungen an Kindern und sexuellen Manipulationen zu Lasten junger Menschen entschieden entgegenzutreten, die vielfältigen Gefahren


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für die Entwicklung und Reifung der Kinder und Jugendlichen einzudämmen, ohne zugleich ihre eigenständige Persönlichkeitsentfaltung zu behindern. Das erfordert sicherlich Sensibilität und Augenmaß.

Der Einsatz des Strafrechtes in diesem Bereich muß vorrangig opferorientiert sein und unter Umständen auch zurückhaltend erfolgen können, damit das verhältnismäßig grobe Werkzeug der staatlichen Strafverfolgung dem Opfer nicht noch weiteren Schaden zufügt und nicht stigmatisierend wirkt.

Das rechtliche Instrumentarium in Österreich ist in den letzten Jahren unter diesen Gesichtspunkten ausgebaut worden. Die eingehende Diskussion der Jahre 1992 bis 1994, die nicht ganz so geendet hat, wie wir im Justizressort uns das vorgestellt hatten, ist ja allgemein in Erinnerung. Sie führte letztlich nur zur Schaffung des 207a StGB, womit auch der Besitz kinderpornographischer Machwerke in die Pönalisierung einbezogen wurde.

Das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 hat mit der Schaffung gesetzlicher Voraussetzungen für die schonende, kontradiktorische Vernehmung von Kindern schon im Vorverfahren, in einem Nebenraum, durch einen Kinderpsychologen, unter Einsatz von Videokameras die Möglichkeit geboten, auf den späteren, traumatisierenden Auftritt des Kindes in der öffentlichen Hauptverhandlung zu verzichten.

Diese wichtigen Verbesserungen unserer Rechtsordnung und auch andere einschlägige Rechtsvorschriften haben zuletzt beim Weltkongreß gegen kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern in Stockholm internationale Anerkennung gefunden.

Seit längerem befindet sich die Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes im Hohen Haus, die zwei weitere Schritte auf diesem Gebiet vorschlägt: die Schaffung spezieller Strafdrohungen gegen ausbeuterische Schlepperei, die auch dazu dienen, neuen Formen des Frauen- und Kinderhandels entgegenzutreten, sowie eine zeitgemäße Neufassung des Tatbestandes der Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Entziehungsberechtigten, die vor allem darauf abzielt, dem Schutz des Kindes oder Jugendlichen Vorrang zu geben, erforderlichenfalls auch gegenüber den eigenen Eltern und Erziehungsberechtigten.

Schließlich verweise ich auf den gleichfalls dem Nationalrat vorliegenden Gesetzentwurf zum Schutz vor Gewalt in der Familie, der insbesondere die sicherheitspolizeiliche Wegweisung des Gewalttäters und eine Effizienzsteigerung im Bereich der Einstweiligen Verfügung mit sich bringen soll.

Ich begrüße es sehr, daß der im Zusammenwirken mit dem Justizressort ausgearbeitete gemeinsame Initiativantrag der beiden Regierungsparteien auch die von mir angeregte Bestimmung über einen Schmerzensgeldanspruch in Fällen sexuellen Mißbrauchs enthält. Ich meine, daß wir damit die höchst unbillige Rechtslage in diesem Bereich sanieren können, ohne einer Reform des immateriellen Schadenersatzrechtes vorzugreifen.

Ich glaube ferner, daß den vorgeschlagenen Strafverschärfungen im Tatbestand des 207a StGB nicht nur Signalwirkung zukommt, sondern daß sie auch ein wirksameres Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden vor allem gegen gewerbsmäßigen Handel mit pornographischem Material ermöglichen werden.

Was die Frage des sogenannten Sextourismus anlangt, so möchte ich zunächst mit Deutlichkeit darauf hinweisen, daß die auch öffentlich verbreitete Meinung, Auslandstaten von Österreichern seien im Inland nicht verfolgbar, schon für das geltende Recht unzutreffend ist. Nach § 65 StGB sind solche Taten vielmehr schon jetzt strafbar, allerdings nach Maßgabe der Rechtsordnung des Tatortstaates. Nur insoweit, als es in einigen wenigen Staaten auch nur geringfügige relevante Abweichungen gibt, etwa hinsichtlich eines niedrigeren Mindestalters für sexuelle Handlungen, wird die bereits einvernehmlich in Aussicht genommene Ergänzung des § 64 StGB allfällige Lücken schließen.


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Das eigentliche Problem im Zusammenhang mit der Verfolgung der Sextouristen liegt freilich in den schwierigen Verhältnissen in den erwähnten Staaten begründet, in der wirtschaftlichen Armut, in den sozialen Abhängigkeiten und in den Mängeln der Straverfolgung dortselbst. Diese Verhältnisse lassen sich durch rechtliche Maßnahmen in Europa oder isoliert in der österreichischen Rechtslage kaum beeinflussen.

Eine erfolgversprechende Bekämpfung grenzüberschreitender Straftaten setzt eine ebenso grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden voraus. In einem Europa offener Grenzen bedarf es daher auch der Intensivierung und Beschleunigung aller Formern der kriminalpolizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit. Die Republik Österreich leistet in dieser Richtung ihren Beitrag zu den laufenden Bemühungen im Rahmen der dritten Säule der Europäischen Union, vor allem zur Effektuierung des Europol-Übereinkommens sowie zum Ausbau der übrigen multilateralen und bilateralen Rechtsinstrumente, vor allem auch gegenüber unseren Nachbarstaaten im Osten.

Besondere Probleme für die Strafverfolgung ergeben sich bekanntlich aus der beschleunigten Globalisierung der Kommunikationsmöglichkeiten, Stichwort "Internet". Das Justizressort befürwortet die Schaffung einer zentralen Stelle für die Meldung strafgesetzwidrigen Verhaltens solcher elektronischer Medien – nicht nur Kinderpornographie, auch Nazi-Propaganda und dergleichen sind dort zu finden –, etwa nach dem Muster der Niederlande. Dies würde einen Ansatzpunkt für eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung der Provider bieten, für die Ausschaltung solcher illegaler Netzinhalte zu sorgen, widrigenfalls sie mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben.

Wir müssen uns freilich bewußt sein, daß eine durchgreifende Lösung für das Problem des weltweiten Transports strafrechtswidriger Netzinhalte nur auf der Grundlage entsprechender weltweiter, internationaler Vereinbarungen und Standards gefunden werden wird können.

Was den heute angesprochenen § 25 StPO, also die verdeckte Ermittlung etwa durch einen Scheinkauf, anlangt, möchte ich darauf hinweisen, daß es anerkannt ist, daß die mit dem sogenannten Scheinkauf, insbesondere von Suchtgift, und anderen Formen der verdeckten Ermittlung durch Organe der Sicherheitsbehörden verbundenen Fragen – über die bestehende summarische Regelung des Sicherheitspolizeigesetzes hinaus – einer klaren strafprozessualen Rechtsgrundlage bedürfen.

Dabei geht es einerseits um handhabbare und effiziente Vorschriften für das kriminalpolizeiliche Vorgehen, andererseits um das Abstecken von Grenzen, um ein unerwünschtes Ausufern solcher besonderer Ermittlungsmaßnahmen, aber auch darum, eine Verstrickung von Beamten in die kriminelle Szene zu verhindern.

Im einzelnen sind dabei sicher schwierige rechtsstaatliche Fragen zu lösen. Es ist kein Zufall, daß dies bisher nur in sehr wenigen Staaten gelungen ist und daß zumeist erst in der Praxis beziehungsweise im Einvernehmen zwischen Justiz und Sicherheitsbehörden Handlungsspielräume und Grenzen ausgelotet werden. (Abg. Dr. Khol: Ist der Scheinkunde jetzt erlaubt oder nicht? – Eine klare Antwort!) – Ich komme gleich dazu.

Das gleiche gilt für die Rechtsprechung der jeweiligen Höchstgerichte. Die Entwicklung ist international im Fluß. In Österreich wurde aufgrund einer schon vor Jahren einvernehmlich gefundenen restriktiven Interpretation des § 25 StPO eine, wenn auch nur provisorische, aber doch weitgehend praxisgerechte Basis für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden gefunden. Mit dem Innenressort besteht Übereinstimmung, daß die dabei getroffene Lösung nicht nur für den Bereich des Ankaufs von Suchtgift Geltung hat. Eine darüber hinausgehende gesetzliche Regelung ist, wie ich schon erwähnt habe, wünschenswert und im Rahmen der Reform des strafprozessualen Vorverfahrens auch geplant, aber nicht in wenigen Wochen kurzfristig realisierbar.

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Überlegungen besteht aus Sicht beider Ressorts zurzeit kein Bedarf an einer weiteren Klarstellung der Rechtslage, eventuell in Form von Erlässen oder dergleichen. Unser Standpunkt ist allen Beteiligten ausreichend bekannt. (Abg. Dr. Khol: Also ist der Scheinkunde erlaubt?) Ja, wenn es so durchgeführt wird, wie es nach unseren


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Vorstellungen im Suchtgiftbereich geschieht, so sehe ich überhaupt keine Veranlassung, das nicht auch auf andere Bereiche vergleichbarer Art auszudehnen. Natürlich muß man sich darüber im klaren sein, daß eine Provokation nicht zulässig ist, aber das scheinbare Eingehen auf Anbote, wie es ja Gegenstand der von der Frau Abgeordneten zitierten Situation war, fällt jedenfalls unter die getroffene Regelung, die sogenannte Foregger-Doktrin.

Die Erörterungen der letzten Tage und Wochen haben auch bewußt gemacht, daß das österreichische Sexualstrafrecht, das im Kern aus den sechziger Jahren stammt, in seiner Gestaltung den heutigen Anforderungen nicht durchwegs entspricht. Dabei geht es nicht bloß um eine dem heutigen Verständnis vom Rechtsgüterschutz entsprechende Überarbeitung, die bereits mit der Strafgesetznovelle 1989 eingeleitet wurde, sondern um die wirksame Bekämpfung neuer Formen sexueller Ausbeutung, wie etwa im Bereiche der Prostitution oder des internationalen Frauenhandels.

Dabei stellt sich aus heutiger Sicht auch die Frage, ob es einen ausreichenden strafrechtlichen Schutz Unmündiger und Jugendlicher gegen subtiler gewordene Formen der sexuellen Ausbeutung gibt oder ob in dieser Hinsicht Randzonen und Lücken bestehen, die zu schließen sind.

Eine tiefergehende Überprüfung des Sexualstrafrechts wird durch ein Zusammenwirken mit Juristen, Kinderpsychologen und Sozialarbeitern erfolgen. Eine von mir eingesetzte interdisziplinär zu besetzende Arbeitsgruppe wird diese Prüfung unverzüglich aufnehmen und legislative Vorschläge erstatten. Es kann und darf uns dabei nicht um eine Augenblicks- oder Anlaßgesetzgebung gehen, sondern um eine seriöse Weiterentwicklung der Rechtsordnung im Sinne der bewährten Grundsätze einer ausgewogenen Justizpolitik, die schon im Interesse der österreichischen Jugend und im Interesse des österreichischen Rechtsstaates um Konsens und Sachlichkeit bemüht ist. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß geschäftsordnungsgemäß kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, aber jedem Klub eine Redezeit von 25 Minuten zukommt. Ich mache weiters darauf aufmerksam, daß sich die Reihenfolge der Redner nach § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung bestimmt und nicht ausnahmsweise nach Abs. 4, wie das bei einer Dringlichen Anfrage der Fall wäre.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Apfelbeck. Ich erteile es ihr.

16.25

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Fekter! Es wäre schön, würden Ihren Worten auch Taten folgen. Im vorliegenden Dringlichen Antrag ist allerdings derartiges überhaupt nicht enthalten. Eine verstärkte Strafe oder dergleichen ist in diesem Antrag überhaupt nicht enthalten.

Aber darf ich zurückblicken: Im Jahr 1991 habe ich hier im Hohen Haus eine Informationsveranstaltung zum Thema Kinderpornographie abgehalten, weil ich wollte, daß die Abgeordneten genau wissen, was sich hinter dem Wort "Kinderpornographie" überhaupt verbirgt, nämlich die gemeinste, die brutalste Schändung unserer Kinder, damit die Abgeordneten auch wissen, worüber sie dann abstimmen.

Einige der Abgeordneten – sie sitzen noch in unseren Reihen – haben geweint. Einigen ist schlecht geworden, und sie mußten den Saal verlassen.

1994, bei der Beschlußfassung dieses Gesetzes, war alles vergessen, das Leid und die Qualen der Kinder. Der Koalitionszwang war ihnen lieber, war ihnen wichtiger. Und der heutige Antrag ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist. Ich verstehe einfach nicht, daß Sie sich für einen solchen Antrag hergegeben haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Sie getrauen sich in diesem Antrag angesichts der allgemein bekannten Tatsachen an den Minister das Ansinnen zu stellen, er möge dem Nationalrat berichten, wie die Gerichte in Österreich urteilen. Kein einziges Wort in Ihrem Antrag, wie Sie Kinder vor Vergewaltigern schützen wollen.

Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist Ihnen nicht einmal ein Lippenbekenntnis zum Schutz unserer Kinder wert! Und ich frage Sie: Wen wollen Sie hier schützen: die Kinder oder die Täter?

Den Sozialisten ging es immer wieder darum, die Täter zu schützen. Die Opfer waren ihnen immer gleichgültig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Opfer, das mißhandelte Kind, bleibt einfach links liegen. Der Täter bekommt eine lächerliche Strafe, für das Opfer hat man nicht einmal geschulte, sensible Richter und Vernehmungsbeamtinnen und dergleichen.

Eine schonende Vernehmung könnte beantragt werden. Nur, wer weiß denn das, meine Damen und Herren? Wir fordern daher: Es ist an der Zeit, vorrangig den Opfern Hilfe anzubieten. Ich fordere einen verpflichtenden Rechtsbeistand im gesamten Verfahren, also Waffengleichheit für Täter und Opfer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sind neben den Freiheitsstrafen auch Geldstrafen zu verhängen, wobei dieses Geld dann nicht dem Staat, sondern den Kindern zugute kommen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bund sollte dann dieses Geld genau so wie Spenden der Österreicher für Krisen im Ausland verdoppeln, wenn nicht gar verdreifachen. Das sollten uns unsere Kinder wert sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang bringen die Freiheitlichen einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Apfelbeck und Haller ein, den ich in den wichtigsten Punkten ausführen werde beziehungsweise schon ausgeführt habe:

In den Schulen und Kindergärten sollte Aufklärungsarbeit geleistet werden. Dadurch könnten mögliche Opfer und deren Geschwister und Freunde ermutigt werden, sich mitzuteilen und in der Folge zu helfen und sich helfen zu lassen.

Kinder sind auf derartige Gefahren vorzubereiten und aufzuklären, wie sie sich im Fall eines versuchten sexuellen Mißbrauchs verhalten sollen. Dafür scheint mir ein Schwerpunktprogramm in den Medien, speziell im Fernsehen, vorrangig und auch am wirkungsvollsten zu sein. Tatorte – und die Familie ist oft der Tatort – sollten dadurch direkt erreicht werden, und es sollte vor allem auch ihr Umfeld aufgerüttelt und die Zivilcourage angeregt werden.

Dem "Fernsehkastel", meine Damen und Herren, kommt kein Österreicher aus! Psychologisch bestens gemachte Spots zu den besten Sendezeiten dürfen dann auf die Wohnzimmerbehaglichkeit der Bürger keine Rücksicht nehmen, denn auf die geschändeten, gequälten Kinder nimmt auch niemand Rücksicht.

Kinderpornographie, Besitz, Herstellung und Vertrieb, wird derzeit beim Bezirksgericht abgehandelt – vom Gesetz her also gleichrangig eingestuft wie Ehrenbeleidigungen oder Schwarzfahren in der U-Bahn. Wir fordern eine Verlagerung zu den Landesgerichten. Dadurch würde die Bedeutung des Deliktes aufgewertet, und es würde somit auch von den Behörden ernster verfolgt werden, und die abschreckende Wirkung auf potentielle Täter würde dadurch vielleicht auch erhöht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Auch die Sozialdemokraten müssen endlich zur Kenntnis nehmen, daß auch Kinder eine Seele haben und daß Kinderschändung Mord (Zwischenrufe bei der SPÖ), Mord an ihrer Seele ist.

Kinder leiden unter einer Vergewaltigung ihr ganzes Leben, und Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition, haben 1994 mit Ihrem Einverständnis, die Kinderpornographie so milde zu bestrafen, den Grundstein dafür gelegt, daß weitere Kinder geschändet wurden und


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werden. Denn Sie können mir nicht erzählen, daß Sie nicht wußten (Zwischenrufe bei der ÖVP), was der Besitz von Kinderpornos bedeutet, den Sie hier im Haus mit nur sechs Monaten und Vertrieb und Herstellung mit nur einem Jahr Strafrahmen belegt haben. Wir haben damals noch einen Abänderungsantrag eingebracht und versucht, den Besitz mit bis zu einem Jahr zu bestrafen und Herstellung und Vertrieb mit bis zu drei Jahren.

Sie können mir nicht erzählen, daß Sie nicht wußten, daß Kinder erst geschändet, gequält und mißbraucht werden müssen, damit diese grauenhaften Videos hergestellt werden können. Und ich hoffe, es ist Ihnen klar, was Sie durch Ihr mildes, täterschützendes Gesetz, was Sie durch Ihr Wegschauen den Kindern angetan haben, antun ließen und weiter antun lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe bekannt, daß der eben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Apfelbeck und Genossen betreffend Bekämpfung der Kinderpornographie schriftlich überreicht wurde, entsprechend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung wurden die wesentlichen Punkte verlesen. Ich habe die Vervielfältigung und Verteilung verfügt. Im übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll geschäftsordnungsgemäß beigedruckt.

Der Entschließungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen der nächsten zwei Monate eine Regierungsvorlage zur Bekämpfung der Kinderpornographie vorzulegen, die sich an folgenden Punkten orientiert:

1. Verpflichtende Aufklärungsarbeit durch die Medien zu den bestmöglichen Sendezeiten. (Nach dem Beispiel der AIDS-Aufklärungskampagne) Ebenso Aufklärungsarbeit in Schulen, Kindergärten etc., damit das Problem des sexuellen Mißbrauchs bewußt gemacht wird und man Informationen über Hilfestellungen vermitteln kann. Durch Ursachenforschung und Öffentlichkeitsarbeit kann ein erheblicher Beitrag zur Verminderung sexuellen Mißbrauchs geleistet werden, und aufgrund von Erkenntnissen über die Tätermotivation können präventive Maßnahmen ergriffen werden,

2. Koordination von Anlauf- und Beratungsstellen, Beseitigung der Konkurrenzsituation. Schutz der Identität der hinweisenden Person. "Rund um die Uhr" – Erreichbarkeit der Anlauf- und Beratungsstellen,

3. bessere Ausstattung der Ermittlungsbehörden und die Einrichtung von Sonderabteilungen für Kinderpornographie und sexuellen Mißbrauch, da die Ermittlungsbehörden häufig aufgrund ihrer begrenzten personellen und sachlichen Ausstattung nicht in der Lage sind, wegen Delikten der Kinderpornographie und des sexuellen Mißbrauchs ausreichend zu ermitteln,

4. bessere Zusammenarbeit von Zollbehörden, der Polizei und der Post, zur Ermöglichung effektiverer Ermittlungen,

5. gemeinsames Vorgehen von Justiz und Polizei innerhalb der Europäischen Union und staatenübergreifende Koordination und internationaler Austausch von Informationen. Im Wege der internationalen Kooperation der Ermittlungsbehörden kann der Herstellung und dem Handel von kinderpornographischen Produkten entgegengewirkt werden,

6. legistische Vorsorge für den Zugriff auf den Provider,

7. Impressumsverpflichtung beim Provider, Haftbarmachung für verbreitete Informationen im Internet,


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8. Rückkehr zur Anzeigepflicht. Anzeigepflicht für Straftaten sexuellen Mißbrauchs und Kinderpornographie für Ärzte, Sozialarbeiter und andere Personen, denen aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit derartige Straftaten bekannt werden können.

9. Wegweiserecht des Täters, um Kindern den Verbleib in der Familie zu ermöglichen.

10. Anspruch auf professionelle Opferbegleiter bei allen Behörden. Intensive Befassung mit Opfern und Hilfestellung bei Aufarbeitung der sich in der Opfereigenschaft ergebenden Probleme, um zu vermeiden, daß die Opfer von heute nicht die Täter von morgen werden.

11. Beigebung eines Privatbeteiligtenvertreters für das Opfer, dessen Kosten der Bund zu tragen hat. Waffengleichheit für Opfer und Täter (§ 41 Abs. 2 StGB),

12. verstärkte Schulung von Sachverständigen und Richtern. Projekte wie "safe and strong" in Norwegen zur Aufklärung und Schulung von präventiven Verhaltensweisen der Kinder, sowie Seminare zur Schulung von Eltern. Betreuungspersonen, Personal von Jugendämtern, Richtern, Staatsanwälten etc. zu schaffen, da präventive Maßnahmen einen erheblichen Beitrag dazu leisten können, da sexueller Mißbrauch an Kindern durch Herstellung von kinderpornographischen Produkten oder in anderer Weise verringert wird. Es geht darum, Kinder auf derartige Gefahren vorzubereiten und sie darüber aufzuklären, wie sie sich im Falle von Versuchen sexuellen Mißbrauchs verhalten können. Außerdem können die psychischen und physischen Folgen für Kinder, die Opfer des sexuellen Mißbrauchs geworden sind, gemindert werden, wenn Richter, Ärzte und Betreuungspersonen für diese Fälle besonders geschult sind.

13. Erhöhung des Strafrahmens sowohl für Besitz als auch für Herstellung und Vertrieb von kinderpornographischen Machwerken. Eventuelle Erweiterung des Kataloges des § 9 StPO dem Gerichtshof ungeachtet der Strafdrohung zugewiesene Delikte um das Pornographiegesetz und den § 207 a StGB. Verlagerung der Bearbeitung der Fälle von den Bezirksgerichten zu den Landesgerichte (Kompetenzverlagerung zu den Gerichtshöfen I. Instanz),

14. kumulative Verhängung von Freiheitsstrafen und Geldstrafen muß möglich gemacht werden, wobei die eingehobenen Strafen dem Opfer zugute kommen sollen,

15. Beginn der Verjährungsfrist erst ab Volljährigkeit des Opfers, da viele Opfer erst nach Jahren imstande sind, über ihre Erfahrungen zu sprechen."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile nunmehr Frau Abgeordneter Rosemarie Bauer das Wort.

16.34

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren diesen Hohen Hauses! Hätte ich es nicht selbst erlebt, hätten wir nicht Seite an Seite gekämpft, Frau Kollegin Apfelbeck, würde ich glauben, es sei eine völlig fremde Person hier heraußen gestanden und hätte über etwas gesprochen, das mir neu war in der Zuspielung und im Vorwurf, was wir diskutiert hätten in den Jahren nach 1990, speziell im Jahr 1993, in dem es gerade uns Frauen parteiübergreifend – unter anderem auch der Kollegin Traxler von der SPÖ, die heute nicht mehr da ist – gelungen ist, dieses Haus so zu sensibilisieren, daß der heutige Straftatbestand definiert beziehungsweise die heutige Rechtslage erwirkt werden konnte. Viele haben sich dem angeschlossen. Es handelt sich um eine so verabscheuungswürdige Tat, und es ist soviel furchtbares Leid und ein so verabscheuungswürdiges Verbrechen an Kindern, das da begangen wird, daß ich tief erschüttert bin, daß wir nur wenige Jahre später dieses Problem hier wieder zum Gegenstand einer Debatte haben.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Wert einer Gesellschaft kann man daran messen, wie sie mit den schwächsten Mitgliedern ihrer Gruppe umgeht – und das sind ja wohl die Kinder. Mitleid, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist zu wenig. Wir müssen Schutzmaßnahmen treffen. Und wenn ich jetzt höre, daß Formalismen ausschlaggebend dafür sein sollen, daß man nicht zustimmen kann, dann halte ich das für eine Ausrede, meine sehr geehrten Damen von der Freiheitlichen Partei. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich rede eher nur mit Frau Haller und mit Frau Apfelbeck, alle anderen waren 1993 noch nicht im Haus. Wir haben schon längst eine viel breitere Basis der Zusammenarbeit gegen diese Verbrechen gehabt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haller: So ein Wischiwaschi!)

Wir alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, waren erschüttert. Es gibt bekanntlich ein Sprichwort, das in Österreich sehr geläufig ist: Solange nichts geschieht, geschieht nichts! – Zu wahr ist dieses Sprichwort wieder einmal geworden, denn wir alle sind aufgerüttelt durch die furchtbaren Verbrechen, die in Belgien, in Tschechien und leider auch in Österreich verübt wurden. Meine Vorredner haben darauf schon Bezug genommen. Und wir haben uns heute wie damals im Jahre 1993 wieder gefragt: Wie kann es möglich sein, daß Journalisten diese Dinge eher als die zuständigen Sicherheitsbehörden aufdecken?

Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte mich sehr herzlich dafür bedanken, daß Sie als Justizminister uns stets bei allen harten Auseinandersetzungen und beim Ringen um eine neue Rechtslage – schließlich war dieser Tatbestand der Strafbarkeit des Besitzes von Kinderpornographie völliges Neuland, das wir hier betreten haben – Ihre Unterstützung zukommen haben lassen und dieses Problem auch sehr breit diskutiert haben. Ich bedanke mich dafür, sehr geehrter Herr Bundesminister. An den Worten, die Sie jetzt aufgrund unserer Forderung gefunden haben, ist mir aber etwas nicht klar. Es ist allerdings in der Entschließung enthalten.

Wir wollen Sie auffordern, gemeinsam mit dem Innenminister aufgrund der Regelung des § 25 StPO Einvernehmen zu erzielen und uns die Frage klar zu beantworten: Ist es möglich, diese Aufdeckung durchzuführen, ist die Rechtslage und sind die Möglichkeiten ausreichend, auf diese Verbrechen einzugehen? Kommen wir damit aus, oder brauchen wir auch hier neue, verschärfte Regelungen? Das ist für uns eine ganz eklatant wichtige Frage. Die Frage lautet: Wie kann es sein, daß solche Verbrechen in Österreich passieren? Und auch die Frage: Wieso ist das eigentlich erst durch die Fälle im Ausland bekannt geworden?, drängt sich uns auf und bedarf einer Lösung und einer klaren Antwort. (Beifall bei der ÖVP.)

Mir ist auch völlig klar, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß so wie bei Umweltfragen Gewalt nicht an unseren Grenzen haltmacht, daß viele Befürchtungen, daß es Verbindungen ins Ausland gibt, ausländische Kinder nach Österreich, österreichische Kinder ins Ausland gebracht werden, berechtigt sind, daß diese Möglichkeiten bestehen. Das ist ja jetzt leider Gottes nur allzu stark bestätigt. Daher, meine ich, ist es sehr wichtig, daß wir diesbezüglich im internationalen Kontext zusammenarbeiten und vor allem auch eine Regelung finden, wie man Gewaltdarstellungen im Bereich des Internet in den Griff bekommt. Das ist eine sicherlich schwierige und sensible Problematik, wobei wir schon bei den Beratungen 1993 aus Deutschland gehört haben, daß die Erfahrungen nicht groß sind und daß das Problem besonders sensibel und schwer zu lösen ist.

Ich meine, wir können über diese Dinge gar nicht hinwegschauen, sondern wir müssen verstärkt nachdenken und international Möglichkeiten suchen, um hier Lösungen anbieten zu können. Bezüglich dieser internationalen Zusammenarbeit bedanke ich mich sehr herzlich bei unserem Vizekanzler Wolfgang Schüssel, der in der EU-Außenministerkonferenz federführend dafür war, daß die EU-Kommission aufgefordert wurde, ein Aktionsprogramm zu erstellen, wie man diesen verabscheuungswürdigen Verbrechen auch im Rahmen der EU begegnen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Selbstverständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat das Opfer die höchste Priorität. Es geht um psychische Verletzungen, das kann man nicht oft genug sagen. Es geht hier nicht allein um einen körperlichen Schaden, sondern es geht um einen Horror für diese Kinder, es


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geht um etwas sicherlich schwer aus den Gedanken Auslöschbares. Und man muß sehr offen sagen: Man weiß nicht, ob diese Opfer jemals wieder ein normales Sexualleben führen werden können. Die Schäden sind unermeßlich, und daher ist der Opferschutz so wichtig beziehungsweise ist es so notwendig, daß man diesen Opfern Schmerzensgeld – und auch das soll ja Neuland sein – für einen immateriellen Schaden zahlt, auch für jedwede Hilfe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden, daß wir uns darum bemüht haben, daß die Opfer aussagen können, daß sie sich selbst artikulieren können, aber das nicht in einem Gerichtssaal tun müssen, sondern daß sie andere Möglichkeiten dazu bekommen. Diese Regelung haben wir im § 162a GStPO ja bereits getroffen, das ist unheimlich wichtig. Aber es ist auch wichtig, daß wir die Gerichte, die Richter selbst sensibilisieren, sodaß sie mehr auf die Opfer eingehen.

Aber es gibt auch noch ein ganz besonderes Problem, und das wird auch von der Bevölkerung an mich herangetragen. Wir wundern uns ja alle, daß Mütter oft nicht den Mut haben, Hilfe zu suchen, wenn sie wissen, daß in ihrer eigenen Familie ein Kind mißbraucht wird. Ich kenne zum Beispiel einen Fall, wo Kindergärtnerinnen und Hortmütter verzweifelt darum gerungen haben, wie sie sich äußern sollten und ob ihr Verdacht richtig ist. Sie haben dann letztendlich doch die Mutter angesprochen, die dann in Tränen ausgebrochen ist und gesagt hat: Gott sei Dank hilft mir da wer und kann ich überhaupt über die Sache reden. Ich habe nicht gewußt, wo ich Hilfe suchen kann.

Daher ist es wichtig und bin ich den beiden Ministern Bartenstein und auch Gehrer sehr dankbar, daß sie gerade in ihren Bereichen – ob im Bereich der Familienverbände beziehungsweise auch im Schulbereich bei den Erziehern – erwirken werden, daß man jene Personen unterstützt, die faktisch Beobachter sind, die einerseits ein geschulteres Auge haben und auf der anderen Seite auch Rat und Hilfe wissen beziehungsweise weiterhelfen können, sollte sich der Verdacht, der sich in ihrem Bereich bemerkbar macht, bestätigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist kein leeres Wort, wenn wir sagen: Kinder sind das höchste Gut. Ich hätte mir nicht gedacht, daß wir im Jahr 1996, knapp vor der Jahrtausendwende, ein so trauriges Kapitel behandeln müssen. Die Tatsache ist aber so. Ich denke, es wäre zu billig, politisches Kleingeld aus diesem so traurigen Kapitel zu schlagen. Ich meine, wir sollten vielmehr alle zusammenstehen und hier Regelungen finden, die tatsächlich jenen helfen, die unserer Hilfe bedürfen und die faktisch nach Hilfe aufschreien: das sind die Opfer, das sind die Kinder! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Kostelka. )

16.43

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich teile mit, daß Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, und zwar zur näheren Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie im Zusammenhang mit dem illegalen Export von Kunststoffabfällen – es muß wohl heißen: Transport von Kunststoffabfällen – durch Österreich.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Gemäß dieser Bestimmung finden Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haller. Ich erteile es ihr.


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16.44

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es gibt Menschen, die sagen, sexuellen Mißbrauch von Kindern hat es immer gegeben, und auch solche Menschen, die mit ihrer Abartigkeit Geld verdienen. Heute gibt es überwiegend mehr Menschen, die behaupten, daß in Österreich jedes dritte bis vierte Mädchen und jeder siebte bis achte Bub Opfer sexueller Gewalt wird oder geworden ist. Fest steht für mich jedenfalls eines: Eine Gesellschaft, die nicht imstande und nicht gewillt ist, ihre Kinder zu schützen, hat sich bereits selbst aufgegeben.

Mir fällt in diesem Zusammenhang eines auf: Ausgerechnet vor Wahlen empfinden es die Regierungsparteien als ein Anliegen, für diesen Schutz der Kinder einzutreten. Wir Freiheitlichen kämpfen seit Jahren dafür. Unsere Anträge hat man bisher immer negiert und abgelehnt, und erst unter dem Druck der jüngsten Ereignisse ist nun ein Dringlicher Antrag der Regierungsparteien entstanden, der wohl in der Problematik äußerst dringlich, aber von den Lösungsansätzen her – und ich sage das laut und deutlich – mickrig und einfallslos ist. Er besitzt nur eine aufschiebende Wirkung. Nicht einmal ein Zeitrahmen für die Erledigung dieser Untersuchungen ist vorgegeben.

Ich kann für mich nur sagen: Ich bin von diesem Antrag maßlos enttäuscht, wirklich maßlos enttäuscht, nach all den vollmundigen Ankündigungen, die von den Politikern beider Regierungsparteien zu dieser Problematik in der letzten Zeit in den Medien zu lesen waren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin auch grenzenlos enttäuscht von den Wortmeldungen meiner Vorrednerinnen aus der ÖVP, die hier eine angebliche Betroffenheit zur Schau stellen und sich dann für einen solchen Dringlichen Antrag zur Verfügung stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für mich allerdings ist diese Entwicklung nicht besonders verwunderlich. Und es ist auch nicht verwunderlich, daß man ganz bewußt von seiten meiner besagten Vorrednerinnen nicht bereit war, die Ursachen dieser Entwicklung zu diskutieren. Aber über diese Ursachen muß diskutiert werden, wenn wir wirklich Lösungsansätze haben wollen, etwa über die Auszehrung der Familien, und daran ist die österreichische Politik mitschuldig, oder etwa über die geringe Präsenz und Verunsicherung der Eltern – da hätte man gegensteuern können, oder etwa über die Ignoranz der Eltern ihren Kindern gegenüber. Aber es war ja gesellschaftlich erwünscht, im Bereich dieser Laissez-faire-Erziehung auch die sexuelle Freizügigkeit anders zu bewerten!

Man sollte auch über das Aufgeben von moralischen Werten diskutieren, wie zum Beispiel der Verantwortung, die wir nicht nur unseren Kindern gegenüber haben – aber sicher ihnen gegenüber am meisten –, sondern auch der gegenseitigen Verantwortung. Damit meine ich das Wegschauen, wie es auch der Herr Bundesminister bezeichnet hat. Diese Ursachen sind unbedingt anzusprechen, wenn jetzt überall der Ruf nach schärferen Gesetzen, nach mehr Therapie, nach mehr Opferschutz laut wird.

Solange es jedoch in Österreich so ist, daß Lehrer, Jugendämter, Exekutivorgane Informationen, die sie erhalten, wenn überhaupt, dann verspätet weitergeben, daß Ärzte nach wie vor nicht dazu angehalten werden, Anzeige zu erstatten, daß man diese im § 84 Abs. 1 bestehende Ausnahmeregelung der Anzeigepflicht immer mißverständlich auslegt – bewußt oder unbewußt, das möchte ich hier nicht beurteilen, aber es gibt nur diese eine Ausnahmeregelung, und diese ist in diesem Fall bitte nicht anzuwenden –, wenn man Täter nach wie vor zuerst nicht anzeigt und dann, wenn sie gefaßt werden, noch mit einem geringen Strafausmaß bedenkt, solange es so ist, daß man das Ganze eher als Kavaliersdelikt behandelt und der Verdienst- und Lustentgang für die Täter dann, wenn sie schon zur Verantwortung gezogen werden, nur ein kurzer ist, so lange braucht man sich, glaube ich, nicht zu wundern. Dann wird man auch nicht die Spruchpraxis der Gerichte überprüfen müssen.

Wenn Herr Bundesminister Einem uns Freiheitlichen in einer Anfragebeantwortung mitteilt, daß es im Falle des Mißbrauchs einer 17jährigen Türkin keine Informationen gegeben hat, dann ist


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er falsch unterrichtet – man hat ihm vielleicht nicht die Wahrheit gesagt. Es hat Informationen gegeben – wir haben recherchiert –, aber sie sind von der Exekutive nicht weitergeleitet worden. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung Regierungsbank, bei der Abg. Dr. Schmidt im Gespräch mit Bundesminister Dr. Michalek steht –: Herr Präsident! Herr Präsident!)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie. Frau Abgeordnete Dr. Schmidt! Ich möchte darauf hinweisen, daß die Gespräche an der Ministerbank, wie auch Präsident Fischer meint, möglichst restriktiv zu halten sind. Danke schön.

Bitte, Frau Abgeordnete Haller.

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend): Es ist sehr bezeichnend, daß Frau Kollegin Schmidt versucht, den Herrn Minister in ein Gespräch zu verwickeln, während ich rede. (Abg. Dr. Kostelka: Unerhört! – Abg. Dr. Khol: Eine Verschwörung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ich glaube auch. Aber ich will mir die Redezeit nicht nehmen lassen. Unsere Redezeit ist sehr begrenzt.

Wir Freiheitlichen haben einen Entschließungsantrag eingebracht, der inhaltlich etwas ganz anderes aufweist, der auf eine bessere Prävention abzielt, der eine Waffengleichheit für Opfer und Täter anstrebt, so, wie es letztlich auch die Kinder- und Jugendanwälte verlangen, etwa professionelle Opferbegleiter, Beistellung von Privatbeteiligtenvertretern, verstärkte Schulung von Sachverständigen und Richtern.

Wir wollen aber auch, und ich bekenne mich dazu, eine Erhöhung des Strafrahmens für Herstellung und Vertrieb von Kinderpornographie, also für solche Menschen, die mit diesem Verbrechen noch Geld verdienen. Bei Sexualdelikten darf es keine Strafminderung geben! Es ist kein Kavaliersdelikt!

Die Franzosen haben sich sicher etwas dabei gedacht, als sie im März 1994 eine lebenslängliche Sicherheitsverwahrung von sexuellen Triebtätern in ihr Gesetz aufgenommen haben. Wir würden also mit einer Verschärfung der Gesetze in diesem Bereich in Europa sicher nicht allein dastehen.

Wir fordern aber auch den Beginn der Verjährungsfrist erst ab Volljährigkeit des Opfers. Auch darin gehen wir mit den Kinder- und Jugendanwälten konform.

Vor allem aber fordern wir eine lückenlose Rückkehr zur Anzeigepflicht ohne Ausnahmen. Es kann nicht so sein, daß dieses Delikt der Willkür von Lehrern, von Sozialarbeitern et cetera und der Beurteilung, ob sie das als anzeigepflichtig empfinden oder nicht, ausgesetzt wird.

Um zum Schluß zu kommen: Ich glaube, daß das, was heute hier mit diesem Antrag der Regierungsparteien beschlossen wurde, wirklich, wenn überhaupt, dann nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, daß es aber den betroffenen Kindern überhaupt nichts nützt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Bures. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.52

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich betroffen, daß Frau Kollegin Haller selbst dieses traurige Thema, das für viele Kinder Realität ist, dazu nützt, um politische Kapital daraus zu schlagen, und die einzigen Vorschläge, die in der Frage gebracht werden, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Anzeigepflicht, ein Zurückkehren zu grauen Urzeiten ist und daher keinesfalls in dieser Form erfolgen kann. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte daher zum Thema zurückkommen, nämlich der sexuellen Kindesmißhandlung und der Kinderpornographie, die in den letzten Tagen sehr viel an trauriger Öffentlichkeit bekommen hat, aber nur eine grausame und ganz abscheuliche Spitze eines Eisberges ist, und zwar des Eisberges der gesamten Gewalt gegenüber Kindern und der Ohnmacht und Machtlosigkeit, die Kinder gegenüber Erwachsenen erleben – in unterschiedlichsten Ausformungen.

Lange Zeit wurden diese Abscheulichkeiten, die Kindern angetan wurden, ignoriert. Sie fanden hinter verschlossenen Türen statt, und heute sagen viele, sie hätten davon nichts gewußt, es war ihnen unbekannt. Wir haben spätestens seit 1992 zumindest auch mit den parlamentarischen Aktivitäten, die wir gesetzt haben, gezeigt, daß es diesen florierenden Markt, der ein lukratives Geschäft für derartige Geschäftemacher ist, mit Kinderpornographie gibt, daß ungeniert Inserate in Zeitungen veröffentlicht werden, wo Kinderpornos angeboten werden.

Es war damals der Bericht "Kennwort Knospe", der uns hier vorgestellt wurde. Die Reaktion darauf war, daß wir auch den Besitz und Tausch – und das erforderte auch eine längere Diskussion – von Kinderpornos unter Strafe gestellt haben. Ich meine, daß es ohnedies längst an der Zeit ist, daß dem weitere Maßnahmen folgen müssen, um diese Abscheulichkeit zu bekämpfen. Es geht daher um konkrete Maßnahmen, um den Opfern zu helfen.

Der erste Punkt, den ich mir vorgenommen habe, ist der Bereich des Sextourismus – ein Thema, das in Wirtshäusern offen besprochen wird, wo gelächelt wird, wo erzählt wird, ob man in Thailand oder auf den Philippinen seinen Urlaub verbracht hat und wie gefügig dort Kinder und Frauen noch sind und was für tolle Urlaubserlebnisse man hatte, was womöglich auch noch mit Urlaubsphotos belegt wird.

Ich denke, und das ist der Weg, den wir einschlagen werden, daß diese Sexualdelikte, auch wenn sie im Ausland begangen werden, nach österreichischem Recht zu verurteilen sind. Ein sehr wesentliches Signal ist, daß diese Perversionen weder in Österreich noch in einem Land stattfinden dürfen, wo aufgrund des Elends, das in diesem Land herrscht, die Kinderrechte mit Füßen getreten werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das gilt natürlich auch für im Ausland hergestellte und verbreitete Kinderpornographie. Dieses miese Geschäft, das da betrieben wird, ist ein internationales. Daher darf auch die Justiz dabei keine Grenzen kennen.

Zum zweiten: die Anhebung des Strafrahmens für die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornos. Das ist ein Signal, wie abscheulich dieses Delikt auf der einen Seite ist und auf der anderen Seite auch, mit welch schweren Folgen das für die Opfer verbunden ist.

In Zukunft wird es darüber hinaus aber auch notwendig sein, grundsätzlich eine Diskussion über das doch allen bekannte Mißverhältnis des Strafrahmens bei Gewalt beziehungsweise Sexualdelikten einerseits und bei Vermögensdelikten andererseits zu führen. Ich halte es daher für notwendig, um weitere Maßnahmen zu treffen, daß wir rasch eine parlamentarische Enquetekommission einrichten, um diese Themen zu besprechen und bis Ende des Jahres auch Vorschläge auf den Tisch zu legen, die beschlußfähig sind.

Die Anhebung des Strafrahmens kann nämlich nur ein Aspekt sein. Ebenso wichtig ist die Prävention, nämlich zu verhindern, daß Kinder Opfer männlicher Perversion werden. Es muß daher alles getan werden, Sexualität zu enttabuisieren. Es gab hier schon Gelächter über den Sexkoffer, über Sexualunterricht an den Schulen. Das steht aber in engem Zusammenhang damit. Es geht nicht um Moralisierung. Es darf heute nicht mehr möglich sein, daß man sagt, das findet in der Familie statt, das geht niemanden etwas an, das geschieht hinter verschlossenen Türen. Wir haben hier bereits Signale gesetzt, daß das nicht zu akzeptieren ist, auch wenn es hinter verschlossenen Türen stattfindet. Wir haben Schritte gegen die Vergewaltigung in der Ehe gesetzt. Da haben wir uns einzumischen, und wir haben auch die Verpflichtung, uns einzumischen, wenn Kinder hinter verschlossenen Türen geschändet, geschlagen werden und Seelenmord an Kindern begangen wird. (Beifall bei der SPÖ.)


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Den falschen Weg würden wir beschreiten, wenn wir unter dem Titel "Schutz für Kinder" immer auch ein Alter festlegen würden. Da definieren dann wieder Erwachsene, ab welchem Alter Kinder ihre Sexualität untereinander ausleben dürfen. Es geht nicht darum, Schutzalter anzuheben und dann 14jährige, die mit 18jährigen ihre Sexualität ausleben wollen, zu kriminalisieren. Das schützt kein einziges Kind vor sexuellem Mißbrauch. Schutz von Kindern kann ja nur bedeuten: mit Rechten ausstatten. Es darf nicht so sein, daß wir wieder ein Gesetz beschließen, wo wir definieren, was für Kinder gut ist, sondern sie müssen Rechte haben! Da hier auch gesagt wurde, sie seien die Schwächsten in unserer Gesellschaft, fordere ich: Machen wir sie doch mächtiger, als sie derzeit sind – das ist der einzige Weg, der eingeschlagen werden muß! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben natürlich auch den Opfern gegenüber eine große Verpflichtung. Jene Maßnahme, wo es neben Schadenersatz und Therapiekostenübernahme auch Schmerzensgeld geben soll, halte ich für einen sehr begrüßenswerten Punkt. Bezüglich der Enquetekommission, die wir einrichten sollten, um rasch zu weiteren Ergebnissen zu kommen, meine ich, daß es notwendig sein wird, auch Modelle zu erarbeiten, wie Kinder sich zur Wehr setzen können. Kinder brauchen Vorbilder. Solange Erwachsene wegschauen, nicht reagieren, wenn Gewalt herrscht, wenn Kindern Gewalt angetan wird, sind wir ein schlechtes Vorbild.

Kinder müssen lernen, welche Möglichkeiten sie haben, sich zur Wehr zu setzen, wie sie diesem Martyrium entkommen können. Da wir heute wissen, daß sehr viele Kinder, die durch dieses Schicksal gegangen sind, in Wirklichkeit nie darüber sprechen können, kann es nicht sein, daß bei den wenigen, die es irgendwann einmal doch schaffen – spätestens dann, wenn sie erwachsen sind –, die Tat dann verjährt ist. Es muß die Verjährungsfrist für diese Taten verlängert werden, und sie darf erst nach Erreichung der Volljährigkeit zu laufen beginnen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es geht aber auch darum, auf neue technologische Entwicklungen einzugehen. Ich möchte daher – das betrifft nicht nur dem Bereich der Kinderpornographie, sondern auch die NS-Wiederbetätigung in Zusammenhang mit dem Mißbrauch des Internet – folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Maria Theresia Fekter, Doris Bures, Rosemarie Bauer, Gabriele Binder, Johann Schuster und Genossen betreffend die Verhinderung des Mißbrauchs des Internet, insbesondere im Zusammenhang mit Kinderpornographie und NS-Wiederbetätigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, im Bereich der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit eine zentrale Meldestelle einzurichten, die Hinweise darauf entgegennimmt, daß über das Internet Daten zur Begehung oder Förderung krimineller Handlungen angeboten werden.

2. Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst eine bundesgesetzliche Regelung vorzubereiten, die es den Sicherheitsbehörden ermöglicht, Providern aufzutragen, den Zugriff auf solche Daten zu unterbinden.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

17.02


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der soeben vorgetragene Antrag ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.02

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Frau Minister! Sehr geehrte Herren Minister! Wir alle stehen selbstverständlich noch unter dem Eindruck der jüngsten Vergangenheit in diesen Angelegenheiten, die letztlich zu dieser Debatte heute führen. Trotz alledem muß ich meiner wirklichen Enttäuschung Ausdruck verleihen und dies auch erklären, wie der heutige Tag gerade in der Angelegenheit des Kindermißbrauches über die Bühne geht.

Ursprünglich waren die Freiheitlichen mit den Initiativen auch der Koalitionsregierung, heute mit dem neuen Instrument der Geschäftsordnung, also mit einem Dringlichen Antrag, für dieses wirklich dringliche Problem eine Erledigung herbeizuführen, durchaus einverstanden. Nachdem uns aber dann die Initiative der Regierung, nämlich dieser Entschließungsantrag, vorgelegt wurde, mußten wir erkennen, daß dieser in keiner Art und Weise einem Dringlichen Antrag, wie es die Geschäftsordnung im § 74a vorsieht, entspricht, wonach der Nationalrat seinen Wünschen über die Ausübung der Vollziehung mit einem derartigen Instrument Ausdruck verleihen möge. Dem kommt dieser Antrag nicht nach.

Denn was hat denn die Koalition mit diesem Antrag tatsächlich im Sinn? Was wird denn an den Minister – es sind sogar drei Minister hier vertreten; also man scheut keine Kosten und Mühen, Minister hierher zu locken, um ihnen etwas mitzugeben – herangetragen? Man möchte mit einem Entschließungsantrag letztlich vom Herrn Minister zwei Berichte und eine Klarstellung über den § 25 StPO.

Jetzt bilde ich mir nicht ein, daß ich einen besonderen Zugang zum Herrn Minister für Justiz habe, aber eines bilde ich mir schon ein: daß selbst ich in den letzten vier Wochen in der Lage gewesen wäre, diese drei Dinge, die die Koalition heute hier fordert, mit einem Telefonanruf vom Herrn Minister erledigen zu lassen und nicht lediglich eine Show abzuziehen und dieses Thema mehr oder weniger in einem Vorwahlkampfschlager zu behandeln.

Es steht, wenn es nach der Koalition geht, an sich überhaupt kein Entschließungsantrag, der beschlußfähig wäre oder der einem Beschluß zugeführt werden könnte, zur Debatte. Es gibt ja nichts zu debattieren, es sei denn, es bringen andere Abgeordnete von anderen Fraktionen oder eben von den Regierungsfraktionen noch entsprechend Entschließungsanträge im Sinne des wirklich dringlichen Themas ein. Das ist von seiten der Freiheitlichen auch getan worden, und wenn ich mir die Ausführungen der Vorrednerin oder auch der vorigen Redner angehört habe, so gehe ich sicherlich recht in der Annahme, daß Sie unserem Antrag, der wirklich ein Entschließungsantrag ist, Ihre Zustimmung geben werden.

Ich halte auch die Initiative, die Kollegin Bures vorhin geäußert hat, für durchaus richtig und notwendig. Soweit ich es für meine Person beurteilen kann, werde ich dieser Initiative auch zustimmen, weil sie richtig und sinnvoll ist und auch heute beschlossen werden muß.

Aber die Koalition wird sich daran gewöhnen müssen, die von ihr – auch mit der Zustimmung der beiden anderen Oppositionsparteien – gewählte Geschäftsordnung richtig zu handhaben, das heißt, wenn ein dringliches Thema vorliegt, zu dem man einen Dringlichen Antrag einbringt, tatsächlich auch einen Antrag zu formulieren, den man dann am Ende der Debatte abstimmen kann. Über den Bericht des Herrn Ministers und über die Klarstellung abzustimmen, ist eigentlich unnotwendig, denn die beiden Berichte haben nichts hervorgebracht, was wesentlich gewesen wäre für eine Entscheidungsfindung. Und für die Klarstellung hätte man sich nur Erläuternde Bemerkungen von Strafprozeßbüchern anzuschauen brauchen, dann hätte man sie wahrscheinlich auch selbst gefunden. Das hätte man einfacher und billiger haben können.


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Die Koalition stellt hier zu einem durchaus dringlichen und sensiblen Thema einen Wischi-Waschi-Antrag, um politisches Kleingeld damit zu machen. Wir sagen aber, wir brauchen Initiativen mit Inhalt. Wenn die Koalition nicht in der Lage ist, in dieser wirklich dringlichen Frage rasch inhaltliche Lösungen vorzuschlagen, dann kann die Koalition auch in diesem Punkt nicht mit der Zustimmung der Freiheitlichen rechnen, denn dies ist kein dringlicher Antrag gemäß § 74a der Geschäftsordnung. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Sie hat das Wort.

17.07

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bin zwar auch der Meinung, daß dieser Entschließungsantrag das Papier nicht wert ist, auf dem er steht, aber es ist ein Unterschied, ob er ungenügend ist oder ob man ihn ablehnt. Und deswegen behaupte ich, daß die Ablehnung durch die Freiheitlichen nichts anderes als ein geschäftsordnungsmäßiges Manöver ist, weil sie auf diese Weise die Gelegenheit haben, als Kontraredner jedesmal ... (Abg. Dr. Graf: Der Dringliche Antrag ist ein Geschäftsordnungsmanöver! Da geben Sie mir doch recht!) Ich gebe Ihnen inhaltlich recht. Ich habe gesagt, daß er inhaltlich das Papier nicht wert ist. Er ist jedoch geschäftsordnungsmäßig eingebracht, und es ist ein Unterschied, ob ich sage, das ist zuwenig, und daher auch noch etwas einbringe, oder ob ich sage, den lehne ich ab. (Abg. Dr. Graf: Der Antrag ist ein Geschäftsordnungsmanöver!)

Die Vordergründigkeit dieser Argumentation zeigt sich einfach an der Rednerliste. Deswegen sage ich, eine Geschäftsordnungsreform war notwendig, und sie war immer noch nicht weitgehend genug, wenn ich mir Ihr Vorgehen hier in diesem Hause anschaue. Ich halte das für einen Mißbrauch. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ, der ÖVP und bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Das ist ungeheuerlich! – Abg. Haller: Das ist demaskierend! – Abg. Dr. Graf: Ja, das ist demaskierend!)

Ich muß aber feststellen – und das wendet sich jetzt an die Kollegin Fekter –, wenn Kollegin Fekter sagt und sich dabei sozusagen auch an die eigene Brust klopft, wir, meine Damen und Herren hier im Haus, hätten die Prioritäten falsch gesetzt, und dann anklagend meint, über das Tierschutzgesetz wäre öfter geredet worden als über den Kinderschutz, dann muß ich sagen, Sie haben vielleicht übersehen, daß die ÖVP seit 1987 Regierungsverantwortung trägt.

Ich frage Sie daher: Was hat Sie denn daran gehindert, diesem Thema jene Priorität zuzugestehen, die es nach Ihrer Aussage heute von diesem Rednerpult aus hat? Ich halte es für lächerlich, wenn Sie beklagen, daß hier angeblich nicht darüber gesprochen wurde, wo Sie noch dazu selber Vorsitzende des Justizausschusses sind. Was hat Sie denn daran gehindert, initiativ zu werden? Wen wollen Sie hier anklagen außer sich selbst und Ihre Fraktion? – Also das kann man doch alles nicht ernst nehmen. Daher kann ich auch nicht ernst nehmen, daß Ihnen das Thema wirklich so am Herzen liegt, wie Sie hier tun. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es wundert mich auch nicht, wenn Ihre einzigen Einfälle dazu dann höhere Strafen sind. (Abg. Großruck: Zur Sache! Sie sollten zur Sache reden!) Das ist ja auch das, was die Kollegin Apfelbeck mit Ihnen gemeinsam hat, wie Sie ja insgesamt schon oft etwas gemeinsam haben, wie ich immer wieder feststelle. Wenn Sie glauben, daß höhere Strafen das Allheilmittel sind, dann muß ich Ihnen sagen, haben Sie sich bisher herzlich wenig mit Justizpolitik vertraut gemacht, was bedauerlich ist, da Sie dort den Vorsitz haben. Denn wenn man glaubt, daß höhere Strafen – noch dazu bei Sexualdelikten – eine Präventivwirkung haben, wie Sie das meinen, dann ist man halt einfach uninformiert. Wie man ja überhaupt über die präventive Wirkung hoher Strafen sehr geteilter Meinung sein kann. Fachleute halten überhaupt nichts davon, sondern die Strafe sollte in erster Linie dem Sicherheitsprinzip dienen, nämlich die Gesellschaft vor den Tätern schützen. (Abg. Dr. Fekter: Warum sind Sie dann gegen höhere Strafen? Ihre Argumentation ist nicht schlüssig!) Dann hören Sie mir weiter zu!


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37. Sitzung / Seite 126

Aber, Frau Kollegin, das Einsperren alleine nützt schon gar nichts. Wenn wir daher von Prioritäten reden, die gesetzt werden sollen, dann frage ich Sie, warum Sie uns nicht unterstützt haben in unserem ständigen Bemühen darum, daß wir – das ist auch eine Frage des Budgets, und dafür sind Sie auch zuständig – für die Betreuung in den Gefängnissen Vorsorge treffen? Haben Sie sich eigentlich die letzten Ziffern über das Verhältnis von Strafgefangenen und U-Häftlingen in der Relation zu Psychologen und zu Psychiatern angeschaut? Ich kann Ihnen die Ziffern sagen: Auf ungefähr 7 500 Strafgefangene und 1 500 U-Häftlinge kommen 17 Psychiater und 49 Psychologen.

Zugegebenermaßen gibt es auch noch Werkverträge. Wie lange es die bei der derzeitigen Regelung noch geben kann, ist ja sowieso eine Frage. (Abg. Dr. Fekter: Dem Kinderschutz gelten unsere Prioritäten!) Wie meinen? (Abg. Dr. Fekter: Dem Kinderschutz gelten unsere Prioritäten!) Dann frage ich mich, warum Sie nicht bislang schon tätig geworden sind, wo Sie seit 1987 in der Regierung sitzen. Ich darf Sie nur daran erinnern. Ich halte es nämlich wirklich für schlimm, daß wir dieser Betreuung in den Gefängnissen – mit "wir" meine ich jetzt die Mehrheit in diesem Parlament – bislang eben wirklich zu wenig Augenmerk zugewendet haben.

Und weil Sie ja immer so gerne auf Zuruf der Zeitungen reagieren und auch jetzt Ihre Prioritätensetzung offensichtlich deswegen erfolgt und Sie deswegen jetzt so reagieren (Abg. Dr. Fekter: Es ärgert Sie, daß ich darauf reagiere! Das stört Sie!) , weil es eben nicht nur Konferenzen gibt, sondern auch eine Berichterstattung darüber, wäre es schön gewesen, wenn Sie auch darauf reagiert hätten, als über das Frauengefängnis Schwarzau ein Bericht in einer Zeitschrift stand, durch den dieses Problem auch ganz deutlich geworden ist, indem eine – noch dazu die einzige – Psychologin dieser Frauenanstalt wörtlich sagte, sie quittiert deswegen den Dienst, weil die therapeutische Arbeit dort unmöglich geworden ist. 130 Frauen, 30 Alkoholikerinnen, 25 Heroinsüchtige, viele Schizophrene und so weiter – eine einzige Psychologin dort.

Das ist nämlich das eigentliche Problem, und ich glaube, daß wir uns daher viel mehr damit auseinandersetzen sollten, was dann passiert, wenn ein solcher Mißbrauch aufgezeigt ist. Nachher komme ich noch zu den Wurzeln dieses Mißbrauches.

Da ist es für mich einerseits eben notwendig, daß die Täter – auch Täterinnen, aber überwiegend Täter – eine entsprechende Behandlung bekommen und auf diese Weise auch die Chance größer wird, daß, wenn sie dann das Gefängnis verlassen, ihre Abartigkeit reduziert oder gar geheilt ist. Darum geht es ja, denn wenn der herauskommt, ist er sonst nicht anders als vorher, nämlich wie er hineingekommen ist, und da hätten wir alle nichts davon. Aber es geht mir auch darum, wie mit den Opfern umgegangen wird.

Deswegen – auch hier hätten Sie schon tätig werden können – haben wir heute einen Initiativantrag eingebracht, von dem ich hoffe, daß er im Ausschuß auch eine entsprechende Beachtung finden wird. Darin geht es darum, jene Sexualdelikte, bei denen überwiegend Minderjährige verletzt oder gefährdet werden, und dann andere Delikte noch dazu, von denen ausschließlich Minderjährige betroffen sind, in die Zuständigkeit der Jugendgerichte zu übertragen. Ich glaube, daß das deswegen notwendig ist, weil wir zwar ein Instrumentarium geschaffen haben, das die Pein, die diese Kinder erleben müssen, wenn ein solches Gerichtsverfahren stattfindet, nicht noch vergrößern soll, aber dieses Instrumentarium erfordert einfach ein erhöhtes Ausmaß an Einfühlsamkeit in die kindliche Psyche, Wissen auf dem Gebiet der Psychologie, der Pädagogik und auch der Sozialpsychologie. Das haben unsere Richter im Regelfall nicht, und es fehlt ihnen auch das Verständnis, verschiedene Instrumente einsetzen zu können. Hingegen arbeiten bei den Jugendgerichten geschulte Menschen, die gewöhnt sind, mit jungen Menschen umzugehen, die gewöhnt sind, sich mit Kindern auseinanderzusetzen, die daher auch intakte Kontakte zu den Kinder- und Jugendanwaltschaften, zu den Jugendämtern und so weiter haben, sodaß sie auch eine ganz andere Vertrauensstellung gegenüber diesen Einrichtungen und den dort handelnden Personen genießen. Damit, aber auch durch die Konzentration der Verfahren gewährleisten sie eine Qualität der Verfahrensführung – jedenfalls ist die Chance eine weit höhere –, wie sie dem Interesse dient, damit diesen Kindern weitere Qualen erspart bleiben oder diese gelindert werden.


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Ich appelliere daher an Sie, diesen Antrag im Justizausschuß zu unterstützen, damit wir auch etwas Konkretes tun und nicht nur nebulos darüber reden, was rein theoretisch an Bewußtseinsbildung gemacht werden soll.

Aber wenn wir von Bewußtseinsbildung reden, dann wäre es für mich schon notwendig, etwas auch ein bißchen zu hinterfragen, nämlich an die Wurzeln dieser Delikte zu gehen. Da rede ich jetzt von den Delikten, wie sie sich in Europa, durchaus auch in Amerika, aber jedenfalls nicht in der Dritten Welt abspielen, denn hier hat die Ausbeutung von Menschen und von Kindern und daher auch die sexuelle Ausbeutung ganz andere Ursachen. Aber ich behaupte, daß das Ausmaß dieser Delikte und das Ausmaß der Schäden, die Kinder und Menschen dadurch davontragen, in unseren Breiten zu einem gut Teil auf eine unglaublich verlogene Moral dieser Gesellschaft zurückzuführen ist, auf eine verlogene Moral, die unter anderem bestimmte Lebensformen sakrosankt erklärt und auf diese Weise die Seelenpein der Betroffenen noch verschärft. (Abg. Großruck: Meinen Sie die Ehe?)

Wir wissen, daß sich diese Delikte zu einem gut Teil (Abg. Großruck: Meinen Sie die Ehe?) – das ist jetzt ein sehr ernstes Thema – im Familienbereich abspielen. (Abg. Großruck: Ach so!) Ja, so ist es leider. Und nun ergibt sich leider, daß das betroffene Kind – ob Mädchen oder Bub – auf der einen Seite traumatische Erlebnisse über Gewalt hat, auf der anderen Seite sich das aber in der Normalität dieser Gesellschaft abspielt, nämlich in der Familie. Auf diese Weise kann das Kind gar nicht damit zurechtkommen, weiß es nicht, wie es damit fertig werden soll, traut es sich daher auch nicht, darüber zu reden oder zu irgendeinem Ansprechpartner außerhalb zu gehen, weil das doch unter dem Schutzschild dieser ach so heiligen Familie passiert.

Da muß man einmal hinterfragen, was da alles an Doppelbödigkeit drinnen liegt, denn das führt auch dazu, daß eben weggeschaut oder stumm zugeschaut wird, das führt dazu, daß es auch Mütter gibt, die zuschauen, weil hier irgendwo ein doppelter Boden eingezogen ist, was denn Sexualität beim Menschen überhaupt ist. Wenn einmal Sexualität und Vergewaltigung in unserem Strafgesetz unter dem Titel "Verstöße gegen die Sittlichkeit, Vergehen gegen die Sittlichkeit" abgehandelt werden, dann dreht es einem doch den Magen um, wenn nicht begriffen wird, daß das ein Teil der Menschenwürde ist. Das hat nichts mit irgendwelchen Sittlichkeitsgeboten zu tun, die sich halt immer wieder ändern in einer Gesellschaft und die in unterschiedlichen Kulturkreisen auch unterschiedlich sind. Wenn wir endlich begreifen, daß es um die Menschenwürde geht, dann werden wir zumindest die Dunkelziffer bei den heute angesprochenen Delikten reduzieren können. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

17.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Sie hat das Wort. Redezeit: 10 Minuten.

17.17

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Bundesminister! (Abg. Dr. Khol: Das möchten wir auch auf slowenisch oder kroatisch hören!) In der allerletzten Debatte des Nationalrates 1994 – vor den Wahlen damals, vor den Nationalratswahlen – ist dieser ja heute schon so oft genannte § 207a zur sogenannten Kinderpornographie beschlossen worden. Ich habe mich damals – ich habe das jetzt nachgelesen – vehement gegen diesen Ausdruck gewehrt. Da geht es nicht um Kinderpornographie, da geht es um Gewalt, in dem Fall sexuelle Gewalt gegenüber Kindern.

Das Wort "Kinderpornographie" verniedlicht und unterspielt damit die Dramatik dessen, was geschieht. Wir brauchen uns ja nur an das zu erinnern, was im Fernsehen zu sehen war, und an das, was die Medien über die Verbrechen, die in Belgien passiert sind, berichtet haben. Das hat in meinen Augen nichts mit Kinderpornographie zu tun, das sind Verbrechen, und darum ist es so wesentlich, klarzustellen, wovon man redet. Man redet von Gewalt, die gegenüber Kindern ausgeübt wird, von sexueller Gewalt gegenüber Kindern.


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Ich habe damals zwar der Änderung des Strafgesetzbuches zugestimmt – alle haben, so meine ich, zugestimmt –, aber mit großem Resentiment gegenüber diese Bestimmungen, und heute, zwei Jahre später, kommt es mir so vor, als würden wir 1994 da sitzen, denn alle reden irgendwie von dem, was damals ja eigentlich schon beschlossen wurde. Frau Dr. Fekter etwa hat von strengeren Strafen gesprochen – sie war damals zwar Staatssekretärin, aber sie hat die Diskussion wohl mitbekommen –, und alle haben genau das gesagt, was heute gesagt wurde.

Und jetzt frage ich mich: Was ist während der zwei Jahre passiert? Da hat Frau Dr. Schmidt mehr als recht, wenn sie meint, daß man jetzt da steht und voll Betroffenheit ist. Jedem und jeder, die das hier sagt, glaube ich das, auch ich bin betroffen, aber bitte schön, die Aufgabe einer Politikerin und eines Politikers erschöpft sich ja nicht darin, betroffen zu sein, sondern zu handeln, gnädige Frau. Zu handeln! Zu handeln! (Abg. Dr. Fekter: Darum haben wir ja auch den Initiativantrag eingebracht!)

Wäre ich in einer Regierungskoalition, wäre ich damals Staatssekretärin gewesen und hätte ich die Möglichkeit, ja, gnädige Frau, dann würde ich handeln und nicht hier stehen und sagen, jetzt hat das "NEWS" dreimal große Geschichten gebracht, jetzt sind wir den Zeitungen, die genau diesen Mißbrauch treiben, etwas schuldig, darum bringen wir da so eine verwaschene Entschließung ein und irgendwann einmal machen wir das. Man setzt jetzt einmal eine Enquete-Kommission ein. (Beifall bei den Grünen.) Nichts gegen Enquete-Kommissionen, aber allein das Wort heißt bei mir schon: Aha, jetzt haben wir 1996, dann sind wir im Jahr 1999 – kurz vor den nächsten Wahlen.

Das ist Mißbrauch! Das ist zwar nicht sexuelle Gewalt gegen Kinder, aber Mißbrauch von politischer Verantwortlichkeit. Und die haben Sie hier als die, die handeln könnten und es nicht tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn immer noch jemand glaubt, daß der Besitz von kinderpornographischen Aufnahmen ein taugliches Mittel ist, um Kinder zu schützen – ja, wo war dieser Schutz die letzten zwei Jahre? (Abg. Dr. Khol: Sie verwenden diesen Ausdruck ja selber!) Das ist strafbar, aber wie viele Kinder haben Sie dadurch geschützt? Der Herr Bundesminister wird jetzt von Ihnen aufgefordert, uns zu sagen, ob überhaupt jemand bestraft worden ist. (Bundesminister Dr. Michalek: Ich bin nicht gefragt worden!) Heute im Laufe der Zeit werden Sie gebeten werden, dem Parlament zu berichten. Ich muß sagen, Herr Bundesminister, ich bin ein bißchen verwundert, daß Sie uns nicht heute schon die Zahlen präsentiert haben. Ich hege den Verdacht, daß sie so kümmerlich sind, daß man das noch ein bißchen hinauszögern will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegin Christine Haindl – die, die damals schon Mitglied des Nationalrates waren, werden sich an sie erinnern – hatte eine Qualität, die ich außerordentlich an ihr geschätzt habe, nämlich die der Beharrlichkeit. (Abg. Dr. Khol: Sie hat im Plenum beharrlich gestillt! Ich kann mich erinnern!) Sie es hat im Zusammenhang mit der Diskussion um die Kinderrechtskonvention hier zustande gebracht, daß alle Mitglieder des Hohen Hauses damals einem Entschließungsantrag im Zusammenhang mit der Kinderpornographie zugestimmt haben, worin der Bundesminister beauftragt wurde, dem Nationalrat Vorschläge, Regierungsvorlagen bis spätestens – bis spätestens! – 1996 – jetzt sind wir im September 1996, viel Zeit haben Sie nicht mehr, Herr Bundesminister – zu unterbreiten, in denen die dauerhaften gesetzlichen Grundlagen für den außergerichtlichen Tatausgleich auch für Erwachsene vorgegeben sind. Ein ganz wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit dem Schutz von Kindern vor Mißbrauch, auch vor sexuellem Mißbrauch! Ich weiß nichts davon, daß es das gibt oder daß das bis Ende des Jahres geplant ist.

Das ist nämlich etwas, wo es nicht darum geht, dem Ruf zu folgen: Aha, ein Verbrechen, strengere Strafen, alles ist gelöst!, sondern wo es um dauerhafte Mittel geht, mit denen auch dem Grundsatz der Prävention Rechnung getragen wird. Das Wort Prävention haben bisher alle in den Mund genommen. Sie haben auch 1994 zugestimmt, daß die öffentliche Jugendwohlfahrt, die Serviceeinrichtungen, die Krisenanlaufstellen, der Kinder- und Elternnotruf und Kinderschutzzentren gefördert und ausgebaut werden. All das sollte geschehen. Das haben Sie be


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schlossen, meine Damen und Herren! Was ist damit passiert? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Sehr viel davon ist geschehen! Sehr viel davon!)

Das, meine Damen und Herren, wären die Mittel, die mißbrauchten Kindern und betroffenen Eltern und Angehörigen den allergrößten Dienst erweisen würden. Die Leute müssen wissen, wohin sie sich wenden können. Und wenn ich da an die Frau Kollegin Apfelbeck denke, die hier in ihrem Entschließungsantrag das, was damals wirklich einhellig von allen Experten verlangt wurde und was sich in diesen zwei Jahren als extrem taugliche positive Änderung herausgestellt hat, nämlich die Abschaffung der Anzeigepflicht für die, die helfen und die, die zur Verfügung stehen, wieder rückgängig machen will (Abg. Dr. Pumberger: Sie wollen die Verschleierung!) , dann weiß ich überhaupt nicht mehr, ob Sie hier in einem Zusammenhang denken oder ob Sie nicht – was Ihr gutes Recht als Opposition ist – sozusagen wenigsten irgend etwas suchen, was man kritisieren kann, und das hier tun. (Abg. Dr. Pumberger: Im Gegensatz zu uns sind Sie für die Verschleierung!) Das ist ja wirklich gänzlich davon entfernt, was den tatsächlichen Erfahrungen jener, die mit mißbrauchten Kindern und den auch davon betroffenen Erwachsenen arbeiten, nützen würde. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist nicht wahr!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Haller hat sogar von Willkür der Lehrer und der Sozialarbeiter gesprochen, die nicht zur Polizei laufen. Ja dann könnte man sich ja fragen, wozu man überhaupt Jugendwohlfahrt braucht, wenn es sozusagen das einzige sein sollte, zur Polizei laufen. Wozu die Polizei in Österreich imstande ist, meine sehr geehrten Damen, das haben ja die Damen und Herren PolizistInnen und die verantwortlichen Politiker gezeigt. Nämlich die Mittel, die jetzt schon zur Verfügung stünden, zum Beispiel die verdeckte Ermittlung, sind einfach nicht ausgenützt worden.

Jetzt gibt es einen akademischen Streit darüber. Sie wollen von uns – wir werden, so wie die liberale Fraktion, diesem Entschließungsantrag auch –, daß das jetzt noch einmal geklärt und erhärtet wird, ob das möglich ist. Sie haben schlicht und einfach nichts getan, weil Sie nämlich entweder – das ist meine Unterstellung – kein Interesse haben, dort aktiv zu werden, oder weil jene, die handeln sollten, nicht die entsprechende Information und Aufklärung und nicht die entsprechenden Kenntnisse haben. (Abg. Dr. Pumberger: Informationspflicht! Informationspflicht, Frau Stoisits!)

Tatsache ist, daß das, wovon Journalisten gezeigt haben, daß es möglich ist, und was Sicherheitsbehörden könnten und dürften, nicht passiert ist. Aber daß man sich jetzt selber auffordert – nämlich die Koalition den Herrn Bundesminister –, das noch einmal zu klären, das ist wirklich lächerlich und das hat überhaupt nichts mehr mit Kinderschutz zu tun.

Für mich steht jetzt eine Frage im Mittelpunkt dessen, was zukünftig hier zu tun ist: Diskutieren wir doch endlich über eine Reform des Pornographiegesetzes! (Abg. Dr. Pumberger: Sie müssen dem freiheitlichen Antrag zustimmen, dann paßt es!) Die Diskussion hat 1992/93 eingesetzt, und sie hat – ich habe jetzt in Papieren von Herrn Bundesminister von damals und auch in seinen Pressekonferenzen nachgelesen – ein positive Entwicklung genommen. (Abg. Dr. Khol: Frau Kollegin, der Vorschlag ist demaskierend! Das bedeutet, daß Sie gar nichts tun wollen!)

Ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine, das Pornographiegesetz, wie es derzeit besteht, gehört gestrichen, abgeschafft (Abg. Dr. Khol: Der Vorschlag bedeutet: Sie wollen gar nichts tun!) , und das, was im Vordergrund der Schutzbestimmungen steht, gehört in strafrechtliche, aber auch zivilrechtliche Paragraphen gekleidet. Das ist meine Meinung, das ist die Meinung der grünen Fraktion, und einige Kollegen und Kolleginnen nicken auch hierzu. Das ist es, was wir angehen sollten, und das ist es, was die Kinder- und Jugendanwälte zigmal geschrieben haben, immer wieder geschrieben haben, denn da geht es tatsächlich um Schutz von Kindern, um Schutz vor Gewalt gegen Kinder, aber auch um Schutz für Erwachsene insgesamt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz!


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Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits
(fortsetzend): Das ist er: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen werden diesem Dringlichen Antrag der Regierung zustimmen, aber nur mit der Auflage, daß wir sehr, sehr genau darauf schauen werden, was Sie in der nächsten, übernächsten Debatte tun werden, damit Sie die Dringlichkeit des heutigen Antrages auch tatsächlich unter Beweis stellen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

17.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

17.28

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Stoisits! Die in den letzten Augusttagen in Stockholm abgehaltene erste Weltkonferenz gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern hat unter anderem für Österreich Anerkennung deswegen gebracht, weil wir bezüglich legistischer strafrechtlicher Maßnahmen gegen Kinderpornographie an der Spitze der Länder dieser Welt stehen, und es ist für mich daher nicht nachvollziehbar, wenn Sie hier heute sagen, die Bundesregierung – oder auch das Hohe Haus – wäre in dieser Beziehung säumig gewesen und hätte Dinge schon vor Jahren tun können, die sie jetzt zu tun beabsichtigt. Ganz im Gegenteil! Wir sind hier sehr zügig vorgegangen und haben auf Entwicklungen entsprechend reagiert.

Aber es ist natürlich richtig, meine Damen und Herren, daß sehr, sehr unerfreuliche Entwicklungen vorangeschritten sind, und wir müssen wohl klar erkennen, daß die Liberalisierung und auch Enttabuisierung von Sexualität, die ich im Prinzip sehr begrüße und für richtig halte, eine Entwicklung genommen hat, die auch auf Kosten der Kinder geht, und wir müssen heute auch zur Kenntnis nehmen, daß die Intimsphäre von Kindern und Jugendlichen in einem gewissem Maß der Beliebigkeit von Erwachsenen ausgesetzt ist, sodaß wir daher zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in diesem Bereich treffen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Insbesondere im besonders schlimmen Bereich des kriminellen Mißbrauchs von Kindern zur Kinderpornographie und auch zur Kinderprostitution sind Maßnahmen angezeigt, und ich danke den Regierungsfraktionen für die Aktivitäten, die heute mit diesem Stellen von Initiativanträgen und Entschließungsanträgen gesetzt werden.

Ich meine darüber hinaus, daß es zweckmäßig sein wird, auch über einen speziellen Darstellerschutz, ein spezielles Kinderschutzalter gegen Kinderprostitution und Kinderpronographie nachzudenken. Warum, meine Damen und Herren? – Weil niemand versteht, daß eine 14jährige, ein 14jähriger keinen besseren Schutzbestimmungen unterworfen ist als eine 24jährige, ein 24jähriger. Die Zähne, die das Jugendwohlfahrtsrecht und die Jugendschutzgesetze der Länder hier haben, sind mir nicht scharf genug, zu wenig weitreichend. Es bedarf konkreter Bestimmungen, die 15-, 16jährige hinsichtlich einer allfälligen mißbräuchlichen Einbindung in kinderpornographische Darstellungen unter Schutz stellen. Ich lade die Damen und Herren des Hohen Hauses, insbesondere die Damen und Herren unseres Regierungspartners herzlich ein, unseren diesbezüglichen Vorstellungen sehr bald zu folgen. (Beifall bei der ÖVP .)

Von dieser wirklich schauerlichen Entwicklung der Kinderpornographie und Kinderprostitution in Österreich und in anderen Ländern der Union, aber leider Gottes auch in unseren östlichen Nachbarländern abgesehen, ist auch die Frage des sexuellen Mißbrauchs von Kindern innerhalb der familiären Sphäre ein Problem; ein Problem, das als eine Art Eisberg gesehen werden kann, dessen Spitze wir heute sehen. Denn leider Gottes bestätigen uns Experten, daß jedes vierte Mädchen, jeder zehnte Bub im Zuge seines Erwachsenwerdens im Bereich der Familie, im Bekanntenkreis sexuell mißbraucht werden. Dieser Zustand ist sehr tragisch und dramatisch genug.

Meine Damen und Herren! Die 200 Verurteilungen, die rund 600 Anzeigen, die zurzeit in Österreich abgehandelt werden, sind wirklich nur die Spitze des Eisbergs. Experten schätzen


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gleichzeitig, daß rund 10 000 bis 25 000 Fälle im dunkeln verborgen bleiben – kein Wunder, wenn fast 5 Prozent aller Österreich als pädophil einzustufen sind und daher prinzipiell fast 100 000 Männer zumindest geneigt sein könnten, sich an Kindern zu vergreifen, sich an Kindern zu vergehen.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Es ist daher ein Maßnahmenbündel erforderlich, von dem in vielerlei Beziehungen schon die Rede war. Ich kann all diesen Vorschlägen folgen, allerdings nicht dem Vorschlag, den Frau Abgeordnete Haller hier eingebracht hat. Ich halte es nämlich für einen Fortschritt, nicht unbedingt anzeigepflichtig zu sein, wenn es im familiären Bereich zu Mißbrauchsverdachtsmomenten kommt. Es wäre ein Rückschritt, wenn wir hier wieder eine lückenlose Anzeigepflicht einführen würden. Es ist gut so, daß es den Jugendwohlfahrtsträgern, den verantwortlichen Herren und Damen in diesem Bereich möglich ist, auch einmal andere Wege zu versuchen, um zu einer Vorbeugung, zu einer Abwendung von Schäden an Kindern zu kommen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Haller. )

Ich meine aber, daß es abgesehen von gesetzlichen und strafrechtlichen Maßnahmen im Bereich des sexuellen Mißbrauchs gegenüber Kindern vor allem wichtig ist, in Österreich zu einem erhöhten Ausmaß an Bewußtseinsbildung beizutragen, ein Netzwerk zu schaffen, in das nicht nur die Jugendwohlfahrtsträger eingebunden sind, sondern selbstverständlich auch Kindergärtnerinnen, Ärzte und Lehrer.

Ich danke dem Abgeordneten Schuster für seine Initiative, hier zu sagen, es sollen Österreichs Ärzte und Krankenhäuser in ein Netzwerk eingebunden werden, um beim Vorliegen von Verdachtsmomenten durch Meldung an eine Meldestelle besser als bisher erkennen zu können, ob ein Kind nur einmal zufällig verletzt worden ist oder ob diese Zufälligkeiten sich leider Gottes häufen und der Verdacht auf echten Mißbrauch gerechtfertigt ist und daher weitere Schritte unternommen werden müssen.

Ich danke Ihnen auch insbesondere für die Initiative, Schadenersatzforderungen zu ermöglichen. Es darf sich weder Kinderpornographie für Kriminelle rechnen, noch soll es in Zukunft möglich sein, daß die Therapie eines Opfers deswegen nicht bezahlt werden kann, weil der Täter in dieser Beziehung nicht belangbar ist.

Frau Abgeordnete Stoisits! So gesehen ist es richtig: Manches von dem, was heute besprochen wird, hätten wir mit gleichem Recht auch vor einem Jahr besprechen und beschließen können, aber trotzdem ist es äußerst erfreulich, daß Österreich heute und auch durch die Maßnahmen, die in den letzten Jahren gesetzt worden sind, beim Kampf gegenüber sexuellen Mißbrauch gegenüber Kindern, beim Kampf gegen das kriminelle Ausnützen von Kindern für Kinderpornographie und für Kinderprostitution im positiven Sinne des Wortes an der Spitze jener Länder dieser Welt ist, die diesen Kampf zumindest aufgenommen haben. – Ich danke sehr für die Worterteilung, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP.)

17.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.

17.35

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei, Frau Kollegin Apfelbeck und in den vergangenen Tagen auch andere freiheitliche Politiker haben im Zusammenhang mit der Kinderpornographie die Koalitionsparteien und die Regierung wegen angeblicher Säumigkeit in Fragen der Bekämpfung der Kinderpornographie angeklagt. Sie haben gesagt, daß versprochene Maßnahmen nur versprochen, aber nie durchgesetzt worden sind.

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Auch wenn es Ihnen nicht ins polemische Konzept paßt: Es ist das, was Sie hier sagen, wieder einmal nicht wahr; das Gegenteil ist wahr. Es war nämlich ein Regierungsmitglied, die damalige Bundesministerin Ruth Feldgrill-Zankel, das als erstes auf die dramatische Entwicklung in der Kinderpornographie hingewiesen


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hat. Sie hat schon im Jahr 1992 öffentlich darauf hingewiesen. Sie hat, durch einschlägige Hinweise erstmals darauf aufmerksam gemacht, eine Studie in Auftrag gegeben, die die Existenz und die Mechanismen des Marktes für Kinderpornos aufgezeigt hat, und damit erstmals auch nachgewiesen, daß diese dramatische Situation gegeben ist.

Die Studie "Die Knospe Kinderpornographie in Österreich" hat dann dazu geführt, daß alle Parlamentsparteien in der XVIII. Gesetzgebungsperiode einen Entschließungsantrag eingebracht haben, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, alle gebotenen Schritte einschließlich der Vorbereitung und der legistischen Maßnahmen zur Verhinderung und Bestrafung der Kinderpornographie zu setzen. Es hat dann Herr Bundesminister Michalek in Zusammenarbeit mit mir – damals als Jugendministerin – einen Gesetzentwurf für ein Pornographiegesetz ausgearbeitet. Dieser Entwurf hat bereits folgendes enthalten: Strafbarkeit für die Herstellung, den Handel, Tausch von pornographischen Darstellungen mit Unmündigen, höhere Strafen für Händler und Produzenten und auch die Bestrafung des Besitzes von Kinderpornographie. Bei der Behandlung des Pornographiegesetzes im Justizausschuß hat sich dann gezeigt, daß diese umfassende Änderung des bestehenden Pornographiegesetzes in der damaligen Gesetzgebungsperiode nicht mehr möglich war. Aus diesem Grund hat die Österreichische Volkspartei, die für eine so rasch wie möglich in Kraft tretende Strafverschärfung war, auch einen Initiativantrag betreffend die Bestrafung des Besitzes eingebracht, der die Schaffung eines neuen § 207a Strafgesetzbuch vorgesehen hat.

Dieser Initiativantrag wurde, Frau Kollegin Apfelbeck, auch von Ihnen mitbeschlossen. Sie haben heute beklagt, daß Ihr Antrag abgelehnt wurde, Sie haben aber verschwiegen, Frau Kollegin Apfelbeck, daß Ihr damaliger Antrag im Ausschuß mitbehandelt und damit miterledigt wurde. Sie haben dann auch – Sie mögen sagen "mit Wehklagen" – mitgestimmt. (Abg. Apfelbeck: Wir haben einen eigenen Antrag auch noch eingebracht!) Das ist richtig, Sie haben auch einen Abänderungsantrag eingebracht, dem dann nicht zugestimmt wurde. Sie haben aber vergessen, zu sagen, daß es sich um einen Entschließungsantrag gehandelt hat, für den auch Sie gestimmt haben. (Abg. Apfelbeck: Immer noch besser als überhaupt nichts!)

Frau Kollegin! Es hat nicht zufällig auch die Konferenz in Stockholm darauf hingewiesen, daß Österreich mit seinen legistischen Maßnahmen an der Spitze der europäischen Länder steht. Ich möchte aber nicht verhehlen – ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt –, daß uns in dieser Frage bewußt sein muß, daß legistische Maßnahmen allein das Problem nicht lösen können.

Ich darf daher auch noch darauf hinweisen, daß es das Familienministerium war – begonnen und initiiert auch noch von Ruth Feldgrill-Zankel –, das eine Plattform gegen die Gewalt in der Familie ins Leben gerufen hat, in der alle Organisationen, die sich mit Gewalt gegenüber Kindern und Frauen auseinandersetzen, vereint sind, in der man seit geraumer Zeit auch Erfahrungen austauscht und Vorschläge zur Verbesserung der Situation macht. Dessen, was es bedarf, sind Aufmerksamkeit von uns allen und einer entsprechenden Ausbildung jenes Personenkreises, dem am ehesten die Wahrnehmung von sexueller Gewalt, von Gewalt gegen Kindern obliegt, nämlich Kindergärtnerinnen, Lehrern, Lehrerinnen und Ärzten, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen und so rasch wie möglich Abhilfe schaffen zu können.

Sie haben auch verhehlt, daß es heute eine Reihe von Entschließungsanträgen und Initiativanträgen substantieller Art gibt, die (Abg. Apfelbeck: Sind erst jetzt eingebracht worden) – selbstverständlich, Frau Kollegin – jetzt eingebracht wurden, beziehungsweise es wird noch einer eingebracht werden. Aber Sie werden doch nicht annehmen, daß Sie aufgrund Ihrer Wortmeldung jetzt noch schnell geschrieben wurden. Es war natürlich der Dringliche Antrag der Aufhänger dafür, diese Entschließungsanträge einbringen zu können.

Noch ganz kurz ein paar Sätze zur Wortmeldung der Frau Abgeordneten Schmidt. Frau Abgeordnete! Bei allem Verständnis dafür, Wiederholungen und Rückfall zu vermeiden und auch die entsprechende Therapierung der Täter in Angriff zu nehmen: Auch ich halte das für sehr wichtig, aber für uns, die Österreichische Volkspartei, hat die Hilfe für das Opfer, die Hilfe für das Kind, höchste Priorität und erst dann der Täter. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Deshalb muß ich ja den Täter in Ordnung bringen!) Völlig richtig. Aber ich glaube, solange die Mittel be


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grenzt sind, ist höchste Priorität und Wiedergutmachung für die Opfer angezeigt (Abg. Dr. Schmidt: Um weitere Opfer zu vermeiden, deswegen muß man sie therapieren! Verstehen Sie das nicht?) Ich verstehe das schon, Frau Abgeordnete, aber ich glaube, aus Ihren Worten ist das nicht richtig herausgekommen. Sie haben den Anschein erweckt, als würden Sie höchste Priorität für die Täter fordern. Wir sind für die höchste Priorität für das Kind, und ich wollte das hier klargestellt wissen.

Frau Abgeordnete Stoisits – Sie ist jetzt leider nicht im Saal – hat gesagt, daß in den Bereichen Bewußtseinsmachung und konkrete Hilfe nichts geschehen sei. Ich muß auch das verneinen. Es gibt eine Reihe von Organisationen, die auch entsprechend unterstützt werden, nicht zuletzt die Familienberatungsstellen des Bundes, die angehalten sind, auf diese Problematik aufmerksam zu machen. Es ist kein Zufall, daß vor knapp zwei Wochen eine Ausstellung des Familienministeriums zu diesem Thema eröffnet wurde. Sie werden nicht annehmen, daß sie erst konzipiert wurde, als die furchtbaren Ereignisse in Belgien bekannt wurden, sondern sie ist von langer Hand vorbereitet worden, um gerade auf diese Problematik neuerlich öffentlich aufmerksam zu machen und damit die entsprechende Bewußtseinsbildung für eine legistische Änderung zu schaffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gabriele Binder. – Bitte.

17.44

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu Beginn zwei Stellungnahmen oder Eindrücke zu den Ausführungen meiner Vorrednerinnen.

Frau Kollegin Schmidt! Ich war am Dienstag im Zuge meiner Tätigkeit in der Vollzugskommission in der Schwarzau. Es arbeiten dort eine Psychologin, eine Psychotherapeutin, es arbeitet dort der Soziale Dienst. Ich gehe mit Ihnen d’accord und sage: Es ist die Betreuung der Frauen noch immer zu wenig. Worauf wir aber noch stärker unser Augenmerk lenken müssen, ist, meine ich, die Nachbetreuung nach der Haftentlassung.

Zweiter Punkt: zu den Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei. Meine Damen und Herren! Ich bin sehr enttäuscht darüber, daß dieses Thema nach wie vor Anlaß für Populismus und Polemik ist. Ich habe wirklich Probleme mit Ihren Aussagen. Sie haben am Montag eine Enquete zu diesem Thema abgehalten, und entgegen der Meinung der Experten sagen Sie hier Dinge, die einfach nicht stimmen. Ihr Experte hat gemeint, die Emotionalität in dieser Thematik sei verständlich, härtere Strafen seien aber nicht judizierbar.

Weiters sagt zum Werteverfall – von Frau Kollegin Haller bejammert – der Psychotherapeut in Ihrer Enquete: "Das Problem des Mißbrauchs ist so alt wie die Menschheit. Verändert haben sich nur die Medien, die die Pornographie jetzt anbieten." – Soviel dazu.

Meine Damen und Herren! Zum Einstieg ein Zitat von Helmut Ruge aus "Zwischen Wut und Sehnsucht":

"Bei einem Schulausflug im letzten Sommer wagte ein Schüler nicht zu sagen, daß er nicht schwimmen kann. Er ist einfach den anderen ins Wasser gefolgt und wortlos ertrunken. Dabei wollte er in dieser Gesellschaft nur nicht untergehen.

Meine Damen und Herren! Wut und Zorn sammeln sich in mir – wahrscheinlich auch in Ihnen –, wenn es um den Mißbrauch von Kindern geht, wenn es um Gewalt gegen Kinder geht. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir dieser Wortlosigkeit der betroffenen Kinder eine Stimme geben müssen und daß wir ihre Signale hören müssen. Ich bin aber auch überzeugt davon, daß dieses Thema nicht neu ist und daß viele Maßnahmen schon getroffen worden sind, um diese Probleme ein bißchen in den Griff zu bekommen. Es geht um Kinderrechte, um Menschenrechte, wie schon angeführt worden ist, die meiner Meinung nach mit den Füßen getreten und mißachtet werden. Diese Rechte werden einfach nicht respektiert. Ich versuche in meinem


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Redebeitrag, Ihnen die Positionen und die Sichtweise der Kinder ein bißchen näherzubringen, weitab von den juristischen Belangen.

Ich war letzte Woche bei der Enquete des Familienministeriums, und auch dort hat sich gezeigt, wie vielfältig die Facetten der Gewalt und des Mißbrauchs sind, wie viele Gesichter Mißbrauch und Gewalt haben: Es gibt sexuellen Mißbrauch, es gibt körperlichen Mißbrauch, es gibt seelischen Mißbrauch. Und Mißbrauch hat mit Gewalt zu tun, meine Damen und Herren, einer Form von Gewalt, die für uns oft unvorstellbar ist. Es gibt Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Kinder, Gewalt gegen Behinderte, Gewalt gegen Ausländer, Gewalt gegen Alte. Ich meine, daß viele Werte, Bestandteile unseres Lebens, durch diese Gewalttätigkeit in Frage gestellt werden, obwohl sie so wichtig, so lebensnotwendig vor allem für unsere Kinder sind. Denn sexueller Mißbrauch, sexuelle Gewalt gegen Kinder bedeuten Verlust, nämlich den Verlust der Bereitschaft zu Liebe, Zärtlichkeit, Zuwendung, Sicherheit, Wohlbefinden und Vertrauen. All das wird den Kindern genommen, und es ist sehr schwierig, diese Bereitschaft wiederzuerlangen.

Ein Problem, das unter anderen auf der Enquete aufgezeigt wurde, war, daß die Grenzziehung zwischen Zärtlichkeit und Mißbrauch sehr, sehr schwierig ist und ungerechtfertigten Anklagen oft auch Tor und Tür geöffnet werden kann. Ich glaube – und ich bin überzeugt davon –, daß es um Schutz, um Hilfe und um Aufklärung geht.

Was mir auch sehr wichtig ist: Es geht darum, daß unsere Kinder nein sagen dürfen, daß dieses Nein akzeptiert und respektiert wird, auch wenn das für Erziehungsberechtigte oft sehr schwierig ist. Kinder müssen nein sagen dürfen und können und müssen das auch lernen.

Noch etwas, meine Damen und Herren: Mißbrauch und Gewalt haben auch etwas mit Machtpositionen zu tun, mit Abhängigkeit und auch mit Unterdrückung. Deshalb kommt es auch so oft zu den vielzitierten Stillhalteabkommen zwischen Kindern und Erwachsenen, zwischen Tätern und Erwachsenen, weil es eben auch eine Machtfrage ist.

Meine Damen und Herren! Das ist meine politische Meinung, das ist Expertenmeinung: Höhere Strafen schützen nicht unbedingt vor Mißbrauch. Der höhere Strafrahmen schützt nicht, obwohl er unserem Gerechtigkeitssinn entsprechen würde. Wichtig sind vielmehr Schutz, Hilfe und Therapie, vor allem für die Opfer, Opferschutz, so wie ihn Professor Dr. Max Friedrich in allen Facetten vorschlägt, von der Verkürzung des Verfahrens bis zur Einvernahme mittels Videokamera, wobei die technischen Ausrüstungen und Einrichtungen verbessert werden müssen, bis zur Ausbildung der Kriminalbeamtinnen. Das wäre eine Fülle von Maßnahmen für die betroffenen Kinder, damit sie weiterhin geschützt werden und bleiben. Denn darum geht es, meine Damen und Herren.

Eindeutig sagen alle Experten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, daß die Wiedereinführung der Anzeigepflicht fatal wäre. Denn gerade jene Person, der ich wieder vertrauen kann, der ich Vertrauen schenke, würde dann dieses mein Vertrauen wiederum mißbrauchen. Es geht darum, daß mißbrauchte Kinder nicht noch einmal mißbraucht werden. Ich meine, die Ausnahme von der Anzeigepflicht für diesen bestimmten Personenkreis muß weiterhin aufrechterhalten bleiben.

Meine Damen und Herren! Was mir sehr wichtig ist, ist der Schutz mißbrauchter Kinder, diese Anonymität, der Schutz vor Öffentlichkeit. Es darf nicht mehr vorkommen, daß in einer Radiosendung eine Reporterin fragt: Weißt du, daß dein Großvater auch dein Papa ist? – Das ist wirklich Mißbrauch des mißbrauchten Kindes. Auch da muß es Konsequenzen geben. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP, der Grünen und des Liberalen Forums.)

Zwei Dinge vielleicht noch zu dieser Thematik. Die Realität des Mißbrauchs wird Kindern erst dann bewußt, wenn sie bewußt gemacht wird, wenn mißbrauchte Kinder Mißbrauch beim Namen nennen können. Und das können sie nur mit Hilfe von hervorragenden Therapeuten und Therapeutinnen.

Meine Redezeit ist bald zu Ende. Kurz noch zum Thema Opfer, da uns Sozialdemokraten diesbezüglich ja manches unterstellt wird. Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht mit den


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Tätern arbeiten, dann wird es weiterhin auch Opfer geben. Experten sagen, daß nicht geheilt, aber kontrolliert werden kann, nämlich die Handlung der Täter und ihre Person an sich. Oberstes Ziel ist, daß die Täter mitleidsfähig gegenüber ihren Opfern werden. Denn sie haben mit ihren Opfern, mit ihren eigenen Kindern kein Mitleid. Sie müssen empathiefähig werden.

Meine Damen und Herren! Das Leid der Kinder ist sehr groß. Viele Organisationen haben diesbezüglich schon Aktivitäten gesetzt. Wir müssen sie noch mehr dabei unterstützen, auch verstärkt mit finanziellen Mitteln. Ich begrüße auch, daß im Parlament eine Enquete-Kommission eingesetzt werden soll mit der Aufgabe, diese Vielfalt von Mißbrauch, diese vielfältigen Formen von Gewalt zu analysieren, aufzuarbeiten und Lösungen zu finden.

Professor Ringel hat gesagt, alles, was ich einem Menschen gegen seinen Willen antue, ist Gewalt. Gegen diese Gewalt müssen wir antreten, vor allen Dingen, wenn es um den Schutz unserer Kinder geht. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP, des Liberalen Forums und der Grünen.)

17.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. Sie hat das Wort.

17.54

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gewalt und sexueller Mißbrauch sind Themen, die uns alle persönlich berühren und auch betroffen machen. Gerade die letzte Wortmeldung meiner Kollegin Binder zeigte mir, daß wir uns mit diesen Themen sensibel auseinandersetzen müssen, daß wir miteinander arbeiten sollten und nicht gegeneinander, wie es auch hier heute leider immer wieder zum Ausdruck kam.

Schuldzuweisungen und gesellschaftliche Ausgrenzung von Opfern und Tätern helfen niemandem und führen sicher nicht zum Ziel, also zu einer Änderung. Allzuoft und besonders bei diesen Anlaßfällen, über die wir heute reden, ist der Ruf nach härteren Gesetzen und höheren Strafen zu hören und als gerechtfertigt anzusehen. Aber trotzdem dürfen wir nicht übersehen, in welcher Situation diese Verbrechen teilweise auch geschehen. Es ist eine Tatsache, und zwar eine traurige Tatsache, daß sehr viele Kinder auch in der Familie mißbraucht werden.

Meine Damen und Herren! Es ist eine traurige Realität, und es entspricht keineswegs unseren Erwartungen, Vorstellungen und Wünschen, daß die Familie kein sicherer Ort für Kinder ist.

Eine traurige Bilanz schließt sich an. In Österreich wird schätzungsweise jedes vierte Mädchen – meine Kollegin Haller hat das bereits erwähnt, aber sie hat etwas vergessen, und ich möchte das deshalb nachholen – und jeder zehnte Bub zum Opfer wird. Ein Drittel ist erst zwischen fünf und neun Jahre alt. Auch vor Säuglingen wird nicht haltgemacht.

Frau Kollegin Haller! Von diesen vermuteten 25 000 Kindesmißhandlungen, die sich jährlich in Österreich ereignen, spielen sich laut Exekutive bis zu 94 Prozent im Familien-, Verwandten- und Bekanntenkreis ab, oftmals – und das ist besonders traurig – auch mit Wissen der Angehörigen.

Es reicht daher nicht aus, nur Gesetze in Sachen Kinderpornographie und Kindesmißbrauch zu beschließen. Es nützt auch nichts, wenn die Täter in Gefängnisse gesteckt werden, wenn es dort kaum Therapeuten gibt und die Täter nach der Haft wieder rückfällig werden. Was wir daher brauchen, ist, daß sich auch die Täter während des Strafvollzuges einer Therapie unterziehen können sollten. Ebenso sollte gewährleistet werden, daß regelmäßige Kontrollen der Täter auch nach der Abbüßung der Strafe eingebaut werden. Frau Kollegin Binder! Hier gehen wir völlig konform mit Ihren Ausführungen. Es ist uns ein ernstes Anliegen, daß Kontrolle erfolgen kann.

Meine Damen und Herren! Es ist Aufgabe der Gesellschaft, Wiederholungsgefahren entgegenzutreten. Ich bin überzeugt davon, daß dies nur geschehen kann, wenn Therapie und Kontrolle


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in Zukunft ernster genommen werden. Allerdings müssen dafür auch mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall darf sicher kein Sparpaket Platz greifen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wir haben Erfahrungswerte aus zahlreichen Untersuchungen, vor allem aus den USA, wo dieses Tabuthema wesentlich besser erforscht wird als in Europa. So stellten 1995 die Autoren in einer veröffentlichten Analyse fest, daß im Durchschnitt 19 Prozent der therapeutisch behandelten Personen rückfällig geworden sind. In den Kontrollgruppen ohne Behandlung betrug die Rückfallquote aber 27 Prozent. Man kann jetzt sagen, daß diese Differenz zwischen Rückfall und Erfolg gering ist. Ich möchte dem aber entgegenstellen, daß jeder einzige Rückfall, der durch Behandlung und Therapie hintangehalten werden kann, ein Erfolg ist. Denn wenn man sich das Leid vor Augen hält, das eine Tat im Hinblick auf Kindesmißhandlung zur Folge hat, so muß man, wenn man diese vermeiden kann, von einem Erfolg sprechen.

Wir sollten daher auch in Österreich Therapie und Kontrolle in Zukunft mehr Augenmerk schenken – Frau Kollegin Fekter und auch Frau Kollegin Rauch-Kallat! –, auch im Hinblick auf Kinderschutz. Meine Kollegin Dr. Schmidt ist von Ihnen sicher bewußt falsch verstanden worden. Sie hat niemals gesagt, daß der Täter geschützt werden soll, sondern das Kind.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, und es ist erschreckend, daß es eine große Zahl von Kinderschändern auch in Österreich gibt. Die letzten Meldungen in den Medien sprechen eine Sprache, die uns allen noch mehr die Augen öffnen sollte. Eine öffentliche Sensibilisierung bei diesem Thema ist als erster Schritt dringend notwendig.

Die Medien haben zweifellos dazu beigetragen, daß das Thema Kindesmißbrauch wieder einmal in der Öffentlichkeit publik geworden ist. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang auch an die Verantwortlichen der Medien appellieren, nicht mit diesem abscheulichen Kindergeschäft zusätzlich die Auflagenzahl der Zeitung zu erhöhen. Denn der Respekt vor den Kindern sollte gewahrt bleiben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch auf den Kinderschutz eingehen. Wir sollten endlich zur Kenntnis nehmen, daß in unserer Gesellschaft Kinder einen Eigenwert haben. Kinder sollten daher nicht nur einen materiellen Wert haben, bei dem es nur um Beihilfen und Staffelung dieser Beihilfen geht oder um die Frage, wo man ein Kind kostengünstiger unterbringt. Wenn ich an die letzten Familiendebatten hier im Hohen Haus denke, dann, muß ich sagen, war wenig von Kinderrechten zu hören.

Meine Damen und Herren! Kinder sind eigene Persönlichkeiten, die auch das Recht haben sollten, einmal "nein" zu sagen. Es sind daher alle aufgerufen, ein Umfeld für unsere Kinder zu schaffen und sie darin zu bestärken, in ihrer Selbstwahrnehmung auch leben zu können.

Herr Familienminister! Auch Sie sind aufgerufen, sich hier noch mehr einzubringen.

Wichtig und notwendig scheint es mir daher zu sein, gewaltlose Erziehung in unserer Gesellschaft noch mehr bewußt zu machen, denn Gewalt gegen Kinder wird sicher erst dann vermindert werden können, wenn sich die Einstellung gegenüber Kindern insofern ändert, als Kinder als eigenständige Menschen mit Bedürfnissen und Wünschen angesehen und nicht als Besitz betrachtet werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Es scheint mir daher wichtiger denn je zu sein, daß die gesellschaftspolitische Forderung, daß Gewalt in der Kindererziehung keinen Platz in der Gesellschaft haben darf, auch in das Gesetz Eingang findet. Denn es ist sicher nicht zielführend, wenn erst auf Kinder eingegangen wird, wenn sie bereits Opfer geworden sind oder wenn bereits Schädigungen feststellbar sind, die ein ganzes Leben zerstört haben.

Es darf daher nicht bei einer Anlaßgesetzgebung bleiben, sondern was wir tun müssen, ist, alles zu unternehmen, uns weiterhin ernsthaft für die Rechte der Kinder einzusetzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.02


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37. Sitzung / Seite 137

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als nächste gelangt die Frau Bundesministerin zu Wort. Ich erteile es ihr.

18.02

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren heute ein sehr erschütterndes Thema, nämlich das Thema sexuelle Gewalt an Kindern. Die erschütternden Zahlen, die der Familienminister genannt hat, zeigen uns, wie weit menschliche Sucht führen kann. – So weit, daß Kinderkörper verletzt, Kinderseelen zerstört werden, Kinderzukunft kaputt gemacht wird.

Wir müssen uns vor allem auch mit der Täterstruktur beschäftigen. Von Fachleuten ist inzwischen festgestellt worden, daß sexueller Mißbrauch einer Suchtstruktur unterliegt. Mißbraucher haben verzerrte, gestörte Ansichten, besonders über Frauen und Kinder. Es ist auch festgestellt worden, daß es keine einmaligen Ausrutscher gibt. Mißbraucher rechtfertigen und entschuldigen, rationalisieren und verleugnen ihre Taten. Und die Taten sind geplant, beabsichtigt und nicht aus impulsiven Gründen heraus begangen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir das hören, dann wissen wir, daß Prävention noch viel breiter anzulegen ist. Ich stimme meinem Kollegen Dr. Michalek zu, Strafrecht hat einen Beitrag zu leisten. Dieser reicht aber bei weitem – bei weitem! – nicht aus und kommt meistens zu spät, nämlich dann, wenn die Kinderseele schon verletzt und zerstört ist.

Ich bin auch sehr froh darüber, daß der Justizminister auch ein Mistreiter ist im Bereich des Schutzes der 14- und 15jährigen. Das gehört auch zu dem gesamten Bereich dazu. (Abg. Dr. Khol: Ein etwas müder Mitstreiter!)

Ich meine, daß Prävention in allen Gesellschaftsbereichen stattzufinden hat, daß es ein Netzwerk braucht, wie es jetzt schon gesagt wurde, ein Netzwerk in der Familie, in der Gesellschaft, in den Kindergärten, in der Schule. Was ich besonders wichtig finde, ist die Stärkung der Persönlichkeit des Kindes. Wirksame Prävention ist Stärkung der Persönlichkeit des Kindes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wirksame Prävention besteht auch in der Stärkung des Kindes, sich zu wehren, abzugrenzen und nein zu sagen. Wirksame Prävention umfaßt auch Aufklärung über die unterschiedlichsten Formen des sexuellen Mißbrauches und über die Grenzbereiche. Es ist unsere Aufgabe, durch ein offenes Gesprächsklima in der Schule, im Kindergarten, auf personeller Ebene die Prävention zu fördern. Wichtig ist ein offenes Gesprächsklima zwischen Lehrer, Lehrerin und Schüler, Schülerin und vor allem auch mit den Eltern. Es ist unsere Aufgabe, Kooperation und Koordination im Sozial- und Schulbereich herbeizuführen und die Sexualerziehung als ganz wichtigen Gesichtspunkt auch zur Prävention verstärkt in den Schulen zu fördern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch ganz klar festhalten, daß es wichtig ist, Buben und Mädchen auch einmal in getrennten Unterrichtsstunden zu diesen Bereichen weiterzubilden. Ich habe heute mit dem Rundfunk eine Aufnahme über Koedukation gemacht. Ich finde Koedukation richtig und gut, denn in der Gesellschaft sind auch Männer und Frauen beisammen. Aber in bestimmten Bereichen, in sehr sensiblen Bereichen, gerade im Bereich der Sexualerziehung, der Prävention müssen wir auch dazu übergehen, Mädchen und Buben getrennt weiterzubilden. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich wird mir auch der ganze Bereich der Lehrerweiterbildung, der besonderen Sensibilisierung der Lehrerschaft ein wichtiges Anliegen sein. Wir werden in einer neuen Informationswelle Lehrer darüber aufklären, wie sie Zeichen erkennen können. Zeichen der Gewalt an Kindern sind etwa Verhaltensänderungen der Kinder, Sprechstörungen, plötzlich auftretende Schlaflosigkeit, plötzlich auftretendes neurotisches Verhalten der Kinder in den Schulen. Wir werden die Lehrer auch ermutigen, wenn Verdacht auf Mißbrauch besteht, alle notwendigen Hilfen in die Wege zu leiten. Das ist besonders wichtig, denn niemand kann sexuellen Mißbrauch alleine aufdecken, beenden und auch noch dafür sorgen, daß die Folgen


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37. Sitzung / Seite 138

der Aufdeckung von den Betroffenen verkraftet werden. Es braucht ein Bündel an Maßnahmen, es bedarf professioneller Hilfen.

Meine Damen und Herren! Der heutige Dringliche Antrag ist ein Schritt weiter, abscheuliche Verbrechen aufzudecken und die internationalen Fahndungsmethoden zu verbessern. Dazu muß noch ein Netzwerk in allen Gesellschaftsbereichen geschaffen werden. Wir selbst müssen uns vornehmen, nicht wegzuschauen, sondern uns einzumischen, um Kinderleid zu verhindern. Und ich werde dafür sorgen, daß die Schule ihren wichtigen Beitrag dazu leistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

18.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Was Sie jetzt gesagt haben, Frau Ministerin, hat mir außerordentlich gut gefallen. Man wird sicher über die eine oder andere Maßnahme noch reden müssen. Aber wenn das gemacht wird, finde ich das durchaus positiv. Nur, gestatten Sie mir einen Zweifel: Ich bin mir nicht sicher, ob es gemacht wird und in welchem Umfang. Wir haben nämlich in der Vergangenheit, in den letzten paar Jahren genau zu diesem Thema schon Erfahrungen gemacht, nicht Ihr Ressort betreffend, Frau Ministerin.

Wir haben ja an die Vorgängerin des Herrn Familienministers auch entsprechende gemeinsame Anträge gerichtet, und zwar vom Nationalrat aus, die offensichtlich weitgehend, würde ich einmal sagen, folgenlos geblieben sind. Ich komme dann noch darauf zurück.

Was mir in der Debatte, aber nicht nur in der Debatte, sondern bei der Einarbeitung in dieses Thema klar geworden ist, ist, daß das neben der möglichen und denkbaren Verschärfung im Strafrecht durchaus nicht das einzige und schon gar nicht das Allheilmittel sein kann. Das Strafrecht löst die Probleme nicht, die wir haben.

Denn das erste Problem, das wir mit dem Strafrecht in diesem Bereich haben, ist, daß schon das bisherige Strafausmaß nach Ansicht von Experten in diesem Bereich nicht gehandhabt wird, an der unteren Grenze gehandhabt wird. Und das ist das erste Problem, mit dem wir konfrontiert sind, daß es zwar Strafnormen gibt, aber diejenigen, die sie ausüben und exekutieren sollen, sich denken, das, was exekutiert werden soll, ist es eigentlich nicht wert. Die Strafnorm ist viel zu hoch.

Ich erinnere an eine Debatte, die wir im Zusammenhang mit NS-Wiederbetätigung gehabt haben. Da hat es geheißen, die Strafnormen sind zu hoch, wir müssen sie niedriger machen, damit sie akzeptiert werden. Jetzt gehen wir her, offensichtlich völlig von den Tatsachen unbeeindruckt, diskutieren ins Blaue hinein über die Erhöhung der Strafnormen und sehen nicht, daß diese Strafnormen von den Richtern, von allen, die sonst damit zu tun haben, nicht akzeptiert werden.

Ich erinnere daran, daß der Verein Die Möwe – ich denke, das Schreiben werden wohl einige von Ihnen, zumindest die Familiensprecher, erhalten haben – sich genau über dieses Faktum beklagt, daß in der Praxis ein viel zu geringes Strafausmaß gehandhabt wird. (Abg. Dr. Khol: Wir kennen den Verein! Er ist sehr gut!)

Ich komme zurück auf die Debatte, in der auch darüber gesprochen wurde, wie schlecht die Strafnormen in Ländern Südostasiens seien. Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, auch daran erinnern, daß das Schutzalter, etwa in Thailand, nicht zehn Jahre, nicht zwölf Jahre, nicht 14 Jahre, nicht 16 Jahre, sondern 18 Jahre ist, nur hält sich dort überhaupt niemand daran. Das interessiert überhaupt niemanden. Also ein noch so hohes Schutzalter, meine Damen und Herren, kann nicht verhindern, daß der sexuelle Mißbrauch – und das wissen wir aus der thailändischen Situation – offensichtlich eine gesellschaftliche Norm werden kann. Und das ist doch das Problem dabei, daß wir uns viel ernsthafter darüber unterhalten und die Frage stellen


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müssen, wie es dazu kommen konnte. Ich glaube nicht, daß es die Antwort und die Ursache ist, aber eines sage ich Ihnen schon: Das Elend des Kindermißbrauchs, nicht nur in Thailand, sondern auch in den osteuropäischen Ländern, ist ein Problem, das mit der Armut in diesen Ländern zusammenhängt, mit der Armut in Osteuropa und mit der Armut in Thailand oder in anderen südostasiatischen Ländern.

Wenn wir hier so tun, als ob wir das Problem dadurch bekämpfen könnten, daß wir die Strafnormen hier in Österreich erhöhen und den einen oder anderen verurteilen – soll auch so sein, auch symbolische Gesten sind wichtig –, wenn wir so tun, als ob wir damit ein Problem in diesen Ländern lösen könnten oder was den Kindesmißbrauch insgesamt im Transfer von dort zu uns betrifft, dann werden wir uns täuschen, dann lügen wir uns in die eigene Tasche, meine Damen und Herren.

Ich denke, und das habe ich gelernt, das Problem ist so vielschichtig, daß wir es sehr vorsichtig und behutsam angehen sollten, vorsichtig und behutsam in dem Sinn, daß die Politik sehr darauf aufpassen muß, wie sehr und mit welchen Mitteln sie sich einmengt. Ich denke, es sind viele Fragen offen, beispielsweise auch was die Behandlung von Straftätern, von Triebtätern, von sogenannten Pädophilen betrifft. Niemand kann mir sagen, daß er derzeit ein Rezept parat hätte, welche Therapie nutzen würde. Aber eines wissen wir, und das ist doch schon einige Male auch gesagt worden: Der Opferschutz ist wichtig.

Ja warum passiert dann nichts beim Opferschutz? Der Opferschutz ist etwas, was wir machen könnten. Kinderschutzzentren könnten wir bauen. Der Verein Möwe, aber nicht nur dieser, schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, wie Opfer zu schützen wären. Das ist ein Schreiben, das an die Mitglieder dieses Hauses gerichtet ist. (Der Redner zeigt das Schreiben.) Warum machen wir nicht das, was da drinnen steht? Warum, Herr Minister Bartenstein, werden die Maßnahmen, die 1994 in diesem Entschließungsantrag von diesem Parlament hier beschlossen wurden, nicht endlich verwirklicht? Was ist im Hinblick auf den Ausbau von Kinderschutzzentren geschehen? Was ist im Hinblick auf den Ausbau von Kinder- und Jugendanwaltschaften in Österreich geschehen? Ich habe in den letzten Monaten oder Jahren nichts darüber gehört, daß da großartige Fortschritte gemacht worden wären. Ich habe hingegen gehört, auch aus dem Kreis der Kinder- und Jugendanwaltschaften, daß die eine oder andere Stelle gefährdet ist, daß es ein Problem mit der Finanzierung von Kinder- und Jugendanwaltschaften gibt. Das ist das, was ich gehört habe.

Ich möchte gerne, Herr Minister, daß Sie uns als Regierungsmitglied hier auch erklären, wie Sie mit diesem Antrag des Parlaments umgegangen sind. Es ist bei weitem nicht alles gemacht worden. Es wäre aber notwendig, noch vieles zu machen, was hier noch gar nicht andiskutiert wurde und was auch nicht unbedingt zu den primären Agenden dieses Hauses gehört.

Ich nenne, auch wenn es schwierig ist, mit diesem Thema umzugehen, in der Politik das Thema Moral, die Moral der Medien – ich möchte sie noch gerne ansprechen –, die Moral der Werbung und auch die Moral der Politik.

Meine Damen und Herren! Kindesmißbrauch: Am 22. August ist in der "Kronen Zeitung" zum ersten Mal ein Bericht über den Kinderfänger Dutroux erschienen. Am selben Tag ist ein herziges Bildchen in der "Kronen Zeitung" auf Seite 1 mit einem nackten kleinen Mädchen erschienen. (Der Redner zeigt es.) Vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen gestern den Kulturbericht über den Fotografen Mapplethorpe gehört, über den eine Ausstellung gemacht wurde. In der Ausstellung gab es ein Bild, das sozusagen als pornographische Geste gedeutet werden könnte. Da dieses Bild aus der Ausstellung genommen wurde, hat es eine breite Debatte darüber gegeben, ob dies Zensur ist oder nicht, ob es legitim ist, das bei einem künstlerischen Werk zu machen.

Ich würde meinen, die "Kronen Zeitung" betreibt nicht Kunst, und es ist legitim, die Frage zu stellen, ob die Darstellung von Jugendlichen, von Kindern, von 14jährigen, die über den Sommer in der "Kronen Zeitung" jeden Tag betrieben wurde – ich lese Ihnen nur vor: "Eine Augenweide mit einem verführerischen Silberblick ist die 14jährige Pamela aus Gföhl im Waldviertel." –, zu


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einem Zeitpunkt, zu dem die Morde in Belgien schon bekannt waren, nicht geeignet ist, als moralisches Problem in diesem Land diskutiert zu werden, ob es nicht geeignet ist, auch darüber zu reden, daß von einem Fotografen unter dem Vorwand, es handle sich dabei um bessere künstlerische Darstellungen, Fotos gemacht werden und sich die "Kronen Zeitung" zum ersten Mal Sachen zu zeigen traut, wie es so schön heißt, die man bisher nicht gezeigt hat, und dies von einem Fotografen passiert ist, der diese Modellaufnahmen in den osteuropäischen Ländern gemacht hat, genauso wie es der von "NEWS" der kinderpornographischen Darstellungen überführte slowakische Staatsbürger gemacht hat. Ich denke, darüber, über die Moral der Medien müßte man reden. Man muß auch positiv darüber reden.

Mir hat sehr gut gefallen, was Herr Rabl vom "Kurier" auf das Thema der Suchanzeigen angesprochen gesagt hat: "Ich finde diese Anzeigen degoutant und hätte sie lieber nicht im ,Kurier‘."

Ich finde, man müßte auch darüber reden, was in der Werbung gesagt wird, was in der Werbung dargestellt wird. Man müßte aber auch darüber reden, wie wenig ernst die Politik dieses Geschäft nimmt. Ich bin Bewohner des 2. Bezirks, meine Damen und Herren, ich wohne im Stuwer-Viertel. Dort gilt ein Pornographiegesetz, an das sich niemand hält, an das sich die Exekutive nicht hält, für das die Politik keine Verantwortung übernimmt. Rund um die Schulen ist ein einschlägiges Lokal nach dem anderen entstanden. Jeder weiß, daß dieses Pornographiegesetz nichts gilt und die Politiker genauso wie die Exekutive nur mit den Schultern zucken und sagen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Wir sollten uns etwas mehr über die Zwielichtigkeit der Moral und auch über die Zwielichtigkeit von bestimmten Debatten unterhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

18.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schuster. Die restliche Redezeit auf insgesamt 25 Minuten beträgt 8 Minuten. – Bitte sehr.

18.19

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Gesunde Familien sind die Voraussetzung für einen gesunden Staat. Zukunft hat nicht nur mit Wirtschaft und Technik zu tun, Zukunft, Hohes Haus, das sind vor allem Kinder.

Wenn wir heute diese Themen diskutieren und hoffentlich einen Schritt weiterkommen, so muß uns eines klar sein, nämlich daß Kinder ein liebevolles und förderndes Zuhause brauchen.

Fehlende Zuwendung und Gewalttätigkeit von Bezugspersonen können – und wir sehen es immer wieder – große, schwere Schäden anrichten.

Hohes Haus! Diesbezüglich ist eine bessere Aufdeckung notwendig. Wir müssen Maßnahmen zur Prävention von körperlicher Gewalt setzen. Um diese Fälle aber frühestmöglich aufdecken und um intervenieren zu können, muß meiner Überzeugung nach speziell eines geschehen – ich werde darauf noch genauer eingehen –: Es sollen die Unfalldaten von Kinderspitälern und Unfallkrankenhäusern an einer zentralen Stelle vernetzt werden.

Hohes Haus! Diese zentrale Stelle könnte das Land als Jugendwohlfahrtsträger sein. Ich möchte diesbezüglich speziell dem Bundesminister für Familie und Jugend danken. Er hat durch eine Initiative bereits ein Modellprojekt entwickelt, bei dem einige Krankenhäuser unserer Bundeshauptstadt Wien zur Vernetzung von Krankengeschichten von Kindern, die in Unfallabteilungen behandelt wurden, zur Aufdeckung von physischer und sexueller Mißhandlung mitarbeiten. Diese Spitäler sind begeistert und meinen, diesbezüglich könne einiges geschehen.


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Ich habe bereits bei der Budgetdiskussion im Jahre 1994 den damaligen Sozialminister Hesoun auf diese Angelegenheit angesprochen und gemeint, es wäre höchst an der Zeit, daß jene Eltern, jene Erziehungsberechtigten, die immer wieder, wenn solche Schäden an Kindern auftreten, den Hausarzt beziehungsweise das Spital wechseln, daran gehindert werden, dies zu tun; es muß daher wirklich eine Vernetzung geschaffen werden.

Sozialminister Hesoun hat nicht mehr geantwortet, aber sein Nachfolger, Sozialminister Hums, hat eine Reihe von Stellungnahmen eingeholt, vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger bis hin zum Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes. Zusammenfassend teilt mir der Sozialminister mit: Wir begrüßen Ihre Initiative. – Es ist leider bis jetzt nichts geschehen. Umso erfreulicher ist es, daß unser Familienminister mit diesem Projekt sofort aktiv geworden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: So ist es!)

Hohes Haus! Ich meine, eine wesentliche zentrale Rolle sollte diesbezüglich auch der Schularzt bekommen. Wir stellen nämlich fest, daß in den Bundesschulen für 60 Schüler pro Monat nur eine Stunde zur Verfügung steht, in der Schulärzte die Möglichkeit haben, unsere Schüler zu untersuchen. Darum meine ich, daß Schulärzte verstärkt präventiv und beratend zur Seite stehen sollen.

Wir wissen nämlich, daß man häufig in den Kindergärten, in den Pflichtschulen darauf aufmerksam wird, daß Kinder verhaltensgestört sind oder daß sie Verletzungen haben. Der Lehrer, der bis jetzt Schwierigkeiten bekommen hat, sobald er diesbezüglich eine Meldung gemacht hat, ist dazu natürlich nicht so in der Lage wie ein Arzt. Daher meine ich, daß wir auch die vermehrte Anwesenheit der Schulärzte in Zukunft unterstützen müssen.

Hohes Haus! Ich darf in diesem Zusammenhang auch einen Entschließungsantrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Peter Kostelka, Rosemarie Bauer, Doris Bures, Johann Schuster und Gabriele Binder betreffend Maßnahmen zum Schutz unserer Kinder zur Debatte zum Dringlichen Antrag an den Bundesminister für Justiz

Kinder sind die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft und von Gewalttätigkeiten besonders betroffen. Diese Vorfälle ereignen sich häufig in der Familie und sind deshalb besonders schwer zu erkennen und auszuforschen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten und der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie werden ersucht, durch eine Medienoffensive darauf hinzuwirken, daß allfälligen Anzeichen von Gewalt gegen Kinder verstärkt Augenmerk geschenkt wird und daß es im Interesse der Kinder zu einer Sensibilisierung kommt, daß das Verschweigen solcher Erkenntnisse falsche Solidarität ist.

2. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, dem Nationalrat ehestens eine Regierungsvorlage zuzuleiten, durch die eine zentrale Stelle zur Meldung von Verletzungen beim Jugendwohlfahrtsträger und die entsprechende datenschutzrechtliche Absicherung solcher Meldungen geschaffen wird."

*****

Ich ersuche alle Parteien, meine Damen und Herren, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben, weil ich meine: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Im Artikel 1 der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen steht es so geschrieben. Und diesem "gleich an Würde und Rechten geboren" muß in Zukunft mehr Rechnung getragen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.26


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Barmüller. Restliche Redezeit: 8 Minuten.

18.26

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Da die Debatte schon eine Zeitlang geführt wird, wird nun eines klar: Die Themenverwirrung nimmt zu. Es geht letztlich nur mehr um den Überbau, um all das zu beschreiben, was falsch gelaufen ist, ohne es auf das zu reduzieren, worum es hier wirklich geht, und das ist schlicht und einfach der Mißbrauch von Menschen, die sich nicht wehren können.

Der Vorwurf an die Frau Abgeordnete Fekter ist zu Recht erhoben worden, daß, wenn ihr das ein solches Anliegen ist, sie doch längst als Vorsitzende des Justizausschusses diesbezüglich aktiv hätte werden können.

Und ich wundere mich, meine Damen und Herren, daß es einen Entschließungsantrag von den Regierungsparteien gibt, der in dieser Frage auch noch mit den verdeckten Ermittlungsmethoden vermengt wird. Das ist doch etwas, was – wenn Sie es wirklich sachlich diskutieren wollen – da nicht hineinpaßt, Herr Abgeordneter Kukacka. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Ich würde mich freuen, Herr Abgeordneter Kukacka, wenn die Menschenrechtssensibilität, die ich soeben vom Herrn Abgeordneten Schuster vernehmen konnte, sich auch in anderen Bereichen bei der ÖVP durchsetzen würde und wenn Menschenrechte wirklich Menschenrechte sind und nicht an Vorurteilen haltmachen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Seien Sie nicht so scheinheilig, Herr Barmüller!)

Meine Damen und Herren! Dem, was in dieser Debatte auch schon gesagt wurde, nämlich daß jedes unverkrampfte Verhältnis zur Sexualität etwas ist, was den Mißbrauch von Kindern begünstigt, möchte ich schon entgegenhalten, daß das nicht stimmt. Denn jemandem Gewalt anzutun ist wohl etwas ganz anderes, als über Themenbereiche relativ frei, mit relativ wenigen Tabus belastet reden zu können, agieren zu können. Das ist doch etwas ganz anderes, als Gewalt anzutun.

Wenn dies hier einfach so vermengt und durcheinandergemischt wird, spricht dies eher dafür, daß hier grundsätzliche Wertungsunterschiede im weltanschaulichen Bereich vorhanden sind, als daß es um eine sachliche Debatte geht.

Und vor allem auch, wenn es um ein höheres Schutzalter geht, das wir ja in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, überhaupt nicht zu relevieren haben, weil ja das, was hier passiert, ohnehin schon strafbar ist. Es geht ja nicht darum, daß hier etwas erst so quasi strafbar gemacht wird, daß noch zusätzlich jemand geschützt werden muß, sondern es geht darum, daß wir uns fragen müssen: Wie kann man die Einhaltung dieser Vorschriften verbessern, wie kann man erreichen, daß sie besser durchgesetzt werden, wie kann man in der Gesellschaft, in unserem Staate erreichen, daß hier ein echtes Problembewußtsein auftritt?

Meine Damen und Herren! Ich meine nicht, daß es sinnvoll wäre, das sogenannte Schutzalter generell auf 16 hinaufzusetzen, weil es einfach mit der Realität nicht einhergeht. Oder ist es wirklich Ihr Ziel, daß bei Mädchen, die mit 16 zwar ehemündig sind, deren sexuelles Schutzalter dann nicht bei 14 Jahren liegt, wie es derzeit ist, sondern bei 16, quasi – überzogen formuliert – jeder voreheliche Geschlechtsverkehr schon strafbar wird? – Das ist ja eine Konsequenz, die daraus folgt. Das kann doch nicht sinnvoll sein! Da geht es doch offensichtlich um einen Backlash in einer wesentlich größeren Dimension, als es das eine Thema zeigen soll. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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37. Sitzung / Seite 143

Die höheren Strafen, meine Damen und Herren, die immer wieder in diesem Zusammenhang gefordert werden, können eine generalpräventive Wirkung haben, sie können dazu dienen, zu sagen, es handelt sich um etwas, was gesellschaftlich geächtet ist. Aber, meine Damen und Herren, liegt das Problem nicht eher daran, daß die jetzigen Strafen, die schon verhängt werden, doch nur im untersten Drittel des Strafrahmens liegen, der möglich ist?

Und das ist nicht etwas, worüber uns der Herr Bundesminister erst berichten sollte. Jeder und auch jede Vorsitzende des Justizausschusses könnte das wissen, wenn er oder sie es wissen wollte. Und wenn sie es gewußt hätte, hätte sie schon früher aktiv werden können, um das wirklich zu einem Thema hier im Hause zu machen, um darüber sachlich – auch im Justizausschuß – reden zu können.

Meine Damen und Herren! Dies sei insbesondere der Frau Abgeordneten Rauch-Kallat entgegengehalten: Ich finde es skandalös, ich finde es sehr bedenklich, wenn reflexartig immer wieder der Opfer- und der Täterschutz einander gegenübergestellt werden.

Wenn die Frau Abgeordnete Schmidt sagt: Denken wir doch darüber nach, wie man jenen Personen, die Kinder mißbrauchen – und hier geht es offenbar um Leute, die krank sind –, eine Therapie zukommen lassen kann, damit es keine weiteren Opfer gibt, dann stellt sich die Frau Abgeordnete Rauch-Kallat heraus und sagt: Die erste Priorität liegt bei den Kindern. Reden Sie doch nicht immer vom Täterschutz, reden wir doch einmal vom Opferschutz! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es geht selbstverständlich darum, Herr Abgeordneter, zu erreichen, daß es keine weiteren Opfer und keine weitere Traumatisierung von Kindern gibt. Wenn Ihnen daran gelegen ist, dann stimmen Sie doch dem liberalen Vorschlag zu, der erreichen will, daß diese Delikte in Zukunft vor den Jugendgerichten verhandelt werden, weil dort Richter und Staatsanwälte tätig sind, die immer mit Jugendlichen arbeiten, die sensibler an diese Materie herangehen und die auch einfach mehr Erfahrung besitzen.

Das ist eine Maßnahme, die schnell getroffen werden kann und die wirklich für die Probleme der Kinder, jener Personen, die Sie in diesem Zusammenhang zu Recht schützen wollen, Abhilfe schaffen würde. Das wäre eine Gelegenheit. Was aber tun Sie? – Sie verlangen lediglich Berichte vom Herrn Justizminister über Tatsachen, die Sie ohnehin schon in Statistiken nachlesen können.

Meine Damen und Herren! Ich würde vorschlagen, daß wir uns im Justizausschuß damit auseinandersetzen, daß wir im Justizausschuß Vorlagen beraten, die schon im Hause sind, und dann auch Beschlüsse fassen. Machen wir doch wirklich die Jugendgerichte für diese Materie zuständig.

Sie verhindern damit eine weitere Traumatisierung von Kindern im Zuge des Verfahrens über solche Delikte, und Sie werden erreichen, daß dann keine große Hemmschwelle besteht, diese Probleme auch im öffentlichen Bereich anzusprechen.

Sie werden sehen, daß Sie, wenn Sie hergehen und etwa so – wie es auch heute von der Frau Abgeordneten Haller gefordert wurde – die Ausnahmen der Anzeigepflicht aufheben, damit nur erreichen, daß Sie die Zahl der Ansprechpersonen für mißbrauchte Kinder reduzieren. Denn daß diese Kinder in einer ausgesprochenen ... (Zwischenruf der Abg. Haller .) Ja, das ist schon richtig, Frau Abgeordnete! Aber Faktum ist, daß man sich auch an jemanden wenden muß. Und Faktum ist auch, daß diese Kinder sich oftmals aus Angst, aber auch aus anderen Gefühlen im Zwiespalt befinden, ihre Eltern vor den Kadi zu zerren. (Abg. Haller: Die werden mißbraucht! Eingerichtet wurden sie zum Opferschutz, benutzt werden sie zum Täterschutz!) Daher muß man eine Gelegenheit finden, dieses Problem aus dem Weg zu räumen, und dazu kann nicht nur Strafe der einzige Weg sein. Es war der Sinn meiner Wortmeldung, das hier deutlich gemacht zu haben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.33


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 144

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. Redezeit: 5 Minuten.

18.33

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Es ist wieder einmal bezeichnend, daß während der heutigen Debatte, in der es um sexuelle Gewalt an Kindern ging, kein einziges Mal – außer von der Abgeordneten Binder – der Begriff "behinderte Menschen" gefallen ist. Es ist nicht richtig, daß sexuelle Gewalt ein Delikt ist, das ausschließlich in Familien vorkommt. Gerade in den Behindertenheimen steht sexuelle Gewalt auf der Tagesordnung. Nur wird sie nicht als sexuelle Gewalt deklariert, weil behinderte Menschen nach wie vor als medizinische, therapeutische Wesen gesehen werden. Und wenn sexuelle Gewalt oder Gewalt an behinderten Menschen passiert, dann ist es eben eine medizinische, therapeutische Maßnahme. Das ist die Tatsache.

Ich habe das bereits 1992 bei einer Enquete – damals noch unter Frau Ministerin Dohnal – aufgezeigt, wie es im Bereich der sexuellen Vergewaltigung von behinderten Frauen ausschaut. – Bis heute ist nichts geschehen. Es wird wahrscheinlich auch in Zukunft nichts geschehen.

1992 wurde uns versprochen, daß es zumindest Sexualberatungsstellen für betroffene Frauen und Männer geben wird. Die gibt es bis heute nicht. Ein paar Stunden pro Monat kann man in Graz Sexualberatung in Anspruch nehmen. Aber das ist alles, was in diesem Zeitraum für behinderte Menschen, was dieses Delikt betrifft, geschaffen wurde.

Es kommt auch noch dazu, daß gerade behinderte Menschen – und je intensiver die Behinderung ist, umso schwieriger ist es meistens auch, sich zu artikulieren – gar keine Möglichkeit haben, sich zu artikulieren, wenn sie sexuell mißbraucht wurden. Und deshalb haben diese Menschen auch nach wie vor keine Rechte. Behinderte Menschen, die in stationären Einrichtungen mißbraucht werden, haben keine Rechte, weil sie Tag für Tag unterdrückt werden, in Abhängigkeit stehen und aus diesen Institutionen nicht herauskommen. Ich möchte Ihnen das hier einmal klar zur Kenntnis bringen.

Bedenken Sie, was in diesen Einrichtungen läuft. Sexuelle Gewalt ist dort viel intensiver, als es irgend jemand für möglich halten würde. Ich lebe seit 30 Jahren nicht mehr in einer derartigen Einrichtung, aber Meldungen über sexuelle Gewalt kommen mir bis heute zu. Einige von Ihnen müßten darüber Bescheid wissen.

Was ist denn aus dem Fall geworden in der Steiermark, wo der Vater eines Heimleiters geistig behinderte Frauen jahrelang sexuell mißbraucht hatte? – Es wurde sozusagen unter den Teppich gekehrt.

Was ist denn daraus geworden, als bekannt wurde, daß in Wien in einem Behindertenheim ein Mitarbeiter jahrelang Frauen sexuell ausgebeutet hat? – Die Frauen waren plötzlich die Täter, und sie haben es aufgrund ihrer Behinderung nicht geschafft, den Beweis anzutreten, daß sie Opfer sind. Sie wurden in die Täterrolle gedrückt, und wie Täter werden sie heute noch behandelt.

Aufgrund der Situation in Österreich – und das können Sie mir glauben – gibt es kaum behinderte Menschen, die sich über ihre Erfahrungen und über ihre sexuelle Ausbeutung und die Gewalt, die sie erleben müssen, zu artikulieren trauen. Denn sie werden nicht als Opfer anerkannt, sondern zum Täter gestempelt. Diesbezüglich sollte endlich etwas geschehen.

Herr Minister! Ich fordere Sie auf, speziell im Bereich stationärer Einrichtungen Sorge zu tragen, daß diese Situation sich ändert. Sexuelle Gewalt in Behindertenheimen muß aufgezeigt werden! Es muß darüber gesprochen werden, sie darf nicht länger totgeschwiegen werden, denn es handelt sich dabei um eine Menschenrechtsverletzung. Das ist unwürdig, das brauchen sich behinderte Frauen und Männer nicht mehr gefallen zu lassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

18.37


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 145

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Stadler. Redezeit: 5 Minuten.

18.37

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Fragen der ÖVP, warum wir bei diesem Dringlichen Antrag nicht mitgehen können, haben schon meine Vorredner zu beantworten versucht. Ich stelle es noch einmal klar:

Erstens, weil die Geschäftsordnung etwas anderes vorgeben würde, und zweitens, weil es der Inhalt eines Telefonates sein könnte. Herr Kollege Khol! Sie haben einen Hörer hier, Sie können den Minister anrufen. (Abg. Dr. Khol: Aber er hat keinen!)

Das, was Sie da wissen wollten, daß er berichten soll, ein bißchen etwas klarstellen und weiter berichten soll, das hat er dann gemacht. Aber von der Ankündigung, wie sie übrigens heute bereits als erledigt in der "Kronen Zeitung" nachzulesen ist, was da alles in dem Dringlichen Antrag drinnen sein soll, davon findet sich nichts drinnen.

Sie können versichert sein: Alle ihre Entschließungsanträge, die Sie jetzt nachgeschoben haben, die auch Substanz haben, werden wir mittragen. Aber: Seien Sie mir nicht böse, dieses Nichts können wir nicht mitbeschließen. Wir werden dieses Nichts nicht mittragen, Sie wollen lediglich Berichte, Klarstellungen und weitere Berichte.

Meine Damen und Herren! Die Geschichte, glaube ich, geht schon etwas tiefer. Es handelt sich um eine falsch verstandene Liberalität – und man sieht es beim Liberalen Forum, wessen Geistes Kinder dort vorhanden sind, aber auch bei Parteien wie der SPÖ (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller ) –, diese falsch verstandene Liberalität, meine Damen und Herren, hat in Belgien – und wer es nicht glaubt, der soll sich diese Berichte noch einmal im Fernsehen vergegenwärtigen – zu unglaublicher Bestialität geführt. Diese falsch verstandene Liberalität ist nicht dazu angetan, auf dem Rücken wehrloser Kinder und auch Behinderter eine Mitleidsduselei zugunsten der Täter zu veranstalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir sind schon öfter gegen jenen Geist angetreten, der etwa in der Wortmeldung des Kollegen Kostelka zum Ausdruck kam, als dieser meinte, nachdem wir diese unglaublichen Vorgänge bei dem schweren Verbrecher Karl Otto Haas angeprangert haben: Nietzsche steht mit Sicherheit nicht im Verdacht, ein Sozialdemokrat zu sein, aber er hat bestimmt recht, wenn er sagt: Mißtraut all jenen, in welchen der Trieb zu strafen mächtig ist. – Ende des Zitats.

Das ist die Geisteshaltung, die dahintersteckt: Nicht strafen, ein bißchen therapieren, sie werden schon besser werden. Dann bringen sie einen 13jährigen Buben um, wie der Karl Otto Haas, ein bißchen weiter therapieren, jedenfalls nicht ... (Abg. Schieder: Es ist ein Unterschied zwischen Strafe und dem Trieb zur Strafe!) Herr Kollege Schieder! Ich sage Ihnen: Hier ist nicht Gefühlsduselei angesagt, hier ist nicht falsches Mitleid mit den Tätern angesagt, hier ist ein entschlossenes staatliches Handeln angesagt!

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Hier ist entschlossenes, staatliches Handeln angesagt, gegen die Täter, zum Schutze der Kinder! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch jener Geist gewesen, Herr Kollege Kostelka, meine Damen und Herren von der SPÖ, der dazu geführt hat, daß diese Bundesregierung und ihre Vorgängerregierungen einen Otto Mühl gefördert haben – und zwar einen verurteilten Kinderschänder! In seiner Kommune war man ja noch bei der Eröffnung dabei, Wohnbauförderungsmittel hat er für seine Kinderschänderinstitution kassiert!

Er wurde verurteilt, und jetzt sind die Damen und Herren unterwegs ... (Abg. Dr. Haider: 42 Millionen Schilling!) – 42 Millionen Schilling, höre ich. Ich weiß nicht, ob das alles war. Die Regierung hat ihn jedenfalls noch gefördert, als er schon verurteilt war, und jetzt sind die Damen und Herren unterwegs und sammeln Unterschriften für seine Rehabilitierung, meine Damen und


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Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) In der Kunstszene wird er als großartiger Künstler weitergereicht, nur weil man mit ihm ideologisch einer Meinung war.

Wer von Ihnen hat sich empört? Auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, als man einem Herrn Alemann in Kärnten einen Preis dafür gegeben hat, daß er Babyficken dort zum besten gegeben hat, meine Damen und Herren? – Niemand hat sich empört, uns Freiheitliche hat man als Banausen der Kulturpolitik dargestellt.

Wer von Ihnen hat sich empört, meine Damen und Herren, als diese Aufführungen dann auch noch mit Förderungen in Oberösterreich und an verschiedenen anderen Stätten unserer Republik zum besten gegeben wurden? – Niemand von Ihnen hat sich aufgeregt! Das ist der Geist, gegen den wir antreten müssen, das ist der Geist, in dem Kinderpornographie, in dem der Mißbrauch von Kindern und Behinderten möglich ist in dieser Republik! Das ist eine falsch verstandene Liberalität, die mit Kultur verbrämt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da ja heute offenkundig wurde, daß die ÖVP – vom Justizminister nicht korrekt informiert, bis zur Stellungnahme des Ministers heute – bei Punkt 2 des Dringlichen Antrages von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist, darf ich Ihnen folgenden Entschließungsantrag vortragen und Sie um Unterstützung ersuchen, weil Sie bemerkt haben, daß der Herr Justizminister die Dinge etwas eingeschränkter sieht. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler, Ute Apfelbeck, Edith Haller zum Dringlichen Antrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Kostelka, Bauer, Bures, Schuster, Binder betreffend Schutz unserer Kinder betreffend Ausnahme vom Verbot von Schein- und Vertrauenskäufen bei Suchtgift- und Kinderpornographiedelikten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der Schein- und Vertrauenskäufe bei der Strafverfolgung von Delikten nach dem Suchtgiftgesetz und dem Straftatbestand der pornographischen Darstellung mit Unmündigen in der Strafprozeßordnung zulässig macht."

*****

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie ein, diesen Antrag zu unterstützen, da der Justizminister heute gezeigt hat, wie notwendig dieser Antrag ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ich erinnere daran, daß wir in der Präsidialsitzung Einvernehmen darüber erzielt haben, daß alle Klubobmänner darauf hinwirken werden, daß Entschließungsanträge so eingebracht werden, daß trotzdem die Einhaltung der Redezeiten möglich ist.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen.

Wir stimmen als erstes ab über den Selbständigen Antrag 280/A (E) der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Kostelka und Genossen betreffend Schutz unserer Kinder.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit beschlossen. (E 20.)


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Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Apfelbeck betreffend Bekämpfung der Kinderpornographie.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit diesem Entschließungsantrag einverstanden sind, ein Zeichen zu geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir stimmen weiters ab über den Entschließungsantrag Dr. Kostelka, Dr. Fekter betreffend die Verhinderung des Mißbrauchs des Internet, insbesondere im Zusammenhang mit Kinderpornographie und NS-Wiederbetätigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit diesem Antrag einverstanden sind, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (E 21.)

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag Dr. Fekter, Dr. Kostelka betreffend Maßnahmen zum Schutz unserer Kinder.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls einstimmig beschlossen. (E 22.)

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Stadler, der soeben eingebracht wurde, betreffend Ausnahme vom Verbot von Schein- und Vertrauenskäufen bei Suchtgift- und Kinderpornographiedelikten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist nicht angenommen.

Damit haben wir diesen Verhandlungsgegenstand abgeschlossen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 701/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen als nächstes zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Arbeit und Soziales mit der Ordnungszahl 701 betreffend Werkverträge.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß dem Erstredner eine Redezeit von 10 Minuten zukommt und die anderen Redner nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 5 Minuten sprechen dürfen.

Erstredner mit einer Redezeit von 10 Minuten ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

18.47

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anfragebeantwortung ist verteilt worden. Ich kann allerdings nicht damit rechnen, daß sie von allen mit derselben Aufmerksamkeit gelesen worden ist wie von unserer Fraktion. Es war unsere Anfrage, eine Erörterung scheint uns aus mehreren Gründen allerdings sehr geboten, und ich hoffe, daß mir alle folgen können und auch die notwendige Aufmerksamkeit aufbringen werden.

Es geht darum, daß wir in einer Anfrage versucht haben, die politischen Hintergründe im Zusammenhang mit der sogenannten Werkvertragsregelung zu erhellen, und zwar besonders im Hinblick auf die Zeitungskolporteure. Die Antworten sind teilweise einfach unbefriedigend.

Wir hatten in unserer Frage Nummer 4 den Herrn Bundesminister gebeten, uns zu erläutern, was das Motiv dafür war, daß diese Ausnahmen beschlossen wurden. Die Antwort des Herrn


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Bundesministers hat sich darauf beschränkt, uns mitzuteilen, daß bereits vorhandenen Ausnahmen weitere hinzugefügt wurden.

Ich rechne schon sehr stark damit, daß in der heutigen Debatte vom Herrn Bundesminister die Möglichkeit ergriffen werden wird, nach dieser wirklich leeren Antwort endlich darzustellen, was die Gründe für die Vermehrung der Ausnahmen war, wenn doch das Anliegen, das hinter dem Ganzen – zumindest nach Behauptung der Regierungsparteien – steht oder gestanden ist, ein soziales war.

Wenn es nämlich ein soziales Anliegen war, wie dies der Herr Bundesminister und die Bundesregierung versteht, dann waren diese Ausnahmen zu keinem Zeitpunkt argumentierbar. So wie auch jetzt im übrigen – und das ist ein Hinweis auf einen schwebenden Zustand in dieser Regelung – nur beschränkt nachvollziehbar ist, wie sich der soziale Anspruch, Versicherungsverhältnisse nach Möglichkeit für alle zu schaffen, mit der Neufestsetzung einer Geringfügigkeitsgrenze, wie sie jetzt "herumschwebt", von 7 000 S verträgt – das war aber nur eine Fußnote.

Ich glaube aber, daß dieser aktuelle Bezug wichtig ist, weil hier eigentlich etwas getan wird, was möglicherweise die Ausnahme der Kolporteure in Zukunft abschaffbar machen wird, weil die Einkünfte der Kolporteure wohl im Regelfall unter 7 000 S pro Monat liegen dürften.

Also ich frage mich: Besteht hier vielleicht ein Zusammenhang zwischen der wahrscheinlich nicht haltbaren Ausnahme für die Kolporteure und der neuen Geringfügigkeitsgrenze, die jetzt politisch ausverhandelt wurde, die zwar noch nicht schriftlich auf dem Tisch liegt, aber in den Medien von den Regierungsparteien schon als großer Verhandlungserfolg gelobt wurde, als ein Verhandlungserfolg, der sich nur nicht zu kondensieren beginnt, weil es noch keinen Antrag gibt?

Es gibt nur Medienberichterstattung in einer Sache, die zur Chefsache erklärt wurde – wir haben das alle verfolgt – und die sich jetzt in der Folge von der Chefsache wieder zurückzuverwandeln beginnt in einen Initiativantrag. Wie das gleichzeitig geht: einerseits Chefsache, wo offenbar zwei Chefs etwas fixieren und vereinbaren, und andererseits Initiativantrag einer Fraktion, die eine Willensbildung auf parlamentarischer Ebene darstellt, weiß ich nicht. (Abg. Parnigoni: Spitzfindig!) Außer, Herr Kollege, vielleicht in sehr autoritär organisierten Strukturen, dort kann ich mir das vorstellen; aber das ist ja das eigentlich Bedauerliche. Aber wir haben ja jetzt den kompetenten Bundesminister hier. Das geht natürlich über die Anfrageerörterung hinaus. Wenn er uns, was ich hoffe, mehr erklären wird, als in der Leerformel der schriftlichen Beantwortung der Frage 4 gestanden ist, nämlich die Philosophie der Ausnahme, zusammenhängend mit den Kolporteuren, dann kann er vielleicht auch darauf eingehen, wie sich diese Ausnahme vor dem Hintergrund der neuen Geringfügigkeitsgrenze von 7 000 S ausnimmt. Vielleicht braucht es dann diese Ausnahme zur höheren Ehre eines nicht unbedeutenden Medienkonzerns, wie wir wissen, nicht mehr. Vielleicht ist das jetzt das zweite soziale "Nichtsicherungsnetz", das für die Kolporteure gespannt wird.

Erstes Netz: Ausnahme, zweites Netz darunter: 7 000-S-Grenze. Damit ist gesichert, falls die Ausnahme vor dem Verfassungsgerichtshof nicht hält, fallen sie in die 7 000-S-Grenze, das heißt, sie fallen da durch.

Zur Frage 5. Da steht in der schriftlichen Beantwortung des Herrn Bundesministers: Zur Beantwortung dieser Frage verweise ich auf Frage 4. Und ich habe soeben ausgeführt: In der Beantwortung zur Frage 4 steht die Leerformel: Bestehenden Ausnahmen wurden weitere Ausnahmetatbestände hinzugefügt.

Die Frage 5 hat gelautet: Warum wurden die Zeitungskolporteure und die Hauszusteller ausgenommen, währenddessen aber Berufsgruppen wie Künstler, freischaffende Journalisten, Architekten nicht ausgenommen wurden? Das war eine ganz präzise Frage nach dem Differenzierungsmerkmal Künstler und Kolporteur. Inzwischen hat sich eine Kolporteursbewegung gegründet, die versucht, das in den Griff zu bekommen. Diese Frage, die präzise abgestellt hat auf die Abgrenzung, wird beantwortet mit Verweisen auf Frage 4, und zu Frage 4 steht: Es wurden


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bestehenden Ausnahmeregelungen weitere hinzugefügt. Das ist keine Antwort auf die Frage 5, und daher unser Begehren auf Erörterung. Ich hoffe, der Herr Bundesminister wird bei seiner Wortmeldung, mit der ich rechne, die Gelegenheit wahrnehmen, diese Differenzierung zu beantworten.

Zur Frage 6 haben wir herausgearbeitet, daß offenbar Ausnahmen geschaffen wurden für Bereiche, wo es sich um Unternehmen handelt, die kommerziell leistungsfähig sind, wie Kolporteure und ihre Auftraggeber, und haben gefragt, warum man das in der Kulturszene, wo die Auftraggeber im Regelfall nicht finanziell leistungsfähig sind oder wo es sich um öffentliche Hände mit beschränkten Budgets handelt, nicht beachtet hat. In der Antwort teilt uns der Herr Bundesminister mit, daß kommerzieller Erfolg kein Kriterium für die Einführung dieser Maßnahmen ist. Welche Kriterien dann aber ausschlaggebend sind, wenn nicht der kommerzielle Erfolg, das geht aus der Anfragebeantwortung nicht hervor. Daher meine Bitte, dies vielleicht nachzutragen.

In der Frage 10 hatten wir durchaus vor dem Hintergrund der Ausnahme für die Kolporteure die Frage gestellt, warum Personen, die an Wifis, Bfis und/oder Volkshochschulen arbeiten, in der Ausnahme stehen; in einer Ausnahme, von der wir alle hier in diesem Haus wissen, daß sie seit 1982 besteht. Diesbezüglich hat der Herr Bundesminister ausdrücklich darauf verwiesen, daß diese Ausnahme ohnehin nur für Menschen gilt, die im übrigen in einem anderen Beruf sozialversichert sind. Das ist eine auf den ersten Blick an sich befriedigende Antwort, auf den zweiten Blick schon weniger, wenn man sich überlegt, daß jetzt kumulative Regelungen vorgesehen sind in dem, was auf uns zukommt, und daß sonst Zusammenrechnungen stattfinden.

Daher zugespitzt und ganz präzise: Herr Bundesminister! Wenn es im Bereich der Erwachsenenbildung, Wifis und Bfis, sinnvoll ist, Menschen, die in einem bestimmten Beruf sozialversichert sind, im Nebenberuf nicht sozialzuversichern, warum gilt dieses Prinzip dann nicht auch für die komparativen anderen Erwachsenenbildungseinrichtungen, die privat organisiert sind – erste Ungleichheit –, und warum gilt dieses Prinzip dann nicht überhaupt, daß jemand, wenn er an einem bestimmten Platz versichert ist, sich nicht kumulativ woanders noch einmal versichern muß, wie Sie das jetzt in der aktuellen Werkvertragsregelung enthalten haben und in der sich im schwebenden Zustand befindlichen Werkvertragsregelung noch einmal verschärfen wollen? Ich meine, diese Anfrageerörterung ist mehr als dringlich, mehr als dringlich in einem Zustand, wo niemand weiß, was morgen gelten wird. Wir wollen wenigstens wissen, was der Wille war, der auf politischer Ebene dahintersteht, denn auslegen ist schwer, verstehen ist schwer, aber keine Antworten zu bekommen ist schwer auszuhalten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Reitsamer. Redezeit: 5 Minuten.

18.56

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die wochenlangen Diskussionen um die Werksvertragsregelung beweisen die Vielschichtigkeit des Themas. Diese Materie ist und war zugegebenermaßen schwer zu regeln, und deshalb wurden auch einige Ausnahmeregelungen, die im ASVG ja schon bestanden haben, übernommen. Wir sollten nicht so tun, als hätte es nicht im ASVG schon eine Reihe von Ausnahmeregelungen gegeben. Ich habe insgesamt 15 gezählt, und ich darf Ihnen einige davon zitieren.

Da steht: Die Kinder, Enkel, Wahlkinder, Stiefkinder und Schwiegerkinder eines selbständigen Landwirtes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes, wenn sie hauptberuflich in dessen landwirtschaftlichem Betrieb beschäftigt sind.

Dann: Dienstnehmer, ihnen gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie Personen gemäß § 4 Abs. 1 Z. 11 hinsichtlich einer Beschäftigung, die nach Abs. 2 als geringfügig anzusehen ist.


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Man könnte das beliebig fortsetzen: im Bereich der Universitäts- und Hochschulassistenten, im Bereich der Erwachsenenbildung, beim Hauptmünzamt, bei Priestern der katholischen Kirche, bei Notariatskandidaten und so weiter und so fort.

Aber diese eine Ausnahmeregelung oder vielmehr zwei erregen unseren ganzen Unmut, wenn ich auch dazusagen muß: Ich habe schon bei der Beschlußfassung vor der Sommerpause gesagt, ich würde mir wünschen, daß all diese Ausnahmen mit einer entsprechenden Übergangsfrist wegkommen, denn diese Ausnahmen machen es uns nur schwerer, Neuerungen durchzusetzen, und Neuerungen brauchen wir ständig. Uns geht es um die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung einer Solidargemeinschaft, und diese bedarf nun einmal einer gesetzlichen Regelung. (Beifall bei der SPÖ.)

Um diesen Weg fortzusetzen, wollten wir mit der Werkvertragsregelung mehr in Richtung Beitragsgerechtigkeit, in Richtung Ausbau des sozialen Schutzes gehen und schließlich Umgehungsmöglichkeiten beseitigen. Diese gibt es, sonst wäre die Aufregung nicht so groß, meine Damen und Herren.

Ziel unserer Aktivitäten muß es sein, langfristig eine Änderung des Arbeitnehmerbegriffes zu erreichen. Denken wir da an die Telearbeit. Wir müssen auch erreichen, daß alle Erwerbseinkommen ab einer gewissen Grenze und bis zu einer Höchstbeitragsgrundlage, die jeweils anzupassen ist, sozialversicherungspflichtig zu sein haben.

Genau diese Absichtserklärung steht in der gestern paktierten Änderung der Werkvertragsregelung im letzten Absatz, und darüber bin ich sehr froh. (Abg. Mag. Peter: So nicht!) Wir müssen unser Sozialversicherungssystem permanent weiterentwickeln und dürfen es nicht in Frage stellen, wie das immer passiert, wenn wir von Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung reden und wenn wir von freier Kassenwahl und Wettbewerb bei den Krankenkassen sprechen. Das ist sicher nicht der richtige Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

19.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Er hat das Wort.

19.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir aus den Diskussionen um die Problematik der Werkverträge wissen, sind wir mit einer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklung konfrontiert, welche die Grenzen zwischen Arbeitsvertrag, Werkvertrag, dienstnehmerähnlichem Vertrag, echtem, unechtem Werkvertrag und freiem Arbeitsvertrag immer fließender werden läßt. Das ergibt sich vor allem aus der technischen beziehungsweise technologischen Entwicklung – zum Beispiel Telearbeit –, wodurch wir sehen, daß die Elemente des klassischen Arbeitsvertrages einfach immer geringer werden und eigentlich die Elemente der Selbständigkeit immer mehr zum Tragen kommen.

Herr Kollege Peter! Wenn wir uns anschauen, wie das ASVG den Dienstnehmerbegriff definiert: Dienstnehmer ist, wer in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter ), und wenn wir wissen, daß es primär auf die Frage der persönlichen Abhängigkeit ankommt, daß die persönliche Abhängigkeit definiert ist nach der Judikatur: Wer über seine Arbeitszeit und Arbeitseignung nicht frei verfügen kann, ist im Zustand der persönlichen Abhängigkeit, dann sehen wir insbesondere durch die technische Entwicklung, Beispiel Telearbeit, daß es immer mehr möglich wird, aus den starren Grenzen des Arbeitsvertrages auszubrechen, weil dieses Charakteristikum, über seine Arbeitszeit und Arbeitseignung nicht frei verfügen zu können, immer geringer wird. Der Dienstnehmer sitzt halt zu Hause, es kann seine Frau, seine Tante, sein Onkel einen Teil der Arbeit erledigen, und damit ist das klassische Merkmal des Arbeitnehmerbegriffes nicht mehr gegeben.

Das geht bis hin zur Tatsache, daß ja heute eine Entwicklung auch in der Praxis gegeben ist, und diese werden wir, bitte, mit keinem Gesetz bremsen können. Diese Entwicklung reicht bis zur echten Selbständigkeit, wodurch man der gesamten Werkvertragsproblematik überhaupt


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ausweichen kann. Man sagt: Okay, löse einen Gewerbeschein, dann bist du Selbständiger, und wir haben keine Werkvertragsprobleme. So weit geht das! Ob einem das gesellschaftspolitisch gefällt oder nicht, meine Damen und Herren, das ist die Entwicklung in der Praxis. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Das zweite ist, meine Damen und Herren, daß gerade der Personenkreis, der hier angesprochen ist, nämlich die Kolporteure und Hauszusteller, diese klassischen Merkmale der Selbständigkeit im Grunde genommen haben. Es gibt hier Verträge, die, ich würde sagen, der "große Guru des Arbeitsrechtes", Professor Strasser, geprüft hat. Das sind Verträge, wo der Betreffende nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet ist. Das geht so weit, daß manche Verträge haben und überhaupt keine Arbeitsleistung erbringen, sondern diese Arbeitsleistung erbringen Verwandte, Bekannte, Familienangehörige. Also da ist nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis die Rede, obwohl natürlich nach der Judikatur im Grunde genommen diese Elemente in jedem Einzelfall zu prüfen sind. Aber es war sicherlich der politische Wille, hier nicht Tausende Fälle kasuistisch zu prüfen, sondern zu sagen: So wie es viele andere Ausnahmen gibt, nehmen wir diese Gruppe global als Gruppe aus, dann ersparen wir uns Tausende kasuistische Rechtsstreitigkeiten.

Meine Damen und Herren! Eines möchte ich schon auch sehr deutlich sagen: Wenn wir den sozialen Schutz möglichst stark ausgeweitet haben wollen, dann bekenne ich mich dazu, aber – und das sage ich gerade dem Liberalen Forum –, dieser soziale Schutz darf keine Zwangsbeglückung sein. Es geht hier primär um Personengruppen, die 2 000 S, 3 000 S und 4 000 S verdienen und nicht 30 Prozent weniger bekommen wollen, weil sie auch Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Denken Sie auch an diese Menschen! Das ist für mich liberales Gedankengut, keine Zwangsbeglückung. (Ruf beim Liberalen Forum: Genau darum geht es uns!) Sozialer Schutz dort, wo ihn die Betreffenden haben wollen – das wäre an sich liberales Gedankengut. Aber nur darüber zu lachen, Herr Kollege Peter, das ist leider zuwenig. Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir als Volkspartei sind für die soziale Sicherheit, aber nicht im Sinne einer Zwangsbeglückung für die Betroffenen! (Beifall bei der ÖVP.)

19.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter. Redezeit: 5 Minuten.

19.03

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Stummvoll! Wenn Sie etwas erklären wollen, kann man es sogar an meinen Haaren herbeiziehen – oder an Ihren, wie immer Sie wollen. Sie haben uns jetzt tatsächlich erklärt, Herr Stummvoll, die Kolporteure seien selbständige Unternehmer. Sie können ihre Zeitungen verkaufen, wo sie wollen und zu welcher Uhrzeit sie wollen. Sie haben also alle klassischen Merkmale eines Unternehmers, und – so hat Stummvoll noch hinzugefügt – man könne doch nicht in jedem einzelnen Fall prüfen, ob der Kolporteur jetzt Unternehmer ist oder nicht, denn der eine steht an der Opernkreuzung und der andere am Ring, und das sei doch ganz etwas anderes.

Mein Gott, gebt doch endlich einmal zu, liebe Kollegen und Kolleginnen von ÖVP und SPÖ: Ihr habt vor Herrn Dichand einen Kniefall gemacht. Aber wenn ihr ihn schon gemacht habt, dann habt doch wenigstens den Mut, es zuzugeben. Aber diese ewigen Schutzbehauptungen, das larmoyante Herumreden, das wären wirklich Unternehmer, ist doch unerträglich. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Echt liberale Gesinnung!)

Jetzt kommt das nächste Argument, meine Damen und Herren: Wenn wir diese "Krot" der Werkvertragsregelung schlucken müssen, weil das soziale Netz eine zu schmale Bemessungsgrundlage hat, weil wir das soziale Netz auf eine breitere Basis stellen wollen, weil, wie Herr Minister Hums sagt, es richtig und notwendig ist, daß der soziale Schutz für alle gegeben ist, so kann man doch nicht sagen, die Kolporteure, die im Regen und im Dreck stehen und die angeblich Unternehmer sind und sich ihre Zeitungen abholen dürfen, brauchen den sozialen


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Schutz des Werkvertrages nicht. Herr Bundesminister, das glauben Sie ja selber nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Und ich sage Ihnen noch etwas: Sie haben hier eine Anfragebeantwortung geliefert, die sich das Parlament in Wirklichkeit nicht gefallen lassen darf. Das wissen Sie auch ganz genau. Sie sind herumgetappt wie die Katze um den heißen Brei, und Sie haben erklärt: Ich als Minister will das ja ohnehin nicht, aber der Initiativantrag der Kollegen von der Volkspartei und der Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei hat mir das eingebrockt.

Herr Bundesminister! Das Interpellationsrecht des Parlaments ist ein sehr wichtiges Recht, weil wir als Abgeordnete damit die Möglichkeit und das Recht haben, von Ihnen zu erfahren, was die Hintergründe einer Entscheidung sind. Sie haben mit dieser Beantwortung das Interpellationsrecht des Parlaments mißachtet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Also eines muß man Ihnen schon lassen: Diese Anfragebeantwortung ist so etwas wie ein Gesamtkunstwerk. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. ) Bei diesen vielen Fragen, in denen wirklich versucht wurde, der Geschichte der Regelung in bezug auf die Kolporteure nachzugehen und irgend etwas aus Ihnen herauszubekommen, ist es Ihnen gelungen, durch Verweis von einer auf die andere Frage das zu sagen, was Sie sagen wollten: nämlich gar nichts. Das sollte man auch einmal irgendwie würdigen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Aber es geht um etwas anderes, und das finde ich wirklich problematisch, es geht um die Kolporteure, die Sie, Herr Minister, und gleichzeitig auch die Mehrheit in diesem Hohen Haus in das schwarze Loch der Sozialpolitik geschickt haben. Und das ist eigentlich kein Grund zum Lachen und kein Grund, vergnügt zu sein, auch wenn das wirklich manch humoristische Züge hat. Es ist traurig für diese Gruppe, von der man von Anbeginn gesagt hat: Wenn es jemand gibt, der von einer Werkvertragsregelung erfaßt werden könnte, wenn man sich sinnbildlich vorstellt, wer einen sozialen Schutz brauchte und wer ihn nicht hat, weil er immer aus diesen Regelungen hinausfällt, dann sind es die Kolporteure.

Kollege Verzetnitsch! Und dann ist es so, wie in dieser Anfragebeantwortung zu lesen ist: Für die Willensbildung, für die Entscheidung ist das Parlament verantwortlich, weil es das in einer Demokratie zuständige Organ ist. Es lautete aber die Frage: Wie erfolgte die Willensbildung?, und die Frage "Wie?" impliziert: Wie ist es dazu gekommen? Und diese Frage, Herr Minister, haben Sie nicht beantwortet. Die beantworte ich jetzt, ich versuche es zumindest, und Sie können sich dann wehren.

Das ist eigentlich eine Abfolge von unglaublichen Vorfällen, die Ihnen die Schamesröte ins Gesicht treiben müßte. Begonnen hat es damit, daß im Rahmen der Budgetberatungen alle für die Sozialpolitik zuständigen Sprecher von Herrn Dichand einen Brief erhalten haben; so auch ich. Das war am Vorabend der Sitzung des Sozialausschusses. Natürlich war ich geschmeichelt: Der Herr Dichand schreibt mir! Das ist ja auch schön, der Herr Dichand will etwas von mir, dem Sozialsprecher einer kleinen Partei (Ruf bei der ÖVP: Das ist alles nicht neu!), er will, daß ich mich so wie andere für die Kolporteure und ihre Befreiung von der Werkvertragspflicht verwende. Ich habe mir gedacht, ich schreibe Herrn Dichand zurück: Es tut mir leid, ich kann der Sache nicht entsprechen, aber ich halte die Werkvertragsregelung in der beschlossenen Form auch für sehr problematisch. Insofern stimme ich mit Ihnen überein, aber ausgerechnet für die Kolporteure eine Ausnahme zu machen, das kann ich nicht verantworten. – Das wollte ich ihm schreiben. Aber dann habe ich mir gedacht, ich warte doch noch die Ausschußsitzung am nächsten Tag ab.


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Im Ausschuß habe ich den Brief des Herrn Dichand zur Sprache gebracht. Alle Sozialsprecher – Kollege Kier vom LIF war nicht mehr dabei, glaube ich; ihr seid damals schon aus dem Ausschuß ausgezogen – haben ganz verstohlen getan: Dichand? Man weiß von nichts. Das spielt keine Rolle.

Es wurde nicht darüber debattiert im Budgetausschuß beim Kapitel Sozialpolitik. Und dann erhalte ich am Nachmittag einen Anruf von einem Journalisten, es gäbe einen Antrag auf Abänderung. Was? Wo? Ein Antrag auf Abänderung? – Ich weiß nichts davon. Es ist schon komisch, man sitzt im Ausschuß und berät über eine Materie, bringt das Thema zur Sprache, aber man weiß nicht, daß es einen Abänderungsantrag gibt. Davon habe ich natürlich meinen Kollegen Van der Bellen informiert: Paß auf, da kommt ein Abänderungsantrag. Er ist auch gekommen, er ist bei der Abstimmung auch beschlossen worden – ohne Debatte natürlich. Es sind ja hundert oder zweihundert Anträge abgestimmt worden.

Das Pech bei dieser Regelung, die Sie damals beschlossen haben, war, daß sie für die Mediaprint nicht passend war. Daher mußte von der Sitzung des Ausschusses bis zur Plenarsitzung noch einmal eine Abänderung des Abänderungsantrages gemacht werden, damit die Mediaprint überhaupt zu einer Ausnahme wird, weil die Ausnahme vorher so konstruiert war, daß die Mediaprint keine Ausnahme gewesen wäre. Und so ist dann in der Plenardebatte noch ein Abänderungsantrag dazugekommen, und Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, haben das alles geschluckt – ohne einen Widerspruch, ohne mit der Wimper zu zucken.

Ich möchte Sie nur an Ihre Verantwortung als Parlamentarier erinnern. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

19.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Hums. – Bitte, Herr Minister.

19.12

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich könnte mir die Beantwortung sehr leichtmachen. (Abg. Dr. Schmidt: Das haben Sie schon, Herr Minister!) Nein, nein! Ich darf zunächst darauf hinweisen, daß diese Anfragebeantwortung wirklich jede gestellte Frage auch tatsächlich beantwortet hat. Ich könnte es mir noch viel leichtermachen und hier erklären, daß in dem Entwurf, den ich in den Ministerrat eingebracht habe, nach vielen Diskussionen über viele, viele Bereiche, diese Ausnahme nicht drinnen war. So leicht möchte ich es mir aber nicht machen.

Es wurde von mehreren schon darauf hingewiesen: Unser Sozialversicherungssystem enthält derzeit eine Unzahl von Ausnahmeregelungen, von denen jede einzelne immer wieder Folgerungen und neue Ausnahmen provoziert hat. Ich habe daher immer hier erklärt – und das ist auch weiter mein erklärtes Ziel –: Wir müssen gemeinsam anstreben, daß wir allen soziale Sicherheit bieten und daß wir gleichzeitig durch Beitragsgerechtigkeit auch dazu beitragen, daß das System für alle finanzierbar bleibt. Und daher muß es bei all den Maßnahmen, die nur Schritt für Schritt erreichbar sind, unser gemeinsames Ziel sein – und das habe ich ebenfalls hier immer wieder erklärt –, daß Ausnahmen, die diesen Grundsätzen nicht entsprechen, in welchen Bereichen sie immer bestehen, Schritt für Schritt auch zu beseitigen sind. Das Ziel muß ein Sozialversicherungssystem sein, und zwar möglichst ein weitgehend einheitliches.

Der Name Allgemeine Sozialversicherung sollte längerfristig auch wirklich gelten, und das setzt voraus – es geht nicht auf einmal, aufgrund verschiedenster Umstände –, daß wir Schritte in die Richtung setzen: Gerechtigkeit für alle, sozialen Schutz für alle, Finanzierbarkeit für alle. Wer glaubt, daß ich diesbezüglich irgendwelche Ausnahmen, die nicht durch irgendwelche andere Ausnahmen vorbedingt gewesen wären, deshalb mitgetragen hätte, weil ich vor bestimmten Gruppen in einem Bereich Angst gehabt hätte, der möge sich doch bitte anschauen, von welchen prominenten Gruppen – leider mit Ihrer Unterstützung – in den letzten Wochen und Monaten gegen eine sozialpolitisch wichtige Maßnahme, die in diese Richtung führt: nämlich sozialer Schutz für alle, Versicherungsgerechtigkeit für alle, Stimmung gemacht wird! (Abg. Mag. Barmüller: Was ist mit den Kolporteuren, wenn Sie soziale Gerechtigkeit wollen?) Da sind


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Sie wahrscheinlich vor etlichen zusammengezuckt und haben diese Regelung, die ein wichtiger Schritt ist, immer wieder kritisiert.

Da leider auch von den Grünen in diese Richtung argumentiert wird, möchte ich hier aus einer Aussendung einer Abgeordneten von den Grünen vorlesen, denn das widerspricht sich ja. Mit den freien Dienstverträgen bringt man die Arbeitnehmer wieder in die Sozialversicherung zurück, das heißt, sie haben dadurch einen Sozialversicherungsschutz, den ich gegen den Widerstand vieler, die andere Gründe haben, im Parlament mehrfach vertreten habe. Und was steht jetzt in dieser Aussendung einer grünen Abgeordneten? – Da steht drinnen: Es zittern aufgrund der neuen Bestimmungen Tausende ArbeitnehmerInnen, kleine Freiberufler, Berufsausteiger wie Grafiker, Designer, technische Zeichner, Journalisten und Künstler um ihre Existenz. Wer in einer Aussendung schreibt, daß ein technischer Zeichner in seiner Existenz gefährdet wird, weil er künftig sozialversichert ist und Sozialversicherungsbeiträge zahlen muß, der hat keinerlei Recht, hierherzukommen und das zu kritisieren. Das möchte ich wirklich betonen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich fordere Sie daher wirklich alle auf: Gehen Sie diese Schritte, diese wichtigen Schritte mit. Überlegen Sie, wer in letzter Zeit vor wem Angst gehabt hat und wer diesen sozialen Schritt wirklich ununterbrochen kritisiert! (Abg. Mag. Barmüller: Eine verfassungswidrige Regelung ist das! – Abg. Schaffenrath: Chaos!) Wenn Sie hier von Chaos reden, dann kennen Sie die Sozialversicherung überhaupt nicht, denn es gibt im Bereich der Sozialversicherung heute leider sehr, sehr viele nicht einfache Bestimmungen. Aber wenn es aufgrund des Kompromisses nicht möglich ist, den großen Schritt zu tun, alle Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab einer bestimmten Höhe einzubeziehen, wenn wir als ersten Schritt in diese Richtung nur dienstnehmerähnliche Werkverträge einbeziehen dürfen, dann ist es notwendig, das, was in der Judikatur immer bestanden hat, im Gesetz zu definieren: nämlich was dienstnehmerähnlich ist. Und zu "dienstnehmerähnlich" gehört aufgrund der Judikatur unter anderem eine gewisse Regelmäßigkeit. Wer das dann als kompliziert hinstellt oder als Vorwand nimmt, einen Schritt in die richtige Richtung – sozialen Schutz für alle, Versicherungsgerechtigkeit – abzulehnen und hier abzuqualifizieren, jedem, der das tut, spreche ich jedes Recht ab, hier über Ausnahmeregelungen überhaupt mitzudiskutieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Das können Sie ja gar nicht!)

Diese Ausnahmeregelung bei den Kolporteuren gilt nicht, wenn sie als Dienstnehmer eingestuft sind. Ausnahmen im Bereich der Erwachsenenbildung haben immer schon bestanden, bevor es diese Regelung gegeben hat, da hat es nie eine Diskussion gegeben. Aber offensichtlich suchen Sie jetzt Gründe, weil Sie unter dem Druck stehen – vielleicht der eigenen Parteikassen oder sonstiger Regelungen, wo mit Werkverträgen vorgegangen wird –, um das Ganze wieder zu Fall zu bringen. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.) Ich weiß es nicht, ich frage nur. Das ist nur eine Frage.

Nochmals: Ich ersuche Sie wirklich: Gehen wir ... (Abg. Mag. Peter: Herr Minister! Das nehmen Sie zurück! Das ist eine Unterstellung!) – Werkverträge ohne Sozialversicherungspflicht gibt es leider in immer größerem Ausmaß, und das war ja der Grund, warum wir hier Maßnahmen setzen mußten. In immer mehr Bereichen werden Dienstverträge durch Werkverträge oder dienstnehmerähnliche ohne Sozialversicherung ausgegrenzt. Und es kann auch nicht so sein, daß man auf der einen Seite dem Arbeitnehmer einen kleinen Dienstvertrag gibt und auf der anderen Seite zu Lasten aller anderen Versicherten Geld ohne Sozialversicherung in sogenannten Werkverträgen, dienstnehmerähnlichen und freien Dienstverträgen gezahlt wird.

Daher meine Bitte: Gehen wir gemeinsam den Weg in diese Richtung! Es ist auch von der Regierung vorgesehen, dieses Ziel anzustreben: eine allgemeine Sozialversicherung ab einem bestimmten Einkommen aus Erwerbstätigkeit bis zu einem bestimmten Einkommen mit sozialem Schutz für alle. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP .)

19.20


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.20

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben jetzt gehört, was von der gestrigen Einigung zu halten ist. Die Einigung, die gestern bejubelt wurde, die eigentlich nur dazu hätte dienen sollen, sich über diese zwei Tage zu retten, damit man nicht von der Opposition die Werkvertragsregelung vorgehalten bekommt, damit sich nicht die ganze Sommerdebatte heute auf die Debatte im Parlament fokussiert, ist eine Scheineinigung. Jetzt lese ich im morgigen "Kurier", daß der Herr Minister Bartenstein – der jetzt leider nicht mehr hier ist – über den Tisch gezogen wurde. – Das ist nicht meine Formulierung. Irgend jemand in der ÖVP ist der Meinung – das ist im morgigen "Kurier" nachzulesen –, daß diese Einigung nicht administrierbar ist, noch weniger administrierbar ist, der Pfusch zum Pfusch ist und daher der Minister Bartenstein von Minister Hums über den Tisch gezogen wurde. Ich gratuliere Ihnen zu dieser Leistung, diesen großen Minister über den Tisch gezogen zu haben. Jedenfalls haben Sie es geschafft, diesen Minister vorzuführen. Heute ist die ÖVP der Überzeugung, ihr eigener Minister wurde von Ihnen, hochgeschätzter Herr Sozialminister, über den Tisch gezogen. Das sei nicht administrierbar, das seien Umformulierungen, die gar nicht deutlich sind, und letztlich werde der Pfusch, werde das Chaos fortgesetzt.

Meine Damen und Herren! Das deckt sich ja mit dem Schreiben, das Kollege Haider heute schon vorgelesen hat. Die ÖVP verhandelt, läßt sich über den Tisch ziehen, und auf der Straße sammelt der Herr Görg Unterschriften für die schnellste Außerkraftsetzung des Werkvertragsgesetzes. Die Bürger müssen also derzeit beim Herrn Görg Unterschriften abliefern, an die eigene Fraktion gerichtet, sie soll endlich zustimmen, daß schnellstens die Werkvertragsregelung außer Kraft gesetzt wird, weil wir seit heute wissen, daß der Minister Bartenstein sich vom Herrn Sozialminister Hums über den Tisch ziehen hat lassen.

Herr Kollege Stummvoll! Ich werde mir das Abstimmungsverhalten der ÖVP wirklich genau anschauen. Da wird man jetzt einmal sehen können, wie Wahlkampfrhetorik des Görg mit Ihrem Abstimmungsverhalten im Parlament in Einklang zu bringen ist. Denn bei der Wirtschaftskammer – so schreibt sie uns – sieht man nach wie vor nicht ein, wieso man hier an den Pranger gestellt wird, weil man besser behandelt wird als der Private. Man sagt, das sei eine Gefahr für den Transfer von Know how, wenn man die Wirtschaftskammer auch jenen Regelungen unterwirft, die man den Privaten zumutet. Hier ist man offensichtlich daran interessiert, daß der bisherige Husch-Pfusch, jedenfalls was die Begünstigung der Institute der Wirtschaftskammer anlangt, weitergeführt wird.

Meine Damen und Herren! Wir werden Ihnen heute ganz genau auf die Finger schauen. (Abg. Dr. Graf: Vielleicht machen wir eine namentliche Abstimmung!) Das werden wir uns noch überlegen. Wenn die ÖVP heute, im Wissen dessen, was ihre eigenen Leute im Wahlkampf vertreten, im Wissen dessen, daß der Herr Minister Bartenstein ... (Bundesminister Dr. Bartenstein betritt den Saal.) Herr Minister! Sie seien über den Tisch gezogen worden, heißt es. Führen Sie uns das einmal vor, wie das gegangen ist! Ihre eigene Partei ist der Meinung, Sie wurden von diesem Minister über den Tisch gezogen. Herr Kollege Bartenstein! Das hätten wir gerne einmal gesehen, wie der Herr Hums Sie über den Tisch zieht. Die ÖVP sagt im morgigen "Kurier", Sie seien über den Tisch gezogen worden, diese Einigung finde nicht statt. Jetzt bin ich gespannt, was wirklich stattfindet.

Wir laden Sie ein, diese Regelung ehestens zu beseitigen – ganz im Sinne des Herrn Görg! –, indem Sie heute dem Antrag, den der Klubobmann Haider bereits vorgetragen hat, zustimmen, der darauf abzielt, daß die Werkvertragsregelungen im Strukturanpassungsgesetz und im Sozialrechtsänderungsgesetz rückwirkend mit 1. Juli 1996 gestrichen werden – ersatzlos gestrichen werden. So wie das der Herr Görg möchte, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist Görg-Politik. Wir betreiben Görg-Politik. Görg hat in uns einen Verbündeten. Ich werde dem Herrn Görg auch eine Postkarte zurückschicken – ich werde sie dann unterschreiben und den über den Tisch gezogenen Herrn Minister Bartenstein ersuchen, Po


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stillon d’amour zu spielen und sie Görg zu übermitteln, daß er zumindest etwas gegen die Werkverträge geleistet hat. Ich werde ihm meine Unterstützung zusagen.

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! Und wenn alles nichts fruchtet, bin ich auch bereit, als Ultima ratio dafür einzutreten, daß wir den Gang gemeinsam zum Verfassungsgerichtshof antreten. Bedauerlicherweise werden wir die eine oder andere Unterstützungsunterschrift auch von der ÖVP benötigen; bei der SPÖ werden sie, glaube ich, nicht zu erzielen sein. Aber diese Partei dürfen Sie nicht aus der Ziehung lassen. Diese Partei wettert draußen gegen etwas, was sie mitbeschlossen hat, gegen etwas, wo sie sich bei den Verhandlungen hat über den Tisch ziehen lassen, gegen etwas, was sie mitträgt, wo sie mitpfuscht und mitrepariert. Letztlich macht sie den Wählern ein X für ein U vor. Meine Damen und Herren! Diese Politik der Doppelzüngigkeit wird heute auf die Probe gestellt werden. Wir werden sehen, wie sich die ÖVP dazu verhält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu Wirtschafts- und Integrationsfragen wieder auf.

Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die diesbezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung, Sie haben das Wort.

19.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der jetzt leider nicht anwesende Außenminister und Vizekanzler Herr Dr. Schüssel hat in seiner Rede hier vor drei oder vier Stunden wörtlich gesagt: der freiheitliche Abgeordnete der Grünen, Johannes Voggenhuber. Das können wir natürlich nicht hinnehmen. (Heiterkeit. – Abg. Haigermoser: Wir auch nicht!) Auch die Freiheitlichen nicht. Deshalb berichtige ich tatsächlich: Johannes Voggenhuber ist, bleibt und wird immer ein Abgeordneter der Grünen sein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Gott sei Dank!)

19.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.27

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es fällt jetzt schwer, die Debatte vom Vormittag wieder aufzugreifen, ich will es trotzdem versuchen und direkt an die Ausführungen von Herrn Präsidenten Verzetnitsch anschließen, der verständlicherweise jetzt nicht da ist. Aber es wird ihm sicher wer ausrichten, er kann es auch im Protokoll nachlesen.

Er hat meinem Kollegen und Freund Peter Haselsteiner Zynismus vorgeworfen, weil dieser zugegebenermaßen eine unbedachte und mißverständliche Aussage in einem Gespräch getätigt hat, die von "täglich Alles" genüßlich zitiert wurde. Ich möchte hier der Deutlichkeit halber und der Form halber in aller Klarheit feststellen, daß Peter Haselsteiner als erfolgreicher Unternehmer der Bauholding für ein sozial geführtes Unternehmen auch bekannt ist (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist aber neu!) und diese Aussage nicht, und zwar nicht im geringsten, dem entspricht, was Haselsteiner lebt, tut und denkt zu dieser Frage. Es ist eine mißverständliche Aussage gewesen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich freue mich, wenn Herr Präsident Verzetnitsch einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff bis 1997 fordert. Nur ist das immer noch Stückwerk. Ich höre immer nur von einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff für Arbeiter und Angestellte. Wo bitte bleiben die öffentlich Bediensteten?


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Frau Präsidentin Hostasch, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dies dem Herrn Verzetnitsch ausrichten. Es wird wohl nicht glaubhaft sein, wenn er von einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff spricht und immer nur Arbeiter und Angestellte meint und auf die öffentlich Bediensteten vergißt. Ich freue mich schon sehr, wenn wir den Vorschlag hier ins Hohe Haus bekommen – der Sozialminister wird sicher auch daran mitarbeiten –, für alle Dienstnehmer in dieser Republik einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff zu schaffen.

Die Wirtschaft und die Europäische Integration sind die Themen, die uns wohl vordringlich nicht nur heute, sondern auch im nächsten Jahr beschäftigen werden. Den weltweiten Wettbewerb haben bisher nicht nur die Unternehmer, sondern sogar auch schon die Mitarbeiter zu spüren bekommen. Die Unternehmer haben eine Pufferrolle für Veränderungen am Markt. Diese Veränderungen können wir nun als Bedrohung oder Herausforderung begreifen. Ich bedauere, daß viele politische Verantwortungsträger sie als Bedrohung definieren. Ich glaube, wir können sie nur als Herausforderung sehen.

Das erfolgreiche Land Österreich wird sich ändern müssen und darf nicht in der Vergangenheit bleiben. Ist es nicht notwendig, daß sich viele von uns aus dem Gefängnis der Erfahrung befreien, die uns immer erzählen, wie erfolgreich etwas gewesen ist? – Ja das mag schon sein. Aber das, was in den achtziger Jahren erfolgreich war, ist nicht der mindeste Garant dafür, daß es auch in den neunziger Jahren oder zum Jahrtausendwechsel zum Erfolg führt. Eigentlich wäre es doch die Aufgabe dieser Bundesregierung und die Aufgabe des Regierens schlechthin, vorneweg zu marschieren, eigene Reformfähigkeit zu demonstrieren, statt die Europäische Union als rhetorischen Blitzableiter zu verwenden.

Warum macht eigentlich diese Bundesregierung immer reaktive statt aktive Politik? Warum ist diese Bundesregierung eigentlich eine Getriebene, die im permanenten Krisenmanagement arbeitet? Sie kommen jetzt drauf, daß wir zuwenig Lehrstellen haben? Jetzt fällt Ihnen geschwind etwas ein, ein Lehrlingsfonds, eine Steuerabschreibung oder sonst etwas? Seit 10 Jahren sind sie an der Regierung. Das Lehrlingsthema ist doch schon seit vielen Jahren ein brennendes.

Auf den Arbeitsplatzverlust kommen Sie jetzt drauf? Darauf, daß die Arbeitskosten nicht konkurrenzfähig sind, kommen Sie jetzt? Forschung und Technologie sind auf einmal in aller Munde. Ja glauben Sie wirklich, daß unser Forschungs- und Technologiedefizit sich dadurch ändert, daß der Herr Bundeskanzler auf diesem Platz eine gescheite Rede hält? Und was geschieht jetzt? (Abg. Schwarzenberger: Die vom Vizekanzler war sehr gut!) Sie war rhetorisch gut. Inhaltlich war es dasselbe, was der Bundeskanzler gesagt hat.

Aber was nützt denn das, wenn ich mir das jetzt hier in Parlamentsreden anhöre, wenn die Fehler in der Technologie- und Forschungspolitik aus den letzten drei, vier, fünf Jahren herrühren, in denen die Sozialdemokraten und die Österreichische Volkspartei in einer großen Koalition regiert haben.

Diese Regierung agiert immer schaumgebremst im nachhinein und ist – von den Sozialpartnern leider nicht befördert, sondern weiter gebremst – von einem Brandherd zum anderen unterwegs. Das macht mir Sorge um den Wirtschaftsstandort Österreich. Politik ist die Beantwortung der Frage: Was kommt danach? Sie ist die Gestaltung der Zukunft und nicht die Reparatur der Vergangenheit.

Über die Werkvertragsregelungen konnten wir schon diskutieren, und es ist ganz erstaunlich, daß man eine Reform des sozialen Netzes damit beginnt, daß man Ausnahmen schafft. Es ist doch erstaunlich, daß man nicht den Mut hat, das soziale Netz wirklich zu reformieren, das unverzichtbar ist für unser Land, das der größte Beitrag zur politischen Kultur in diesem Land ist. Auch an dem schraubt man im nachhinein in einer Feuerwehraktion herum.

Haben Sie von den Regierungsparteien den Mut – Sie tragen die Verantwortung –, die Selbstveranlagung jedes mündigen Bürgers zu verlangen! Und dann, wenn Sie alle sieben Einkommensarten in der Einkommenssteuererklärung haben, dann können wir darüber diskutieren,


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welche dieser Einkommensarten auf welche Art und Weise dazu dienen, das soziale Netz zu finanzieren.

Das läßt sich auch mit einer Versicherungspflicht statt einer Pflichtversicherung lösen. Herr Präsident Verzetnitsch hat keine anderen Antworten zur Sicherung des sozialen Netzes als Beitragserhöhungen, als Beitragserhöhungen, als Beitragserhöhungen. Er ist nicht bereit, über mögliche Selbstbehalte oder Leistungseinschränkungen zu diskutieren. Er ist nicht bereit, Wettbewerb in einem System zuzulassen, wo Produktivität durch Bürokratie und nicht durch Markt gemessen wird.

Meine Damen und Herren! Dieses Land Österreich hat so viel erreicht, daß wir stolz darauf sein können, aber diesen Stolz zum Faulbett zu erheben und zu sagen, es ist ja eh alles gut, und von den Erfahrungen der Vergangenheit zu sprechen, halte ich für eine gefährliche Ansage.

Im freien Markt, in dem wir anbieten müssen, in dem wir uns bewähren müssen, entscheiden die Kunden, und ich schlage zum wiederholten Male vor, daß sich dieses Hohe Haus bei Wirtschaftsdebatten einmal über seine Kunden, über seine Märkte unterhält, in deren Macht alleine es liegt, uns Umsatz, Wertschöpfung und damit Beschäftigung zu geben.

Wir reden viel zuviel von uns selber. Das Geheimnis eines Marktes ist, von den Kunden zu reden, von der möglichen optimalen Befriedigung von Kundenwünschen. Wir haben zu hohe Arbeitskosten, nicht zu hohe Bruttolöhne. Die Bruttolöhne sind zu niedrig in Österreich. Die Arbeitskosten sind zu hoch. Die Verfügungsmacht, die wir unseren Mitarbeitern über das von ihnen erwirtschaftete Geld geben, ist eigentlich eine halbe, wenn nicht eine Zweidrittelentmündigung, denn der Nettolohn beträgt ungefähr nur ein Drittel der Arbeitskosten.

Entbürokratisierung, Selbstveranlagungen, Flexibilisierung zur Produktivitätssteigerung, Steuern und Abgaben in eigener Verantwortung, das sind Wege, wie wir schrittweise dorthin kommen, daß wir höhere Bruttolöhne haben, mehr Selbstbestimmung der Mitarbeiter und weniger oder nicht steigende Arbeitskosten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bin ganz, ganz sicher, daß mich jetzt wieder fünf oder sechs von Ihnen bewußt mißverstehen. Für mich ist der soziale Schutz der Mitarbeiter unverzichtbar. Die Frage ist: Siedle ich ihn auf bürokratischer Ebene an, siedle ich ihn in Inspektoraten weit weg von den Betrieben an, oder habe ich endlich Vertrauen in die in die Betriebe gewählten Betriebsräte und Betriebsvertrauensleute? Hier wird die Zukunft liegen, und hier wird die Aufgabe der Gewerkschaft liegen, dieser innerbetrieblichen Mitbestimmung mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Es genügt nicht, wenn wir vom Herrn Bundeskanzler, vom Herrn Vizekanzler wiederum hier hören, daß wir zuwenig Unternehmer haben. Ja warum haben wir denn zuwenig Unternehmer? Ja warum frustrieren Sie denn in diesem Land die Unternehmer mit Ihrer Politik? Ja warum machen Sie denn eine Politik, derentwegen immer mehr Unternehmer sich fragen: Warum tue ich mir das an? Das ist doch die Frage, die Sie beantworten müssen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Österreich ist ein wichtiges Mitglied der Europäischen Union. Ohne die österreichische Initiative bei der Sozialcharta, ohne unsere Initiative bei den Umweltstandards, ohne unsere Initiative bei der Beseitigung von außertarifarischen Handelshemmnissen und ohne unsere Initiative bei der Steuerharmonisierung wäre diese Mitgliedschaft wertlos. Ich fordere daher von diesem Platz die Bundesregierung auf, aktive Europapolitik zu machen und sich nicht wegen eigener Unfähigkeit hinter Europa zu verstecken! (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.37

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Peter! Wir Gewerkschafter haben genug Vertrauen in unsere Betriebsräte. Nur haben


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wir leider in der Wirtschaft noch nicht überall das demokratische Verständnis, daß auch überall die Betriebsratswahl so leicht ermöglicht wird. Das möchte ich gleich einmal vorweg sagen.

Bundeskanzler Dr. Vranitzky hat heute in seiner Erklärung im besonderen Ausmaß auf die Bedeutung der Beschäftigungspolitik hingewiesen. Auch wenn wir in Österreich im europäischen und internationalen Vergleich eine niedrige Arbeitslosenrate haben, so ist es gerade uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im besonderen bewußt, daß hinter diesen statistischen Zahlen Menschen stehen, Menschen mit Sorgen und Ängsten, wenn sie in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden.

Deshalb treten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sowohl im eigenen Land als auch auf europäischer Ebene für beschäftigungssichernde und -schaffende Maßnahmen ein.

Ein Beweis für diese Politik sind unter anderem die Zahlen der unselbständig Erwerbstätigen in Österreich. Von 1993 an habe ich mir die Jahresdurchschnittszahlen angesehen. Wir hatten jeweils über drei Millionen Beschäftigte, und auch im Juli dieses Jahres, Herr Minister, hatten wir 3 138 676 unselbständig Erwerbstätige.

Als Steirerin sei mir auch noch gestattet, darauf hinzuweisen, daß diese Bemühungen um Beschäftigung schaffende Maßnahmen zum Beispiel bei der Firma Steyr Daimler Puch insofern Früchte getragen haben, als es gelungen ist, die Zusammenarbeit mit Mercedes Benz durch die Produktion von Allradmodellen der E-Klasse fortzusetzen. Oder auch die Begründung des Europaengagements der Firma Collins & Aikman in Kapfenberg. Das sind unsere Bemühungen, Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen.

Wenn Herr Abgeordneter Prinzhorn heute eigenartig reagiert hat, als Herr Präsident Verzetnitsch ihn daran erinnert hat, was für Interessen eigentlich nach dem Aktiengesetz wahrzunehmen wären, nämlich Unternehmer-, Aktionärs-, Arbeitnehmer- und Gesamtinteressen, so verwundert dies. Im "profil" vom 2. Jänner 1995 war nämlich ein langer Artikel über die Aktivitäten des Herrn Prinzhorn zu lesen, wo unter anderem aufgezählt ist: Allein im Osten investierte Thomas Prinzhorn in Summe 3 Milliarden Schilling, großteils auf Pump.

Am Dach von Prinzhorns Firmengruppe brannte lichterloh Feuer. Die Kerngesellschaft Hamburger hatte 1993 bei einem Umsatz von 670 Millionen Schulden von 1,9 Milliarden, wie Banker verdutzt in Relation stellten.

Ich möchte das nicht weiter ausführen. Ich freue mich, daß dieser Ausflug des Herrn Prinzhorn, daß dieses Risikounternehmen nicht so weit schiefgegangen ist, daß österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verloren haben. Deswegen freue ich mich besonders darüber, daß das noch einmal gut gegangen ist. Grundsätzlich stellt sich in solchen Fällen aber schon die Frage der Verantwortung im Sinne der von Kollegen Verzetnitsch genannten vier Punkte.

Es spricht aber auch für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, daß wir bei den Kandidatinnen und Kandidaten für das Europäische Parlament an prominenter Stelle einen Menschen nominiert haben, der ganz besonders um die Sorgen und Nöte der berufstätigen Menschen in einer sehr schwierigen Branche, nämlich im Bereich Textil-Bekleidung-Leder, Bescheid weiß, nämlich unseren Kollegen Ettl. Er ist ein Garant dafür, daß er sich auch auf europäischer Ebene für genau jene sozialen Belange einsetzen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber auch auf nationaler Ebene muß man die Wirtschaft offensichtlich daran erinnern, daß der soziale Dialog – bei uns die Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft – wohl nur zum Vorteil aller Beteiligten funktionieren kann. Und daher verwundert es mich schon, in einer heutigen APA-Aussendung einen Monolog erkennen zu müssen. So kann ein Dialog nicht funktionieren. Die Wirtschaft verlangt längere Öffnungszeiten – ich nehme wohl an, weil sie daraus Gewinne lukrieren würde, denn ansonsten braucht es ja wohl keine längeren Öffnungszeiten. (Ruf bei der ÖVP: Nein, aber die Kunden wollen das! – Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. )


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Herr Dr. Stummvoll, es wundert mich schon, wenn ich in dieser heutigen APA-Aussendung lese: "Wirtschaftskammer-Generalsekretär Günter Stummvoll formulierte die Linie der Arbeitgeber gestern abend ebenfalls knapp: Jobs oder Zuschläge"

So, meine Damen und Herren, kann Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft nicht funktionieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Man kann nicht alles zusammen haben, Frau Kollegin!)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten für eine Beschäftigungsunion ein, für ein soziales Europa, aber auch für mehr Gleichberechtigung in Europa. Im Sinne dessen, was ich hier kurz ausgeführt habe, bringe ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Khol, Dr. Nowotny und Kollegen ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Ewald Nowotny und Kollegen betreffend Schwerpunkte der österreichischen Integrationspolitik

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Die Bundesregierung wird ersucht, weiterhin auf die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion unter Einhaltung des Zeitplanes und der vertraglich festgelegten Bedingungen hinzuwirken und die für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und die Festigung des Wirtschaftsstandortes Österreich notwendigen Rahmenbedingungen sicherzustellen.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, sich – ergänzend zu den im Arbeitsübereinkommen geplanten innerstaatlichen Maßnahmen im Rahmen der "Offensive für Wachstum und Beschäftigung" – im Rahmen der EU-Regierungskonferenz mit Nachdruck dafür einzusetzen, daß der Beschäftigungspolitik in allen Tätigkeitsbereichen der Union höchste Priorität zugewiesen wird, wirkungsvolle gemeinsame Strategien zur Herstellung europaweit günstiger Rahmenbedingungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze entwickelt werden, ein Überwachungsmechanismus für die Arbeitsmarktpolitik in den Mitgliedstaaten eingeführt wird und die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus in einer stärkeren Ziel- und Aufgabenbestimmung im EU-Vertrag verankert wird.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, dafür einzutreten, daß die europäische Sozialcharta in den EU-Vertrag aufgenommen wird.

4. Die Bundesregierung wird ersucht, die Erfahrungen in der österreichischen Sozialpartnerschaft auf europäischer Ebene einzubringen, um so am weiteren Aufbau der europäischen Sozialpartnerschaft aktiv mitzuwirken.

5. Die Bundesregierung wird ersucht, für die volle Berücksichtigung der Anliegen des Umweltschutzes in allen Politikbereichen der Union einzutreten, wobei die Wahrung höherer nationaler Standards besser abgesichert wird.

6. Die Bundesregierung wird ersucht, für die Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik in Richtung einer ökologischen und sozial verträglichen Landbewirtschaftung einzutreten.

7. Die Bundesregierung wird ersucht, sich im Einklang mit den Zielsetzungen der Europäischen Union für die vollberechtigte Teilnahme Österreichs an funktionsfähigen europäischen Sicherheitsstrukturen einzusetzen und im Sinne des Bekenntnisses zur vollen Mitwirkung an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und zu den im EU-Vertrag verankerten Perspektiven einer gemeinsamen Verteidigungspolitik aktiv an diesbezüglichen Bemühungen der EU teilzunehmen und die Ergebnisse der Regierungskonferenz loyal und in europäischer Gesinnung umzusetzen.


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8. Die Bundesregierung wird ersucht, für den Ausbau der Handlungsfähigkeit der Union bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität, des illegalen Drogenhandels und Mißbrauch des Terrorismus sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu unterstützen und für weitere Fortschritte in Richtung einer Vergemeinschaftung im Bereich Justiz und Inneres einzutreten."

*****

Meine Damen und Herren! Sie haben die Punkte gehört, die sowohl auf europäischer Ebene als auch im Rückschluß auf nationaler Ebene zum Vorteil der in Europa lebenden Menschen gefordert werden. Daher ersuche ich, diesem Entschließungsantrag beizutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

19.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Silhavy vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt. Ich beziehe ihn in die Verhandlungen mit ein.

Die nächste Wortmeldung kommt von Abgeordnetem Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

19.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner plaziert einen Karton mit der Aufschrift "Sparpaket 1996" auf dem Rednerpult.) Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, die ja schon etwas durchgelüftet ist zu dieser Stunde – so wie das Hohe Haus auch, ich gebe das schon zu!

Meine Damen und Herren! Zur Erklärung des Bundeskanzlers fällt mir nicht viel ein. Ich gebe es zu. Sie ist zu unverbindlich, diese Erklärung. Sie hat wenig konkrete Anhaltspunkte. Sie beinhaltet das, was man in Schönwetterreden immer wieder zu sagen gedenkt, was man sagen muß in sogenannten Sonntagsreden: Man wird sich für die Beschäftigung einsetzen und für die Integration.

Diese Rede kontrastiert allerdings eigenartig mit den aktuellen tagespolitischen Schlagzeilen, Integration betreffend. Nur ein sidestep, meine Damen und Herren: Wenn ich gestern und heute in den Zeitungen lesen muß, daß ein österreichischer Geheimdienst in einem Nachbarland, das auch EU-Mitglied ist, offensichtlich unter Verdacht steht, innenpolitisch tätig geworden zu sein in dem Sinn, daß das Klima dort eskaliert werden soll, und hier schöne Sonntagsreden gehalten werden über Integration, die zunimmt, worüber wir so froh sind, dann muß ich sagen: Das paßt nicht, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie müssen sich dazu bekennen, ob Sie tatsächlich Integration wollen oder ob Sie mit Italien zum Beispiel über unser Heeres-Nachrichtenamt in Konflikt treten wollen. Ich halte es für unverständlich, daß die Politik derzeit noch immer nicht bereit ist, auf dieses Vorgehen eines Nachrichtendienstes zu reagieren, daß man noch immer nicht bereit ist, sich anzuschauen, was im Umfeld dieses Heeres-Nachrichtenamtes – und da geht es nicht nur um Südtirol – offensichtlich alles passiert. Aber wir diskutieren hier ja Integration im allgemeinen und wie sehr wir doch alle für Integration sind und wie sehr wir doch alle für den Fortschritt in diesem Land und in Europa sind.

Diese Ruhe sollte man offensichtlich nicht stören. Ich sage Ihnen: Das ist eine Mogelpackung, die Sie hier jetzt vor den EU-Wahlen verkaufen wollen. Es ist eine Mogelpackung, genauso wie das Budgetprogramm, das Sie, das der Finanzminister präsentiert hat: ein Budgetprogramm für fünf Jahre, in dem absolut nichts drinnen steht außer unverbindlichen Erklärungen unter der Androhung – es ist eine Androhung, anders ist es nicht zu verstehen –, daß die Strukturreformen fortgesetzt werden sollen.

Die Frage ist, was an Strukturreformen fortgesetzt werden soll. Sie müssen erst einmal begonnen werden, meine Damen und Herren! Sie müßten sich erst einmal erklären, was die Österreicherinnen und Österreicher in den nächsten Jahren von dieser Bundesregierung tatsächlich zu erwarten haben. Ich fürchte, Sie werden das Datum der EU-Wahl wieder einmal dazu benutzen, um zuzuwarten, und irgendwann – im Verlauf des Herbstes, vielleicht im Verlauf


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des nächsten Jahres – werden wir damit konfrontiert, was wir aufgrund dieses Budgetprogrammes, in dem nicht einmal Zahlen präsentiert werden, noch zu erwarten haben.

Ich vermute, es ist so wie bei der russischen Puppe, bei der Babuschka, nämlich daß immer, wenn ein Sparpaket präsentiert wurde, ein nächstes Sparpaket daraus hervorkommt (der Redner entnimmt dem Karton eine kleinere Schachtel mit der Aufschrift "Sparpaket 1998") , solange, bis nichts mehr von der russischen Puppe, der Babuschka, übrigbleibt, in diesem Fall von den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für wirklich grob fahrlässig, was Sie machen. Glauben Sie nicht, daß die Österreicherinnen und Österreicher sich das so einfach verkaufen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich will Ihnen, meine Damen und Herren, nicht damit drohen, daß Ihnen die Österreicherinnen und Österreicher das Vertrauen entziehen werden – sie sind sehr geduldig –, aber das Vertrauen in die Politik wird zerstört, und langfristig werden Sie, werden wir alle das zu büßen haben, was Sie mit Ihrer Politik verursachen.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für grob fahrlässig, wenn hier nicht klar die Fakten auf den Tisch gelegt werden, wenn hier nicht gesagt wird, was mit dieser Fortsetzung von Strukturreformen gemeint ist. Leider ist der Sozialminister nicht mehr da. Aber ich habe, meine Damen und Herren, am Montag in "Zeit im Bild 2" sehr genau hingehört, als die Zahlen genannt wurden zur Entwicklung der Notstandshilfeempfänger, diesem rapiden Anstieg des Bezuges der Notstandshilfe. Ich habe sehr genau hingehört, was der Sozialminister gesagt hat und was dann in der Abmoderation des Beitrages vom Redakteur beziehungsweise der Redakteurin gesagt worden ist.

Da wurde gesagt: Es ist damit zu rechnen, daß die Notstandshilfe möglicherweise zeitlich befristet wird. – Meine Damen und Herren! Sie wissen, was zeitliche Befristung der Notstandshilfe heißt. Man muß ja jetzt schon einen Antrag stellen, der zeitlich befristet ist. Die zeitliche Befristung kann also nur als Aussteuerung zu verstehen sein.

Meine Damen und Herren! Ich möchte wirklich von einem Vertreter der Regierung eine Erklärung haben, ob in diesem Paket, das wir 1998 zu erwarten haben (Abg. Parnigoni, auf die Schachtel auf dem Rednerpult weisend: Das haben ja Sie geschnürt!), auch die Aussteuer für Notstandshilfeempfänger drinnen ist, ob wir zu erwarten haben, Frau Kollegin Hostasch, daß dann in zwei oder drei Jahren Notstandshilfe nur mehr für zwei Jahre bezogen werden kann.

Und ich vermute, es gibt die entsprechenden Pläne dafür. Ich vermute, wir werden sie präsentiert bekommen. Ich vermute, Frau Kollegin Hostasch, daß schon darüber diskutiert wird, daß sie vielleicht schon in Diskussion sind. Ich möchte darüber öffentlich in diesem Parlament diskutieren. Ich möchte gerne wirklich wissen, was es auf sich hat mit diesen Strukturreformen, was die Leute in diesem Land, denen es nicht so gut geht, von dieser Bundesregierung in den nächsten Jahren zu erwarten haben.

Ich denke, man kann es sich nicht so einfach machen wie der Bundeskanzler, sich hinter ziemlich unverbindliche Formulierung zurückzuziehen. Unverbindlich ist es zu nennen, wenn er zum Beispiel in seiner Erklärung sagt, es kann nicht Österreichs prinzipielle Strategie werden, mit Billiglohnländern über die Arbeitskosten zu konkurrieren. – Prinzipiell, sagt er, prinzipiell kann es nicht die Strategie sein, aber im Einzelfall sehr wohl. So ist es doch zu verstehen, meine Damen und Herren, zumindest wenn man das "WirtschaftsWoche"-Interview, das mit demselben Bundeskanzler vor wenigen Wochen geführt wurde, liest. Da sagt er dann schon: Es ist nicht auszuschließen, in einer Reihe von Fällen, es ist denkbar, daß die Löhne nach unten gehen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mock! Es war doch diese Bundesregierung, die noch vor den EU-Wahlen mit Hilfe eines blauen Büchleins den Österreicherinnen und Österreichern zu verkaufen versucht hat: Wenn wir der EU beitreten, dann steigen die Löhne. Wenn wir nicht beitreten, dann sinken die Löhne. – Erklären Sie sich dazu, meine Damen und Herren! Erklären Sie sich dazu, daß Sie in den letzten Jahren, wenn es darum gegangen ist, die Öster


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reicherinnen und Österreicher hinters Licht zu führen, immer dabei waren, nie etwas zurückgenommen haben, nichts von diesen Versprechen, die alle nicht gestimmt haben – das haben Sie gewußt und das haben wir gewußt –, sondern immer gesagt haben: Die 1 000 S mehr im Monat gibt es, die ansteigenden Löhne gibt es, das Sozialniveau, das natürlich auch nur so erhalten werden kann, das gibt es nur so.

Das stimmt alles nicht, meine Damen und Herren, und Sie wissen es! Es kommt irgendwann der Tag, an dem die Abrechnung gemacht werden wird. Diese Abrechnung wird – so vermute ich – nicht an einem Wahltag erfolgen, sondern sie wird dadurch erfolgen, daß die Österreicherinnen und Österreicher den Politikern ganz allgemein ihr Vertrauen entziehen, daß diese Distanz, die wir ja alle spüren, immer tiefer wird, immer deutlicher wird. Und davor möchte ich nicht nur uns beschützen, sondern auch Sie warnen. Denn das ist der Nährboden für autoritäre Entwicklungen, für faschistische Entwicklungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Damit komme ich auch schon zu den Werkvertragsregelungen. Es ist nicht der Platz hier, die Werkvertragsregelung, diese neuerliche Novellierung der Werkvertragsregelung noch einmal zu diskutieren. Das paßt nicht in die Debatte, das ist mir schon klar. Es gehört aber dazu. Es gehört dazu, wie Sie sich als Regierung, als Regierungsparteien in diesen letzten Monaten präsentiert haben, wie Sie teilweise versucht haben, ganz gezielt bestimmte Gruppen – das haben wir vorhin diskutiert – auf ausdrücklichen Wunsch von bestimmten Lobbyisten auszunehmen, wie Sie versucht haben, mit dieser Werkvertragsregelung schnelle Kohle zu machen, wirklich nur schnelle Kohle! Es ist Ihnen die soziale Absicherung, das behaupte ich gerade nach dieser Regelung, die Sie jetzt paktiert haben, völlig egal, wirklich völlig egal! Das interessiert Sie nicht, sonst könnten Sie doch nicht die Grenze auf 7 000 S anheben. Ob die Frauen jetzt durchkommen können, das ist Ihnen völlig egal, obwohl es am Anfang unserer gemeinsamen Erklärungen und Absichten gestanden hat, die wir mit Ihnen allen – da nehme ich niemanden aus hier herinnen – geteilt haben.

Ihnen ist das völlig egal. Was herausgekommen ist, ist ein Murks, der gerade jenen keine soziale Absicherung bringt, die am wenigsten Einkommen haben. Darum bringen wir auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, den ich verlese.

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Aussetzung der bestehenden Werkvertragsregelung und Frist für arbeits- und sozialrechtliche Regelung prekärer Arbeitsverhältnisse

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die bestehende Werkvertragsregelung auszusetzen

2. Die Bundesregierung wird beauftragt, bis zum Ende des Jahres 1997 die erforderlichen gesetzlichen Bestimmungen für eine arbeits- und sozialrechtliche Regelung prekärer Arbeitsverhältnisse auszuarbeiten, durch die sichergestellt wird, daß

das Arbeitsrecht beziehungsweise der ArbeitnehmerInnenbegriff den wirtschaftlichen Veränderungen so angepaßt wird, daß eine Zuordnung erleichtert beziehungsweise überhaupt erst ermöglicht wird und

alle prekären Arbeitsverhältnisse, die derzeit keine oder eine geringe soziale Absicherung haben, in eine soziale Sicherung miteinbezogen werden, die vor Armut schützt und im Alter beziehungsweise im Krankheitsfall eine ausreichende Versorgung garantiert."

*****

Meine Damen und Herren! Es geht nicht darum, daß wir mit diesem Antrag den ÖsterreicherInnen Brot und Rosen versprechen wollen. Es geht darum, vor Armut zu schützen. Und


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Sie, meine Damen und Herren auch von den Regierungsparteien, haben sich dieser Aufgabe zu stellen und nicht nur in Sonntagsreden zu erklären, daß man ja eh gegen die Armut ist und daß es eigentlich unverständlich ist, daß in diesem Land die Armut ansteigt. Sie sollten einem Antrag zustimmen, in dem nichts Unmögliches verlangt wird, in dem nur verlangt wird, sich die Zeit zu nehmen, eine gründliche Regelung der sozialen Absicherung gegen Armut bis Ende 1997 zu erarbeiten.

Das ist keine Frist, die von heute auf morgen irgend jemanden überfordern würde, sondern das ist eine Frist, in der eine gründliche Debatte stattfinden könnte. Nehmen wir uns die Zeit dafür, tatsächlich eine soziale Absicherung herbeizuführen.

Ich komme noch einmal zurück zur Mogelpackung, zum Budgetprogramm. Was Österreich trotz allem von der EU unterscheidet, meine Damen und Herren, ist folgendes: Unser Finanzminister beziehungsweise unsere Bundesregierung macht schnell einen Griff in die Kasse und läßt nicht mehr locker. Wenn sie einmal in die Taschen greift, dann läßt sie nicht mehr locker, dann will sie das Geld nicht mehr auslassen – egal, ob es ihr zusteht oder nicht. Und das, muß ich zugeben, ist ein kleiner Unterschied zur EU. Die EU hat Mitgliedsbeiträge von Österreich verlangt und festgestellt: Wir können das, was Österreich und die anderen Mitgliedsländer an Beiträgen bezahlt haben, gar nicht ausgeben. Österreich bekommt daher Mitgliedsbeiträge zurückerstattet, und zwar in der Höhe von 3,4 Milliarden Schilling. – Das ist keine kleine Summe, meine Damen und Herren! Der Finanzminister konnte mit dieser Summe nicht rechnen. Er konnte nicht wissen, daß Rückzahlungen fällig werden, weil die EU das Geld nicht verbraucht hat. Meine Damen und Herren, ich möchte nicht, daß der Finanzminister diese 3,4 Milliarden Schilling auch so schnell einfach irgendwo einschiebt und verschwinden läßt, ohne daß es die Österreicherinnen und Österreicher merken.

Wir stellen daher den Antrag, daß diese 3,4 Milliarden Schilling für eine aktive Arbeitsmarktpolitik verwendet werden, die in diesem Land immer zu kurz kommt – das wissen wir aus jeder Debatte. Es gehört auch zu den Sonntagsreden, daß wir uns relativ schnell darüber einig sind – mit Nuancen –: Für die aktive Arbeitsmarktpolitik müßte man eigentlich mehr ausgeben.

Angesichts der 80 000 NotstandshilfeempfängerInnen, meine Damen und Herren, und einem gravierenden Anstieg in bestimmten Bundesländern fordere ich Sie auf, dieser Zweckwidmung von 3,4 oder 3,5 Milliarden Schilling für die aktive Arbeitsmarktpolitik zuzustimmen. Die Rückflüsse, die da kommen, sollen für aktive Arbeitsmarktpolitik verwendet werden. Ich halte das für nichts Unmögliches. (Beifall bei den Grünen.)

Ich verlese den Antrag, meine Damen und Herren:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freunde und Freundinnen betreffend Nutzung der aus dem EU-Haushalt an Österreich rückerstatteten Finanzmittel für aktive Arbeitsmarktpolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die aus dem EU-Haushalt 1996 an Österreich rückerstatteten Finanzmittel in der Höhe von 3,5 Milliarden Schilling für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu verwenden."

*****

Ich stelle einen weiteren Antrag. Weil es um die Arbeitslosigkeit in diesem Land geht, weil es darum geht, daß man hier auch Zeichen setzen soll, weil es darum geht, daß die Fiskalkriterien des Maastrichter Vertrages hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion – die Konvergenzkriterien und dabei die Fiskalkriterien – auch die Wirtschaft in diesem Land gefährden, stellen


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wir den Antrag, daß die Defizitgrenze für das Nettodefizit kurzfristig von 3 auf 3,5 Prozent erhöht wird.

Ich weiß, daß das in allen Kreisen diskutiert wird. Man versucht, sich irgendwie herumzumogeln und sagt: Wir zahlen Beiträge an die EU, und wenn man diese einrechnen würde, dann wären wir ohnehin darunter. Man versucht ja eine Lösung in diesem Sinn zu konstruieren, wie wir das auch mit dem Antrag versuchen – allerdings etwas offener, denke ich. Weil ich Sie nicht über Gebühr strapazieren will, lese ich Ihnen nur noch den Antrag vor.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freunde und Freundinnen betreffend Vorbereitung einer Beschäftigungsoffensive

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Revision der Verträge über die Europäische Union folgenden Vorschlag vorzulegen: Den Mitgliedstaaten soll es gestattet werden, bis zu 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für zusätzliche beschäftigungspolitische Maßnahmen bereitzustellen. Unter der Voraussetzung, daß die Mittel für beschäftigungspolitische Maßnahmen zweckgewidmet werden, wird die höchstzulässige Defizitgrenze von 3 auf 3,5 Prozent angehoben."

*****

Meine Damen und Herren! Mein Kollege Van der Bellen wird dann noch einige Anmerkungen zur Beschäftigungspolitik und zur Notwendigkeit von beschäftigungspolitischen Maßnahmen, zu den Versprechen, die Sie den Österreicherinnen und Österreichern in diesem Zusammenhang gemacht haben, machen.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für nichts Unmögliches. Sie alle bekennen sich zur Beschäftigungsunion. Da gibt es eine Charta der christlichdemokratischen Parteien, was weiß ich noch alles. Alle zeigen auf, wenn es darum geht, daß Beschäftigung geschaffen werden soll in Europa. Wenn es aber um konkrete Maßnahmen geht, wie in diesen Anträgen formuliert, dann, so vermute ich, werden die meisten Hände wieder unten bleiben.

Meine Damen und Herren! Die Probe dieser beiden Anträge – zur aktiven Arbeitsmarktpolitik, wo es nur um die Zweckwidmung von Beiträgen geht, und der Beschäftigungspolitik für Europa –, die werden wir Ihnen nicht ersparen. (Beifall bei den Grünen.)

20.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Öllinger hat drei Entschließungsanträge verlesen, die alle drei ausreichend unterstützt sind. Sie werden daher in die Verhandlungen mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.04

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn Herr Abgeordneter Öllinger das Sparpaket 1996 mit einer russischen Puppe verglichen hat, so muß ich sagen: Ich kann mich durchaus damit identifizieren, denn das heißt, daß dieses Sparpaket von Jahr zu Jahr kleiner und damit die Belastung der Bevölkerung durch das Sparpaket geringer wird. Das bedeutet also, die Strukturmaßnahmen haben gegriffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben unbewußt gezeigt, daß das Sparpaket strukturell greift und daher die Belastung mit den Jahren immer kleiner wird. (Abg. Öllinger: Aber es kommt, das Sparpaket!)


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir sind nun seit 20 Monaten Mitglied der Europäischen Union, und die Zeit bis September 1996 – die weiteren Monate werden ähnliches ergeben – war sicher eine sehr große Herausforderung für die österreichischen Bauern.

Die starken Preisabsenkungen, die unmittelbar nach dem EU-Beitritt stattgefunden haben – es ist ja immer in Frage gestellt worden, ob die Abgeltungen und Ausgleichszahlungen für die bäuerlichen Leistungen wohl kommen werden –, haben natürlich die Stimmung der Bauern bezüglich EU gedämpft. Übelwollende haben vor dem Beitritt Österreichs zur EU ja sowieso das Sterben der Bergbauern vorausgesagt. Ich habe es noch im Ohr, als sozusagen der kleine Bergbauer dem großen holländischen Agrarindustriellen gegenüberstellt worden ist, und es wurde behauptet, daß keine Chance besteht, daß wir die Bergbauern halten können. Andere haben uns eine Invasion der Schildläuse vorausgesagt, haben vorausgesagt, daß unsere Gewässer nach Spanien umgeleitet werden. – Die Donau fließt noch immer ins Schwarze Meer und nicht nach Spanien oder nach Gibraltar. Das heißt, vieles von der Opposition Gesagte, das Unsicherheit in bezug auf die Zukunft erzeugt hat, ist nicht eingetroffen.

Es sind derzeit die Ergebnisse von 2 482 Buchführungsbetrieben aus dem Jahre 1995 in Diskussion. Für den Grünen Bericht werden Aufzeichnungen am Hof gemacht, und die Ergebnisse werden dann von Wirtschaftstreuhändern, von der Buchführungsgesellschaft ausgewertet. Und es wird immer mit Prozenten argumentiert. Ich meine aber, die österreichische Bevölkerung sollte die tatsächlichen Zahlen erfahren. 22 Prozent Plus sagt sehr wenig aus, wenn man den Ausgangspunkt nicht auch miterläutert.

Im Jahre 1995 betrugen die Jahreseinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft pro Familienarbeitskraft im Durchschnitt aller österreichischen Betriebe 175 800 S. Allerdings kommt dieses Jahreseinkommen nicht bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden oder 38 Stunden zustande, sondern von 60, 70, in den Erntezeiten teilweise sogar von 80 Stunden in der Woche. Und wenn wir dieses Jahreseinkommen durch – wie es bei unselbständig Erwerbstätigen üblich ist – 14 dividieren, so kommt man auf ein Monatseinkommen von 12 500 S. Ich sage aber dazu, daß es trotzdem eine Besserstellung gegenüber dem Jahr 1994 war. Und es zeigt sich, daß die Regierung Wort gehalten hat – allerdings unter starkem Druck der Volkspartei und des Bauernbundes –, daß die Europaübereinkommen, die Vereinbarungen auch in Zeiten des Sparpakets gehalten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bergbauern haben ein Jahreseinkommen von 147 890 S und durch 14 dividiert ein Monatseinkommen von 10 500 S. Das heißt, wir haben alles zu unternehmen, damit wir in den nächsten Jahren – im heurigen Jahr wird es besonders trist aussehen – weitere Verbesserungen erreichen.

Für uns ist erfreulich, daß die Verschuldung der Bauern im vergangenen Jahr von im Durchschnitt 420 000 S auf 350 000 S zurückgegangen ist. Im Vergleich dazu: Die Schweizer Bauern haben im vergangenen Jahr ein Einkommensminus von 12 Prozent hinnehmen müssen – auch Buchführungsergebnisse –, haben aber eine Verschuldung von absolut 1 420 000 Schilling. (Abg. Wabl: Absolut?) Jeder Schweizer Bauer ist mit 1 420 000 S verschuldet!

Wir hatten vor etwas mehr als einem Monat in Gars am Kamp, im südlichen Waldviertel, eine Art mitteleuropäisches Agrarpolitikertreffen, woran der Schweizer Bauernverband mit Präsident und Direktor, ebenso der Südtiroler Bauernbundobmann mit Direktor sowie die österreichischen und bayerischen Agrarpolitiker teilnahmen.

Dort haben die Schweizer besonders geklagt, daß sie auf dem europäischen Markt keine Absatzmöglichkeiten mehr vorfinden, daß sie Marktanteile verlieren. Während die Schweizer Grenzen bei den Konsumenten durchlässiger werden, sind die Schweizer nicht mehr imstande, ihre Rinder außerhalb ihres Landes anzubringen. Die Schweizer nähern sich auch in der Getreideversorgung einer Selbstversorgung und haben größte Schwierigkeiten, da sie bisher durch sehr hohe Abschöpfungen von Getreideimporten teilweise ihre Agrarpolitik finanziert haben.

Wir haben auch vor dem EU-Beitritt den oberitalienischen Raum immer als einen Hoffnungsmarkt für die österreichischen Bauern gesehen, und dieser Hoffnungsmarkt hat sich auch be


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wahrheitet. Bereits im vergangenen Jahr konnten wir gegenüber einem Jahr zuvor die Agrarausfuhren nach Italien um 83 Prozent steigern, und zwar auf ein Volumen von über 5 Milliarden Schilling, und in der ersten Hälfte dieses Jahres – dazu liegt die Statistik vor – setzte sich dieser Trend weiter fort. Wir konnten im vergangenen Jahr rund 500 000 Tonnen Getreide und erstmals 200 000 Tonnen Rohmilch oder Trinkmilch nach Italien liefern. Davor wurde uns aufgrund der Außengrenze der EU eine Milchlieferung nach Italien – wir hatten lediglich einen Vertrag zum Export von Käse – überhaupt unmöglich gemacht.

Das heißt, wir konnten mit dem EU-Beitritt, der zugegebenermaßen auch für die Bauern Schwierigkeiten brachte – ich habe es bereits aufgezeigt –, den Markt erhalten. Es ist natürlich deprimierend, wenn der Getreidepreis innerhalb von Wochen auf die Hälfte fällt, der Rinderpreis um 25 Prozent und der Milchpreis um 33 Prozent sinkt. Das ist natürlich für den einzelnen Bauern psychologisch gesehen deprimierend. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Herr Abgeordneter Wabl! Sie wissen genau, daß durch die GATT-Bestimmungen bereits im Jahre 1995 die ersten Schwierigkeiten auftraten. Ohne EU-Beitritt wären wir bereits im Jahre 1995 gezwungen gewesen, erstens die gestützten Agrarausfuhren zurückzunehmen und zweitens die Förderungen – im heurigen Jahr wiederum um weitere 6 Prozent – zu reduzieren. Das hätte uns denselben Preisverfall gebracht. Auch die Schweizer klagen, daß die Rinderpreise in ihrem Land innerhalb eines Jahres auf die Hälfte gefallen sind. Ich habe in dieser Woche erst Nachricht erhalten: Die Schweizer überlegen, 200 000 Rinder zu verbrennen, um sozusagen einerseits den Rückstau auf dem Markt aufzufangen und andererseits, weil sie auch eine Reihe von BSE-Fällen haben, damit zu signalisieren, daß alles Verdächtige verbrannt wird, um von den Konsumenten wieder mehr Vertrauen zu bekommen.

Darum geht es auch bei uns für die Zukunft. Bei den künftigen Maßnahmen ist in erster Linie auf den heimischen Markt und auf das Vertrauen der Konsumenten in unser heimisches Rindfleisch Bedacht zu nehmen. Aus diesen Gründen werden wir europaweit – und auch Agrarkommissar Fischler hat es angekündigt – Herkunftsbezeichnungen für Rindfleisch sozusagen bis hin zum Supermarkt nachvollziehbar verlangen. Es wird dadurch sicher ein großer bürokratischer Aufwand entstehen, der aber nicht zu vermeiden ist. Aber dieser ist uns das wert, wenn wir das Vertrauen der Konsumenten wieder zurückgewinnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haider hat heute in seiner Wortmeldung gesagt, im vergangenen Jahr hätten 12 400 Bauern mit der Bewirtschaftung ihres Betriebes aufgehört. Das stimmt doch nicht. Ich habe anhand der Zahlen der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und des Grünen Berichts genau ermittelt: Es haben im vergangenen Jahr rund 3 000 landwirtschaftliche Betriebe zugesperrt. Das ist etwa 1 Prozent. Das liegt im langjährigen Trend und im Durchschnitt. Außerdem sind es sehr kleine Betriebe, die mit der Landwirtschaft aufgehört haben.

Es sind aber bei den Hofübergaben viele Vollerwerbsbetriebe, wo die Vollerwerbsbauern in Pension gegangen sind und wo der Hofübernehmer bereits einen Beruf außerhalb der Landwirtschaft hatte und bei der Hofübernahme den Beruf nicht aufgegeben hat, zu Nebenerwerbsbetrieben geworden. Doch das ist für mich kein "gestorbener" Bauer. Aber das spiegelt die Einstellung der FPÖ zu den Nebenerwerbsbauern wider: Ein Nebenerwerbsbauer ist für sie ein "gestorbener" Bauer.

Wir haben aufgrund unserer Größenstruktur – es sind 135 000 österreichische Betriebe kleiner als 10 Hektar –, also strukturell bedingt, viele Nebenerwerbsbetriebe. Aus diesen Gründen haben wir eine Agrarpolitik zu machen, die auf Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe Bedacht nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer Wunsch bei der europäischen Integration – die EU-Erweiterung Richtung Osten wird aufgrund der hohen Einkommensunterschiede noch viele Jahre auf sich warten lassen – ist die Ökologisierung der Landwirtschaft. Bei der Festigung der europäischen Integration der jetzigen 15 Mitglieder werden wir Bedacht darauf nehmen – da Österreich eine besonders ökologische Einstellung hat und wir in Österreich auch das größte Umweltpaket aller 15 EU-Staaten umgesetzt haben: 180 000 Bauern aus Österreich haben sich am Umweltprogramm beteiligt, und zwar mit einem Kostenvolumen von 7,4 Milliarden, das im heurigen Jahr noch um


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eine Milliarde höher sein wird –, daß europaweit höhere Umweltstandards und auch schärfere Tierschutzbestimmungen eingeführt werden. Denn eines kann nicht sein: daß wir in Österreich viele Dinge verbieten und dann zu uns wesentlich schlechtere Produkte hereinkommen.

Eine weitere Maßnahme, die allerdings innerösterreichisch durchzusetzen ist: Durch die wesentlich niedrigeren Preise haben wir weniger Mehrwertsteuer eingenommen. Die Investitionen werden aber von unseren Bauern in verstärktem Maße durchgeführt. Im heurigen Jahr gab es einen neuerlichen Boom. Das heißt, daß wir eine bessere Anrechnung der Vorsteuer brauchen, um da wieder einen Ausgleich finden zu können. Ansonsten wären alle Bauern gezwungen, für die Mehrwertsteuer Buch zu führen. Das würde aber für die Finanzämter bedeuten, 250 000 Anträge oder Steuerakte mehr zu bearbeiten. Ich hoffe, es gibt darüber in der nächsten Zeit Gespräche, um eine gerechte Vorsteueranpassung zu erreichen.

Abschließend noch eine Bemerkung zum Abgeordneten Prinzhorn, der sich besonders auf den Umweltschutz bezogen hat. In der gestrigen Ausgabe der "Salzburger Nachrichten" steht: "Wald schwer geschädigt, Halali auf Reh und Hirsch!" – Im Revier vom Abgeordneten Prinzhorn in Mur im Lungau sind derartige Waldverwüstungen entstanden (Abg. Haigermoser: Weil der Schwarzenberger dort war!) , daß auf einer Fläche von 800 Metern im Umkreis bei Fütterungen überhaupt kein Jungwuchs mehr aufkommen kann und alles geschädigt ist. Die Behörde hat einen Zwangsabschuß von 100 Stück Rotwild, 65 Gemsen und 30 Rehen bis Ende dieses Jahres verordnet. (Beifall bei der ÖVP.) Man sollte den Abgeordneten Prinzhorn aufmerksam machen: Diese Art von Waldverwüstung ist strafbar. Bei einer Anzeige hat er mit einer gerichtlichen Verfolgung zu rechnen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

20.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.19

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Da gibt es einiges zu sagen, meine Damen und Herren! Ich habe es schon befürchtet, heute am frühen Morgen, als die Debatte, Bezug nehmend auf die Werkverträge, ein weiteres Mal über die Medien geführt wurde, daß die ÖVP wieder umfällt. Das gehört natürlich zu den Gesamtbedingungen in der Wirtschaft. Die ÖVP hat es einmal mehr fertiggebracht, auch im Liegen umzufallen. Das ist ja nichts Neues! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird auch ganz interessant sein, wenn wir uns auf der Wallstatt der Wiener Wahl – Görg ist gleich gegen den Rest der ÖVP – treffen.

Nun zur Schwarzenbergerischen Bauernrede. Nach dieser deiner Rede wundert mich nicht mehr, Kollege Schwarzenberger, daß du in Salzburg bei deinen Versammlungen bei den Bauern nur mehr in Gendarmeriebegleitung auftreten kannst. Das wundert mich nicht mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Da verwechselst du mich mit Haider!)

Herr Kollege Schwarzenberger! Kein Wort von dir über den Preisverfall bei den Rindern. (Abg. Schwarzenberger: Ich habe gesagt, daß der Rinderpreis um 25 Prozent gefallen ist!) Kein Wort darüber, zu welchem Preis man nach Italien Getreide exportiert. Kein Wort über all diese Dinge! Außerdem Kollege: Vom Durchschnittseinkommen bei den Bauern kann jener Bauer nicht leben, welcher unter diesem Durchschnittseinkommen leben sollte. (Abg. Schwarzenberger: Na sicher!) Mit Statistiken hausieren zu gehen und zu glauben, Bauernprobleme damit lösen zu können, ist gelinde gesagt unredlich. (Abg. Schwarzenberger: Warum habt ihr in der Steiermark bei der Landwirtschaftskammerwahl soviel verloren?) Bleiben wir einmal bei diesem Thema, Kollege Schwarzenberger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß, daß die Landwirtschaft Probleme reihum ... (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Hör doch endlich mit diesen Kalauern auf! Kollega, hör doch endlich mit diesen Kalauern auf. Das bringt uns doch nicht weiter. Wir wollten doch eigentlich gemeinsam Bauernprobleme lösen, so wie wir es kurzzeitig, als ihr aus den Fängen der sozialistischen Koalition einmal ein bisserl ausgekommen seid – vor Weihnachten, vor der Nationalratswahl –,


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für die Bauern gemeinsam tun konnten, nachdem sich die Sozialisten lange dagegen gewehrt haben. Darüber solltest du einmal nachdenken und nicht mit Rotwildabschüssen polemisch hausieren gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Ich habe nur die "Salzburger Nachrichten" von gestern zitiert!)

Meine Damen und Herren! Zur Europadebatte zurückkehrend: Noch einmal: Wir Freiheitlichen sind mit Leidenschaft Europäer (Rufe bei der SPÖ: Oh!) , aber mit ebenso dieser Leidenschaft (Abg. Schwarzenberger: Seid ihr dagegen!) werden wir uns gegen das gleichmacherische Maastricht-Europa sozialistischen Zuschnitts wehren, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist ein qualitativer Unterschied: Ich bekenne, daß ich mich für Europa ausgesprochen habe, aber ich bin nicht dafür, daß man jetzt hergeht und über EU, Maastricht und die Eurowährung Österreich und die kleineren Länder in Europa über den Tisch zieht, wie es offensichtlich Hums mit dem Herrn Bartenstein gelungen ist; das ist auf Europa übertragen, meine Damen und Herren. Daher werden Sie uns nicht an Ihrer Seite haben, wenn es darum geht, mit dem Euro den Schilling abzuschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen, daß Sie bei Ihren Verhandlungen in der EU, was die Vertretung österreichischer Interessen anbelangt, versagt haben, sei es beim Transitvertrag, sei es bei den Beitragszahlungen. Kein geringerer als Herr Staatssekretär Karl Schlögl hat nach dem Beitritt gesagt, wir könnten ruhig selbstbewußter in Brüssel auftreten. Das heißt also, daß man vordem nicht selbstbewußt genug aufgetreten ist, sich, wie gesagt, über den Tisch ziehen ließ, meine Damen und Herren, und sich wie das Kaninchen vor der Schlange vor Brüssel gefürchtet hat.

Meine Damen und Herren! Heute fiel kein Wort zur Geldverschleuderung in Brüssel, wie es selbst der Europäische Rechnungshof dingfest gemacht hat. Der Europäische Rechnungshof hat festgestellt, daß in Brüssel in der Eurokratie ein Milliardenloch gähnt, in welchem die Milliarden versickern, in weiten Bereichen unkontrolliert, und die Kritik des Europäischen Rechnungshofes keinerlei Früchte gezeitigt hat. Das heißt also, daß es interessant ist, wenn festgehalten wird, daß für 14 Prozent – man höre und staune: für 14 Prozent! – des europäischen Budgets beziehungsweise der Ausgaben aus diesem Budget keinerlei Belege aufzufinden sind. Man weiß gar nicht, wohin das Geld gekommen ist. Es ist irgendwo versickert. Ich hoffe, daß es nicht in den Fängen der Sozialdemokraten in Belgien im Zuge des roten Skandals versickert ist. Das hoffe ich nicht, und ich unterstelle es auch nicht.

Aber zumindest, meine Damen und Herren, ist festzuhalten, daß das Budget der Europäischen Union explodiert, und zwar um 8,4 Prozent. Dreimal so hoch wie die nationalen Haushalte schnellt dieses Budget empor. Nebenbei bemerkt, es sind zwischen 1980 und 1996 die Ausgaben der Europäischen Union verfünffacht worden. Das heißt also, daß wir darüber nachdenken sollten, wie sich in Zukunft die Beitragszahlungen an die EU aus Österreich gestalten sollen.

Meine Damen und Herren! Österreichischer Beitrag: 50 Milliarden Schilling im ersten Jahr, 26 Milliarden Schilling des weiteren, auf 30 Milliarden Schilling hinaufschnellend. Das heißt also, daß Österreich überproportional zahlt, und das in Zeiten wie diesen, wo Sie den Österreichern ein Sparpaket, ein Belastungspaket aufs Auge drücken, das seinesgleichen sucht. (Abg.


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Parnigoni: Deine Diktion sucht "seinesgleichen"!)

Meine Damen und Herren! Wir haben ja Vranitzky auf frischer Tat ertappt – er hat sich selbst quasi ertappen lassen – bei diesem Brief, den er wieder an die Pensionisten als Wiederholungstäter geschickt hat, jetzt vor der Wahl des Europäischen Parlaments, in dem er verspricht: Wir garantieren die Pensionen! – Garantiert hat er gar nichts, er hat nur garantiert, daß wieder die Pensionisten und die Ärmsten der Armen zur Kasse gebeten werden. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das tut euch weh! – Abg. Parnigoni: Soviel Blödsinn!)

Er, Franz Vranitzky, hat heute wörtlich gesagt, für korrekte Verwendung der Steuergelder eintreten zu wollen. Ich mahne ein, auch in Brüssel sollte er dies tun. 14 Prozent versickern in dunklen Kanälen, meine Damen und Herren! So kann es mit Sicherheit nicht weitergehen. (Abg. Parnigoni: Beim Haigermoser wahrscheinlich!) Daher verlangen wir Neuverhandlungen in der EU, was die österreichische Beitragszahlung anbelangt, und daher stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Kollegen betreffend EU-Beitragsermäßigungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, so rasch wie möglich in den zuständigen Organen der Europäischen Union die Ungleichgewichtigkeit der Belastungen zu thematisieren, mit dem Ziel, die hohen österreichischen Beitragszahlungen an die Europäische Union maßgeblich zu verringern."

*****

Das verlangen wir auch deswegen, weil interessanterweise Luxemburg, eines der reichsten, wenn nicht das reichste Land der Europäischen Union, Nettoempfänger ist. Also wir Österreicher zahlen für die reichen Luxemburger. Das kann doch nicht wahr sein! Nebenbei bemerkt, auch für Dänemark und Belgien. In Belgien wurde liederliche sozialistische Politik betrieben; aber das sei nur in Klammern gesetzt. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Die bringen sich gegenseitig um, die Sozis!)

Meine Damen und Herren! Sie sind ja immer so stolz auf die Sozialistische Internationale. Sie sollten sich einmal anschauen, mit wem Sie da drinnen sitzen! Allenthalben, meine Damen und Herren! (Abg. Parnignoni: Sie haben überhaupt keine Internationale!) Sie sollten sich anschauen, mit wem Sie in der Sozialistischen Internationale drinnen sitzen: mit einem Herrn Craxi, mit einem Herrn Emmanuelli, mit den Sozialisten aus Belgien, mit der Frau Ritt Bjerregaard, die sich eine Sozialwohnung erschwindelt hat, et cetera, et cetera. (Abg. Dkfm. Holger Bauer , in Richtung SPÖ: Eure Genossen!) Sie sollten sich schämen! Distanzieren Sie sich von diesen Herrschaften, Herr Kollega, wenn Sie einen Funken Anstand haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun: Wilhelm Henke, der einstige Chef ... (Abg. Parnigoni: Allein bist du! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich fühle mich mit meinem Alleinsein ganz wohl, Kollege Parnigoni. Mit solchen Leuten, die mit dir in der Sozialistischen Internationale den Leuten das Geld aus dem Sack ziehen, möchte ich nicht zusammen sein.

Nun: Was sagt Wilhelm Henke, der einstige Chef der hessischen Landesbank, zur europäischen Währung, zum Euro? – Er sagt folgendes: "Die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung vor einem nötigen Vertrauensgewinn bei internationalen Investoren und auf den Finanzmärkten werde zu einer massiven Kapitalflucht und hohen Zinsen führen, die eine schwere Stabilitätskrise in der EU auslösen werden. Die wahren Nutznießer der Währungsunion, wie sie vom Maastrichter Vertrag vorgegeben wird, würden der Dollar und der Yen sein." – Ende des Zitates.

Wilhelm Henke ist kein Freiheitlicher, ich kenne den Herrn nicht, er ist ein Experte, wie mir gesagt wurde; und zwar ein internationaler Experte auf dem Währungssektor. Er stellt fest, daß die Einführung des Euro zum vorgegebenen Zeitpunkt eine gewaltige Katastrophe in Europa auslösen wird. – Die Hauptleidtragenden werden unter anderem die österreichischen Bürger sein, weil wir wegen Ihrer Beitragsverhandlungen, meine Damen und Herren von der Koalitionsregierung, zuviel zahlen müssen, wie ich bereits erwähnt habe, und das – noch dazu mit den Prozentsätzen, die Sie ausgehandelt haben – auch weiterhin tun werden müssen.

Daher verlangen wir Neuverhandlungen nach britischem Muster. Großbritannien hat einen "Britenrabatt", wie man in Europa sagt, ausgehandelt. 4,7 Milliarden DM Nachlaß hat Thatcher – da sollten Sie sich ein Beispiel nehmen! – aus den Kassen Europas zurückverlangt. Das heißt


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also, daß es möglich ist, derartige Verhandlungen erfolgreich zu führen, wenn man sich nicht vor Brüssel fürchtet, wie Schlögl gesagt hat. Mich wundert nicht, daß der Spruch die Runde macht: Denkt er an Brüssel in der Nacht, dann ist er um den Schlaf gebracht.

Meine Damen und Herren! Dieser Spruch stammt nicht von mir, sondern von keinem geringeren als CSU-Chef Stoiber, interessanterweise einem erfolgreichen neokonservativen Politiker, der sehr viel von den freiheitlichen Vorstellungen abkupfert und wie Finanzminister Waigel auch feststellt, daß es bei den Beitragszahlungen der Bundesrepublik nicht mehr so weitergehen könne und daher seitens der Bundesrepublik entsprechende Neuverhandlungen ins Auge gefaßt werden.

Das heißt, meine Damen und Herren, daß Ihr Verhandlungsergebnis eine Katastrophe war. Seinerzeit, am 2. März 1994, hat Häupl gesagt, über die Verhandlungsergebnisse sei er erfreut. Jetzt sind die Posthorntöne des Herrn Häupl eingefroren. Er ist wieder einmal auf dem Trip des Herrn Ettl von der SPÖ unterwegs, der schlußendlich feststellt, daß auch starke soziale Ungereimtheiten im Ergebnis Ihrer Vertragsverhandlung, also in diesen Verträgen, enthalten sind. Dem braucht man nichts hinzuzufügen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Haigermoser verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.31

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, in solch einer ernsten Debatte, in welcher es um Beschäftigung, Wirtschaft und Arbeitsplätze geht, sollte doch wieder etwas mehr Sachlichkeit Platz greifen. Daher möchte ich auch grundsätzlich ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Da kenne ich mich überhaupt nicht mehr aus!) Naja, wenn man sich nicht mit den Analysen beschäftigt, sondern hier immer nur polemisch argumentiert, dann kann ich mir schon vorstellen, daß Ihnen der Blick auf das Wesentliche und auf die Sache verlorengeht, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die derzeit stattfindenden strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft werden weitgehend als krisenhafte Entwicklung empfunden. Altes, Gewohntes ist in seinem Bestand bedroht. Unternehmen sehen sich einem verstärkten Konkurrenz- und Rationalisierungsdruck ausgesetzt, und die Arbeitnehmer sehen ihre Arbeitsplätze gefährdet. Diese Entwicklung gibt es sowohl in Europa als auch in den USA – das ist ja nicht auf ein Land alleine beschränkt –, aber auch in anderen Industrieregionen der Welt ist ein sich rasant beschleunigender Strukturwandel zu verzeichnen.

Wesentliche Kennzeichen dieses Wandels sind die steigende Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft. Die Produktion, der Ein- und Verkauf von Ressourcen und Waren werden von immer mehr Unternehmungen, insbesondere von großen Konzernen, im weltweiten Maßstab organisiert. Diese Entwicklung und die Anwendung neuer Technologien dringen in alle Produktions- und Lebensbereiche vor und verändern die Organisations-, Arbeits- und Lebensbedingungen radikal. Entsprechend kürzer werden dadurch auch die Lebenszyklen und Herstellungsmethoden von Produkten, und die internationale Arbeitsteilung bewirkt Veränderungen und Sättigungstendenzen auf traditionellen Märkten.

Gleichzeitig wandern Industrien aus den industriellen Zentren in die peripheren Regionen und in die Schwellenländer oder auch in Länder der Dritten Welt ab. Beschleunigt – gerade wir merken das sehr deutlich – wird dieser Prozeß durch die Öffnung der Märkte Osteuropas.

Neben der Abwanderung ganzer Industrien werden verschiedene Produktionsbereiche von Unternehmen ausgelagert, und so wird das Lohngefälle, aber auch die unterschiedlichsten Belastungsniveaus durch Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen zur Steigerung der Gewinnsituation ausgenutzt. Das ist zunächst einmal die Analyse.


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Rationalisierung der Produktion ist ein wesentliches Kennzeichen der Wirtschaft. Immer mehr Produkte und Leistungen werden mit immer weniger Arbeitskräften hergestellt. Bisher konzentrierten sich diese Rationalisierungsmaßnahmen auf die Arbeitsteilung und Automatisierung des Produktablaufes bei großen Stückzahlen. Bei der neuen Managementmethode, der sogenannten Lean-Production, steht der gesamte Organisationsablauf im Zentrum der Optimierungsbestrebungen. Das Ziel dabei ist eine reibungslose, schnelle und verbesserte Gestaltung des Fertigungsflusses in der Form einer sich selbst regulierenden und optimierenden Gruppenarbeit. Zusätzlich wird eine neue Qualitätsanforderung in Form des Null-Fehler-Zieles angestrebt. Zu diesen Modernisierungsstrategien zählt dann auch, wie in allen Industriebereichen bekannt, die Just-in-time-Beziehung zu den jeweiligen Lieferanten und Händlern. Das Ziel besteht darin, die Durchlaufzeiten drastisch zu senken, Fehler auszuschalten, Pufferzonen zu eliminieren, die Zeit für Forschung, Entwicklung und Konstruktion zu minimieren, Lagerzeiten zu verkürzen oder überhaupt zu beseitigen und somit die notwendige Arbeitszeit und damit auch die Beschäftigung zu reduzieren.

Das sind die Fakten, mit denen wir in der Zukunft fertig werden müssen!

Die Rationalisierungsauswirkungen zeigen sich auch in meinem Bundesland, in Oberösterreich. Die drei wesentlichen Wirtschaftssektoren verschieben sich entsprechend einem langfristigen Trend, wonach der Dienstleistungsbereich zum dominanten Beschäftigungsfeld der Zukunft wird. War der Anteil der unselbständig Beschäftigten in Oberösterreich im Jahre 1986 in der Sachgüterproduktion und im Dienstleistungsbereich mit etwa 49 Prozent gleich stark, so hat sich der Anteil der Beschäftigten im Jahre 1994 in der Sachgüterproduktion auf 42,4 Prozent reduziert, während im Dienstleistungsbereich fast 57 Prozent unselbständig erwerbstätig waren.

Beschäftigung und Wirtschafts- und Währungsunion, das sind die Themen, die uns ganz stark beschäftigen. Der Stellenwert der Beschäftigungspolitik ist allerdings in den Maastricht-Verträgen deutlich unterbelichtet. In diesen Verträgen verpflichteten sich die Mitgliedstaaten lediglich zur Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Schwerpunkt des Konzepts der Wirtschafts- und Währungsunion ist somit eindeutig auf fiskalische und monetäre Größe beschränkt. Es ist daher gerade unser Vorstoß in der EU so wichtig, und Bundeskanzler Vranitzky hat es ja heute auch in seinem Beitrag betont, daß Beschäftigung und Beschäftigungspolitik genauso ernst genommen werden müssen wie die gemeinsame Währung. Ich kann das nur unterstreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Angesichts der ohnehin dramatischen Lage auf dem Arbeitsmarkt muß einfach der Beschäftigungspolitik ein größerer Stellenwert eingeräumt werden. Die beschäftigungspolitischen Anstrengungen der EU – erwähnenswert dafür ist das Weißbuch betreffend Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und die Initiative von Essen – sind äußerst begrüßenswert, doch nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Alle Anstrengungen sind daher zu unternehmen, dem Problem der Massenarbeitslosigkeit wirksam zu begegnen.

Von Unternehmerseite werden oft nur Opfer verlangt. Nur bei geringer Entlohnung, bei verringertem Arbeitnehmerschutz, bei flexiblen Arbeitszeiten könnten Arbeitsplätze gehalten werden: Das hört man jetzt leider Gottes sehr häufig. Gleichzeitig wird aber immer verlangt, die Sozialleistungen zu kürzen, weil sie zu kostspielig seien und die Arbeitsmoral untergraben.

Aus der Sicht eines Einzelunternehmers mag diese Argumentation bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht verständlich sein. Wenn Konkurrenten ein gleiches Produkt billiger anbieten können, weil sie offensichtlich eine etwas günstigere Kostenstruktur aufweisen, werden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen verglichen und als Verursacher für die eigene, schlechtere Position definiert.

Die unterschiedlichen Strukturen sind ja meist historisch gewachsen, aber mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen müssen die einzelnen Wirtschaftssubjekte letztlich immer kalkulieren. Man kann aber daraus nicht folgern, daß auch in Österreich ein Einkommensniveau wie etwa das in Osteuropa anzustreben wäre. Eine Senkung der Löhne und Gehälter bedeutet letztendlich ja auch eine Senkung des Lebensstandards auf das entsprechende Niveau, und ein Rück


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gang der privaten Nachfrage würde die wahrgenommene Krise nur verstärken und zu einer wirklichen Wirtschaftskrise führen.

Ich muß an dieser Stelle wieder auf Vranitzky zurückkommen, der heute gesagt hat, Lohnsenkung und Sozialdumping darf kein Mittel zur Beschäftigungssicherung sein. Nur: Es ist bezeichnend, daß bei dieser Passage lediglich die linke Seite dieses Hauses applaudiert hat; ich habe da sehr genau aufgepaßt.

In den meisten Branchen spielen die Personalkosten, inklusive Sozialabgaben, aufgrund der hohen Produktivität eine immer untergeordnetere Rolle. In vielen Industriebranchen entfallen nur mehr 15 bis 35 Prozent der Gesamtkosten auf Löhne und Gehälter. Darin alleine kann daher nicht der Grund für die Wettbewerbsfähigkeit bestehen. Der Großteil der Kosten entfällt auf Vorleistungszukäufe und auf Kapitalkosten. Wettbewerbsfähigkeit ist daher das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren und keinesfalls gleichbedeutend mit den Arbeitskosten.

Diese Unsinnigkeit wird immer wieder auch in der Behauptung geäußert – die natürlich auch unterstrichen wird –, daß zum Beispiel die hohen Arbeitskosten die Betriebe in den Ruin treiben. Dem widerspricht ja sehr deutlich eine Studie des Kreditschutzverbandes, der auch eindeutig festgestellt hat, daß 86 Prozent aller Insolvenzen hausgemacht sind, das heißt, vom Unternehmen selbst verschuldet sind. Ich möchte auf die Details hier gar nicht mehr näher eingehen.

Das heißt, die Personalkosten spielen in der modernen arbeitsteiligen und international verflochtenen Wirtschaft in den meisten Branchen nur mehr eine untergeordnete Rolle. In der Automobilindustrie – das sagte kürzlich ein Spitzenmanager – sind die Zulieferstrukturen für die Kosten entscheidender als die Arbeitskosten. Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitutes zufolge wies Österreichs Industrie einen durchschnittlichen Personalkostenanteil von 25,7 Prozent auf – auch da wieder: Tendenz fallend. Da kommt dann meistens auch noch die Frage der Lohnnebenkosten, auf die ich auch nicht mehr näher eingehen möchte, weil sie in diesem Haus schon ausreichend diskutiert wurden. Entscheidend sind nicht die Lohnnebenkosten, sondern die gesamten Arbeitskosten, meine sehr geehrten Damen und Herren, und zwar die gesamten Arbeitskosten bezogen auf die Produktivität und die Lohnstückkosten. Auch diesbezüglich hat Österreich eigentlich sehr gute Werte aufzuweisen. Die Stundenproduktivität in Österreichs Industrie ist jährlich um 4,9 Prozent gestiegen, der EU-Durchschnitt lag in den letzten Jahren bei 3,6 Prozent. Weder Japan – plus 1,7 Prozent – noch der Wettbewerbsweltmeister USA – plus 2,9 Prozent – konnten diesbezüglich mithalten.

Die Schlußfolgerung lautet daher: Für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist vor allem der Mensch von zentraler Bedeutung. Nur gut ausgebildete motivierte Menschen können jene Qualität der Arbeit erbringen, die den neuen Anforderungen entspricht. Nicht die Kürzung der Löhne und Sozialleistungen wird jene notwendige Kreativität und Innovationsfähigkeit schaffen, die bei der Entwicklung neuer Produkte, der Adaptierung neuer Technologien, neuer Marktstrategien und neuer Organisationsmethoden erforderlich sind. Setzen wir alles daran, diese Ziele umzusetzen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.43

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Frau Staatssekretär! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte beschäftigt sich mit den beiden Erklärungen der Regierungsmitglieder zu Wirtschafts- und Integrationsfragen. Das ist vielleicht zu dieser späten Stunde noch einmal in Erinnerung zu rufen. Ich hätte einen sozialpolitischen Eintrag zu diesem Thema vorzunehmen. Aus wirtschafts- und integrationspolitischer Sicht heißt das – auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden 13. Oktober und der EU-Wahlen –: Wie ist die Standortfrage Österreich zu beurteilen?

Die Standortfrage Österreich hat selbstverständlich nicht nur eine wirtschafts-, sondern auch eine sozialpolitische Dimension, weil diese beiden Dimensionen untrennbar zusammenhängen.


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Gerade heute nachmittag hatten wir Gelegenheit, den einen oder anderen Ausflug in Bereiche der österreichischen Sozialpolitik zu unternehmen.

Es ist mir ganz wichtig, dazu etwas einzutragen. Es wird gerne immer nur über Kosten und über Aspekte der Absicherung diskutiert. Ein Element wird dabei aber völlig vergessen, dabei ist es ein wesentliches Element der Sozialpolitik: die Verläßlichkeit der Einschätzung, wie es weitergeht. Und in diesem Punkt, so habe ich den starken Eindruck, waren der Herr Bundeskanzler eher wortlos, der Herr Vizekanzler eher sparsam und die bisherigen Debattenbeiträge der Kollegen und Kolleginnen aus den Regierungsfraktionen eher mit weißen Flecken ausgestattet. Die Frage der Standortentscheidung im Rahmen einer konkurrierenden Wirtschaft ist aber nicht nur eine Frage nach der Höhe der Kosten – das ist auch ein Aspekt –, sondern auch eine Frage nach der Verläßlichkeit der Entwicklung der Strukturen, der Verläßlichkeit der Entwicklung der Kosten und eine Frage der Verläßlichkeit der Rechtsordnung des Gebietes, in dem man sich ansiedeln will.

Diese drei Aspekte werden in jüngster Zeit durch die Regierungspolitik massiv vernachlässigt, indem nämlich ein Schauspiel vorgeführt wird, das nicht nur in Österreich, in der innenpolitischen Szene teilweise für Kummer, teilweise geradezu für schwarzen Humor sorgt: nämlich – als Beispiel sei es noch einmal festgemacht – die Debatte um den Versuch, mehr soziale Sicherheit dadurch zu erreichen, daß man die sogenannte Werkvertragsregelung geschaffen hat.

Es ist darüber schon gesprochen worden, aber ich möchte einen ganz wichtigen Aspekt beleuchten. Wenn wir so weitermachen, daß wir im April das eine Papier haben, im Mai das nächste, das Ganze am 1. Juni in Kraft treten lassen, dann im Juli eine erste rückwirkende Novelle machen und jetzt einen Krisengipfel nach dem anderen erleben, bis wir wahrscheinlich oder vielleicht – aber es gibt noch immer keinen Antrag der Regierung oder der Regierungsparteien – möglicherweise die nächste und wieder auf den ersten Juli rückwirkende Novelle bekommen, allerdings mit dem Aspekt, daß vielleicht nicht mehr alles rückwirkend repariert werden kann, weil teilweise schon Beiträge geflossen sind, teilweise schon Krankenscheine ausgestellt worden sind, schon Leistungen in Anspruch genommen worden sind, wenn wir also dieses Schauspiel fortsetzen, dann schadet das nicht nur der österreichischen Sozialpolitik, weil hier mit sozialen Argumenten in Wirklichkeit schnelles Geld gemacht wird, was dann in der Folge zu erhöhten Aufwendungen führen wird, die unproportional sind, sondern es schadet auch dem Wirtschaftsstandort in seiner Einschätzbarkeit. Ich sage es noch einmal: Nicht nur die Höhe der Kosten ist das Wesentliche bei einer Investitionsentscheidung – sei es jetzt die Höhe der Arbeitskosten als ein Element der Kosten und darin verborgen eventuell die Höhe der Kosten für soziale Sicherheit; das ist sicher auch ein Aspekt. Aber a) die Verläßlichkeit der Entwicklung solcher Kosten, b) die Verläßlichkeit der Entwicklung einer Rechtsordnung, c) die Üblichkeit von Rückwirkungen: Das sind Elemente, die Investoren gelegentlich abschrecken oder ermutigen. Wirtschaftlichkeitsrechnungen werden nicht in der Einnahmen-Ausgaben-Rechenform der Sozialversicherungsanstalten gemacht, sondern werden in mehrjährigen Vorschauen veranstaltet, in Fünfjahres- oder Zehnjahresrechnungen.

Wenn es heute nicht mehr möglich ist, eine brauchbare Wirtschaftlichkeitsrechnung für irgendein Investment anzustellen, weil man nicht einmal mehr genau abschätzen kann, was das auf der Ebene zum Beispiel der sozialen Kosten als einer der Komponenten bedeutet, weil man nicht genau weiß, wie sich diese entwickeln werden, dann ist das schlechter, als wenn sie allenfalls vielleicht da oder dort einmal zu hoch sind. Eine nicht vorhersehbare Entwicklung ist nämlich etwas, was Investoren dazu bringt, die Entscheidung entweder auszusetzen oder aufzuschieben oder anders zu treffen. Ich wollte das deswegen so deutlich hervorheben, weil an diesem Problem die Untrennbarkeit von Wirtschafts- und Sozialpolitik ein weiteres Mal manifest wird. Aber gerade uns vom Liberalen Forum, dem öfter der Vorwurf gemacht wird, wir hätten keine Probleme mit der sogenannten sozialen Kälte, ist es ein besonderes Anliegen – und das möchte ich Ihnen hier von diesem Rednerpult aus sagen –, daß die Sozialsysteme gut funktionieren, weil Sozialpolitik aus unserer Sicht friedensstiftende Politik ist, Politik, die dazu da ist, die friedliche Entwicklung in einer Gesellschaft auf der existentiellen Ebene gut abzusichern, zu entwickeln und zu entfalten. Und in diesem Sinne ist Sozialpolitik ein völlig untrennbarer


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Bestandteil auch der Wirtschaftspolitik und umgekehrt. Da gibt es kein Entweder-Oder, sondern nur ein Sowohl-Als-auch.

Aber Sie betreiben Sozialpolitik, indem Sie Werkvertragsregelungen der diskutierten Art alle wenigen Wochen und Monate immer wieder rückwirkend in Diskussion ziehen und verändern, statt daß Sie endlich die wirkliche Reform machen, die Sie als Bundesregierung, die seit 1987 in der jetzigen Konstellation regiert, seit annähernd 10 Jahren schuldig geblieben sind. Es ist ja nicht so, daß dieser Reformbedarf jetzt plötzlich hervorgebrochen ist. Das ist ja ein Problem, das längst bekannt ist. Da wird etwas als große Einigung verkauft, aber das Follow-up kommt nicht, der Antrag kommt nicht, und im Rahmen der Verkündigung der großen Einigung sagen die Regierungsmitglieder vor den Kameras gleichzeitig: Ja, aber die wirkliche Reform müssen wir erst machen, jetzt werden wir eine Arbeitsgruppe einsetzen.

Da frage ich Sie: Warum haben Sie den vielen Initiativen, die wir in dieser Richtung ergriffen haben, nie Ihre Zustimmung gegeben, zum Beispiel als wir einen Entschließungsantrag zur Vereinheitlichung der Dienstnehmerbegriffe eingebracht haben? Dies wäre ein erster und notwendiger Schritt auch zur Harmonisierung der Sozialversicherungsrechte, wo wir nichts anderes gemacht haben, als von der Bundesregierung einen Operationsplan einzufordern, wie sie bei der Harmonisierung der Pensionsrechte, bei der Harmonisierung der Dienstrechte vorzugehen gedenkt. Das wurde abgelehnt, und jetzt, weil wir vehement dafür eintreten, daß dieser absolute Pfusch zum Quadrat, diese Werkvertragsregelung, jetzt zurückgenommen wird, damit eine echte Reform stattfinden kann, wird uns unterstellt, wir hätten diesen Wunsch deswegen geäußert, weil wir möglicherweise überhaupt keine Sozialabsicherung für die Menschen wollten. Können die Damen und Herren von den Regierungsparteien nicht begreifen, daß, wenn man von etwas, das hoffnungslos mißlungen ist, verlangt, es soll zurückgenommen werden, das nicht heißt, daß man der Meinung ist, daß man für dieses Problem keine echte Lösung braucht? Wenn eine falsche Lösung zurückgenommen wird, heißt das ja nicht, daß man in Untätigkeit verfallen soll, sondern das heißt, daß man das als Voraussetzung leisten muß, dieses Springen über den eigenen Schatten, um glaubwürdig eine echte Reform machen zu können.

Daher ist es mir manchmal so vorgekommen, als ob sowohl der Herr Bundeskanzler als auch der Herr Vizekanzler hier durchaus in pastoraler Form mit getragener Stimme leerformelhafte Appelle, adressiert an den 13. Oktober und an den gutmütigen Wähler, von sich gegeben hätten – Appelle ohne inhaltliche Aussage, wie etwa, daß man doch zusammenstehen möge. Das hat schon in diesem Sinn seine Richtigkeit, aber beim Zusammenstehen darf man sich erwarten, daß die Regierung, die die exekutive Macht ausübt, diese exekutive Macht so wahrnimmt, daß es einem leicht fällt, zuammenzustehen, daß es einem nicht schwer gemacht wird, zusammenzustehen.

Wenn außerdem dann – und das ist ja auch schon mehrfach angetönt – gelegentlich, wenn Probleme nicht gelöst sind, die Verursachung bei der Europäischen Union gesucht wird und man gleichzeitig bedauert, daß die österreichischen Bürger so wenig Verständnis dafür haben, daß es sinnvoll ist, daß wir in der Europäischen Union sind, dann muß ich sagen, hier wird wirklich ein übles Spiel mit Worten getrieben!

In diesem Sinne zum Ende: Wenn es Ihnen nicht gelingt, in der kürzest möglichen Frist – und das sind die nächsten Tage vor dem 1. Oktober – in der Frage der Werkverträge vorzuführen, daß es möglich ist, einmal zuzugeben, daß man etwas von A bis Z verdorben hat und daß das die einzige Chance ist, zu einer wirklichen sozialen Absicherung der vielen Menschen zu kommen, von denen Sie immer reden, daß Sie sie absichern wollen, gleichzeitig heben Sie aber die Beitragsgrenze auf 7 000 S an, damit garantiert ist, daß Menschen, die darunter sind, nicht sozial abgesichert sind – in Ihrer Diktion –, wenn Sie das also nicht tun, dann werden Sie einen weiteren Beitrag dafür leisten, daß die Demokratieverdrossenheit – und ich sage bewußt nicht Politikverdrossenheit – in diesem Lande mit Mitteln der Regierungspolitik gesteigert wird. Das ist der schärfste Vorwurf, den man einer demokratisch legitimierten Regierung machen kann, daß sie ihren eigentlichen Zweck, auch die Demokratie zu verkörpern – als abwählbar und als gewählt –, verfehlt, und das kann in eine echte Krise führen – so klein und so technokratisch das Problem aus Ihrer Sicht vielleicht sein mag, weil es nur ein paar "zerquetschte Kulturschaffende"


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trifft und nur ein paar "Überflüssige", die versuchen, sich selbständig zu machen und daher den Werkvertragsweg beschritten haben; weil es nur ein paar Leute trifft, die im Zweifelsfall ohnedies weder in diesem Hohen Haus sitzen noch in den Kammern – sei es AK oder Wirtschaftkammer –, die auch nicht Mitglieder im Gewerkschaftsbund sind und auch sonst nicht in den traditionellen Organisationen auftreten, in denen Sie zu Hause sind, aber auf die Sie sich offenbar im Sinne einer Art Festungsmentalität sowohl intellektuell als auch räumlich zurückgezogen haben. Wenn es Ihnen hier nicht gelingt, wenigstens einmal zuzugeben, daß Sie einen ganz schweren, fundamentalen Fehler gemacht haben, dann werden Sie an dem Glaubwürdigkeitsverlust noch viele, viele Jahre zu zehren haben, und wir werden es sicher nicht unterlassen, solange es geht, darauf hinzuweisen: Hier wird bewußt ein Fehler ignoriert, den inzwischen der letzte Kolporteur begriffen hat. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.56

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Es ist heute unter diesem Tagesordnungspunkt schon sehr viel und weitreichend diskutiert worden – von der Europäischen Integration über die österreichische Wirtschaft bis hin zur Werkvertragsregelung. Ich möchte mich wieder auf die Frage der Integration konzentrieren.

Als wir vor zwei Jahren nach einer eindeutigen Volksentscheidung den Weg in Richtung Europäische Union angetreten haben, wußten wir damals auch, daß es sehr viele Anpassungsschwierigkeiten geben wird. Es war aber – und diese Bilanz kann man nach zwei Jahren ziehen – eine unumgängliche Maßnahme. Dieser Schritt hat sehr viele Vorteile für Österreich gebracht, um eben unseren hohen sozialen und wirtschaftlichen Standard auch in Zukunft sichern zu können.

Gerade im Wirtschaftsbereich, im Sozialbereich, aber auch im Umweltbereich sind eben die Zusammenhänge globaler zu sehen und können garantiert nicht innerstaatlich gelöst werden. Ich möchte aber auch betonen, daß wir in einer Zeit beigetreten sind, in der europaweit, wenn nicht sogar weltweit die öffentlichen Haushalte aus den Fugen geraten sind. Es waren Reformen angesagt, waren notwendig, mit oder ohne EU-Beitritt. Leider wird aber dieses Problem mit dem EU-Beitritt sehr oft vermengt, vereinfacht und zu populistisch dargestellt.

Es sind die Vorteile dieses EU-Beitrittes heute von vielen meiner Vorredner schon betont worden. Es gibt dafür genügend Beispiele. Ich nenne etwa nur den Wegfall der Grenzkontrollen im Warenverkehr, den Wegfall der Benachteiligungen im passiven Veredelungsverkehr bei Lohnveredelung; das war für das Burgenland ganz wichtig. Ohne diesen Wegfall hätten viele Betriebe im Burgenland nicht mehr existieren können.

Betonen möchte ich auch die ausländischen Direktinvestitionen, aber vor allem auch die Regionalförderung. – Immerhin stehen 21,6 Milliarden Schilling bis 1999 von der EU für Regionalförderung zur Verfügung. Hier verweise ich vor allem auf das Burgenland als Ziel-1-Gebiet. Dieses Land profitiert am meisten! Es wird sehr viel vom Nettozahler gesprochen: Wir Burgenländer sind "Nettogewinner", sprich Gewinner von einer Milliarde Schilling! Immerhin werden 2,4 Milliarden Schilling bis 1999 aus Förderungstöpfen in Richtung Burgenland fließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann sich jetzt schon die Bilanz ansehen: Im industriellen Bereich, in der Forschung und Entwicklung und im Tourismus – ich rede vom Burgenland – wurde insgesamt schon fast 1 Milliarde Schilling ausgelöst. Diese Förderungen und die Betriebe, die um Förderungen angesucht haben, können sich auch sehen lassen! Ich bin nicht der Meinung des Abgeordneten Prinzhorn, der gemeint hat, das bringe alles nichts, und der als Beispiel das Lyocell-Werk angeführt hat. – Das bringt sehr wohl etwas! Auch größere Projekte bringen gerade dem Burgenland, das im wirtschaftlichen Bereich enorm viel aufzuholen hat, etwas. Es gibt nämlich genügend Synergieeffekte. Man braucht sich ja nur das Zuliefergewerbe anzusehen.


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Es gibt also eine Menge von Synergieeffekten, die wirtschaftlich auch im Burgenland schon greifen, ganz zu schweigen von Gemeinschaftsinitiativen, dem Rückgang der Inflationsrate, Bildungsprogrammen und so weiter. Es gibt zahlreiche Vorteile. Man kann allerdings – das gestehe ich Ihnen schon zu – zu jedem Vorteil garantiert auch ein Problem finden. Es ist nicht alles eitel Wonne, aber es gibt unterm Strich mehr Vorteile als Nachteile. Das ist Faktum. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Nun zur Stimmung: Ich gebe zu, daß aufgrund von Anpassungsmaßnahmen, aber auch im Bereich der technischen Förderungsabwicklung manchmal Probleme auftreten. Ich gebe zu, daß der Arbeitsmarkt und die Arbeitsmarktpolitik wichtige Themenbereiche auch innerhalb der EU werden müssen. Es treten auch neue Spannungsfelder auf: Ich glaube, daß es den klassischen Kampf zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Zukunft nicht mehr geben wird. Es wird aber neue Spannungsfelder geben, nämlich Bruchlinien zwischen geschützten und ungeschützten Bereichen, zwischen denen, die Arbeit haben, und denen, die keine Arbeit haben, zwischen jung und alt, zwischen denen, die solidarisch sind, und denen, die nicht solidarisch sind, zwischen denjenigen, die sich weiterbilden, und denjenigen, die eine Weiterbildung und lebenslanges Lernen gänzlich ablehnen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Bruchlinien zwischen Pragmatisierten und nicht Pragmatisierten!) Es tun sich sehr viele Fragen auf, und wir alle sind gefordert.

Ich frage Sie: Wo wären wir jetzt, wenn Österreich diesen Schritt vor zwei Jahren nicht gemacht hätte? – Gerade die ÖVP ist die Europapartei, sie war es schon unter Leopold Figl, sie war und ist es unter Alois Mock, Erhard Busek und nunmehr unter Wolfgang Schüssel. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Wir stehen zu diesem Beitritt, und wir stehen auch zu all den Problemen, die damit verbunden sind, Herr Kollege Schweitzer! Wir werden daher bis zum 13. Oktober versuchen, die Bevölkerung zu informieren, damit dieser Kurs auch nach dem 13. fortgesetzt werden kann. Denn es kann nicht egal sein, welche Partei wie viele Euro-Abgeordnete, Euro-Parlamentarier nach dem 13. stellt. Es wird sehr oft mißverstanden: Es geht am 13. Oktober nicht um ein Ja oder Nein zur EU, sondern es geht um den zukünftigen Kurs, um den Kurs nach dem 13. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. )

Zum Schluß, Herr Kollege Schweitzer, möchte ich, weil Sie mir andächtig zuhören und auch Burgenländer – mit Vergangenheit, wie ich lese – sind, einige Sätze zum FPÖ-Slogan auch sagen: Sie plakatieren überall "Wahltag ist Zahltag". – Herr Kollege Schweitzer, hören Sie mir zu! Das trifft auf den 13. Oktober zu. Das stimmt, da gebe ich Ihnen recht. Es trifft aber nicht auf die EU-Wahl, sondern auf die zweite Wahl, nämlich auf die – so möchte ich sie nennen – Nationalratswahlwiederholung zu. Sie haben diese bekanntlich angefochten. Und es stehen, wenn Sie zwölf Stimmen mehr bekommen, 50 Millionen Schilling aus Steuergeldern auf dem Spiel. Das ist Ihr Zahltag! Das ist eigentlich das, was Sie wollen! Sie wollen nach dem 13. Oktober 50 Millionen Schilling aus Steuergeldern mehr aufs Handerl, nur weil Ihr Parteimanager vergessen hat, damals um Rückerstattung anzusuchen, und weil Sie versuchen, zwei Ortschaften in Österreich – eine ist meine Heimatgemeinde, Donnerskirchen – für Ihre Spiele zu mißbrauchen. (Abg. Trenk: Ihr kassiert doch auch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) – Ich werde von Haus zu Haus gehen und werde speziell in Donnerskirchen darauf hinweisen, daß es Ihnen nicht um die Menschen dort geht, sondern ausschließlich um das Geld. Das muß man auch der Bevölkerung sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir dieses Thema EU-Wahl zu ernst, um hier noch weiter auf Spompanadeln einzugehen. Ich möchte jetzt noch etwas zitieren, nämlich einen Auszug aus der Festrede von Klaus Maria Brandauer anläßlich der Eröffnung des Bruckner-Festes im September 1996. – Ich zitiere:

"Österreich ist erwachsen, und wir haben uns mit unserer Entscheidung für Europa als gleichwertige und wichtige Partner deklariert. Auch etwaige Frustrationen der ersten Übergangszeit werden uns nicht zu unreifen Trotzreaktionen verleiten. Eine sogenannte Protestwahl, bei der wir unüberzeugt und aus kurzsichtigen und kurzfristigen Motiven für eine Partei stimmen, die wir unter anderen Umständen nie wählen würden, wäre das falsche Signal an ein offenes Europa."


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Ich glaube, das muß man der Bevölkerung, das muß man den Wählern auch hier ganz eindringlich sagen. Es geht am 13. Oktober um mehr: Es geht um Friedenssicherung in Europa, um Erhaltung unseres ökologischen Standards, um den zukünftigen Wirtschaftsstandort, um Sicherheitsperspektiven. Daher brauchen wir die Besten im EU-Parlament, und wir brauchen Mutmacher und keine Miesmacher! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Bevor ich den nächsten Abgeordneten zu Wort rufe, muß ich pflichtgemäß auf die etwas unangenehmen Vorfälle zurückkommen, die während meiner vorigen Vorsitzführung stattgefunden haben.

Ich will zuerst einmal feststellen, daß es eine Reihe von Irrtümern gab, die durch gewisse Zwischenrufe bedingt waren.

Beispielsweise hat Herr Klubobmann Khol angenommen, Herr Klubobmann Haider habe Schüssel als geisteskrank bezeichnet. Das Protokoll weist aus, daß der Zwischenruf des Herrn Dr. Haider wie folgt gelautet hat: "Sie" – nämlich der Herr Vizekanzler – "können nicht einen Abgeordneten für geisteskrank erklären".

Auf der anderen Seite gibt es auch einen Irrtum des Herrn Abgeordneten Dr. Haider. Er hat vermeint, der Herr Vizekanzler habe den Abgeordneten Prinzhorn als "wirr" beschimpft. Tatsächlich weist das Protokoll aus, daß Herr Vizekanzler Schüssel von "wirren Ausführungen" sprach.

Nichtsdestoweniger bin ich allerdings der Meinung, daß die Wortwahl von einigen Rednern höchst unglücklich war.

Ich erteile daher Herrn Abgeordneten Dr. Prinzhorn einen Ordnungsruf wegen der zweimaligen Verwendung des Wortes "belügen", was in diesem Zusammenhang tatsächlich als Vorwurf der Lüge gewertet werden kann.

Ich erteile ferner Herrn Abgeordneten Dr. Haider einen Ordnungsruf , weil er gesagt hat: "Wenn der Abgeordnete von Lügen redet ..." und so weiter, was auch als Vorwurf der Lüge zu verstehen ist. Ich bedauere, daß dieser erste Sitzungstag mit zwei Ordnungsrufen von mir beginnt, aber ich möchte das doch auch als eine Warnung dahin gehend verstanden wissen, daß wir in dieser Tagungsperiode eine Sprache pflegen sollen, die dem Hohen Haus angemessen ist. Ich bitte alle Fraktionen, dies zu beherzigen! (Abg. Dr. Khol: Ich nehme meinen Vorwurf an Abgeordneten Haider, er habe gesagt, Schüssel sei geisteskrank, zurück und entschuldige mich! – Beifall bei der ÖVP.) Das wird zu Protokoll genommen, danke schön!

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Ich erteile es ihm.

21.08

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute nicht über den Beitritt zur EU. Gott sei Dank haben wir das hinter uns. Wir sprechen auch nicht über den Austritt aus der EU, sondern über die künftigen Verhaltensweisen der Bundesregierung als unser Vertreter bei der Regierungskonferenz im Rahmen der Europäischen Union.

Vor dem EU-Beitritt hat die Bundesregierung mehrfach versprochen, sich auf der Ebene der Europäischen Union für eine aktive Sozialpolitik, für eine aktive Umweltpolitik und für eine Friedenspolitik einzusetzen, die den österreichischen Traditionen entspricht. Und auch die österreichischen Grundsatzpositionen für die EU-Regierungskonferenz enthalten die Forderungen nach verstärkter Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene, also auf europäischer Ebene, und nach einer ökologischen Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik. – Ich spreche hier von offiziellen Dokumenten.


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Die Grünen haben für heute noch einen langen Entschließungsantrag vorbereitet. Dieser Entschließungsantrag soll der Bundesregierung gewisse Leitlinien mitgeben, die in der laufenden Regierungskonferenz zur Reform der EU-Verträge zu beachten sind. Ich bitte Sie, zu beachten: Die Leitlinien enthalten an und für sich nicht sensationell Neues, sondern sie zitieren bestehende Positionen der SPÖ ebenso wie der ÖVP. Es dreht sich lediglich darum, diese Positionen verbindlich zu machen, indem der Nationalrat sie auch als Entschließung beziehungsweise in einzelnen Punkten etwas konkreter faßt, als wir sie heute in der Regierungserklärung Nummer – ich weiß nicht, welche Nummer ich ihr geben soll – drei oder vier heute von der Regierungsbank aus gehört haben.

Die Grünen stellen folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Integrationspolitik (durch die Einbringung von Regierungsvorlagen, die Ergreifung von entsprechenden Initiativen auf EU-Ebene et cetera) an folgenden Leitlinien für eine EU-Kurskorrektur auf sozialer, ökologischer und friedenspolitischer Basis zu orientieren:

*****

Sie bekommen den Text des Antrages, glaube ich, in Fotokopie auf Ihre Bänke.

Der Entschließungsantrag umfaßt drei Punkte: Einer betrifft die europäische Sozial- und Beschäftigungsunion, der zweite die Umweltstandards und der dritte die Neutralität.

Von der Währungsunion – das haben schon viele Redner heute betont – werden viele positive Auswirkungen erwartet. Inwieweit sie eintreten werden, ist wissenschaftlich umstritten. Unumstritten ist, glaube ich, aber, daß wir mit beschäftigungspolitischen Maßnahmen nicht warten können, bis die Währungsunion in Kraft tritt. Beschäftigungspolitische Maßnahmen müssen jetzt ohne Verzug gesetzt werden. Auch diese Behauptung, meine Damen und Herren, ist nichts sensationell Neues. Ähnliches beziehungsweise wortgleich Identisches haben SPÖ und ÖVP, haben Bundeskanzler Vranitzky und Vizekanzler Schüssel auch gesagt.

Ich möchte Ihnen nun doch die zehn Punkte zum ersten Punkt des Entschließungsantrages, zur Beschäftigungsunion, vortragen. Ich werde immer sozusagen zwischen Klammern dazusagen, auf wen sich der Punkt bezieht, Vranitzky oder Schüssel, als Kurzzitat für die Quelle, die Sie im übrigen dann in Ihrem Text finden. – Ich bin gespannt, wie Sie diesen Antrag behandeln werden, ob Sie ihm zustimmen oder ihn ablehnen.

Punkt eins (Vranitzky): Angesichts der bisher unbefriedigenden Fortschritte in bezug auf die Erfüllung der Konvergenzkriterien wird und darf das Projekt Wirtschafts- und Währungsunion keinesfalls zu einem Sozialabbau innerhalb der Europäischen Union führen.

Punkt zwei (Schüssel): Zwar macht die Budgetkonsolidierung offensive Beschäftigungsmaßnahmen zurzeit schwieriger. Angesichts der dramatischen Lage am europäischen Arbeitsmarkt wäre es aber sicherlich falsch, mit beschäftigungspolitischen Maßnahmen bis zum Inkrafttreten der Währungsunion zu warten.

Punkt drei (Vranitzky): Im Rahmen der Interpretation der Konvergenzkriterien sollte das Schuldenkriterium nicht zu eng betrachtet werden, da es ökonomisch nicht begründbar ist, wenig über die tatsächliche Budgetproblematik aussagt und für viele Staaten ein ungerechtfertigtes Hindernis für die Teilnahme an der WWU sein würde. – Ich lasse jetzt drei Sätze aus und setze weiter unten fort (immer noch Vranitzky): Das Defizitkriterium sollte stärker auf das strukturelle Defizit abgestellt werden, um in konjunkturellen Ausnahmesituationen wirtschaftspolitische Spielräume zur Gegensteuerung zu erhalten.


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Punkt vier (Vranitzky): Nach Inkrafttreten der Währungsunion darf es nicht zu einer dauerhaft restriktiven Politik kommen. Daher sind Bestrebungen, die auf eine Verschärfung der Konvergenzkriterien nach dem Eintreten in die dritte Stufe abzielen, abzulehnen. Dies wäre ökonomisch unvernünftig und würde die Entwicklung der Gemeinschaft bremsen.

Punkt fünf (Vranitzky): Das Ziel der Vollbeschäftigung muß explizit im Vertrag verankert werden.

Punkt sechs (Schüssel): Beschäftigung ist als prioritäres Ziel in die EU-Verträge aufzunehmen.

Punkt sieben (Schüssel): Die EU muß sich zur Sozialunion entwickeln.

Punkt acht (Vranitzky): Durch einheitliche Mindeststandards im Sozialbereich auf möglichst hohem Niveau muß Sozialdumping verhindert werden.

Punkt neun (Vranitzky): Im Finanzierungsbereich dürfen Umschichtungen im Gemeinschaftsbudget kein Tabu darstellen, beschäftigungsfördernde Vorhaben sind zu beschleunigen.

Punkt zehn (Schüssel): Die EU als großer Wirtschaftsblock muß ihre Stärke und ihren Einfluß dazu verwenden, daß bei den internationalen Handelsabkommen die sozialen Standards als Teil der ökonomischen Bedingungen berücksichtigt werden. Basis für eine gerechte Weltwirtschaft müssen politische Entscheidungen sein, die nicht nur den freien Welthandel, sondern auch eine neue Solidarität zur Grundlage haben.

Meine Damen und Herren! All das sind sinngemäße, teilweise auch wörtliche, Zitate von Aussagen von Vranitzky und Schüssel beziehungsweise aus entsprechenden Parteidokumenten, von denen man doch annehmen kann, daß sie das Plazet der Vorsitzenden haben. Daher erwarten wir natürlich, daß Sie diesen Punkten zustimmen, so wie wir Ihnen unsere Zustimmung dazu geben.

Zweiter Punkt des Entschließungsantrages: Umweltstandards. Hierzu habe ich kein ausdrückliches Zitat gefunden, aber ich glaube, aufgrund der einschlägigen Reden unserer Spitzenpolitiker der Bundesregierung läßt sich durchaus argumentieren, daß sie genau das gefordert beziehungsweise seinerzeit beim EU-Beitritt versprochen haben.

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich in jenen Fällen, in denen österreichische Standards im Umweltbereich höher sind als jene der EU, auf EU-Ebene für die rasche Übernahme der höheren Standards durch die EU einzusetzen." Sie erinnern sich: Das war Teil des Understandings vor der Volksabstimmung 1994.

"Sollte die EU bis 1. Jänner 1999, dem Ablauf der in der Gemeinsamen Erklärung Nr. 7 (Revision des acquis communautaire) festgelegten Übergangszeit, die höheren österreichischen Standards nicht übernommen haben, ist die Bundesregierung aufgefordert, die höheren österreichischen Standards auf Basis von Art. 100a (4) weiterhin aufrechtzuerhalten," das heißt, den nationalen Alleingang zu wagen. Das war damals Teil des Understandings.

Schließlich zum Punkt drei, Neutralität. Ich habe mit einer gewissen Befriedigung in den letzten drei oder vier Monaten festgestellt, daß alle Parteien, selbst diejenigen, die für eine Aufgabe der Neutralität sind und den NATO-Beitritt oder den WEU-Beitritt befürworten, immerhin für eine Volksabstimmung vor Aufgabe der Neutralität sind. Position der Grünen ist: keine Aufgabe der Neutralität. (Beifall bei den Grünen.)

Aber wenn die Regierungsparteien, was wir ja nicht verhindern können, beschließen sollten, diesen Weg aufzugeben – und ich erinnere mich gut an zahllose Äußerungen von Verteidigungsminister Fasslabend in dieser Frage – und sich diese Haltung durchsetzt, dann ist zumindest eine Volksabstimmung abzuhalten.

Daher lautet der dritte Punkt: "Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Voraussetzungen dafür schafft, daß jede Revision des Maastrichter EU-Vertrages, die zu einer weiteren Einbindung der WEU in die Sicherheitspolitik der EU führt, ebenso


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wie ein österreichischer WEU- oder NATO-Beitritt einer ,Volksabstimmung über die Zukunft der immerwährenden Neutralität Österreichs‘ zu unterziehen ist."

Ich glaube nicht, daß diese Punkte kontrovers sind. Wenn Sie ihnen nicht zustimmen, meine Damen und Herren von SPÖ, ÖVP, Freiheitlichen und Liberalen, dann desavouieren Sie Ihre eigenen Aussagen. Wenn Sie ihnen zustimmen, so soll es uns natürlich recht sein.

Kurz zur heutigen Regierungserklärung – ich weiß nicht, welche Nummer ich ihr geben soll – von Bundeskanzler Vranitzky. Es ist natürlich sehr viel darin enthalten, dem man durchaus zustimmen kann. Das war auch bei den bisherigen Regierungserklärungen der Fall. Die Frage ist immer nur: Wann wird das endlich umgesetzt, beziehungsweise warum steht im Budgetprogramm darüber nichts? – Beispielsweise lese ich auf den Seiten 16 und 17 der Erklärung des Bundeskanzlers, daß wir den neuen Produkten und Technologien großes Augenmerk widmen sollen beziehungsweise dort ansetzen sollen, wo wir, also die Österreicher, zu Hause sind. Dort ist vom hohen Ausbildungsniveau unserer Arbeitskräfte, von sozialer Sicherheit, von einer im großen und ganzen funktionierenden Administration und anerkannten Universitäten die Rede. Da habe ich schon gezuckt. "Anerkannte Universitäten" sind wunderbar, aber was passiert seit einem halben Jahr? – Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, wie mit den Universitäten gerade umgegangen wird!

Ich habe die Umweltstandards als Teil unseres Entschließungsantrages zitiert: Auch der Bundeskanzler ist dieser Meinung: Aus diesem Grund treten wir auch – und so weiter – für eine Angleichung der europäischen Umweltstandards nach oben ein. – Seite 18. Daher meine ich, daß SPÖ und ÖVP unserem Entschließungsantrag sehr wohl zustimmen könnten.

Es findet sich darin sehr viel Schönes und sehr viel Gutes, so wie auch bisher. Aber wann kommt es denn zur Gründerwelle, Frau Tichy-Schreder? Hoffentlich schlägt diese Gründerwelle bald über uns zusammen! Wir warten jetzt schon seit einem Jahr darauf! (Abg. Tichy-Schreder: Zusammenschlagen soll sie nicht, aufblühen soll sie!) Egal, ob sie aufblüht oder zusammenschlägt, ich hoffe jedenfalls, daß sie kommt.

Mein Kollege Öllinger hat vorhin schon angedeutet, was einen irritieren muß: Wir hören jetzt die x-te Regierungserklärung von der Regierungsbank aus, und gleichzeitig legt die Bundesregierung das neue Budgetprogramm vor, ein Budgetprogramm der Bundesregierung, kein Budgetprogramm des verruchten Bundesministers für Finanzen. In der Überschrift steht zwar "Bundesministerium für Finanzen", von diesem wurde es halt erstellt. Abgesegnet und gutgeheißen mußte es aber selbstverständlich im Ministerrat dieser Bundesregierung werden, sonst hätte es ja dem Nationalrat gar nicht übermittelt werden dürfen.

Meine Damen und Herren! In diesem Budgetprogramm – es geht hiebei wohlbemerkt um die Budgets der Jahre 1996 bis 2000 – bringt man es zustande, auf 30 Seiten nicht eine einzige Zahl zu nennen, ich wiederhole: nicht eine einzige Zahl; auf Seite 30 findet sich dann allerdings eine, aber nur eine, nämlich die einzige Tabelle dieses Dokuments. Aber diese Tabelle können Sie vergessen. Denn in dieser Tabelle hat man offensichtlich die Richtwerte für das Defizit aus dem Konvergenzprogramm genommen – das sind diese 4,5, 3,0 Prozent und so weiter, abfallend – und mit der Höhe des Bruttoinlandsproduktes multipliziert. So ermittelt man den sogenannten Nettoabgang, der hier angegeben ist in Milliarden Schilling. Dann hat man die Ausgaben und Einnahmen so hingetrimmt, daß genau dieser Nettoabgang herauskommt. Das ist in keiner Weise nachvollziehbar. Das empfinde ich als eine Zumutung! (Beifall bei den Grünen.)

Ich darf Sie daran erinnern, daß der Ausdruck "Budgetprogramm" nicht etwas ist, was der Finanzminister beliebig interpretieren kann, wie es ihm gerade am Dienstag vormittag vor der Sitzung des Ministerrates gefällt. Das Budgetprogramm beruht auf einem Gesetz, nämlich dem Bundeshaushaltsgesetz. In § 12 Abs. 2 Z. 3 des Bundeshaushaltsgesetzes – ich lese Ihnen das jetzt nicht im einzelnen vor – heißt es jedenfalls, daß das Budgetprogramm Angaben zu enthalten hat – es heißt nicht, daß es diese enthalten kann oder vielleicht doch hin und wieder enthalten sollte, sondern es heißt: Angaben zu enthalten hat – über die finanziellen Perspektiven der in Aussicht genommenen rechtssetzenden und sonstigen Maßnahmen sowie Vorhaben, ge


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gliedert nach den Wirkungsbereichen der haushaltsleitenden Organe – Klammer auf – (Maßnahmenkatalog) – Klammer zu.

Ich bin kein Jurist, ich frage Sie daher: Handelt es sich hiebei um einen Gesetzesauftrag oder um irgendein Papier, an das man sich halten kann oder auch nicht, je nach Lust und Laune? Ich meine: Das, was hier vorliegt, ist kein Budgetprogramm. Ich meine: Wenn Sie sich amüsieren wollen, dann können Sie es sich anschauen. – Das Budgetprogramm des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zum Beispiel besteht aus folgendem:

Auflösung von Bundesanstalten – welche, wird nicht gesagt;

Ausgliederung der milchwirtschaftlichen Bundesanstalten – das ist ein Extrapunkt;

Ausgliederung von Bundesversuchswirtschaften;

Ausgliederung von Bundesgärten;

Ausgliederung der Bauhöfe;

Ausgliederung der EDV-Zentrale des BMLF;

Reorganisation des Wildbach- und Lawinenverbauungsdienstes und

Förderungen – man weiß nicht genau, was gemeint ist – entsprechend der Vereinbarung vom 31. 1. 1995.

Das ist das Budgetprogramm des Landwirtschaftsministeriums. Von acht Punkten betreffen sieben Ausgliederungen. Das einzige, was nicht ausgegliedert wird, ist das Landwirtschaftsministerium selbst.

Steuerprogramm. Ich spreche jetzt sehr wohl zum Thema. Wir reden über die nächsten vier Jahre Wirtschafts- und Integrationskonzept der Bundesregierung. Das war ja Thema der heutigen Erklärung. Budgetprogramm, Kapitel 52, öffentliche Abgaben. Da werden auf eineinhalb respektive – entschuldigen Sie – auf zwei Seiten Maßnahmen aufgezählt, die ausnahmslos bereits beschlossen wurden, nämlich gerade eben im Strukturanpassungsgesetz 1996. Daraus muß man wohl schließen, daß die Bundesregierung darüber hinaus keinerlei steuerpolitische Maßnahmen plant. Ich glaube es nicht, aber diesen Eindruck muß man bekommen: Alles, was geplant wird, wird uns vorenthalten.

Weil heute auch der Vizekanzler und Außenminister anwesend war, möchte ich Ihnen auch das Budgetprogramm des Außenministeriums nicht verschweigen. Es ist nämlich nicht sehr lang:

Punkt 1: Ausgliederung der Diplomatischen Akademie;

Punkt 2: Ausgliederung der Deutschkurse. (Heiterkeit bei den Grünen.) – Schluß! Das ist das Budgetprogramm des Kapitels 20, Äußeres!

Das einzig wirklich Interessante am Budgetprogramm sind die qualitativen Aussagen über die Verwaltungsreform im ersten Teil. Diese sind absolut interessant. Manches kommt mir bekannt vor. Ähnliche Sachen stehen schon im Budgetprogramm der Grünen vom Herbst 1995. Aber deswegen muß es ja nicht schlecht sein.

Und interessant sind auch – das haben Journalisten der "Presse" schon herausgefunden – die Reformvorhaben im Bereich der Personalausgaben. Darin geht es nicht nur um die Verkleinerung der Ministerien, das würde ja noch wenig erregen, oder daß es überhaupt weniger Bundesministerien geben soll, sondern da steht: "Einführung eines Durchrechnungszeitraumes für die Pensionsbemessung." Ähnliche Punkte zähle ich jetzt gar nicht auf. Wir brauchen uns also nicht darüber zu streiten, ob es ein Sparpaket geben wird oder nicht. Selbstverständlich wird es ein Sparpaket geben, da steht es ja, zumindest hinsichtlich der Beamten! Und das hat sich nicht der böse Klima ausgedacht, sondern das hat sich die Bundesregierung ausgedacht.


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Das ist das Budgetprogramm für die Jahre 1996 bis 2000. – Ich amüsiere mich hier jetzt darüber, aber ich ärgere mich sehr wohl auch ein bißchen darüber.

Ich kann mich erinnern, daß im Budgethearing im April dieses Jahres eigentlich alle Experten gesagt haben, daß sie sich einiges vom Budgetprogramm erwarten. Vergangenes Jahr habe es nicht so richtig funktioniert, da gab es diese schwierige Periode von Neuwahlen und so weiter, den Rücktritt von Lacina, dann sei der arme Staribacher gekommen, der das halt nicht so schnell geschafft hat. Das hat man alles eingesehen. Aber heuer, 1996, wird das von einem Finanzminister Klima vorgelegt, der als Nachfolger von Bundeskanzler Vranitzky gehandelt wird? – Das ist unzumutbar, meine Damen und Herren! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe bekannt, daß der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen betreffend die EU-Kurskorrekturen auf sozialer, ökologischer und friedenspolitischer Basis schriftlich überreicht wurde, genügend unterstützt ist, daher mit in Verhandlung steht und gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt wird und auch in diesem Sinne dem Protokoll beigedruckt wird.

Der Entschließungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend EU-Kurskorrektur auf sozialer, ökologischer und friedenspolitischer Basis

Vor dem EU-Beitritt Österreichs hat die Bundesregierung versprochen, sich auf Ebene der Europäischen Union für eine aktive Sozial-, Umwelt- und Friedenspolitik einzusetzen. Die Österreichischen Grundsatzpositionen für die EU-Regierungskonferenz enthalten unter anderem Forderungen nach verstärkter Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene und einer ökologischen Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik. (Österreichische Grundsatzpositionen zur Regierungskonferenz 1996, S. 2 und 3.) Sowohl Bundeskanzler Vranitzky (Vranitzky-Report zur WWU, 1996, S. 12.) als auch Vizekanzler Schüssel (Soziales Manifest der ÖVP für Europa, 17. 9. 1996: "Die EU muß sich zur Sozialunion entwickeln ... Die Beschäftigungsverantwortung liegt bei den großen Fraktionen".) fordern die umgehende Bildung einer Europäischen Sozial- und Beschäftigungsunion, nicht zuletzt als notwendige Ergänzung zur Währungsunion.

Die Grünen nehmen die Revision der Verträge über die Europäische Union im Rahmen der EU-Regierungskonferenz zum Anlaß, die Bundesregierung entsprechend ihrer Verantwortung und ihrer Versprechen hinsichtlich einer aktiven Mitbestimmung innerhalb der EU in Richtung einer sozialen, ökologischen und friedenspolitischen Entwicklung aufzufordern, konkrete Forderungen zu formulieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Integrationspolitik (durch die Einbringung von Regierungsvorlagen, die Ergreifung von entsprechenden Initiativen auf EU-Ebenen etc.) an folgenden Leitlinien für eine EU-Kurskorrektur auf sozialer, ökologischer und friedenspolitischer Basis zu orientieren:

1. Europäische Sozial- und Beschäftigungsunion


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Die Bildung der Währungsunion ohne begleitende Politiken birgt zu ihrem Beginn die Gefahr eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit in der Gemeinschaft in sich. Die strikte Anwendung der Kriterien ohne Begleitmaßnahmen bedeutet in einer Übergangsphase eine Dämpfung des Wachstums. Es ist Aufgabe der Politik, daß die durch die Währungsunion erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen gerecht und sozial ausgewogen durchgeführt werden. Durch eine restriktive Haushaltspolitik allein sind negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten. Denn es werden, soweit die öffentlichen Haushalte ausgabenseitig konsolidiert werden, sowohl die öffentlichen Investitionen als auch Transferleistungen reduziert werden. Auch besteht die Gefahr, daß von Kürzungen in erster Linie Sozialausgaben betroffen sind. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

1. Angesichts der bisher unbefriedigenden Fortschritte in bezug auf die Erfüllung der Konvergenzkriterien wird und darf das Projekt Wirtschafts- und Währungsunion keinesfalls zu einem Sozialabbau innerhalb der EU führen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

2. Zwar macht die Budgetkonsolidierung offensive Beschäftigungsmaßnahmen zurzeit schwieriger. Angesichts der dramatischen Lage am europäischen Arbeitsmarkt wäre es aber sicherlich falsch, mit beschäftigungspolitischen Maßnahmen bis zum Inkrafttreten der Währungsunion zu warten. (Beantwortung einer Anfrage der Abgeordenten Öllinger und Freunde durch den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit in Europa (1197/J-NR/1996.)

3. Im Rahmen der Interpretation der Konvergenzkriterien sollte das Schuldenkriterium nicht zu eng betrachtet werden, da es ökonomisch nicht begründbar ist, wenig über die tatsächliche Budgetproblematik aussagt und für viele Staaten ein ungerechtfertigtes Hindernis für die Teilnahme an der WWU sein würde. Als die Konvergenzkriterien definiert wurden, erlebte Europa eine Phase der Hochkonjunktur und das Staatsverschuldungskriterium wurde einfach aus dem Durchschnitt der Staatsschulden der Mitgliedstaaten abgeleitet. Es ist damit theoretisch anfechtbar. Auch zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit, daß unterschiedliche Defizite in einem gemeinsamen Währungsraum durchaus möglich sind. Das Defizitkriterium sollte stärker auf das strukturelle Defizit abgestellt werden, um in konjunkturellen Ausnahmesituationen wirtschaftspolitische Spielräume zur Gegensteuerung zu erhalten. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

4. Nach Inkrafttreten der Währungsunion darf es nicht zu einer dauerhaft restriktiven Politik kommen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.) Daher sind Bestrebungen, die auf eine Verschärfung der Konvergenzkriterien nach dem Eintritt in die 3. Stufe abzielen, abzulehnen. Dies wäre ökonomisch unvernünftig und würde die Entwicklung der Gemeinschaft bremsen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

5. Das Ziel der Vollbeschäftigung muß explizit im Vertrag verankert werden. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

6. Beschäftigung ist als prioritäres Ziel in die EU-Verträge aufzunehmen. (Vizekanzler Dr. Schüssel, 29. 1. 1996, am Rande des EU-Außenministerrates in Brüssel.)

7. Die Europäische Union muß sich zur Sozialunion entwickeln. (Soziales Manifest der ÖVP für Europa, 17. 9. 1996.)

8. Durch einheitliche Mindeststandards im Sozialbereich auf möglichst hohem Niveau muß Sozialdumping verhindert werden. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

9. Im Finanzierungsbereich dürfen Umschichtungen im Gemeinschaftsbudget kein Tabu darstellen, beschäftigungsfördernde Vorhaben sind zu beschleunigen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

10. Die EU als großer Wirtschaftsblock muß ihre Stärke und ihren Einfluß dazu verwenden, daß bei den internationalen Handelsabkommen die sozialen Standards als Teil der ökonomischen Bedingungen berücksichtigt werden. Basis für eine gerechte Weltwirtschaft müssen politische


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Entscheidungen sein, die nicht nur den freien Welthandel, sondern auch eine neue Solidarität zur Grundlage haben. (Soziales Manifest der ÖVP für Europa, 17. 9. 1996.)

2. Umweltstandards

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich in jenen Fällen, in denen österreichische Standards im Umweltbereich höher sind als jene der EU, auf EU-Ebene für die rasche Übernahme der höheren Standards durch die EU einzusetzen. Sollte die EU bis 1. Jänner 1999, dem Ablauf der in der Gemeinsamen Erklärung Nr. 7 (Revision des acquis communautaire) festgelegten Übergangszeit, die höheren österreichischen Standards nicht übernommen haben, ist die Bundesregierung aufgefordert, die höheren österreichischen Standards auf Basis von Art. 100a (4) weiterhin aufrechtzuerhalten (nationaler Alleingang).

3. Neutralität

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Voraussetzungen dafür schafft, daß jede Revision des Maastrichter EU-Vertrages, die zu einer weiteren Einbindung der WEU in die Sicherheitspolitik der EU führt, ebenso wie ein österreichischer WEU- oder NATO-Beitritt einer "Volksabstimmung über die Zukunft der immerwährenden Neutralität Österreichs" zu unterziehen ist.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Edler. – Ich erteile ihm das Wort.

21.29

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn wir Berichte und Diskussion heute zusammenfassen und versuchen, diese objektiv zu betrachten, dann können wir für uns in Anspruch nehmen, daß wir betreffend Wirtschaftslage, Arbeitsmarktlage und soziale Sicherheit in Europa und wahrscheinlich in der ganzen Welt im Spitzenfeld liegen. – Der österreichische Weg, mit Beschäftigungspolitik sozusagen Impulse zu setzen, war der richtige Weg, und ich glaube, daß die Beschäftigungspolitik für uns weiterhin Vorrang haben muß.

Es gibt natürlich Probleme, sie sind heute mannigfach aufgezeigt worden. Es soll auch keine Schönfärberei betrieben werden, sondern wir müssen alles tun, um jenen Menschen draußen, die Arbeit suchen, wieder genügend Arbeitsplätze anbieten zu können.

Wenn heute vielfach Integration angesprochen worden ist, so können wir, glaube ich, aus österreichischer Sicht erfreulicherweise festhalten, daß es unseren Repräsentanten gelungen ist, im Zuge ihrer Tätigkeit im EU-Parlament beziehungsweise in den Kommissionen oder bei den Regierungskonferenzen Beschäftigungspolitik sehr wohl zum Thema zu machen. Ich glaube, dieser Gedanke hat auch schon andere Länder dermaßen erfaßt, daß er auch innerhalb der EU nicht mehr wegzudenken ist.

Wenn wir über die EU derzeit sicher auch wegen des Wahlkampfes diskutieren, so geht es dabei nach meiner Wahrnehmung bei vielen Menschen, auch bei den Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, vielfach um Bürokratie der EU. Ich glaube, wir Österreicher haben auf diesem Gebiet viel einzubringen und wirklich energisch den Versuch zu starten, diese Bürokratien, besonders was die Förderungsprojekte betrifft, abzubauen.

Was aus unserer Sicht besonders anzusprechen und zu begrüßen ist, sind die sogenannten TEN-Netze, die Transeuropäischen Eisenbahnnetze. Von diesen gehen sicherlich Impulse für die Beschäftigungspolitik aus; diese haben wir auch aus österreichischer Sicht zu konkretisieren, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir dürfen diese Chance nicht verschlafen oder zusehen, wie andere Länder versuchen, diese Transversalen in ihren Ländern zu erhalten. Ich denke in diesem Zusammenhang besonders an Versuche der sogenannten Reformländer, in diesem Sektor aktiv zu werden.


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Ein Punkt, der heute bereits vielfach angesprochen worden ist, betrifft den häufigen Verkauf österreichischer Betriebe an ausländische Investoren. Ich bin auch nicht davon begeistert, aber das ist eben unumgängliches Faktum im Leben der Wirtschaft. Dennoch bin ich der Ansicht, meine Damen und Herren, daß wir diesen Umstand auch positiv bewerten sollten. Wenn wir beispielsweise das erste Halbjahr 1996 betrachten, können wir feststellen, daß – im Vergleich zu 1995 – dreimal soviel von Ausländern in Österreich investiert worden ist, im ersten Halbjahr also – laut "Kurier"-Bericht von morgen – insgesamt rund 17 Milliarden Schilling. Meines Erachtens sollte dieses äußerst positive Resultat hier erwähnt werden.

Meine Damen und Herren! Wir vergleichen uns auch vielfach mit der Schweiz und müssen daher darauf hinweisen, daß wir auch sehr kritische Berichte aus der Schweiz kennen. Selbst die Schweiz hat wirtschaftliche Probleme. Es findet in der Schweiz eine Diskussion darüber statt, ob es damals richtig war, der EU nicht beigetreten zu sein, ob man nicht neuerlich versuchen sollte, Verhandlungen aufzunehmen, um auch in diesem großen Binnenmarkt, in dieser großen europäischen Einheit einen Platz zu haben.

Wir sind wirtschaftlich – und ich darf das als Wiener Abgeordneter besonders betonen – einem gewissen Druck aus den Reformländern ausgesetzt. Wenn wir uns die Handelsbilanz ansehen, stellen wir fest – wir haben noch zirka 16 Milliarden Schilling Überschuß –, wir sind zwar übergeordnet, jedoch sind wir meiner Ansicht nach herausgefordert, verstärkt Qualität zu produzieren und zu liefern, um gemeinsame Projekte mit diesen Reformländern umzusetzen.

Die österreichische Bundesregierung hat, was Beschäftigungsprogramme anlangt, zeitgerecht – trotz Sparpaketes – Impulse gesetzt, und es ist für uns sicherlich erfreulich, daß diese Projekte jetzt auch anlaufen, meine Damen und Herren. Wir erhalten von vielen Betrieben – abgesehen von einigen Betrieben, die sicherlich Probleme haben – die Meldung, sowohl von den Unternehmensleitungen als auch von den dort Beschäftigten, daß sie es sehr wohl merken, daß die Auftragslage gut ist und sie betreffend ihrer Arbeitsplatzsicherung wieder ein besseres Gefühl haben, eine gewisse Sicherheit gegeben ist. Ich glaube, diese Beschäftigungsimpulse waren zeitgerecht gesetzt.

Meine Damen und Herren! Ich darf nur kurz an das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz erinnern, weil es doch ein sehr wichtiges Gesetz ist, das wir vor einigen Wochen gemeinsam beschlossen haben. Ich glaube, es ist dadurch die Chance gegeben, auch in der Verkehrspolitik durchgreifende Maßnahmen zu setzen. Erstens werden wir sicherlich auch die Kostenwahrheit erreichen, da die Chancengleichheit zwischen Straße und Schiene für den Einstieg gegeben ist, sodaß die Bahn dann gewisse Vorteile hat, und zweitens werden regionale Förderungsprogramme umgesetzt.

Als Wiener Abgeordneter möchte ich in diesem Zusammenhang besonders auf das sogenannte 30-Milliarden-Schilling-Paket zwischen der Bundesregierung und der Stadt Wien hinweisen, das der Bürgermeister von Wien, Herr Dr. Häupl, sehr hartnäckig verhandelt hat. Die positiven Auswirkungen sind, wie bereits erwähnt, in den Betrieben, nicht nur in Wien, sondern in der gesamten Ostregion, bemerkbar.

Wir müssen ferner auch Impulse im Bereich Jugendbeschäftigung setzen. In Wien wurden schon entsprechende Maßnahmen getroffen, denken Sie hier zum Beispiel an die Ausbildungsplätze für Lehrlinge. Ich darf diesbezüglich darauf hinweisen, daß in Wien jeder Ausbildungsplatz mit monatlich 2 500 S gefördert wird.

Trotz dieser Maßnahmen haben derzeit in Wien 500 junge Menschen keine Chance auf einen Ausbildungsplatz. Ich unterstütze deshalb die mutige Entscheidung vom Stadtschulratspräsidenten von Wien, Dr. Scholz. Er hat veranlaßt, daß jene jungen Menschen, die zurzeit keinen Ausbildungsplatz bekommen, zumindest in die Berufsschule gehen können. Wir hoffen, daß – da es eine gute Gesprächsbasis mit der Wirtschaft gibt – in den nächsten Tagen und Wochen gemeinsam Ausbildungsplätze gefunden werden können, damit diese jungen Menschen eine Chance haben, einen Beruf zu erlernen, denn ich glaube, das ist für uns auch ein gesellschaftspolitisch wichtiger Aspekt.


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Schließlich möchte ich noch auf ein Projekt hinweisen, das sich die Stadt Wien über 60 Millionen Schilling kosten ließ, nämlich den sogenannten Wiener Arbeiternehmer-Förderungsfonds. Dadurch werden Projekte gemeinsam umgesetzt: Es werden beispielsweise Schulungsmaßnahmen durchgeführt, und insbesondere auch bessere Voraussetzungen – durch Förderungsmaßnahmen – für jene jungen Menschen geschaffen, die bereit sind, den Schritt vom Arbeitnehmerbereich zum selbständigen Unternehmer zu wagen.

Meine Damen und Herren! Ich komme nun zum Schluß. Ich glaube, wir sind in Zukunft gemeinsam herausgefordert, diese Probleme zu lösen. Wenn wir uns in die Literatur der Praktiker, der Theoretiker, der Visionäre einlesen, stellen wir fest, daß wir in der Zukunft Arbeit teilen müssen (Abg. Trenk: Wenn wir Arbeit haben!) und Wirtschaftspolitik nur international gestalten werden können. Dieses Vorgehen haben wir am Beispiel einiger Betriebe – zum Beispiel Semperit – ganz deutlich gesehen. Auch andere Länder haben ähnliche Probleme. Infolgedessen müssen wir die Wirtschaftspolitik und auch die Sozialpolitik international betrachten und hier gemeinsam eine Lösung anstreben.

Von Wichtigkeit ist auch die Entfaltung jener Menschen, die Arbeit suchen, arbeiten wollen und die auch bereit sind, eine noch bessere Ausbildung in Anspruch zu nehmen. Die Chance zu Qualifizierungsmaßnahmen muß gegeben sein. Ich glaube, bessere Ausbildung bedeutet Qualität und ist – das wurde heute schon angesprochen – Humankapital. Das betrachte ich als unsere oberste Aufgabe. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.37

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die soeben vom Kollegen Edler gehaltene Rede war der lebende Beweis dafür, daß die sozialdemokratische Arbeitsmarktpolitik gescheitert ist. Ich bin ganz erstaunt! Sie stellen sich hier heraus und sagen: Wir sind stolz auf unsere Beschäftigungsprogramme! Sie wissen offensichtlich nicht, daß die Arbeitslosenquote in Österreich dramatisch ansteigt! (Abg. Dr. Khol: Dramatisch ansteigt?! – Abg. Schwarzenberger: Wir haben die zweitniedrigste von Europa!) Wenn es Ihre Politik ist, daß Sie Beschäftigungsprogramme erstellen, die mehr Arbeitslose hervorbringen, dann möchte ich nur eines sagen: Hoffentlich betreiben Sie nicht mehr lange Arbeitsplatzsicherungspolitik – im Interesse Österreichs! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich nun aber mit einem ganz anderen Thema beschäftigen, da dieses – worüber ich mich sehr wundere – heute bei dieser Debatte überhaupt noch nicht angesprochen wurde, auch nicht von der Regierungsbank aus: Ein wesentlicher Bestandteil unserer EU-Politik sollte die Verkehrspolitik sein, und in diesem Zusammenhang die Transitfrage. Wir können heute ganz sachlich feststellen: Der Transitvertrag ist gescheitert. Das war vorauszusehen. Wir Freiheitlichen haben das schon seinerzeit bei den Verhandlungen des Transitvertrages vorausgesagt, da die Ausgangswerte des Jahres 1991 überhöht geschätzt oder angesetzt und daher der EU zu viele Öko-Punkte zugestanden wurden.

Ein weiterer wesentlicher Grund für das Scheitern des Transitvertrages waren aber auch die Verhandlungen betreffend den Beitrittsvertrag. Denn durch diesen EU-Beitrittsvertrag ist eine Verschlechterung des Transitvertrages eingetreten. Und auch diesbezüglich haben wir Freiheitlichen bei den Beitrittsverhandlungen immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß eine Gefahr droht. Wir haben leider wie immer – muß ich in diesem Fall sagen – recht behalten. Die Zahl der LKW-Fahrten ist seit dem EU-Beitritt angestiegen, und ein weiterer Transitanstieg, der bald eintreten wird, steht uns bevor. Er wird deswegen bald eintreten, weil ja die Abschaffung der Routinekontrollen an den Grenzen eine Steigerung der illegalen Transporte mit sich bringen wird und weil die Liberalisierung der bilateralen Transporte sowie die elektronische Öko-Punkte-Abbuchung Anlaß für Mißbrauch geben werden. Durch die 1997 genehmigungsfreien bilateralen Transporte wird es kaum zu verhindern sein, daß LKW durch Österreich fahren, ohne Öko-Punkte abzurechnen.


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Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals, wie schon einmal, auf das EU-Protokoll verweisen, worin festgestellt wird, daß die Kontrolle der Transitfahrten ab 1997 in Österreich sehr schwierig sein wird. In diesem Protokoll werden wir davor gewarnt, daß die Transitfahrten ansteigen werden. Aber wie verhält sich die Bundesregierung bei diesem Problem? Sie reagiert überhaupt nicht darauf. Bundesminister Scholten – dem das Verkehrsressort zugewiesen wurde und der überhaupt nichts damit anzufangen weiß, weil er sich bisher noch nicht damit beschäftigt hat – ist diesbezüglich bisher nur eines gelungen: Er hat eine Anfrage, die wir an ihn im Zusammenhang mit dem Transitproblem in Österreich gerichtet haben, völlig falsch beantwortet. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist nichts Neues!) Er setzt keine Handlungen, er ist unfähig, Schaden von Österreich abzuwenden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt aber noch einen Grund, warum der LKW-Verkehr in Österreich ansteigen wird: weil die EU die Kompetenz, mit den osteuropäischen Ländern über die bilateralen Kontingente zu verhandeln, an sich ziehen will.

Ferner gibt es den Entwurf einer neuen Wegekostenrichtlinie, worin keine Schutzmöglichkeiten für Österreich enthalten sind, außer in den sogenannten sensiblen Zonen. Dies bedeutet, daß besonders im Osten von Österreich der Transitverkehr enorm zunehmen wird.

Erst vor wenigen Tagen ist das Ergebnis der Molitor-Untersuchung bekanntgeworden, die bestätigt, daß der EU-Transit in Österreich bis zum Jahr 2005 um 47 Prozent zunehmen wird. Diese begründete Annahme – und es kann, glaube ich, niemand die in der Studie enthaltenen Begründungen wirklich widerlegen – wird eintreffen, da die Regierung – wie schon erwähnt – beim Transitvertrag und bei den Beitrittsverhandlungen versagt hat.

Wir müssen heute feststellen, daß der Transitvertrag zu keiner Verringerung, sondern – ganz im Gegenteil – zu einer Erhöhung der Zahl der Transitfahrten in Österreich geführt hat. Wir müssen daher in Österreich rasch Maßnahmen treffen. Es müssen Entscheidungen gefällt werden, um Umwelt und Bevölkerung in Österreich zu schützen.

Ich möchte daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Kollegen betreffend Neuverhandlung des Transitvertrages

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit der EU-Kommission Verhandlungen über eine neue, wirksame und kontrollierbare Regelung zum Schutz ganz Österreichs vor dem LKW-Transit und zur wesentlichen Reduktion sowohl der Belastung durch Lärm und Schadstoffe sowie auch der gesamten auf der Straße transportierten Transittonnage aufzunehmen.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zusammenwirken mit den Ländern, die hierfür teilweise zuständig sind, für die konsequente Durchführung von Kontrollen der LKW beziehungsweise deren Lenker auf Einhaltung der bestehenden Bestimmungen des KFG, jener über Gefahrgut und Tiertransporte sowie des Ökopunktesystems und der Lenkzeitenbestimmungen entlang der LKW-Transitrouten zu sorgen, um so den durch das Inkrafttreten des Schengen-Abkommens bedingten Entfall der Routinekontrollen an den Grenzen zu kompensieren und die Überwachungsdichte wesentlich zu steigern.

3. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der Verhandlungen mit der EU-Kommission auf der nationalstaatlichen Kompetenz für den Abschluß von Verkehrsverträgen mit Nichtmitgliedstaaten, insbesondere hinsichtlich der LKW-Kontingente, zu beharren und einer weiteren Ausweitung dieser Kontingente nicht zuzustimmen.

4. Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der Verhandlungen über die Wegekostenrichtlinie sicherzustellen, daß nicht nur der gesamte Alpenraum, sondern auch alle übrigen


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Landesteile vor den negativen Auswirkungen des LKW-Transits wirksam geschützt werden können.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie das Problem des Transitverkehrs in Österreich wirklich ernst nehmen, wenn auch Sie die Probleme erkennen, die ich vorhin ausgeführt habe, dann müssen Sie diesem Antrag zustimmen, um Schaden von Österreich abzuwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bitte insbesondere die Regierungsfraktionen, endlich im Bereich der Verkehrssituation in Österreich Maßnahmen im Interesse der österreichischen Bürgerinnen und Bürger und im Interesse unseres Landes zu ergreifen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.45

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Freiheitlichen wollen uns allen Ernstes weismachen, wir würden ohne EU in der derzeitigen Form besser auskommen, denn dann bräuchten wir kein derartiges Sparpaket, dann hätten wir kein Nettodefizit zu bezahlen und hätten vielleicht auch keine wirtschaftlichen Probleme. Ich folgere daraus (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf ) , daß wir unsere Finanzen ohne EU-Mitgliedschaft nicht in Ordnung bringen müßten und daß wir uns ohne EU-Mitgliedschaft in unserer Wirtschaft viel weniger mit Wettbewerb beschäftigen müßten. (Abg. Dr. Graf: Jetzt haben Sie mich nicht ganz verstanden! – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Herr Kollege! Ich darf bei dieser Gelegenheit sagen, daß Sie etwas versäumt haben. Auf den heutigen Tag vor genau 328 Jahren sind die Duelle abgeschafft worden. Wenn Ihre Fraktion meint, sie müßte andauernd Duelle im Parlament austragen, dann sieht Ihre Partei wirklich 328 Jahre alt aus. Das tut mir schrecklich leid! (Beifall bei der ÖVP und Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Noch zwei Bemerkungen zu den Freiheitlichen. Erstens: Eine Wirtschaft ohne geordnete Verhältnisse und ohne geordnete Zielsetzung, aber mit einem Zickzackkurs kann ich mir und kann sich die ÖVP auf keinen Fall vorstellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Oje!)

Zweites, meine sehr verehrten Damen und Herren: Sicherheitspolitik hat man unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit in Europa zu sehen. Diese Gesellschaftspolitik bewirkt zwar ein Nettodefizit, dieses ist jedoch derzeit notwendig und politisch auch vertretbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Wenn Sie glauben, nicht solidarisch sein zu müssen, wenn Sie glauben, keine Loyalität aufbringen zu müssen, wenn Sie glauben, mit Ellbogentechnik nur Ihr eigenes Interesse verfolgen zu müssen, dann, glaube ich, sind Sie in Europa wirklich fehl am Platz!

Wir glauben – und wir haben eine Einstellung, zu der sind wir gestanden, stehen wir und werden wir stehen –, daß die österreichische Wirtschaft vom EU-Beitritt eindeutig profitiert. Diese Tatsache ist 20 Monate nach dem Beitritt erkennbar. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das glauben aber nur Sie!)

Faktum ist, daß die Grenzkontrollen, die Grenzzollkontrollen und die damit verbundene Bürokratie abgebaut sind.


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Tatsache ist – und ich bin nicht der Verteidiger der Kollegin Ederer –, (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), daß die Preise der Produkte des täglichen Bedarfes, auch der Lebensmittel – trotz der ständigen Unkenrufe hier – wesentlich gesunken sind.

Tatsache ist aber auch (Abg. Scheibner: Wir werden sehen, ob das die Leute auch glauben!), daß in Österreich ein Investitionsstandort geschaffen worden ist, der große Investitionsentscheidungen zugelassen hat. Ich denke hier insbesondere an Opel, an Leykam, an BMW, aber auch zum Beispiel an Kaindl in Salzburg.

Tatsache ist auch – das wurde heute schon gesagt –, daß dieser Investitionsboom anhält. Gott sei Dank! Denn durch diesen Umstand haben wir nun weitere 28 Milliarden Schilling zu erwarten.

Tatsache ist – und jetzt komme ich wieder auf Sie (sich an die Freiheitlichen wendend) zurück, weil Sie sich stets darüber so echauffieren –, daß die Schweizer Industrie in den EU-Ländern 200 000 Arbeitsplätze geschaffen hat, darunter auch in Österreich, aber in der Schweiz selbst 30 000 Arbeitsplätze verlorengegangen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch ein Beispiel aus der Schweiz, die nicht einmal dem EWR angehört: Im letzten Jahr hatte die Schweiz eine Export-Zuwachsrate von 2 Prozent, während wir in Österreich Gott sei Dank 8 Prozent verzeichnen konnten.

Tatsache ist aber auch, daß die Klein- und Mittelbetriebe, besonders in den grenznahen Räumen, vom EU-Beitritt wesentlich profitiert haben.

Ich glaube, man kann sich nicht mehr daran erinnern, daß ein Zimmerer, ein Tischler überhaupt nicht mehr nach Bayern fahren konnte, um dort einen Auftrag anzunehmen und auszuführen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bin aber froh, daß wir diesbezüglich dank des EU-Beitritts keinen Sand mehr im Getriebe haben. Ich bin froh, daß wir den Kopf nicht in den Sand gesteckt haben und uns für die EU entschieden haben, denn aus diesem Grund brauchen wir heute nicht mehr mit den Zähnen zu knirschen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Tatsache ist, daß wir die niedrigste Inflation seit 1988 haben.

Und Tatsache ist auch, daß der Warenaustausch wesentlich erhöht worden ist. Er ist heute um 11 Prozent höher, als er es noch vor einem Jahr war.

Ich stelle es aber nicht in Abrede – und das ist auch Tatsache und darf nicht verschwiegen werden –, daß viele Betriebe auch negative Auswirkungen zu spüren bekamen. Als erste und unmittelbar betroffen waren Spediteure, Nahrungsmittel-, Molkerei- und Käsereibetriebe, zum Teil Wirtschaftsbereiche, die die Marktwirtschaft bis vor zwei Jahren überhaupt nicht gekannt haben. (Rufe bei den Freiheitlichen: Die Raiffeisenbetriebe!) Auch diese Branchen hätten sich – wie die Bauern – aufgrund des GATT über kurz oder lang auf jeden Fall einem offenen Markt stellen müssen.

Manche negative Folge unseres Beitritts produzieren wir aber leider auch selbst. Ich denke dabei im besonderen an das Arbeitnehmerinnenschutzgesetz und die Folgeverordnungen, wo wir wieder einmal glauben, die Musterknaben Europas sein zu müssen, indem wir die österreichische Wirtschaft in einer Zeit, in der sie viel Handlungsspielraum haben müßte, in der es notwendig wäre, sich aktiv und qualitativ bewegen zu können, mit unnötiger Bürokratie belasten. Müssen wir wirklich jede Vorgabe der Richtlinien, die selbst Gründungsmitglieder der EU nicht zu 100 Prozent erfüllen, weil sie es nicht leisten können, zu 200 Prozent erfüllen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zum Schluß aber noch eine Bemerkung machen: Es soll heute nicht der Eindruck entstehen, daß ich unsere Mitgliedschaft in der EU nur mit der Rechenmaschine beurteile: hier Plus, dort Minus, hier Plus, Plus – unterm Strich ein Plus. Die Redezeit ist leider zu kurz, um auf die meiner Meinung nach viel wichtigere Entwicklung hinzuweisen, die einerseits durch die Gemeinsamkeit, andererseits aber durch die Öffnung der Grenzen endlich möglich


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geworden ist: das Zusammenwachsen, das Zueinanderstehen und das gemeinsame Handeln der einzelnen Regionen in Frieden in Europa.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne diese kleinen Einheiten wird trotz Euro, trotz Maastricht und trotz Schengen die EU nicht existieren können. Diese kleinen Einheiten sind genauso wichtig wie der gemeinsame europäische Markt, den wir unweigerlich brauchen, um im Weltgebilde einen Gegenpol zum amerikanischen und asiatischen Markt bilden zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind die kleinen Dinge, die letzten Endes vieles bewirken, weil sie, wie ich glaube, das Herz und nicht die Rechenmaschine und auch nicht das Plus und Minus ansprechen. Wägt man all diese Fakten ab, dann kommt man nach 20 Monaten EU-Mitgliedschaft eindeutig zu dem Ergebnis, daß der Gesamteffekt des Beitritts positiv ist und bleibt. Die Entscheidung der Österreicherinnen und Österreicher im Rahmen der Volksabstimmung vom 12. Juli 1994 war schlicht und einfach richtig. (Beifall bei der ÖVP.)

21.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte Herr Abgeordneter.

21.54

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich kann Herrn Dr. Puttinger nur beipflichten: Der Beitritt war richtig. Die Frage ist jedoch, ob wir diesen Weg, diesen europäischen Weg auch mit der richtigen Regierung gehen. Und daran kann man berechtigterweise Zweifel hegen.

Ich möchte nur ganz kurz auf die umweltpolitischen Aussagen eingehen, die sowohl von Herrn Bundeskanzler Vranitzky als auch vom Herrn Vizekanzler getätigt worden sind. Herr Bundeskanzler Vranitzky hat heute eingangs vorangestellt und festgehalten, daß wir Probleme erkennen müssen und danach handeln müssen.

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang an den nationalen Umweltplan erinnern, meine Damen und Herren. Dieser ist bereits hier im Hause eingelangt und auch schon im Regierungsübereinkommen zwischen Ihren Fraktionen erwähnt worden. In diesem Übereinkommen ist unter anderem enthalten, daß man die ökologischen Leitlinien des nationalen Umweltplanes umsetzen will. Wenn Sie diesen durchlesen, dann werden Sie bemerken, daß darin die erneuerbaren Energieträger einen enorm wichtigen Stellenwert einnehmen. Und zwar nicht nur, weil man sie in ihrem Anteil am Gesamtstromaufkommen steigern will, sondern auch deshalb, weil man sie als eine industriepolitische Option gewahrt wissen will.

Meine Damen und Herren! Da all das im nationalen Umweltplan steht und diese Regierung das anscheinend richtig erkannt hat, frage ich mich, warum die Umsetzung nach wie vor auf sich warten läßt. Denn das Sparpaket, das Strukturanpassungsgesetz, wie Sie es genannt haben, hat nicht die erneuerbaren Energieträger bevorzugt, sondern – ganz im Gegenteil – es hat sie sogar eklatant benachteiligt. Obwohl in allen anderen europäischen Ländern die erneuerbaren Energieträger von einer zusätzlichen Energiebesteuerung ausgenommen worden sind, ist das in Österreich nicht geschehen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Wenn Sie heute etwa mit Erdgas Strom erzeugen, dann ist der Erdgaseinsatz befreit. Wenn Sie aber den Wirkungsgrad eines solchen Kraftwerkes steigern und eine Kraft-Wärme-Kopplung hinzufügen, müssen Sie für das, was nicht irgendwo in die Umwelt ausgelagert, sondern sinnvoll verwendet wird, auch noch Steuern zahlen. Das ist eine eklatante Benachteiligung jeder effizienzsteigernden Maßnahme in unserem Energiesystem und daher völlig falsch. Es entspricht im übrigen auch nicht dem, was Sie im nationalen Umweltplan festgeschrieben haben. (Abg. Mag. Peter: Wer beschließt denn so etwas?) Bitte? (Abg. Mag. Peter: Wer beschließt denn so etwas?)

Beschlossen wird es im Parlament, aber es wird von der Regierung nicht umgesetzt. Und genau darin liegt das Problem. Das sind auch jene Probleme, die wir etwa im Bereich der Werkvertragsregelung haben, das sind jene Probleme, womit wir immer wieder konfrontiert werden, weil


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hier immer nur davon gesprochen wird, etwas dagegen zu unternehmen, aber in Wahrheit nichts dagegen getan wird.

Nehmen wir als Beispiel nur die Umweltstandards her, von denen behauptet wird, daß sie in Österreich so hoch sind, daß man dadurch im internationalen Wettbewerb Nachteile erleidet. Meine Damen und Herren! Wahr ist vielmehr, daß die verfahrensrechtlichen Vorschriften in diesem Bereich dermaßen kompliziert, dermaßen zersplittert, dermaßen zeitlich unberechenbar geworden sind, daß genau das für die Unternehmer ein wirkliches Problem darstellt. Denn letztlich können sie – sobald sie die Entscheidung getroffen haben, ein Projekt durchzuführen – nicht abschätzen, ob sie für das Verfahren zwei, drei oder vier Jahre brauchen werden. Das ist eine Problematik, die geändert gehört und wo unser Herr Bundeskanzler aufgefordert ist, auch etwas dagegen zu tun.

Das Vorauspreschen des Bundesministers für Umwelt in Fragen der Massenverfahren – im AWG – war nicht sinnvoll. Es liegt aber seit über einem Jahr ein Auftrag oder vielmehr sogar schon ein Entwurf im Bundeskanzleramt auf, der im Bereich des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes eine Änderung betreffend dieser Massenverfahren anstrebt. Bisher ist jedoch dem Parlament diesbezüglich noch nichts zugeleitet worden.

Und ich möchte noch einmal betonen: Das ist das eigentliche Problem. Es ist für Unternehmer und Unternehmerinnen in Österreich nicht möglich, den Gang der Verfahren abzuschätzen. Es ist für sie bei Einleitung eines solchen Verfahrens nicht vorhersehbar, wann sie ihre Investitionsentscheidung wirklich umsetzen können. Hier muß gehandelt. Man muß endlich davon abkommen, daß man alles und jedes in eigenen Verfahren bewilligen lassen muß.

Man muß in diesem Zusammenhang endlich auch überlegen, die Baukompetenzen in allen Bundesländern von den Gemeinden zu den Bezirksverwaltungsbehörden zu verlagern und Verfahrenskonzentrationen zu erwirken, die nicht nur eine Verfahrensbeschleunigung bringen, sondern Steigerungen in ihrer Effektivität bedeuten. Denn es geht schließlich auch darum, daß diese Verfahren letztlich eine Abklärung der Rechtspositionen zwischen betroffenen Anrainern und jenen Unternehmern und Unternehmerinnen, die einen Rechtsanspruch auf Erledigung ihrer behördlichen Verfahren haben, bewirken sollen.

Meine Damen und Herren! All das sind politisch wichtige Fragen, deren Lösung von der Bundesregierung verweigert wird. Aber man stellt sich von seiten des Herrn Bundeskanzlers hin und sagt, wir haben in Österreich hohe Umweltstandards, wir wollen sie halten, denn das ist wichtig und gut. Der Realität entspricht aber vielmehr, daß Sie sie nicht halten können werden, weil die Verfahren einfach nicht für die Umsetzung geeignet sind.

Und genau das ist die Doppelbödigkeit, mit der hier letztlich Politik betrieben wird: Sie sagen den Menschen in Österreich: Wir müssen in Europa reüssieren, wir müssen dort unseren Weg gehen! Aber das, was dabei notwendig wäre, nämlich jene zu unterstützen, die in Österreich ohnehin das Instrumentarium in die Hand nehmen wollen, damit sie wirklich bestehen können, haben Sie bisher unterlassen.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Problematik, die wir immer wieder aufzeigen werden. Wir sind überzeugt davon, daß Sie im Rahmen der Europawahlen dafür auch die entsprechende Quittung präsentiert bekommen werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.59

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe die heutige Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt sehr aufmerksam verfolgt und habe auch versucht herauszufinden, welche Botschaft die Redner der Freiheitlichen Partei vermitteln wollten: Alles schlecht, die Regierung hat zu spät oder gar nicht reagiert, (Rufe


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bei den Freiheitlichen: Gar nicht!), falsche Politik, falsche Politikansätze, die Katastrophe kommt, Schaden wird nicht abgewendet – und ähnliche Bemerkungen.

Aber was mir abgegangen ist – und das ist eine Kritik, ich sage das ganz offen! –, sind konkrete Vorschläge: Was soll geschehen? – Es sind keine Vorschläge gekommen. Nur kritisieren und sich die Freiheit herausnehmen, alles schlecht zu machen, das ist die Politik der Freiheitlichen in diesem Haus! Aber es wurde von Ihnen kein einziger konkret diskussionswürdiger Vorschlag im Laufe dieses Tages auf den Tisch gelegt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wissen ja gar nicht, was wir vorschlagen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Puttinger hat kurz von der Arbeitnehmerschutzverordnung gesprochen und gemeint, man solle diese nicht zu 200 Prozent erfüllen müssen. Ich stimme ihm zu: Das müssen wir nicht. Was wir aber auf jeden Fall tun sollten, wäre, diese Verordnung und die Vorschriften zu 100 Prozent zu erfüllen, weil es dabei um die Situation der Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen und um deren Gesundheit geht.

Wir von der sozialdemokratischen Fraktion werden dafür sorgen, daß keine Rückschritte – wie sie meiner Meinung nach ein bißchen angeklungen sind – gemacht werden, sondern daß man sich den gesetzten Normen voll widmet. Puttinger hat Glück, daß Frau Bundesminister Gehrer nicht im Saal war: Sonst hätte er sich das nicht zu sagen getraut. Die ÖAAB-Obfrau der Volkspartei hätte ihn zur Ordnung rufen müssen, wenn er meint, daß Änderungen vielleicht notwendig sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaftspolitik ist nicht zu trennen von der Beschäftigungspolitik und von der Sozialpolitik, geht es doch um Menschen, um Arbeitsplätze, um Arbeitsbedingungen und um die Entlohnung der Arbeitnehmer. Die heutigen Aussagen des Bundeskanzlers, Lohnsenkung und Sozialdumping eine klare Absage zu erteilen, sind zu unterstützen.

Der Vizekanzler hat wörtlich gesagt: Wir wollen nicht abmindern. – Auch das ist zu unterstützen. Herr Klubobmann Khol hat gemeint – allerdings auf die Landwirtschaft bezogen –: Die Einkommen erweitern und nicht Abstriche machen ist das Ziel der Volkspartei. – Ich glaube, wenn er das für die Landwirtschaft fordert, so kann er das auch für die Wirtschaft im allgemeinen fordern und für die Arbeitnehmer als Leitmotiv nennen. Das ist auch positiv.

Herr Kollege Frischenschlager hat gemeint: Soziale Standards wollen wir erhalten und soziale Rechte angleichen. – Auch das ist etwas, was man grundsätzlich befürworten und unterstützen kann.

Wenn all das quer durch die Fraktionen dieses Hauses jetzt behauptet wird, dann wird es sich in der Praxis, so nehme ich an, auch so verhalten. Man sollte annehmen können, daß man entsprechend dem lebt, was man hier präsentiert.

Die Praxis schaut jedoch ein bißchen anders aus: Da gibt es zum Beispiel oft die von Herrn Stummvoll vorgetragene Forderungen in Richtung Abbau der sozialen Standards. Da gibt es die Forderungen von wichtigen Wirtschaftsvertretern, die meinen, die Lohnkosten müßten nach Möglichkeit mehrere Jahre hindurch gesenkt werden. Da gibt es Unternehmer, die die Gewerkschaften ausbremsen wollen. Da gibt es aber auch Arbeitsplatzangebote von österreichischen Betrieben, die Arbeitslosen Arbeitsplätze zu Bedingungen anbieten, die auch erwähnenswert sind. Ich habe hier eine Annonce aus einer Zeitung, deren Text lautet: "Schlosser wird ab sofort aufgenommen." Anforderungen: "Inländer, 20 bis 40 Jahre, abgeschlossene Berufsausbildung, Praxis und Führerschein B." Die Entlohnung für diesen Facharbeiter wird auch angegeben mit einem Betrag von 13 000 S brutto im Monat bei einer Arbeitszeit, die über die kollektivvertragliche Arbeitszeit hinausgeht.

Das ist die Realität der Wirtschaft! Das ist die Realität mancher Betriebe! Vielleicht ist die entsprechende Anleitung für dieses Verhalten darin zu sehen, daß die Freiheitlichen erst vor kurzem wieder gefordert haben, daß man Arbeitslose auch unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn beschäftigen darf. Vielleicht hat der Unternehmer, der diese Annonce aufgegeben


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hat, Ihre Rezepte und Ihre Vorstellungen gehört, die da lauten: Runter mit den Sozialstandards! (Abg. Meisinger: Das habt ihr gemacht!) Bei Wahlreden stellen Sie sich jedoch hin und sagen: Wir sind für die Kleinen, für die Arbeiter da. – In Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gewerkschaften, die immer wieder und auch in dieser Debatte kritisiert werden, haben im vergangenen Jahr insgesamt – leider, das muß ich dazu sagen – einen Betrag von 1 400 Millionen Schilling in der Rechtsschutzgewährung erstritten und sichergestellt. So haben sie sich für den Fall, daß Löhne und Gehälter für Arbeitnehmer nicht ausbezahlt werden, gesichert. – Ich glaube daher, daß man den Schluß ziehen kann: Die Pflege des Kapitals und der Dividenden darf nie größer sein als die Fürsorge für die Arbeitnehmer und ihre Lohn- und Arbeitsbedingungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Präsident Verzetnitsch hat in seinem Debattenbeitrag kurz angeführt, daß vor wenigen Tagen die Bundesregierung über 300 000 Unterschriften von Österreicherinnen und Österreichern erhalten hat, die eine Petition an die Bundesregierung gerichtet haben, im Rahmen der "Aktion Fairneß" für gleiche Rechte der Arbeiter und Angestellten einzutreten und die legistische Umsetzung dieser Forderung durchzusetzen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Von seiten der Bundesregierung ist in Aussicht genommen, im nächsten Jahr entsprechende Schritte vorzubereiten. Ich glaube, daß diese Ankündigung unsere volle Unterstützung haben soll. Ist es doch so, daß einige Mitglieder dieses Hohen Hauses diese Petition auch persönlich unterschrieben haben. Ich denke hier im besonderen an die grüne Fraktion, aber auch an andere. Auch die Volkspartei und auch das Liberale Forum haben signalisiert, daß in diesem Zusammenhang auch von ihnen Unterstützung bei der Behandlung zu erwarten ist. Die einzigen, die sich dazu ausgeschwiegen haben, sind wieder einmal die Freiheitlichen, für die das sicherlich kein Thema ist.

Ich meine, die Kodifikation des Arbeitsrechtes muß uns allen am Herzen liegen, und ich lade Sie ein, bei deren Umsetzung im nächsten Jahr mitzuarbeiten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

22.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Was werden Sie uns jetzt erzählen, Herr Kollege?)

22.07

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Ich werde über die höheren Umweltstandards reden, Herr Kollege Khol! Solange Sie hier sitzen, habe ich wirklich kein Problem mit Abschiedsreden!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich wird die höheren Umweltstandards behalten, und die anderen Mitglieder werden nachziehen: So wurde uns das von der Bundesregierung vor der Volksabstimmung versprochen. Heute hat es der Bundeskanzler hier wiederholt, obwohl die EU-Praxis bereits zeigt, daß selbst minimale Umweltschutzrichtlinien in den meisten Mitgliedstaaten ignoriert werden und Österreich dadurch zweifach geschädigt wird, nämlich ökologisch und ökonomisch. Während in Österreich Betriebe – Kollege Prinzhorn hat das beklagt – wegen hoher Umweltauflagen schließen müssen, werden in Portugal, in Griechenland oder in Spanien Betriebsansiedlungen mit EU-Geldern gefördert, obwohl dort jegliche Umweltschutzauflagen außer acht gelassen werden.

Heute denkt man in Brüssel bereits laut darüber nach, wie man die höheren Umweltstandards der neuen Mitgliedsländer unterlaufen kann. Ich zitiere aus einem Papier der Kommission wortwörtlich: "Der realistische Zugang wäre, ein Niveau anzustreben, das einen Kompromiß darstellt zwischen dem am wenigsten strengen Standard in einem neuen Mitgliedstaat und dem Gemeinschaftsstandard." Das bedeutet nichts anderes als den Versuch, unsere Standards zu reduzieren. Das ist der Stand der Dinge in Brüssel!


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Das bedeutet, daß das den Österreichern gegebene Versprechen nicht gehalten wird, und das wird auch bestätigt durch einen Zwischenbericht der Kommission zum Revisionsprozeß. Es gibt eine einzige und daher um so klarere Feststellung, die da lautet: Bis heute ist nichts zur Erhebung der Standards in den anderen Mitgliedsländern geschehen. – Es stellt sich also die Frage, wie die seinerzeitige Vereinbarung, die unsere Bundesregierung getroffen hat und die von Rauch-Kallat, die vor dem 12. Juni noch Umweltministerin war, laut bejubelt wurde, jetzt im Lichte der heutigen Erkenntnisse zu bewerten sind.

Damals hat man gesagt: Österreich kann die strengeren Normen vorerst während einer vierjährigen Übergangsfrist aufrechterhalten, und gleichzeitig verpflichtet sich die EU, ihre Normen innerhalb dieser Frist gemeinsam mit den neuen Mitgliedstaaten einer Überprüfung zu unterziehen, und zwar mit dem Ziel, gemeinsame Normen auf möglichst hohem Niveau zu erreichen. Nach Ablauf der Frist übernimmt Österreich den Acquis unter den gleichen Bedingungen wie die derzeitigen Mitgliedstaaten.

"Unter den gleichen Bedingungen" bedeutet wohl heute: auf niedrigerem Niveau, meine Damen und Herren! Das zeigt etwa die Entwicklung beim Transitverkehr, wie von Kollegen Rosenstingl ausgeführt: Zunahme der Transitfahrten, Zunahme der Emissionen. Das zeigt zum Beispiel auch die neue Trinkwasserrichtlinie, die höhere Grenzwerte für krebsfördernde Substanzen vorsieht. Das zeigt ferner die Nichtkennzeichnung genmanipulierter Lebensmittel, die unsere ökologische Produktion extrem gefährdet. Schlußendlich zeigt das auch die Strommarktliberalisierung, die die Nutzung der erneuerbaren Energie, die in den Kinderschuhen steckt, wieder zunichte macht. – Das sind nur einige Beispiele, meine Damen und Herren, für Anschläge auf österreichische Umweltstandards.

Faktum ist: Für die EU der Multis ist die Gewinnmaximierung das oberste Prinzip. Von einer Umweltunion, wie sie uns versprochen wurde, sind wir weiter denn je entfernt.

Meine Damen und Herren! Die Reform des Unionvertrages bietet nun die Möglichkeit für eine Ökologisierung der EU. Ich fordere daher die Vertreter der Bundesregierung auf, für die Verankerung des Vorranges des Umweltschutzes gegenüber dem freien Warenverkehr einzutreten. Die gemeinsame Agrarpolitik muß ökologisch verträglich werden. Die Agroindustrie darf keinen Groschen an Förderungen bekommen, wenn wir wirklich eine Umweltunion wollen!

Die Grundlage jeder Energiepolitik, meine Damen und Herren, muß die nachhaltige Entwicklung sein. Es muß das gefördert werden, was an erneuerbaren Energieträgern vorhanden ist. Es muß Maßnahmen zur Effizienzsteigerung geben, und es muß zu Nutzung von Einsparpotentialen kommen.

Auf alle Fälle aber muß der EURATOM-Vertrag geändert werden, meine Damen und Herren. Denn nach wie vor ist im EURATOM-Vertrag die Förderung der Kernenergie das zentrale Anliegen. Es würde mich daher freuen, wenn sich der Herr Bundeskanzler nachdrücklich für die Realisierung dessen einsetzte, was er immer wieder angekündigt hat, nämlich die Schaffung eines AKW-freien Mitteleuropa. – Eine Novellierung des EURATOM-Vertrages wäre der erste Schritt in diese Richtung.

Der Schutz der Menschen und der Umwelt muß unser aller Anliegen sein und nicht die Schaffung idealer Rahmenbedingungen für einen hemmungslosen Binnenmarkt.

Deshalb erlaube ich mir noch einen Entschließungsantrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der hohen österreichischen Umweltstandards innerhalb der EU

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen innerhalb der relevanten Gremien der EU zu setzen, die eine Aufrechterhaltung der hohen österreichischen Umweltstandards gegenüber den niedrigen Standards der EU garantieren können. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, alle notwendigen Initiativen zu setzen, die geeignet sind, den Begriff der ,Nachhaltigkeit’ bei der Maastricht-Nachfolgekonferenz auch tatsächlich in den relevanten Artikeln des Maastricht-Vertrages zu verankern.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, alles zu unternehmen, damit das Einstimmigkeitsprinzip in allen umweltrelevanten Bestimmungen des Maastricht-Vertrages aufrecht bleibt."

*****

Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.12

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekrtär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union haben sich das Umfeld, aber auch die Möglichkeiten für unsere Wirtschaft wesentlich verändert und wesentlich verbessert.

Für die Bescheidenen mag es vielleicht reichen, daß das nicht eingetroffen ist, was viele vorher prognostiziert haben. Es ist weder – wie heute schon gesagt wurde – zur Invasion der Schildläuse gekommen, noch ist es zur Errichtung eines Tiefstpreislandes oder Tiefstpreisparadieses gekommen. Schon gar nicht sind bei uns Gastarbeiter in großer Zahl eingezogen, die unseren Mitarbeitern ihre Arbeitsplätze wegnehmen.

Vielmehr ist es – das haben heute auch schon viele meiner Vorredner angeführt – durch den EU-Beitritt aber zu sehr vielen positiven Effekten gekommen. Ich möchte wiederholen: Die Inflationsrate ist so niedrig wie schon lange nicht. Wir haben das niedrigste Zinsniveau. Wir haben unsere Exporte wesentlich steigern können. Wir haben eine Arbeitslosenrate, die im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine der niedrigsten ist, und wir haben nach wie vor als Unternehmensstandort eine der niedrigsten Unternehmenssteuern Europas. Natürlich gibt es auch Bereiche mit... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sprechen Sie doch auch einmal über die Handelsbilanz!) Ich habe mein Referat etwas anders aufgebaut und bitte dafür um Entschuldigung. Wenn Sie mir sagen, was Sie das nächste Mal hören wollen, werde ich gerne auch darauf zu sprechen kommen. (Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Wenn sie das so will und wenn ihr das dann hilft, gerne. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es auch Bereiche mit Anpassungsproblemen. Aber selbst Branchen, von denen wir das nicht erwartet hätten, wie zum Beispiel der Lebensmittelbereich, melden große Erfolge. Ich denke an einen mittleren Betrieb in meinem Bezirk, der 200 Mitarbeiter hat, nämlich die Firma Steirer Obst, die durch den Beitritt zur EU ihre Exportrate von 10 auf 40 Prozent erhöhen konnte. Sie wird nächstes Jahr 200 Millionen Schilling investieren, und das ist bei unserer Struktur ein großer Vorteil. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Das ist nicht der Vorteil! Haben Sie vielleicht gewußt, daß der größte Nahversorger Norditaliens mittlerweile die Spar Österreich ist? Es gibt eine Reihe von großen Investitionen, die heute ebenfalls schon erwähnt wurden, die besonders auch für die zuliefernden Klein- und Mittelbetriebe viele Chancen und Arbeitsplätze schaffen. Ich möchte nur – weil das steirische Aktivitäten sind – das Chips-Werk AMS in Graz erwähnen, das 4 Milliarden Schilling investieren und 300 zusätzliche Arbeitsplätze bringen wird; bei dieser Gelegenheit erwähne ich auch die Leykam, die 6,5 Milliarden Schilling zu investieren gedenkt.


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Firmen investieren nur dann in Österreich, wenn sie glauben, daß sie hier eine gute Zukunft vorfinden werden. Sie würden doch nicht leichtsinnig große Beträge hier investieren, wenn der Standort Österreich so schlecht wäre, wie Sie ihn heute dargestellt haben! – Mir ist schon klar, daß die Opposition hier die Regierung nicht womöglich noch loben wird! Das ist mir schon klar. Ich bitte Sie jedoch eines nicht zu tun: Beten Sie die österreichische Wirtschaft nicht krank, auch wenn Sie selbst vielleicht daran glauben! Ich glaube allerdings nicht, daß Sie das heute hier wirklich ernst gemeint haben! Sie verunsichern damit aber Unternehmen, die ihren Standort hier in Österreich weiter festigen wollen.

Ich kann eventuell zugeben, daß sich Frau Kollegin Ederer mit ihren 1 000 S geirrt hat. Vielleicht sind es nur 8 300 S oder 500 S pro Monat. Aber Europa sollte auch für Sie mehr sein als eine Preissenkungsorganisation für Yoghurt oder, wenn Sie wollen, für Sportautos. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Für schwarze Porsche!) Wenn schwarze Porsche tatsächlich etwas billiger werden, so ist das schön, aber das ist ja nur ein Hobby!

Durch die Internationalisierung der Wirtschaft steigen die Chancen, aber natürlich auch die Risken für unsere Unternehmen. Ich denke wieder an einen kleinen Betrieb mit 80 Mitarbeitern – er ist im Umweltbereich tätig – aus meinem Bezirk. Der Besitzer hat mir kürzlich erzählt, daß der Wettbewerb in Österreich zu scharf ist und er zuwenig verdienen kann. Dieser Wettbewerb hat ihn gezwungen, sich in Südostasien niederzulassen, wo er sehr gute Geschäfte macht und unsere Wirtschaft hervorragend vertritt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Sie müssen zuhören! Er arbeitet dort.

Aber dieser Wettbewerb zwingt auch uns, nachzudenken und für unsere Firmen jene Rahmenbedingungen zu schaffen, die dazu beitragen, daß der Wirtschaftsstandort Österreich auf Dauer gesichert ist.

Neue Arbeitsplätze schaffen nur erfolgreiche Unternehmen. Ich zitiere hier Wolfgang Schüssel, der in seinem sozialen Manifest sagte: "Die beste Sozialpolitik sind florierende Unternehmen." Ich weiß, Sie hören heute nicht besonders gern von Wolfgang Schüssel, weil Ihr Chef ein wenig ins Fettnäpfchen getreten ist! Aber das kann ich auch nicht ändern! (Abg. Mag. Stadler: Hat Wolfgang Schüssel dieses Manifest ex cathedra erlassen?) Herr Kollege Stadler! Sie können das nachlesen, MariaTheresia Fekter hat das sicher in ihren Unterlagen, wenn Sie heute noch eine Abendlektüre brauchen! (Zwischenrufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Beschäftigung in Österreich wird vor allem von den Klein- und Mittelbetrieben getragen, und wir müssen dafür sorgen, daß diesen Klein- und Mittelbetrieben ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt. Ich gebe zu, daß wir auch in diesem Bereich noch ein Stück Arbeit vor uns haben, weil gerade diese Klein- und Mittelbetriebe von der Bürokratie, die hin und wieder überschwappt, sehr hart getroffen werden. Ich denke etwa an den Fall eines Pizzabäckers, der 24 Quadratmeter Betriebsfläche hatte. Er mußte zwei Jahre lang ein Verfahren über sich ergehen lassen, in dem ihm der Sachverständige schließlich gesagt hat, er müsse über dem Ofen eine Absaugeanlage errichten. Dann wäre die Pizza nie durchgebacken gewesen; das war schwierig. Zum Schluß hat er dann noch 3 000 S Strafe bezahlt. Das versteht tatsächlich niemand! Wir müssen daher alles daransetzen, daß Menschen mit Unternehmergeist nicht zu Bittstellern, sondern auch zu Kunden der Behörden werden.

Dazu brauchen wir neue Möglichkeiten. Wir brauchen zum Beispiel ein neues Betriebsanlagenrecht. Wir sind daher sehr froh darüber, daß Minister Farnleitner an diesem neuen Betriebsanlagenrecht arbeitet. Wir brauchen Typenzulassungen, wir brauchen ein Anzeigeverfahren, wir brauchen eine Mißbrauchsgesetzgebung für kleinere Betriebseinheiten oder für verbessernde Änderungen. (Abg. Mag. Barmüller: Im liberalen Antrag war all das enthalten!)

Auf den liberalen Antrag zum Gewerberecht komme ich gerne zurück! – Wir brauchen auch ein modernes Gewerberecht. Aber es ist ein Trugschluß, Herr Barmüller, wenn Sie glauben, daß der freie Unternehmerzugang all unsere Sorgen in Richtung Unternehmensgründungen, neue


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Unternehmen und neue Arbeitsplätze regelt. Was wir brauchen, sind gute Unternehmer, die etwas wissen und etwas können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Herr Kollege Peter! Ich habe es schon einmal gesagt: Wenn du nichts weißt und nichts kannst, so hilft dir auch eine Versicherung nichts! Wenn Sie als Unternehmer nichts wissen und nichts können, hilft Ihnen auch eine Versicherung nichts!

Ich möchte noch einen Bereich erwähnen: Wir müssen uns auch hüten, bei der Umsetzung der EU-Richtlinien immer Fleißaufgaben zu machen. Kollege Puttinger hat das Arbeitnehmerschutzgesetz hier erwähnt. Es gibt ja eine Reihe von gesetzlichen Vorschriften. Wir müssen allerdings wettbewerbsfähig bleiben und daher unsere Gesetzgebung auf den Markt ausrichten und nicht unsere Unternehmer schlechter behandeln, als die Kollegen in der EU behandelt werden. Wir brauchen mehr Flexibilität. Es tut mir leid, daß der Herr Sozialminister jetzt nicht mehr im Raum ist, aber ich muß das nun sagen: Ich habe heute in der Früh einen Zeitungsbericht per Fax mit der Überschrift bekommen: "Dann machen wir das eben illegal." Und als Vertreter eines Wahlkreises, der stark bäuerlich dominiert ist, der als das "Obstland Österreichs" bezeichnet wird, nämlich der Oststeiermark, muß ich sagen: Es geht um Flexibilität, auch wenn es darum geht, den Bauern die Einstellung von Erntearbeitern zu gewähren. Ich war gestern auf dem Arbeitsamt. Es werden hier Sprüche zitiert. Etwa sagt ein Apfel- und Chinakohlbauer: "Ich warte nur mehr auf den ersten Selbstmord!" Ein anderer Bauer sagt: "Bei der Erdbeerernte ist es zugegangen wie im Krieg. Die Arbeiter haben Habtacht stehen müssen, der Arbeitsinspektor ist durchgegangen und hat kontrolliert." Weiteres Zitat: "Jeder, der sieht, was da wirklich los ist, kann sich nicht abbeuteln und sagen: Das ist mir egal!" Der Leiter des Arbeitsamtes in Weiz sagt: Worum geht es? Es geht darum, daß die Äpfel täglich reif werden und wir nicht die Leute haben. – Der Grund dafür ist eine wirklich verfehlte Politik, die betrieben werden muß, weil immer wieder die große Angst vor den Ausländern zelebriert wird. Es geht um 14 Tage, 14 Tage brauchen wir diese Arbeiter, die jahrelang hier waren! Herr Kollege Haigermoser hat angemerkt, daß Sie uns einmal geholfen haben, eine Bestimmung für die Bauern einzuführen. Ich denke an das Antimißbrauchsgesetz, nach dem ein Bauer heuer im Juli 1 250 000 S Strafe bekommen hat, weil er Ausländer beschäftigt hat, damit die Erdbeeren nicht verderben! – Wir sollten auf diesem Gebiet jedoch flexibel sein, um einer Branche zu helfen, die in Europa Erfolg haben könnte, wenn wir ihnen die Arbeiter zur Verfügung stellten, die sie brauchen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Barmüller: Ihr seid doch in der Regierung! Warum macht ihr das nicht? Soll das eine Selbstzüchtigung sein?)

Das ist keine Selbstzüchtigung! Ich habe bereits gesagt: Wir gehen daran, sehr konsequent die Rahmenbedingungen zu verbessern und zu verändern. Und ich darf ihnen noch etwas sagen: Wir müssen unsere Betriebe arbeiten lassen, dann werden sie den Erfolg haben, denn ihnen die Europäische Gemeinschaft bieten kann! (Beifall bei der ÖVP.)

22.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.25

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vieles von dem, was der Herr Bundeskanzler heute von sich gegeben hat und was teilweise auch vom Herrn Vizekanzler wiederholt oder bestätigt wurde und als notwendige Maßnahme der Regierung erachtet wird, um den weiteren innerösterreichischen Integrationsprozeß in Gang zu bringen, findet sicherlich unsere Zustimmung, gar keine Frage. Allerdings kommen sofort auch das Aber und die Einschränkung. Denn das Formulieren von Zielen und Wunschvorstellungen allein bringt Österreich in der Phase eines notwendigen Aufholprozesses wohl keinen Schritt weiter. Es handelt sich hiebei lediglich um Lippenbekenntnisse oder – so kann man es auch bezeichnen – um die periodische Wiederholung von Regierungserklärungen, je nach dem Aktualitätsgrad.

Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierunsfraktionen: Wie lange wollen Sie uns noch erzählen, wann die wichtigen Reformvorhaben, die alle einen EU-Bezug


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haben, endlich in die Tat umgesetzt werden? Wir Liberale haben diese immer wieder initiiert, sind aber bisher eher auf taube Ohren von Ihrer Seite gestoßen. Meine Damen und Herren! Ich habe heute meine Zweifel an so mancher Absichtserklärung, die heute geäußert wurde. Ich habe beispielsweise meine Zweifel, ob die sozialdemokratische Fraktion wirklich an ihrer Absicht festhalten will, mit dem Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion in die Regierungskonferenz hineinzugehen. Denn es sagt etwa im heutigen "Kurier" Herr Muhm, immerhin kein unbekannter in der SPÖ: "Der ÖGB hat vor dem EU-Beitritt nicht nur die Fachgewerkschaften auf das Ja eingeschworen, sondern auch Teile der SPÖ. Wenn die Unternehmerseite nun einen Bruch will, werden wir beim Thema Wirtschafts- und Währungsunion auch ausschließlich unsere Position vertreten."

Das sind recht unverhohlene Drohungen! Ich glaube, daß diese zum Klima der derzeitigen politischen Landschaft und zu dieser harzigen Auseinandersetzung, die zwischen ÖVP und SPÖ zurzeit geführt wird, um überhaupt nur ein kleines Stück weiterzukommen, recht gut passen. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Kollege Parnigoni! Ich weiß, warum du mir widersprichst, aber ich fühle mich bemüßigt, hier einen Kommentar abzugeben. Meine Damen und Herren! Vielleicht war es auch nur ein kleines wahltaktisches Manöver, was Herr Muhm von sich gegeben hat, auch das ist möglich, ich halte das aber für unseriös.

Geben Sie nicht nur dauernd Regierungserklärungen und Zustandanalysen ab, sondern gehen wir die Lösung der Probleme an! Ich glaube, meine Damen und Herren, gerade auf dem Sektor Geld- und Bankenwirtschaft ist als Vorbereitung für die Wirtschafts- und Währungsunion jede Menge zu tun. Auf diesem Gebiet gibt es Versäumnisse, die wirklich gravierend sind. Ich möchte nur einige Beispiele nennen, etwa die schleppende Privatisierung: Ich brauche mir nur vor Augen zu führen, daß die zweitgrößte österreichische Bank, die Creditanstalt, seit sechs Jahren an den Mann, an die Frau oder an einen neuen Partner gebracht werden soll. Daß sechs Jahre erfolglos verhandelt wurde, spricht nicht gerade für diese Regierungsvertreter und für diese Bundesregierung, meine Damen und Herren! Zum drittenmal wird jetzt ein Anlauf unternommen. (Abg. Parnigoni: Gut Ding braucht Weile!)

Ich darf daran erinnern: Zuerst hat man versucht, die Aktionäre aus dem Bereich des Streubesitzes an Land zu ziehen. Dieser Versuch ist gescheitert. Dann wollte man gleich das Giebelkreuz über der Creditanstalt errichten, damit diese Bank auf jeden Fall in "schwarzer" Hand bleibt. Schnell wurde ein Coup vorbereitet von einem Herrn namens Konrad, den Sie auch kennen. Dieser scheiterte dann praktisch in letzter Minute.

Dann kam es zum nächsten Versuch: Die Schweizer stellten sich in Form der Credit Suisse an. Sie sind dann allerdings davongelaufen, als sie mitbekommen haben, wie hier verhandelt wird, daß nämlich, nachdem schon ein Angebot vorliegt, die Einwendungen kommen: Das wollen wir noch, das wollen wir noch, einen Aufsichtsratposten wollen wir, und da wollen wir mitreden. Die Schweizer sind dann davongegangen.

Und jetzt ist eine ähnliche Situation: Es konnte jemand einfach nicht genug bekommen, daher ist auch dieses Konsortium – unter der Führung der Generali – nicht zum Zug gekommen. Ich weiß nicht, wie es diesbezüglich weitergeht, aber ich glaube, das weiß im Moment niemand. Eines steht jedoch fest: Hier wäre dringender Handlungsbedarf geboten, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein weiterer Fall ist die so dringend notwendige Stärkung der Eigenkapitalbasis, die auch immer wieder nur ein Lippenbekenntnis ist. Es ist natürlich leicht gesagt, unsere Betriebe brauchen die Zufuhr von frischem Kapital, wenn der Kapitalmarkt nicht funktioniert. Nun, es ist mir und auch Ihnen bekannt, daß ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt wurde, nämlich durch die Abschaffung der anonymen Wertpapierkonten. Dies ist eine teilweise taugliche Maßnahme, um den Kapitalmarkt in Gang zu setzen, aber bitte nicht die einzige, denn wir haben in Österreich noch immer eine Reihe von antiquierten Gesetzen, die in der Tat das Funktionieren des Kapitalmarktes verunmöglichen.


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Ich darf bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen, daß in Österreich bald die magische Grenze von 3 000 Milliarden Schilling an gebundenem Sparkapital erreicht wird, aber was die Risikokapitalseite anlangt, sind wir eines der Schlußlichter in Europa.

Auf der einen Seite besteht also ein Bankenapparat, der günstigen Zutritt zum Geldmarkt hat – um in erster Linie Kreditfinanzierungen zu betreiben –, aber auf der anderen Seite ist ein nicht funktionierender, schlafender Risikokapitalmarkt. Eine der Ursachen dafür, daß dieser Markt schläft und die Wiener Börse auch nicht aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen kann, sind Bestimmungen unseres Einkommensteuergesetzes. Sie müssen sich eines vor Augen führen: Österreich ist das einzige beziehungsweise eines der wenigen Länder in Europa und in der westlichen Welt, in dem man – wenn man Kursgewinne innerhalb eines Jahres erzielt – voll in die Besteuerung hineinkommt, während man – wenn man im gleichen Zeitraum –, nämlich auch innerhalb eines Jahres, Kursverluste realisiert, diese nicht absetzen kann.

Meine sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP: Ihr Parteigänger, Notenbankchef Klaus Liebscher, hat bereits einige Male thematisiert, daß hier Handlungsbedarf gegeben wäre, aber offensichtlich stößt er selbst bei seinen eigenen Leuten auf taube Ohren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. ) Meine Damen und Herren! Durch Nichtagieren werden wir den Kapitalmarkt nicht in Gang setzen!

Ferner gibt es das legendäre Beispiel, das ich auch heute wieder in der Zeitung vorgefunden habe: "Weiter Unklarheit um geplante Wertpapieraufsicht." – Bitte wie wollen wir einen Risikokapitalmarkt in Österreich schaffen, wenn das wichtigste Instrument, nämlich die Bundeswertpapieraufsicht, nicht steht? Auch das ist ein Thema, Herr Kollege Stummvoll, das schon drei Jahre lang durch Österreich "herumgeistert", und es ist wieder keine Lösung in Sicht.

Es gibt eine große Menge anderer Beispiele, die man noch ausführen könnte, unter anderem selbstverständlich die Jungunternehmer. Wann werden Sie sich, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, endlich dazu bequemen, diese unsinnige Lösung mit der 50 000 S Mindestkörperschaftssteuer aus der Welt zu schaffen? Sie ist äußerst kontraproduktiv und führt letztlich zu der Erkenntnis, meine sehr geehrten Damen und Herren – insbesondere meine Herren von der Wirtschaftskammer –, daß Jungunternehmer in Österreich nicht gefördert, sondern – ganz im Gegenteil – in der Realität sogar behindert werden. Die Ausführung des Herrn Bundeskanzlers mit den Worten: die Bundesregierung sei bemüht, mit dem nötigen Sensorium, mit der nötigen Sensibilität vorzugehen, damit die Wirtschaft bloß keinen Schaden erleide, beinhaltet angesichts solcher Versäumnisse meines Erachtens ein eklatantes Mißverhältnis, denn sie trifft jeden jungen Unternehmer, der etwas auf die Beine stellen will, mit Hohn und Nichtachtung.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich gestatte mir abschließend, an Sie einen Appell zu richten: Begnügen Sie sich bitte nicht damit, hier im Abstand von drei, sechs oder neun Monaten – angesichts von Wahlen oder angesichts der Imagepflege – Regierungserklärungen abzugeben, sondern raffen Sie sich bitte endlich dazu auf, fünf Minuten vor zwölf in den wichtigen Integrationsfragen und in dem Aufholprozeß den Schnellgang einzulegen, damit Österreich nicht eines Tages einen wirklich irreparablen Schaden erleidet. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.35

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute vormittag hat Herr Professor Nowotny gesagt, daß die Freiheitlichen immer der EU die Schuld an allem geben. – Herr Professor Nowotny, das stimmt nicht! Wir Freiheitlichen geben der Bundesregierung die Schuld daran, daß sie nicht entsprechende Maßnahmen getroffen hat. Sie versuchen jedoch es so zu interpretieren, daß sich die Freiheitlichen auf das Niveau begeben, alles der EU in die Schuhe zu schieben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Ich habe mich nur auf Ihre Rede bezogen!)


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In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf die Debatte im heurigen Sommer über die Werkverträge erinnern, bei der unser Herr Bundeskanzler im Fernsehen behauptet hat, daß dieses Vorgehen in erster Linie eine soziale Komponente hätte. – Das alles hat jedoch überhaupt keine soziale Komponente! Die einzige Komponente ist jene der reinen Geldbeschaffung: Man bekommt dadurch 1,5 Milliarden Schilling herein, und das ist der einzige Grund dafür. Das ist das Ergebnis Ihrer Budgetpolitik der letzten zehn Jahre.

Wenn der eigentliche Grund, nämlich die gemeinsame Währung, wirklich erreicht werden soll, muß man eben die Konvergenzkriterien erreichen. Doch auch hier haben der Finanzminister beziehungsweise die Bundesregierung nicht die Wahrheit gesagt, daß ein Drittel durch Einnahmenerhöhung und zwei Drittel durch Ausgabeneinsparung gemeistert werden soll. Die Wahrheit ist folgende: Von einem 150-Milliarden-Schilling-Paket werden über 100 Milliarden Schilling auf der Einnahmenseite und nicht quantifizierbare mittlerweile 40 Milliarden Schilling auf der Ausgabenseite hereingebracht. Das ist Ihre Art von Strukturpolitik!

Sie haben nur ein Ziel: bis zum Jahr 1997 mit aller Gewalt die Konvergenzkriterien zu erreichen, was nach 1997 passiert, ist Ihnen völlig gleichgültig. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Bauer. ) Es ist Ihnen anscheinend völlig egal, was nach 1998 passieren wird, wenn ein Land die Konvergenzkriterien nicht mehr erreicht, oder wenn bis zu diesem Zeitpunkt nicht alle Länder die Konvergenzkriterien erreichen. Es ist Ihnen offenkundig auch völlig gleichgültig, was in der Folge mit dem Staatshaushalt passieren wird.

Denken Sie bloß daran: Wenn die Verlustvorträge im Jahr 1998 wieder wegfallen, dann haben Sie einen Steuerausfall in einer derart eklatanten Höhe, die Sie nie mehr auffangen können! Der Finanzminister nimmt hier nur eine rein kosmetische Reparatur vor. Was macht er denn, damit er die Staatsschuld auf die von ihm angestrebten 60 Prozent – sofern ihm dies gelingt – herunterdrückt?

Er stellt 50 Milliarden Schilling Privatisierungserlöse ein, er verkauft weiters Forderungen des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds in der Größenordnung von 76 Milliarden Schilling, und schließlich führt er eine "flächendeckende Maut" ein, damit die Sonderfinanzierung in der ASFINAG in der Größenordnung von über 70 Milliarden Schilling nicht der allgemeinen Staatsverschuldung hinzugerechnet wird. Wenn nämlich mehr als 50 Prozent der Schulden aus der Refinanzierung bestritten werden können – diesfalls aus den zusätzlichen Mauteinnahmen –, kann man diesen Posten aus der öffentlichen Verschuldung herausnehmen. Und dann wollen Sie uns weismachen, daß es sich hier um eine Strukturpolitik, um bugetstrukturändernde Maßnahmen handelt und darum, die Maastricht-Kriterien zu erreichen! Sie machen überhaupt nichts!

Es besteht die eminente Gefahr, daß das Budget bis zum Jahr 2000 in diese Richtung explodieren wird, daß wir nur bis 1997 eventuell die Konvergenzkriterien hinsichtlich der Defizite erreichen werden. Ich möchte nochmals betonen, daß bis zum Jahr 2000 das Budget explodieren wird – es sei denn, Sie beschließen eine neuerliches Belastungspaket, das die österreichische Bevölkerung eigentlich schon mehr als 100 Milliarden Schilling gekostet hat.

Aus diesem Grund kritisieren wir auch das Budgetprogramm der Bundesregierung. Das Budgetprogramm der Bundesregierung enthält überhaupt keine quantifizierbaren Maßnahmen auf der Ausgabenseite, sondern nur quantifizierbare Maßnahmen auf der Einnahmenseite. Liest man sich in dieses Budgetprogramm ein, so sieht man ganz genau, daß das nächste Sparpaket beziehungsweise Belastungspaket vor der Tür steht.

Ein weiteres Problem betrifft die Sparguthaben der Österreicher in der Größenordnung von 4 Billionen Schilling. Wenn die einzelnen Währungen beziehungsweise die Volkswirtschaft nicht gleich stark sind – die Währungen sind derzeit sehr unterschiedlich, man sieht das alleine aus dem Zinssatz –, besteht die Gefahr einer Abwertung des österreichischen Schillings, es kann zu einer Geldentwertung für die österreichischen Sparer kommen, und deswegen fordern die Freiheitlichen auch – ähnlich wie es die Engländer und die Dänen machen – eine Volksabstimmung beziehungsweise eine Entscheidung hier im Hohen Haus, bevor wir dieser Währungsunion beitreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Im Protokoll über den Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion steht:

Die hohen Vertragsparteien erklären mit Unterzeichnung der neuen Vertragsbestimmungen über die Wirtschafts- und Währungsunion die Umkehrbarkeit des Überganges der Gemeinschaft zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion. – Zitatende.

Es wird praktisch vorgegeben, daß der Eintritt in die dritte Stufe rasch vollzogen werden soll. Ein bis zwei Länder haben sich diesem Protokoll nicht angeschlossen: Das war einerseits Großbritannien, denn die Briten können nicht gezwungen werden, ohne daß das Parlament noch einmal eine Entscheidung trifft, und das zweite Land, das sich eine Volksabstimmung über den endgültigen Beitritt zu einer Währungsunion ausbedungen hat, war Dänemark. Deswegen geht auch der entsprechende Entschließungsantrag der Freiheitlichen in diese Richtung, und zwar:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Trattner und Kollegen betreffend eine Volksabstimmung über die Teilnahme Österreichs an der Einheitswährung "Euro"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den Verhandlungen zur Einführung der zukünftigen gemeinsamen Währung den österreichischen Standpunkt klarzustellen, daß

1. eine Teilnahme Österreichs an der Einheitswährung nur dann in Betracht kommt, wenn die gemeinsame Währung gegenüber dem österreichischen Schilling keine Einbuße an Stabilität mit sich bringt, und

2. eine Teilnahme Österreichs nur nach vorheriger Durchführung einer Volksabstimmung erfolgen wird."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Koller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.42

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Erklärungen von Bundeskanzler und Vizekanzler gleichen in Schönwetterreden und Sonntagsreden.

Ich komme aus einer Gegend der nördlichen Oststeiermark, wo die Bauern vorwiegend von der Rinderhaltung abhängig sind. Durch den BSE-Skandal haben die Bauern schwere Einkommensverluste erlitten. Die Bauern sind schwer betroffen und deprimiert. Der Vorsitzende der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern bezifferte den Verlust pro Rind im Durchschnitt mit 3 500 S. Gemäß Berechnungen der europäischen Bauernvertretung COPA beträgt aber der Verlust 3 500 S, wie dies auch in der Präsidentenkonferenz festgestellt wurde.

Die Ausgleichszahlungen erfolgen aus Mitteln der EU: für Stiere, Ochsen und für Schlachtkalbinnen 727 S und für Zuchtkalbinnen 532 S. Die Auszahlung durch die AMA erfolgt nach Maßgabe der Mittel. Der Löwenanteil der EU-Mittel fließt aber in das Verursacherland Großbritannien. Wir Freiheitlichen fordern daher vollen Preisausgleich! (Beifall bei den Freiheitlichen ).

Kollege Schwarzenberger sagte, daß das Einkommen der Bauern laut Grünem Bericht 1995 um 22 Prozent gestiegen ist. (Abg. Schwarzenberger: Das sind Buchführungsergebnisse!) Das stimmt, aber vier Gründe gibt es, die 1996 nicht mehr zutreffen. Erstens: 1995 waren die degressiven Ausgleichszahlungen am höchsten. Zweitens: 1995 gab es Zurückhaltung bei


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Investitionen, weil die Bauern auf das Geld warteten. Der Großteil der Ausgleichszahlungen erfolgte erst im Dezember. Drittens: 1995 gab es eine einmalige Lagerabwertung, und viertens: Das Einkommen teilte sich auf viel weniger Bauern auf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zurückkommend auf die BSE-Auswirkungen. Es ist nicht einzusehen, daß ein Großteil der EU-Mittel in das Verursacherland Großbritannien fließt, obwohl sich die Briten nicht an die Schlachtpläne halten und die BSE-freien EU-Länder stärker von der Rindfleischkrise betroffen sind. Die weitere Vorgangsweise für 1997 ist noch völlig ungewiß, da der EU-Kommissär (Abg. Scheibner: Wer ist denn das?) versucht, die Sondermittel für die BSE-Krise durch Kürzung beim EU-Ackerprogramm hereinzubringen. (Zwischenrufe der Abg. Parnigoni und Koppler. )

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Reichhold, Koller, Wenitsch, Dr. Salzl und Genossen betreffend volle Verlustabgeltung für Österreichs Rinderbauern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, aus nationalen Mitteln vorab Ausgleichszahlungen bis zur vollen Höhe der durch Preisverfall und Konsumrückgang entstandenen Schäden an alle österreichischen Rinderhalter noch im Herbst 1996 zu leisten.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, in den zuständigen EU-Gremien für Umschichtungen im EU-Haushalt zugunsten einer vollständigen Schadensabgeltung für unverschuldet von der BSE-Krise betroffene Rinderbauern einzutreten."

*****

Sie von der Regierung haben Handlungsbedarf! Die Bauern erwarten das! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt, steht daher mit in Verhandlung.

Zum Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.47

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Trotz Einführung einer neuen Geschäftsordnung hat unsere Sitzung heute doch wieder relativ lange gedauert. (Abg. Dr. Mertel: Aber nicht wegen der Freiheitlichen!), aber sie neigt sich sicher ihrem Ende zu, und ich werde Sie auch nicht mehr sehr lange aufhalten. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Sowohl Herr Bundeskanzler als auch Herr Vizekanzler haben heute beide ausschweifende, lange Jubelerklärungen über die Lage der österreichischen Wirtschaft und über Integrationsfragen abgegeben. Beide nach dem altbewährten Rezept: Man braucht Herrn und Frau Österreicher nur Sand in die Augen zu streuen, und dann muß die Schicht einfach so dick sein, sodaß ein bißchen rubbeln nichts nützt, um diesen Sand hinauszubekommen.

Meine Vorredner haben auf die Lage der Wirtschaft aus der Sicht der Regierungspolitiker und aus der Sicht der Oppositionspolitiker Bezug genommen. Es ist über die Zukunft der Wirtschaft und über Österreich in der EU diskutiert worden, über Pro und Kontra der Währungsunion, über Pro und Kontra des NATO-Beitritts, über die österreichische Verkehrspolitik in der EU, über die Sicherung der Arbeitsplätze und vieles mehr. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf


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Vollständigkeit. Aber eines, und jetzt bin ich beim Punkt, ist mir wirklich abgegangen – das Interesse scheint aber auch jetzt kein besonders großes zu sein –: nämlich die Darstellung der Situation der Frauen in der österreichischen Wirtschaft.

Die Situation der Frauen in der österreichischen Wirtschaft und in der österreichischen Integrationspolitik ist anscheinend nebensächlich. Als Wirtschaftsfaktor sind wir Frauen nicht wichtig, und anscheinend hat auch der EU-Beitritt auf diesem Gebiet keine Veränderung gebracht. Wo sind denn bitte die Stimmen jener österreichischen Politikerinnen, die immer die österreichische Frauenpolitik so hochloben? – Keine von ihnen hat zu dieser wirtschaftlichen Debatte überhaupt etwas zu sagen gehabt, und trotz der Verschlechterung der Situation für Österreichs Frauen, die nachweislich vor allem durch die Sparpakete in letzter Zeit auf uns Frauen zugekommen ist.

Es gibt zu diesem Thema eine ganz aktuelle Aussage, die anscheinend auch nicht auf das Interesse dieses Plenums stößt, und zwar die Aussage vom 17. September von Frau Gudrun Biffl vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung. Dieses Ergebnis ist erst zwei Tage alt – also brandaktuell. In dieser Studie hat Frau Biffl vom WIFO bekritelt, daß Österreichs Frauenerwerbsquote im Jahre 1994 nur 57,9 Prozent betragen hat und damit klar unter dem OECD-Durchschnitt liegt. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ich weiß nicht, warum es gerade jetzt angeregte Diskussionen geben muß, aber anscheinend haben Sie mit dieser Thematik nichts zu tun. Das tut mir wirklich leid! Es ist sehr bezeichnend für die österreichische Politik, besonders für die österreichische Frauenpolitik. (Abg. Dr. Mertel: Man hört nichts!)

Frau Kollegin! Es sind wohl genug Mikrophone da, und wenn Sie nichts hören, liegt es nur am Lärm, den Sie hier verursachen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Ich unterstütze Sie, und Sie gehen auf mich los!) Danke schön. Ich bin das aber nicht gewohnt, Frau Mertel.

Um auf die Aussagen von Frau Biffl zurückzukommen: Sie sagt ganz klar, daß wir diesbezüglich hier in Österreich deutlich nachhinken, und sie sieht einen Grund dafür darin, daß sich die Österreicherinnen in stärkerem Maße – ich zitiere – "aus familiären Gründen, insbesondere wegen der Kinderbetreuung, längerfristig aus dem Ewerbsleben zurückziehen". Sie hebt hervor, daß im Gegensatz dazu im Ausland auch während der Familienphase mit Kleinkindern der Kontakt mit der Erwerbswelt häufig über Teilzeitbeschäftigung gepflegt wird. Unter anderem stellt sie auch fest, daß viele Dienstleistungen in österreichischen Haushalten unbezahlt erbracht würden, die in anderen europäischen Ländern über den Erwerbsmarkt organisiert werden. Auch diesbezüglich hinken wir in Österreich gewaltig nach.

Bedenkt man, daß die unentgeltlichen Leistungen der österreichischen Frauen bei der Pflege- und Erziehungsarbeit insgesamt mehr als 40 Prozent des Bruttoinlandproduktes betragen, so muß ich schon fragen: Wo bleibt hier der Aufschrei der Politikerinnen der Regierungsparteien? Sie sind zu diesem Thema offensichtlich sprachlos. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin sehr froh, daß Herr Staatssekretär Schlögl noch da ist. Er weiß nämlich, daß ich seit vielen Jahren eine Teilzeitoffensive fordere, als Signal im öffentlichen Sektor, aber auch als Impuls für die Wirtschaft. Er ist mir im Wort – er hört mir zwar zurzeit auch nicht zu (Abg. Mag. Schlögl: O ja!) –, daß in diesem Bereich etwas geschehen muß, aber bisher ist auch noch nichts geschehen. Eines ist augenfällig: Man redet in Österreich zwar immer über Offensiven, über Teilzeitbeschäftigung, über flexible Arbeitszeitregelungen, aber geschehen ist bis heute de facto gar nichts. (Abg. Koppler: Gehen Sie in die Betriebe, dann sehen Sie es! – Abg. Parnigoni: Sie erzählen lauter Stumpfsinn! Sie haben keine Ahnung! Keinen Schimmer!)

Ich führe selber einen Betrieb zu Hause, Herr Kollege Koppler! Ich habe selber einen Betrieb, und wir beschäftigen Frauen in qualifzierten Teilzeitarbeitsplätzen. Herr Kollege Koppler! Sie sind für mich kein Maßstab, was Österreich betrifft. Wirklich nicht! Vor allem nicht in bezug auf Frauenpolitik!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit!


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Abgeordnete Edith Haller
(fortsetzend): Fest steht: Österreich hat wieder einmal einen internationalen Trend verschlafen. In Deutschland hat es eine Teilzeitoffensive gegeben, die ein voller Erfolg geworden ist, die wirklich eine Alternative zur besseren Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf geworden ist. In den nördlichen Staaten der Europäischen Union sind qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze en masse vorhanden. Sie sind gang und gäbe. 30 Prozent der Männer und Frauen sind auf qualifizierten Teilzeitarbeitsplätzen beschäftigt. In Österreich wird das offensichtlich nicht gewünscht. Da gewährt man Frauen lieber Sondernotstandshilfe, Notstandshilfe – oder man schickt sie nach Hause, bevor man versucht, sie nach ihren Möglichkeiten in den Arbeitsmarkt zu integrieren. (Zwischenrufe des Abg. Koppler. )

Sie können hier hereinschreien, was Sie wollen: Handeln Sie lieber endlich, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sind in der Regierung vertreten. Sie haben uns Frauen immer wieder etwas versprochen. Aber die österreichische Frauenpolitik ist anscheinend nur fähig, eine verpflichtende Hausarbeit für Männer zu fordern, denn um wirtschaftliche Belange der Frauen kümmern Sie sich nicht. Das ist die Realität. (Abg. Parnigoni: Sie haben keine Ahnung!) . Das stimmt nicht! Ich habe sehr viel Ahnung. Das hat mir noch niemand nachsagen können. Ich bin eine Praktikerin – im Gegensatz zu Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen!)

Ich möchte nun zum Schluß kommen. Herr Bundesminister Schlögl ist mir im Wort, und ich werde das einfordern und nicht müde werden, Herr Staatssekretär, immer wieder qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze für österreichische Frauen und auch Männer, die Familienarbeit leisten wollen, zu fordern – im öffentlichen Sektor, als Impuls für die Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Böhacker und Genossen betreffend rückwirkende Abschaffung der Sozialversicherungspflicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ: Welcher Antrag?)

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen ist von 20 Abgeordneten gestellt, sie ist daher durchzuführen.

Die Geschäftsordnung bietet zwei Möglichkeiten. Nach Rücksprache mit den Klubobleuten sieht die Situation so aus, daß sich vier Klubobleute für die neue Form entschieden haben, Klubobmann Stadler für die alte. Ich werde demgemäß nach der neuen Bestimmung abstimmen lassen.

Es ist dies § 66 Abs. 5 der Geschäftsordnung, letzter Satz. Ich bringe diesen Satz zur Verlesung:

"Der Präsident kann eine namentliche Abstimmung auch in der Weise durchführen, daß die Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen werden und die Stimmabgabe mündlich mit "Ja" oder "Nein" erfolgt." – Ich werde also in dieser Weise abstimmen lassen.

Ich bitte daher nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

Ich bitte um Aufmerksamkeit für diese Innovation, diese neue Bestimmung, was, glaube ich, auch der Protokollierung von "Ja" und "Nein" förderlich sein wird. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Welcher Antrag?)

Ich darf nochmals wiederholen, ich habe es schon verlesen: Es ist der Entschließungsantrag Böhacker betreffend rückwirkende Abschaffung der Sozialversicherungspflicht bei Werkverträgen. Ist das richtig? (Ruf bei den Freiheitlichen: Ja!) Gut. Ich bitte also, mit dem Namensaufruf zu beginnen.


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(Schriftführerin Parfuss beginnt mit dem Namensaufruf, und die Abgeordneten geben mündlich ihre Stimme von ihrem Platz aus ab.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es wäre vielleicht bei diesem ersten Mal zweierlei zu unterstreichen: Bitte den Namensaufruf etwas langsamer, damit der Aufgerufene auch merkt, daß er aufgerufen wird. Das setzt aber auch eine verminderte Geräuschkulisse voraus. Weiters bitte ich, von Zwischenrufen abzusehen. – Bitte, mit dem Namensaufruf fortzufahren! Es weiß ja jeder, wie er heißt; gestatten Sie mir diese Bemerkung.

(Schriftführerin Parfuss setzt mit dem Namensaufruf fort.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Danke. Die Stimmabgabe ist damit beendet, und auch diese Premiere haben wir, glaube ich, ganz gut überstanden.

Zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses unterbreche ich die Sitzung nun für einige Minuten. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz. – Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.04 Uhr unterbrochen und um 23.09 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die Sitzung wieder auf und darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Die Geschäftsordnung sieht vor, daß bei namentlichen Abstimmungen nicht nur festgestellt wird, ob es eine Mehrheit von "Ja"-Stimmen oder "Nein"-Stimmen gibt. Diese wäre nämlich im vorliegenden Fall eindeutig. Es muß vielmehr von jedem Abstimmenden im Stenographischen Protokoll festgehalten werden, ob er mit "Ja" oder mit "Nein" gestimmt hat.

Da die entsprechenden Aufzeichnungen infolge des raschen Tempos des Namensaufrufes in einigen Punkten unexakt sind und unter keinen Umständen am Abstimmungsverhalten irgendwelche Zweifel bestehen sollen, werde ich jetzt die Abstimmung noch einmal durchführen.

Ich werde die Namen selbst verlesen, und ich bitte, daß die Kolleginnen und Kollegen, die ihre Stimme abgeben, sich kurz von ihrem Sitz erheben und "Ja" oder "Nein" sagen.

Heute wäre diese Maßnahme vielleicht nicht notwendig, aber wenn einmal ein ganz knappes Abstimmungsergebnis zu erwarten sein sollte, dann wird das nützlich sein, daß man wirklich Gewißheit hat, daß derjenige aufgestanden ist und seine Stimme abgegeben hat, der aufgerufen wurde. – Ich beginne nun mit dem Namensaufruf. (Über Namensaufruf durch den Präsidenten Dr. Fischer geben die Abgeordneten ihre Stimme von ihrem Platz aus mündlich ab.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist die namentliche Abstimmung beendet.

Abgeordneter Dkfm. Bauer möchte zur Geschäftsbehandlung sprechen. – Bitte.

23.07

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche ausdrücklich, festzustellen, ob bei Kollegen Mühlbachler ein Stimmverhalten registriert worden ist. Der Grund dafür ist, daß Kollege Mühlbachler nicht hier ist, jedoch jemand aus diesem Sektor "Nein" gerufen hat. Das ist keine große Sache, für die Zukunft aber vielleicht wichtig.

23.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Bauer! Es ist das Wesen der namentlichen Abstimmung, daß hinter jedem Namen, falls sich der Betreffende an der Abstimmung beteiligt hat, "Ja" oder "Nein" steht. Wenn einer sich nicht beteiligt hat, scheint sein Name nicht im Protokoll auf. So werden wir vorgehen. Es wird aber auch Ihre Anmerkung im Protokoll stehen.

Kollege Haupt zur Geschäftsbehandlung.

23.09

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte wissen, was bei Herrn Kollegen Brix im Protokoll als Abstimmungsverhalten fest


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gehalten wird. Nach meinem Dafürhalten und gemäß der Geschäftsordnung ist bei einer namentlichen Abstimmung nur eine Stimmabgabe möglich. Eindeutig und klar war aber, daß Kollege Brix zuerst mit "Ja" abgestimmt hat.

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Haupt! Die Hauptregel beim Abstimmen ist, daß die tatsächliche Meinung des Abstimmenden zum Ausdruck kommt, und wir werden diese Bestimmung der Geschäftsordnung sicher berücksichtigen.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung und erteile zu weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung, insbesondere dann, wenn keine Anträge gestellt werden, das Wort, nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses.

Die Auszählung kann beginnen. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.10 Uhr unterbrochen und um 23.34 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Ich mache folgende Vorbemerkungen:

Erstens: Die Art der Abstimmung, die wir gewählt haben, wurde vom Präsidium angeordnet, und ich bleibe bei dieser Anordnung. Ich habe sie nicht umgestoßen und ich werde sie nicht umstoßen.

Zweitens: Es wird zweckmäßig sein, die exakte Durchführung pro futuro in der Präsidialsitzung zu besprechen, um Probleme, die hier auftauchen können, gemeinsam zu erörtern.

Drittens: Ich mache von meiner Möglichkeit Gebrauch, eine Stimme, um einen Streitfall zu vermeiden – ohne der künftigen Präsidialberatung vorzugreifen –, für ungültig zu erklären, wo das "Ja" und das "Nein" so kurz hintereinander erfolgt sind, obwohl man den Standpunkt vertreten kann, daß die Meinung des Abstimmenden deutlich war, aber wie gesagt, wir wollen der Präsidialsitzung nicht vorgreifen.

Die Frage des Kollegen Haupt, ob der Abgeordnete Mühlbachler im Stenographischen Protokoll als Abstimmender trotz seiner Entschuldigung aufscheinen wird, ist mit Nein zu beantworten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Bitte was heißt das?) Unter diesen Prämissen gebe ich das Ergebnis bekannt: abgegebene Stimmen: 153, davon gültig: 152, davon "Ja"-Stimmen: 49 und "Nein"-Stimmen: 103. Damit ist die "Nein"-Stimmenzahl in der Mehrheit und der Antrag ist abgelehnt.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brix, Bures;

Dietachmayr, Donabauer, Dunst;

Edler, Ellmauer, Elmecker;

Fekter, Fink, Freund, Fuchs;

Gaál, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Hlavac, Horngacher, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kaiser, Kampichler, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermair, Kiss, Kopf, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;


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Leikam, Leiner, Lukesch;

Maier, Maitz, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Müller, Murauer;

Neisser, Neugebauer, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck;

Barmüller, Bauer Holger, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger, Frieser, Frischenschlager;

Graf, Grollitsch;

Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haupt, Hofmann;

Kammerlander, Kier, Koller, Krüger;

Lafer;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Moser Hans Helmut, Motter;

Öllinger;

Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Pumberger;

Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Trattner, Trenk;

Van der Bellen;

Wenitsch.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Kollege Haupt. – Sie haben sich vorhin gemeldet, und ich habe gesagt, ich gebe Ihnen nachher das Wort. Ist das gegenstandslos?


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(Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt. – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Zur Geschäftsbehandlung, bitte!)

Kollege Bauer, bitte.

23.37

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte Sie höflich, uns zu interpretieren, was es heißt, daß das Stimmverhalten des Herrn Kollegen Mühlbacher im Protokoll nicht aufscheint. Ich wiederhole den Grund meiner Intervention zur Geschäftsordnung: Herr Kollege Mühlbachler ist und war bei der Abstimmung nicht anwesend. (Abg. Schieder: Darum kann er nicht aufscheinen! – Ruf bei den Grünen: Fata Morgana!) Ich habe auf seinem Sektor ein "Nein" rufen gehört. Ich habe mich dann zu den Stimmzählern begeben und habe dort gesehen und gehört, daß beim Kollegen Mühlbachler ein "Nein"-Abstimmungsverhalten registriert wurde.

23.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Bauer! Nach der Geschäftsordnung ist es so, daß nicht die Beamten die Geschäftsordnung handhaben und daß nicht die Beamten Abstimmungsergebnisse bekanntgeben, sondern daß der Präsident das tut, während die Beamten Hilfsorgane dabei sind. Und Ihre Frage, wie das Abstimmungsverhalten des Abgeordneten Mühlbachler im Stenographischen Protokoll aufscheinen wird, beantworte ich dahin gehend, daß er im Stenographischen Protokoll nicht aufscheinen wird, weil er eben nicht abgestimmt hat. Denn ein nicht Anwesender kann nicht abstimmen. Daher ist Ihre Anfrage so zu beantworten, daß seine Stimme im Stenographischen Protokoll nicht aufscheinen wird. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist eine Ungeheuerlichkeit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Kollege Bauer! Für diese Kritik am Vorsitzenden erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Wir werden diese Sitzung ordentlich zu Ende führen. Ich unterbreche jetzt für drei Minuten, damit sich diejenigen Damen und Herren, die eine korrekte Anwendung der Geschäftsordnung nur mit dem Wort "Skandal" quittieren, wieder beruhigen können.

Die Sitzung ist für drei Minuten unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 23.39 Uhr unterbrochen und um 23.42 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Bitte, die Plätze einzunehmen.

Kollege Stadler, Sie wünschen noch einmal das Wort. – Bitte sehr.

23.42

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es sind jetzt erhebliche Zweifel aufgetaucht hinsichtlich der Frage, ob die Ungültigerklärung einer Stimme geschäftsordnungskonform ist, und letztlich hinsichtlich der Frage, wie das Protokoll verfaßt worden wäre, hätte Kollege Bauer nicht insistiert – nachdem nämlich klar war, daß in der Aufzeichnung Ihres Beamten diese Stimmabgabe mit einer "Nein"-Stimme registriert wurde.

Herr Präsident! Um diese zwei Fragen zu klären, ersuche ich Sie um Einberufung einer ganz kurzen Präsidiale. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Nowotny: Alko-Test!)

23.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Stadler! Erstens: Das einzige, was meines Erachtens zu diskutieren wäre, ist, ob ein Klub und ein Klubobmann dabei bleiben, was wir uns immer in der Präsidialsitzung vorgenommen haben, nämlich, Entscheidungen des Präsidiums, gleichgültig, um welchen Präsidenten es sich handelt, nicht mit Zwischenrufen zu quittieren, die in diesem Haus nicht akzeptabel sind.

Zweitens: Kollege Mühlbachler ist entschuldigt, ist im Sitzungssaal nicht anwesend, kann daher keine Stimme abgeben. Wenn Kollege Bauer und auch andere den Ruf "Ja" oder "Nein" gehört haben, so handelt es sich um eine Vorgangsweise, die ich nur schärfstens mißbilligen kann,


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nämlich für den Fall, daß sich irgend jemand artikuliert hat, als wäre er Abgeordneter Mühlbachler.

Aber daran, daß Abgeordneter Mühlbachler seine Stimme nicht abgegeben hat, kann trotzdem kein Zweifel bestehen. Und welche Kritik können Sie an einer Vorgangsweise üben, die diesem unleugbaren Faktum Rechnung trägt und verhindert, daß im Stenographischen Protokoll jemand als abstimmend aufscheint, der mit tausendprozentiger Sicherheit nicht abgestimmt hat?

Daher werde ich meine Pflicht, die Abstimmung zu leiten und ein Abstimmungsergebnis bekanntzugeben, so ausüben, daß jemand, der nicht abgestimmt hat, in diesem Protokoll auch nicht als Abstimmender aufscheint. Das ist meiner Meinung nach die einzig korrekte Vorgangsweise. Und ich versuche mir auszumalen, wie die Reaktionen wären, wenn der Sachverhalt umgekehrt wäre, wenn ich darauf beharren würde, die Stimme des Abgeordneten Mühlbachler – wie auch immer – im Protokoll zu werten und mitzuzählen, obwohl beweisbar ist, daß er nicht abgestimmt hat.

Da dieser Sachverhalt für mich völlig klar ist, bleibt es bei dem enunziierten Abstimmungsergebnis, daß der Entschließungsantrag mit Mehrheit abgelehnt wurde.

An dieser Enunziation kann kein Zweifel bestehen. Dem Wunsch, den Sie zuvor persönlich an mich herangetragen haben, dieses Problem in der nächsten Präsidialsitzung gründlich zu diskutieren, wird selbstverständlich Rechnung getragen.

Damit setze ich die Abstimmungen fort.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend Brüsseler EU-Förderfalle.

Es ist keine besondere Art der Abstimmung verlangt worden, daher erfolgt sie mit Aufstehen und Sitzenbleiben.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag Prinzhorn stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist daher abgelehnt . (Ruf bei der ÖVP: Wo ist der Antragsteller? – Abg. Mag. Stadler: Wo ist der Mühlbachler?)

Wir stimmen ab über einen weiteren Entschließungsantrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn betreffend Maßnahmen zur Rettung der Semperit-Reifen AG und der übrigen KFZ-Zulieferindustrie.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Prinzhorn zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Es liegt der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Khol und Dr. Nowotny betreffend Schwerpunkte der österreichischen Integrationspolitik vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Dr. Khol und Dr. Nowotny zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Der Antrag ist daher mit Mehrheit angenommen . (E 23.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag Öllinger und Genossen betreffend Aussetzung der bestehenden Werkvertragsregelung und Frist für arbeits- und sozialrechtliche Regelungen prekärer Arbeitsverhältnisse.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Öllinger zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Kollegen betreffend Vorbereitung einer Beschäftigungsoffensive.

Auch hier bitte ich jene Damen und Herren, die dem Antrag zustimmen wollen, um ein Zeichen.- Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .


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Der dritte Entschließungsantrag des Abgordneten Öllinger betrifft die Nutzung der aus dem EU-Haushalt an Österreich rückerstatteten Finanzmittel für aktive Arbeitsmarktpolitik.

Ich darf bitten, ein Zeichen der Zustimmung durch Erheben von den Sitzen auszudrücken. – Der Antrag ist in der Minderheit und daher abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen betreffend EU-Beitragsermäßigungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Zur Abstimmung rufe ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Van der Bellen und Genossen betreffend EU-Kurskorrektur auf sozialer, ökologischer und friedenspolitischer Basis auf.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Als nächstes wurde der Entschließungsantrag Rosenstingl betreffend Neuverhandlung des Transitvertrages eingebracht, der nunmehr zur Abstimmung steht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Rosenstingl zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden und ist abgelehnt .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend die Aufrechterhaltung der hohen österreichischen Umweltstandards innerhalb der Europäischen Union.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Schweitzer zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt .

Der nächste Entschließungsantrag ist jener des Herrn Abgeordneten Mag. Trattner betreffend eine Volksabstimmung über die Teilnahme Österreichs an der Einheitswährung "Euro".

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Trattner zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden und ist daher abgelehnt .

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Ing. Reichhold betreffend volle Verlustabgeltung für Österreichs Rinderbauern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dem Antrag Reichhold einverstanden sind, um ein Zeichen. – Der Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden, ist daher abgelehnt .

Damit haben wir die Tagesordnung erledigt.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über den Antrag des Abgeordneten Mag. Schweitzer auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der Verantwortlichkeit


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des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie im Zusammenhang mit dem illegalen Export von Kunststoffabfällen durch Österreich.

Der Antrag ist schriftlich verteilt, es erübrigt sich daher eine Verlesung durch einen Schriftführer.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Kollegen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR zur näheren Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie im Zusammenhang mit dem illegalen Export von Kunststoffabfällen durch Österreich

Der Nationalrat wolle gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR beschließen:

"Zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die nicht ausreichenden Kontrollmaßnahmen der aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Verwertung von Kunststoffabfällen, die nicht ausreichende Kontrolle der Durchfuhr und des Exports von Kunststoffabfall sowie betreffend die unterbliebene zielführende Verwertung von sachdienlichen Hinweisen auf den illegalen Transport bzw. Export von Kunststoffabfällen, wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus insgesamt 13 Abgeordneten im Verhältnis 4 SPÖ : 4 ÖVP : 3 FPÖ : 1 Grüne : 1 LIF besteht."

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Abs. 2 iVm § 57a und b GOG-NR die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57 Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit 5 Minuten. Der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Erstredner ist Abgeordneter Schweitzer.

Eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? – Bitte.

23.49

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte folgendes jetzt zur Kenntnis zu nehmen:

Da der erste Wahlgang bei der namentlichen Abstimmung fehlerhaft war, habe ich etwas Mißtrauen geschöpft und mir die Mühe gemacht, auch selbst Stricherl mitzumachen: Und ich komme auf 47 "Ja"-Stimmen, also auf eine weniger als von Ihnen berechnet. Es könnte also sein, daß man sich entweder bei der Auszählung verzählt hat oder daß ich mich verzählt habe (Abg. Leikam: Das sind ja keine Krankenscheine!), aber es besteht die Möglichkeit, daß ein zweites Mal ein Irrtum bei der Auszählung unterlaufen ist. Es kann also nicht angehen, daß ein Abgeordneter bei dieser so wichtigen Materie falsch eingestuft wird, und daher glaube ich, daß wir zumindest in Zukunft, wenn es schon diesmal nicht gemacht wurde, von dieser Art der Abstimmung wieder Abstand nehmen sollten, und ich möchte sogar anregen, diese namentliche Abstimmung in der altbewährten Form, nämlich mit Stimmzetteln zu wiederholen.

23.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke Ihnen für Ihre Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung, Herr Abgeordneter. Wir haben ohnedies schon vereinbart, daß wir in der Präsidialsitzung über die Materie sprechen werden, und wir werden das mit großer Gründlichkeit tun. Ich glaube, an der Richtigkeit der Feststellung, daß eine Mehrheit von "Nein"-Stimmen existiert, kann kein Zweifel bestehen.

Mag. Schweitzer hat das Wort.

23.52

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Wochen hat der oberösterreichische Umweltlandesrat Aichinger das bestätigt, was wir Freiheitlichen vor eineinhalb Jahren mit Eigenrecherche bereits aufgedeckt haben, nämlich die Tatsache, daß gewaltige Mengen an Kunststoff aus dem österreichischen Sammelsystem illegal exportiert wurden.

Unsere Hinweise, die wir schon – wie gesagt – vor mehr als eineinhalb Jahren Herrn Bundesminister Bartenstein immer wieder in einem umfangreichen Briefverkehr, durch eine dringliche Anfrage mit Presseaussendungen, zukommen ließen, wurden vom Bundesminister seinerzeit nicht zur Kenntnis genommen. Offensichtlich waren diese Hinweise aber doch Grund genug für die Rechtsabteilung des Landes Oberösterreich, eigene Ermittlungen anzustellen (Zwischenruf


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des Abg. Schwemlein) , und das Ergebnis dieser Ermittlungen läuft darauf hinaus, daß es in nächster Zukunft zu einer Reihe von Anklagen gegen Transporteure und Verwerter kommen wird. Damit ist all das bestätigt, was wir bereits früher festgestellt haben, was jedoch für das Bundesministerium laut vorliegender APA-Meldungen seinerzeit nicht nachvollziehbar war.

Bestätigt ist auch, daß allein zwischen März 1995 und September 1996 zirka 20 000 Tonnen Kunststoffabfall illegal – mit falschen Papieren ausgestattet – exportiert wurden, zuerst aus Österreich nach Deutschland, genauer gesagt nach Passau, von dort wurde er auf Schiffe verfrachtet und in weiterer Folge in die Ukraine und nach Bulgarien verschifft. Pro Kilogramm wurden aus dem System 3,50 S bis 5,50 S Verwertungsbeitrag bezahlt, ohne daß die gesetzliche Verwertung auch nur ansatzweise kontrolliert wurde. Damit wurde der österreichischen Wirtschaft ein Milliardenschaden zugefügt, aber im Bundesministerium für Umwelt konnte oder wollte man diese illegalen Exporte nicht bemerken, nicht nachvollziehen. Ein von mir geforderter Unterausschuß soll somit klären, ob man, und wenn ja, wer, über diese Vorgänge Bescheid gewußt hat.

Es sind in diesem Zusammenhang viele Fragen offen, meine Damen und Herren, zum Beispiel, ob ein Beamter, der die vorliegende Durchfuhrbestätigung ausgestellt hat, mit dem Spediteur eine Absprache hinsichtlich des Transportes der Schiffe von der Ukraine nach Svištov in Bulgarien getroffen hat. Angeblich soll die Aktion durch das Ministerium gedeckt werden, indem die Behauptung aufgestellt wird, daß die Ladung der Schiffe vollständig in Reni gelöscht wurde.

In diesem Fall ermittelt auch die Oberösterreichische Umweltrechtsabteilung. Es soll geklärt werden, wie weit der Umweltminister Bescheid weiß. Im Ministerium soll angeblich zu dieser Causa ein Akt angelegt worden sein. Es soll die Frage geklärt werden, ob das Ministerium die Ladung auf die Richtigkeit der Angaben, wie es hätte sein sollen, überprüft hat. Wenn dies der Fall war, wie konnte dabei, auch das soll geklärt werden, das österreichische, lizenzierte Material übersehen werden? – Fragen über Fragen, meine Damen und Herren, die einen Untersuchungsausschuß wohl rechtfertigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit erkläre ich diese Debatte für geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG zur näheren Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie im Zusammenhang mit dem illegalen Export von Kunststoffabfällen durch Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die mit der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses einverstanden sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Anträge 280/A bis 289/A eingebracht wurden und die Anfragen 1199/J bis 1216/J eingelangt sind.

Die nächste Sitzung des Nationalrats berufe ich für morgen, Freitag, den 20. September, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist schriftlich verteilt worden.

Die Sitzung ist geschlossen. – Danke vielmals.

Schluß der Sitzung: 23.57 Uhr