Stenographisches Protokoll

83. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 11. Juli 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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83. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Freitag, 11. Juli 1997

Dauer der Sitzung

Freitag, 11. Juli 1997: 9.01 – 21.07 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Außenpolitischer Bericht 1996 der Bundesregierung

2. Punkt: Erklärung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten

3. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die rechtliche Stellung der österreichischen Bediensteten der Europol-Drogenstelle

4. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien

5. Punkt: Übereinkommen über nukleare Sicherheit

6. Punkt: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen und Protokollen

7. Punkt: Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den im Rahmen der Europäischen Union handelnden Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Slowenien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlußakte

8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien

9. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über den Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung

10. Punkt: Bundesgesetz über die Rechtsstellung des Sekretariats des Wassenaar Arrangements in Österreich


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11. Punkt: Bericht über den Antrag 162/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend weitere vertragliche Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips

12. Punkt: Bericht über den Antrag 236/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend wirksame Maßnahmen zur Einschränkung des Walfanges

13. Punkt: Bericht über den Antrag 250/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ratifikation des internationalen Übereinkommens ILO Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern

14. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Untersuchung der Abwicklung der Kompensationsgeschäfte im Rahmen von Beschaffungen des Bundesheeres in den Jahren 1983 bis 1995

15. Punkt: Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1995 samt Nachtrag

16. Punkt: Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Altlastensanierung

17. Punkt: Bericht über das Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird, und

den Antrag 314/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird, und

den Antrag 263/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz beziehungsweise dem Kunstförderungsgesetz

18. Punkt: Bericht über den Antrag 111/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz)

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Inhalt

Nationalrat

Beschluß auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1996/97 der XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates mit Ende der 83. Sitzung des Nationalrates 185

Schlußansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer 186

Personalien

Verhinderungen 18

Ordnungsrufe 93, 123, 155

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 474/A (E) be


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treffend Vereinheitlichung aller Pensionsrechte und Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 31. Oktober 1997 zu setzen 35

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 35

Redner:

Dr. Volker Kier 103

Annemarie Reitsamer 104

Ernst Fink 105

Dr. Harald Ofner 105

Karl Öllinger 106

Bundesministerin Eleonora Hostasch 108

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 109

Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 148/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz durch Bestimmungen über die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern ergänzt wird und das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, das Universitäts-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz und das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 17. September 1997 zu setzen 35

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 35

Redner:

Mag. Doris Kammerlander 109

Dr. Irmtraut Karlsson 110

Dr. Sonja Moser 111

Edith Haller 112

Maria Schaffenrath 113

Mag. Terezija Stoisits 114

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 115

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 116

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 35

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, der Nationalrat möge im Sinne des § 18 Abs. 3 GOG die Anwesenheit des Vizekanzlers verlangen – Ablehnung 77, 78

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend die Anwesenheit des Vizekanzlers:

Mag. Dr. Heide Schmidt 76, 77

Staatssekretärin Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner 77

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 77

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend das Abstimmungsverfahren:

Dr. Heinz Fischer 78


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder 78, 79

Andreas Wabl 78

Mag. Johann Ewald Stadler 78

Dr. Peter Kostelka 79, 79

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 79

Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung – Ablehnung 120, 120

Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang 1. mit der Veräußerung der Bundesanteile an der CA-BV an die BA und 2. mit der Vollziehung des Ausfuhrförderungsgesetzes und des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 184

Bekanntgabe 124

Ablehnung des Antrages 185

Wortmeldung des Abg. Dr. Andreas Khol zur Geschäftsbehandlung betreffend Herbeischaffung von Bildmaterial 152

Unterbrechungen der Sitzung 154, 174

Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere, ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 185

Bekanntgabe 163

Ablehnung des Antrages 185

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend den Verlauf der Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 173

Dr. Peter Kostelka 174

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Dr. Heinz Fischer 186

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls 186

Fragestunde (20.)

Finanzen 18

Dr. Alexander Van der Bellen (150/M); Dr. Volker Kier, Dr. Andreas Khol, Ing. Mag. Erich L. Schreiner

Mag. Gilbert Trattner (149/M); Mag. Helmut Peter, Dr. Alexander Van der Bellen, Mag. Dr. Josef Höchtl, Günter Kiermaier


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Jakob Auer (152/M); Mag. Thomas Barmüller, Anna Huber, Mag. Gilbert Trattner, Dr. Alexander Van der Bellen

Karl Gerfried Müller (146/M); Hermann Böhacker, Mag. Cordula Frieser, Hans Helmut Moser, Dr. Alexander Van der Bellen

Wirtschaftliche Angelegenheiten 29

Kurt Eder (132/M); Mag. Reinhard Firlinger, Dr. Volker Kier, Matthias Ellmauer

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (130/M); Mag. Helmut Peter, Helmut Dietachmayr, Ing. Wolfgang Nußbaumer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 18

Ausschüsse

Zuweisungen 34

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses betreffend den Außenpolitischen Bericht 1996 der Bundesregierung (III-89/833 d. B.) 36

2. Punkt: Erklärung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten 36

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 36

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 36

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 46

Dr. Michael Spindelegger 51

Mag. Dr. Heide Schmidt 54

Peter Schieder 58

Mag. Doris Kammerlander 60

Staatssekretärin Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner 64

Mag. Dr. Josef Höchtl 67

Herbert Scheibner 68

Dr. Sonja Moser (tatsächliche Berichtigung) 71

Dr. Josef Cap 71

Mag. Thomas Barmüller (tatsächliche Berichtigung) 73

Dr. Martina Gredler 74

Rudolf Schwarzböck 80

Ing. Monika Langthaler 81

Dr. Alfred Gusenbauer 84

Ing. Wolfgang Nußbaumer 85

Dkfm. DDr. Friedrich König 87

Hans Helmut Moser 89

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 91

Dr. Helga Konrad 94

Mag. Karl Schweitzer 95

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 97

Dr. Volker Kier 99


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83. Sitzung / Seite 6

Dr. Harald Ofner 100

Mag. Reinhard Firlinger 102, 117

Andreas Wabl 118

Kenntnisnahme des Berichtes III-89 d. B. 120

Entschließungsantrag (Mißtrauensantrag) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler, Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG – Ablehnung 58, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend offensive Sicherheitspolitik – Ablehnung 71, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Bezeichnung von Ortsnamen im Außenpolitischen Bericht 1996 – Ablehnung 86, 120

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (426 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die rechtliche Stellung der österreichischen Bediensteten der Europol-Drogenstelle (790 d. B.) 120

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (589 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien (791 d. B.) 121

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (610 d. B.): Übereinkommen über nukleare Sicherheit (795 d. B.) 121

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (613 d. B.): Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen und Protokollen (796 d. B.) 121

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (651 d. B.): Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den im Rahmen der Europäischen Union handelnden Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Slowenien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlußakte (797 d. B.) 121

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (668 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien (792 d. B.) 121


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83. Sitzung / Seite 7

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (669 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über den Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (793 d. B.) 121

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (702 d. B.): Bundesgesetz über die Rechtsstellung des Sekretariats des Wassenaar Arrangements in Österreich (794 d. B.) 121

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 162/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend weitere vertragliche Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips (834 d. B.) 122

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 236/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend wirksame Maßnahmen zur Einschränkung des Walfanges (835 d. B.) 122

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 250/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ratifikation des internationalen Übereinkommens ILO Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern (836 d. B.) 122

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr 122

Ingrid Tichy-Schreder 124

Mag. Doris Kammerlander 125

Dr. Kurt Heindl 127

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 129

Dr. Martina Gredler 130

Inge Jäger 131

Ing. Gerald Tychtl 132

Otmar Brix 133

Dr. Irmtraut Karlsson 134

Hans Helmut Moser 134

Genehmigung der Staatsverträge in 790, 791, 795, 796, 797, 792 und 793 d. B. 135

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 136

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 136

Annahme des Gesetzentwurfes in 794 d. B. 137

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 834 d. B. 137

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 835 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Einhaltung und Ausweitung des unbefristeten Moratoriums für den kommerziellen Walfang auf den "wissenschaftlichen Walfang" (E 81) 137

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 836 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Ratifikation des internationalen Übereinkommens ILO Nr. 169 (E 82) 137


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend kernkraftfreies Mitteleuropa – Ablehnung 123, 135

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa – Ablehnung 127, 136

14. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Untersuchung der Abwicklung der Kompensationsgeschäfte im Rahmen von Beschaffungen des Bundesheeres in den Jahren 1983 bis 1995 (789 und Zu 789 d. B.) 137

Redner:

Ute Apfelbeck 137

Otmar Brix 138

Hans Helmut Moser 139

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 141

Georg Wurmitzer 142

Andreas Wabl 145

Robert Sigl 148

Herbert Scheibner 149

Marianne Hagenhofer 150

Wolfgang Jung 151

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 789 d. B. und des Berichtes des Ständigen Unterausschusses Zu 789 d. B. 152, 178

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes (III-60 und Zu III-60 d. B.) über das Verwaltungsjahr 1995 samt Nachtrag (822 d. B.) 153

16. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes (III-47 d. B.) über die Altlastensanierung (760 d. B.) 153

Redner:

Ute Apfelbeck 153

Erhard Koppler 154

Hans Helmut Moser 155

Georg Wurmitzer 157

Andreas Wabl 158

Arnold Grabner 160

Ing. Walter Meischberger 161

Dr. Sonja Moser 163

Herbert Scheibner 164

Josef Edler 165

Willi Sauer 166

Heidrun Silhavy 166

Franz Stampler 168

Ute Apfelbeck (tatsächliche Berichtigung) 169

Gabriele Binder 169

Kurt Wallner 170

Dr. Elisabeth Pittermann 171

Dr. Peter Kostelka 172

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 173

Mares Rossmann (tatsächliche Berichtigung) 173

Anna Elisabeth Aumayr (tatsächliche Berichtigung) 174

Dr. Alois Pumberger (tatsächliche Berichtigung) 175


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83. Sitzung / Seite 9

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 175

Marianne Hagenhofer (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 176

Dr. Andreas Khol 177

Kenntnisnahme der Berichte III-60 und Zu III-60 sowie III-47 d. B. 177

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (738 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird, und

den Antrag 314/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird, und

den Antrag 263/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz beziehungsweise dem Kunstförderungsgesetz (826 d. B.) 178

18. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 111/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz) (733 d. B.) 178

Redner:

Dr. Michael Krüger 178

Dr. Josef Cap 180

Mag. Dr. Heide Schmidt 181

Franz Morak 181

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 182

Johannes Zweytick 183

Annahme des Gesetzentwurfes in 826 d. B. 183

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 733 d. B. 184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst – Ablehnung 180, 184

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 34

770: Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlagen

Anträge der Abgeordneten

Klara Motter und Genossen betreffend zeitgemäße Regelungen für alle Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (536/A) (E)

Klara Motter und Genossen betreffend Verankerung der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im tertiären Sektor (537/A) (E)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterium der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (538/A) (E)


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83. Sitzung / Seite 10

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Schaffung eines Berufsschutzes für dauernd erwerbsunfähige Bauern und Gewerbetreibende (539/A) (E)

Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (540/A)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Sistierung der Mitgliedschaft in der NATO-PfP nach 1998 und Rückkehr der österreichischen Bundesregierung zur immerwährenden Neutralität (541/A) (E)

Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, zuletzt geändert durch ..., geändert wird (542/A)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Neuorganisation der österreichischen Elektrizitätswirtschaft (543/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa (544/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird (545/A)

Mag. Helmut Peter, Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (Sanierungsgewinngesetz) (546/A)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Anwendung der "neuen" Kommunikationstechnologien bei der administrativen Abwicklung der Studienbeihilfe (547/A) (E)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Gleichberechtigung von Schulkindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf bezüglich der Schulbesuchsdauer (548/A) (E)

Andreas Wabl und Genossen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung (549/A) (E)

Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Förderung und steuerliche Absetzbarkeit von Kunstsponsoring (550/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Nicht-Ratifizierung der derzeitigen Fassung der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (früher Bioethik-Konvention) des Europarates durch Österreich (551/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (552/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) (553/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Überprüfung der Verfassungskonformität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (554/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Brigitte Tegischer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Großumfahrung Abfaltersbach (2797/J)


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83. Sitzung / Seite 11

Franz Morak und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Vorwürfe der Korruption, Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft gegenüber der österreichischen Bürokratie seitens des Burgtheater-Direktors Claus Peymann (2798/J)

Dr. Walter Schwimmer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ratifikation des ILO-Übereinkommens Nr. 169 (2799/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Mobilnetzversorgung auf der Süd Autobahn (2800/J)

Dr. Walter Schwimmer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen (2801/J)

Dr. Walter Schwimmer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ratifikation des ILO-Übereinkommens Nr. 169 (2802/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Frage der nationalen Koordinierung des Faserpflanzenanbaues in Österreich (2803/J)

Ernst Fink und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verzögerung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den frühzeitigen Austausch von Informationen bei radiologischen Gefahren und über Fragen gemeinsamen Interesses aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes (2804/J)

Karl Freund und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Verschlechterungen beim steuerfreien Hausbrand von Alkohol für kleinbäuerliche Familienbetriebe (2805/J)

Walter Murauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparung von Zivildienststellen (2806/J)

Hans Helmut Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die erkennungsdienstliche Behandlung von Personen, die die Prostitution ausüben (2807/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend praktische Umsetzung des neu eingeführten "Beschäftigungstitels" in den EU- beziehungsweise EG-Vertrag (2808/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend praktische Umsetzung des neu eingeführten "Beschäftigungstitels" in den EU- beziehungsweise EG-Vertrag (2809/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Niveaufreimachung der Hietzinger Hauptstraße im Bereich der Verbindungsbahn (2810/J)


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83. Sitzung / Seite 12

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gefahrguttransporte durch Österreich (2811/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Polizeineubau in der Fuhrmannsgasse, Wien 8 (2812/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeineubau in der Fuhrmannsgasse, Wien 8 (2813/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend illegale Vergabe des elektronischen Ökopunkte-Abbuchungssystems (2814/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zinsgewinne der Versicherungsunternehmen bei Einhebung der Kfz-Steuer (2815/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Änderung österreichischer Gesetze im Zuge der Einführung des Euro (2816/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das Versäumnis des internationalen Schutzes der Marke "Taste & Fun" (2817/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Änderung der österreichischen Gesetze im Zuge der Einführung des Euro (2818/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Stromlieferungsvertrag zwischen der Verbundgesellschaft und der ungarischen MVMT (2819/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend verschiedene Aufrufe zur Gewalt im sogenannten "Tatblatt " (2820/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Grenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres (2821/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Grenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres (2822/J)

Mag. Kurt Gassner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausbau der Bundesstraße 3 (B 3) (2823/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Effizienz von Förderungsaktionen (2824/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mißverständliches in der Beantwortung der Anfrage der Abgeordneten Stadler und Kollegen/Anfrage 2474/J – Antwort 2356/AB betreffend den Serieneinbrecher Iliescu (2825/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Stand der gerichtlichen Erhebungen beziehungsweise Verfahren gegen einen Dealer aus Vöcklabruck (2826/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Änderung österreichischer Gesetze im Zuge der Einführung des Euro (2827/J)

Anton Blünegger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Beratungsdienste von Bund und Unfallversicherungsträger (2828/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend gesonderten Verkauf der P.S.K.-Anteile an der Österreichischen Lotterie GesmbH (2829/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 13

Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Übernahme der EffectInvest Bank durch den EKC (2830/J)

Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verbesserung des Schuldenmanagements (2831/J)

Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Oesterreichische Kontrollbank (2832/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Organisations- und Auslastungsprüfung in den Bundessozialämtern (2833/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 14

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2834/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2835/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2836/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2837/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2838/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2839/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2840/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2841/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2842/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2843/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2844/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2845/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (2846/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die brutalen Kino-Trailer vor Kinofilmen für Kinder (2847/J)

Walter Murauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend mangelnde Aussagekraft der Kriminalstatistik (2848/J)

Edeltraud Gatterer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auslandsaufenthalte als Qualifikation für einen Arbeitsplatz (2849/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Preispolitik bei Publikationen des Österreichischen Statistischen Zentralamtes (2850/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Preispolitik bei Publikationen des Österreichischen Statistischen Zentralamtes (2851/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Ausstattung des Bundesheeres mit der Radaranlage RAC-3D der Firma Thomson-CSF (2852/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausschreibung für die Privatisierung von Gepäck- und Personenkontrollen auf dem Flughafen Salzburg (2853/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Erzwingung von Gesetzesänderungen durch den "NEWS"-Herausgeber Wolfgang Fellner (2854/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend endlose Verfahrensdauer bei der Bundesverteilungskommission (2855/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verzögerungen beim Bau des Österreichischen Kulturinstitutes New York (2856/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verzögerungen beim Bau des Österreichischen Kulturinstitutes New York (2857/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend fragwürdige Postenvergabe im Schloß Ambras (Kunsthistorisches Museum) (2858/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend rassistische Darstellung der steirischen Landesgeschichte in einem österreichischen Schulbuch (2859/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 15

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Menschenrechte im Rahmen der internationalen Beziehungen (2860/J)

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Umsetzung der Menschenrechte im Rahmen der internationalen Beziehungen (2861/J)

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Umsetzung der Menschenrechte im Rahmen der internationalen Beziehungen (2862/J)

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung der Menschenrechte in Österreich (2863/J)

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umsetzung der Menschenrechte in Österreich (2864/J)

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Menschenrechte in Österreich (2865/J)

Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Menschenrechte in Österreich (2866/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Änderung österreichischer Gesetze im Zuge der Einführung des Euro (2867/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Zusammensetzung der Prüfungskommission für Lehramtsprüfungen im Juni 1997 an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Vorarlberg (2868/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Unfall einer Studentin der Pädagogischen Akademie in Feldkirch (2869/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Verleihung des Titels "Master of Arts" an österreichische Lehrer (2870/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Übernahme der Ausfallshaftung für den Franc-CFA seitens der Europäischen Zentralbank (2871/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den Fonds "Soziale Förderung Musikschaffender" (2872/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Bundesgesetz vom 16. Mai 1986, mit dem das Glücksspielgesetz, das Bundes-Sportförderungsgesetz, das Gebührengesetz und das Umsatzsteuergesetz geändert wurden (2873/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die bevorstehende Auflösung der "Aktion Film Österreich" (2874/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Ausnahmeregelung für Kunst- und Kulturschaffende bezüglich der "Werkvertragsregelungen" (2875/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Situation in der AKH-Kinderklinik (2876/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Situation von Kindern im Krankenhaus (2877/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 16

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Todesfälle in Zusammenhang mit Allergiemittel (2878/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend die Bauschuttdeponie in Fluh-Hochegg/Vorarlberg (2879/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Grenzübergang Diendorf/Kyselov (2880/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Bauschuttdeponie in Fluh-Hochegg/Vorarlberg (2881/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die Bauschuttdeponie in Fluh-Hochegg/Vorarlberg (2882/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Bauschuttdeponie in Fluh-Hochegg/Vorarlberg (2883/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend das leibliche Wohl des Bundeskanzlers a. D. (2884/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schubhaft für Ausländer/innen (2885/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Grenzübergang Diendorf/Kyselov (2886/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Grenzübergang Diendorf/Kyselov (2887/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Verwendung eines Sondersachverständigen in Wasserrechtsverfahren in Oberösterreich (2888/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Unregelmäßigkeiten bei der Bauabrechnung der Kärntner Karawanken Autobahn (2889/J)

Robert Sigl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Wehrpflichtigenaufkommen (2890/J)

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Anerkennung des Entgeltcharakters der "Belastungsbelohnung" beziehungsweise Umwandlung der "Belastungsbelohnung" in eine "Mehrleistungszulage" (2891/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verbalinjurien gegenüber Repräsentanten befreundeter Staaten (2892/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Erhebungsbogen über den Betreuungsbedarf von Menschen mit Behinderungen in Oberösterreich (2893/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 17

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten von Soldaten des Präsenz-, Miliz- und Reservestandes (2894/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fragebogen zur Feststellung des Wohnsitzes im Sinne des burgenländischen Wahlrechtes (2895/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Ausstattung der Soldaten des Bundesheeres mit persönlichen Ausrüstungsgegenständen (2896/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Forschungszentrum Seibersdorf (2897/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Unregelmäßigkeiten bei der Bauabrechnung der Kärntner Karawanken Autobahn (2898/J)

*****

Karl Öllinger und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend "Abstimm-Mörder" im Parlament (13/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2392/AB zu 2395/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2393/AB zu 2522/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2394/AB zu 2446/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage des Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2395/AB zu 2423/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (2396/AB zu 2596/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2397/AB zu 2493/J)

 


Nationalrat, XX.GP
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83. Sitzung / Seite 18

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 19

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich und eröffne die 83. Sitzung des Nationalrates.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Haider, Dr. Preisinger, Dr. Mock, Kröll, Dr. Schwimmer und Dr. Grollitsch.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


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83. Sitzung / Seite 20

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Das Bundeskanzleramt hat über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung eines Regierungsmitgliedes Mitteilung gemacht: Bundesminister Dr. Caspar Einem wird durch Herrn Bundesminister Rudolf Edlinger vertreten.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt – um 9.01 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Finanzen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben heute Fragen an den Herrn Finanzminister und im Anschluß daran zwei Fragen an den Herrn Wirtschaftsminister zu behandeln.

Die 1. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Bundesminister! Jüngst wurden in der Oesterreichischen Nationalbank mehrere Direktorenposten neu besetzt. Meine Frage:

150/M

Sind Sie der Meinung, daß bei der jüngsten Bestellung von neuen Direktoren der Oesterreichischen Nationalbank die Vereinbarungen über die Einhaltung des Proporzes zwischen SPÖ und ÖVP peinlichst genau eingehalten wurden?

(Ruf: Eine gute Frage! – Heiterkeit.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die von Ihnen angesprochene Vereinbarung ist mir nicht bekannt. (Abg. Dr. Höchtl: Oje!) Sie ist auch im Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt. (Abg. Mag. Peter: Ist alles nicht wahr!) Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage obliegt die Bestellung der Direktoren der Oesterreichischen Nationalbank, wie Sie wissen, ausschließlich dem Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank, der die Aufgabe hat, mit großer Umsicht und Objektivität das bestmögliche Direktorium zu bestellen. Dies ist auch am 26. Juni 1996 geschehen. Die Bestellung der Direktoren erfolgte einstimmig. Ich glaube – ich darf mir gestatten, das anzumerken –, daß auch die neuen Direktoren einen Vertrauensvorschuß verdienen, weil sie hervorragend qualifizierte Persönlichkeiten sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Zusatzfrage, wie ich annehme.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Finanzminister! Ich teile Ihre Ansicht in keiner Weise. Diese Vereinbarungen sind ausgezeichnet dokumentiert.

Meine Zusatzfrage lautet: Wenn man die Ereignisse der letzten Tage, einerseits die Postenbesetzung in der Nationalbank, andererseits speziell das Abstimmungsverhalten der ÖVP vorgestern nacht, als ja hier im Parlament eine Koalitionsvereinbarung zu Fall gebracht wurde, Revue passieren läßt, dann muß man doch den Eindruck gewinnen, daß die Proporzvereinbarung ausgezeichnet funktioniert, das Koalitionsübereinkommen aber nicht. Teilen Sie diese Ansicht? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Diese Ansicht, die Sie hier vertreten haben, teile ich nicht. (Bravoruf und Beifall des Abg. Leikam. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Dr. Kier.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Da die Faktenlage bei den Postenvergaben eindeutig ist, frage ich Sie: Sind Sie bereit, von Ihrem Haus aus eine Studie in Auftrag zu geben, wie sich der "Zufall" erklärt, daß bei all diesen Postenbesetzungen ausschließlich Mitglieder der beiden Regierungsparteien im Verhältnis 1 : 1 zum Zuge kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich möchte dazu sagen, daß ich eine solche Studie für nicht besonders zweckmäßig halte. (Ruf: Das ist klar!) Und ich möchte auch nicht vergessen, darauf hinzuweisen, daß Ihr Vorwurf, der da mitschwingt, nämlich daß möglicherweise eine parteipolitische Postenbesetzung in der Oesterreichischen Nationalbank stattgefunden habe (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen) , nur dann zutreffend wäre, wenn es sich um Persönlichkeiten handelte, die der Aufgabe nicht gewachsen sein könnten. Ich glaube, daß man nicht grundsätzlich davon ausgehen kann, daß jemand, der eine politische Gesinnung hat und einer politischen Partei angehört, keine fachliche Qualifikation hat. Eine solche gedankliche Welt lehne ich ab. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Abgeordneter Dr. Khol, bitte.

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Bundesminister! Im Rahmen der Neuregelung der Bezüge haben wir die früher sehr hohen Bezüge in der Oesterreichischen Nationalbank, vor allem des Direktoriums und der Führungsebene, halbiert. Wir haben also auch die Pensionszahlungen für diese Spitzenfunktionäre halbiert und auf ein vertretbares Maß, vergleichbar mit jenem in der Wirtschaft, reduziert. In den Vereinbarungen ist auch festgehalten, daß die Angestellten der Nationalbank ein zeitgemäßes Dienstrecht und Pensionsstatut erhalten. Wann werden Sie entsprechende Vorlagen ins Haus bringen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! Ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich wurde davon in Kenntnis gesetzt, daß die Direktion und der Generalrat mit der Personalvertretung der Oesterreichischen Nationalbank Gespräche führen, weil es mir durchaus sinnvoll erschiene, wenn es zu einer Betriebsvereinbarung käme, die dem Gesetzesauftrag entspricht. Eine solche Vorgangsweise einer ausverhandelten und daher auch von der Belegschaftsvertretung mitgetragenen Vereinbarung würde mir von der psychologischen Situation her besser gefallen als eine gesetzliche Festlegung. Ich hoffe sehr, daß bis zum Herbst eine solche Vereinbarung steht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Also: Sie sorgen sich um die Betriebsvereinbarung und er um die Parteienvereinbarung! – Ruf bei den Freiheitlichen: Keine Zwischenrede, Herr Klubobmann! – Gegenruf des Abg. Dr. Khol. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Abgeordneter Mag. Schreiner, bitte.

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Jegliches Abstreiten eines Proporzes in der Nationalbank kommt mir so vor, als hätten wir heute zwischen 9 und 10 Uhr nicht die Fragestunde des Parlaments, sondern Grimms Märchenstunde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß Ihnen konkret eine Frage bezüglich der Bestellung des Herrn Erwin Tischler stellen, wozu eine Wochenzeitung schreibt, daß dieser über Fraktionsgrenzen hinweg als Fachmann in der Nationalbank anerkannt ist: Warum ist bei der Bestellung von Erwin Tischler lediglich ein Vertrag auf ein Jahr, das heißt bis zum 18. Juli 1998, abgeschlossen worden? Finden Sie das sehr ökonomisch?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Wie Sie wissen, sind die Direktorenfunktionen in drei Bereichen auch inhaltlich öffentlich ausgeschrieben worden. Es haben sich für das Aufgabengebiet Liquiditäts- und Portefeuillemanagement sowie für das Aufgabengebiet Volkswirtschaft und Finanzmärkte eine Reihe hervorragender Persönlichkeiten beworben. Für das Aufgabengebiet Informationsverarbeitung und Geldwesen gab es keine Bewerbung. Aufgrund dieser Tatsache hat der Generalrat, wie das rechtlich durchaus möglich ist, einen hervorragenden Fachmann, der bisher auf diesem Gebiet innerhalb der Oesterreichischen Nationalbank tätig war, mit der Führung dieses Ressorts beauftragt und diese mit einem Jahr befristet, um zum jetzigen Zeitpunkt nicht neuerlich ausschreiben zu müssen.

Wie Sie wissen, bereiten wir ein neues Nationalbankgesetz vor, das vor allem auch im Zusammenhang mit den Notwendigkeiten der Europäischen Zentralbank erforderlich ist. Zu diesem Zeitpunkt werden diese dann nicht besetzten Funktionen neu ausgeschrieben und besetzt.

Insofern glaube ich, daß die Lösung, die der Generalrat mit Herrn Direktor Tischler getroffen hat, eine gute ist. Herr Tischler wird dieses Ressort ein Jahr lang führen. Es leitet sich aus dieser einjährigen Funktionsdauer kein zusätzlicher Pensionsanspruch ab. Ich möchte das hier in aller Öffentlichkeit sagen, damit allfällige Spekulationen von vornherein ausgeschlossen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfragen zu diesem ersten Fragenkomplex liegen mir nicht vor, daher bitte ich Kollegen Mag. Trattner, die 2. Anfrage zu formulieren.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Privatisierung der Postsparkasse steht vor der Tür. Meine Frage geht in folgende Richtung:

149/M

Gibt es über den Wert des zum Verkauf anstehenden Bundesanteils an der P.S.K. ein Gutachten, das auch den Wert der Anteile der P.S.K. an der Österreichischen Lotterien GesmbH beinhaltet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! Ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möchte zunächst in Erinnerung rufen, daß die Österreichische Postsparkasse im Mai dieses Jahres in eine Aktiengesellschaft eingebracht wurde. Die Aktien werden von der Postholding gehalten. Wie gesetzlich vorgesehen ist, wird die Postholding 49 Prozent der Anteile der P.S.K. AG verkaufen. Zur Vorbereitung dieses Privatisierungsprozesses wurden mit einigen Investmentbanken Gespräche geführt.

Von den einzelnen Investmentbanken wurden als Basis für die weiterführenden Diskussionen Wertindikatoren für den Unternehmenswert der P.S.K.-Gruppe erarbeitet. Ein detailliertes Gutachten über den Wert, das auch den Wert der Anteile an der Österreichischen Lotterien


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83. Sitzung / Seite 21

GesmbH beinhaltet, wurde von der Postholding noch nicht in Auftrag gegeben, aber das steht unmittelbar bevor. Im Zuge der Teilprivatisierung und bei der Behandlung der Frage der Lotteriebeteiligung werden diesbezügliche Bewertungen vorzunehmen sein.

Ich vertrete die Ansicht – ich habe die Absicht, dies zu erreichen –, man möge die Lotteriebeteiligung aus der P.S.K. AG herauslösen, bevor die Teilprivatisierung stattfindet. Ich möchte aber nicht verhehlen, daß diesbezüglich noch Überlegungen notwendig sind, um die Interessen der Partizipationsscheininhaber der P.S.K. AG zu wahren. Das Partizipationskapital bei der P.S.K. per 31. 12. 1996 beträgt 134 Millionen Schilling. Man muß auch die Interessen der Partizipationsscheininhaber wahren. Aber vom Grundsatz her habe ich die Absicht, die Lotterien GesmbH herauszulösen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ich entnehme Ihrer Antwort, daß Sie über den Anteil von Lotto-Toto beziehungsweise der Lotterien GesmbH noch kein Gutachten haben erstellen lassen. Dabei geht es um einen sehr hohen Wert. Wie sehen Sie die Möglichkeiten, den 34-Prozent-Anteil der Postsparkasse an der Lotterien GesmbH bestmöglich zu veräußern? Und warum – entschuldigen Sie, wenn ich zu einer zweiten Frage ansetze – wird nach wie vor dieser Bereich Lotterien in Form einer GesmbH geführt, wo es doch bei einer Gesellschaft mit einem solch hohen Grundkapital vernünftiger wäre, sie in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe nicht gesagt, daß ich auf einer bestimmten Rechtsform beharre, sondern ich habe gesagt, daß ich grundsätzliche, fachlich fundierte Überlegungen anstellen lasse, in welcher Form und in welcher Weise, ohne die Interessen etwa der Partizipationsscheininhaber der P.S.K. zu verletzen, die Herauslösung der Lotterien GesmbH möglich ist. Ob diese dann in Form einer GesmbH oder in einer anderen Rechtsform geführt wird, ob sie – und zwar an wen immer – verkauft wird, selbstverständlich bestmöglich, wird zu entscheiden sein. Ich glaube, es ist diesbezüglich keine Hast notwendig, denn vor dem Herbst wird auch die Veräußerung der 49 Prozent der P.S.K. nicht über die Bühne gehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Casinos Austria AG hat ihr Interesse am Kauf des 34-Prozent-Anteils der P.S.K. an der Lotterien GesmbH bereits deutlich formuliert. Ist Ihnen an weiteren Interessenten gelegen? Werden Sie weitere Interessenten suchen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Selbstverständlich werden wir Interessenten suchen, um zu einem bestmöglichen Erlös zu kommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Van der Bellen, bitte.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Bundesminister! Jetzt stehen die 49 Prozent zur Veräußerung an, früher oder später werden wahrscheinlich die 51 Prozent der P.S.K. zur Veräußerung anstehen. Es wird der Wert der 51 Prozent nicht unabhängig davon sein, an wen die ersten 49 Prozent veräußert werden. Zum Beispiel könnte man argumentieren, daß der Wert der 51 Prozent sinkt, wenn der Raiffeisenbanken-Sektor die ersten 49 Prozent bekommt.


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83. Sitzung / Seite 22

Welche Überlegungen bestehen in Ihrem Hause, um sicherzustellen, daß sozusagen der Wert der verbleibenden 51 Prozent nicht vermindert wird durch die – unter Anführungszeichen – "Person des Käufers" der 49 Prozent?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Das ist selbstverständlich eine sehr wichtige Frage, und es ist nicht von irrelevanter Bedeutung, wer letztendlich die 49 Prozent der Anteile an der P.S.K. erwirbt.

Die Firma Warburg prüft alle Möglichkeiten auf der Suche nach einem für die P.S.K. auch von der strategischen Seite her optimalen Partner. Es wird entweder zu einer Ausschreibung oder zu einer eingeschränkten Ausschreibung kommen; das vermag ich im Augenblick noch nicht zu sagen. Jedenfalls werde ich mich bemühen, eine Lösung zu finden, die keinesfalls die dem Bund verbleibenden 51 Prozent in ihrem Wert schmälert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Dr. Höchtl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Die Österreichische Lotterien GesmbH ist ja eine Cash-cow für den Finanzminister und deswegen von besonderem Interesse auch in der Bewertung. Soweit meine Informationen reichen, sind seit der Schaffung der Österreichischen Lotterien GesmbH insgesamt rund 35 Milliarden Schilling an Einnahmen für den Finanzminister geflossen. Frage: Hat sich das in der letzten Zeit, insbesondere im Jahre 1996, so fortgesetzt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie haben recht, daß seit Bestehen der Lotterien GesmbH insgesamt 34,4 Milliarden Schilling an Steuern abgeführt worden sind, wovon 2,9 Milliarden Schilling für die Sportförderung zweckgebunden waren und 3,8 Milliarden Schilling zum Zwecke der Finanzierung der medialen Unterstützung für Lotto und Toto zurückflossen.

1996 führte die Österreichische Lotterien GesmbH 4,6 Milliarden Schilling an Steuern ab, inklusive der Sportförderung und der medialen Unterstützung. Da die Lotterien GesmbH etwa zehn Jahre alt ist, liegt das in etwa im langjährigen Trend. Ich gebe zu, daß der Effekt für den Staat und damit für die Bürger dieser Republik sehr positiv ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Herr Abgeordneter Kiermaier, bitte.

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Bundesminister! Es wird verständlich sein, daß wir Sozialdemokraten uns in dieser Causa für folgendes sehr interessieren: Wie ist denn das Schicksal der betroffenen Mitarbeiter? Wird es sich ändern oder wird es gleichbleiben?

Ich habe natürlich Verbindung mit dem Betriebsrat und mit dem Betriebsratsvorsitzenden, dem Landtagsabgeordneten Volkmar Harwanegg, aufgenommen. Er hat mir gesagt, daß zum Beispiel ein Wunsch – diesen finde ich sehr positiv, weil er zeigt, daß sich die Beschäftigten mit der Firma voll identifizieren – die Möglichkeit des Erwerbs von Aktien von seiten aller, die in der Firma tätig sind und dies wollen, ist.

Herr Bundesminister! Ich frage Sie, inwieweit Sie beeinflussen können, daß man in dieser Causa Erfolge erzielt, beziehungsweise ob man dem positiv gegenübersteht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst gehe ich davon aus, daß sich für die Mitarbeiter der P.S.K. mit Ausnahme der Tatsache, daß aus einem Staatsunternehmen eine private Bank, die auch im Wettbewerb mit anderen Banken steht, wird, was natürlich unter Umständen auch Auswirkungen auf bestimmte Arbeitsabläufe hat, nichts ändert. Ich sehe also kein Problem im Zusammenhang mit der Position der Mitarbeiter.


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Es ist zunächst nicht vorgesehen, Anteile an Mitarbeiter zu veräußern, weil derzeit auch kein Börsegang überlegt wird. Aber vom Grundsatz her kann man sich durchaus vorstellen, für den Fall, daß ein solcher Wunsch tatsächlich massiv gestellt wird, das im Zuge der Teilprivatisierung zu überlegen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Ich bitte den Kollegen Auer um die Formulierung der nächsten Anfrage.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

152/M

Wie läuft die Arbeit der Steuerreformkommission in der Frage der Ökologisierung des österreichischen Steuersystems?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe mit April 1997 die Steuerreformkommission unter der Leitung des sehr geschätzten Herrn Professor Stoll berufen.

Diese Steuerreformkommission hat eine Reihe von Aufträgen bekommen mit dem Zusatz, überhaupt nichts zu tabuisieren, sondern grundsätzlich die Frage des österreichischen Steuermodells auch im Vergleich mit anderen Ländern zu überprüfen.

Die wichtigsten Fragen, die die Steuerreformkommission zu prüfen hat, liegen meiner Meinung nach in drei Bereichen. Es geht erstens um die Frage einer günstigeren Besteuerung des Produktionsfaktors Arbeit. Ich glaube, daß es unbestritten ist, daß wir versuchen müssen, den Faktor Arbeit billiger zu gestalten, aber nicht in der Form, daß Löhne gekürzt werden, sondern in der Form, daß die steuerlichen Belastungen und die Lohnnebenkosten minimiert werden.

Man muß dann auch überlegen, woher der Staat seine Einnahmen bekommt. Daher ist es legitim, auch das System der Kapitalbesteuerung und nicht zuletzt die Ressourcenbesteuerung zu überdenken.

Es wurden von der Steuerreformkommission insgesamt acht Unterarbeitsgruppen eingesetzt, die sich fachlich mit Einzelbereichen beschäftigen, und zwar mit der Zielsetzung, in einer Zeitspanne von sechs bis neun Monaten bestimmte Überlegungen anzustellen.

Der Fachausschuß Nummer 4 betrifft Ressourcenbesteuerung und Ökosteuern. Dieser Fachausschuß setzt sich aus einer Reihe hervorragender Wissenschafter, den Sozialpartnern, Interessenvertretungen und den betroffenen Ministerien sowie Vertretern der Bundesländer und der Gemeinden zusammen.

Bis heute hat der Fachausschuß 4 zweimal getagt. Die Sitzungen sind bisher so abgelaufen, daß in einem ersten Diskurs der Themenbogen abgesteckt wurde und verfahrenstechnische Fragen des Fachausschusses geklärt wurden.

In einem zweiten Schritt werden nun diese Auswertungen nach Themenschwerpunkten gebündelt und einer ersten Analyse über Lenkungswirkungen, Aufkommenswirkungen und abgabenerhebungstechnische Umsetzbarkeit unterzogen.

Ich gehe also davon aus, daß mit ersten Überlegungen, die dann durchaus auch außerhalb des Fachausschusses diskussionswürdig sind, nicht vor dem Frühjahr 1998 zu rechnen sein wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich bin sehr dankbar dafür, zu hören, daß Sie der Steuerreformkommission, im besonderen der Untergruppe 4, den klaren Auftrag gegeben haben, in diese Richtung vorzugehen.


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Meine Frage an Sie: Können Sie sich einen in dieser Frage großen Wurf vorstellen, so wie dies beim Wegfall der Gewerbesteuer und in anderen Bereichen war. Ausländische Firmen und andere Staaten beurteilen diese Bereiche des österreichischen Steuersystems durchaus anerkennend. Werden wir auch in der Frage der Ökologisierung einen derartigen Schritt vorwärts gehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich halte die Ökologisierung des Steuersystems für eine ganz zentrale Frage der nächsten Jahre. Steuerpolitik ist nicht nur eine Angelegenheit, die dazu dient, dem Staat Einnahmen zu verschaffen, sondern sie ist auch ein Lenkungsinstrument – wie immer Sie es sehen wollen: gesellschaftspolitisch oder umweltpolitisch.

Ich meine, daß die Ressourcenbesteuerung, die dazu führen sollte, mit den endlichen Ressourcen sparsamst umzugehen, ein Gebot der Zeit ist. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, daß wir da keine isolierte Vorreiterrolle übernehmen können, wenn wir nicht andere wirtschaftliche Bereiche in Österreich gegenüber unseren wichtigsten Handelspartnern belasten wollen. Daher ist auch die Ökologisierung des Steuersystems eine gesamteuropäische Frage, eine Frage, die zumindest innerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion zu klären ist.

Die Frage Ökologisierung des Steuersystems wird von der Steuergruppe des Kommissars Monti seit einiger Zeit diskutiert. Es ist nicht leicht umzusetzen, aber ich glaube, daß wir Österreicher in diesem Zusammenhang sehr klare und bestimmte Positionen einzunehmen haben. Insofern hoffe ich, sehr wertvolle, für die gesamte Union nutzbare Vorschläge aus dieser Facharbeitsgruppe der Steuerreformkommission zu erhalten, die wir nach der politischen Diskussion als ein gemeinsames Anliegen Österreichs sehen könnten, das wir innerhalb der Europäischen Union umsetzen wollen. Ich weiß, daß es in einigen Ländern sehr offensive und sehr aktive Partner gibt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Zusatzfrage: Kollege Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Bisher wurden unter dem Prädikat Ökosteuern nur Steuererhöhungen durchgeführt, es wurde kein Abtausch mit steuerlichen Lasten auf die Arbeitskraft vorgenommen. Ist in Ihrem Auftrag enthalten, daß bei der Einführung einer ökologischen Steuerreform im ersten Schritt der Umstellung diese jedenfalls aufkommensneutral zu erfolgen hat?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Der Auftrag an die Steuerkommission – ich habe das vorhin skizziert – hat vor allem diese drei Bereiche als Konnex zu sehen, nämlich Entlastung des Produktionsfaktors Arbeit, Überprüfung der Kapitalbesteuerung und Ressourcenbesteuerung.

Es geht mir dabei nicht darum, ein Mehr an Steueraufkommen zu erreichen, sondern es geht mir darum, eine kluge Umverteilung innerhalb des Steuersystems zu erreichen, um auch gesellschaftspolitischen und ökologischen Zielsetzungen zu entsprechen.

Ich halte das für einen sehr wichtigen Auftrag im Zusammenhang mit der Steuerreform, weil es nicht so sein kann, daß wir an Einzelsteuern herumkratzen, sondern ich möchte von dieser Steuerreformkommission mehrere Steuermodelle als Alternativen vorgeschlagen haben, die in ihrer Gesamtheit konvergenzkonvertibel sind, denn es macht wenig Sinn, möglicherweise im Jahr 2000 eine Steuerreform zu beschließen und im Jahr 2001 festzustellen, daß wir wieder 5 Prozent Defizit haben. Das darf nicht sein!

Diese Thematik bedarf einer umfassenden Überlegung, und daher ist es klug, daß wir uns für die Vorbereitung dieser Steuerreform, die mit 1. 1. 2000 in Kraft treten soll, entsprechend Zeit nehmen. Ich glaube, es ist das ein angemessener Zeitraum für eine so schwierige Arbeit, und


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ich bin allen Damen und Herren, die in der Steuerreformkommission und in den Untergruppen im wesentlichen ehrenamtlich tätig sind, sehr dankbar dafür, daß sie zur Verfügung stehen, um ein solches System zu entwickeln.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Frau Abgeordnete Anna Huber, bitte.

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Bundesminister! Gibt es für diese Steuerreformgruppe zum Beispiel auch die Vorgabe, nicht nur in Richtung Ökologisierung des Steuersystems und Kapitalbesteuerung zu gehen, sondern eventuell auch in Richtung einer Wertschöpfungsabgabe, wie es schon seit vielen Jahren diskutiert wurde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Es würde nicht meiner Einstellung gegenüber der Steuerreformkommission entsprechen, würde ich jetzt Einzelmaßnahmen präjudizieren.

Ich schließe an und für sich nichts aus, aber ich schlage auch in Einzelbereichen nichts vor, sondern mein Ersuchen an die Steuerreformkommission war, das derzeitige österreichische Steuersystem zu überprüfen, dabei nichts zu tabuisieren und zu einem Ergebnis zu kommen, das den Zielsetzungen entspricht. Ich wiederhole es noch einmal: Entlastung des Produktionsfaktors Arbeit, Überprüfung der Kapitalbesteuerung – da gehört das durchaus dazu – und Einleitung einer Ökologisierung des Systems. Die zentrale Aufgabe ist, die Konvergenz des gesamten österreichischen Budgetsystems sicherzustellen.

Insofern schließe ich es nicht aus, aber ich verlange es auch nicht dezidiert. Ich meine, daß wir die von der Steuerreformkommission zu erarbeitenden Vorschläge und Modelle dann möglichst emotionslos auch im österreichischen Parlament diskutieren sollten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Mag. Trattner, bitte.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Finanzminister! Im Zuge der Budgeterstellung 1996/97 wurde die Energiesteuer eingeführt, und trotz Beteuerung seitens der Bundesregierung, daß diese Energiebesteuerung kostenneutral sein wird, wurde sie nur dazu verwendet, das Budgetloch zu stopfen.

Wir haben in Österreich sehr hohe Lohnnebenkosten. Daher frage ich Sie: Haben Sie der Steuerreformkommission einen definitiven Auftrag gegeben, in welcher Form und in welcher Höhe die Lohnnebenkosten reduziert werden sollen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe der Steuerreformkommission natürlich keinen Auftrag dahin gehend gegeben, in welcher Höhe welche Reduzierungen oder Erhöhungen vorzusehen sind, sonst würde man ja diese Steuerreformkommission ad absurdum führen. Es handelt sich um ein Gremium hervorragender Fachleute – ich glaube, der besten, die wir in Österreich haben –, dem ich die Zielsetzung vorgegeben habe, nämlich – ich wiederhole das noch einmal, Herr Abgeordneter Trattner – den Produktionsfaktor Arbeit zu entlasten – davon sind natürlich nicht nur die steuerlichen Maßnahmen, sondern auch die Lohnnebenkosten betroffen –, aber gleichzeitig sicherzustellen, durch andere Maßnahmen der Steuerpolitik, etwa im Kapital- und auch in Ressourcenbesteuerungsbereich, letztendlich zu jenem Ergebnis zu kommen, das die Konvergenz Österreichs auf Dauer garantiert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Van der Bellen, bitte.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Unmittelbar daran anschließend, Herr Bundesminister: Sie haben mehrfach mit Recht darauf verwiesen, daß zwischen der ökologischen Steuerreform und der Absenkung der Arbeitskosten beziehungsweise der Arbeitsbesteuerung ein wesentlicher Konnex besteht. Ist es in der Autonomie der Steuerreformkommission, zu überlegen, welche arbeitsbezogenen oder lohnsummenbezogenen Steuern gesenkt


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werden sollen – Stichwörter: Familienlastenausgleich, Wohnbauförderung bis hin zu den Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung –, mit welcher Prioritätenreihung Schritt für Schritt sozusagen abgetauscht wird, oder gibt es von Ihrer Seite mehr oder weniger detaillierte politische Vorgaben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Nein, es gibt keine politischen Vorgaben, es gibt nur politische Zielsetzungen. Und ich erhoffe mir eigentlich von der Steuerreformkommission, daß sie in Varianten denkt, weil sie dann auch den politischen Entscheidungsprozeß erleichtert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Wir kommen zum 4. Fragenkomplex. Kollege Müller formuliert die Anfrage. – Bitte.

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Finanzmister! Meine Frage lautet:

146/M

Ist es Ihrer Meinung nach gewährleistet, mit dem im Bereich der Finanzverwaltung vorhandenen Personal die wachsenden Aufgaben dieses Bereiches zu bewältigen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich glaube, daß die notwendigen Maßnahmen zur Kostenminimierung im öffentlichen Sektor – da sind natürlich die Personalkosten ein sehr großer Faktor – alle Bereiche treffen, selbstverständlich auch das Finanzressort.

Die Bundesregierung hat sich die Ausgabenkonsolidierung im öffentlichen Dienst zum Ziel gesetzt, und es entspricht das auch dem mittelfristigen Budgetprogramm, in dem festgelegt wurde, bis zum Jahr 2000 die Personalkosten mit plus 1,3 Prozent pro Jahr zu begrenzen. Das erfordert Maßnahmen, denn ohne Maßnahmen würde das jährliche Ausgabenwachstum unter Zugrundelegung einer moderaten Gehaltssteigerung etwa 3 Prozent betragen.

Dieses Ziel ist nur dann zu erreichen, wenn es auch strukturelle Maßnahmen gibt, die von den Bediensteten vertreten werden können und eine bessere Verteilung der Arbeit auf die Bediensteten beziehungsweise eine leistungsgerechtere Entlohnung zum Inhalt haben. Das heißt konkret, daß die Zielsetzung darin besteht, nur einen Teil jener Bediensteten, die durch Pensionierung ausscheiden, zu ersetzen.

Das bedeutet aber auf der anderen Seite, daß nicht alles mit Arbeitsverdichtung funktionieren kann und daß man dabei nicht linear und mathematisch vorgehen kann, denn in bestimmten Bereichen spielt die Qualifikation eine große Rolle. Die Methode, nur einen Teil der Stellen nach Pensionierungen nachzubesetzen, ist in bestimmten Bereichen des Bundesdienstes nicht möglich. Denken Sie etwa an den gesamten Sicherheitsbereich, wo der Grundsatz, daß nur ein Teil der Stellen nach Pensionierungen nachbesetzt werden kann, nicht zutrifft.

Natürlich – und das ist mir auch bekannt – ist die Finanzverwaltung ein sehr zentraler Teil der öffentlichen Verwaltung. Daher sind die Maßnahmen, die zur Veränderung, Erleichterung und Vereinfachung der Arbeitsabläufe dienen, von ganz entscheidender Bedeutung.

Ich weise etwa auf das Programm "Fit 2001" hin, wodurch wir versuchen, gemeinsam mit den Bediensteten und ihren Vertretern Wege der Effektuierung der Arbeit zu entwickeln. Denn wer sonst als die Menschen, die tatsächlich in die Arbeitsläufe eingebunden sind, soll das besser wissen?


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Wir werden bis zum Herbst die technische EDV-Ausstattung in den Finanzämtern und in den Finanzdienststellen vollzogen haben. In wenigen Monaten werden 5 000 derartige Geräte angeschafft sein, um die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß es Steuerberatern, Notaren und anderen Berufsgruppen, die sich in ständigem Kontakt mit den Finanzämtern befinden, mittels bestimmten Systemen möglich ist, bestimmte Bemessungen – etwa bei Grunderwerb, Erbschaftsteuer und ähnlichem – vorzunehmen.

Ich gehe davon aus, daß jene Maßnahmen, die gesetzt werden, geeignet sind, die Aufgaben der Finanzverwaltung im bisherigen Umfang und – wie ich hoffe – in optimaler Weise wahrzunehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage.

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Vor einigen Jahren waren in den Finanzämtern Hunderte Schulabgänger als sogenannte Eignungspraktikanten tätig, die zum einen dadurch ihren ersten Arbeitsplatz bekamen, wenn auch nur befristet, und zum anderen eine große Hilfe für die Finanzämter waren.

Meine Frage dazu: Können Sie sich vorstellen, ein derartiges Beschäftigungsprogramm für junge Menschen wieder ins Leben zu rufen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht daran gedacht, die Eignungsausbildung zu reaktivieren, weil dieses Instrument der Personalrekrutierung gerade im Bereich der Finanz nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Ganz im Gegenteil. Es wurden bei den betroffenen Personen zum Teil sehr große Hoffnungen dahin gehend erweckt, dort dann dauerhaft beschäftigt zu sein, welche aufgrund der notwendigen Sparmaßnahmen nicht erfüllt werden konnten.

Ich habe daher derzeit nicht die Absicht, die sogenannte Eignungsausbildung im Bereich der Finanzverwaltung wiedereinzuführen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Kollege Böhacker, bitte.

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Jahre 1990 wurde ausgehend von einer Kritik des Rechnungshofes für die Bediensteten der Finanzlandesdirektionen und der Zollämter eine Belastungsbelohnung als Äquivalent zur Mehrbelastungszulage im Bereich der Bediensteten der Finanzämter eingeführt.

Ihr Vorvorgänger, Finanzminister Lacina, hat diese Zulage mehrfach als Bestandteil des Entgelts, des Bezuges bezeichnet.

Herr Bundesminister! Wie rechtfertigen Sie nun diesen Vertrauensbruch gegenüber den Finanzbeamten, wenn Sie diese Belastungsbelohnung um 50 Prozent kürzen wollen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, ich bitte um die Beantwortung.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe nicht die Absicht, die Belastungsbelohnung um 50 Prozent zu kürzen, sondern sie ist aufgrund des Budgets 1997 vom Parlament bereits gekürzt worden, denn das Parlament hat das ja beschlossen. Das ist ein Teil der Konsolidierungsmaßnahmen im Bereich des öffentlichen Dienstes. Es sind nämlich nicht nur in der Finanzverwaltung die rechtlich nicht verpflichtenden Zulagen halbiert worden, sondern darüber hinaus auch in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes.

Ich gebe aber durchaus zu, daß die Tatsache, daß in einem Bereich der Finanzverwaltung aufgrund der rechtlichen Absicherung eine Zulage weiterhin in voller Höhe ausbezahlt wird, während sie in anderen Bereichen um 50 Prozent gekürzt worden ist, zu Problemen führt. Ich habe daher mit der Personalvertretung vereinbart, für das Jahr 1998 zumindest über einen Teil


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des Betrages, der schon 1996 gekürzt worden ist, zu verhandeln. Allerdings soll nichts nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, das möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen, sondern ich bin dort gesprächsbereit, wo tatsächlich ein höherer persönlicher und psychischer Einsatz erforderlich ist. Ich bin offen gegenüber einer leistungsbezogenen Entwicklung einer Zulage, und ich habe mit den Personalvertretern vereinbart, im Herbst mit ihnen darüber zu verhandeln.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Mag. Frieser, bitte.

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Bundesminister! Es ist allgemein bekannt, daß in der Finanzverwaltung die höchste Einsparungsquote im Personalbereich erreicht wurde. Ich glaube, daß diese rigorosen Einsparungen auch dazu geführt haben, daß insbesondere im Bereich der Verkehrssteuern die Ausfertigung von Bescheiden stark im Rückstand ist.

Sie haben als Antwort auf eine vorhergegangene Frage in Aussicht gestellt, daß Sie neue Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen Steuerberatern und Notaren vorsehen. Ich glaube, dazu ist eine Reform des Erbschafts- und des Schenkungssteuergesetzes notwendig, aber auch des Gebührengesetzes. Meine Frage: Bis wann gedenken Sie diese Reformen vorzulegen? (Abg. Dr. Khol: Ohne Steuererhöhung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Da wir die Zusage der Notare haben, daß sie diesen Bereich zu übernehmen bereit sind – das ist ja nicht klar gewesen, als man darüber zu diskutieren begonnen hat –, werden wir die Reformen jener Bereiche, in denen es rechtlicher Änderungen bedarf, entweder in der zweiten Hälfte des Jahres 1997 oder in der ersten Hälfte des Jahres 1998 vorlegen, je nachdem, wie sich die Gespräche weiterentwickeln.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß man nicht sagen kann, daß in der Finanzverwaltung größere Personaleinsparungen vorgenommen worden sind, als in anderen Ressorts. Ich meine, daß die Finanzverwaltung, wenn wir ihr jene technischen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, die sie braucht, aufgrund der Qualität der Leute, die in den Finanzämtern tätig sind, durchaus in der Lage sein wird, die Aufgaben bürgernah und entsprechend effektiv zu vollziehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Kollege Moser, bitte.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Finanzbeamten, aber auch die Vertreter der Wirtschaft und die Bürger beklagen sich immer wieder über die nicht oder nur schwer vollziehbaren Verordnungen und Erlässe des Finanzministeriums und auch über die lange Dauer der Erledigungen.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Sind Sie bereit, diesen Wust von Regelungen rasch durchforsten zu lassen, zu harmonisieren und zu aktualisieren, damit es in der Finanzverwaltung wieder zu Rechtssicherheit und zu einer raschen Vollziehbarkeit kommt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe bereits den Auftrag gegeben, die Vorschriften zu durchforsten. Es wird das wahrscheinlich nicht immer ohne entsprechende parlamentarische Beschlüsse möglich sein. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Finanzverwaltung nicht aus eigenem Antrieb, sondern aufgrund der Beschlüsse des österreichischen Nationalrates arbeitet.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Van der Bellen, bitte.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Bundesminister! Kollege Müller hat in seiner Anfrage von den "wachsenden Aufgaben" der Finanzverwaltung gesprochen. Diese Aufgaben wachsen ja nicht auf allerhöchsten Ratsschluß, sondern weil die Mehrheit dieses Hauses hin und wieder Gesetze beschließt – Stichwort: Körperschaftsteuer, Stichwort: Werkver


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träge –, die sich entweder als kaum administrierbar erweisen oder vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden. Darin sehe ich einen der wesentlichen Gründe für die Frustration der Finanzbeamten.

Würden Sie Ihr Veto im Ministerrat oder irgendwelche anderen Instrumente, die Ihnen zur Verfügung stehen, stärker als Ihr Vorgänger einsetzen, um solche Ereignisse, sage ich einmal, zu blockieren, zu verhindern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich gehe davon aus, daß sämtliche Gesetze, die von der Regierung vorgeschlagen und vom Parlament beschlossen worden sind (Abg. Hans Helmut Moser: Mit Mehrheit im Parlament!), unter dem Aspekt entwickelt worden sind, eine bestimmte Zielsetzung zu erreichen. Wir können uns nur gemeinsam bemühen, daß sie verfassungskonform und einfach sind.

Ich habe der Steuerreformkommission, Herr Abgeordneter Van der Bellen, den Auftrag gegeben, an einer Vereinfachung des Steuersystems, an einer stärkeren Transparenz und Durchschaubarkeit für die Bürger zu arbeiten.

Ich kann Ihnen nur versichern, daß ich mich bemühen werde, der Finanzverwaltung und den Bürgern unserer Republik mit entsprechend einfachen Vorschriften und einfachen Verwaltungsabläufen entgegenzukommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Damit haben wir die Anfragen an den Herrn Finanzminister erledigt.

Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben jetzt noch zwei Fragen an den Wirtschaftsminister vorliegen. – Kollege Eder, bitte.

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie:

132/M

Der BIG wurden rund 3 000 Wohnungen zur Veräußerung übertragen; welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die bisher nur äußerst zögernd erfolgte Veräußerung zu forcieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.


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83. Sitzung / Seite 30

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner:
Bei der Festlegung der Vorgangsweise ist man davon ausgegangen, daß der der BIG übertragene Bestand über einen längeren Zeitraum – in Aussicht waren etwa 20 Jahre genommen worden – verkauft wird, um keinen zusätzlichen Marktdruck auf die Preise auszuüben und den Ertrag zu optimieren. So wie es jetzt aussieht, haben wir vor, im Jahresschnitt zwischen 100 und 150 Wohnungen zu verkaufen. Von 1993 bis Ende Mai 1997 wurden bereits rund 900 Wohnungen veräußert und die damals beabsichtigten Verkaufsziele sogar überschritten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, bitte.

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Bundesminister! Diese Woche wurden von der ASFINAG rund 5 Milliarden Schilling in die Bundesimmobiliengesellschaft übertragen und gleichzeitig auch Liegenschaften vom Bund in etwa gleichem Wert.

Meine Frage: Wie wird sich die Entwicklung der Bundesimmobiliengesellschaft aufgrund dieser Transaktionen in Zukunft weiter verbessern können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir erwarten aus der Übertragung der im Gesetz enthaltenen Liegenschaften mehr Mieteinnahmen von ungefähr 400 Millionen Schilling, sodaß wir die erforderlichen Rechenkreise aufrechterhalten können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Kollege Firlinger, bitte.

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Welche Zielgruppen schweben Ihnen beim Verkauf dieser 3 000 Wohnungen vor? Sind das in erster Linie langjährige Mieter, sind das institutionelle Anleger wie Banken und Versicherungen, oder schwebt Ihnen vor, diese Wohnungen an die bekannten rot-schwarzen Wohnbauträger im Bereich des genossenschaftlichen Wohnungswesens zu veräußern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Nach der mir bekannten Praxis besteht eine absolute Priorität für die in den Wohnungen bereits verweilenden Mieter. Darüber hinaus geht es bei anderen Liegenschaften darum, eine bestmögliche Verwertung sicherzustellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Kollege Dr. Kier, bitte.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Da Sie jetzt ausgeführt haben, daß diese Wohnungen in erster Linie an die Mieter verkauft werden, außer es handelt sich um eine andere Struktur, meine Frage: Mit welchen Substanzverlusten rechnen Sie durch diesen Verkauf an die Mieter? Bekanntlich erlaubt ja eine vermietete Wohnung keinen höheren Kaufpreis als den Ertragswert, der wieder von der Höhe der Miete abhängig ist, und wenn die Miete schon lange besteht, ist sie im Regelfall niedrig.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich kann Ihnen auf diese Frage bestenfalls schriftlich Antwort geben, da mir derartige Erfahrungswerte bisher nicht vorliegen. – Herr Präsident! Ich würde gerne schriftlich antworten, da mir diesbezügliche Zahlen nicht vorliegen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Kollege Ellmauer, bitte.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In welchen Bundesländern werden in den nächsten Monaten die Schwerpunkte der Verkaufsaktivitäten der BIG liegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Nach den mir vorliegenden Berichten geht es vor allem um die Bundesländer Salzburg, Wien, Niederösterreich und Steiermark, wobei in der Steiermark vor allem die Wohnungen und Liegenschaften im Bereich der Städte Graz und Leoben im Mittelpunkt unseres Verkaufsinteresses stehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Damit haben wir die 5. Anfrage abgehandelt.

Die 6. Anfrage wird von Frau Abgeordneter Dr. Fekter formuliert. – Bitte sehr.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Minister! Bezüglich der Exportaktivitäten ist mehrmals von einer Exportoffensive die Rede gewesen. Ich hätte gerne folgendes gewußt:


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83. Sitzung / Seite 31

130/M

Welche Maßnahmen planen Sie, um im Sinne einer Exportoffensive die heimischen Exportunternehmen zu fördern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Abgeordnete! Es gibt hier zwei verschiedene Ebenen: Zum einen gibt es das Projekt im Rahmen der Bundesregierung, bestehend aus dem Generaldirektor der VA-Tech und Herrn Dernoscheg. Beide haben ein Konzept vorgelegt. Im Rahmen dieses Konzepts ist eine Arbeitsgruppe in meinem Haus eingerichtet worden, die sich vor allem mit der Fokussierung der Wirtschaftspolitik und Fragen, die in meinem Haus angesiedelt sind, beschäftigen wird.

Unabhängig davon besteht meine Verantwortung zur Steigerung der Exporte. Ich darf Ihnen folgende Detailinformationen geben: Wir haben in der letzten Zeit die Gespräche mit der Kontrollbank hinsichtlich der Frage des Benchmarking unserer Exportförderung intensiviert. Letzte Woche hat der Aufsichtsrat zugestimmt ... (Abg. Dr. Khol: Was heißt "Benchmarking", Herr Minister?) Unter "Benchmarking" versteht man eine vergleichende Berechnung der Effektivität, der Leistungsfähigkeit beziehungsweise der gewährten Förderungen. (Abg. Mag. Peter: Mit Khol müssen Sie lateinisch reden!)

Zurück zur Frage: Dabei hat sich gezeigt, daß wir vor allem im Bereich der GUS-Staaten eine erhebliche Schlechterstellung etwa gegenüber deutschen Förderungsmaßnahmen haben. Es wurde in der Zwischenzeit eine Verbesserung im Bereich der GUS-Staaten, Rußlands im besonderen, erreicht.

Darüber hinaus geht es darum, daß wir mit vielen Ländern, in denen plötzlich die Märkte aufgehen, keine Doppelbesteuerungs- oder Investitionsschutzabkommen haben. Wir haben in den letzten Wochen Verhandlungen weitestgehend finalisiert, etwa mit Mexiko, und haben gestern in Salzburg mit einer Regierungsdelegation aus Kasachstan verhandelt, um auch dort möglichst rasch zu einem Abschuß zu kommen.

Ein dritter Teil ist: Ich habe die Unternehmen der Nahrungsmittelwirtschaft eingeladen, dem Ministerium Vorschläge zur Frage Förderung – Marketingoffensive, vor allem bei agrarischen Konsumgütern, zu machen. Ich warte noch auf die Antwort.

Wir haben gemeinsam mit der Wirtschaftskammer eine Informationsbörse für exportierende und importierende Betriebe ins Leben gerufen und arbeiten an deren Aus- und Aufbau.

Wir haben im Ministerium selbst eine Datenbank über Marktpflegereisen von Regierungsmitgliedern einzurichten.

Wir haben Gespräche mit dem Bildungsministerium aufgenommen, um die Ausbildung zu Exportkaufleuten zu einem Schwerpunkt der Fachhochschulen und der Handelsakademien zu machen.

Wir arbeiten am Aufbau eines erweiterten Konsulententrustfonds. Mir schwebt vor, daß ein Drittel die öffentliche Hand und ein Drittel die beteiligten Berufszweige übernehmen und ein Drittel möglicherweise aus EU-Mitteln aufgebracht werden kann. – Das ist im Aufbau.

Wir bemühen uns besonders im Bereich der ABA um die Ansiedlung von ausländischen Unternehmen mit hoher Exportquote, weil das den raschesten Zahlungsbilanzeffekt hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage: Frau Dr. Fekter, bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Minister! Unsere effizienteste Exportinfrastruktur sind die Außenhandelsstellen. Ich höre aus der Industrie – vor allem von seiten der Großkonzerne –, sie bräuchte diese Infrastruktur nicht, weil sie selbst die entsprechende Infrastruktur hat oder die Dienstleistung ohnehin nicht in Anspruch nimmt.


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83. Sitzung / Seite 32

Wie ist Ihre Erfahrung bei Ihren Außenhandelskontakten, bei Ihren Auslandskontakten, ist die Außenhandelsstelle wirklich nur für den Mittelstand da, oder wird sie sehr wohl auch von der Industrie genützt? Gerade unsere heimische Großindustrie bedient sich der Außenhandelsstellen. Wie sehen Sie das?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Abgeordnete! Diese Frage hat mich schon in meiner früheren beruflichen Position beschäftigt. Wir sind dabei auf ein höchst interessantes Phänomen gestoßen: Die Mitarbeiter, die zum Teil Marketingmanager sind und mit Hilfe der Außenstellen Märkte bearbeiten, Geschäfte aufreißen, wie wir sagen, berichten in den seltensten Fällen ihren Generaldirektoren, daß sie es mit Hilfe der Außenhandelsstelle gemacht haben, sodaß der Generaldirektor das Gefühl hat, das sei überhaupt unter Ausschluß der Außenorganisation geschehen. Ich glaube, es geht in diesem Zusammenhang um eine verbesserte Informationstätigkeit.

Wir haben das firmenweise überprüft und sind tatsächlich zu diesem Ergebnis gekommen. Diese Firmenchefs erheben diese Vorwürfe auch nicht mehr.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich sehe mittelfristig das größte Exportwachstum in den Reformstaaten und auch den GUS-Staaten. Sehen Sie das auch so, und sind Sie bereit, einen besonderen Schwerpunkt Ihrer Exportoffensive diesen Staaten zu widmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich habe gestern das World Economic Forum in Salzburg dazu verwendet, mit praktisch allen Ministern der benachbarten Staaten, die anwesend waren, erneut auch über diese Frage zu reden. In meinem Referat habe ich gesagt: Fast 15 Prozent unserer Exporte gehen in diese Länder, und ich nehme an, daß wir in den nächsten fünf Jahren eine weitere Steigerung auf ungefähr 20 Prozent unseres Außenhandels erzielen können, vor allem weil eine jüngst von uns erarbeitete und noch nicht publizierte Studie zeigt, daß die Länder zwischen Slowenien und Südpolen im Laufe eines Dezenniums um etwa 4 bis 8 Prozent real wachsen können und wahrscheinlich auch werden. Daher müßte dort auch unser Schwergewicht liegen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Dietachmayr, bitte.

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Bundesminister! In letzter Zeit haben Kinderarbeit und der Einsatz völlig rechtloser Arbeiter in Ländern der sogenannten Dritten Welt beziehungsweise in den Schwellenländern stark zugenommen. Können Sie sich vorstellen, bei künftigen Verträgen im Rahmen der WTO, also der Welthandelsorganisation, die Vertragspartner zu verpflichten, nur mit Produkten zu handeln, bei denen Kinderarbeit ausgeschlossen ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Diese Frage wurde von mir bei der WTO-Konferenz angesprochen. Wir haben es dabei mit einem eher diffizilen Problem zu tun. Das Durchschnittsalter liegt in den meisten großen Entwicklungsländern dieser Welt heute unter 20 Jahren, in Indien etwa zwischen 12 und 14 Jahren, je nachdem, welche Bevölkerungsstatistik man heranzieht. Man kann nicht generell davon ausgehen, daß diese Länder überleben können, ohne daß Kinder etwa in der Landwirtschaft, in traditionellen Gewerbebetrieben wie bisher immer mitarbeiten.

Ich glaube, das Problem, auf das es einzugrenzen ist, sind Zwangskinderarbeiten, der bewußte Einsatz von Kinderarbeit in gefährlichen Berufen wie Färbereien, Gerbereien. Da sehen wir je


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doch eine wahnsinnig große Hesitanz der Entwicklungsländer, sich auf internationale Vereinbarungen einzulassen.

Unbeschadet des Versuches im Rahmen der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, auf eine stärkere Rechtsdurchsetzung zu dringen, überlegen wir im Rahmen der EU etwa – wir haben schon mehrere Vorstöße im Textilbereich unternommen – eine freiwillige Positivkennzeichnung der großen Importeure. Es ist ja so, daß die meisten dieser Produkte, die auf unseren Märkten auftauchen, von internationalen Markenfirmen im Schuh- oder Textilbereich importiert werden. Daher muß es auf einen effektiven Wohlverhaltenskatalog der großen Importeure hinauslaufen. Ich glaube, daß die Macht der Kosumenten groß genug ist, um die Länder zur Änderung ihrer Praktiken zu veranlassen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Zusatzfrage: Ing. Nußbaumer bitte.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Der Vorschlag von Pühringer – Dernoscheg, den Sie angesprochen haben, empfiehlt die Ausweitung von Dienstleistungen der WKÖ, obwohl dies an sich ja nicht EU-konform ist und zurückgenommen werden mußte. Als Interessenvertreter drängte damit die Kammer vermehrt in Konkurrenz mit ihren Pflichtmitgliedern. Die WKÖ würde sich zu einem beamteten und staatlichen, wenn man das weiterdenkt, Dienstleistungsmulti entwickeln.

Herr Bundesminister! Halten Sie diesen Vorschlag für marktwirtschaftlich vertretbar, und empfehlen Sie wirklich, daß die Privatwirtschaft einen staatlich organisierten Wettbewerber erhält?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Ich glaube, daß man im Einzelfall deutlich unterscheiden muß. Wenn wir etwa Reisekostenzuschüsse, die noch auf hohen Flugpreisen basiert haben, zurücknehmen, wenn wir Subventionen für Dauermessebesucher zurücknehmen, so bin ich durchaus Ihrer Auffassung. Wenn es aber darum geht, Markteroberungsstrategien zu fördern, so sehen wir, daß das traditionelle Berufe nicht wahrnehmen können.

Ich nenne ein Beispiel: Die Erstmarkterkundungsreisen mit der Vereinbarung von Hunderten Terminen mit entsprechenden Firmen wird vom Privatsektor in unserem Bereich bisher sehr schwach wahrgenommen. Ich stelle sogar fest – und das ist ja Zweck der Arbeit unseres Außenhandelsbeirates –, daß viele ausländische Multiunternehmen ihre Marktpflegearbeiten zum Teil über Österreich machen lassen, um sich dann der Dienste der Außenhandelsstellen zu bedienen. Auch internationale Effizienzvergleiche fallen zu unseren Gunsten aus, etwa was die Erledigungsdauer anlangt.

Freilich sehe ich, daß sich in diesem Bereich zunehmend private Firmen etablieren, die sich aber eher auf enge Marktnischen konzentrieren, also vor allem auf Marktstudien und Sonderdienstleistungen im Rahmen großer Unternehmen. Aber für die Klein- und Mittelbetriebe gibt es nach meinem Wissen momentan keine im gleichen Günstigkeitsrahmen liegende Ersatzalternative für die Tätigkeit der AWO.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Damit haben sind die Fragen der heutigen Fragestunde und auch alle Fragen, die noch vor dem Sommer zu erledigen waren, beantwortet, und noch dazu pünktlich bis um 10 Uhr.

Die Fragestunde ist beendet.

Ich bedanke mich beim Herrn Bundesminister.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 2392/AB bis 2397/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 523/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz 1974 und das Post-Betriebsverfassungsgesetz 1996 geändert werden,

Antrag 529/A (E) der Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend Erhöhung des Eigenfinanzierungsgrades für Bauern und Gewerbetreibende in der Pensionsversicherung,

Antrag 530/A (E) der Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend Umbasierung der Arbeitgeberbeiträge in der Sozialversicherung,

Antrag 534/A (E) der Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Genossen betreffend unbefristete Verlängerung der Arbeitsstiftung für Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft (Aufleb);

Finanzausschuß:

Antrag 526/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird;

Gleichbehandlungsausschuß:

Antrag 531/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend Finanzierung von Ersatzzeiten und Erhöhung des für die Kindererziehung vorgesehenen pensionserhöhenden Betrages,

Antrag 532/A (E) der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen betreffend EU-Richtlinie 96/34/EG zur Umsetzung der von den Europäischen Sozialpartnern abgeschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub;

Verfassungsausschuß:

Antrag 522/A (E) der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend Gewalt in den Medien,

Antrag 533/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (Stellenbesetzungsgesetz);

Verkehrsausschuß:

Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlagen (770 der Beilagen),

Antrag 527/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr,

Antrag 528/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird,


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Antrag 535/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird;

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 524/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Steuerbefreiung von Stipendien und Preisen aus Wissenschaft und Forschung,

Antrag 525/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Einführung eines Vizedekans an großen Fakultäten.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung ist noch einiges mitzuteilen.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Kier hat beantragt, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 474/A (E) betreffend Vereinheitlichung aller Pensionsrechte und Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit eine Frist bis 31. Oktober des heurigen Jahres zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, darüber eine kurze Debatte durchzuführen. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden, da mir kein Verlangen auf dringliche Behandlung einer Anfrage vorliegt.

Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, daß Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 148/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG durch Bestimmungen über die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern ergänzt wird, ebenfalls eine Frist zu setzen, und zwar bis 17. September 1997.

Auch dazu liegt das Verlangen vor, eine kurze Debatte durchzuführen. Diese Kurzdebatte wird nach dem Ende der gerade bekanntgegebenen Kurzdebatte über den ersten Fristsetzungsantrag, nämlich den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen, abgehalten werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters liegt mir der Vorschlag vor, folgende Debatten unter einem durchzuführen: über die Punkte 1 und 2, 3 bis 13, 15 und 16 sowie 17 und 18.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann gehen wir so vor.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung der heutigen Sitzung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Tagesblockredezeit: 8 Stunden. Daraus ergeben sich für die SPÖ 120 Minuten, für die ÖVP 112 Minuten, für die Freiheitlichen 104 Minuten, für Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Dieser Vorschlag bedarf der Zustimmung des Hohen Hauses.

Ich frage daher: Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann hat das Hohe Haus dies so beschlossen.


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1. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses betreffend den Außenpolitischen Bericht 1996 der Bundesregierung (III-89/833 der Beilagen)

2. Punkt

Erklärung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung zu Punkt 1 wurde verzichtet.

Es liegt mir außerdem ein Verlangen nach § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, über die Erklärung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten sogleich eine Debatte durchzuführen, die sich allerdings ohnehin auch aus der Tatsache ergibt, daß die Punkte 1 und 2 unter einem verhandelt werden. Jedenfalls werden wir so vorgehen.

Ich darf nunmehr dem Herrn Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten zur Abgabe seiner Erklärung das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.05

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Danke, Herr Präsident! – Hohes Haus! Außenpolitik dient großen Zielen für ein Land, nämlich Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, wirtschaftliches Wohlergehen und letztlich den Frieden sicherzustellen. Derzeit befindet sich die österreichische Außenpolitik in einer Phase gewaltiger Veränderungen und Umbrüche, denn wir haben uns durch die Zweidrittelmehrheit bei der Volksabstimmung 1994 entschlossen, diese wichtigen und fundamentalen Ziele der österreichischen Außenpolitik nicht allein, sondern in einem Verbund mit den anderen EU-Staaten zu verfolgen. Dies bedeutet für uns eine gewaltige Veränderung der nationalen Prioritäten und Rangordnungen, gibt uns einerseits verstärktes Gewicht, zwingt uns aber auf der anderen Seite auch, unsere Politik verstärkt mit den EU-Partnern abzustimmen.

Daraus ergibt sich fast natürlich eine neue Priorität innerhalb der österreichischen Außenpolitik. Erstes und wichtigstes Ziel ist die Formulierung einer österreichischen Position in Europa, ist das Umsetzen und Durchsetzen unserer Interessen auf europäischer Ebene.

Das zweite Ziel ist eine aktive und gute Nachbarschaftspolitik im weiteren Sinn. Ich rechne nicht nur die unmittelbaren Nachbarstaaten dazu, sondern im weiteren Sinn auch den Balkan oder Länder wie Polen, Rumänien, Bulgarien und auch die baltischen Staaten.

Und drittens ist nicht geringzuachten unser multinationales, multilaterales Engagement als UNO-Sitz. Wir sind der einzige EU-Staat, der UNO-Sitz geworden und geblieben ist. Wir haben natürlich auch traditionelle Engagements im Bereich der Minderheitenpolitik, der Menschenrechtsfragen et cetera.

Dies ist das Rahmenwerk, in dem wir uns bewegen, in dem wir Außenpolitik machen. Und man kann heute, zwei Jahre nach der Integration in die Europäische Union, mit gutem Gewissen sagen, wir haben diese Chance genützt, wir sind vom Rand Europas wieder ins Zentrum, in das Herz Europas gerückt. Wir sind heute bedeutender als früher. Wir haben immerhin über 110 Botschaften oder Ständige Vertretungen hier in Österreich, und wir haben jetzt durch die Eröffnung von fünf neuen Botschaften insgesamt ein weltweites Netzwerk von über 80 Botschaften und noch einmal 19 Generalkonsulaten, Kulturinstituten und ähnlichem. Wir sind also weltweit sehr gut vertreten, und vice versa ist auch die Welt in Österreich zu Hause. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieser neuen Herausforderung entspricht aber auch quantitativ und qualitativ ein ungemein dichtes Besuchsprogramm. Ich war selbst überrascht, als ich mir nur die letzten zwei Jahre


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herausgerechnet habe. Wir, also der Außenminister und die Staatssekretärin, haben in dieser Zeit 400 Besuche absolviert, die Hälfte nach Österreich, die Hälfte ins Ausland. Es haben sich die Besuche hier in Österreich und die Besuche im Ausland ziemlich genau die Waage gehalten, die wiederum jeweils zur Hälfte von Außenminister und Staatssekretärin wahrgenommen wurden.

Ich möchte die Rolle der Staatssekretärin hier besonders hervorheben. Sie ist im Moment noch bei einem Termin, wird dann aber auch an der Debatte teilnehmen. Sie hat allein in den letzten zwei Jahren 13 lateinamerikanische Staaten besucht, zum Teil Länder, in denen seit 15 Jahren kein österreichisches Regierungsmitglied auf Besuch gewesen ist. Daraus können Sie ersehen, wie wichtig auch die Arbeitsteilung im Außenministerium zwischen Minister und Staatssekretärin geworden ist. Ich möchte ihr hier ausdrücklich für ihre Arbeit danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun einige konkrete Punkte, die in der österreichischen Außenpolitik der letzten Monate besondere Bedeutung hatten. An der Spitze steht natürlich die Arbeit in der Regierungskonferenz. Ich war, wie Sie wissen, in den letzten 15 Monaten der Chefverhandler Österreichs, und ich meine, daß dieser Vertrag letztlich ein sehr guter Weg vorwärts ist. Kein Mitgliedsland – ich sage das hier ganz offen, ganz ungeschützt und ohne irgendeine falsche Bescheidenheit oder Übertriebenheit – hat 100 Prozent seiner Anliegen durchbringen können. Das ist auch gar nicht möglich, wenn 15 Länder gemeinsam etwas wollen, die zum Teil sehr unterschiedliche Prioritäten und Interessen haben.

Das österreichische Engagement bei der Regierungskonferenz insgesamt wurde aber durchaus beachtet. Sie war daher für uns zweifellos ein Erfolg. Die Themen, die wir uns vorgenommen haben – Menschenrechte, Beschäftigung, Umweltschutz, Tierschutzanliegen –, sind beachtet und letztlich in den neuen Europäischen Vertrag von Amsterdam aufgenommen worden, obwohl sie am Beginn der Konferenz von einer ganzen Reihe von Mitgliedstaaten noch sehr, sehr kritisch gesehen wurden.

Und vergessen Sie nicht, daß die Frage der Menschenrechte im Europäischen Vertrag schon deshalb eine besondere Bedeutung haben wird, weil hier erstmals Sanktionen vorgesehen sind. Es wird die Gemeinschaft vorsehen können, daß ein Mitgliedstaat, der sich nicht an die Spielregeln bei den Menschenrechten hält, zeitweise seiner Mitgliedschaftsrechte verlustig gehen kann. Es können Sanktionen gegen ihn eingebracht werden, und der Europäische Gerichtshof bekommt hier eine besondere Zuständigkeit. Damit ist garantiert, daß die Europäische Gemeinschaft wirklich jene Gruppe auf der Welt ist, die diese Fragen besonders wichtig nimmt, was, glaube ich, ein Vorbild für andere Staatengruppen sein kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben darum gekämpft, daß auch Nichtdiskriminierungsbestimmungen in den Vertrag aufgenommen werden, und zwar ganz gleich, ob es sich um Diskriminierung von älteren oder behinderten Menschen, ob es sich um Diskriminierung aufgrund der Rasse, des Geschlechtes, der Religion oder welcher Art auch immer handelt. Wir haben in den Vertrag positive Bestimmungen aufgenommen, die die Diskriminierung durch positive Maßnahmen der Gleichstellung, im besonderen von Mann und Frau, beheben können.

Ein wichtiges Thema für uns Österreicher, weil unser Land noch immer eine Außengrenze der Europäischen Union darstellt, ist das Thema innere und äußere Sicherheit. Daher war für uns ein besonderer Schwerpunkt die Frage der Kooperation zwischen Justiz und Polizei im Kampf gegen das organisierte Verbrechertum. Und in diesem Bereich ist meiner Einschätzung nach für die nächsten Jahre ein ganz großer Schritt gesetzt worden. Es ist zwar die Beibehaltung des Prinzips der Einstimmigkeit für fünf Jahre mindestens und acht Jahre maximal vorgesehen, aber dann jedenfalls kommt es zur vollen Vergemeinschaftung mit Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof, mit Harmonisierung der Rechtssprechung und mit einer vollen Operabilität zwischen den Polizei- und Justizbehörden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Dieser Punkt scheint mir deshalb sehr wichtig zu sein, weil es hier eine Balance und einen Zusammenhang gibt. Wenn man will, wenn man wirklich will, daß der wirtschaftlichen Freiheit das Wort geredet wird, der Niederlassungsfreiheit, daß man sich innerhalb der Europäischen Union, wo immer man will, niederlassen und Arbeit suchen kann, dann muß dieser Freiheit der Bürger auch die Kooperation der Polizei- und Justizbehörden gegenüberstehen, sonst haben wir klarerweise die wilde Freiheit für die organisierten Kriminellen, die auf Knopfdruck Milliardenbeträge innerhalb von Stunden von einem Ort zum anderen, von einem Land in ein anderes Land transferieren können, und die Polizei und die Justiz hinken Monate hinterher. Das kann niemand wollen, und daher ist dieser Punkt entscheidend auch für die Akzeptanz der Europäischen Union in den Herzen und Köpfen ihrer Bürger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und ich füge etwas hinzu, das natürlich auch hier in Österreich kontroversiell diskutiert wurde: daß für uns der klare inhaltliche Zusammenhang zwischen der Integration des bisherigen Schengen-Vertrags in den Europäischen Vertrag und den jetzigen Bestimmungen der Umsetzung des Schengen-Vertrags besteht. Es wäre doch unsinnig, wenn man etwa den Dänen, den Iren oder den Briten mühsam und sehr vorsichtig, sehr zögernd eine Ausnahme auf Zeit, eine Opting-out- oder Opting-in-Klausel einräumt und gleichzeitig einem anderen Land, das beitreten will und bestätigt beitreten kann, bestätigt durch eine internationale Kommission – wo wir doch Milliarden in den Ausbau unserer Flughäfen, in die Logistik, in die Computer, in die Grenzkontrolle investiert haben –, wenn man dann ein solches Land künstlich länger als notwendig draußen hält. Daher gibt es diesen inhaltlichen Zusammenhang, und ich wollte dies auch ganz klar und eindeutig den Abgeordneten des österreichischen Parlaments, aber auch der europäischen Öffentlichkeit vor Augen führen.

Österreich hat von Anfang an darauf bestanden, daß wir uns vor allem in der Regierungskonferenz mit jenen Themen auseinandersetzen, die für den Bürger große Relevanz haben. Dazu zählt vor allem das Beschäftigungsthema. In Europa gibt es Millionen Arbeitslose, Millionen Menschen, die keinen Job haben. Österreich ist in der Arbeitslosenskala Gott sei Dank relativ weit unten. Dennoch muß hinzugefügt werden, daß der Wert doch hoch ist angesichts unserer eigenen Geschichte und Erfahrung mit dem Thema Beschäftigung und Arbeitslosigkeit.

Ich bin der letzte, der glaubt, daß man auf europäischer Ebene jetzt direkt Arbeitsplätze schaffen kann, das wäre eine Illusion. Was man aber tun kann, das ist eine Koordination auf europäischer Ebene, indem wir die Erfahrungen wechselseitig austauschen, indem wir versuchen, das, was wir gelernt haben, auch die Fehler, die ein Land gemacht hat, den anderen mitzuteilen, sodaß es insgesamt zu einer europäisch besser koordinierten Beschäftigungspolitik kommt.

Deshalb unterstütze ich vollinhaltlich die Idee der Franzosen, des neuen Premierministers Jospin und des Präsidenten Chirac, im Herbst dieses Jahres, vermutlich Ende November, einen eigenen europäischen Beschäftigungsgipfel abzuhalten, der sich nur mit diesem Thema: Was können wir tun, um mehr Arbeitsplätze, mehr Jobs für unsere jungen Menschen, aber auch für ältere Arbeitslose zu schaffen? beschäftigen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es war eine österreichische Initiative – ich möchte das hier ganz eindeutig sagen –, und zwar von Viktor Klima und mir, daß wir versuchen, diesen Gipfel so vorzubereiten, daß in Österreich und in den anderen Mitgliedstaaten die Sozialpartner schon eingebunden werden in die Erarbeitung der Themen für diesen Beschäftigungsgipfel, daß aber auch auf europäischer Ebene die europäischen Sozialpartner – und wir haben einen von ihnen ja unter uns, den Präsidenten des Europäischen Gewerkschaftsbundes – an dieser Beschäftigungsinitiative wirklich teilhaben können. Denn je breiter wir die Initiative abstützen, umso größer wird wahrscheinlich auch der Erfolg in der Umsetzung letztlich sein können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gelang kein großer Durchbruch, aber es sind wichtige kleine Schritte der Verbesserung zu verzeichnen. Daß die Europäische Union endlich auch eine Planungszelle hat, die außenpolitische Themenstellungen aufbereitet, was zu einer fundierteren Auseinandersetzung führen kann, halte ich für sehr wichtig. Daß es


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nicht fünf Kommissäre geben wird, die in Hinkunft quasi einander konkurrierend Außenpolitik machen, ist ein Vorteil: Es wird nur ein Kommissar sein. Daß dieser eine dann an der Troika teilnimmt, ein Generalsekretär des Rates sich ständig mit Außenpolitik beschäftigt, ist ein riesiger Vorteil und wird letztlich auch die Qualität der europäischen Außenpolitik verbessern helfen.

Zusätzlich ist es gelungen, zu erreichen, daß es in Zukunft schwerer sein wird, europäische außenpolitische Beschlüsse zu blockieren. Dem hilft, daß es Mehrheitsabstimmungen dort gibt, wo mit Einstimmigkeit eine europäische Strategie beschlossen wurde. Dem hilft, daß ein Land nicht dagegen stimmen oder dafür sein muß, sondern einen dritten Weg, nämlich den der konstruktiven Stimmenthaltung, gehen kann; und dem hilft, daß ein Land als Notbremse eine nationale Schutzklausel anrufen kann, und zwar dann, wenn vitale Interessen dieses Landes betroffen sind.

Ich halte es auch für positiv, daß wir die sogenannten Petersberg-Aufgaben, also Friedenserhaltung, -durchsetzung, Krisenmanagement, humanitäre Hilfe, in den Vertrag aufgenommen haben. Und übrigens ist sehr interessant, daß diese Petersberg-Aufgaben 1: 1 den sogenannten peace-support-operations der NATO entsprechen, die in dem enhanced-partnership-program enthalten sind. Daher ist es, glaube ich, sehr wichtig, daß auf beiden Ebenen, in der NATO – PfP-Plus –, innerhalb der Europäischen Union die Petersberg-Aufgaben in den Vertrag aufgenommen wurden, wodurch auch für Nichtmitglieder, für Nicht-Vollmitglieder eine bessere Einbindung in den Planungs- und Umsetzungsprozeß möglich geworden ist.

Ich sage an dieser Stelle dem Hohen Haus auch, daß der wahre Gewinner im Institutionenkampf, wenn man es so nennen will, innerhalb der Europäischen Union das Europäische Parlament ist. Das Parlament hat zwar nicht alle Wünsche erfüllt bekommen, aber – und wir Österreicher haben gemeinsam mit anderen kleinen Ländern sehr darum gerungen und gekämpft – die Parlamentarier haben auf europäischer Ebene signifikante Verbesserungen in der Mitentscheidung durchgesetzt. Es gibt eine signifikante Ausweitung des Mitentscheidungsrechts des Europäischen Parlaments, eine Verringerung der Zahl der Verfahren, eine bessere Einbeziehung der einzelstaatlichen Parlamente, eine Stärkung des Kommissionspräsidenten, eine Aufwertung des Ausschusses der Regionen und neue Funktionen für den Europäischen Gerichtshof.

Ich glaube, daß wir mit diesem institutionellen neuen Gleichgewicht durchaus zufrieden sein können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sehr unzufrieden – auch das gehört gesagt – sind wir mit der Frage Mehrheitsabstimmungen versus Einstimmigkeitsregel. Wir hätten uns gewünscht, daß wir viel mutiger, als es dann letztlich der Fall gewesen ist, den Weg zu Mehrheitsabstimmungen gehen. Österreich hat eigentlich zu den Ländern gehört, die am radikalsten die Ausdehnung der Mehrstimmigkeitsregel verlangt haben. Wir haben uns hier nicht durchsetzen können.

Aber ich sage auch ganz offen: Solange wir viele Teile noch immer intergouvernemental, also nationalstaatlich verhandeln, so lange gibt es natürlich auch bei uns sensible Punkte wie das Wasser, die Wassernutzung, die Energienutzung oder das Bodenrecht, bei denen auch wir auf der Einstimmigkeitsregel beharren, und erst wenn wir insgesamt zu einer besseren Abstimmung kommen, dann kann man auch über diese Fragen reden. Diesmal war die Zeit nicht reif, und daher sind wir nicht wirklich zufrieden mit dieser Frage der Balancierung zwischen Einstimmigkeit und Mehrstimmigkeit, aber hier wird man eben weiter bohren müssen.

In der Frage der Kommissionszusammensetzung oder Stimmgewichtung hat unsere Linie gehalten. Dabei ging es uns vor allem darum, keine Veränderung zu unseren Lasten hinnehmen zu müssen. Hier wollten wir den Besitzstand auch im nationalen Interesse wahren und absichern. Das ist voll gelungen. Es war kein ganz leichter Kampf, das können Sie mir glauben, aber es ist ein österreichischer Erfolg geworden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein zweites wichtiges europäisches Thema ist die Vorbereitung auf die Präsidentschaft, die wir in einen Jahr übernehmen werden und die natürlich ein ganz wichtiges und erstmaliges Ziel, eine echte Herausforderung für uns selber ist. Die Aufgabe des Präsidenten ist es nicht so sehr,


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eigene Prioritäten, eigene Initiativen, eigene Vorhaben in den Vordergrund zu stellen – das kann man auch –, aber das Wichtigste ist es, in einer schwierigen Zeit die Stimme Europas zu verkörpern, wirklich zu koordinieren und zu versuchen, die europäische Agenda weiterzuentwickeln und voranzubringen.

In diesem Bereich wird in der österreichischen Präsidentschaft vor allem die endgültige Umsetzung der Euro-Beschlüsse und der organisatorischen, institutionellen Feinabstimmung notwendig sein. Und glauben Sie mir: Ich halte die Einführung des Euro, einer stabilen, starken europäischen Währung, für das wahrscheinlich wichtigste Projekt überhaupt, das in den nächsten Jahren und Jahrzehnten den Standort Europa, aber auch den Standort Österreich und damit seine Arbeitsplätze absichern kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Unter österreichischem Vorsitz werden die letzten Entscheidungen für 1999 zu treffen sein, wobei das magische Jahr 1999 den Euro noch nicht sichtbar machen wird für den einzelnen Bürger, aber es wird das Projekt unumkehrbar machen, denn ab dem Jahr 1999 sind die Währungen, die daran teilnehmen, untrennbar miteinander verschränkt, ab diesem Zeitpunkt läuft das Projekt, ab diesem Zeitpunkt wird Europa den Standortvorteil einer Weltleitwährung für sich, für seine Betriebe, für seine Arbeitsplätze in Anspruch nehmen können, und ab diesem Zeitpunkt nehmen wir an diesem wichtigen Integrationsprojekt teil.

Das zweite ganz wesentliche Projekt, das uns unmittelbar betrifft, ist die Osterweiterung der Europäischen Union. Sie wissen, daß sich die Europäische Kommission gestern in einer ganztägigen Klausur mit der Frage der Bewertung der elf Kandidaten auseinandergesetzt hat und nächste Woche, am 16. Juli 1997, den umfassenden und umfangreichen Bericht der Öffentlichkeit, den Botschaftern, dem Europäischen Parlament und damit auch den Mitgliedstaaten präsentieren wird.

Das Interessante dabei ist, daß wir, ausgehend von einer unverrückbaren Obergrenze im Finanzrahmen von 1,27 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt, die nicht angehoben werden darf, sicherstellen können, daß je nach Berechnung zwischen 500 und 600 Milliarden Schilling für die neuen Mitgliedsländer im Zeitraum 1999 bis 2006 zur Verfügung stehen werden. Das ist eine Menge Geld, und ich glaube daher, daß die Union gut gerüstet ist, sich mit der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten auseinanderzusetzen, ohne dabei zusätzliches Geld der Steuerzahler in den schon bestehenden Mitgliedsländern in Anspruch zu nehmen.

Ich halte diese erste Aussage der Kommission für ganz wichtig, weil sie auch die Akzeptanz der Bürger in den einzelnen Ländern erhöht, der Aufnahme neuer Mitglieder mit offenen Herzen zu begegnen und sie zu begrüßen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Angeblich hat die Kommission gestern zusätzlich ein klares positives Avis, eine positive Antwort zu fünf unserer Nachbarländer plus Zypern abgegeben. Nach Auffassung der Kommission würden also die Verhandlungen mit Tschechien, mit Polen, mit Ungarn, mit Estland und mit Slowenien ebenso wie mit Zypern unmittelbar beginnen können.

Ich sage ganz offen, wir Österreicher – und ich hoffe, daß wir da einen über die Parteigrenzen hinausreichenden Konsens haben – werden uns dennoch nicht für ein Gruppenmodell einsetzen, sondern ich möchte bei den kommenden Verhandlungen nach wie vor darauf drängen, daß wir die Startlinie, den Beginn der Verhandlungen mit allen Kandidaten forcieren, damit wir nicht in eine erste und zweite Klasse von Beitrittskandidaten einteilen. Es wird selbstverständlich so sein, daß sich die Verhandlungen dann automatisch differenzieren, aber es wäre falsch, würden wir schon zu Beginn der Verhandlungen einzelnen Ländern mitteilen: Freunde, ihr seid nicht willkommen! Das würde zu einer unheimlichen Demotivierung führen, es würde vielleicht sogar zu einer Destabilisierung im politischen oder im wirtschaftlichen Bereich oder zu einer Entmutigung hinsichtlich der Vorantreibung des notwendigen Reformprozesses führen.

Ich möchte daher in den kommenden Monaten nach wie vor das Startlinienmodell, den Beginn der Verhandlungen mit allen, forcieren und dann einer Differenzierung in schnellere und langsamere Beitrittsverhandlungen das Wort reden.


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Meine Damen und Herren! So viel zum Thema EU. – Ein ganz wesentliches Thema in diesen Tagen ist aber natürlich die Frage der Sicherheitspolitik. Vorgestern ist der Gipfel in Madrid zu Ende gegangen, und dieser Madrider Gipfel hat uns abermals klar vor Augen geführt, daß in diesen Tagen und Wochen eine neue NATO vor unseren Augen entsteht oder schon entstanden ist.

Österreich hat in seiner gemeinsamen Erklärung bei einem Gipfeltreffen der Teilnehmerstaaten am Euroatlantischen Partnerschaftsrat unterstrichen, daß die Entscheidung der Allianz, neue Mitglieder aufzunehmen, für den Prozeß der Gestaltung einer neuen NATO beispielhaft ist, umso mehr, als diesem Beschluß ja ein Founding Act mit Rußland und eine Charta mit der Ukraine vorangegangen sind. Ich halte es für sehr wichtig, daß man vorher die Frage mit Rußland und mit der Ukraine außer Streit gestellt und dann die Einladung an drei neue Mitglieder beschlossen hat.

Besonders bedeutsam ist, daß sich die NATO ausdrücklich dazu bekannt hat, ihre Türen für weitere Mitglieder offenzuhalten. Der Bundeskanzler hat diesbezüglich in Madrid von einem signifikanten Signal an alle Staaten gesprochen und betont, daß wir diese Entscheidung als eine Einladung an alle europäischen Länder verstehen, ihre Zusammenarbeit mit der Allianz in dem von ihnen gewünschten Ausmaß weiterzuentwickeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich meine, daß wir mit dieser Feststellung auch innerösterreichisch eine wichtige Markierung gesetzt haben. Nach dem Europäischen Rat von Amsterdam hat jetzt auch der Gipfel in Madrid gezeigt, daß die neue NATO der Angelpunkt der europäischen Sicherheitsarchitektur ist, weil diese neue NATO einem umfassenden Sicherheitsbegriff verpflichtet ist. Sie will eben nicht nur das militärische Risiko sehen, das vielleicht gar nicht so groß ist in kommender Zeit, aber die wahren Risken im Terrorismus, in der Migration, in der Weitergabe von Nuklearmaterial, in der organisierten Kriminalität, ungelöste Minderheitenfragen und die Gesamtaspekte der Zusammenarbeit von Wirtschaft, Umwelt und Wissenschaft sind es, die diesen umfassenden Sicherheitsbegriff absolut wichtig und notwendig machen.

Es ist eine neue NATO, die nicht gegen jemanden gerichtet ist, sondern im Zusammenwirken mit der UNO, der Europäischen Union, der WEU und der OSZE für eine umfassende europäische Sicherheitsordnung eintritt, eine neue NATO, die nicht aufrüstet, sondern im Gegenteil die Budgets weltweit abgesenkt, verringert hat und gerade in Wien konkrete Verhandlungen zur Abrüstung von schweren Waffen, vor allem aber zur einseitigen Abrüstung von Nuklearwaffen in den Gebieten der neuen Mitglieder führt, und eine neue NATO, die eben keine neuen Trennlinien, sondern neue, funktionsfähige gesamteuropäische Instrumente und Strukturen mit Rußland, der Ukraine und sicherlich auch mit den baltischen Staaten schafft.

Präsident Clinton hat wirklich sehr gut beschrieben, worum es jetzt geht. "To do for Europe’s East, what we did for Europe’s West: defend freedom, strengthen democracy, temper old rivalries, hasten integration, provide a stable climate in which prosperity can grow." – Besser kann man, glaube ich, nicht ausdrücken, wofür diese neue NATO steht.

Madrid hat gezeigt, daß die wichtigsten Entscheidungen in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiterhin im Kreis der NATO-Vollmitglieder fallen werden, und es ist wichtig, zu wissen, daß die NATO die Erweiterung in Madrid als kontinuierlichen Prozeß definiert hat.

Die Verhandlungen mit Tschechien, Polen und Ungarn sollen bis Ende 1997 abgeschlossen werden. Ihr Beitritt ist für April 1999 aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums der Gründung der Allianz in Washington geplant.

Erlauben Sie ein offenes Wort aus österreichischer Sicht zu diesen drei neu eingeladenen Mitgliedern. Wir wissen, was in der Geschichte dieser drei Länder die Jahreszahlen 1956 für Ungarn, 1968 für die Tschechische Republik, 1981 – Kriegsrecht – für Polen bedeuten. Ich möchte an dieser Stelle – ich hoffe, auch in Ihrem Namen – nachhaltig und aus offenem Herzen diese Einladung, diesen wahrhaft historischen Schritt für diese drei uns befreundeten Länder begrüßen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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1999 wollen die Staats- und Regierungschefs der NATO den Erweiterungsprozeß einer Überprüfung unterziehen. In diesem Zusammenhang, auch in diesem zeitlichen Zusammenhang hat der Gipfel in Madrid ausdrücklich auf die Kandidatur von Rumänien und Slowenien hingewiesen. Damit sind sie de facto – auch nach der vorherrschenden Meinung derer, die bei den Diskussionen dabei waren – jetzt schon die Spitzenreiter einer zweiten Erweiterungsrunde, und es ist davon auszugehen, daß auch die Vorbereitungen für diese zweite Runde bereits Anfang nächsten Jahres anlaufen werden. Zugleich sind die Außenminister der NATO-Staaten beauftragt, den Erweiterungsprozeß laufend zu überprüfen.

Wir haben darauf reagiert. Wir haben die Arbeit am Optionenbericht in einer interministeriellen Arbeitsgruppe, koordiniert von Außenministerium, Bundeskanzleramt und Landesverteidigungsministerium, bereits aufgenommen, und wir werden die Arbeit an diesem Optionenbericht zügig und, wie ich glaube, fundiert vorantreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wichtig für uns ist auch, daß uns die NATO bei dieser Tagung in Madrid eingeladen hat, unser bisheriges Verbindungsbüro zu einer vollwertigen Botschaft der NATO aufzuwerten. Der Bundeskanzler und ich sind übereingekommen, daß Österreich in diesen Tagen auf diese Einladung positiv reagieren wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Thema Nachbarschaftspolitik, gute Nachbarschaft mit den Regionen in unmittelbarer Nähe und weiterer Entfernung: Österreich ist jenes Land, das wie Deutschland acht Nachbarländer hat
– nur Deutschland und auch Serbien haben eine ähnlich große Zahl von Nachbarstaaten –; es ist daher besonders für ein kleines Land wichtig, mit seinen Nachbarn in Frieden, in Freundschaft, in ungetrübten Beziehungen zu leben.

Wenn ich gleich bei einem Herzensanliegen für alle von uns, bei Südtirol, beginnen darf, dann kann man sagen, daß, als Österreich und Italien bei den Vereinten Nationen die Streitbeilegungserklärung über Südtirol abgegeben haben, der damalige UN-Generalsekretär von einem Modell für die Regelung anderer bilateraler Probleme in Europa gesprochen hat. Wir wissen aber auch, daß es damals einige Stimmen gegeben hat – auch in Südtirol –, die skeptisch gewesen sind (Abg. Meisinger: Nicht umsonst!) , ob nicht mit dieser Streitbeilegungserklärung der Zug zu mehr Autonomie, zu mehr Rechten für die Südtiroler abreißt.

Das Gegenteil war der Fall. Wir haben heute mit Italien beste Beziehungen wie noch nie in unserer Geschichte. Wir haben erst vor wenigen Tagen ein umfangreiches Gespräch mit dem Landeshauptmann und SVP-Parteiobmann Brugger gehabt und konnten uns davon überzeugen, wie es gerade seit dieser Streitbeilegungserklärung möglich gewesen ist, daß die Südtiroler neue Rechte für die Straßenerhaltung, für die Errichtung und Kontrolle von Behörden bekommen haben, daß sie jetzt soweit sind, daß sie die Bildungspolitik mehr oder weniger in ihre Hand bekommen, und die Gespräche um die Errichtung einer Freien Universität in Bozen sind so, daß sie in Zusammenarbeit mit der Landesuniversität in Innsbruck ein ganz wichtiges Grundanliegen der Südtiroler Bevölkerung optimal abdecken können. Meine Gespräche mit Außenminister Dini am Rande der Madrider Konferenz haben bestätigt, daß auch die italienische Regierung hierin eine modellhafte Entwicklung in einer bilateralen Beziehung sieht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sicherheit in Europa kann aber nicht diskutiert werden, ohne sich die Situation auf dem Balkan zu vergegenwärtigen. Wir dürfen nie vergessen: Eine Flugstunde von Wien und Graz entfernt sind genau jene schrecklichen Tragödien geschehen, die ihre Ausläufer in sehr unmittelbarer Art und Weise auch bis nach Österreich hereingebracht haben.

Es ist wichtig, daß wir die Balkanregion und ihre Randzonen stabilisieren, und es tut mir leid, feststellen zu müssen, daß gerade in letzter Zeit sich in der internationalen Gemeinschaft so etwas wie eine Bosnien-Müdigkeit breitmacht. Es will eigentlich niemand so recht etwas davon hören.

Ich halte das für eine Katastrophe und sage auch warum: Wer Bosnien, die Republika Srpska und die Entwicklung in Jugoslawien, auch in Kroatien, in Albanien kennt, weiß, daß es lebensnotwendig für Europa ist, weiterhin Frieden und Stabilität dorthin zu exportieren, durch Beratung


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zu stabilisieren und sich nicht in die Logenbeobachterrolle zurückzuziehen. Es wäre ein gefährlicher Weg, den Europa hier ginge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher muß der Dayton-Prozeß, der Friedensprozeß, der vertraglich garantiert ist und freie Wahlen, Meinungsfreiheit, Einrichtung der Institutionen, wirtschaftliche Hilfe bedeutet, umgesetzt werden. Wir müssen ein bißchen herunterkommen von der Beobachtung der Entwicklung auf der großen politischen Ebene, auf der Makroebene, wir müssen hinuntergehen auf die Ebene der Gemeinden, auf die Ebene des Monitoring, was in den Gemeinden und Dörfern passiert, in denen ja auch die reale Macht liegt, in denen sich aber auch die reale Toleranz entwickeln kann und entwickeln wird.

Wir müssen unbedingt sicherstellen, daß den Kriegsverbrechern das Handwerk gelegt wird, und ich begrüße es, daß gerade jetzt in der Aktion in Prijedor einer der wichtigsten und gefährlichsten Kriegsverbrecher von SFOR-Soldaten gestellt und leider – sage ich – erschossen wurde. Es wäre allen lieber gewesen, wenn er vor den Internationalen Gerichtshof nach Den Haag gebracht hätte werden können. Aber das Signal, daß die internationale Staatengemeinschaft nicht zusieht, daß einige Dutzend Kriegsverbrecher, wo immer sie sind, welcher Nationalität immer sie angehören, weiter ungestört dahinleben, zum Teil die Dinge steuern können, dieses Signal scheint mir sehr wichtig zu sein und wird unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich begrüße es ausdrücklich, daß im gegenwärtigen Machtkampf in der Republika Srpska jetzt auch die Vereinigten Staaten zur Überzeugung gekommen sind, daß es wichtig ist, die Präsidentin Plavsic zu unterstützen. Ich konnte mich bei einem Besuch in Banja Luka in einem langen Gespräch davon überzeugen, wie ernst die Situation wirklich ist, und EU plus USA beginnen jetzt konkret auf diese Informationen, die wir ihnen weitergegeben haben, zu reagieren.

Wir müssen auch wirtschaftlich, gerade im Teil der Republika Srpska, Sorge dafür tragen, daß vor allem die Ärmsten der Armen nicht zum Handkuß kommen, weil sich einige Führer mit zum Teil unfaßbaren auch persönlichen Bereicherungen bisher jedem Zugriff entzogen haben.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch besonders den österreichischen Friedenssoldaten danken, die sowohl in Bosnien als auch in Albanien einen wirklich gefährlichen Einsatz bisher bravourös absolviert haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

Das Lob der internationalen Staatengemeinschaft für die Leistung dieser Friedensengel im weiteren Sinn ist beträchtlich, und es zeigt, daß es sich lohnt, sich in einem internationalen Einsatz hinzustellen und auch Risken auf sich zu nehmen, damit größere Risiken vermieden werden.

Wir haben in Bosnien-Herzegowina eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Aufbauprogrammen in einer Größenordnung von etwa 180 Millionen Schilling umgesetzt. Wir haben auch in Albanien Aufbauprogramme umsetzen können.

Ich möchte an dieser Stelle auch dem österreichischen OSZE-Beauftragten Dr. Franz Vranitzky und Botschafter Dr. Herbert Grubmayr, der im Dienst und in Kooperation mit Vranitzky tätig war, ausdrücklich danken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie haben jetzt die sofortige Einsetzung einer Arbeitsgruppe aller maßgeblichen internationalen Organisationen vorgeschlagen – unter Beteiligung der albanischen Regierung. Es soll bis Herbst ein Paket von Vorschlägen für eine internationale Donors Conference entwickelt werden, die wahrscheinlich in Rom oder in Wien zusammentreten wird. Ich habe mit Außenminister Dini die Vorgangsweise akkordiert und glaube, daß Österreich gerade in diesem Raum eine besondere Rolle und eine besondere Verantwortung übernehmen kann.

Die Zentraleuropäische Initiative wird in diesem Bereich ebenfalls wachsende Bedeutung haben – im Moment führt Bosnien-Herzegowina den Vorsitz; wir waren vor einigen Wochen bei der großen Tagung der 16 Mitgliedstaaten dort. Ich nehme an, daß durch den NATO-Beitritt von drei CEI-Mitgliedern und durch die zu erwartende EU-Mitgliedschaft einer Reihe von Mitglied


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staaten diese CEI, die Zentraleuropäische Initiative, eine neue Brückenfunktion und auch eine neue Umsetzungsfunktion auf dem Weg zur Integration unserer mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten bekommen kann.

Erlauben Sie, daß ich im Zusammenhang mit der globalen Außenpolitik noch einige Worte zum asiatisch-pazifischen Raum und zu Lateinamerika sage.

Wir haben uns seit 1994 im Schwerpunktbereich um Asien gekümmert. Es sind von Bundeskanzler, Außenminister, Staatssekretärin, Fachministern bisher zehn große Reisen durchgeführt worden. Das Ergebnis ist beachtlich, vor allem dann, wenn man sich unter dem Strich auch die wirtschaftlichen Erfolge ansieht.

Wir haben gegenüber Japan in einem Jahr eine Exportsteigerung um 25 Prozent. Ich sage das immer wieder, weil – sicher aus besonderen Gründen – manche von der Opposition mit dem, was wir in Japan erreicht haben, nicht zufrieden sind. Aber eine Exportsteigerung von 25 Prozent ist etwas, was hoffentlich auch einer objektiven kritischen Bewertung standhält. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben gegenüber Indien eine Steigerung um 27 Prozent, gegenüber Indonesien eine Steigerung um 22 Prozent, Malaysia: 20 Prozent, Thailand: 46 Prozent. Ich glaube daher, daß sich diese Asien-Offensive, die wir gestartet haben, tatsächlich rechnet und selbstverständlich fortgesetzt werden muß. Es genügt nicht, einmal hinzufahren, sondern es muß ein kontinuierlicher Prozeß im Bereich der Asien-Europa-Meetings, hinsichtlich von Treffen zwischen EU- und ASEAN-Staaten und auch bilateraler Kontakte stattfinden.

Ein Wort zum Nahen Osten: Sie wissen, es ist das ein klassisches prioritäres Thema der österreichischen Außenpolitik. Wir sind sehr besorgt über die Entwicklung und die Blockade im gegenwärtigen Friedensprozeß, der vor vier Jahren durch das Abkommen in Oslo hoffnungsvoll eingeleitet wurde. Im Moment sehen wir eine akute Krise. Meiner Einschätzung nach – nach einem langen Besuch in Gaza, in Israel, nach vielen Gesprächen mit dem jordanischen Außenminister, der in dieser Woche in Wien gewesen ist, den Syrern und anderen – muß sichergestellt werden, daß es wieder zu vertrauensbildenden Maßnahmen kommt wie etwa – ganz praktisch – zu einer verbesserten Anbindung von Gaza und West Bank.

Wer die Befestigungen an der Grenze in Gaza gesehen hat, die weit über das Ausmaß der seinerzeit legendären Befestigungen und Barrieren am Checkpoint Charly in Berlin hinausgehen, weiß, daß in diesem Bereich unendlich viel getan werden muß und auch getan werden kann.

Es muß die internationale Staatengemeinschaft wirtschaftlich konkrete, sichtbare Erfolge bringen, damit Präsident Arafat auch gegenüber seiner Bevölkerung Früchte im Friedensprozeß herzeigen kann. Es müssen aber auch die Sicherheitskooperationen zwischen Palästina und Israel wiederaufgenommen und intensiviert werden, denn das legitime Sicherheitsbedürfnis der israelischen Bevölkerung muß von jedem – egal, ob innen oder außen – respektiert werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich meine, daß wir ganz klar gegen die wachsende Siedlertätigkeit in sensiblen Regionen, vor allem etwa Har Homa in Jerusalem, Stellung nehmen müssen und daß wir in diesem Zusammenhang die Arbeit des EU-Beauftragten Moratinos absolut unterstützen, der die österreichischen Bemühungen in diesem Zusammenhang auch sehr schätzt.

In wenigen Tagen wird Präsident Arafat nach Wien kommen, möglicherweise wird ein Besuch von Premierminister Netanyahu im September in Wien stattfinden.

Ich meine, daß wir diesen Weg unbedingt fortsetzen sollten.

Zum multilateralen Thema: Menschenrechte, friedenserhaltende Operationen und Abrüstung.


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Ich glaube, daß die Arbeiten an der Europarats-Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten so weit gediehen sind, daß wir bis Jahresende dem Hohen Haus eine Vorlage zuleiten können.

Der Schutz der Rechte des Kindes konnte aufgrund einer österreichischen Initiative einen entscheidenden Schritt vorwärts machen. Wir haben mehrere österreichische Menschenrechtsexperten an verantwortlicher Stelle einsetzen können. Rund 900 Österreicher nehmen derzeit an den verschiedensten friedenssichernden Operationen teil. – Ich meine, daß in diesem Bereich sehr viel Positives gelungen ist.

Ein Wort zum UNO-Sitz Wien: Sie wissen, daß in den letzten Jahren immer wieder kritische Stimmen laut geworden sind, die den Standort insgesamt in Frage gestellt haben. Wir haben dem – vor allem die Staatssekretärin, die dafür ja beste Kenntnisse aus ihrer Arbeit in den Vereinten Nationen mitbringt – gegengesteuert, und das Ergebnis ist beachtlich.

Es wurde die Atomteststopp-Organisation in Wien angesiedelt und im Vienna International Center untergebracht. Es gibt im VIC derzeit keinen freien Raum mehr. Das ist ein großer, wichtiger Erfolg gewesen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir bemühen uns derzeit, das Sekretariat zur Exportkontrolle für konventionelle Waffen und doppelverwendungsfähige, also zivile und militärische, Güter und Technologien, das sogenannte Wassenaar-Sekretariat, in Wien unterzubringen. – Das ist bereits entschieden.

Ich danke an dieser Stelle auch der Stadt Wien, die da selbstlos und sehr kooperativ mit uns vorgeht und mit uns zusammenarbeitet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Atombehörde wurde ausgebaut und hat zwei zusätzliche Stockwerke im VIC in Anspruch genommen.

Die OPEC, die eine Zeitlang absiedlungsgefährdet war, wurde in Wien gehalten, indem Österreich – auch da wieder ein Danke an die Stadt Wien – die Mietzahlungen übernommen hat.

Wir haben die erste EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Wien unterbringen können. Und Kofi Annan hat uns wörtlich gesagt, daß er Wien zur Welthauptstadt im Kampf gegen Drogen, Kriminalität und Terrorismus machen möchte.

Ich danke in diesem Zusammenhang dafür, daß die UNO-Konventionen über psychotrope Stoffe sowie über den unerlaubten Verkehr mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen und das Europaratsabkommen über die Geldwäsche und Erträge aus Straftaten in diesem Zusammenhang ratifiziert werden konnten.

Der UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der als einem der ersten Staaten Österreich einen offiziellen Besuch abgestattet hat, hat wörtlich erklärt: Österreich ist einer der loyalsten Mitgliedstaaten, der einen weit über seine Größe hinausreichenden Einfluß ausübt. – Vielleicht hängt das auch damit zusammen, daß Österreich eines von 20 Mitgliedsländern der UNO ist, die pünktlich, auf den Tag genau, seine Mitgliedsbeiträge bezahlt.

Ich danke jedenfalls dem Hohen Haus dafür, daß es, anders als die Parlamente anderer Staaten, diese Anstrengungen der Bundesregierung vollinhaltlich wertet, schätzt und durch Beschlüsse unterstützt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der Sitz der OSZE ist seit Jahren in Wien – es handelt sich um einen immer wichtiger werdenden Sitz und eine immer wichtiger werdende Organisation. Nicht so sehr in dem Sinn, wie man einst gemeint hatte, daß nämlich auch militärische Sicherheit gegeben werden kann, aber wichtige Fragen wie etwa Wahlbeobachtung, Minderheitenschutz, konkrete Hilfe werden von der OSZE umgesetzt.

Ich meine, daß die Österreicher durch den Einsatz etwa in Estland und in Bosnien-Herzegowina, durch eine überdurchschnittliche Beteiligung an der Kroatien-Mission und durch den systema


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tischen Aufbau einer Expertenkartei mitgeholfen haben, daß die OSZE die Stellung hat, die sie heute einnimmt.

Über die Abrüstungsverhandlungen in Wien habe ich gesprochen.

Darüber hinaus sind wir froh und stolz darauf, daß wir einen ganz großen Schritt vorwärts in Richtung eines atomwaffenfreien Europa machen können. De facto sind heute auf westeuropäischem Boden noch etwa 300, 400 nukleare Fliegerbomben gelagert. Bodengestützte Nuklearwaffen der Vereinigten Staaten – das wissen Sie ja – gibt es in Europa überhaupt nicht mehr.

Ein besonders wichtiges Thema ist die Verschärfung der Bestimmungen über den Einsatz von Minen und Sprengfallen, und Österreich ist an vorderster Front, damit es zu einem Totalverbot von Anti-Personen-Minen kommt. Der jetzt laufende Vertragsentwurf wurde von Österreich ausgearbeitet und wird bereits von über 70 Staaten unterstützt, und wir rechnen damit, daß wir im Herbst zu einer wirklich umfassenden Vereinbarung kommen können.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß und möchte diesen Rechenschaftsbericht nicht abschließen, ohne auch auf die wirklich aufopfernde Tätigkeit der Mitarbeiter meines Hauses – insbesondere im konsularischen und im humanitären Bereich, im In- und im Ausland – hinzuweisen. Mit wenig Personal und wahrhaft bescheidenen Mitteln, unter den schwierigen Bedingungen der Tätigkeit im Ausland wird dort hervorragende und qualifizierte Arbeit geleistet. Dafür ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich habe es schon im Ausschuß gesagt: Wir haben derzeit alleine bei zehn Generalkonsulaten oder Botschaften 1 Million Sichtvermerke zu leisten. Die Inanspruchnahme der Dienste unserer Vertretungsbehörden ist gegenüber dem Vorjahren um 50 Prozent gestiegen, und ich weiß, daß diese Dienste – das zeigen auch die vielfältigen Dankesbekundungen und Anerkennungsschreiben, die von jenen Österreichern kommen, denen die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland in schwierigen Situationen helfen konnten – auch geschätzt werden.

Ich bitte andererseits das Hohe Haus um Verständnis dafür, wenn wir manchmal mit der Bitte um notwendige Verbesserungen kommen; gleichgültig, ob es sich um das Statut für den auswärtigen Dienst handelt oder um eine bessere pensionsversicherungsrechtliche Absicherung von Familienangehörigen im Ausland. Der Personalvertretung des Außenministeriums möchte ich sehr danken dafür, daß sie akzeptiert hat, daß in einem hohen Ausmaß eigene Beiträge der Versicherten mit eingebracht würden.

Ich bitte alle Fraktionen um viel Verständnis dafür, daß auch diese Fragen von mir dem Hohen Haus vorgelegt werden, und bitte, die Arbeit unserer Vertretungsbehörden und der Mitarbeiter im Ausland durch entsprechende innerösterreichische Beschlüsse zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei der SPÖ.)

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Erklärung zu Fragen der Außenpolitik vor dem Hohen Haus.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Die Redezeit beträgt maximal 20 Minuten. – Bitte.

10.53

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Vizekanzler! Die Außenpolitik eines so kleinen Landes wie Österreich lebt von ihrer Einschätzbarkeit und Berechenbarkeit, Herr Außenminister. Das war ein Grundkonsens, der quer durch alle Fraktionen und über alle ideologischen Grenzen hinweg auch im österreichischen Nationalrat stets gesucht wurde. All Ihre Vorgänger haben sich samt und sonders um diesen Konsens


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und damit auch um das Vertrauen der Oppositionsfraktionen in die Außenpolitik der Bundesregierung bemüht.

Herr Außenminister! Ich habe den Eindruck, daß Sie zumindest in den vergangenen Monaten oder überhaupt im vergangenen Jahr dieses Bemühen nicht an den Tag gelegt und das Vertrauen der Oppositionsfraktionen nicht gesucht haben, sondern daß Sie so sehr mit Eifersüchteleien um Kompetenzen im außenpolitischen Bereich zwischen den beiden Koalitionsparteien beschäftigt waren, daß Sie nicht einmal auf die Idee kamen, auch im Hohen Haus den Konsens in Fragen der Berechen- und Einschätzbarkeit der österreichischen Außenpolitik zu suchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin der Überzeugung, daß derzeit zu viele Köche versuchen, in der außenpolitischen Küche ihre eigene Außenpolitik zu kochen, sodaß der Küchenchef selbst gehemmt ist und sich selbst um diese Rolle in der Küche gebracht hat.

Da ist zunächst der Außenminister als Küchenchef, der sich derzeit damit beschäftigen muß, seine eigene Position abzusichern und im Ausland wieder Reputation zu gewinnen.

Er hat an seiner Seite eine Staatssekretärin, die die eigentliche Arbeit im Außenministerium macht. Daher war der Dank an sie ausnahmsweise wirklich berechtigt, denn Frau Dr. Ferrero-Waldner ist jene Dame, die die Außenpolitik in Ihrem Ministerium macht, während Sie sich um Ihre Partei kümmern müssen – eine, das gebe ich zu, nicht leichte Aufgabe, denn Ihre Partei gleicht immer mehr eher einem Flohzirkus denn einer geschlossenen Partei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie hat die Aufgabe, die Tagespolitik im Außenministerium wahrzunehmen, während der Herr Außenminister damit beschäftigt ist, seine Reputation im Ausland wiederherzustellen.

Dann haben wir den Bundespräsidenten, meine Damen und Herren – er ist Gott sei Dank wieder genesen –, der auch auf seine Rolle in der Außenpolitik nach der Bundesverfassung pocht.

Das bedeutet, es gibt im Bereich der ÖVP drei Akteure, die sich parteiintern um Außenpolitik streiten müssen.

Daneben haben wir die SPÖ – und jetzt wird es interessanter –, die auch Außenpolitik machen möchte, da es in der SPÖ einige gibt, Kollege Schieder, die es der eigenen Parteiführung nie verziehen haben, daß dieses für die SPÖ so wichtige Ressort an die Österreichische Volkspartei abgegeben wurde. Und daher bemüht man sich redlich, auch den Bundeskanzler in die außenpolitische Küche zu bringen und ihn dort zum Küchenchef zu machen.

Außerdem ist auch noch unser verehrter Präsident des Nationalrates dabei, mitzumischen und mitzukochen. Und letztlich befinden sich in der Speisekammer auch noch die Klubobleute Khol und Kostelka, die von der Speisekammer aus auch noch die außenpolitische Küche betreuen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wahrlich keine gute Konstellation, um die Verläßlichkeit und Berechenbarkeit der österreichischen Außenpolitik wiederherzustellen.

Herr Außenminister! Sie selbst haben auf das Kapitel äußere Sicherheit verwiesen. Gerade bei dieser elementaren Zukunftsentscheidung NATO-Beitritt ja oder nein, WEU-Beitritt ja oder nein – wobei das miteinander verbunden ist –, bei dieser zentralen Zukunftsentscheidung für die äußere Sicherung Österreichs ... (Abg. Rauch-Kallat spricht mit Vizekanzler Dr. Schüssel. ) – Könnten Sie Ihre Parteikonferenzen in Ihrem Parteisekretariat abhalten, oder wollen Sie schon wieder den Beweis dafür liefern, wie sehr unser Außenminister in seiner außenpolitischen Tätigkeit gehemmt ist?

Hohes Haus! Bei dieser zentralen Zukunftsentscheidung Österreichs gibt es innerhalb der Koalition gravierende Auffassungsunterschiede. Der Herr Außenminister hält in Brüssel ein Referat, ohne vorher hier im Haus den Konsens hergestellt zu haben, und lädt die NATO ein, uns einzuladen, damit wir dort eingeladen werden und beitreten können, meine Damen und Herren! – Keine Minute haben Sie versucht, diesbezüglich mit den Fraktionen des Hohen Hauses, insbe


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sondere mit den Oppositionsfraktionen, einen Konsens herzustellen. Sie haben nicht einmal – das hat sich dann herausgestellt – mit ihrem Regierungspartner in dieser Frage eine gemeinsame österreichische außenpolitische Linie hergestellt.

Gleichzeitig – Sie waren noch gar nicht in Österreich zurück – erklärte die SPÖ: Das ist mit uns nicht abgesprochen und kommt für uns nicht in Frage. Der Herr Außenminister ist im Ausland im Alleingang unterwegs.

Ungeachtet dessen haben einzelne, sehr wichtige befreundete Staaten Österreichs dieses Signal so verstanden, daß selbst der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an Österreich die Einladung gerichtet hat, daß es in der NATO willkommen ist – dem folgend, was der Herr Außenminister in Brüssel vorgetragen hat.

Verstehen Sie mich richtig, Herr Vizekanzler: Es ist nicht so, daß wir etwas gegen diesen Beitritt hätten – wir würden Sie gerne unterstützen –, aber wir möchten das vorher hier in Österreich, hier im Parlament klären. Wir wollen nicht, daß Sie Alleingänge im Ausland machen (Beifall bei den Freiheitlichen) und dadurch zwischen dem Parlament und der Regierung und innerhalb Ihrer Regierung in einer elementaren Frage für die Zukunft Österreichs Dissens herstellen. Es wäre besser, darüber vorher in Österreich zu diskutieren.

Der Herr Außenminister ist noch gar nicht zurück in Österreich und noch nicht in seinem Parteisekretariat, schert ihm schon wieder sein Verteidigungsminister aus und sagt: Das, was der Außenminister in Brüssel gesagt hat, ist für mich so relevant, daß ich mich schon lange so verhalte, als ob Österreich in der NATO wäre! – Das ist ja eine Angelegenheit, die für eine Fraktion dieses Hauses der Anlaß für einen Mißtrauensantrag wurde.

Bei allem Verständnis für eine vernünftige Außenpolitik und eine vernünftige Sicherheitspolitik: So kann man nicht vorgehen, wenn man den Konsens mit den Fraktionen, den Konsens mit dem Parlament und die Berechenbarkeit und die Einschätzbarkeit der österreichischen Außenpolitik wiederherstellen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Madrid hat man plötzlich die Rollen getauscht, jetzt wissen wir überhaupt nicht mehr, wer wofür und wer wogegen ist. Jetzt ist plötzlich Bundeskanzler Klima für einen NATO-Beitritt, und der Außenminister macht einen Rückzieher und sagt: Wir haben es doch nicht so eilig, in die NATO zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.

Nur: Der Herr Bundeskanzler wird von seiner eigenen Fraktion schon wieder im Stich gelassen. Seine Fraktion macht inzwischen in Österreich parteiinterne Abstimmungen und beschließt mit 12 zu 1, glaube ich – um an die Apostelgeschichte zu erinnern –, daß man dem Herrn nicht folgt. Seine Apostel in Österreich sagen: Nein, ein NATO-Beitritt kommt für uns nicht in Frage, wir bleiben dabei, der Bundeskanzler kann mit seinem Vizekanzler in Madrid ausmachen, was er will!

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die Berechenbarkeit und Einschätzbarkeit der österreichischen Außenpolitik, wie sie ... (Abg. Mag. Stadler wirft den beim Rednerpult stehenden Wasserkrug um. – Allgemeine Heiterkeit und Zwischenrufe.) Sehen Sie, welches Potential Sie im Ausland verschütten, Herr Vizekanzler! Sie nötigen mich bereits, Ihnen Ihre eigene Außenpolitik mit dem Wasser ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es besteht keine Hochwassergefahr. Es können sich alle beruhigen. (Vizekanzler Dr. Schüssel überreicht Mag. Stadler ein Taschentuch.)

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Vizekanzler! Ich danke Ihnen für Ihr gebrauchtes Taschentuch. Es war voller Tränen, wie ich bemerkt habe. Herzlichen Dank! (Allgemeine Heiterkeit und Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Vizekanzler! Damit sind wir beim nächsten Problem Ihrer Außenpolitik: Ihr Schengen-Verhalten. Sie haben Österreichs Sicherheitspolitik, auch was das Schengen-Abkommen anlangt,


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ins Gerede gebracht. Sie können es heute drehen und wenden, wie Sie wollen, Sie haben in Amsterdam die Ankündigung getätigt, Sie wollen das Schengener Abkommen so lange mit dem Amsterdamer Abkommen verknüpfen, bis wir uns quasi mittels Drohungen in dieses Abkommen hineingezwungen haben. – Das ist keine Außenpolitik, wie sie Österreich bisher der Staatengemeinschaft gegenüber präsentiert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Außenminister, haben damit die österreichische Außenpolitik ein weiteres Mal unglaubwürdig gemacht, und Sie können fehlende außenpolitische Konzeption nicht durch Drohungen, wie im Schengen-Fall, und durch Beschimpfungen, wie sie von einem Frühstück berichtet werden, ersetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht nicht an, daß man eine nicht vorhandene österreichische außenpolitische Konzeption mit Beschimpfungen und Drohungen kompensiert. Das ist nicht das Stilelement der österreichischen Außenpolitik gewesen und wird es auch in Zukunft nicht sein, zumal es sich bei den Adressaten dieser Drohungen und Beschimpfungen um befreundete Staaten Österreichs handelt, und gerade ein kleines Land wie Österreich ist auf die Freundschaft vieler Staaten in Europa und in der Welt angewiesen, meine Damen und Herren, Hohes Haus. Ob es sich dabei um den Präsidenten der Weißrussischen Republik handelt, um den Bundesbankpräsidenten in Deutschland, um schwedische Staatsrepräsentanten oder um Repräsentanten afrikanischer Staaten handelt, spielt keine Rolle.

Herr Bundesminister! Wenn Ihre eigene Partei glaubt, Sie seien nach Ihrer – zugegebenermaßen – etwas charmanteren Rede jetzt wieder voll da, Sie hätten jetzt wieder Ihren vollen politischen Handlungsspielraum im Inneren, so bin ich nicht davon überzeugt, daß Sie diesen Handlungsspielraum auch im Äußeren hergestellt haben und daß Sie den österreichischen EU-Botschafter aus der Verlegenheit, in die Sie ihn durch Ihr Frühstück gebracht haben, bereits entlassen können, meine Damen und Herren, Hohes Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol  – die "Kronen Zeitung" mit der Überschrift "Kinkel würdigt Arbeit Schüssels" in die Höhe haltend –: Herr Kollege Stadler! – Abg. Schwarzenberger: Seit wann lesen Sie keine "Kronen Zeitung" mehr? – Abg. Dr. Rasinger: Lesen Sie die Schlagzeile!) Wissen Sie, die Schlagzeilen bestimmter Tageszeitungen, Herr Kollege Schüssel, werden durch die Schlagzeilen anderer Tageszeitungen konterkariert. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da können Sie lesen, Herr Außenminister, wie Sie hier in Österreich und anderswo qualifiziert werden. (Abg. Schwarzenberger: Seit wann lesen Sie die "Kronen Zeitung" nicht mehr?)

Meine Damen und Herren! Herr Außenminister! Wenn Sie sagen, Sie werden während der EU-Ratspräsidentschaft die Stimme Europas sein, dann müssen Sie sich anstrengen, daß diese Stimme Europas wieder einen besseren und wohlwollenderen Klang in Europa bekommt, wenn Sie nächstes Jahr den Ratsvorsitz innehaben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) So wie Sie das in den vergangenen Wochen gemacht haben, während der Sie sich dann sogar selbst zu einem Kanossagang zum Bundesbankpräsidenten nach Frankfurt genötigt sahen (Abg. Dr. Haselsteiner: Kanossaflug!), so werden Sie jedenfalls nicht die Stimme Europas sein können, auch nicht während der Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Es ist schon bemerkenswert, wenn Herr Kollege Cap völlig richtig – ich muß deine Urheberrechte geltend machen – darauf hingewiesen hat, daß es auch Parteiverflechtungen gibt, die Sie augenscheinlich dazu gebracht haben, den Herrn Bundesbankpräsidenten in etwas unflätiger Weise anzugreifen, nämlich die Auseinandersetzung um den Euro.

Herr Außenminister! Gehen wir einmal von der Ihnen unterstellten Beschimpfung des Bundesbankpräsidenten weg. Wenn Sie die heutigen Zeitungen lesen, dann werden Sie feststellen, daß selbst in der Kommission die Meinung, die Sie uns heute zu diesem Glücks-Euro, zu diesem einzigartigen Zukunfts-Euro, zu diesem Esperanto-Geld vorgetragen haben, nicht vertreten wird. Selbst der Sprecher des zuständigen EU-Kommissärs, Jacques Lafitte, sagt, daß hier Chaos droht, daß zu vieles in diesem Euro-Chaos bis heute nicht geklärt ist und daß es zahllose Einzelheiten hinsichtlich der Währungsumstellung gibt, die noch völlig unklar sind. Und Sie stellen sich hier vor dieses Hohe Haus und berichten wie der Weihnachtsmann, wie wunderbar dieser Euro


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sein wird, daß bereits alles geritzt sei, daß dies der Traum der österreichischen Zukunft sein wird.

Herr Außenminister! Das wird tagtäglich durch Meldungen selbst aus der Kommission konterkariert. Daher ersuche ich Sie, sich dem Haus gegenüber ehrlicher und korrekter zu bemühen, den Konsens herzustellen und keine Märchen zu erzählen, um aus der Verlegenheit, in die Sie sich selbst international gebracht haben, herauszukommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Beschimpfung von Repräsentanten befreundeter Staaten, die dem Herrn Außenminister unterstellt wird, haben – ich habe es am Dienstag bereits gesagt – die Oppositionsfraktionen bisher keinen Grund, dem Herrn Außenminister mehr zu glauben als den Journalisten, die sich als Augen- und Ohrenzeugen dieser Beschimpfungen der österreichischen Öffentlichkeit gegenüber erklärt haben.

Ich erinnere noch einmal an Ihr Verhalten im EU-Wahlkampf. Das schließt nahtlos an Ihr heutiges Verhalten im Zusammenhang mit dem Euro an. Sie erzählen den Leuten Märchen. Ich weiß nicht, machen Sie das böswillig oder machen Sie das deshalb, weil Sie an diese Märchen selbst schon glauben? Ich glaube beinahe, daß zweiteres der Fall ist. Das macht aber die Situation, in der Sie sich befinden, um nichts besser. Sie sind als Außenminister deswegen um nichts besser, wenn Sie Ihre eigene Propaganda glauben, Herr Vizekanzler!

Ich erinnere daran, daß Sie – das ist sicher keine Angelegenheit des Märchenerzählens gewesen – seinerzeit in der Debatte im Zusammenhang mit den Aufträgen der Firma Semperit nach Japan dem Hohen Haus nachweislich die Unwahrheit gesagt haben. Herr Außenminister! Sie können den Kopf schütteln, wie Sie wollen, den Semperit-Arbeitern ist mit der Statistik, die Sie uns heute präsentiert haben, überhaupt nicht geholfen. (Abg. Dr. Graf: Das steht im Protokoll!) Die Menschen haben ihren Arbeitsplatz dort auch deshalb verloren, weil Sie ihnen falsche Hoffnungen gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Ihre – gelinde gesagt – Unwahrheiten, die Sie dem Haus auch schriftlich präsentiert haben im Zusammenhang mit den Anfragen meiner Fraktion bezüglich der Errichtung der A 4 Ost Autobahn und der Existenz einer entsprechenden Weisung Ihres Ministeriums. Ich erinnere an Ihre Unwahrheiten beim Verkauf des Verkehrsbüros, und ich erinnere daran, daß es bereits in der Dienstag-Debatte am Abend – Sie waren leider nicht da – Ihr eigener Kollege Wurmitzer hier heraußen fertiggebracht hat, Sie weiter vorzuführen, indem sich nämlich herausgestellt hat, daß Sie auch bei der Karawanken Autobahn dem Hohen Haus die Unwahrheit gesagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben dort Einflußnahmen getätigt, die wir gerne im Rahmen eines Untersuchungsausschusses geklärt hätten.

Herr Vizekanzler! Sie haben in einem Punkt völlig recht: Sie haben am Dienstag gesagt, über die in Österreich erdachten – ich frage mich, von wem erdachten; ich habe die Vermutung, in Ihrer eigenen Partei erdachten, denn schauen Sie einmal nach, in welchen Magazinen diese Äußerungen zunächst erschienen sind und in wessen Eigentum sich diese Magazine befinden; das "profil" ist nicht im Eigentum der Freiheitlichen Partei, sondern dort übt ein Parteifreund von Ihnen die Eigentümerfunktion aus – Anwürfe, die Verbalinjurien beinhalten, die Sie angeblich nie gesagt haben, wofür es aber zahlreiche Zeugen gibt, über diese erdachten Äußerungen, über diese Kampagne gegen Sie – ich verwende bewußt in diesem Zusammenhang diesen Begriff – werde der Wähler der Richter sein.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist richtig. Der Wähler wird der Richter darüber sein, ob Sie, Herr Vizekanzler, mit Ihren Beschimpfungen und Drohungen in Österreich politische Reputation gewinnen. Aber wenn Sie das in Ihrer Funktion als Außenminister gegenüber befreundeten Staaten machen, gegenüber Repräsentanten befreundeter Staaten, dann ist nicht zunächst der Wähler der Richter, Herr Außenminister, das sollten Sie sich wirklich verinnerlichen, sondern dann ist zunächst die Staatengemeinschaft und die Völkergemeinschaft der Richter darüber. Und dort schaut Österreich derzeit nicht sehr gut aus, Hohes Haus! Das hat daher das Parlament zu beschäftigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Sie können sich nicht damit trösten, daß Sie sagen, der nächste Wahltag ist hoffentlich noch ferne, bis dorthin werde ich mich schon wieder erfangen haben. Kollege Maitz hat gesagt, Sie seien wieder da, mit Ihrer außenpolitischen Rede seien Sie sozusagen wieder am Geschehen. Nein, Herr Außenminister! Das außenpolitische Verhalten Österreichs wird von der Völkergemeinschaft und von der Staatengemeinschaft gemessen, und diese Gemeinschaft ist zunächst der Richter über die österreichische Außenpolitik und über die Einschätzbarkeit Österreichs im Rahmen dieser Staatengemeinschaft. Daher können Sie sich nicht auf den Wähler ausreden.

Der Wähler wird Sie noch früh genug dafür stellen, daß Sie sich selbst die Gage erhöhen, aber Österreich insgesamt ins Gerede bringen, daß Sie Obmann einer Partei sind, die Österreich mehrfach lächerlich gemacht hat. Sie werden vom Wähler noch die Rechnung dafür bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Das ist eine Frechheit! – Abg. Schwarzenberger: Haider kassiert die Gage und liegt in Amerika in der Sonne! – Abg. Dr. Rasinger: Sechs Wochen in Harvard!) Sie werden vom Wähler die Rechnung dafür bekommen, daß Sie einen Wirtschaftsminister haben, der mit einer Vignette Österreich international lächerlich gemacht hat. Sie werden vom Wähler die Rechnung dafür bekommen, daß Sie eine Ministerin in Ihrem Kabinett hatten, die nicht einmal wußte, wie und wo man wählt, und dadurch zusätzliche Kosten für den Steuerzahler in Millionenhöhe verursacht hat. Wegen all diese Dinge wird der Wähler über die Österreichische Volkspartei und über Sie als deren Obmann richten, aber darüber, was Sie im Ausland mit den Repräsentanten unserer befreundeten Staaten anstellen, wird zunächst einmal die Völkergemeinschaft zu Gericht sitzen. Und dort schaut Österreich derzeit weiß Gott nicht besonders glänzend aus!

Meine Damen und Herren! Zum Abschluß: Herr Vizekanzler, gestatten Sie mir eine Frage, und ich ersuche Sie wirklich, sich die Antwort auf diese Frage genau zu überlegen: Wie sehen Sie das Verhältnis zu den Oppositionsfraktionen, die Ihnen heute in einem gemeinsamen Mißtrauensantrag das Vertrauen versagen werden? Wenn Ihnen – so wie Ihren Vorgängern – an einem Vertrauen für Ihre Außenpolitik aller Fraktionen dieses Hauses gelegen ist, dann werden Sie einen anderen Kurs einschlagen müssen. Wenn Sie aber erklären: Mir liegt nichts am Vertrauen der Opposition, mir ist es egal, es ist mit kein Anliegen, ob die Oppositionsfraktionen meine Außenpolitik in Konsens, wie er gute historische Tradition hat, mitträgt!, dann werden Sie heute und auch in der Zukunft eine scharfe Opposition gegenüber haben, die Ihnen diese Dinge, die Ihnen beim Frühstück in Brüssel passiert sind, nicht durchgehen läßt. Das kann ich Ihnen garantieren, meine Damen und Herren, Hohes Haus! Wenn Ihnen aber die Unterstützung und der Grundkonsens aller Fraktionen des Hauses, auch der Opposition, ein Anliegen ist, dann werden Sie in den kommenden Wochen und Monaten einiges dazu leisten müssen, um dieses Vertrauen wieder herzustellen. – Ich sage ganz offen, Herr Außenminister, mir wäre die Entscheidung zugunsten der zweiten Frage an sich lieber. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

11.13

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Außenminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Von einem noch etwas feuchten Rednerpult, bei dem die Rede des Kollegen Stadler ein wenig ins Wasser gefallen ist (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: ... feucht hinter den Ohren!), möchte ich mich zum Außenpolitischen Bericht äußern und vielleicht zu Beginn die Unterschiede, die sich heute schon bei den ersten Auftritten gezeigt haben, ein wenig darlegen.

Während der Herr Außenminister in seiner Erklärung Kompetenz gezeigt hat, alle Phasen der österreichischen Außenpolitik im letzten Jahr und in diesem Jahr beleuchtet hat, haben wir gesehen, welche Kompetenz danach gekommen ist. Herr Kollege Stadler hat, glaube ich, zu Recht von Küchenpolitik und Speisekammern gesprochen. Ich würde Ihnen von Mann zu Mann empfehlen: Zurück an den Herd, Herr Kollege Stadler! Denn Sie müssen neu kochen, damit das besser wird. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir anhand des Außenpolitischen Berichtes, der sich in einem neuen Kleid präsentiert und einen Auslandskulturbericht angeschlossen bekommen hat, durchaus eines sehen können: Es gibt beachtliche Leistungen der österreichischen Außenpolitik im Jahr 1996, über die wir nicht hinwegkommen können, sondern die wir durchaus hier präsentieren können. (Abg. Mag. Stadler: Verräterische Formulierung: Erfolg, über den man nicht hinwegkommen kann!)

Ich darf ein paar Punkte erwähnen, die auch der Herr Außenminister schon genannt hat. UNO-Amtssitz in Wien: Es ist ein für Österreich ganz wichtiges Erfolgserlebnis, daß er nicht Genf untergeordnet und abgesiedelt wird, sondern der UNO-Sitz in Wien bleibt. Ich darf nur eine Zahl nennen: 4 Milliarden Schilling netto Umwegrentabilität für Österreich nur durch diesen Sitz hier. – Ein Erfolg der Bundesregierung, insbesondere des Außenministers Wolfgang Schüssel, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage der Balkanpolitik. Wer hat sich dafür eingesetzt, daß wir überhaupt eine multinationale Truppe in diesem so von einer Krise und vom Bürgerkrieg überschatteten Land wie Albanien bekommen haben? (Abg. Hans Helmut Moser: Aber nicht Herr Schüssel, sag nicht: Herr Schüssel) – Es war Außenminister Schüssel, der sich ganz massiv dafür eingesetzt hat, lieber Kollege Moser! Und gerade Kollegen aus diesem Haus haben bei der Diskussion darüber ihre Bedenken angemeldet, und von der rechten Seite wurde sogar Ablehnung dazu in diesem Haus dokumentiert. Ich glaube, unser Einsatz bei IFOR und SFOR hat uns Österreichern und unserem Ansehen im Ausland sehr genützt. Ich kann nur gratulieren dazu, daß wir diesen Weg gegangen sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. )

Es gibt eine weitere Vielzahl von Punkten: eine EU-Außenstelle für Rassismus und zur Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit. Meine Damen und Herren! Wer hat es fertiggebracht, daß wir in Österreich tatsächlich eine solche EU-Institution bekommen haben? Der Verlauf der Regierungskonferenz hat sich vom letzten Jahr bis heuer so entwickelt, daß wir als Österreicher mit dem Ergebnis zufrieden sein können. Wir können zufrieden sein, daß wir – das möchte ich noch zusätzlich erwähnen – unser Stimmgewicht im Rat behalten haben, daß wir nach wie vor einen Kommissar im Motor dieses Getriebes stellen. – Das ist eine ganz wichtige Frage für unsere zukünftige Außenpolitik.

Weiters zu erwähnen ist die Präsidentschaft in der Zentraleuropäischen Initiative mit der Erweiterung um Länder wie Belarus, Bulgarien, Moldavien, Rumänien und die Ukraine. – All das sind Leistungen, die von uns erbracht wurden.

Und ich darf noch einen Punkt anfügen: die Auslandskultur. Meine Damen und Herren, wo haben wir eine Visitkarte im Ausland? Wo haben wir die Möglichkeit, uns zu präsentieren? Wir haben sie vor allem im Bereich unserer Auslandskulturinstitute. Wir konnten im letzten Jahr ein Kulturinstitut in Prag eröffnen, das ich schon besucht habe und wo ich gesehen habe, mit welcher Initiative vorgegangen wird und wie viele Veranstaltungen gemacht werden. Das ist aktive und positive Präsentation Österreichs in den Nachbarstaaten, und dazu möchte ich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder. )

All das findet sich im Außenpolitischen Bericht und wurde heute auch noch einmal vom Außenminister erwähnt. Meine Damen und Herren, wir können damit klar und eindeutig festhalten: Wir haben einen hervorragenden Außenminister, der aktiv und initiativ ist und unser Land in hervorragender Weise vertritt. Und das möchte ich hier für meine Fraktion einmal klar festhalten! (Beifall bei der ÖVP.)

Dahinter steht aber eine Fülle von Mitarbeitern, eine große Anzahl von Personen, die besonders aktiv und engagiert versuchen, mit mehr Arbeit und weniger Personal fertigzuwerden. Ich darf nur auf eine Zahl verweisen. Allein die Anzahl der Paßamtshandlungen ist von 15 000 im Jahr 1995 auf 43 600 im Jahr 1996 gestiegen. Das ist eine Quantität, ein Sprung, der einmal bewältigt werden muß. Ich glaube, daß darüber hinaus der Dienst im auswärtigen Amt nicht gerade leichter wird. Es ist nicht nur eine qualitative und quantitative Belastung, sondern es ist auch


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nicht ungefährlich. Denken wir etwa an das Geiseldrama in Lima, denken wir an viele andere, sehr bewegte Krisenherde in dieser Welt, wo Österreicher für Österreicher tätig sind.

Ich glaube an dieser Stelle – das möchte ich namens der ÖVP-Fraktion auch tun – haben wir allen Grund, unseren Mitarbeitern für ihre hervorragende Arbeit im auswärtigen Dienst im Ausland Dank zu sagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin aber sehr froh darüber, daß der Außenminister auch über künftige Felder der Außenpolitik gesprochen hat, denn ich glaube, es ist eine gute Tradition in diesem Haus, aus Anlaß des Außenpolitischen Berichts auch darauf einzugehen. Ich möchte drei solche Felder für uns festhalten, die ganz entscheidend sind.

Der Außenminister hat sich in einer aktiven Nachbarschaftspolitik zum Ziel gesetzt, jedes Jahr zumindest zweimal mit seinen Kollegen von den Nachbarstaaten zusammenzukommen. Ich glaube, daß diese Art von Nachbarschaftspolitik tatsächlich das ist, was wir jetzt in dieser Entwicklung, die in der Europäischen Union unmittelbar bevorsteht, in einer Art von Assoziierung, die wir mit bestimmten Nachbarstaaten haben, auch in Richtung eines EU-Osterweiterungsprozesses, brauchen. Wir brauchen eine ganz enge Vertrauens- und Arbeitsbasis mit unseren Nachbarn. Daher, so glaube ich, ist das ein ganz wesentlicher Punkt für die künftige Außenpolitik.

Ich möchte einen zweiten Punkt erwähnen, der den Osterweiterungsprozeß betrifft. Einige Kollegen von mir werden darauf noch eingehen. Das ist natürlich in Wahrheit für die nächsten zehn Jahre die Herausforderung schlechthin. Es geht um eine neue Strukturpolitik, eine neue Agrarpolitik im Rahmen der Europäischen Union, und gerade für uns, die wir an dieser Grenze gelegen sind und viele Jahre an der toten Grenze verbracht haben, ist das eine ganz besondere Herausforderung, der wir begegnen müssen.

Dritter Punkt: Ich glaube, nach den Ereignissen in Madrid ist wohl auch klar, daß die Sicherheitspolitik für uns Österreicher für die Zukunft eine entscheidende Wendung genommen hat. Nach dem Gipfel der NATO im Juni 1996 in Berlin war klar, daß es tatsächlich in die Richtung eines veränderten Aufgabenfeldes geht. Nach der EU-Regierungskonferenz war für uns klar, daß es keine eigenständige neue Sicherheitsorganisation der Europäischen Union gibt, sondern daß der militärische, militärpolitische Teil von der NATO-Neu getragen werden wird. Nach dem vorerst als fast unmöglich geltenden Sicherheitsabkommen zwischen NATO und Rußland und NATO und Ukraine ist nunmehr auch klar, daß die Trennlinie, so wie wir sie bisher hatten, nicht mehr in dem Maß gegeben ist, sondern durch eine Sicherheitspolitik des gemeinsamen Verhandlungstisches ersetzt wird.

Nach Madrid, meine Damen und Herren, ist mittlerweile klar, daß es auch neue Mitgliedsländer der NATO geben wird. Für uns sind damit alle Parameter auf dem Tisch. Ich glaube daher, daß so, wie wir das vorgesehen haben, dieser Optionenbericht der Bundesregierung sehr rasch in dieses Haus kommen kann, denn für uns ist wohl das bedeutendste in Fragen der Sicherheitspolitik im Hinblick auf eine sehr langfristige Einordnung für die Zukunft, wie wir sicher bleiben können – sicher bleiben in einem Europa, das vielleicht von der militärischen Großbedrohung nicht mehr so sehr gekennzeichnet ist, sondern vielmehr von einer Bedrohung von kleinen Krisenherden, die aber sehr wohl eine starke Wirkung haben können, wie uns der Balkan gezeigt hat.

Ich meine, meine Damen und Herren, sicher zu bleiben ist unser erstes und vordringlichstes Aufgabenfeld. Ich würde mir wünschen, Herr Bundesminister, Frau Staatssekretärin, daß wir auf diesem Gebiet unsere besondere Initiative entfalten, und ich würde mir wünschen, daß Sie beide die Bundesregierung, die Sie in Fragen der Außenpolitik vertreten, weiterhin auf diesem Kurs halten. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.


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11.24

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Natürlich sind normalerweise die Erklärung eines Außenministers und vor allem die Vorlage des Außenpolitischen Berichtes Anlaß zu Erörterungen, die sich auf diese beiden Vorlagen beziehen. Ich würde es für eine Realitätsverweigerung halten, setzte man sich in der Situation, in der wir uns derzeit befinden, tatsächlich näher mit den Punkten aus dem Außenpolitischen Bericht auseinander, sondern ich glaube, man muß die Dinge in einer anderen Dimension sehen.

Herr Vizekanzler! Seit Montag vergangener Woche wird Ihnen unterstellt, daß Sie höchste Repräsentanten anderer Länder beschimpft haben, daß Sie Schimpfworte verwendet haben, bei denen ich mir überlegt habe, ob ich sie nicht hier deswegen wiederholen soll, damit im Protokoll nachzulesen ist, worum es überhaupt geht. (Abg. Großruck: Um Außenpolitik geht es!) Ich habe mich entschlossen, es nicht zu tun. Ich habe mich deswegen entschlossen, es nicht zu tun, weil ich damit kein Präjudiz setzen möchte und weil ich damit unterstreichen möchte, wie ernst wir die Angelegenheit nehmen.

Erinnern Sie sich zurück: Seit diesem Zeitpunkt haben die Liberalen Sie immer nur zur Klarstellung aufgefordert. Wir haben nicht nach Rücktritt gerufen, was von anderer Seite schon gekommen ist. Eine Fraktion hat gemeint, das sei untragbar, eine andere hat den Rücktritt gefordert und so weiter. Wir haben uns erst am Dienstag dieser Woche entschieden, einen Mißtrauensantrag gegen Sie zu stellen, und wir haben uns das sehr gut überlegt.

Daß Sie in dieser Woche, Herr Vizekanzler, nichts anderes fertiggebracht haben, als den Spieß umzudrehen, als renommierte Journalisten der Lüge zu zeihen, daß Sie es zulassen, daß ein Außenminister unserer Republik in den Medien, und zwar auch in seriösen Medien, öffentlich der Lüge geziehen werden kann, und daß Sie nicht den Mut haben, klare Schritte zu setzen, mag Sie vielleicht, wie manche von Ihnen meinen, als Privatperson bei einer Beichte exkulpieren, aber als Außenminister wird Sie das mit Sicherheit nicht exkulpieren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich weiß schon, Herr Außenminister, daß man sich nicht dagegen wehren kann, wenn man verspottet wird, aber Sie leisten einen Beitrag dazu, daß diese Entwicklung stattfindet, daß es kein Medium mehr gibt, das nicht eine einschlägige böse, üble Karikaturen über Sie bringen kann, daß Synonyme verwendet werden, die schön langsam zum Sprachgebrauch werden. Sie lassen dies zu, lehnen sich zurück und sagen: Ich habe es nicht getan!

Ich halte das dem Staat gegenüber für eine Verantwortungslosigkeit. Ich glaube, daß doch Sie derjenige sein müssen, der weiß, was zu einem Außenminister dazugehören muß: Überzeugungskraft, Standpunkte konsensfähig machen, repräsentieren, Herr Außenminister – abgesehen davon, daß selbst Repräsentation unter einem solchen Blickwinkel kaum mehr möglich ist.

Repräsentieren wäre also zu wenig. Was Sie brauchen, ist Respekt, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland, was Sie brauchen, ist Reputation, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland, und was Sie brauchen, ist Gewicht, das Sie in Verhandlungen einbringen können, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland. Glauben Sie, daß Sie in der derzeitigen Situation all das haben oder auch nur einen Punkt von all diesen Kriterien erfüllen? Glauben Sie das wirklich? – Wenn Sie das glauben, Herr Außenminister, dann haben Sie tatsächlich einen Realitätsverlust, und zwar einen Realitätsverlust, der offensichtlich nur Ihrem Eigeninteresse entspringt. Und das halte ich für unverzeihlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich muß auf Punkte kommen, die auch Herr Abgeordneter Stadler hier erwähnt hat, weil es einfach notwendig ist, ein Gesamtbild zu zeichnen, das letztlich zu jenem Ergebnis führt, daß eine Partei wie das Liberale Forum auch einen Mißtrauensantrag stellt. Wir haben das hier noch nie gemacht, und ich glaube, wir haben auch noch nie einem anderen Mißtrauensantrag zugestimmt. Oftmals waren wir nahe daran, aber das ist für uns das letzte Mittel.


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Ich sage auch nicht, daß es jetzt um die Worte geht. Herr Außenminister, es geht darum, wie Sie damit umgehen. Es geht darum, ob Sie aufgrund dieses Umganges überhaupt noch handlungsfähig sind.

Und da paßt noch etwas anderes auch in dieses Bild: Es paßt ihr Ausflug nach Mons ins Bild, und es paßt ins Bild, wie Sie dort vor dem Generalstab der NATO diesen nahezu eingeladen haben, Österreich einzuladen, der NATO beizutreten.

Ich will jetzt überhaupt nicht qualifizieren, ob ein NATO-Beitritt positiv oder negativ wäre oder zu welchem Zeitpunkt er stattfinden sollte. Das ist im Augenblick nicht mein Bedürfnis. (Abg. Schwarzenberger: Ist der Moser auch gegen den NATO-Beitritt?) – Sehen Sie, für Sie habe ich den letzten Satz gesagt, damit Sie auch wissen, worum es geht, daß es um diesen Punkt jetzt nicht geht. Wenn Sie dem zugehört hätten, hätten Sie den Zwischenruf mir und auch sich erspart.

Es geht darum, daß Sie dort eine Linie forciert haben, die jedenfalls nicht Regierungslinie ist. Nun könnte man sagen: Das muß ja nicht das Interesse einer Opposition sein, sich darum zu kümmern, ob das in der Regierung auch funktioniert. Man könnte sich als Opposition sogar darüber freuen. Wenn einem jedoch am Funktionieren der Instrumente für unseren Staat gelegen ist, wenn einem an der Glaubwürdigkeit Österreichs, an der Einschätzbarkeit Österreichs gelegen ist, dann unterscheidet man zu diesem Zeitpunkt eben nicht mehr, ob man Opposition ist oder nicht, sondern dann möchte man, daß gerade in der Außenpolitik eine klare, einheitliche Linie vertreten wird. Und diese, Herr Außenminister, haben Sie mit dieser Vorgangsweise mit Sicherheit nicht vertreten! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Jetzt möchte ich noch einige Punkte erwähnen. Ich glaube nämlich darüber hinaus, daß es ein wirklich schlechter Stil ist, ein wirklich schlechter Stil eines Außenministers, das Ausland für seine Zwecke, für seine Ziele zu instrumentalisieren. Das, Herr Außenminister, können Sie als Parteiobmann machen, das, Herr Außenminister, können Sie als Abgeordneter machen, auch als Wiener Landtagsabgeordneter können Sie das machen, aber das können Sie nach unserem Verständnis nicht als Außenminister machen. Es ist für mich ein übler Stil, die eigenen Interessen über das Ausland zu spielen, um von dort her Druck zu erzeugen. Das ist auch ein Kriterium, das ich Ihnen vorwerfe, nämlich die Art, wie Sie damit umgehen – noch dazu, wenn Sie es nachher sowieso unter dem Druck des Regierungspartners interpretieren müssen. Glauben Sie, daß das Ihrer Glaubwürdigkeit und der Glaubwürdigkeit Österreichs dient?

Das ist der Schaden – das ist der zweite Punkt, den ich daher anmerken muß –, den Sie Österreich damit zufügen. Sie fügen uns den Schaden zu, daß wir uneinschätzbar werden. Und dieser Schaden, Frau Kollegin, ist nachzulesen in den Medien des Auslandes, in den Medien des Inlandes. Wenn Sie Gespräche mit ausländischen Politikern führen, dann werden Sie wissen, wovon ich rede. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Der dritte Punkt, Herr Bundesminister, den ich Ihnen in diesem Zusammenhang vorwerfen möchte, ist folgender – Sie können ihn jetzt interpretieren, wie immer Sie wollen; NATO ja oder nein, welcher Zeitpunkt; aber eines ist nicht mein Verständnis von einem Außenminister –: Sie wissen, daß die Verschmelzung WEU und EU eine Absichtserklärung ist, die wir mitunterschrieben haben. Sie haben von dieser Stelle aus, von der Regierungsbank aus schon oft darüber geredet, wie wichtig Ihnen diese Verschmelzung wäre. Ich weiß schon, daß Sie das nicht entscheiden können, ich weiß schon, daß das der Rat entscheidet, ich weiß schon, daß das letztlich auch das Parlament hier entscheidet, all das ist mir schon klar, aber wenn ein Außenminister im Hauptausschuß auf die Frage, wie er denn all das beurteilt, erklärt: Wir werden uns damit abfinden müssen, daß die NATO bis auf weiteres das Sicherheitsinstrumentarium ist!, dann frage ich Sie, wofür ich einen Außenminister habe, wenn dieser nichts anderes tut, als sich mit irgend etwas abzufinden, und wenn er nicht einmal in der Lage ist und nicht einmal die Absichtserklärung des Parlaments hat, zu sagen: Ich möchte mich dafür einsetzen, daß dieses Ziel auch erreicht wird!


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Sie sagen: Finden wir uns mit etwas ab!, aber Sie sind nicht einmal soweit, daß Sie versprechen, sich einzusetzen, um zu erreichen, daß WEU und EU verschmolzen werden. (Abg. Mag. Posch: Er ist Außenminister und nicht Verteidigungsminister!)  – Das ist aber Ihre Aufgabe als Außenminister, und das gehört auch dazu, wenn ich davon spreche, daß Sie Gewicht bräuchten, damit ein solchen Einsetzen auch Sinn macht. Offenbar wissen Sie, daß es – auch aufgrund Ihrer angeschlagenen Reputation – keinen Sinn machen würde, deshalb lehnen Sie sich zurück und sagen: Wir werden uns abfinden müssen! (Abg. Dr. Trinkl: Ist das der Standpunkt von Herrn Moser? – Abg. Dr. Lukesch: Dann werden wir den Moser fragen, ob das richtig ist! – Abg. Tichy-Schreder: Sie haben sich nicht damit auseinandergesetzt!)  – Ich frage mich, wozu wir überhaupt etwas unterschreiben, wenn wir dann nicht die geringsten Anstrengungen machen, um das, was wir als Ziel unterschrieben haben, auch zu erreichen!

Das ist der eine Punkt, das ist das Kapitel Mons, das ist das Kapitel Amsterdam, wobei ich zu Amsterdam noch weiteres hinzufügen möchte.

Auch das, Herr Außenminister, hängt mit Ihrem Stil und mit Ihrer Glaubwürdigkeit zusammen. Sie haben das Ergebnis von Amsterdam – ich weiß es nicht mehr wörtlich, aber ungefähr (Abg. Scheibner: Ist das Liberale Forum jetzt für oder gegen den NATO-Beitritt?) – als einen tragbaren Kompromiß, als eine positive Weichenstellung, als einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Ich teile diese Einschätzung. Ich glaube, daß in Amsterdam weit mehr hätte erreicht werden müssen, ich bin höchst unzufrieden, was alles auf der Strecke geblieben ist. Ich will jetzt gar nicht einschätzen, ob Sie hier mehr herausholen hätten können oder ob das die Macht des Faktischen war. – Das ist nicht der Punkt.

Jedenfalls haben Sie sich dort am Verhandlungstisch zu diesem Ergebnis bekannt. Vor den anderen Gesprächspartnern! Aber kaum kehren Sie den anderen Gesprächspartnern den Rücken, sagen Sie, daß man diese Unterschrift verweigern, verzögern sollte. (Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt nicht! Das ist unwahr!) Sie modifizieren nachher immer, ich weiß nicht genau, wie die Wortwahl war, jedenfalls meinten Sie, daß diese Unterschrift unter das, was man dort vereinbart hat, nicht angebracht wäre. (Abg. Mag. Stadler übergibt Vizekanzler Dr. Schüssel eine Großpackung Papiertaschentücher.)  – Es wäre schön, da Sie sich immer aufregen, wenn gestört wird, wenn Sie während meiner Rede nicht stören würden! (Abg. Mag. Stadler: Ich wollte nur meine Tempos zurückgeben!)  – Gut.

Jedenfalls ist es so, daß Sie derjenige sind, der damit einen weiteren schlechten Stil zum Maßstab macht, indem Einzelinteressen – oder nennen wir es bilaterale Streitigkeiten, nämlich die zwischen Deutschland und Österreich im Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen – als Druckmittel eingesetzt werden, um eine multilaterale Einigung zu verhindern. Auch das halte ich – und zwar gerade dann, wenn man überzeugte Europäerin ist – für einen schlechten Stil. Auch das gehört zu dem, was Glaubwürdigkeit im Engagement für ein gemeinsames Europa ausmacht. Wenn man an einem Tisch mit anderen sitzt, wenn man zu allem ja sagt – oder sagen wir zum Ergebnis, Sie werden nicht zu allem ja gesagt haben –, wenn man zum Ergebnis ja sagt, dann kann man nicht, kaum daß diese anderen weg sind, den eigenen Leuten – nämlich dem Inland gegenüber – sagen: So werden wir es nicht machen!

Herr Minister! Auch wenn Sie es nicht gesagt haben mögen, daß Sie die Unterschrift verweigern, eines haben Sie mit Sicherheit gesagt – Sie haben es zwar halbherzig bestritten, aber im Hauptausschuß zugleich auch bestätigt –: daß die Ratifikation im Parlament verhindert oder ver-zögert werden sollte. Sie wissen ganz genau, daß Sie als Regierungsmitglied nicht über die Ratifikation zu entscheiden haben. Das ist Sache des Parlaments! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vielleicht war Ihnen das zum Zeitpunkt Ihres Ausspruchs nicht so bewußt, jedenfalls haben Sie im Hauptausschuß gesagt: Das ist Sache des Parlaments, aber – so meinten Sie – jetzt spreche ich kurz als ÖVP-Obmann, und ich weiß und gehe davon aus, daß meine Fraktion – also die ÖVP – dieses Übereinkommen von Amsterdam in einem engen Zusammenhang mit Schengen sehen wird.


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Sie haben nicht nur nicht einmal den Mut gehabt, klar zu sagen, was Sie vorher gesagt haben – im übrigen hat sich auch Herr Innenminister Einem auf Sie berufen –, und das ist es, was mich so stört. Sie haben nicht den Mut, zu den Dingen zu stehen (Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt nicht! Sie konstruieren etwas, was nicht stimmt!) , sondern Sie verschleiern, Sie vernebeln und geben zwischen den Zeilen irgendwelche Erklärungen ab. Sie haben daher im Hauptausschuß gesagt: Meine Fraktion wird das in einem Zusammenhang sehen, und daher wird die Ratifikation noch zu überlegen sein.

Mit anderen Worten: Sie haben im Hauptausschuß nichts anderes bestätigt, als von den anderen von außen, vom Ausland kolportiert wird, nämlich daß Sie am grünen Tisch sitzen, zu etwas ja sagen, den Leuten den Rücken kehren und dann sagen: Nein, wir machen das nicht! – Das ist schlechter Stil, das ist doppelter Boden, das ist unglaubwürdig, ich würde sogar sagen, es ist unehrlich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Das ist nicht wahr! Ihre Rede ist schlechter Stil!)

Wenn wir von Glaubwürdigkeit und von Respektabilität reden, dann muß ich noch ein Kapitel einbringen, das die Außenpolitik betrifft und das uns auch beschäftigt, und zwar tagtäglich beschäftigt, das sind die Beziehungen Österreichs zum Iran. Sie sind hier nicht für alles verantwortlich. Ich glaube, daß der Stil, den Österreich dem Iran gegenüber außenpolitisch entwickelt hat, schlecht ist. Ich glaube, daß er manchmal sogar Anbiederungscharakter hat. Ich halte ihn für wirtschaftsopportunistisch, und ich halte ihn für falsch.

Sie sind nicht der einzig Verantwortliche dafür. 1987 – da war das Außenamt noch in den Händen der Sozialdemokratie – war Außenminister Velayati derjenige, der Österreich als erstes Land besucht hat. Wir haben daher für ihn so eine Art Eisbrecherfunktion gehabt. Im Februar 1989 – ich will nicht die vielen Stufen anführen, dazu reicht die Zeit jetzt nicht –, als das Todesurteil über Salman Rushdie verhängt wurde, haben alle Länder ihre Botschafter zurückgezogen. Der österreichische Botschafter hat einen einwöchigen Urlaub in Österreich angetreten, den er sowieso schon vorgehabt hatte. – Das war die Reaktion Österreichs!

Um jetzt alles zu überspringen – auf die Situation rund um die Kurdenmorde komme ich noch zurück –: Im November 1994 – deswegen hat das alles Aktualität – war Herr Velayati wieder in Wien. Er hat gesagt: Das Todesurteil hat Gültigkeit, und zwar für immer! – Er hat die detaillierten Berichte der UNO, die Menschenrechtsverletzungen im Iran feststellen, als unwahr dargestellt. Aber was war die österreichische Sprachregelung nach diesem Besuch? – Es hat dieser Besuch zu den guten Beziehungen zwischen Österreich und dem Iran beigetragen.

Herr Minister! Weil ich das Gefühl habe, daß diesbezüglich ein Manko an aufrechtem Gang besteht, glaube ich, daß es notwendig ist, die Vorkommnisse rund um die Kurdenmorde aufzudecken und aufzuklären. Denn hier geht es um die politische Verantwortung, die Maßstab für die Zukunft sein soll. Es geht nicht nur darum, ob sich Generalsekretär Klestil damals so oder so verhalten hat, ob sich Foregger, der nicht mehr Minister ist, so oder so verhalten hat, ob sich Löschnak, der nicht mehr Minister ist, so oder so verhalten hat, sondern es geht darum, welche Schlußfolgerungen aus all diesen Dingen gezogen werden müssen, die wir für die Zukunft zum Maßstab nehmen. Was haben wir in der Außenpolitik in der Position Österreichs dem Iran gegenüber zu verändern? – Oder werden wir dann wieder hier stehen und sagen: Es ist alles vorbei!?

Es muß doch auch um eine Vorausschau gehen! Aber da, Herr Außenminister, spielen Sie eine Rolle, die mehr als bedauerlich ist.

Als wir im Zusammenhang mit den Vorkommnissen um die Kurdenmorde eine Sondersitzung beantragt haben, die im Mai dieses Jahres auch stattgefunden hat, haben wir eine Dringliche Anfrage an Sie gerichtet. In diesem Zusammenhang haben wir Sie unter anderem über Kontakte, Außenamt, Justiz, Inneres und so weiter befragt, und Sie haben uns damals erklärt, daß im August 1989 keinerlei Verdachtsgründe vorgelegen seien, die einen Haftbefehl gegen Sahraroodi gerechtfertigt hätten. Das haben Sie im Mai vor diesem Parlament erklärt.


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Wir wußten damals schon, daß das falsch ist. Aber eine Woche später hatten wir es schriftlich, daß diese Ihre Aussage falsch war, denn eine Woche später war der Bericht aus dem Innenministerium da. Darin waren acht Punkte aufgelistet, die Verdachtsmomente umschrieben haben, die sehr wohl für einen Haftbefehl mehr als ausgereicht hätten. Da besteht ein klarer Widerspruch zwischen Ihrer Aussage und der des Innenministeriums. (Abg. Dr. Khol: Die Verhaftung beantragt doch der Richter! Sie sind doch Juristin, Sie wissen doch, daß das Gericht den Haftbefehl verhängt! Das ist doch der Untersuchungsrichter!)

Wir haben daher Sie, Herr Außenminister, gefragt, wie Sie im Lichte dieses Aktes diese Ihre Antwort beurteilen, und ob Sie meinen, daß entweder die Ausführungen des Innenministers falsch sind oder aber Sie im Lichte dieser Ausführungen Ihre Ausführungen berichtigen müssen (Abg. Dr. Khol: Das ist eine Falschinformation! Das ist falsch! Sie sagen die Unwahrheit!)  – das ist sie nicht, aber Sie können ja später hier reden –, und Sie, Herr Außenminister, haben auf diese Frage nichts anderes geantwortet als: "Nein." – Wir haben zwei Alternativen gestellt: War das eine unrichtig oder müssen Sie im Lichte dieser Ausführungen Ihre Aussagen richtigstellen? – Sie haben darauf nur "nein" gesagt. (Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. )  – Ich würde mich freuen, wenn Sie sich nachher noch einmal zu Wort melden könnten, Herr Vizekanzler. Jetzt läuft mir die Zeit davon.

All das zusammengenommen – und da schließt sich für mich der Kreis – zeigt, daß Sie Realitätsverweigerung betreiben, daß Sie eine Kopf-in-den-Sand-Politik betreiben und daß Sie nach dem Maßstab vorgehen, daß nicht sein kann, was nicht sein darf. – Aber das ist keine Voraussetzung für das, was Sie, Herr Außenminister, heute angekündigt haben, was Österreich sein sollte.

Was diese Zielvorstellung betrifft, gebe ich Ihnen recht. Österreich, so haben Sie gesagt, sollte, wenn wir den Vorsitz bei der EU führen, die Stimme Europas verkörpern. – Herr Außenminister! In dieser Situation können Sie kein Stimmführer sein! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Und aus diesem Grunde bringe ich folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler, Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber einem Mitglied der Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen entzogen."

*****

(Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Dr. Schmidt soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

11.43

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ein Mißtrauensantrag ist sicherlich einer De


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batte nicht förderlich, führt er doch dazu, daß das, was der gelernte Österreicher ohnedies weiß, daß nämlich eine Sache, eine Tätigkeit oder eine Politik niemals so schlecht ist, wahrlich nicht so schlecht ist, wie die Opposition behauptet, aber auch nicht so gut, wie der Vertreter der betreffenden Partei in Antwort darauf sagt, noch hervorgehoben wird, daß dieser Effekt noch verstärkt wird, sodaß es noch weniger zu einer wirklich sachlichen inhaltlichen Beurteilung der Außenpolitik kommt. Ich bedaure dies, weil die Debatte dadurch noch stärker in eine Schwarzweißmalerei abgleitet, obwohl die Sache an sich es verlangen würde, daß man in aller Ruhe über Vor- und Nachteile mancher Dinge spricht.

Theo Sommer bemerkte unlängst, daß die Weltpolitik derzeit anmutet wie der Ausblick von der Zugspitze: Gipfel reiht sich an Gipfel, darüber einige Gewitterwolken, in den Niederungen Nebel, und der Horizont verschwindet im Dunst. – Ich weiß nicht, ob es in dieser Prägnanz stimmt, aber sicherlich ist die Weltpolitik so, daß sie für jeden Staat und seine Außenpolitik die Notwendigkeit schafft, nicht nur einzelne Schritte zu überlegen, nicht nur einzelne Gipfel zu betrachten, sich nicht durch den Nebel in den Niederungen verwirren zu lassen und den Horizont nicht im Dunst verschwinden zu lassen, sondern jene Gläser aufzusetzen, die es ermöglichen, auch die Horizonte noch zu erkennen.

Was die heutige Erklärung des Herrn Außenministers betrifft, so muß ich sagen, daß meine Fraktion mit den Grundzügen dieser Erklärung und auch mit den meisten der einzelnen Punkte einverstanden ist. Da gleichzeitig auch der Außenpolitische Bericht debattiert wird, möchte ich dazu, also zu unserer Außenpolitik, sagen, daß wir auch da mit vielen Punkten übereinstimmen, Herr Außenminister, daß es aber auch einige Punkte gibt, zu welchen wir Kritik zu äußern haben, was ich im Verlauf meiner Rede auch tun werde.

Was den Amsterdamer EU-Gipfel betrifft, so wird es anläßlich der Ratifizierung und wenn die Dokumente in ihrem endgültigen Wortlaut vorliegen werden, sicherlich noch die Möglichkeit geben, eine endgültige Bewertung durchzuführen. Ich glaube, es geht den meisten Kollegen, wenn sie ehrlich sind, so wie mir: Was den Wirklichkeitssinn in bezug auf die Europäische Union betrifft, so ist man mit den Ergebnissen zufrieden, was aber den Möglichkeitssinn betrifft – wenn ich bei dem Musilschen Vergleich bleiben darf –, so ist dieser mit dem, was bei dem Gipfel herausgekommen ist, natürlich nicht zufrieden.

Was die österreichische Haltung, das österreichische Auftreten, betrifft, so meine ich, daß wirklich Grund zur Zufriedenheit bestehen kann: Nicht nur in den großen Dingen, die Österreich erreichen wollte, sondern auch in vielen Details ist es uns gelungen, uns durchzusetzen. Das zeigt, daß Österreich sich in weiten Bereichen gut auf diese neue Ebene, auf diesen neuen Mechanismus, auf diese neue Form des politischen Agierens eingestellt hat und damit seine Wünsche in einem gewissen Ausmaß präsentieren und verwirklichen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Was die NATO und den Madrider Gipfel betrifft, Herr Bundesminister, so stimme ich Ihnen zu, daß deutlich geworden ist, daß die NATO dem umfassenden Sicherheitsbegriff verpflichtet ist, daß sie andere Aspekte einbezieht, daß klar ist, daß sie gegen niemanden gerichtet ist und daß sie im Zusammenwirken mit anderen für eine Sicherheitsarchitektur in Europa eintritt. Das heißt, in der Beurteilung dieser positiven Ergebnisse des Gipfels, dieser positiven Entwicklung der NATO, stimme ich Ihnen vollkommen zu.

Ich weiß allerdings nicht, ob man in der Frage Osterweiterung – in der ich auch die Positiva sehe – tatsächlich so überzeugt sagen kann, daß dadurch keine neuen Trennlinien geschaffen werden. Hiezu wäre es meiner Ansicht nach notwendig, eingehendere Betrachtungen anzustellen. Viele haben darauf hingewiesen und weisen darauf hin, daß diese Art der Vorgangsweise schon Trennlinien geschaffen hat, daß etwa Trennlinien in Westeuropa entstanden sind – Jospin hat von der neuen Hegemonie Amerikas gesprochen – und daß auch Trennlinien in Osteuropa entstanden sind. Die Erweiterung um die bestimmten Staaten – ich betone: ich vergönne es ihnen – scheint aber eher auf die Erfahrungen und Einschätzungen im Hinblick auf einen klassischen Krieg zwischen zwei Staaten als auf die neuen Bedürfnisse der Sicherheitspolitik abgestellt worden zu sein. Denn wenn es um den umfassenden Begriff, um die neuen Gefähr


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dungen, um Bandenwesen, Drogen et cetera gegangen wäre, hätte man auch an andere Länder, zumindest noch an ein, zwei zusätzliche Länder denken müssen.

Es ist auch die Frage zu stellen, ob die Forderung "Drei und keiner mehr" der Amerikaner wirklich die gute europäische Linie ist, ob es wirklich günstig ist, daß sich Europa für Europa von Amerika vorschreiben läßt, wie viele Länder in diese Sicherheitsarchitektur der NATO eingebunden sein sollten und wann dies erfolgen soll.

Ich weiß nicht, ob es dann, wenn die Europäer – gerade auch in der Frage der Osterweiterung, und sie haben sich dazu bekannt – etwas beherzter und klarer auftreten würden, möglich wäre, mit Europa so umzugehen.

Wenn zum Beispiel von Präsident Clinton als Begründung "Sicherung der Demokratie" angeführt wird, dann stimmt das möglicherweise in einer Gesamtsicht. Aber kann dieses Argument gerade für die betreffenden Länder verwendet werden? Oder anders gefragt: Kann es als Begründung gegen andere Länder verwendet werden? Schafft man damit nicht Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten, die für uns problematisch sind?

Aus diesem Grund wird es meiner Ansicht nach wichtig sein, daß wir auch bei der Debatte über die österreichischen Optionen auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik nicht bloß in ideologisierten Positionen verharren, nicht bloß ja oder nein zur NATO sagen – beides wäre schlecht, denn es ist auch wichtig, keine Positionen einzubetonieren –, sondern daß der Versuch gemacht wird, darzustellen, welche Möglichkeiten es für unser Land gibt, daß man auch die europäische Option dazwischen sieht, daß man auflistet, was für Möglichkeiten und Chancen es gibt, was für unser Land das beste ist, was es kostet und wie man diesbezüglich agieren soll.

Herr Minister! Auch ein Wort der Kritik. Was die Einrichtung von Botschaften betrifft, hat der Außenpolitische Rat klare Vorschläge gemacht. Sie haben im Falle des Baltikums anders reagiert. – Dabei sehe ich noch ein, daß, so lange wir auf dem Startlinienmodell beharren, ein differenziertes Vorgehen vielleicht problematisch gewesen wäre. Aber nun scheint es dazu zu kommen, daß eine andere Vorgangsweise gefunden wird. – Hätte man da nicht zuwarten sollen? Hätte man die Präferenz nicht anders setzen sollen? Hätte man nicht vielleicht an Asien denken sollen und an anderes, wie es im Außenpolitischen Rat gesagt wurde? – Da sind Sie einfach drübergefahren! Da ist eine Linie eingeschlagen worden, die – ich behaupte nicht, daß Sie es deshalb getan haben – eher der EDU-Linie als den Interessen der österreichischen Außenpolitik entsprochen hat.

Bei der Behandlung der Albanien-Frage hatte ich anfangs die gleiche Sorge – jetzt nicht mehr –, denn auch am Beginn der Albanien-Frage war zu merken, daß gewisse parteipolitische Positionen mehr gelten als die klare Analyse.

Deshalb appelliere ich an Sie, auch in diesen Fragen eine gemeinsame Linie zu suchen, die österreichische Außenpolitik und die Struktur des Außenamtes so zu modifizieren, daß wir auf die großen Herausforderungen auch von österreichischer Seite entsprechend reagieren können! (Beifall bei der SPÖ.)

11.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.54

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Wann immer Sie, Herr Außenminister, in den letzten eineinhalb Jahren auf die Außenpolitik zu sprechen gekommen sind, haben Sie sich auf zwei Bereiche bezogen, und zwar in einer Ausschließlichkeit, die bereits bemerkenswert ist: einerseits auf den Bereich der Europäischen Union beziehungsweise der Regierungskonferenz und andererseits auf den Bereich der NATO – aber eben nur der NATO, nicht einmal jenen der Sicherheitspolitik.


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Beginnen wir bei der Regierungskonferenz, weil dies das jüngste Ereignis war. Sie sind mit großen Versprechungen gegenüber der österreichischen Bevölkerung in die Regierungskonferenz gegangen, etwa mit dem Versprechen, die Beschäftigungspolitik abzusichern, vor allem auch mit dem Wort "Vollbeschäftigung" und einer Reihe von Maßnahmen, die daraus folgen sollen, und Sie sind in die Regierungskonferenz mit dem Versprechen gegangen, die hohen Umweltstandards in Österreich zu erhalten.

Wenn wir uns aber das Ergebnis dieser Regierungskonferenz anschauen, dann muß man sagen: Es ist von all dem, was Sie versprochen haben, nichts, aber auch gar nichts übriggeblieben. Nicht nur, daß es nicht "Vollbeschäftigung" heißt, sondern daß nur von der "hohen Beschäftigung" geredet wird, ist es auch so, daß all jene Maßnahmen, die Sie in Ihren Berichten immer in den Vordergrund stellen und damit vorgeben, diese würden nun die Beschäftigungspolitik in Europa tatsächlich garantieren, überhaupt nichts garantieren, weil sie nicht verbindlich sind, weil sie keine Sanktionsmechanismen vorsehen und weil keine obligatorischen Überprüfungen vorgesehen sind. Dies gilt für alle Maßnahmen, die Sie bei solchen Gelegenheiten immer wieder aufzählen.

Nichts von dem, was Sie der österreichischen Bevölkerung versprochen haben, von dem Sie erklärt haben, daß es das Vordringliche bei der Regierungskonferenz sei, nämlich die Beschäftigung zu sichern, ist übriggeblieben.

Das gleiche gilt für die Umweltstandards. Sie haben nicht nur bei der Volksabstimmung, sondern auch bei den Verhandlungen zur Regierungskonferenz versprochen, die hohen Umweltstandards zu erhalten. (Abg. Dr. Lukesch: Jetzt kommt der Realitätsverlust zum Durchbruch!) – Dem ist nicht so, dem ist in keiner Weise so, sondern alle etwaige höheren Umweltstandards eines Mitgliedslandes müssen von der Kommission genehmigt und gebilligt werden.

In diesen beiden Bereichen – damit möchte ich einmal beginnen – wurden Ihre Versprechungen nicht gehalten.

Es gäbe noch eine Reihe anderer Bereiche im Zusammenhang mit der Regierungskonferenz aufzuzählen, wo Ihre Versprechungen einfach nicht gehalten haben, sei es nun die Mitbestimmung des EU-Parlaments in wesentlichen Bereichen, die eingeschränkt wurde, die weiter reduziert wurde, oder seien es nur – was auch wesentlich und wichtig ist, aber immer wieder verkehrt dargestellt wird – die Einschränkungen im Bereich der Einwanderungs-, Asyl- und Flüchtlingspolitik mit der Verlagerung in die Erste Säule, was die Ausschaltung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Gerichtshofes bedeutet. (Abg. Tichy-Schreder: Da hat Sie Kollege Voggenhuber falsch informiert!)

Dieses Resümee wird ja nicht allein von mir gezogen, sondern das wurde – wie man sehen konnte, wenn man im Juni 1997 einen Blick in die Zeitungen geworfen hat – von allen österreichischen Medien so dargestellt. Die Aussagen darüber reichen vom prägnanten Satz "Mit der Kettensäge zerlegt" bis hin zu einer Vielzahl von Zitaten, die zeigen, daß selbst bis dahin EU-begeisterte Menschen zutiefst vom Ergebnis der Regierungskonferenz enttäuscht sind.

Auch wenn Sie sich noch so sehr bemühen, es hier immer wieder anders darzustellen, die Öffentlichkeit – das sei Ihnen auch gesagt, Herr Außenminister – hat es so wahrgenommen, wie es ist: Es ist ein beschämendes Ergebnis, das Sie vorzulegen haben! (Beifall bei den Grünen.)

Es wurde in den verschiedenen Medien auch zu Recht darauf hingewiesen, daß Sie mit all dem, was Sie hier in Österreich versprochen haben, im Windschatten der großen Länder mitgesegelt sind, daß Sie einen bescheidenen Eindruck hinterlassen haben – so sagten manche Medien –, daß Sie sogar den Eindruck hinterlassen haben, daß Sie schweigend dort gesessen sind und froh waren, wenn die anderen Ihre Anliegen vorgebracht und da oder dort durchgedrückt haben. – Und in Österreich haben Sie sich dann vor die Kamera gestellt und so getan, als wäre dies Ihr Verdienst gewesen. Das haben Ihnen die Medien und das hat Ihnen die Öffentlichkeit nicht abgenommen.


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Aber es gibt noch einen anderen Bereich, den zu beachten und einzuhalten Sie den Österreicherinnen und Österreichern sowohl bei der Volksabstimmung als auch immer wieder im Zuge der Verhandlungen versprochen haben, das ist der Bereich der Neutralität. Sie haben gesagt, wir werden neutral in die Europäische Union gehen. (Abg. Dr. Khol: Stimmt!) Sie haben gesagt, wir werden unsere Neutralität erhalten. – Und was haben Sie damit gemacht?

Beginnen wir bei den Ereignissen der letzten eineinhalb Jahre. Österreich ist zum Beispiel der "Partnerschaft für den Frieden" beigetreten. – Ein Schritt, der nie dem Parlament vorgelegt und nie im Parlament diskutiert wurde.

Österreich hat Beobachterstatus bei der WEU. – Ebenfalls ein Schritt, der nie im Parlament diskutiert, der nie dem Parlament zur Entscheidung vorgelegt wurde. (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben das nicht gemerkt!)

Die Liste, was in den letzten eineinhalb Jahren an De-facto-Angleichung an einen Status, den wir nicht haben, nämlich an den einer Vollmitgliedschaft bei einem Militärbündnis, geschehen ist, läßt sich unendlich lang fortsetzen. (Abg. Tichy-Schreder: Die Schweiz ist auch der "Partnerschaft für den Frieden" der NATO beigetreten! Was sagen Sie dazu?)

Herr Minister! Aber das erreichte seinen Gipfel durch Ihre eigenen Äußerungen und durch Ihre eigenen Darstellungen im Ausland. Im Inland scheinen Sie sich noch immer hie und da vage an ein Wahlversprechen erinnern zu können, aber im Ausland sagen Sie doch glatt vor einer Reihe von lachenden Kommentatoren, die Neutralität hätten wir immer "dynamisch interpretiert". (Abg. Tichy-Schreder: Wir haben das immer dynamisch gesehen! Alle österreichischen Regierungen hatten die Neutralität dynamisch gesehen!) Ihre Vorgangsweise läßt diese Sichtweise vermutlich zu.

Aber das ist noch nicht genug – meine Vorrednerin ist schon darauf eingegangen –: Sie reisen noch dazu zu einem NATO-Treffen, um dort den Wunsch vorzubringen, man möge doch Österreich einladen, in Gespräche, in Verhandlungen über den Beitritt Österreichs zur NATO zu treten.

Herr Minister! Sie haben mit diesen beiden Vorgangsweisen Österreich in eine so peinliche und blamable Situation gebracht, daß die Kommentare auch in den ausländischen Medien entsprechend waren. (Abg. Tichy-Schreder: Ihre Ausführungen hier werden peinlich gesehen!) Im Ausland weiß man sehr wohl, daß Österreich neutral ist und eine neutrale Position einnimmt. Im Ausland weiß man sehr wohl, daß Sie nicht ohne weiteres Einladungen anläßlich irgendwelcher Gipfel aussprechen können. Im Ausland weiß man sehr wohl, daß es einer innenpolitischen Debatte und einer innenpolitischen Entscheidung bedarf, bevor Sie im Ausland von einer "dynamischen Interpretation" der Neutralität sprechen und verlauten lassen, daß Sie eingeladen werden möchten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Im Ausland weiß man das wesentlich besser, als Sie das hier darstellen!)

In den letzten Tagen konnten wir wieder einmal erleben, welche Haltung Sie einnehmen. Es ist kein Zufall, daß Sie sich, wenn Sie von Außenpolitik sprechen, immer auf die Europäische Union und auf die NATO konzentrieren. Sie können ja nichts anderes in der Außenpolitik, als sich unter den großen Schirm bestehender Gemeinschaften zu begeben und dort still zu warten, was weiter passiert. Sie setzen keine eigenen Aktivitäten, keine eigenen Initiativen und unternehmen nichts!

Es überrascht uns überhaupt nicht, daß Sie begeistert aufgegriffen haben, was Präsident Clinton in den letzten Tagen gesagt hat, was er uns rät, was er uns nicht rät und was wir jetzt tun sollen. Ich frage mich aber schon: Wer hat Präsident Clinton denn davon informiert, daß es in Österreich ein – wortwörtlich – neues Interesse gibt, der NATO beizutreten? Wer hat ihn davon informiert? Wer hat überhaupt die Möglichkeit, mit Präsident Clinton in der Art und Weise zu reden, daß er darauf kommen kann, daß es in Österreich ein neues Interesse gibt – wörtliches Zitat –, der NATO beizutreten? (Ruf bei der ÖVP: Wie der amerikanische Präsident reagiert, ist seine Sache! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Herr Minister! Das ist wieder einmal ein Faktum, das beweist, daß Sie Ihre politische Linie verlassen haben, nach der Sie dem Volk versprochen haben, zu respektieren, daß wir neutral sind, nichts zu unternehmen, was diese Frage beeinträchtigt oder schmälert, nichts zu unternehmen, bevor es nicht zu einer Volksabstimmung kommt, so wie es Ihr Vorgänger versprochen hat. (Abg. Tichy-Schreder: Nichts zu tun, ist offensichtlich das beste!)

Aber es ist klar: Sie haben offensichtlich in der Regierung einen Kurs eingeschlagen, bei dem Sie sich, wie man so schön sagt, ohne Scheuklappen dieser Debatte nähern wollen. Wenn ich Ihren Aussagen und den der Bundesregierung folge, so habe ich den Eindruck, daß es nicht nur ein Kurs ohne Scheuklappen, sondern ein Schlingerkurs sein wird, denn einmal bitten Sie darum, daß wir eingeladen werden, einmal treten Sie auf und sagen, Präsident Clinton sage jetzt schon, die Tür sei offen für uns, aber am nächsten Tag können wir in den Zeitungen lesen, der NATO-Beitritt sei jetzt gar keine Frage, sei nicht von Aktualität.

Herr Außenminister! Das läßt aufhorchen! Das läßt deshalb aufhorchen, weil das genau in jener Woche passiert, in der Ihre Position zutiefst in Frage gestellt wird. Man merkt, daß sich der Koalitionspartner ruhig und still verhält. In dieser Woche kommt die Meldung, über den NATO-Beitritt gebe es keine Debatte, das sei keine Frage, die wir in diesem Jahr entscheiden wollen. Natürlich fragen sich da viele: Ist das der Preis für die Koalition? Ist das der Preis dafür, daß der Koalitionspartner Ihre Position als Außenminister auch weiterhin stützen wird? (Abg. Dkfm. Holger Bauer: So ist es!) Nicht anders kann man den Schlingerkurs, den Sie in dieser Frage in den letzten Wochen und Monaten vollführt haben, interpretieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das sind Ihre Phantastereien, sonst nichts, Frau Kollegin! Das sind Ihre Hirnphantastereien, Ihre Hirnwinde!)

Sie bringen es selbst auf den Punkt, wenn Sie in Ihrem Bericht sagen und glücklich berichten, wir seien nun eingeladen worden, ein Büro bei der NATO zu eröffnen, und wir haben beschlossen, diese Einladung anzunehmen. (Ruf bei der ÖVP: Die Botschaft!) Ich weiß, daß das auf Botschafterebene geschehen ist, und ich weiß, daß es dabei um diplomatische Beziehungen geht, aber ich bin der Meinung, daß das eine Entscheidung ist, die dem Parlament vorgetragen werden sollte, weil sie nämlich die österreichische Verfassung tangiert, weil sie nämlich ein weiterer Schritt der De-facto-Annäherung an einen Status der Vollmitgliedschaft ist. Sie haben ja in vielen Bereichen der Landesverteidigung diesen Schritt bereits vollzogen.

Zurückkommend auf den Außenpolitischen Bericht: Wenn Sie von der europäischen Sicherheitspolitik reden, dann reden Sie von der NATO, der WEU und der EU. (Ruf bei der ÖVP: Wovon sonst?) Sie sprechen in Ihrem Außenpolitischen Bericht ausschließlich von diesen Militärbündnissen. (Abg. Dr. Lukesch: Den Warschauer Pakt gibt es nicht mehr!) Sie gehen sogar so weit, daß Sie sagen, daß man nur dann die europäische Sicherheitspolitik mitgestalten kann, wenn man in diesen Bündnissen gleichberechtigt vertreten ist. Das sind Ihre Worte im Außenpolitischen Bericht! Sie sind aber nach wie vor ein Minister, der auf die österreichische Verfassung vereidigt und diese einzuhalten verpflichtet ist, schreiben aber selbst, daß das die Bedingung ist, um europäische Außenpolitik zu gestalten. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt in diesem ganzen Außenpolitischen Bericht kein Wort über die Einschätzung der europäischen Sicherheitspolitik, es gibt kein Wort darüber, wie die zukünftige europäische Landkarte ausschaut, es gibt kein Wort darüber, wie sich die Situation verändert seit 1989 hat. Lesen Sie ausländische Zeitungen, lesen Sie Kommentare dazu, dann werden Sie erfahren, daß alle die Meinung vertreten, daß die Gefahr, die von der Sowjetunion ausgegangen ist, von Rußland nicht mehr ausgeht! (Abg. Tichy-Schreder: Doch, Frau Kollegin! Lernen Sie Geschichte!) Es gibt zwar heute regionale Krisen und Konflikte, diese können aber nicht mit einem NATO-Einsatz beantwortet werden. (Abg. Schwarzenberger: Vertreten Sie die Sowjetunion?) Es wäre waghalsig und wahnsinnig, diese mit einem NATO-Einsatz zu beantworten.

Wenn Sie eine Analyse gemacht hätten, dann hätten Sie festgestellt, daß es wirtschaftliche, soziale und politische Probleme sind, vor denen Europa steht. (Ruf bei der ÖVP: Nein, Probleme der Sicherheit! Träumer!) Mit einer NATO-Osterweiterung wird eine neue Trennlinie in Europa gezogen, mit welcher Unsicherheiten geschaffen, ja provoziert werden. Aber was machen


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Sie? – Sie beten das nach, was Ihnen die anderen vorbeten. Sie machen keine eigenständige Außenpolitik, Sie haben im Bereich der Außenpolitik in diesen letzten Jahren keinen eigenen Stil geprägt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Wahnsinn, solch eine nichtssagende Rede!)

Meine Damen und Herren! Die EU-Regierungskonferenz und der Madrider Gipfel haben eines gezeigt: daß wir uns auf die großen Gemeinschaften nicht verlassen können, denn die haben nichts zuwege gebracht, wirklich kein Ergebnis zustande gebracht. Weder die EU-Regierungskonferenz noch der NATO-Gipfel hat ein Ergebnis gebracht, mit dem wir in den nächsten Jahren in Europa tatsächlich darangehen können, ein wirtschaftliches, soziales, demokratisches und friedenspolitisches Europa aufzubauen. Aber das wundert mich nicht. Sie haben eine Außenpolitik eingeschlagen, die ein Kommentator, der Ihnen nahesteht, als "Kanonenbootpolitik" bezeichnet hat. So ist es! Sie haben diesen außenpolitischen Weg eingeschlagen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Die Kanonenboote von der Donau!)

Herr Minister Dr. Schüssel! Sie betreiben eine Außenpolitik, die dadurch gekennzeichnet ist, daß Sie Ihre Auslandsreisen und Auslandstermine als Phototermine gegen Ihr innenpolitisch ramponiertes Image nützen. Sie haben einen außenpolitischen Weg eingeschlagen, der auf dem internationalen diplomatischen Parkett völlig belanglos geworden ist. (Abg. Schwarzenberger: Den können Sie entlassen, der Ihnen diese Rede geschrieben hat! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben versucht, sich unter den Schutz der Großen zu stellen. Sie haben es dazu gebracht, daß in den vergangenen Jahren die Außenpolitik, die seit Kreisky schrittweise immer weiter hinuntergesackt ist, auf ein Niveau gekommen ist, daß sie auf internationalem Parkett kein Profil mehr hat.

Ich sage Ihnen, Herr Minister: Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dieser heruntergewirtschafteten Außenpolitik, dem ramponierten Image, das Österreich im Bereich der Außenpolitik hat, und den Worten "Sau" und "Trottel", Begriffe, die Sie auf internationalem Parkett prägen und sagen. Das wird zu dem, was Sie im Bereich der Außenpolitik zu tun verabsäumt haben, noch hinzugefügt.

Herr Minister! Sie brauchen nicht zu glauben – das hat schon meine Vorrednerin gesagt –, daß Sie das aussitzen oder ausstehen können. Sie werden doch nicht glauben, daß Sie noch bei irgendeinem internationalen Treffen jenes Ansehen haben, das für einen Außenminister notwendig ist, daß Sie noch die Reputation haben, die Sie als Außenminister haben sollten, um unsere Interessen – nicht die von Clinton oder von Amerika oder von sonst wem – vertreten zu können. Diese Reputation haben Sie verloren! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Fragen Sie einmal den Pilz! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Minister! Ein Zeitungskommentator hat geschrieben – und dem kann ich mich nur anschließen –: "Ein Dorfbürgermeister könnte das unter Umständen noch ausstehen, aber ein Außenminister dieser Republik nicht!" (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie sind wohl die letzte Kommunistin in diesem Hause! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich als nächste Frau Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

12.11

Staatssekretärin im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Ganz im Gegensatz zum dem, was einige der Vorredner gesagt haben, möchte ich sagen: Selbstverständlich haben wir eine gute Außenpolitik, und diese hat im Rahmen der Europäischen Union eine völlig neue Dimension erfahren, und zwar eine positive Dimension, die überall gewürdigt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rahmen der Europäischen Union ist es auch selbstverständlich üblich, daß die Außenminister jedes der EU-Mitgliedstaaten durch einen oder mehrere Staatssekretäre unterstützt wird. Das ist dort eine Selbstverständlichkeit. In diesem


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Sinne sehe auch ich meine Arbeit und auch die Arbeitsteilung mit dem Herrn Vizekanzler und Außenminister.

Lassen Sie mich nun auf einige Schwerpunkte eingehen, die in der Debatte noch nicht zur Genüge zum Ausdruck gekommen sind.

Zum ersten: Sie wissen, daß ich schon vor mehr als einem Jahr damit beauftragt wurde, Österreichs Präsidentschaft in der EU organisatorisch vorzubereiten. Was habe ich mir dabei vorgestellt? Wie laufen die Vorbereitungen?

Ich glaube, das allerwichtigste ist, eine rot-weiß-rote Präsidentschaft, so wie ich das nenne, zu bringen, das heißt, eine Präsidentschaft, die in ganz Österreich wahrgenommen wird und an der auch Gesamtösterreich teilnehmen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb habe ich auch alle informellen Ministerräte über das ganze Land verteilen können, und zwar in Verhandlungen mit den Ministerkollegen, aber auch mit den verschiedenen Landeshauptleuten. Ich glaube, daß das für Österreich positiv sein wird.

Wir werden außerdem versuchen, als mittleres Land als ehrlicher Makler aufzutreten. Das ist nämlich genau die Rolle, die in der Europäischen Union am meisten geschätzt wird. Luxemburg und Belgien und andere kleinere oder mittlere Staaten wurden deswegen immer sehr positiv in ihrer Präsidentschaft eingeschätzt, weil sie in erster Linie die Anliegen der Europäischen Union während ihrer Amtszeit voranbringen konnten. Das habe ich auch mit unserem Land vor! (Beifall bei der ÖVP.)

Im Zusammenhang mit Österreichs EU-Präsidentschaft ist es natürlich auch notwendig, daß wir hinausgehen und schon jetzt viele politische Kontakte schließen und aufnehmen. Das ist auch der Grund dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum einerseits der Außenminister und andererseits ich viele Auslandskontakte wahrnehmen – ich selbst in erster Linie außerhalb Europas, in Ost- und Südostasien, in Lateinamerika oder im Nahen Osten –, weil es notwendig ist, daß wir dann während der Troika und während der EU-Präsidentschaft diese Kontakte nützen können.

Was Lateinamerika betrifft, ein Gebiet, dem ich mich bei meiner Reisetätigkeit ganz besonders gewidmet habe, weil ich glaube, daß es ein Zukunfts- und Hoffnungsmarkt ist, möchte ich Ihnen sagen, daß ich in den letzten zwei Jahren insgesamt zwölf Staaten Latein- und Zentralamerikas besucht habe. Ich glaube, dort wird man in den nächsten Jahren sicher auch Zuwächse in der Wirtschaft sehen, und das wird uns, der österreichischen Außenpolitik und Außenwirtschaftspolitik, zugeschrieben und positiv bewertet werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. )

Was die Vereinten Nationen betrifft, hat der Herr Vizekanzler und Außenminister bereits auf den erfolgreichen Besuch von Kofi Annan, dem neuen UN-Generalsekretär, in Wien hingewiesen. Ich möchte nur noch einmal sagen, daß durch enorm viel Arbeit im Hintergrund – und das sieht man in der Außenpolitik sehr oft nicht – eine so positive Stimmung geschaffen wurde, daß auch bei der nächsten, der zweiten Stufe der Reform Wien nur positiv betroffen sein wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. )

Sie wissen, daß wir erfolgreich verhindern konnten, daß Absiedlungen von Einheiten aus Wien beziehungsweise eine Unterordnung Wiens unter Genf nicht erfolgen werden, zum Beispiel die Absiedlung der UNCITRAL, der Handelsrechtsorganisation. Im Gegenteil: Wir haben eine neue Organisation angesiedelt, und zwar in einem Umfeld, in dem die Wettbewerbsfähigkeit enorm wichtig ist und in dem andere Staaten nur darauf warten würden, selbst UNO-Organisationen ansiedeln zu können.

Ich möchte auch auf die Umwegrentabilität der UNO-Organisationen in Wien hinweisen: Das sind pro Jahr zirka 4 Milliarden Schilling. Ich glaube, da lohnt es sich, so wie wir es bisher getan haben, weiterzuarbeiten und in der UNO auch als mittleres und kleines Land einen äußerst hohen Stellenwert einzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte darüber hinaus auch auf die Entwicklungszusammenarbeit eingehen. Die Entwicklungszusammenarbeit hat seit unserem EU-Beitritt an Umfang und Qualität enorm gewonnen. Wir haben heute eine Gesamtsumme von 7,7 Milliarden Schilling, die insgesamt der EZA gewidmet ist. (Abg. Dr. Khol: Das ist sehr viel! Das ist eine exorbitante Steigerung!) Was die bilaterale EZA betrifft, haben wir uns enorm bemüht, durch Sektor und Konzentration auf verschiedene Staaten eine möglichst große Effizienz zu erreichen. Wir sind da wirklich den Weg gegangen, der von den Vereinten Nationen vorgezeichnet ist, nämlich Konzentration auf die ärmsten Entwicklungsländer, was ich für absolut richtig halte, und in den ärmsten Ländern auf die ärmsten Bevölkerungsschichten.

Wir haben uns außerdem auf die Schwerpunktsektoren konzentriert, nämlich auf Basisgesundheit, landwirtschaftliche Entwicklung, Bildung und Berufsbildung, Energie, Wasser, Gewerbeförderung, Tourismus und Förderung der Allerkleinsten und darauf – auch ich als Frau darf das sagen; ich habe mich ganz besonders darum bemüht –, daß auch die Frauen besonders gefördert werden, weil sie große Multiplikatoren in der Entwicklung sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in dieser Debatte Albanien angesprochen worden. Ich möchte doch sagen, daß es nun, nach der Abhaltung der Wahlen in Albanien, die trotz Schwierigkeiten nach Urteil der OSZE als akzeptabel angesehen werden, gilt, natürlich zuerst Aufbau demokratischer Strukturen und Institutionen und die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Ich möchte auch klar und offen sagen: Die politische Versöhnung ist die Grundvoraussetzung dafür, daß Ruhe und Ordnung in Albanien wieder einkehren. Das österreichische Kontingent, das in Albanien im Einsatz war, wird nach dem italienischen Einsatzplan seinen Abzug in der Zeit vom 23. bis zum 25. Juli dieses Jahres beginnen, natürlich je nach Verfügbarkeit von Schiffstransportkapazität. Eine Verlängerung dieses Einsatzes ist nicht vorgesehen.

Was die Botschaften betrifft, die hier angesprochen wurden, möchte ich auch noch einmal erwähnen, daß vorgesehen ist, eine Botschaft in Vietnam zu eröffnen. Wie Sie wissen, sind wir aber in einer Phase, in der wir alle sparen müssen, und auch das Außenministerium mit seinem geringen Personalstand ist davon betroffen. Das heißt, wir müssen die Budgetierung abwarten, um zu sehen, ob es uns möglich sein wird, eine neue Botschaft zu eröffnen. Es ist ja nicht allein damit getan, daß man nur den Botschafter hinschickt, sondern es muß zumindest eine kleine Infrastruktur vorhanden sein; ansonsten geht es nicht. Dies wird für 1998 vorgesehen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Die Militärattachés abziehen und hinschicken!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch ein Wort zur Regierungskonferenz: Wir haben – im Gegensatz zu dem, was die Vorrednerin hier ausgeführt hat – bei der Regierungskonferenz sogar sehr gute Erfolge eingefahren. Der wichtigste ist meiner Ansicht nach wohl der, daß die Beschäftigungspolitik tatsächlich nun in einem Kapitel im Vertrag von Amsterdam enthalten ist. Österreich war das erste Land, das die Beschäftigung auf seine Fahnen geschrieben hat. Es ist allerdings in der Europäischen Union – das ist eben die Art, wie dort gearbeitet wird – ein langer Weg, weil man Allianzen bilden muß, bis man wirklich eine Mehrheit zustande bringt.

Natürlich hat die allgemeine Situation in Europa es jetzt ermöglicht, daß dieses Beschäftigungskapitel in den Vertrag aufgenommen wird, und ich würde es sehr begrüßen, wenn das das von allen anerkannt werden würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur noch zwei, drei Stichworte zur Regierungskonferenz. Themen wie die Umwelt, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind keineswegs schlecht behandelt worden, sondern auch diesbezüglich ist es uns tatsächlich gelungen, das, was wir angestrebt haben, zu erreichen. Zum einen können wir unsere höheren Standards erhalten – das war nicht so selbstverständlich, aber wir haben dafür gekämpft –, und zweitens ist es auch in Zukunft möglich, höhere Standards einzuführen. Auch dafür werden wir uns einsetzen.

Außerdem hat, was die Umwelt betrifft, Österreich an der EU-Einigung auf die Reduktion der Treibhausgasemissionen von 15 Prozent bis zum Jahre 2010 mitgewirkt. Auch im Bereich der Kernenergie waren wir nicht untätig. Es sind bilaterale Nuklearinformationsabkommen mit


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Slowenien, der Ukraine und mit Belarus getroffen worden. Es ist auch eine internationale Vernetzung der Frühwarnsysteme zum Austausch mit der Slowakei verhandelt worden. Es erfolgte die Ratifikation der Europäischen Energiecharta, es kam zum Donauschutzübereinkommen 1996 und zur Etablierung eines entsprechenden Sekretariates.

Also, wer angesichts dessen sagt, es sei im Bereich der Umwelt und des Umweltschutzes nichts geschehen, der sagt einfach nicht die Wahrheit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte, Herr Abgeordneter. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Dr. Cap: Halleluja! Halleluja! – Abg. Dr. Höchtl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Als ehemaliger Ministrant kennst du das!)

12.23

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister und Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man einige der Reden zur Außenpolitik, die heute gehalten wurden, aufmerksam verfolgte, mußte man den Eindruck gewinnen, daß hier eine ganz andere Außenpolitik, die eines anderen Staates kritisiert wird, aber nicht die Außenpolitik Österreichs. Das, was Außenminister Dr. Schüssel in diesem kurzen Überblick über die wesentlichen Entscheidungen der letzten Monate und die bevorstehenden Entscheidungen hier dargelegt hat, war ein eindrucksvoller Erfolgsbericht, ein Erfolgsbericht, auf den Österreich stolz sein kann, und zu dem sich auch die Parlamentarier in diesem Hohen Haus, die außenpolitisch aktiv sind, bekennen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur: Man hatte ja den Eindruck, daß so mancher Redner gar nicht die Absicht ist, sich inhaltlich mit außenpolitischen Fragen auseinanderzusetzen, sondern daß da ganz andere Motive vorherrschten. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Kollege Wabl, du hast einiges an Historie aufzuweisen, wie man derartiges tut, aber du bist ja heute nicht Redner gewesen. (Abg. Wabl: Wir sind nicht per du, Herr Höchtl!) Ich gehe aber auf die Aussagen deiner Kollegin Kammerlander ein. (Abg. Wabl: Herr Präsident! Der duzt mich! Wir sind nicht per du!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Frau Kammerlander sagt, es sei ein beschämendes Ergebnis, das Dr. Schüssel als Außenminister vorgelegt habe, kann die Antwort nur lauten: Beschämend ist der Stil, ist die Art von Frau Mag. Kammerlander in dieser Debatte! Das ist beschämend! (Beifall bei der ÖVP.)

Oder: Sie hat die Auffassung vertreten, Äußerungen des Außenministers Dr. Schüssel zur NATO, zur Entwicklung des Verhältnisses Österreichs zur NATO, seien eine Blamage. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ist es nicht eine Blamage für diese Bewertung seitens von Frau Kammerlander, wenn man weiß, daß der Herr Bundeskanzler beispielsweise vor wenigen Tagen, fast zeitgleich mit Dr. Schüssel, gesagt hat – das ist auch in der Presse so dargestellt –, er hätte sich fast enthusiastisch geäußert, als er über die positive Weiterentwicklung der NATO zur NATO-Neu gesprochen hat. Oder: Wenn die NATO eine Entscheidung getroffen hat, daß sie selbstverständlich offen für weitere Mitgliedschaften ist. Oder: Wenn Präsident Clinton gesagt hat, es wäre sicherlich erfreulich, wenn Österreich an einer Mitgliedschaft interessiert wäre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist also nicht die Haltung Dr. Schüssels blamabel, sondern blamabel ist die Einschätzung der tatsächlichen außenpolitischen Entwicklungen durch Frau Kammerlander. (Beifall bei der ÖVP.)

Oder, wenn man schon von einem beschämenden Stil spricht, Frau Kammerlander: Beschämend war beispielsweise der Stil einer Person der grünen Fraktion – nicht des Parlaments, sondern im Wiener Landtag. Es ist beschämend, wenn ein österreichischer Politiker ins Ausland fährt und dort die Gelegenheit ergreift, über Österreich zu schimpfen. Das ist ein beschämender Stil, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Der Herr Außenminister fährt ins Ausland und beschimpft die Leute! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich nicht die ganze Zeit mit Frau Kammerlander und ihren unmöglichen Äußerungen beschäftigen, und ich wende mich nun Frau Schmidt zu. Wenn Frau Dr. Schmidt hier den Vorwurf an Außenminister Dr. Schüssel gerichtet hat, es sei dies schlechter Stil gewesen, muß ich sagen: Frau Dr. Schmidt, ich würde an Ihrer Stelle als Fraktionsvorsitzende nicht anderen schlechten Stil vorwerfen, wenn von Mitgliedern Ihrer eigenen Fraktion Ausdrücke gebraucht werden, die zumindest die Beurteilung "schlechter Stil" verdienen.

Was meine ich damit? Wenn am 12. Juni dieses Jahres in einer Debatte Ihr Kollege und Sitznachbar Dr. Haselsteiner, der jetzt nicht hier ist, über den österreichischen Bundespräsidenten Dr. Klestil gesagt hat: "eine zwielichtige Figur", und das nicht einmal zu einer Entschuldigung geführt hat, so ist das wahrlich schlechter Stil. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Skandalös ist das!)

Ich glaube, Sie Frau Dr. Schmidt, hätten allen Grund, sich dafür zu entschuldigen, statt anderen schlechten Stil vorzuwerfen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man Eigenschaften des Außenministers Dr. Schüssel in den vergangenen Monaten in den internationalen Begegnungen hervorheben kann, so sind das seine Durchsetzungsfähigkeit in Verhandlungen, sein Verhandlungsgeschick, seine Konsequenz und seine Standfestigkeit. (Abg. Ing. Langthaler: Verbalradikalität!) Und was brauchen wir mehr als einen standfesten, konsequenten, durchschlagskräftigen Außenminister, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Ein echter "Steher", wie man in der Fachsprache sagt! – Sagst du ja, bleibst du da, sagst du nein, gehst du heim!)

Jetzt komme ich auf den Kollegen Mag. Stadler zu sprechen. Herr Kollege Stadler! Nur einen Satz, dann beschäftige ich mich mit anderen Fragen. Sie haben gesagt: Österreich sehe in der internationalen Staatengemeinschaft durch die Repräsentanz Dr. Schüssels nicht gut aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Mag. Stadler! Der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Kinkel, kein Angehöriger einer Schwester- oder Bruderpartei von uns, auch nicht von Ihnen, hat in einem Interview gesagt – ich zitiere wortwörtlich –: Was ich an Wolfgang Schüssel schätze, ist, wie er dazu beigetragen hat, daß Österreich unwahrscheinlich rasch seinen Platz in der Europäischen Union gefunden hat, und daß Österreich zu einem geschätzten Mitglied in der Europäischen Union geworden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir vertrauen lieber dem Urteil eines nicht uns angehörenden, unserer Partei oder Schwesterpartei angehörenden, aber seriösen Außenministers, als einem Neo-Außenpolitiker, der nur Kritik an unserem Außenminister in diesem Haus anbringen will. Wir wissen, Dr. Kinkel hat recht. Wir sind stolz darauf, einen standfesten, konsequenten, dynamischen und durchschlagskräftigen Außenminister in der Person des Dr. Schüssel zu haben. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Wabl hat sich beim Präsidium beschwert, daß er vom Redner Dr. Höchtl mit "du" angesprochen wurde, obzwar dieses Du-Wort nicht existiere. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte dazu generell sagen: Ich habe keinen Überblick mehr, wer mit wem schon per du oder noch immer per Sie ist in diesem Haus; ich kann das nicht beurteilen. Im Zweifelsfall würde ich vorschlagen, daß man beim Sie-Wort bleibt, aber das ist nicht unbedingt eine zentrale Frage.

Herr Abgeordneter Scheibner! Sie haben nun das Wort. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

12.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Nach dem eher skurrilen Einwand des Kollegen Wabl möchte ich mich mit Ihnen – oder


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mit dir –, Kollege Höchtl, nur ganz kurz auseinandersetzen. (Abg. Dr. Khol: Per du?) Wie er es gerne haben will, mit dir oder Ihnen, Kollege Höchtl.

Standfest, konsequent, durchschlagskräftig soll der Außenminister sein. – Wunderbar, wunderbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da stimme ich mit Ihnen oder dir vollkommen überein. Eine blendende Verteidigungsrede für einen standfesten, konsequenten, durchschlagskräftigen Außenminister, nur: Wo ist er? (Ruf bei den Freiheitlichen: Hinausgegangen!) Ja, er ist weg. Er ist wirklich weg. Kein standfester, kein durchschlagskräftiger Außenminister ist da, es ist überhaupt kein Außenminister da. – Gott sei Dank haben wir die Staatssekretärin, Kollege Höchtl (Beifall bei den Freiheitlichen) , weil die hat ja wirklich Erfahrung, nicht nur was den diplomatischen Dienst anlangt, sondern sie repräsentiert wirklich dieses Land dort, wo der Außenminister dieses Land nicht vertreten kann. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Höchtl: standfest, konsequent, durchschlagskräftig. – Reden wir einmal über eine wichtige Debatte in den letzten Wochen und Monaten, nämlich über die Sicherheitspolitik. Drei Seiten umfaßt der Außenpolitische Bericht die Sicherheitspolitik betreffend. Und der Außenminister gibt uns heute eine allgemeine Analyse, berichtet uns, was er denn alles mitbekommen hat, und wie nett es war in Madrid, daß er da zuhören durfte (Abg. Mag. Stadler: Daß man mit ihm geredet hat!) , und daß wir miteingebunden waren, als die Staatengemeinschaft Sicherheitspolitik diskutierte. – Sonst hat er nichts gesagt.

Über die österreichische Perspektive, wie es jetzt weitergehen soll in der sicherheitspolitischen Außenpolitik: kein Wort, Kollege Höchtl! Oder habe ich diese Passage verpaßt in seiner dreiviertelstündigen Rede? (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) Na, Kollege Maitz, vielleicht darfst du heute auch noch reden als, wie ich höre, künftiger Klubobmann deiner Fraktion. Außenpolitik ist ja eine wichtige Frage, und vielleicht kannst du dieses Defizit beseitigen, daß sich auch der Kollege Khol hier nicht zu Wort melden kann. Es ist ja interessant, was sich da bei euch abspielt. All das paßt aber ganz gut zusammen.

Aber über diese österreichische Option der Sicherheitspolitik kein Wort in der Rede von Minister Schüssel. Ist ja auch ganz klar, warum. – Es wäre ihm peinlich, darüber berichten zu müssen, daß er schon wieder einmal umgefallen ist in der Sicherheitspolitik. Der nächste "Umfaller" der ÖVP in der Sicherheitspolitik, wir haben ihn ja mitbekommen – leider, meine Damen und Herren –, und über das berichtet man nicht gerne, wenn man sich hier als dynamischer, konsequenter, durchschlagskräftiger Außenminister – nach den Worten Dr. Höchtls – präsentieren möchte.

Wie war denn das eigentlich, meine Damen und Herren? – Außenminister Schüssel war im Gegensatz zum Verteidigungsminister, der, das mag man ihm zugestehen, immer konsequent für eine klare Ausrichtung der österreichischen Sicherheitspolitik hin zur NATO eingetreten ist, da immer ein bißchen wankelmütig. Einmal hat er gesagt, die NATO-Option schrecke ihn nicht, wir sollten Mitglied werden, dann hat er wieder gemeint: "Nicht kopfüber ins NATO-Bassin springen!", aber in der letzten Zeit hat sich da eine interessante Kehrtwendung vollzogen.

Im April hieß es: Schüssel drängt auf Beitritt Österreichs zur NATO-Neu, ohne Vollmitgliedschaft keine gleichberechtigte Mitsprache. – Wunderbar, dem können wir vollinhaltlich zustimmen!

Im Mai sagt er: Österreich wäre klug beraten, wenn die innerstaatliche Entscheidung über einen NATO-Beitritt nicht erst im nächsten Jahr, sondern vor der NATO-Ministerratstagung im Dezember fallen würde. – Wunderbar, 100prozentige Übereinstimmung!

Noch am 4. Juli, meine Damen und Herren von der Volkspartei, sagt der Außenminister, er möchte die Entscheidungsgrundlagen für einen NATO-Beitritt noch heuer vorlegen und darüber letztlich eine Entscheidung treffen. – Wunderbar, 100prozentige Übereinstimmung! Das war noch am 4. Juli.

Und plötzlich, meine Damen und Herren, am 9. Juli, kommt über die APA der "Umfaller". Da heißt es: Schüssel will nicht auf rasche NATO-Entscheidung drängen – und dann wörtlich, Zitat


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Schüssel: Ich bitte, uns ein wenig Zeit zu gönnen, um die Dinge zu ordnen. – Das sagt Schüssel bei einem Presse-Frühstück.

Also, diese Frühstücke sind weder in der einen noch in der anderen Richtung gut, meine Damen und Herren!

Ich bitte, uns ein wenig Zeit zu gönnen, sagt der Außenminister, der vier Tage vorher noch völlig zu Recht gemeint hat, es wäre jetzt längst an der Zeit, daß wir diesen Optionenbericht fertigstellen und noch heuer die Entscheidung treffen. – Jetzt plötzlich brauchen wir noch Zeit!

Die Medienberichte waren ja auch entsprechend. So heißt es etwa in der "Kleinen Zeitung" von gestern: Wolfgang Schüssel bremste seine NATO-Wünsche. Damit bedankte er sich bei Viktor Klima für dessen Solidarität in den letzten Tagen.

Genau das ist es, meine Damen und Herren von der Volkspartei, und genau das ist es, was den Mißtrauensantrag heute rechtfertigt. Leider! Es sind nicht in erster Linie die Aussagen bei diesem Frühstück, meine Damen und Herren, sondern es ist die Handlungsunfähigkeit dieses Außenministers (Beifall bei den Freiheitlichen), wenn schon nicht nach außenhin, weil da haben wir die verdiente Frau Staatssekretärin, sondern auch innerstaatlich, weil man jetzt der SPÖ verpflichtet ist, weil man einen Rückzieher machen mußte, weil es ganz einfach an Dynamik fehlt, um die notwendigen Entscheidungen noch in diesem Jahr umsetzen zu können.

Sie lassen sich vorführen von den Sozialdemokraten, denn es ist ja als positive Entwicklung zu bezeichnen, wenn der Bundeskanzler endlich bemerkt, daß es in der Sicherheitspolitik der NATO eine richtige Richtung gibt. Wenn heute der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Schieder, sagt, daß die NATO von einem umfassenden Sicherheitsbegriff ausgeht, nicht gegen irgend jemanden gerichtet ist, daß eine Entwicklung festzustellen ist – na wunderbar, meine Damen und Herren! Da gibt es eine Entwicklung in die richtige Richtung, aber Sie von der Volkspartei gehen schon wieder den falschen Weg, zurück zu den Anfängen. Das ist Ihr Problem in der ÖVP! Und das ist auch das Problem, das wir mit Ihnen haben – und das immer mehr Österreicher mit dieser Partei haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist eindeutig: Die NATO und die europäischen Strukturen entwickeln sich immer mehr zu einer Sicherheits- und Friedensorganisation. Es ist ein faszinierender Prozeß, und wir alle nehmen ja zumindest als Beobachter – alle Fraktionen haben Beobachter in diesen Gremien – teil.

Es ist faszinierend, zu beobachten, wie dynamisch und enthusiastisch am Aufbau dieser Friedensordnung gearbeitet wird, damit dieser jahrhundertelange Kreislauf von Kriegsvorbereitungen, Kriegführen und Kriegsfolgen aufgearbeitet, unterbrochen werden und das Zeitalter der Kriege endlich der Vergangenheit angehören kann.

Meine Damen und Herren! Wir stehen noch nicht am Ende dieser Entwicklung, aber es wäre notwendig, daß Österreich so rasch wie möglich als Vollmitglied seinen Beitrag dazu leistet. Daß das notwendig ist, hat der Madrider Gipfel gezeigt. Die Europäer sind noch nicht durchschlagskräftig genug, daß sie ihre eigenen Interessen auch vollinhaltlich durchsetzen können. Nach wie vor hat Amerika das letzte Wort auch in politischen Entscheidungsfragen der NATO. Das sollte doch allen, die für diese europäische Komponente in der Sicherheitspolitik eintreten, ein klares Signal sein, daß wir so rasch wie möglich noch heuer vor den Entscheidungen im Dezember auch Österreich in die richtige Richtung bringen.

Meine Damen und Herren von der Volkspartei, aber auch von den Sozialdemokraten! Es wäre notwendig, die entsprechende Information an die Bevölkerung zu bringen, denn schädlich an dieser nicht objektiv geführten Debatte ist, daß sie zu einer echten Verunsicherung in der Bevölkerung führt. Was soll man denn glauben, wenn sich Schüssel heute so äußert und morgen wieder ganz anders? Was soll man glauben, wenn wir auf der einen Seite hören, daß Atomwaffen auf uns zukommen, wir aber auf der anderen Seite genau wissen, daß das längst passé ist?


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Was sollen denn die Leute glauben? – Sie sollen doch über diese wichtige Frage einmal abstimmen. (Abg. Dr. Maitz: Das Ergebnis zählt!) Kollege Maitz! Da kann man sich nicht nur auf den Regierungspartner ausreden. Das ist eine Frage der Priorität in einer Regierung. Ich meine, Sicherheitspolitik sollte erste Priorität haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sicherheitspolitik ist das Fundament eines Staates. Geordnete, sichere Zustände für die Zukunft unseres Landes zu organisieren, sollte unsere erste Verantwortung sein. Wenn man diese Prioritäten nicht sieht, muß man dafür auch die Verantwortung tragen. (Abg. Dr. Maitz: Nicht der Bericht, sondern das Ergebnis zählt!)

Meine Damen und Herren vor allem von der Volkspartei! Wir greifen die Wortmeldung des Ministers Schüssel vom 4. Juli dieses Jahres auf und werden einen Entschließungsantrag einbringen, was ich hiermit tun möchte.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner und Kollegen betreffend offensive Sicherheitspolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, den von ihr angekündigten sicherheitspolitischen Optionenbericht spätestens im Herbst dem Nationalrat vorzulegen, um so bis spätestens Ende des Jahres 1997 eine Entscheidung über die Aufnahme von Verhandlungen mit den Staaten des Nordatlantikvertrages und den Mitgliedsstaaten der Westeuropäischen Union über einen Beitritt Österreichs zu diesen Sicherheitsorganisationen zu ermöglichen."

*****

Sie haben die Möglichkeit, durch Zustimmung zu diesem Antrag Ihren eigenen Aussagen auch bei sicherheitspolitischen Veranstaltungen nachzukommen und einmal eine klare Aussage des österreichischen Parlaments an die Bundesregierung zu bringen, damit möglichst rasch Optionen in unserer sicherheitspolitischen Zukunftsperspektive gesetzt werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Scheibner vorgetragen hat, ist überreicht worden und ist ausreichend unterstützt. Er wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. Beginnen Sie mit der Behauptung, die Sie berichtigen wollen. – Bitte.

12.43

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin! Mag. Stadler hat von diesem Pult aus verkündet, Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel hätte eine Ministerin in seiner Riege gehabt, die nicht gewußt hätte, wo sie zu wählen habe. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Gewußt und falsch gewählt!) Richtig ist vielmehr – das habe ich inzwischen schriftlich, und das lasse ich mir auch gerne auf der Zunge zergehen –, daß ich niemals aus der Wählerevidenz meiner Heimatgemeinde hätte gestrichen werden dürfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Reichen 6 Minuten aus? – Bitte.

12.44

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Außer daß man nach diesen Stadlerschen "Wasserspielen" nur mehr mit Schwimmreifen auftreten kann, hat sich in den Ausführungen der Redner der Freiheitlichen in keiner Weise ein Hinweis auf irgendein alternatives


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freiheitliches außenpolitisches Konzept gezeigt. Wenn man schon einen Mißtrauensantrag unterstützt oder darüber spricht, sollte man wenigstens wissen, was nach einer möglichen Abwahl als Alternative in der Außenpolitik zu sehen ist. In dieser Hinsicht haben Sie nichts anzubieten. Daher fehlt Ihnen eigentlich auch die Legitimation dazu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Georg Keil hat gesagt: "Kurz soll dein Spruch und kräftig sein, dann dringt er ins Gedächtnis ein." Möglicherweise hat Herr Außenminister Schüssel diesen Spruch schon immer gekannt. Ich möchte ihn daher auch zum Leitspruch meiner bloß sechsminütigen Redezeit machen und mich stichwortartig und erst am Schluß mit der Frage des Mißtrauensantrages und damit, was damit zusammenhängt, befassen. (Abg. Dr. Khol: Aber ich hoffe, du beantwortest die Frage, wie du es mit der NATO hältst, die Gretchenfrage an den Josef!) Sicherheitspolitik ist erst der zweite Punkt meiner Rede.

Stichwort Auslandskulturpolitik: Ich habe schon im Außenpolitischen Ausschuß mit einigen Fragen darauf hingewiesen, daß es mir etwas kritisch erscheint, was im Bereich der Kulturinstitute an Veranstaltungen durchgeführt wird. Ich habe mir das noch einmal sehr genau angesehen. Ich habe dabei einige Fragen an Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner und eventuell auch an den Außenminister, und zwar dahin gehend, welchen Sinn diese Art von Veranstaltungen eigentlich hat und welche Gesamtphilosophie hinter der Auslandskulturpolitik erkennbar ist.

Wenn zum Beispiel in Toledo eine Veranstaltung über "Die Krise zweier Monarchien: Spanien und Österreich um 1900" durchgeführt wurde, dann frage ich mich, welchen Sinn es hat, wenn wir solche Veranstaltungen durchführen. Mich läßt die Krise dieser beiden Monarchien um 1900 eigentlich relativ kalt, wenn ich daran denke, daß mit unseren Steuergeldern solche Veranstaltungen durchgeführt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Kulturlos!)

Zweites Beispiel: "Ein Symposion in Kiew" – wörtliches Zitat – "betraf die in manchem ähnlichen Probleme der Identitätsfindung der beiden Länder". – Zitatende. Dann schließt der Text. – Ich weiß nicht, um welches Symposium es sich gehandelt hat. Ich weiß auch nicht, welche Probleme die beiden Länder bei der Identitätsfindung haben. Vielleicht könnte man dem sehr geehrten Textersteller mitteilen, er möge so nett sein und einen Nachtrag anbringen, worum es bei diesem Symposium in Kiew gegangen ist und wo es Identitätsprobleme zwischen diesen beiden Ländern gibt.

Drittes Beispiel: "Tausend Jahre österreichische Musik" in Ottawa. Das ist in Ordnung. Mich hätte nur interessiert, wie vor 1 000 Jahren die österreichische Musik war. Das ist okay, das kann man in diesem Zusammenhang noch akzeptieren.

Daher soll es eine Kosten-Nutzen-Relation geben. Wie gut sind diese Veranstaltungen besucht? Gibt es eine Evaluierung? – Es wäre sehr wichtig, das zu erfahren, da es dabei doch auch um Geld geht.

Zu den kulturellen Förderungen in aller Kürze: Von den verschiedenen Punkten hat besonders ein Punkt mein Interesse erweckt, nämlich "Vorarbeiten zur zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung der Kirchen Europas 1997 in Graz". Das ist sicher eine wichtige Veranstaltung. Ich frage mich nur: Wieso müssen wir das eigentlich im Rahmen der Auslandskulturpolitik auch noch fördern?

Resümee: Mir fehlt eine Gesamtphilosophie, mir fehlt ein Konzept, bei dem ich erkennen kann, warum wir das machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten den Grünen.) Das möchte ich einfordern und ersuchen, daß man das bei der nächsten Gelegenheit erfüllt.

Nächster Punkt: Sicherheitspolitik. Leider ist die sicherheitspolitische Diskussion bei uns eine primär innenpolitische Diskussion und nicht eine primär sicherheitspolitische Debatte. Was sich dieser Tage in Madrid abgespielt hat, war positiv. Der zu erwartende Konflikt ist einfach folgender: Wird es eine Europäisierung in dem künftigen neuen Sicherheitssystem geben können: ja oder nein? Das ist ganz entscheidend. Daher meine ich, es ist positiv, daß es diesen Konflikt gibt.


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Wir sollten auch eine Debatte darüber führen, mit welchen Konzepten wir das weiterzuführen haben. Wollen wir zum Beispiel ein Freiwilligenheer? Wenn ja, wenn wir das wirklich wollen, wie ist es zu gestalten? Wie ist dieses Konzept zu machen? Wie und in welche Richtung sind eventuelle Gespräche zwischen den Koalitionspartnern mit welchem Konsens zu führen? (Abg. Dr. Khol: Wie hältst du es mit dem Solidaritätsdienst?)

Zum letzten Punkt, weil heute die Debatte in die Richtung der Causa gegangen ist, die wir im Hauptausschuß und im Außenpolitischen Ausschuß debattiert haben. Ich habe in der Ausgabe der "Presse" vom Samstag, den 5. Juli 1997, einen interessanten Artikel gefunden: "Die Lüge von Bismarck bis Greenpeace". Ich unterstelle jetzt niemandem auch nur irgend etwas. Aber das war ein interessanter Artikel.

Gestatten Sie mir – auch wenn das rote Licht hier schon leuchtet –, darauf hinzuweisen, zu welchen Erkenntnissen man gekommen ist, nämlich daß sich eine Zeitung quasi bemüht, folgendes zu konstatieren: Eigentlich ist Lügen in der Politik etwas ganz Normales, ganze Reiche wurden dadurch begründet. Die Emser Depesche wird da zum Beispiel angeführt. Aufgrund der Fälschung der Emser Depesche war es möglich, das Deutsche Reich zu begründen.

Oder wörtlich steht hier: Die Lüge stand am Beginn des Werdens Österreichs. Am Ende der Monarchie kam sie wieder zum Vorschein. (Abg. Dr. Khol: Goldene Bulle! Privilegium minus! – Abg. Tichy-Schreder: Tausend Jahre Musikgeschichte!)  – Es wird auf die Schwindeleien von Rudolf IV. und die Dekrete, die er erschwindelt hat, hingewiesen. Oder es steht hier geschrieben: "In der Verfolgung des Staatsinteresses ist der Fürst zu List und Lüge geradezu verpflichtet." In Klammern steht: "Das Buch enthält übrigens auch detaillierte Giftmischrezepte zur spurlosen Beseitigung von politischen Opponenten." – Also was da an Ratschlägen über die Medien im Zuge dieser Debatte erstellt wurde, ist wirklich unglaublich. Weiters steht unter dem Bild von George Bush: "Wahlversprechen bricht jeder, aber nicht so ungeschickt." Unter dem Bild von Wolfgang Schüssel steht: "Plötzliche Erinnerungslücken tun sich bei Österreichern häufig auf."

Das ist ein Artikel, nach dessen Lektüre man sagen kann: Wer mehr lügt, tut mehr für den Staat, für die Politik und mehr für die Republik. Es ist eine seltsame Moral, die sich im Zuge dieser Diskussion aufgetan hat. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Mir ist es wirklich ein Bedürfnis, diese politische "Kultur" auch ein wenig aufzuarbeiten. (Abg. Mag. Kukacka: Cap, merk dir deine Tätigkeit als Zentralsekretär! – Abg. Dr. Fekter: Was ist mit dem Brief von Vranitzky?)

Da wir gerade bei diesem Punkt sind, noch eine allerletzte Bemerkung. Ich verstehe, daß sich Kollege Schüssel wahrscheinlich über die Währungspolitik mit ihren schädlichen Auswirkungen auf die Beschäftigungspolitik maßlos geärgert hat. Ich verstehe auch, daß er wahrscheinlich im Innersten einer der härtesten Kritiker des deutschen Bundesbankpräsidenten Tietmeyer war. Trotzdem meine ich aber, daß ein Satz aus Schillers "Don Carlos" gilt – wenn er schon soviel Leiden zu erdulden hatte –: "Große Seelen dulden still." – Ich würde ihm empfehlen: Er möge sich für eine große Seele entscheiden; das wäre für uns alle besser! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Tichy-Schreder: Auch für Sie, Herr Dr. Cap! Ihr Motto war das nie!)

12.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Barmüller hat eine tatsächliche Berichtigung beantragt. Bitte mit dem Sachverhalt zu beginnen, dem Sie Ihre Darstellung gegenüberstellen wollen. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Warum lassen Sie ihn nur 6 Minuten reden? Ich könnte ihm viel länger zuhören!)

12.52

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Abgeordneter Höchtl hat in seiner Rede behauptet, daß sich Herr Abgeordneter Haselsteiner im Ton gegenüber dem Herrn Bundespräsidenten vergriffen und sich dafür nicht entschuldigt habe. Ich darf in diesem Zusammenhang aus dem Stenographischen Protokoll zitieren. Abgeordneter Haselsteiner hat damals folgendes gesagt:

"Meine Damen und Herren! Das sagt der Herr Bundespräsident, der sich weigert, für einen Untersuchungsausschuß in der Kurdenfrage einzutreten, wiewohl er genau weiß, daß diese


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Weigerung und seine zwielichtige Figur in diesem Spiel" – er sagt dann korrigierend –, "seine zwielichtige Stellung in dieser Frage vertrauenserschütternd genug sind." (Abg. Dr. Höchtl: Was ist das? – Abg. Schieder: Berichtigung ist das keine!)

Es hat in der Folge eine Kontaktaufnahme des Herrn Nationalratspräsidenten Fischer mit Herrn Abgeordneten Haselsteiner wegen dieser Formulierung, die er selbst noch in der Plenarrede klargestellt hat, gegeben, und er hat, um jeden Zweifel schon im Keim zu ersticken – ich zitiere hier aus der "Parlamentskorrespondenz" –, folgendes unternommen:

"Herr Abgeordneter Haselsteiner hat gegenüber dem Herrn Nationalratspräsidenten diese Formulierung mit dem Ausdruck seines größten Bedauerns zurückgenommen und sich entschuldigt, was der Herr Nationalratspräsident Dr. Fischer dem Herrn Bundespräsidenten heute mitgeteilt hat."

Ihre Behauptung, Herr Abgeordneter Höchtl, daß keine Entschuldigung erfolgt sei, ist daher völlig ungerechtfertigt gewesen (Abg. Tichy-Schreder: Aber nicht hier!) , so wie es Ihr seit Jahrzehnten bezogenes arbeitsloses Einkommen war. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das war ein Exzeß der tatsächlichen Berichtigung, Herr Präsident! – Abg. Mag.  Stadler: Ein Berichtigungsexzeß!)

12.54

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Zum ersten bedauere ich es, wenn wir in diesem Haus über Außenpolitik reden, daß der Herr Bundesministerium für Äußeres nur zwei Stunden ausgeharrt hat und seitdem nicht mehr da war. Ich halte das für sehr bedauerlich. (Abg. Dr. Schmidt: Vielleicht ist er beichten!) Vielleicht ist er beichten. Ich gebe Ihnen recht. Wer weiß, mit wem er gefrühstückt hat. Aber ich glaube, daß man sich wenigstens einmal pro Jahr die Zeit nehmen sollte, wenn man schon einen Dissens in dieser Frage mit dem Parlament hat, sich die Meinung der Opposition zumindest anzuhören.

Wir sehen in diesem Bericht einen sehr gut strukturierten, gut vorbereiteten, gut verständlichen Bericht. Ich möchte den Beamtinnen und Beamten dafür meinen Dank aussprechen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Beamtinnen ist vielleicht ein übertriebener Ausdruck angesichts der Tatsache, daß es unter ungefähr 100 Missionschefs nur vier Frauen gibt. Ich meine, daß wir genug Zeit hatten, zuzuschauen, daß in dieser Beziehung nichts weitergeht. Ich glaube, Frau Staatssekretärin – wenn Sie mir Ihr Ohr leihen würden (Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner: Tu ich!) – , Sie könnten vielleicht in dieser Richtung aktiv werden, weil offensichtlich kein Interesse der Männer daran besteht, Frauen gleichberechtigt in die Außenpolitik einzubeziehen.

Weiters: Es fehlt mir an Profil in der Außenpolitik Österreichs. Es ist einerseits sicherlich so, daß sich die SPÖ, allen voran Herr Kollege Schieder, selbstverständlich damit abgefunden hat, daß wir keine Außenpolitik haben. Herr Kollege Schieder! Den Ausdruck, den ich geboren habe, werde ich nicht hier verwenden, weil ich weiß, daß er für Sie beleidigend wirkt. (Abg. Dr. Kostelka: Warum haben Sie ihn dann geboren?) Weil ich kreativ bin – im Gegensatz zu anderen Leuten in diesem Haus, und weil ich glaube, daß wir in der Außenpolitik sicherlich ein Profil haben könnten.

Stichwort Menschenrechte: Wir könnten ein Land repräsentieren, das sich für Menschenrechte einsetzt. Allerdings wird die Menschenrechtskommission nur im Außenpolitischen Bericht erwähnt, ohne zu sagen, und zwar wie es üblicherweise in den Jahren zuvor war, wie viele Beschwerden von Österreich eingebracht wurden und welche Verurteilungen Österreich erlitten hat. (Abg. Schieder: Das haben wir einvernehmlich geführt!) Das ist eigenartig; das Thema Menschenrechte gäbe uns ein Profil.


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Es wurde auch kein Wort zur Situation in Hongkong verloren. Aus Aktualitätsgründen – wurde mir gesagt – könne man dazu nicht Stellung nehmen. (Abg. Schieder: Wir haben Jahrhunderte zu England geschwiegen!) Andere Länder tun es, Herr Kollege Schieder. Es wird dauernd der deutsche Außenminister Kinkel zitiert. Außenminister Kinkel ist mir natürlich sehr sympathisch. (Abg. Schieder: Ah so?) Aber es ist natürlich ein Problem, wenn man ununterbrochen Herrn Außenminister Kinkel fragen muß, bevor man österreichische Außenpolitik betreibt. Oder werden wir nächstes Jahr Außenminister Kinkel hier haben, der den Außenpolitischen Bericht gibt, weil Österreich kein eigenständiges Profil erarbeiten wollte? (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Kein Wort zu Burma, wozu es eine klare Stellungnahme der Europäischen Union gibt. Burma wird jetzt in die ASEAN-Staaten aufgenommen. Ich glaube, daß wir das als Affront werten können. – Nein, wir werten das nicht als Affront. Burma wird reingewaschen.

In Nordkorea gibt es ein gravierendes Demokratiedefizit. Einerseits verhungern die Menschen, andererseits gibt es dort eine Militäraufrüstung, die ihresgleichen sucht. Kein Wort dazu!

In Peru dasselbe. Überall, wo man hinschaut, wo es Probleme gibt und wo Österreich die Rolle des Rechtsanwaltes spielen, ein Vorkämpfer in Sachen Menschenrechte sein könnte, herrscht Schweigen über Schweigen – mit der Begründung, das sei zu aktuell.

Weiters Afrika, der Bereich der großen Seen, das Problem Kongo, Zaire, Hutus, Tutsis, Ruanda. Es wird kein Wort über die Massenmorde, die dort geschehen sind, verloren und auch kein Wort über eine Änderung der Situation und darüber, welche außenpolitischen Lehren wir daraus ziehen oder was wir außenpolitisch anders machen könnten.

Eine diesbezügliche Frage von mir im Außenpolitischen Ausschuß hat bewirkt – das war letzte Woche –, daß man sagt, aus Aktualitätsgründen könne man dazu nicht Stellung nehmen, weil die Europäische Union noch keine gemeinsame Stellungnahme erarbeitet habe. Man braucht nicht immer den Kollegen Kinkel, um eine Meinung zu haben, meine Damen und Herren! Ich würde mir wünschen, Herr Außenminister Schüssel hätte eine. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber wenn er schon den Kinkel braucht, dann möchte ich mir gerne einmal anschauen, was Schüssel im September, wenn der Dalai Lama nach Wien kommt, machen wird. Kinkel hat ihn empfangen. Was wird Schüssel machen? – Das ist eine Frage, die noch zu besprechen sein wird. Oder wird das so ablaufen, daß man sich von China dermaßen einschüchtern läßt, daß man nicht bereit ist, den Dalai Lama zu empfangen? (Abg. Dr. Khol: Alois Mock hat ihn immer empfangen! Daher wird ihn auch der Schüssel empfangen!) Ich glaube, das wäre eine interessante Diskussion. Kinkel hat die Vorgaben gegeben, Schüssel braucht das nur nachzuvollziehen (Abg. Schieder: Aber unter dem Dalai Lama war das eher eine Feudalherrschaft als eine demokratische!)

Es ist mir klar, daß der Dalai Lama kein Repräsentant der Demokratie ist. Nur steht er für eine Position, die auch ich unterstütze, nämlich daß die Menschenrechtsverletzungen, die in Tibet begangen werden, endlich aufhören, daß nicht ununterbrochen Frauen vergewaltigt und Nonnen überfallen werden. Herr Kollege Schieder! Das möchte ich in diesem Haus nicht verteidigen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schieder: Aber man sollte das andere auch sehen, nämlich ob er für die Demokratie ist! Menschenrechte sind wichtig, aber auch die Demokratie ist wichtig!)

Amsterdam war wichtig. Bei der Regierungskonferenz von Amsterdam wurden einige Fortschritte in der Frage der EU-Struktur erzielt. Das ist keine Frage. Ich halte es jedoch für eine falsche Priorität, wenn das Amt eines Kommissärs höher bewertet wird als die Stimmgewichtung im Rat. Unsere Stimmen im Rat und die überproportionale Bedeutung, die wir dort haben, sollten eher erkämpft werden als das Amt eines Kommissärs, das – leider Gottes, muß ich sagen – schön langsam in das eines nichtamtsführenden Kommissärs umgewandelt werden wird. In Zukunft wird es nur mehr fünf bis sieben amtsführende Kommissäre geben, und die anderen werden nur zur Stimmabgabe nach Brüssel zitiert werden. Ich glaube, man sollte sich überlegen,


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was man in dieser Frage in Zukunft zu tun gedenkt. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Österreich hätte Vorkämpfer für die Stellung der WEU in der EU sein können. Das ist aber nicht geschehen. Die Petersberger Aufgaben aufzunehmen, ist nicht alles. Diese Option haben die Sozialdemokraten verschlafen. Das wäre die Option gewesen, die Österreich massiv hätte verteidigen sollen, ebenso das Beschäftigungskapitel. Da hätten Sie sich vielleicht leichter getan, das wäre ein besserer und konstruktiverer Weg gewesen. Es ist aber nichts geschehen, gar nichts. Man hat die Krot’ eben gefressen! – Entschuldigung! Ich korrigiere: Man hat den Umstand, daß manche Länder einfach nicht darüber diskutieren wollen, in Kauf genommen und sich nicht dazu geäußert. Ein Versäumnis im speziellen Ihrer Fraktion, Herr Kollege. Herr Bundeskanzler Klima hätte diese Position meiner Ansicht nach wirklich verteidigen können. In diese Richtung ist jedoch nichts geschehen.

Frau Staatssekretärin! Da Sie liebenswürdigerweise anwesend sind, möchte ich Ihnen auch ein Lob aussprechen. Ich habe, als Sie nominiert wurden, nicht gedacht, daß Sie auf diesem Parkett lange bestehen können, und muß nun zugeben, daß ich mich geirrt habe, und zwar in der Hinsicht, daß eigentlich Sie diejenige sind, die die Außenpolitik in Österreich macht. Sie halten die Kontakte, Sie nehmen die Auslandsreisen in fernere Länder wahr. Sie versuchen, in Verhandlungen zu verhindern, daß die UNO von Wien abgezogen wird. Sie werden auch damit beauftragt, das Euro-Informationskampagnen-Desaster wieder in Ordnung zu bringen. – Wir wissen mittlerweile, daß es eine Telefonnummer gibt. Vielleicht könnte man auch die Bevölkerung darüber informieren. Das wäre nämlich nicht schlecht. Eine Telefonnummer allein wird, wie Sie wissen, nicht ausreichen.

Sie sind beauftragt, die Ratspräsidentschaft vorzubereiten. Wir haben nun ein Logo, darüber freue ich mich riesig, vor allem, weil dieses Logo von einer Frau geschaffen wurde.

Es gibt für die Ratspräsidentschaft jedoch keinerlei Vorgaben politischer Natur, aus denen man ersehen könnte, was Österreich während dieser Ratspräsidentschaft erreichen möchte. Ich habe nichts davon, wenn mir der Herr Außenminister die Überschriften jener Punkte sagt, die zu diesem Zeitpunkt zu verhandeln sind. Diese Überschriften kenne ich gut genug. Ich hätte mir Schwerpunkte gewünscht, nicht nur in Richtung einer Vorreiterrolle in der Außenpolitik in puncto Menschenrechte, sondern auch in der EU-Politik in puncto Umwelt. Man sollte versuchen, einen wesentlichen Schritt vorwärts zu setzen und zum Beispiel in der unseligen Atompolitik in Europa die Richtung zu wechseln. Das ist, wie ich weiß, ein Anliegen des gesamten Hauses. In dieser Zeit könnten wir Fortschritte erzielen, wenn wir bedenken, welche Verträge in dieser Frage neu zu verhandeln sind. Das wäre meiner Meinung nach ein sinnvoller Punkt, und es gibt zig andere, die ebenfalls sinnvoll wären, wie etwa die Vorreiterrolle in der Erweiterung um jene Länder, die integrationsfähig sind.

Nächste Woche kommt ein Avis der Kommission heraus. Man sollte jene Länder dann massiv unterstützen, den anderen aber auch reinen Wein einschenken. Wir haben einfach Prioritäten zu setzen, alles zusammen geht nicht. Man traut sich nicht, man denkt, es ist nicht opportun, das zu machen. Ich bedauere das und würde mir wünschen, daß, wenn nicht der Außenminister Außenpolitik macht, Sie, Frau Staatssekretärin, Außenministerin werden und nicht nur verwalten, sondern auch politische Stellungnahmen abgeben. Dann würden wir in diesem Haus die Außenpolitischen Berichte wieder wie früher einstimmig verabschieden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung ... (Abg. Dr. Schmidt: Zur Geschäftsbehandlung!)

Pardon! Zur Geschäftsbehandlung? – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.05

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Mir ist schon klar, daß sich der Herr Bundesminister durch die Staatssekretärin ver


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treten lassen kann. Es ist jedoch meiner Ansicht nach eine Frage des Umgangs mit dem Parlament, wenn ein Minister, der seit Wochen weiß, daß er zu bestimmten Tagesordnungspunkten dem Parlament Rede und Antwort stellen soll, nicht da ist.

Ich halte das für eine Ungehörigkeit dem Parlament gegenüber, die in einer Situation, in der es um einen Mißtrauensantrag gegen diesen Minister geht, besonders schwer wiegt. Daher stelle ich den Antrag auf Anwesenheit dieses Ministers. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Freiheitlichen sowie bei den Grünen.)

13.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Staatssekretärin, bitte.

13.06

Staatssekretärin im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Danke. – Ich möchte nur betonen, daß der Herr Vizekanzler und Außenminister nur ganz kurz weggegangen ist, wieder zurückkommen und selbstverständlich weiter an der Debatte teilnehmen wird.

13.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Kollegin Schmidt zur Geschäftsbehandlung, dann Frau Kollegin Petrovic.

13.06

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Erstens muß ich sagen, daß das an der Ungehörigkeit überhaupt nichts ändert, wenn der Herr Minister – er ist schon seit längerer Zeit abwesend – einfach weggeht, ohne das Parlament darüber zu informieren. Ich bin daher der Meinung, daß dieser Antrag weiterhin aufrechtzuerhalten ist. Ich stelle ihn, und ich bitte, darüber abstimmen zu lassen.

13.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Kollegin Petrovic gemeldet.

13.07

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich rege an, daß man, solange der Herr Bundesminister nicht im Hause anwesend ist, die Sitzung unterbricht und sie erst in Anwesenheit des Herrn Bundesministers fortsetzt. Vorbehaltlich des Ergebnisses der Abstimmung über den Antrag Schmidt rege ich an, über diese meine Wortmeldung eine kurze Debatte durchzuführen.

13.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich lasse nun über den Antrag der Frau Kollegin Schmidt abstimmen. Sie haben diesen Antrag gehört.

Meine Damen und Herren! Wer dem Antrag von Frau Abgeordneter Dr. Schmidt beitritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen.

Ich bitte zum Zwecke der Auszählung ... (Abgeordneter Dr. Fischer und einige andere Abgeordnete betreten den Saal und nehmen ihre Plätze im Plenum ein. – Abg. Mag. Stadler: Jetzt kommen die Leute herein! Keine Leute mehr hineinlassen! – Abg. Dr. Schmidt: Das ist die Mehrheit!) Wir sind im Abstimmungsverfahren! (Anhaltende Proteste von Abgeordneten der Oppositionsparteien über das späte Erscheinen des Abgeordneten Dr. Fischer und einzelner anderer Abgeordneter im Saal.) Er ist noch vorher hereingekommen. (Abg. Dr. Fischer: Ihr wollt einen Sozialdemokraten hinausschmeißen? Wo sind wir? Das ist unglaublich!) Ich bitte zum Zwecke der Auszählung ... (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja ungeheuerlich! Herr Präsident! Das ist eine Unterstellung! Die weise ich zurück!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie erstens, Ruhe zu bewahren, da Sie sicher alle an einer korrekten Aus... (Abg. Dr. Fischer: Wieso wollen Sie mich hinausschmeißen? – Abg. Mag. Stadler: Während der Abstimmung geht normalerweise niemand hinein!) Ich zähle


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jetzt ab und bitte Sie, Ruhe zu bewahren. Ich nehme an, die Damen und Herren des Hohen Hauses sind an einer korrekten Auszählung interessiert.

(Abg. Mag. Steindl will seinen Platz während des Auszählungsverfahrens einnehmen, verläßt aber nach heftigen Rufen der Abgeordneten der Oppositionsparteien wieder den Saal.)

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Der Antrag ist abgelehnt.

Wenn eine Kollegin oder ein Kollege vielleicht den Saal betreten hat, nachdem das Abstimmungsverfahren begonnen hat, hätte das auf das Abstimmungsverhältnis keinen Einfluß gehabt. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Wabl: Mit welchem Ergebnis?) 35 zu 45.

Herr Präsident Fischer zur Geschäftsbehandlung.

13.09

Abgeordneter Dr. Heinz Fischer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich bitte, mir bekanntzugeben, auf welche Bestimmung der Geschäftsordnung Sie sich stützen, wenn Sie Abgeordnete am Betreten des Sitzungssaales hindern wollen.

13.09


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Herr Präsident! Es hatte das Abstimmungsverfahren bereits begonnen. (Abg. Dr. Fischer: Na und?)

Ich habe ohnehin festgestellt, daß, sollte jemand nach Beginn der Abstimmung – ich habe es nicht genau beobachten können – den Saal betreten haben, es keinen Einfluß auf das Stimmenverhältnis gehabt hätte. (Abg. Nürnberger: Ich bin ja kein Hausmeister, daß Sie mir das Hereinkommen verbieten! – Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsordnung!)

Herr Kollege! Ich glaube, die Meldung des Kollegen Wabl zur Geschäftsordnung war vorher. Zunächst Herr Kollege Wabl, dann Kollege Stadler, danach Kollege Kostelka zur Geschäftsbehandlung.

13.10

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Die Frau Kollegin von der sozialdemokratischen Fraktion hat erst, nachdem Sie uns aufgefordert haben, ein Zeichen zu geben, den Sitzungssaal betreten. Es ist nicht die Frage gewesen, ob sie berechtigt ist, den Sitzungssaal zu betreten, sondern ob sie mit ihrem nachträglichen Eintreten das Stimmverhältnis verändert. (Vizekanzler Dr. Schüssel nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

13.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: So ist es, und das ist nicht tangiert worden.

Zur Geschäftsbehandlung sind nun Herr Kollege Stadler und dann Kollege Kostelka gemeldet.

13.11

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann mich über die Wortmeldung des Herrn Präsidenten Dr. Fischer und insbesondere über seine Unterstellung in Richtung meiner Fraktion nur wundern.

Herr Präsident! Sie müßten an sich wissen, daß wir in einer Präsidialkonferenz ein Richtlinienpapier ausgearbeitet haben, wonach die Fraktionen Disziplin üben und die Präsidenten den Abstimmungsvorgang so handhaben sollten, daß während des Abstimmungsvorganges der Sitzungssaal nicht mehr betreten werden soll, damit der Saal nicht zum Durchhaus wird.

Insbesondere die drei Präsidenten haben die Klubobleute um Berücksichtigung dieser Regelung ersucht, da ihnen ein ordnungsgemäßes Durchführen der Abstimmung unmöglich ist, wenn während des Abstimmungsvorganges das Hohe Haus ein permanentes Durchhaus ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Nürnberger und Schwarzenberger. )

13.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Klubobmann Kostelka, bitte.

13.12

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich verstehe nicht, warum es ein Durchhaus sein soll, wenn Abgeordnete den Saal betreten.

Das Wesentlichste in diesem Zusammenhang ist meiner Ansicht nach jedoch, daß jeder Abgeordnete dieses Hauses das unverrückbares Recht hat, in diesem Kreis von 183 Volksvertretern seine Stimme abzugeben, das ihm niemand nehmen kann! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Wenn er es nicht freiwillig macht, dann schiebt der Parnigoni die Leute herunter! Fragen Sie Frau Hagenhofer!)

Es gibt keine Verfassungsbestimmung – auch keine Geschäftsordnungsbestimmung –, die ihm dieses Recht nehmen könnte. Ich behaupte sogar, eine entsprechende Geschäftsordnungsbestimmung wäre verfassungswidrig. (Abg. Mag. Stadler: Das sagen Sie dem Parnigoni!)

Daher stelle ich – bei aller Anerkennung der Schwierigkeiten, die sich bei der Durchführung von Abstimmungen ergeben können – die Frage: Worauf stützen Sie die Feststellung, daß ein Abgeordneter, der das Recht abzustimmen hat, an diesem Recht gehindert wird, wenn er diesen Saal ein bißchen später betritt?

13.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Kollege Kostelka! Es scheint sich um ein Mißverständnis zu handeln. Ich habe niemandem in diesem Hause irgendein Recht streitig gemacht, ich habe nur, da es einen leichten Tumult gab, festgestellt, daß die Anwesenheit oder Nichtanwesenheit oder das zu späte Hereinkommen nichts am Abstimmungsergebnis geändert hätte. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie immer! Nicht dabei, aber bestimmen!)

Zur Geschäftsordnung ist Frau Kollegin Petrovic gemeldet.

Im übrigen gestatten Sie mir bitte den Hinweis, daß sozusagen der Streitgegenstand dieser Debatte, der bis vor kurzem nicht anwesende Außenminister, nunmehr auf der Regierungsbank Platz genommen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage Frau Kollegin Petrovic, ob ihre Wortmeldung aufrecht bleibt. – Bitte, Frau Kollegin.

13.14

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich lege Wert auf die Feststellung, daß wir uns vorhin in einem Abstimmungsvorgang, der eigentlich schon abgeschlossen war, befunden haben. (Abg. Mag. Stadler: Ja, das ist richtig!) Es kann meiner Überzeugung nach nicht angehen, daß, wenn der Präsident sagt, er ersucht um ein Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung, dieses Zeichen in einem Zeitraum von, ich weiß nicht, einer Viertelstunde oder länger gegeben werden kann, denn dann wird dieses Zeichen notwendigerweise sehr ambivalent.

Außerdem erlaube ich mir – denn mittlerweile sehen die Dinge insgesamt ganz anders aus – in Richtung des Präsidiums hin anzumerken, daß die Zählung des Grünen Klubs zwar nicht das Ergebnis Ihrer Enunziation in Frage stellen soll, aber 37 Prostimmen ergeben hat. (Abg. Grabner: Ja, nachher! – Abg. Schwarzenberger: Weil zwei von Ihnen später hereingekommen sind!)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsbehandlung noch einmal Herr Abgeordneter Dr. Kostelka.

13.15

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich glaube, daß diese Diskussion in weiterer Folge keinen Sinn mehr hat.


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Ich schlage vor, daß wir folgendermaßen vorgehen: Wir sollten diese Frage einerseits in der nächsten Präsidiale beraten, andererseits aber in weiterer Folge – auch in dieser Sitzung – davon ausgehen: Wer immer im Saal ist, wann immer er ihn betreten hat, kann am Recht, seine Stimme abzugeben, nicht gehindert werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sagen Sie das dem Parnigoni! – Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. )

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.15

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die heutige Debatte über den Außenpolitischen Bericht 1996 und die Erklärung unseres Außenministers fallen in die Zeit außenpolitischer Großereignisse: Vor wenigen Wochen wurden in der Regierungskonferenz von Amsterdam die Weichen für die Umsetzung der Wirtschafts- und Währungsunion gestellt, und in den letzten Tagen haben ein NATO-Gipfel und die Konferenz der "Partner für den Frieden" weitere neue Möglichkeiten für mehr Sicherheit auf diesem Kontinent und in der Welt schlechthin eröffnet.

Die Erklärung unseres Außenministers und der Bericht über die Entwicklung der Außenpolitik 1996 sind von weiteren sehr dynamischen Entwicklungen geprägt. Unser Beitritt zur Europäischen Union und die Entwicklung der Europäischen Union in den letzten Jahren im Hinblick auf Osterweiterung, WEU sowie Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik sind weitere Meilensteine der österreichischen Außenpolitik in diesem Bericht 1996. Diese haben selbstverständlich auch im Hinblick auf die gegenwärtige Situation 1997 Bedeutung.

Die Rolle Österreichs in dieser Entwicklung wird aufgrund unserer Außenpolitik und unserer Beiträge im internationalen Geschehen geachtet, unser Außenminister wird geschätzt.

Liebe Frau Kollegin Gredler! Wenn Sie meinen, für Sie sei nicht maßgeblich, welche Meinung in diesem Punkt der sonst von Ihnen geschätzte deutsche Außenminister, ein Mitglied und ehemaliger Obmann einer Ihrer Schwesterparteien, vertritt, dann ist das selbstverständlich zu respektieren. In außenpolitischen Belangen wird aber die Meinung Kinkels wohl bedeutsamer sein als Ihre persönliche Meinung als Abgeordnete Gredler. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im Ausschuß war schon erkennbar, daß sich die Opposition mit der Begründung für den schon damals in der Luft liegenden Mißtrauensantrag schwer tun wird. Es wurde auf Debatten der letzten Tage in den Medien über Äußerungen des Außenministers hingewiesen, die seither heftig diskutiert werden. Zu diesen hat der Herr Außenminister eine klare und persönliche Stellungnahme dahin gehend abgegeben, ob sie gefallen sind oder wie sie textiert waren.

Es wurde auch versucht, den Mißtrauensantrag mit dem Inhalt der Außenpolitik nicht nur der letzten Tage, sondern unter Umständen der letzten Wochen und Monate zu begründen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Öffentlichkeit wird sicherlich zum richtigen Urteil kommen, was der eigentliche Grund für den heute eingebrachten Mißtrauensantrag war. (Abg. Ing. Reichhold: Sogar der Herr Konrad vom Raiffeisen-Verband!)

Ich konnte einmal in meinem politischen Leben an einem politischen Großereignis die Umgangsformen und die Art, wie wichtige außenpolitische Verhandlungen geführt werden, miterleben: Das waren die Beitrittsverhandlungen in Brüssel, bei denen ich in vielen wichtigen, vor allem inoffiziellen Bereichen Augen- und Ohrenzeuge sein konnte – für mich das politisch prägende Erlebnis schlechthin. Mich hat vor allem beeindruckt, wie entschlossen und durchschlagskräftig und mit wieviel Geschick 15 Außenminister mit unterschiedlichsten Standpunkten und sehr brisanten Entscheidungen damals um die Erweiterung gerungen haben, vor allem wenn man die Bedeutung der Erweiterung um Österreich, Schweden, Finnland und die Folge für die künftige Osterweiterung und die europäische Vision bedenkt.


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Ich möchte Ihnen aber ganz offen sagen: In der Hitze des Verhandlungsgeschehens sind die Außenminister mit sich selber und im Grunde genommen miteinander nicht im Stil der Diplomatischen Akademie umgegangen. Aber ich bewundere seither die Kompetenz dieser Außenminister und vor allem unseren Außenminister Wolfgang Schüssel. (Abg. Dkfm. Holger  Bauer: Das war der Mock! Sie verwechseln das!) Ich habe miterlebt, wie kompetent österreichische Regierungsmitglieder wie Mock, Schüssel, Fischler, Lacina und Klima in schwierigsten Positionen verhandelt haben. Für mich bleibt es das prägende Erlebnis schlechthin.

Meine Damen und Herren! Das zählt im Grunde genommen! Das zählt und nicht diese Debatte! (Beifall bei der ÖVP.) Es zählt nur das, was in schwierigen Situationen geleistet werden kann.

Daher möchte ich Sie vor allem auf folgendes hinweisen: Die Art, in der Sie diesen Mißtrauensantrag aufbereitet und vorgebracht haben, kann nur folgendermaßen bewertet werden: Der Inhalt ist lächerlich aufgebaut, und gemessen an den Auswirkungen ist der Antrag auf Destabilisierung der Regierung angelegt. Daher kann die Aufforderung an Sie nur lauten: Beenden Sie dieses traurige Schauspiel! (Beifall bei der ÖVP.)

13.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.21

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Es wurde heute schon mehrmals gesagt: Ein kleines Land braucht eine berechenbare Außenpolitik, und es braucht vor allem glaubwürdige Repräsentanten. (Abg. Schwarzenberger: Beides erfüllt unser Außenminister!) Großmächte wie vor allem die Vereinigten Staaten, aber auch Frankreich oder Deutschland haben andere Möglichkeiten, ihre Interessen und Strategien zu verfolgen. Sie haben andere Mittel und Möglichkeiten, sich auf internationaler Ebene zu positionieren.

In Österreich haben wir – vor mittlerweile schon einiger Zeit – für eine relativ kurze Phase erlebt, wie es auch für ein kleines Land möglich ist, außenpolitisch aktiv zu sein und eine gewisse Rolle zu spielen. Es tut mir leid, daß heute bis jetzt kein einziger Repräsentant der Sozialdemokratischen Partei den ehemaligen Bundeskanzler Kreisky erwähnt hat und seine Rolle sowie die Rolle, die Österreich damals spielen konnte, in Erinnerung gerufen hat. Ich möchte diese Zeit nicht glorifizieren und bin aus heutiger Sicht – das mögen manche Sozialdemokraten genauso sehen – nicht mit allem einverstanden, was damals gemacht wurde. Aber Kreisky hat gezeigt, daß ein kleines und neutrales Land trotzdem eine wichtige Rolle spielen kann und daß man mit einer bestimmten Position, mit Engagement und Überzeugung etwas bewirken kann, für das man auf internationaler Ebene beachtet wird, sodaß sich daraus eine anerkannte Rolle entwickelt.

Meine Kollegin Pollet-Kammerlander hat bereits ausführlich dargestellt, daß es zu den schlimmen Versäumnissen der heutigen österreichischen Außenpolitik gehört, die Möglichkeit aktiver Neutralität völlig vergessen zu haben und sie überhaupt keine Rolle mehr spielen zu lassen. Man kann mit der Außenpolitik des Exaußenministers Mock nicht einverstanden sein – die grüne Fraktion, daher auch ich, war damit nicht einverstanden –, aber eines kann man ihm nicht absprechen: Er hatte eine Idee und zeigte Engagement. Meiner Ansicht nach ging er mit seinem Engagement in die falsche Richtung, aber es war immerhin zu erkennen, daß sich da jemand für eine bestimmte Idee einsetzte.

Der jetzige Außenminister Vizekanzler Schüssel hat nicht einmal mehr das. In seinem Fall stimmt die Idee nicht, und Engagement kann ich weit und breit nicht erkennen. Ich sehe keine Spuren einer außenpolitischen Positionierung Österreichs in den letzten Monaten und auch keine Anzeichen dafür, daß Österreich in irgendeiner Form eine positive Rolle gespielt hätte. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist selbstverständlich richtig, Herr Vizekanzler, daß Sie die Mitgliedschaft Österreichs zur Europäischen Union vor allem in der Weise wahrgenommen haben, daß Sie sich innerhalb der


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EU als schweigender Zaungast wohl fühlen, dort alle möglichen Initiativen den jeweiligen Vorsitzenden überlassen und sich selbst nicht einmischen. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Woher wissen Sie das?)

Herr Vizekanzler! Das wissen wir zum Teil von Beobachtern in Sitzungen und von Teilnehmern der Regierungskonferenz, und wir wissen es auch von Kommentatoren, die darüber – für alle nachlesbar – berichtet haben. Ich kann es auch selbst für einen Teilbereich bestätigen, wenn ich mich an die große Umweltkonferenz vor zwei Wochen erinnere. Österreich spielt keine Rolle mehr, überhaupt keine. Es gibt keine Idee, keine Vorgaben, überhaupt nichts, und Schlagzeilen gibt es nur dann, wenn Ihre Partei wieder einmal einen Skandal provoziert. (Abg. Dr. Puttinger: Dann haben Sie nicht aufgepaßt! Sie waren nicht da und haben nicht aufgepaßt!) Sie nutzen Ihre Möglichkeiten als Außenminister tatsächlich nur dazu, sich innenpolitisch zu profilieren und sich innerhalb Ihrer Partei zu positionieren. Das ist eine Mißinterpretation und eigentlich auch ein Mißbrauch Ihres Amtes.

Selbstverständlich besteht ein unmittelbarer Zusammenhang – das wurde in den letzten Tagen auch in vielen Kommentaren so dargestellt – zwischen Ihrer von keinen Ideen, von einer nichtvorhandenen Linie geprägten Außenpolitik und den flotten Sprüchen, die Sie in Amsterdam losgelassen haben. Das sehen nicht nur die Grünen so, sondern auch viele Kommentatoren, von denen unter anderem folgende Meinung vertreten wird: Die bloße Adabei-Rolle, die der österreichische Außenminister in der internationalen Politik spielt, und zwar seit Monaten, ist unmittelbar mit den flotten Sprüchen in Amsterdam und dem, was danach passiert ist, in Zusammenhang zu sehen.

Denn jemand, der sich sozusagen nicht über eine wirkliche Linie definieren und in sogenannten Pressefrühstücken offensichtlich nicht mit entsprechenden Informationen aufwarten kann, muß dies anscheinend mit einem entsprechenden Vokabular überdecken, wobei Sie bis heute in keiner Weise entkräften konnten, daß Sie die Worte, die Ihnen vorgeworfen werden, gesagt haben.

Herr Vizekanzler und Außenminister Schüssel! Sie haben am Dienstag in diesem Haus etwas getan, was im Parlamentarismus der Zweiten Republik einzigartig ist, etwas, was man Ihnen heute jedenfalls relativ leicht vorhalten kann, ohne dafür einen Ordnungsruf zu bekommen. Herr Vizekanzler! Ich meine, Sie haben am Dienstag hier das Parlament belogen. Überdies haben Sie in den Tagen nach der Regierungskonferenz von Amsterdam die ganze Republik belogen. Es ist in vielen Zeitungen nachzulesen (Abg. Dr. Puttinger: Belogen? Herr Präsident! Ordnungsruf! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) , das erste Mal in den "Salzburger Nachrichten" in einem von Ronald Barazon verfaßten Leitartikel, dessen erster Satz lautet: "Wolfgang Schüssel lügt." Es wurde meines Wissens bisher keine Klage eingereicht. Vielleicht haben Sie es inzwischen nachgeholt, Herr Vizekanzler, dann können Sie es uns heute berichten. (Abg. Mag. Kukacka: Man braucht nicht jeden Blödsinn zu klagen! Das wäre kontraproduktiv! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie beschuldigen jene Journalisten, die – zum Teil in eidesstattlichen Erklärungen – all diese unglaublichen Dinge, die Sie dort gesagt haben, bestätigen. Bis heute haben Sie diese Journalisten – falls sie unrecht haben – nicht entsprechend zur Verantwortung gezogen. Statt dessen drehen Sie den Spieß um und konstruieren ein völlig absurdes Komplott, das es überhaupt nicht geben kann. Denn man muß sich das einmal realistisch vorstellen: Es sitzen ein paar angeblich bösartige Journalisten zusammen und konstruieren ein Komplott; dabei fällt ihnen zufällig Bundesbankpräsident Tietmeyer und ebenso zufällig der Premierminister von Schweden ein; anschließend vermischen sie es, erfinden entsprechende Ausdrücke und machen am Ende gemeinsam eine tolle Zeitungsgeschichte. – Das ist absurd, Herr Vizekanzler, das ist völlig absurd! (Abg. Kopf: Sind Sie sich für das nicht zu schade? – Abg. Schwarzenberger: Ist das nicht unter Ihrem Niveau?)

Ja, genau das ist das Schlimme: Daß wir uns hier mit so etwas beschäftigen müssen, ist unter dem Niveau dieses Hauses! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist tatsächlich unter dem Niveau dieses Hauses. (Abg. Kopf: Aber nicht unter Ihrem Niveau!) Mir tut


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es unendlich leid, Herr Abgeordneter, daß wir hier nicht seriös über die österreichische Außenpolitik diskutieren können. (Abg. Kopf: Es ist offensichtlich nicht unter Ihrem Niveau!) Mir tut es unendlich leid, daß wir hier nicht sachlich über die Vorteile eines neutralen kleinen Landes diskutieren können, weil der Außenminister dieses Land und sich selbst der Lächerlichkeit preisgibt! (Abg. Dr. Maitz: Dann tun Sie es doch endlich! – Beifall bei den Grünen.)

Sehen Sie nicht die Karikaturen in allen Zeitungen? Der Außenminister war während der letzten Tage und Wochen in den internationalen Zeitungen, aber nicht mit seiner Politik. (Abg. Dr. Rasinger: Tugendwächterin! Obertugendwächterin!) Er war in den Zeitungen. Lesen Sie es nach, in der "Financial Times", in den italienischen, französischen und deutschen Zeitungen und selbstverständlich auch in den österreichischen Zeitungen! (Abg. Kopf: Glauben Sie alles, was in der Zeitung steht? Sie tun mir leid! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt drehen Sie den Spieß einfach um! Die Zeitungen haben nur recht, wenn es Ihnen paßt! Herr Khol zeigte vorhin die "Kronen Zeitung" mit der Kinkel-Schlagzeile auf der Titelseite. Was in der Schlagzeile steht, hat nichts mit dem zu tun, was er im Interview sagt. Aber wenn sie das schreibt, hat die "Kronen Zeitung" plötzlich recht! Da ist sie Ihnen gut genug zum Vorzeigen. Wenn hingegen wir seriöse Zeitungen zitieren wie die "Financial Times", die "Salzburger Nachrichten", "Die Presse" und den "Standard", dann haben die Ihrer Ansicht nach alle gelogen. Die haben das erfunden! Eine Konspiration! Das ist unglaublich! – Dann soll er doch diese Journalisten klagen! (Abg. Dr. Rasinger: Tugendwächterin!) Er soll sie klagen, und solange er nicht klagt, ist dieser Vizekanzler in diesem Haus und für diese Republik untragbar, völlig untragbar! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Rasinger: Sie beschimpfen diesen Vizekanzler! Das ist Ihr Stil! – Abg. Schwarzenberger: Die Zeitungen haben auch geschrieben, Ihre Partei hat ein Naheverhältnis zu den Ebergassinger Tätern! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Über den Mißtrauensantrag muß man zweifellos diskutieren. Schon die nichtvorhandene Außenpolitik wäre Grund genug für eine Diskussion. (Abg. Schwarzenberger: Bisher wurde behauptet, Sie seien die einzige Ökologin unter den Grünen! Jetzt bestreiten Sie das selbst!) Aber an der Spitze der Gründe für die Notwendigkeit unseres Antrags steht, daß dieser Außenminister nicht mehr in der Lage ist, Österreich im Ausland zu vertreten, ohne die Republik permanent lächerlich zu machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dieser Außenminister hat keine Handlungsfähigkeit mehr. Das wird sogar in einem Protokoll des Außenministeriums festgestellt, berichtet eine Wochenzeitung. Auch darauf wurde von seiten des Außenministers noch nicht repliziert, daß sein eigenes Haus in internen Schriften und Berichten selbst davon spricht, daß der Außenminister derzeit nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben, und nicht handlungsfähig ist. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist frei erfunden! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die nächste Zeitung, die offenbar lügt! Dann klagen Sie doch all diese Zeitungen und Journalisten! (Abg. Kopf: Was ist das für eine absurde Logik?) Der Herr Vizekanzler müßte daran interessiert sein, sich so etwas wie Reputation für die Zukunft zu bewahren. Er wird ja nicht vorhaben, jetzt in Frühpension zu gehen. Wenn er in Zukunft weiterhin Politik machen muß ... (Abg. Dr. Rasinger: Das ist so krank! Sie beschimpfen den Vizekanzler und führen sich als Tugendwächterin auf!) Nein, ich fordere eine Klarstellung! Denn in Österreich haben Zeitungen geschrieben, daß Vizekanzler Schüssel lügt. (Abg. Kopf: Prozeßhanseln seid ihr, nicht wir! Wir arbeiten! – Abg. Schwarzenberger: Sie machen das unter dem Schutz der Immunität! Ansonsten müßten wir Sie klagen!) Er hat das bis heute in keiner Weise entkräftet und die betroffenen Journalisten nicht geklagt, sondern versucht jetzt, den Spieß umzudrehen. (Zwischenruf der Abg. Steibl.  – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Solange das aufrecht bleibt, müssen Abgeordnete von der Annahme ausgehen, daß es zutrifft. (Abg. Dr. Rasinger: Sie versuchen, mit Dreck herumzuwerfen, und hoffen, daß irgendein Dreck hängenbleibt!) Ich weiß, daß Sie Ihr Mandat nicht ernst nehmen. Sie haben uns erst vorvorige Nacht bewiesen, mit was für einer Art von Gewissen Sie hier als Abgeordnete sitzen und wie Sie sich, je nach Strategie, benutzen lassen. (Abg. Dr. Rasinger: Scheinheilig!) Wir haben Ihre Art von Parlamentarismus kennengelernt. Dafür stehen wir heute erneut in einer internationalen Zeitung, in den "Zürcher Nachrichten". Jeden Tag werden wir kritisiert wegen Ihnen, die Sie angeblich die Interessen der Republik im Auge haben und angeblich für das Wohl des Staates


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agieren. (Abg. Dr. Rasinger: Sie haben gar nichts verstanden!) Ihre Schuld ist es, daß wir seit Wochen in allen internationalen Zeitungen lächerlich gemacht werden. Das ist ein unhaltbarer Zustand! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Schämen Sie sich, so mit Dreck herumzuwerfen! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jeder Mensch in Österreich, den Außenpolitik interessiert, jeder Mensch, den internationale Politik interessiert, und jeder Mensch, der Interesse daran hat, daß dieses Land so seriös vertreten wird, wie es das verdient, kann mit diesem Außenminister nicht mehr leben. (Abg. Kopf: Ich hoffe nicht, daß Sie das glauben, was Sie da sagen!) Dieser heutige Mißtrauensantrag ist mehr als gerechtfertigt. (Abg. Dr. Rasinger: Machen Sie den Herrn Pilz zum Außenminister! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Vizekanzler! Sie würden sich selbst, uns allen und vor allem dieser Republik einen großen Dienst erweisen, wenn Sie Ihr Amt zurücklegten und einem neuen Außenminister Platz machten, der dieses Land glaubwürdig nach außen vertreten kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: So wie der Pilz! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Was das Verlangen nach Erteilung eines Ordnungsrufs anlangt, möchte ich vorher Einsicht in das Protokoll nehmen. (Abg. Kopf: Das nützt bei der Dame sowieso nichts!)

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

13.33

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An einem Tag, an dem man über die Möglichkeiten diskutiert, österreichische Außenpolitik im Ausland glaubhaft zu vertreten, muß man irgendwann zu der Frage kommen, worin die österreichische Außenpolitik eigentlich bestehen soll. Mein Beitrag wird sich vor allem darauf konzentrieren. Denn immer stärker habe ich den Eindruck, daß die heutige Debatte auch der Ausdruck eines Vakuums in der außenpolitischen Diskussion ist und andere Aspekte der Diskussion dafür herhalten müssen, dieses Defizit einigermaßen zu übertünchen.

In der Tat stehen wir vor Herausforderungen, die nicht einfach zu bewältigen sein werden. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sich die weltpolitische Situation seit 1989 in einer Übergangsphase befindet. In dieser Lage haben wir es mit einer einzigen verbliebenen Supermacht zu tun. Es ist – wohlgemerkt – eine demokratische Supermacht, aber wir müssen erkennen, daß dieser Zustand sehr ungünstige Auswirkungen auf eine Reihe internationaler Organisationen mit sich gebracht hat. Negative Auswirkungen sind auch feststellbar im Hinblick auf die Art und Weise, wie sich das Verhältnis zwischen Europa und den USA entwickelt hat.

So stellt sich nun die Frage nach einer neuen Form der Stabilität und des Gleichgewichts im internationalen Maßstab. Es geht nicht um eine Stabilität, die – wie die alte Ordnung – auf der Konkurrenz unterschiedlicher Systeme fußt oder der eine neue Art der Konkurrenz wie der von Samuel Huntington beschriebene Konflikt der Kulturen zugrunde liegt, sondern es geht um eine Stabilität, die auf Kooperation, auf der Übereinstimmung hinsichtlich der Universalität der Menschenrechte und auf der Übereinstimmung hinsichtlich demokratischer, marktwirtschaftlicher und sozialer Grundsätze beruht. Zu solcher Stabilität sind allerdings auch Kräfte erforderlich, die geeignet sind, die Übermacht der USA, die sich manchmal unangenehm auswirkt, zu stabilisieren. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Herr Kollege Jung! Sie können sich nachher melden und intellektuell auf diese Fragen eingehen, wenn Sie etwas beizutragen haben. (Abg. Jung: Seit 1968 fällt Ihnen nichts Neues ein!)

Es stellt sich nunmehr die Frage, wo Ansätze zur Herstellung eines Gleichgewichts zu finden sind. Die einzige Chance dafür sehe ich in der Europäischen Union und in der Europäischen Integration. Vor diesem europäischen Hintergrund muß man auch den Vertrag von Amsterdam und die jüngsten Diskussionen in Madrid bewerten. Die Frage lautet: Ist die Europäische Union


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zu einer Entwicklung imstande, die einen Beitrag zu einem zivilisierteren Gleichgewicht in der Welt zu leisten vermag? Ich sage offen, daß der Vertrag von Amsterdam in dieser Hinsicht positive und enttäuschende Elemente enthält.

Herr Vizekanzler! Sie haben die positiven Aspekte genannt. Selbstverständlich ist es ein großer Erfolg Österreichs, daß die Frage der Beschäftigungspolitik an die Spitze der Tagesordnung getreten ist. Es ist ein österreichischer Erfolg, der mit neu entstandener französischer Unterstützung geglückt ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Entscheidend wird nun sein, wie die Absichten im Rahmen des von Ihnen angekündigten Gipfeltreffens im kommenden Herbst umgesetzt werden. Welche Instrumente werden tatsächlich helfen, von der gemeinsamen Zielsetzung zur gemeinsamen Schaffung von Arbeitsplätzen in den einzelnen Ländern zu gelangen? (Abg. Mag. Schweitzer: Welche Vorschläge habt ihr für den Gipfel?) Ein entscheidender Punkt werden entsprechende Maßnahmen im Bereich der Europäischen Investitionsbank sein, und es geht bis hin zur Reform der Fonds. (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege Gusenbauer! Welche Vorschläge habt ihr?)

Der zweite entscheidende Punkt ist die Frage nach der Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. In diesem Zusammenhang muß man offen aussprechen ... (Abg. Mag. Schweitzer: Kein Vorschlag!) Schweitzer! Später, Letzter auf der Rednerliste! (Abg. Mag. Schweitzer: Welche Vorschläge für den Beschäftigungsgipfel hat die SPÖ?) Machen wir, aber jetzt reden wir zur Sicherheitspolitik. Kollege Schweitzer! Zu spät hereingekommen – zuhören, sich danach zu Wort melden! – Mit der Sicherheitspolitik (Abg. Mag. Schweitzer: Wie wollt ihr Arbeitsplätze schaffen? Wie lauten die SPÖ-Vorschläge?) haben wir ein Problem. Die Regierungskonferenz von Amsterdam hat offensichtlich keine klare Aussage zur Weiterentwicklung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik getroffen. Vor allem Großbritannien scheint sich bisher nicht im selben Ausmaß wie eine Reihe anderer Staaten "europäisch" zu verhalten. All das setzt sich im Gipfeltreffen von Madrid fort. Die Gegensätze zwischen einzelnen europäischen Vertragspartnern und den Vereinigten Staaten sind nicht zu übersehen.

Meiner Ansicht nach geht es darum, ob das europäische Element stärker oder schwächer wird. Österreich muß an einer Stärkung interessiert sein und dementsprechend definieren, wie seine weitere sicherheitspolitische Strategie aussehen soll, nicht auf der Ebene ideologischer Bekenntnisse, sondern im Hinblick darauf, was der europäischen Sicherheit insgesamt dient. Das ist die Grundlage der Debatte, die wir zu führen haben.

Ich halte es daher für richtig, daß Österreich – ebenso wie Finnland und Schweden – eine Botschaft bei der NATO einrichtet, um diesen Dialog konstruktiv weiterzuführen. Richtig ist es auch, einen Optionenbericht nicht in zwei Monaten übers Knie zu brechen, sondern alle Konsequenzen vernünftig zu Ende zu diskutieren, im Frühjahr einen Entwurf ins Haus zu bringen und danach hoffentlich eine fundiertere Debatte als die heutige zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte, Herr Abgeordneter. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

13.39

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Außenminister! Ein Außenminister muß sich an der Front bewähren. Heute ist die Front das Parlament. Ihr Fluchtversuch ist zunächst einmal mißlungen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kopf: Mein Gott! Also Wolfgang, genierst du dich nicht? – Abg. Mag. Kukacka: Kindisch!) Aber ich hoffe für Sie, Herr Außenminister, daß Sie nach dieser Sitzung von allen außenpolitischen Verpflichtungen entbunden und ein freier Mann sein werden. (Abg. Kopf: Setzen, Nichtgenügend! – Abg. Schieder: Es ist unter der Würde, so was zu sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Präsident! Herr Außenminister! Eines fällt im schriftlichen und auch in Ihrem heutigen mündlichen Bericht auf: Sie sind sehr detailverliebt, wie beispielsweise Ihre langatmige Darstellung und Aufzählung der Auslandreisen beweist. Aber dem Bericht fehlt – da gebe ich Kollegen Gusenbauer recht – die Darstellung der außenpolitischen Sicht Österreichs. Dem Bericht und Ihren Ausführungen fehlt die Darstellung einer außenpolitischen Strategie, und vor allem fehlt


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dem Bericht in jedem einzelnen Kapitel eine Vorschau der in Angriff zu nehmenden Aufgaben (Beifall bei den Freiheitlichen) , auch jener Aufgaben, die zur Unterstützung von Arbeiten anderer Ressorts im Ausland dienen könnten. Und ich unterstelle dem Bericht genauso wie Ihnen bei Ihren Ausführungen bewußt den Mangel an innenpolitischer Koordination. Damit wird verständlich, daß es in vielen Fällen zu unterschiedlichen Aussagen und natürlich auch in der Koalition zu Irritationen kommt. (Abg. Dr. Rasinger spricht mit Bundesminister Dr. Schüssel.  – Abg. Aumayr: Kollege Rasinger! Können Sie das nicht unterlassen?)

Herr Außenminister! Ich unterstelle Ihnen auch, daß Sie bewußt keine klaren Zielsetzungen formulieren, um ungehindert durch die Welt surfen zu können. Diese fehlende Klarheit wird auch in dem von den Beamten ansonsten recht korrekt erstellten Bericht am Beispiel der Ortsnamen deutlich. Die Bezeichnung von Ortsnamen erfolgt im Außenpolitischen Bericht sehr unterschiedlich. So werden Orte einmal mit der deutschen Namensbezeichnung verwendet, dann wieder in der jeweiligen Landessprache. Sinnvoll wäre doch eine durchgängig einheitliche Form der Ortsbezeichnung.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Kollegen bringen daher in diesem Zusammenhang folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt und Kollegen betreffend Bezeichnung von Ortsnamen im Außenpolitischen Bericht 1996

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß bei allen deutschsprachigen Publikationen des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, insbesondere im Außenpolitischen Bericht der Bundesregierung sämtliche Bezeichnungen von Orten auf dem Gebiet der ehemaligen k. u. k. Monarchie, die über Jahrhunderte in einer deutschen Bezeichnung im Sprachgebrauch waren, unter Berücksichtigung der dort immer noch lebenden deutschsprachigen Bevölkerung auch derartig oder zumindest zweisprachig bezeichnet werden."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel, Herr Außenminister: Ein Fehlen der Klarheit, ein Fehlen der Linie haben Sie im Bereich des NATO-Beitritts geliefert: zuerst forsch gefordert, dann wortreich relativiert, um schlußendlich auf die Linie des Koalitionspartners einzuschwenken und vor allem die Dringlichkeit abzulegen, anstatt die Diskussion darüber ins Parlament zu bringen. Herr Außenminister! Glauben Sie wirklich, mit einer solchen Vorgangsweise dem Image Österreichs dienen zu können? – Ich glaube nicht, sondern es wird geschädigt! Und die Drohung im Zuge der Ratifizierung des Schengen-Abkommens erinnert höchstens an das Märchen vom Rumpelstilzchen, ist aber doch keine Haltung eines Außenministers! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. )

Ziel der Außenpolitik muß es doch auch sein, innenpolitische Strategien und Positionen im Ausland korrekt zu vertreten und Maßnahmen dort verständlich zu machen. Die Einführung der Mautvignette, die wir Freiheitlichen nicht haben wollten, haben Sie diplomatisch nicht begleitet und verständlich gemacht. Durch diese außenpolitische Absenz kam es zu einer Österreichbeschimpfung, die nicht gebremst wurde. "Strauchdiebe" wurden wir im Europäischen Parlament genannt!

Herr Außenminister! Sie haben sich auch nie dafür eingesetzt, daß beispielsweise österreichische statistische Daten rechtzeitig nach Brüssel gesendet werden. Wenn man die jeweiligen


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Berichte bekommt, stellt man fest, daß bei den Daten Österreichs immer ein Sternlein ist, weil es sich um vorläufige Zahlen handelt.

Aber auch der Umgang mit der Wahrheit ist ein lockerer, und der breite Wortschatz und, ich möchte auch sagen, Ihre Beredsamkeit lassen einiges zu. Das wurde aber soeben von der Frau Abgeordneten Langthaler sehr massiv angesprochen und anhand von vielen Beispielen aufgezeigt. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Ich möchte aber noch kurz ein Beispiel zum Thema "Japanexport" bringen. Sie haben hier im Hause behauptet – und damit die Unwahrheit gesagt –, daß die Exporte der Automobilindustrie auch nach dem EU-Beitritt durch Kompensationsgeschäfte gesichert würden. Sie sagten das, obwohl Sie wußten, daß dies die Unionsgesetze nicht zulassen.

Und Sie haben nochmals die Unwahrheit gesagt, nämlich am 1. Juli 1995 hier im Haus in der Fragestunde, als Ihnen eine Anfragebeantwortung der EU-Kommission in dieser Causa vorgehalten wurde. Im Wissen, daß die Kommission ein Kollegialorgan ist, haben Sie den unterzeichneten Kommissar Bangemann als nicht zuständig hingestellt und mich als damaligen Anfragesteller an die Kommission der mangelhaften Recherche bezichtigt. Dies erfolgte angesichts der seinerzeitigen TV-Direktübertragung! Sie haben mit einer Unwahrheit auf Kosten eines nicht entgegnen könnenden Abgeordneten politisches Kleingeld gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Sie wissen es besser! Warum lassen Sie sich hier einspannen?)

Herr Außenminister! Ein Politiker, der seine Karriere auf Kosten anderer aufbaut, wird niemals Staatsmann werden. Deshalb hat auch der Diplomatische Dienst einen besseren Chef verdient. Herr Außenminister! "Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht." (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. König. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.46

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Nußbaumer und vorher auch Abgeordneter Dr. Stadler haben hier mangelnde Koordination, mangelnde Information beklagt. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)  – Dazu komme ich noch, sie hat mehreres gesagt. – Es ist für mich unverständlich, daß Abgeordnete wie Stadler und Nußbaumer, die im Europaausschuß des Hauptausschusses sitzen, wo alles auf den Tisch gelegt wird, wo alles diskutiert werden kann, sagen, sie wären nicht informiert, sie hätten keine Gelegenheit zur Mitsprache. Wir haben heute eine institutionelle Mitsprache über den Europaausschuß des Hauptausschusses, während es früher, vor dem Beitritt, nur eine informelle gegeben hat. Das ist eine Tatsache.

Wenn Herr Abgeordneter Nußbaumer darüber hinaus zu der Feststellung gelangt, die Äußerung des Ministers Schüssel bezüglich der Kompensationen der japanischen Autolieferungen und der österreichischen Gegenlieferungen sei eine Falschinformation gewesen, so muß ich Ihnen sagen: Das stimmt nicht. Wir haben ausdrücklich in den Vorverhandlungen vor dem Beitritt von seiten der EU die Zusage gehabt, daß sich die EU bemühen wird, im Rahmen der ... (Zwischenruf des Abg. Jung. )  – Die Zusage, sich zu bemühen, eine Bemühungszusage! Herr Abgeordneter Jung! Es ist doch klar, daß man nur eine Bemühungszusage bekommen kann. Und ich sage Ihnen: Ich habe selbst mit Kommissar Sir Leon Brittan in Brüssel gesprochen, bevor er nach Japan gefahren ist, und er hat mir das noch einmal persönlich bestätigt und Unterstützung zugesagt. Also behaupten Sie doch nicht, das wäre eine Fehlinformation gewesen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rosemarie Bauer: Das zahlt sich nicht aus! Schade um deine Zeit!)

Herr Abgeordneter Stadler hat auch die Meinung vertreten, Minister Schüssel hätte nicht die Wahrheit gesagt, als er über den Euro berichtet hat, denn die Wahrheit sei, daß noch eine


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Reihe von Detailproblemen offen ist. Seit Amsterdam gibt es überhaupt keinen Zweifel mehr, daß der Euro kommt. Ich frage Sie ganz ehrlich: Soll Österreich draußen bleiben? Sollen wir draußen bleiben? (Abg. Jung: Der Herr Minister Schüssel hat selbst diese Zweifel geäußert!)

Sie haben als freiheitliche Fraktion auf diese Frage bisher sehr unterschiedliche Antworten gegeben. Zunächst einmal haben Sie im Europaausschuß gesagt: Ja, wir sollten solange draußen bleiben, als Italien nicht drinnen ist. Jetzt, wo sich abzeichnet, daß Italien drinnen sein könnte, spricht Abgeordneter Stadler auf einmal von "Esperanto-Währung". Also wollen Sie hinein, wenn Italien drinnen ist, oder wollen Sie nicht hinein? Was wollen Sie eigentlich? Es gibt tatsächlich keine klare außenpolitische Aussage von Ihrer Seite zu dieser entscheidenden Frage, der wir uns stellen müssen. Ich muß Kollegen Gusenbauer recht geben: Es ist das legitime Recht der Opposition, zu kritisieren, aber man ist auch verhalten, seine eigene Position zu definieren, und das tun Sie ganz bewußt nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum dritten Argument, dem Argument der mangelnden Handlungsfähigkeit in Europa: Ich stimme allen zu, die sagen, daß die Handlungsfähigkeit im europäischen Raum das Wichtigste ist, was wir von einem Außenminister verlangen müssen, denn das sind derzeit die zentralen Probleme der österreichischen Außenpolitik und werden es noch für einige Jahre sein. Aber die Handlungsfähigkeit als nicht gegeben anzusehen – bitte, da gehen Sie wirklich an der Realität vorbei! Das sind ja Tagträume oder ist ausschließlich das Nachplappern gewisser Pressemeldungen. (Abg. Ing. Reichhold: Lesen Sie den "Spiegel"!)

Kollegin Langthaler, die ich eigentlich sonst immer als sehr gemäßigt in Sachen Außenpolitik eingeschätzt habe, hat heute hier die Behauptung aufgestellt, die Überschrift in der "Kronen Zeitung": "Kinkel würdigt Arbeit Schüssels", wäre durch den Text nicht gedeckt. Das ist doch gar nicht wahr! Der Text geht noch viel weiter. Im Text sagt noch einmal Kinkel: "Ich sehe keine Störung in der bilateralen Zusammenarbeit und in europapolitischen Angelegenheiten. Was ich an Wolfgang Schüssel schätze" – das ist schon gesagt worden –, "ist, wie er dazu beigetragen hat, daß Österreich unwahrscheinlich rasch seinen Platz in der EU gefunden hat und daß Österreich zu einem geschätzten Mitglied in der EU geworden ist." – Was wollen wir denn mehr von einem Außenminister, als daß er Österreichs Position in Brüssel, in der EU, entsprechend vertritt und Österreichs Platz als geschätztes Mitglied dort sicherstellt? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch etwas anderes zu dem Versuch sagen, der hier immer wieder gestartet wird, nämlich den Außenminister zu diffamieren. Ich habe bei dem, was Langthaler gesagt hat, bedauerlicherweise einige – ich möchte betonen: nur ganz wenige – freiheitliche Abgeordnete gesehen, die sich zu einem Beifall hinreißen ließen. Ich sage Ihnen, warum ich das bedauere.

Wir hatten im Europäischen Parlament in Brüssel eine Abstimmung über einen Antrag, der die beiden Politiker Le Pen und Haider der Ächtung – der Ächtung! – unterworfen hat. Wir, die ÖVP-Abgeordneten, die gesamte Delegation der ÖVP, haben gegen diesen Antrag gestimmt (Abg. Mag. Schweitzer: Zu Recht!), weil wir zu Recht der Auffassung sind, daß ein vom Volk gewählter Politiker zwar für sein Verhalten kritisiert werden kann, aber die Forderung nach Ächtung zutiefst undemokratisch ist und eine Diffamierung darstellt. Ich muß auch Kollegin Schmidt fragen, ob sie es für einen guten Stil hält, daß die Liberalen diesem Antrag zugestimmt haben, welches Demokratieverständnis das ist. (Beifall des Abg. Mag. Schweitzer. )

Gerade weil diese Diffamierung im Ausland etwas ist, was wir als Parlament gemeinsam ablehnen sollten, erwarte ich auch hier, daß man solche Dinge gemeinsam im Interesse Österreichs zurückweist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Jung. )

Ein Wort noch zum Iran. Frau Abgeordnete Schmidt! Sie waren auch im Europaausschuß des Hauptausschusses, als wir gemeinsam die Reaktion besprochen haben. Schüssel ist in seinen Forderungen weiter gegangen als die meisten Minister der Europäischen Union. Aber wir waren uns einig – vielleicht nicht mit Ihnen, aber mit der Mehrheit im Ausschuß –, daß die Forderung nach einem Totalabbruch der Beziehungen nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen beitragen kann und daß wir nur gemeinsam in der EU etwas erreichen und auch


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auf eine Verbesserung der Lage einwirken können. Die letzten Wahlen im Iran sind vielleicht ein gewisser Hinweis, daß dieser Weg gar nicht so falsch ist.

Lassen Sie mich ein Letztes auch noch sagen. Vor kurzem war der Vizepremier Polens in Österreich und hat auf die gefährliche Situation hingewiesen, die durch eine Isolierung der Slowakei bei den kommenden Verhandlungen entstehen könnte. Deshalb bin ich sehr froh, daß es gemeinsame Regierungslinie ist, dafür einzutreten, daß mit allen Staaten, die Europaverträge haben und ihr Beitrittsansuchen eingereicht haben, gleichzeitig die Verhandlungen beginnen – wobei man sie unterschiedlich fortführen kann –, um keine Diskriminierung zu schaffen und jenen Kräften in der Slowakei zu helfen, die die notwendigen Veränderungen herbeiführen und auch die Regierung dazu bringen wollen, diesen zuzustimmen, damit auch die Slowakei als unser Nachbarland von Anfang an mit dabei sein kann. Das dient nicht nur Österreich, das dient Europa. Diese Dinge sollten wir in einer außenpolitischen Debatte nicht vergessen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.55

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es notwendig ist, daß wir wieder zu einer sachlichen Diskussion über den vorliegenden Außenpolitischen Bericht und die Erklärung des Außenministers zurückkommen.

Meine Damen und Herren! Eines muß vorangestellt werden, eines ist klar: daß die österreichische Außenpolitik bislang immer von einem sehr breiten politischen Konsens und auch vom Willen, eine Kooperation mit dem Parlament herzustellen, gekennzeichnet war. Ich möchte feststellen, daß gerade der frühere Außenminister Mock sehr bemüht war um diese Kooperation, um diesen breiten politischen Konsens. Umso bedauerlicher ist es, daß mit dem neuen Außenminister diese Kooperation, dieser breite politische Konsens eigentlich verlorengegangen ist.

Es ist wirklich peinlich – ich meine, es ist verständlich, aber es ist peinlich –, wenn beispielsweise Kollege Spindelegger oder Kollege König hier ans Rednerpult kommen und diesen Außenpolitischen Bericht besonders würdigen. Herr Kollege Spindelegger hat gemeint: Die österreichische Außenpolitik hat mit Herrn Außenminister Schüssel neue Kleider bekommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Des Kaisers neue Kleider!) – Lieber Kollege Spindelegger! Ich kann dir sagen: Die Außenpolitik, mit der wir derzeit zu tun haben, ist nichts anderes als alte Hüte! Das ist eine Außenpolitik, die keine Visionen beinhaltet, die die außenpolitische Situation und die neue strategische Situation Österreichs völlig verkennt. Das ist der Ausdruck einer Außenpolitik ohne Profil und ohne Konzept.

Meine Damen und Herren! Der Herr Außenminister drückt in seinem Bericht aus, daß die neue Außenpolitik, um sie so zu bezeichnen, großen Zielen dient: der Stabilität, der Sicherheit, dem Wohlstand. – No na!

Herr Minister Schüssel! Ich bezweifle, daß Sie mit Ihrer Außenpolitik in der Lage sind, diese Ziele zu erreichen. Ich nehme nur das Beispiel der Sicherheitspolitik her. In dieser für die Republik Österreich so entscheidenden Frage zeichnet sich unser Land eigentlich durch absolute Unberechenbarkeit, durch ständig wechselnde Positionen der Partei des Außenministers und auch des Außenministers selbst, ja der gesamten Bundesregierung, durch unterschiedliche Erklärungen im Ausland, durch unterschiedliche Erklärungen der einzelnen Vertreter – das fängt bei Minister Fasslabend an und endet bei Ihnen, Herr Außenminister – aus. Es ist nicht verwunderlich, daß eine derartige politische Linie im Ausland nur Kopfschütteln hervorruft und im Inland Verunsicherung erzeugt. Und dafür, Herr Minister, tragen Sie die politische Verantwortung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrem Bericht festgehalten, daß wir vor einem großen Umbruch stehen – ich habe das mitgeschrieben –, weil es nun darum geht, im Verbund die Ziele


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der österreichischen Außenpolitik neu zu formulieren. Sie haben drei große Ziele angegeben: Formulierung der österreichischen Position in der Europäischen Union, aktive Nachbarschaftspolitik, multilaterales Engagement als Mitglied der Vereinten Nationen.

Herr Bundesminister! Wenn wir im Rahmen der Europäischen Union gemeinsame Ziele formulieren, dann müssen wir erst einmal wissen, was wir selbst wollen. Genau das vermissen wir bei Ihnen. Wir kennen eben diese neuen Ziele der österreichischen Außenpolitik nicht wirklich, und sie gehen auch aus dem Außenpolitischen Bericht nicht hervor.

Wenn Sie eine aktive Nachbarschaftspolitik einfordern, dann muß ich sagen: Die aktive Nachbarschaftspolitik – ich bitte, die Außenpolitischen Berichte der vergangenen Jahre nachzulesen – war immer ein Ziel der österreichischen Außenpolitik. Und unser Engagement im Rahmen der Vereinten Nationen, im Rahmen der multilateralen Zusammenarbeit war immer ein Teil der österreichischen Außenpolitik.

Das heißt, Sie haben hier nichts Neues gesagt. Alles alte Hüte! Das finde ich bedauerlich, weil ich glaube, daß es zuwenig ist, daß sich die österreichische Außenpolitik nur auf die Europäische Union konzentriert. Vielmehr ist es notwendig – und das macht auch mehr Sinn –, daß wir uns mit den Entwicklungen in den bestimmten Regionen und auf den einzelnen Kontinenten auseinandersetzen.

In Ihrer Rede, Herr Bundesminister, kam kein Wort über Afrika vor. In Ihrer Rede wurde der Nahe Osten gerade gestreift. In Ihrer Rede gab es keine wirklichen Aussagen über die österreichische Außenpolitik im Fernen Osten gegenüber den pazifischen Staaten. Dort entwickelt sich ja Entsprechendes. Nichts davon ist besprochen worden. Meine Damen und Herren! Daher stellt dieser Außenpolitische Bericht keine Neuorientierung der österreichischen Außenpolitik, von der Sie gesprochen haben, dar, sondern ist ein Fortfahren auf alten, eingefahrenen Gleisen. Er trägt der Entwicklung, der wir gegenüberstehen, nicht entsprechend Rechnung; und das bedauere ich, meine Damen und Herren.

Herr Minister! Sie haben gesagt, daß heute Österreich bedeutender ist als früher, und Sie haben das Bedeutendersein mit der Tatsache dokumentiert, daß es zurzeit 100 Botschaften in Österreich gibt, daß wir über 80 Vertretungen im Ausland haben, daß es ein Netzwerk von über 400 Besuchen gibt. Meine Damen und Herren! Die Zahl der Botschaften ist für uns kein Maßstab für die Bedeutung der österreichischen Außenpolitik. Wichtiger wäre es mir, daß die Stimme Österreichs im Ausland stärker wäre, doch das ist bedauerlicherweise – auch aufgrund Ihres Fehlverhaltens in Amsterdam – nicht der Fall. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie haben gesagt, die Vorbereitung auf die Präsidentschaft in der Europäischen Union sei ein sehr wichtiges Thema der nächsten Zeit. Da gebe Ihnen recht. Sie sagen jedoch auch, daß es jetzt nicht darauf ankommt, eigene Prioritäten zu setzen, daß es Ihnen nur darauf ankommt – und ich zitiere Sie –, die "europäische Stimme" zu sein, die Umsetzung der Beschlüsse der Europäischen Union voranzutreiben. Das, meine Damen und Herren, ist zuwenig. Das ist der Ausdruck einer Konzeptlosigkeit, auch einer Ideenlosigkeit und zeigt eigentlich nichts anderes, als daß Sie die Rolle Österreichs in der Europäischen Union als nichts anderes sehen als ein besseres Vollzugsorgan. Einer derartigen Außenpolitik können und wollen wir unsere Zustimmung nicht geben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zur Frage der Sicherheitspolitik: Sie wurde ja von einer Vielzahl der Vorredner angesprochen und auch von Ihnen, Herr Außenminister, in Ihrem Beitrag in den Mittelpunkt gestellt. Sie berichteten uns vom Gipfel von Maastricht und erklärten voller Euphorie: Jetzt haben wir die NATO-Neu! – Herr Außenminister! Das, was Sie über die NATO-Neu ausgeführt haben, ist amtsbekannt (Abg. Tichy-Schreder: Herr Kollege Moser! Madrid, nicht Maastricht!) , sollte längst Gegenstand, Frau Kollegin Tichy-Schreder – Madrid, Entschuldigung – der sicherheitspolitischen Diskussion sein. (Abg. Tichy-Schreder: Ich meine, Sie sind müde! Ich verstehe das!)

Die Tatsache, daß jetzt drei Länder eingeladen werden, kennen wir, darüber wird ständig diskutiert, und daß die NATO für weitere Mitglieder offen ist, ist auch bekannt. Der Minister ist jetzt zu der Erkenntnis gekommen, daß die NATO der Angelpunkt der europäischen Sicherheitsarchi


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tektur ist. Meine Damen und Herren! Alles klar, die NATO, die Westeuropäische Union, die Europäische Union, sie alle sind seit Jahren Angelpunkte (Abg. Dr. Khol: Ich hoffe, das Bundesheer weiß besser Bescheid als Sie!) , seit der Entwicklung von Berlin bis hin nun zu Maastricht. Das kennen wir bereits; um zu dieser Erkenntnis zu kommen, brauchen wir wirklich nicht nach Madrid zu reisen. Ich glaube, daß es wirklich höchste Zeit wäre, zu einer Entscheidung über die Weichenstellung der österreichischen Sicherheits- und Außenpolitik zu kommen.

Mit großer Verwunderung lese ich, daß wir momentan keine Prioritäten mehr haben, daß wir uns bis März Zeit lassen können. Herr Bundesminister! Sie haben Ihre politischen Vorstellungen, Ihre eigenen Überlegungen über Bord geworfen, offensichtlich als Preis an die sozialdemokratische Fraktion für Ihr politisches Überleben.

Ich glaube, daß es wirklich notwendig ist und sein wird, einen gut ausgearbeiteten Optionenbericht hier im Parlament zu diskutieren und – auch aufgrund der neuen Entwicklungen – diese Entscheidung nicht überstürzt zu treffen. Ich halte daher die Wortmeldung des Kollegen Schieder für äußerst bemerkenswert, der die europäische Dimension der zukünftigen österreichischen Sicherheitspolitik in den Mittelpunkt gestellt hat. Wir sollen und müssen uns diese europäischen Optionen ganz genau ansehen, und das ist auch der Ansatz, den wir Liberale haben. Wir haben immer wieder einen Beitritt Österreichs zur Westeuropäischen Union gefordert, wir haben darauf hingewiesen, daß da der Schwerpunkt liegt, weil die Westeuropäische Union eben die europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik entsprechend definiert und den Pfeiler der zukünftigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik darstellt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß kurz auf den Entschließungsantrag des Kollegen Scheibner eingehen. Es ist sicherlich richtig, daß es Sinn macht, sehr rasch Vertragsverhandlungen mit der Westeuropäischen Union und mit der NATO aufzunehmen. Ich glaube allerdings, daß in der derzeitigen Situation ein derartiger Antrag beziehungsweise Vorgang keine wirkliche Relevanz hat, weil durch das Fehlverhalten, durch die zögerliche Haltung unserer Bundesregierung der Zug längst abgefahren ist, sodaß es fraglich ist, ob es sich zeitlich überhaupt ausgeht, bis zum Jahresende diese Entscheidungen hier im Hohen Hause herbeizuführen. Das ist ein Versagen der Bundesregierung, das ist auch ein Versagen unseres Außenministers. Daher kann der Zeitplan, der diesem Entschließungsantrag zugrunde gelegt ist, nicht wirklich eingehalten werden. Für politische Manöver geben wir uns nicht her, wir werden daher diesem Entschließungsantrag nicht zustimmen.

Da die österreichische Außenpolitik, wie sie derzeit von Bundesminister Schüssel konzipiert ist, nicht den tatsächlichen Herausforderungen, nicht den tatsächlichen notwendigen Schwerpunkten unseres Land entspricht, werden wir dem Außenpolitischen Bericht auch nicht die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Schüssel. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.07

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Es wurden einige Fragen an mich gerichtet beziehungsweise einige Themen angeschnitten, zu denen ich ganz kurz etwas sagen muß.

Stichwort: Schengen. Frau Abgeordnete Schmidt hat behauptet, ich hätte irgendwo öffentlich erklärt, ich würde nicht unterschreiben. – Das ist einfach nicht wahr. Es gibt eine Anfrage eines Journalisten, auf Band aufgenommen – Sie können es sich anhören –, wo ich genau das gefragt wurde. Meine Antwort lautete: Ja, natürlich werde ich unterschreiben! Es geht vielmehr um einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Schengen-Implementierung und dem Abkommen von Amsterdam, und das wird selbstverständlich von mir so gesehen, daß wir in der Regierung entscheiden, wann wir – das ist die Aufgabe der Regierung! – dem Parlament einen Vertrag zur Ratifizierung vorschlagen, wo die Fraktionen zu bewerten haben, ob dieser Zusammenhang gegeben ist; das ist gar keine Frage.


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Zweiter Punkt: Frau Abgeordnete Kammerlander hat gemeint, bei der Regierungskonferenz sei nichts, aber schon gar nichts von den Dingen erreicht oder umgesetzt worden, die wir uns vorgenommen haben. Frau Abgeordnete! Seien Sie mir nicht böse, aber eine differenziertere Auseinandersetzung wäre, glaube ich, schon angebracht. Jeder kann sich davon überzeugen, was im Hauptausschuß oder im Plenum erdacht wurde, was an inhaltlichen Voraussetzungen mitgenommen wurde und daß davon sehr viel in diesem neuen Vertrag umgesetzt wurde. Das kann, glaube ich, jeder, der einigermaßen objektiv ist, beurteilen und auch nachvollziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dritter Punkt: die Japangeschichte. Ich habe das schon fünfmal erklärt, ich tue es wieder, weil es immer wieder falsch behauptet wird. Ich habe damals als Wirtschaftsminister dem Hohen Haus eine schriftliche Kopie des Briefwechsels zwischen mir und dem damaligen EU-Kommissär, Sir Leon Brittan, vorgelegt, in dem sich die Kommission einseitig verpflichtet hat – ich zitiere wörtlich: ... die gewachsenen wirtschaftlichen Handelsströme zwischen Japan und Österreich im Rahmen der jährlichen Verhandlungen über Kontingente zu berücksichtigen. – Dieser Briefwechsel wurde dem Parlament vorgelegt, er ist zur Kenntnis genommen worden.

Ich habe Ihnen heute die Ergebnisse bekanntgegeben: Steigerungen im Exportgeschäft mit Japan um 25 Prozent. Dieser Briefwechsel ist nicht nur Lyrik gewesen, sondern echte wirtschaftliche Substanz. Daher war die damalige Absicherung gut, sie war zum Wohl der österreichischen Exportwirtschaft und sie sollte endlich auch von der Freiheitlichen Partei anerkannt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage der NATO beziehungsweise Westeuropäische Union und "Partnerschaft für den Frieden". Es wurde behauptet, es sei im Parlament nie über die Westeuropäische Union, unsere Beobachterrolle dort und über unsere Beteiligung an der "Partnerschaft für den Frieden" diskutiert worden. Meine Damen und Herren von allen Fraktionen! Ich kann mich erinnern, daß wir mehrmals in den zuständigen Fachausschüssen über die Substanz dieser Partnerschaftsprogramme, über unsere Beteiligung am individuellen Partnerschaftsprogramm für den Frieden diskutiert haben, daß wir genau den umfassenden Sicherheitsbegriff, der diesen Partnerschaftsprogrammen zugrunde liegt, diskutiert und ihn sogar begrüßt haben. Wie kann jemand behaupten, das sei nie ein Thema der außenpolitischen Diskussion gewesen? Das kann man doch nicht einfach wegblenden! Das war ein ganz wichtiges Stück unseres wichtigen außenpolitischen Weges, den wir, wie ich hoffe, gemeinsam gegangen sind. Auch diesen Vorwurf sollte man relativieren und zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zur NATO. Ich weiß nicht, weshalb einige Redner jetzt die Meinung vertreten, daß wir in Madrid eine Linie geändert hätten. Der Bundeskanzler und ich sind in Madrid gemeinsam aufgetreten und haben dort bestimmte Schlüsselwörter außer Streit gestellt, wichtige Begriffe, wie etwa die neue NATO, wie die Einladung, die an alle Demokratien ergangen ist. Das und nichts anderes habe ich seinerzeit öffentlich angeregt. Und es ist erfolgt. Was daran schlecht sein soll, weiß ich nicht. Die Offenheit der NATO wurde in der ganzen Welt begrüßt, da brauche ich nichts zurückzunehmen.

Ich habe in Madrid auf die Frage, ob wir nicht jetzt schon eine inhaltliche Aussage zum Optionenbericht machen könnten, folgendes gesagt: Ich glaube, daß wir hierhergekommen sind, um mit einer Stimme zu sprechen und Österreich in diesem EAPC zu vertreten. Wir sind nach Madrid nicht deshalb gefahren, um die innerösterreichische Diskussion dorthin zu exportieren. Diese Diskussion wird in Österreich, zunächst in der Regierung und dann in den Fraktionen im Parlament, zu führen sein. Und für die Erarbeitung des Optionenberichts, die bereits begonnen hat, gebt uns ein wenig Zeit. Daraus abzuleiten, daß wir jetzt Termine verschoben haben oder keine Prioritäten mehr setzen, ist einfach nicht gerechtfertigt; das ist eine Interpretation, die in manchen Zeitungen zu lesen war, sie entspricht aber nicht dem, was Klima und ich in Madrid gesagt haben.

Es bleibt dabei: Wir arbeiten bereits an diesem Bericht. Der Endtermin steht fest: Spätestens im März nächsten Jahres ist dieser Bericht von der Regierung vorzulegen, und ich hoffe, daß er bis Ende dieses Jahres, noch vor der NATO-Tagung, fertig sein wird. Der Bundeskanzler hat öffent


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lich gesagt, daß man diesen Bericht zügig vorantreiben und keineswegs verzögern wird. Das halte ich für eine gute, gemeinsame Position, und das ist keine Richtungsänderung. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zur Handlungsfähigkeit: Es ist einige Male gesagt worden, die österreichische Außenpolitik beziehungsweise ich als Außenminister seien nicht handlungsfähig. Ich möchte auf die letzten paar Tage rückblenden: Ich habe in der letzten Woche ungefähr 20 bis 25 wichtige ausländische Staatsoberhäupter beziehungsweise Ministerpräsidenten und Außenminister getroffen, mit ihnen persönliche Gespräche geführt und gestern in Salzburg beim großen mittel- und osteuropäischen Treffen, unter der Patronanz unseres Bundespräsidenten Klestil weitere zehn Spitzenvertreter, Staatspräsidenten und Außenminister, getroffen. Wenn das nicht Handlungsfähigkeit ist, dann weiß ich nicht, was ich Ihnen sonst noch bieten sollte. Aber ich nehme an, die österreichische Öffentlichkeit sieht das ohnedies ein bißchen gelassener, als die Damen und Herren von der Opposition dies tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Verzeihen Sie, wenn ich das ganz offen sage: Ich habe bei manchen Wortmeldungen – Gott sei Dank, nicht bei allen – den Eindruck gehabt, man würde sich fast wünschen, Österreichs Außenpolitik beziehungsweise Österreichs Außenminister wäre nicht so recht handlungsfähig, das wäre umso besser für die heimische Geschichte. Das ist ein Punkt, den ich wirklich auch zur Überlegung anstelle. Ich habe während der letzten Tage für eine neue Nachdenklichkeit und auch für Sensibilität im Umgang miteinander plädiert, und ich meine, das gilt gerade am Ende einer solchen Debatte.

Ich bin nicht empfindlich, aber ich hoffe doch, daß so mancher, der heute seine Worte als Waffe eingesetzt hat, sich zumindest überlegt, was er damit anrichten kann, vielleicht auch angerichtet hat. Soviel zu diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letzter Punkt: Der Abgeordnete Moser hat gemeint, die österreichische Außenpolitik und deren Ziele seien ja alles alte Hüte. Ich meine, Friedenssicherung, gute Nachbarschaftspolitik, multilaterales Engagement in den Vereinten Nationen, Menschenrechte et cetera sind keine alten Hüte, sondern zeitlose Anliegen.

Jeder, der sagt, in den letzten zehn Jahren, nämlich seit Vertreter der Christdemokraten das Außenministerium übernommen haben, sei nichts geschehen, was die Begriffe Vision, Ziel, Härte der Durchsetzung betrifft, soll sich einmal vergegenwärtigen, wie es denn in Europa, rund um Österreich, im Jahr 1986, 1987 ausgesehen hat. Damals gab es noch den Eisernen Vorhang, der 40 Prozent unserer Landesgrenze ausgemacht hat; einen Todesminengürtel, schwer bewacht, jedes Jahr mit Opfern. Wir waren fern von einer Mitgliedschaft zur Europäischen Union, es gab nicht einmal eine Zollunion, wir haben darum gerungen, daß sich unsere wirtschaftliche Lebensfähigkeit durch ein besseres Abkommen mit der Europäischen Gemeinschaft verbessern kann.

Es war damals der COMECON, es waren die Warschauer Pakt-Staaten in voller Blüte. Und heute? – Heute ist Österreich ein geachtetes Mitgliedsland der Europäischen Union. Wir leben nicht mehr Schulter an Schulter, Rücken an Rücken mit der Schweiz – wie es immer gesagt wurde –, sondern haben ein herzliches Verhältnis miteinander.

Das Verhältnis Deutschland/Österreich hat Klaus Kinkel zu Recht als ein völlig friktionsloses und gutes bezeichnet. Wir haben das beste Verhältnis in unserer Geschichte mit Italien – auch wegen unserer gemeinsamen Ideen betreffend Südtirol. Wir haben den Mittel- und Osteuropäern die Türen zu mehr Demokratie, Pluralismus und Marktwirtschaft geöffnet. Und das alles soll nicht zählen, als Vision, als Politik, als Thema, als Durchsetzung der österreichischen Außenpolitik, meine Damen und Herren?! – Ich stelle mich mit diesem Anspruch gelassen dem Urteil der Öffentlichkeit. Das, was heute an oppositioneller Kritik gesagt wurde, halte ich aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Für den zweimaligen Gebrauch des Wortes "belogen" erteile ich Frau Abgeordneter Ing. Langthaler einen Ordnungsruf.  – Es mag sein, daß viele


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Zeitungen dieses Wort gebraucht haben, aber es entspricht im Einklang mit der bisherigen Usance nicht der Würde des Hohen Hauses.

Ich erteile nun als nächster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Konrad das Wort. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.19

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Immer wieder bedauern weibliche Abgeordnete fast aller Fraktionen, daß frauenpolitische Themen, wenn sie im Hohen Haus besprochen werden, unter Abwesenheit der Männer diskutiert werden. Das ist im Moment anders, und ich packe die Gelegenheit beim Schopf und werde einen Bereich des außenpolitischen Berichts schwerpunktmäßig behandeln, der sich mit den internationalen Bemühungen um die effektive Gleichstellung von Frauen und Männern befaßt.

Dieses Kapitel umfaßt im Bericht zwei Seiten – der Bericht hat über 350 Seiten –, und es ist eigentlich eher bescheiden, wie dieses Kapitel in diesem Bericht behandelt wird.

Der Bericht beschränkt sich auf eine Auflistung einiger Aktivitäten, ohne die Position und Rolle Österreichs sichtbar zu machen. Politische Inhalte werden kaum erkennbar. Das ist bedauerlich, weil Österreich politische Inhalte eingebracht und vorangetrieben hat und die österreichischen Aktivitäten auch international Beachtung und Niederschlag gefunden haben.

Ich möchte mir in den wenigen Minuten, die mir zur Verfügung stehen, drei Schwerpunkte setzen: als ersten die Weltfrauenkonferenz und die Konsequenzen daraus, als zweiten den Bereich Frauen und Entwicklungszusammenarbeit und als dritten Bereich die österreichische Gleichstellungspolitik in der EU.

Stichwort "Weltfrauenkonferenz": Österreich hat sich damals dem Vorschlag Australiens angeschlossen, die 4. Weltfrauenkonferenz zu einer Conference of Commitments zu machen, was auch erfolgt ist. Das heißt, es ist vor Ort anzukündigen, welche Beschlüsse der Konferenz Österreich vordringlich behandeln wird.

Wir haben einige Maßnahmen genannt. Ich rufe etwa den Bereich Gewalt gegen Frauen und Kinder in Erinnerung. Wir haben uns dazu bekannt, in diesem Bereich verstärkt etwas tun zu wollen, und Österreich ist auch sehr aktiv gewesen. Man denke nur an das Gesetz gegen Gewalt in der Familie oder an die Einrichtung der Pilotprojekte der Interventionsstellen. Wir haben an internationalen Kampagnen teilgenommen. Wir haben gemeinsam mit der EU zum Thema Frauenhandel einiges getan. Wir haben strafrechtliche Maßnahmen gegen den Sextourismus und die sexuelle Ausbeutung von Kindern gesetzt und vieles mehr.

Eine weitere Maßnahme, zu der wir uns damals bekannt haben und wo wir noch nicht so weit sind, wie wir sein sollten und wollten, ist die Frage der Verankerung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverfassung. Es gibt diesbezügliche Textvorschläge, es gibt Diskussionen, es gibt unterschiedliche Zugänge dazu, aber ich hoffe, daß wir rasch weiterkommen. Die Tatsache, daß in der EU auf Initiative Österreichs die Bevorzugung von Frauen bereits nicht nur als zulässig erkannt, sondern auch vertraglich abgesichert wurde, könnte für uns ein Indiz dafür sein, daß wir da weiterkommen. Ich erwähne nur die Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und komme darauf im Zusammenhang mit der Gleichstellungspolitik in der EU zurück.

Die Zeit läuft mir davon. – Hinsichtlich der Entwicklungszusammenarbeit haben wir einige Initiativen gesetzt, aber was viel zu kurz kommt, ist die Geschlechterperspektive in diesem Zusammenhang, also die Gender-Perspektive. Wir haben einige Maßnahmen gesetzt, wir haben auch im Außenministerium eine Person angestellt, die sich darum bemühen soll, aber all das ist noch zuwenig. Es gibt viele Vorschläge, die noch umzusetzen sind. Ich erinnere an das neue Entwicklungshilfegesetz, das diese Gender-Perspektive unbedingt enthalten muß. Ich bedanke mich bei Kolleginnen, die es mit unterstützt haben, daß die NGOs im Oktober eine Konferenz hier im


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Haus durchführen können, um sich mit den Konsequenzen und Ergebnissen der Weltfrauenkonferenz zu befassen.

Ich komme zum dritten Punkt, den ich schwerpunktmäßig ansprechen möchte, das ist die österreichische Gleichstellungspolitik in der EU. Wir haben uns dafür ausgesprochen, daß während der österreichischen Präsidentschaft ein eigener EU-Frauen- und Gleichstellungsministerinnenrat erstmals hier in Österreich eingesetzt wird, und diese Idee, diese Anregung von uns hat gute Chancen, in die EU mit übernommen und eine fixe Einrichtung zu werden.

Ich weise darauf hin, daß Österreich – das ist heute schon mehrmals gesagt worden – von Anfang an besonderen Wert auf die Beschäftigungspolitik der EU gelegt hat, und ich erinnere daran, daß wir immer auch einen Beschäftigungspakt für die Frauen Europas eingefordert haben, der die Mitgliedstaaten zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zugunsten von Frauen verpflichtet. Ein europäischer Beschäftigungspakt für Frauen muß alle vorhandenen technischen und strukturellen Möglichkeiten nützen und neue schaffen, und er bedeutet überdies, daß wir uns mit der Frage der Umverteilung von Arbeit zwischen allen Menschen, auch zwischen Männern und Frauen, auseinanderzusetzen haben.

Abschließend möchte ich noch sagen, daß auch die österreichische Außenpolitik sichtbar machen muß, daß die Bevölkerung zu 52 Prozent aus Frauen besteht. Der Außenpolitische Bericht, der jetzt vorliegt, zeigt, daß diese Tatsache bislang noch nicht ausreichend berücksichtigt ist, und ich hoffe, daß das in Zukunft besser sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.26

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der österreichische Außenminister hat heute sein Referat zu einem gut Teil den Ergebnissen von Amsterdam gewidmet und wurde immer wieder von frenetischem Applaus seiner eigenen Fraktion unterbrochen. Offensichtlich wollte diese damit den Eindruck erwecken, daß er mit seiner Verhandlungsführung in Amsterdam sehr erfolgreich war. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was hat Österreich in Amsterdam tatsächlich erreicht? Welche konkreten Ergebnisse liegen vor? Ist der Applaus der ÖVP wirklich berechtigt gewesen? (Beifall bei der ÖVP und Rufe: Jawohl!)

Wenn ich Frau Staatssekretär Ferrero-Waldner beziehungsweise ihre Ausführungen zur Beschäftigungspolitik, wonach Österreich federführend war (neuerlicher Beifall bei der ÖVP), noch hinzunehme – um dieses Kapitel hineinzubringen –, dann ist zu sagen: Dieses Problem ist nicht wirklich neu und ist nicht von Österreich in die Diskussion eingebracht worden!

Neu ist allerdings der Höchststand an Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Bei einer relativ niedrigen Erwerbsquote von 60 Prozent gab es eine Steigerung – 1989 hatten wir 12 Millionen – auf 20 Millionen Arbeitslose im Jahre 1997, meine Damen und Herren. Das ist die Beschäftigungspolitik der Europäischen Union! Sie sollte Ihnen zu denken geben! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Steigerung mit der Tendenz rasch steigend wird besonders durch den Euro-Fahrplan weiter dynamisiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Realität ist: Die Geschichte der Beschäftigungspolitik in der EU ist gekennzeichnet durch Meilensteine der Erfolglosigkeit. Ich werde sie Ihnen nun aufzeigen.

Seit 1989 gibt es unzählige Erklärungen, Studien, Weißbücher, Initiativen. Zum Beispiel 1993: Weißbuch der Kommission zu Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Ziel dieses Weißbuches aus dem Jahre 1993 war die Halbierung der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2000. Und wie sieht das Ergebnis aus? – 20 Millionen Arbeitslose, Tendenz rasch steigend! Meine


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Damen und Herren, das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ist der Beifall bei der ÖVP noch immer so stark? (Abg. Mag. Kukacka: Abwarten!)

1994: Weißbuch über die europäische Sozialpolitik, Hauptthema: neue Arbeitsplätze und Investitionen ins Arbeitskräftepotential. (Abg. Mag. Kukacka: Darum sind wir ja so initiativ, damit sich etwas ändert!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kukacka! Fazit: Das Thema Beschäftigung ist in der Europäischen Union seit Jahren präsent, mit oder ohne Österreich. Es ist umfassend diskutiert worden, die Diagnosen sind gestellt, die Maßnahmen aufgelistet, aber unter dem Strich steigt die Arbeitslosigkeit, meine Damen und Herren (Abg. Koppler: Schweitzer, für uns ist es besser!), unaufhaltsam steigt sie, mit immer größerer Geschwindigkeit. – Ist da Applaus angebracht, Herr Kollege Kukacka? Ich glaube nicht!

Wie sieht es aber mit anderen Erfolgen aus? Wie schaut es zum Beispiel im Bereich der Umweltpolitik aus? – Erwiesen ist: Umweltpolitik ist in der Europäischen Union geduldet, aber nur so lange, solange Wettbewerbsfragen, solange der Binnenmarkt nicht davon berührt sind. Das ist Faktum, meine Damen und Herren! Ist da Applaus berechtigt? – Mitnichten, meine Damen und Herren von der ÖVP!

Wie schaut es denn mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik aus? Dazu findet man einen treffenden Kommentar in der "Neuen Zürcher Zeitung". Dort heißt es, Herr Außenminister: Die GASP verharrt im embryonalen Zustand. – Kommentar der "Neuen Zürcher Zeitung" zu den Ergebnissen des Gipfels von Amsterdam: embryonaler Zustand. Das ist die Qualifikation der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik!

Wie sieht es denn aus mit Europol, meine Damen und Herren von der ÖVP? Ist es das Wundermittel gegen Unsicherheit, gegen organisierte Kriminalität? – So, wie es sich im Moment darstellt, sicher nicht. In der Realität ist Europol momentan nicht mehr als ein europäisches Wachzimmer in Den Haag. Das ist alles, was Europol darstellt, meine Damen und Herren! Ist da der Applaus berechtigt gewesen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie sieht es mit der Reform der Institutionen aus? – Aufgeschoben! (Abg. Schieder: Sie wissen nicht einmal, wo die Zentrale ist, Sie wissen nicht einmal, wo der Computer steht! Wo steht der Computer? In Den Haag?) – Ich weiß schon, daß der Computer in Straßburg steht, Herr Kollege Schieder (Abg. Schieder: Ach so, doch?), der zu kleine Computer allerdings.

Wie sieht die Vorbereitung der Osterweiterung aus, Herr Kollege Schieder? Oder die Neuordnung der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Struktur- und Regionalfonds? – keine Ergebnisse, alles aufgeschoben! Wir lassen die Dinge auf uns zukommen und sind dann überrascht, wenn wir von ihnen überrollt werden. – Das sind die Ergebnisse der Außenpolitik vom Amsterdam! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Somit, meine Damen und Herren, ist es kein Wunder, daß heute zwei Drittel der Bevölkerung die Europäische Union ablehnen. Der Vertrauensvorschuß, den Sie mit Ihrer unwahren Propaganda vor der Abstimmung vom 12. Juni 1994 seinerzeit erzielt haben, ist endgültig verspielt. Und Amsterdam hat das Akzeptanzproblem bei weitem verstärkt. Mehr denn je wird für jeden klar sichtbar, daß die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union durch viele Interessenkonflikte eingeschränkt ist.

Amsterdam, Herr Bundesminister, hat nichts bewegt. Das wissen Sie genausogut wie ich. Der Applaus, meine Damen und Herren von der ÖVP, für diesen Placebo-Gipfel war nicht berechtigt! Einzig positiv ist die Tatsache, daß die österreichische Delegation beim Ausverhandeln dieser Nichtergebnisse ohnehin nur im Vorzimmer der Verhandlungen präsent war. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

14.33

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist dies schon eine merkwürdige Debatte zwischen der neuen NATO und der neuen Nachdenklichkeit, eine merkwürdige Mischdebatte zwischen am Rande vorgebrachten Äußerungen zur mittlerweile so genannten "Causa prima" und einer außenpolitischen Debatte über den Außenpolitischen Bericht: Kritik von seiten der Opposition, umso heftigere, euphorischere Zustimmung von seiten der Regierungsparteien.

Zur Außenpolitik: Dem Bericht selbst habe ich, denke ich, nicht mehr sehr viel hinzuzufügen. Daß die NATO-Debatte und das Wesen dieses Militärpaktes nicht so neu ist und daß Ihre Linie der Aufweichung der Neutralität unerträglich ist, dazu wurde genug gesagt. Meine Kollegin Pollet-Kammerlander hat das sehr eindrucksvoll getan.

In Sachen der Fehlinformation dieses Hauses durch Sie, Herr Außenminister, hat Frau Dr. Schmidt gesprochen. In Sachen Kurdenmorde, in Sachen der eklatanten Widersprüche zwischen Ihren Aussagen und dem Bericht des Innenministers hat eine Fehlinformation des Hohen Hauses stattgefunden. Hier wurde die Unwahrheit gesagt.

Herr Bundesminister! Ich komme einmal mehr auf die "Causa prima" zurück – nicht, um Sie zu verletzen, sondern deswegen, weil ich es Ihnen, weil ich es uns und weil ich es diesem Lande nicht ersparen kann. Ich will keine Mischdebatte führen, sondern ich konzentriere mich auf die Auswirkungen dieses Ihres Auftretens in Amsterdam und der Konsequenzen.

Herr Bundesminister! Was wir seither erleben, auch bei der sozialdemokratischen Fraktion, ist derzeit Gegenstand aller innenpolitischen Kommentare und auch Gegenstand der Berichterstattung ausländischer Medien. Und was in der Nacht auf gestern im Rahmen der Abstimmung über die Promillegrenze passiert ist, steht im Zusammenhang mit den Nachwirkungen von Amsterdam.

Was Kanzler Klima im Zusammenhang mit den von renommierten Journalisten behaupteten Verbalinjurien Ihrerseits jetzt tut, ist ganz klar: Er wartet ab, er äußert sich nicht zur "Causa prima", aber das Ganze erfolgt nicht deshalb, Herr Vizekanzler, um Sie zu unterstützen, das erfolgt auch nicht, um diese Affäre in der Bedeutung herabzuspielen, sondern es folgt einem klaren Kalkül der sozialdemokratischen Fraktion, einem klaren Kalkül des Kanzlers: Jeder Tag mehr schadet der ÖVP. – Sie wissen es, Herr Vizekanzler, Sie kennen die Statistiken, Sie kennen die Abwärtsbewegung Ihrer Partei. Jeder Tag mehr nützt den Sozialdemokraten – ohne daß sie eine sachpolitisch positive Bilanz vorweisen müssen, einfach so! Das ist das Kalkül des Kanzlers – nicht die große Verbrüderung, nicht das Verständnis von Mann zu Mann, auf das Sie sich so gerne berufen, Herr Vizekanzler! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Koppler: Eine unerhörte Rede, die Sie halten! – Abg. Mag. Kukacka: Das ist wirklich übel! )

Ich weiß schon, daß es in diesem Lande nicht üblich ist, einmal Tacheles zu reden, daß es nicht üblich ist, diese Tabus zu brechen. Ich mache es aber – weil der Zustand mittlerweile absolut unerträglich geworden ist, meine Damen und Herren! (Abg. Schwarzenberger: Auch Sie sind unerträglich!)

Die "Neue Zürcher Zeitung" findet klare Worte und erkennt auch die Zusammenhänge. Heutige Ausgabe: "Der Bundesobmann der ÖVP Schüssel braucht derzeit die Nachsicht des Koalitionspartners. Der Außenminister vermag den Verdacht nicht abzuschütteln, sich unflätig über ausländische Persönlichkeiten ausgelassen zu haben. Die SPÖ hält zu ihm, wenn auch nur knapp, sichtlich ohne Wärme. Derlei hat seinen Preis auf beiden Seiten. Die ÖVP stimmte mit den Freiheitlichen die SPÖ nieder. Der ,koalitionsfreie Raum‘ war eigentlich dazu gedacht, verbotene Spiele namens ,bürgerliche Mehrheit‘ vorübergehend straffrei zu machen. Nach dieser Nacht wird die Neigung der Koalitionsparteien eher gestiegen sein, einander das eine oder andere bei Gelegenheit heimzuzahlen. Daß die Regierungsarbeit davon profitiert, ist nicht anzunehmen."

Die "Causa prima" schlägt massiv auf die innenpolitische Handlungsfähigkeit durch. Herr Außenminister! Ihre außenpolitische Handlungsunfähigkeit beeinflußt die Handlungsfähigkeit im Inland, und das massiv!


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Meine Damen und Herren! Nach den behaupteten Äußerungen von Amsterdam erfolgte Ihrerseits zunächst eine Realitätsverweigerung, eine Ablehnung der Auseinandersetzung damit. Das haben Sie als Fehler zugegeben: das Nicht-Sprechen, das Auflegen des Telefonhörers, die zunächst erfolgte Blockade. Was dann gefolgt ist, ist jeden Tag ärger geworden.

Herr Vizekanzler! Vielleicht sehen es nur Sie nicht, aber alle in Ihrer Fraktion wissen es: Es gibt nach wie vor kein anderes Tagesgespräch in den Couloirs, bei allen Gruppen dieses Hauses. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Je mehr Sie lachen, desto mehr geben Sie all diesen Kommentatoren recht. Sie wissen es – ob es bei der Verabschiedung von Herrn Schambeck oder bei anderen Anlässen war –: Es wird nicht wirklich über etwas anderes geredet. Die Karikaturisten beschäftigen sich nach wie vor mit nichts anderem. Die Blödler vom Dienst auf Ö 3 beschäftigen sich mit kaum etwas anderem in der Früh. Und was glauben Sie, warum diese Vielzahl an Fotografen hier ist? Nicht wegen des Außenpolitischen Berichtes, wirklich nicht. Sie sind wegen dieser "Causa prima" hier, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Vizekanzler! Was nach dieser ersten Phase der Peinlichkeit gefolgt ist, das ist (Abg. Mag. Kukacka: Ihre Rede!) das staatspolitisch Schlimme, das in meinen Augen auch die Unhaltbarkeit Ihrer Amtsausübung dokumentiert: Sie begannen dann, als Sie sich darauf festgelegt hatten, daß die Journalisten, mehrere renommierte Journalisten gelogen haben, diese Affäre zu übersteigern, indem Sie von einer Intrige, von einer gemeinsam im Inland erdachten Aktion sprachen. Es handle sich also um einen gemeinsamen Entschluß mehrerer Journalisten. (Abg. Mag. Kukacka: Das stimmt ja!)

Sie gingen in einem Interview für ein Wochenmagazin noch weiter. In diesem sagten Sie, das Ziel dieses gemeinsamen Entschlusses, in aller Öffentlichkeit Lügen zu verbreiten, sei es gewesen, Ihnen zu schaden, Sie außenpolitisch zu schwächen.

Wissen Sie eigentlich, Herr Vizekanzler, was das heißt? Ist Ihnen das wirklich bewußt, daß erstmals in dieser Republik ein derartiger Vorwurf geäußert wird? Nicht, daß Sie sagen, daß Journalisten etwas falsch verstanden oder aufgebauscht haben, nein, Herr Vizekanzler, Sie sagen, es sei eine Intrige geschmiedet worden (Abg. Schwarzenberger: Das ist ja sogar bestätigt worden!), es würden Lügen verbreitet, mit dem Ziel, Sie innen- und außenpolitisch unmöglich zu machen. (Abg. Mag. Kukacka: Das wird ja niemand bestreiten können!)

Herr Abgeordneter! Manche Kommentatoren – und ich glaube, darüber sollten Sie nachdenken – sehen das anders, Richard Picker etwa, Psychotherapeut und Theologe. Er sagt in einem Gastkommentar im heutigen "Kurier", daß der Vizekanzler, bekannt für seine Eloquenz, bekannt auch für seine flotten Sprüche, irgendwo eine Grenze überschritten hat.

Mit den flotten Sprüchen, die im Trend der Zeit liegen, sei es jetzt zu Ende. Plötzlich sei es ernst geworden. "Schüssel wird" – ich zitiere – "von Journalisten samt seinen flotten Sprüchen an die Öffentlichkeit verraten. Die Gelegenheit war günstig. Flotten Sprüchen folgen flotte Flugreisen und denen flotte Leugnungen."

Jetzt ist das Ganze nicht mehr so flott, und all das, was sich jetzt ereignet, ist für den Gastkommentator eine logische Konsequenz. Ich zitiere wieder: "Wenn nun Wolfgang Schüssel folgerichtig die Journalisten der Lüge bezichtigen muß, knüpft sich das Lügennetz immer weiter fort. Es frißt am lebensnotwendigen Vertrauen einer Gesellschaft, die ohne wahrheitsgemäße Worte nicht leben kann."

Meine Damen und Herren! Diese Affäre verschwindet nicht einfach. Die Handlungsfähigkeit wird nicht einfach zurückkehren. (Abg. Mag. Kukacka: In 14 Tagen ist alles vorbei!) Eine derartige Sache kann man nicht aussitzen und durchtauchen. (Abg. Mag. Kukacka: Selbstverständlich!) Ja, es wird so sein, daß die Karikaturisten in der Zwischenzeit auch wieder andere Themen finden werden. (Abg. Schwarzenberger: Die Petrovic werden sie wieder finden!) Ja, die Blödler vom Dienst in den satirischen Medien werden sich auch wieder andere Sujets finden, aber es bleibt da, es verschwindet nicht. Man kann es nicht wegzaubern. Und es gibt – meine Damen


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und Herren, Sie wissen das genauso wie ich – einen Punkt, bei dem es, wenn er überschritten ist, wenn der Damm gebrochen ist, kein Zurück mehr gibt, und dann bleibt es stehen, dann bleibt es hängen – und dieser Punkt ist weiß Gott erreicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens!)

Meine Damen und Herren! Werten Sie den Umstand, daß ich diese schonungslosen, harten Worte hier spreche – und ich meine das so –, als ein letztes Zeichen meines Respekts vor jedem österreichischen Amtsinhaber. Glauben Sie nicht, Herr Vizekanzler, daß, auch wenn Ihnen die Kollegen aus Ihrer eigenen Fraktion das nicht sagen, nicht über Sie gesprochen wird! Vielleicht sind gerade die, die Ihnen am lautesten, am heftigsten und stehend applaudieren, diejenigen, die in Wahrheit bereits ganz anderes vorbereiten und planen. So ist es doch! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Sprechen Sie aus eigener Erfahrung?)

Ich sage Ihnen eines: Herr Vizekanzler! Sie haben eine allerletzte Chance einer aktiven Amtsausübung, Sie haben eine letzte Chance, ein aktiver Außenminister zu sein, indem Sie den Akt setzen, dieses Amt zurückzulegen. Treten Sie zurück, Herr Vizekanzler! Begrenzen Sie, falls das überhaupt noch möglich ist, den Schaden! (Abg. Schwarzenberger: Sogar Ihre Fraktion lacht schon über Sie!)

Noch eines, meine Damen und Herren: Vor dieser denkwürdigen Abstimmung über die Herabsetzung der Promillegrenze hat Klubobmann Khol sehr heftig die Meinung vertreten, das freie Mandat sei nur im Rahmen einer geheimen Abstimmung gewährleistet. (Ruf bei der ÖVP: Das hat man ja gesehen! – Beifall eines Abgeordneten der ÖVP. – Unruhe im Saal.) – Applaus von Ihrer Seite, gut so.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Könnte man den Geräuschpegel etwas senken? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ich teile, wie Sie wissen, diese Meinung grundsätzlich nicht. Ich denke, daß frei gewählte Abgeordnete Konflikte austragen können müssen und auch aushalten müssen, mit der Ausnahme vielleicht, wenn es um Wahlen geht, um Entscheidungen über Personen und vielleicht auch um das Gegenteil: um das Mißtrauen gegenüber einer Person.

Meine Damen und Herren, insbesondere jene von der Österreichischen Volkspartei! Wir nehmen Sie beim Wort. Herr Klubobmann Khol! Ich habe Ihre Argumentation nicht verstanden, wenn Sie in der Öffentlichkeit, auch in Pressekonferenzen, sagen: Ich bin dieser Meinung, aber in dem Hohen Haus kann ich das nur in einer geheimen Abstimmung kundtun! Nun, Herr Klubobmann Khol, wollen wir Sie aber beim Wort nehmen. Wir werden Ihnen Gelegenheit geben, über das Vertrauen oder Mißtrauen gegenüber diesem Außenminister im Rahmen einer geheimen Abstimmung zu befinden.

Es wird das geschäftsordnungsmäßig unterstützte Begehren auf Durchführung einer geheimen Abstimmung über den Mißtrauensantrag eingebracht. Meine Damen und Herren! Geschätzte Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion und von der Österreichischen Volkspartei! Ich fordere Sie auf, treffen Sie diese Entscheidung dann tatsächlich nach Ihrem Gewissen, und treffen Sie sie unter Bedachtnahme auf das Ansehen der Republik Österreich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

14.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Volker Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Kukacka: Kier hört sich selbst gerne reden!)

14.49

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kollege Kukacka ist schon unruhig, bevor ich noch zu sprechen begonnen habe, das ist ein gutes Zeichen. Die Sache steht schlecht für ihn und seine Partei, aber sie steht noch viel schlechter für den Vizekanzler der Republik, denn er hat nämlich heute


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eine Debatte verstreichen lassen, ohne die Gelegenheit zu ergreifen, hier ein klärendes Wort zu sprechen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Der einzige Beitrag des Herrn Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten war, uns mitzuteilen, daß er die Kritik der Opposition locker aushält. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr richtig!)  – Aber das ist zuwenig. Das bedeutet nämlich, daß er das Parlament offenbar für einen Ort hält, wo man sich in Koalitionstreue verbriefte Mehrheiten abholt, und nicht für einen Ort hält, wo man sich auseinandersetzt, wo man argumentiert und wo man sich gelegentlich auch als ein dem Parlament verantwortliches Regierungsmitglied rechtfertigt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Das ist falsch! Das stimmt ja gar nicht, Herr Kier! Sie irren! Sie waren ja gar nicht da!)

Es ist wirklich sehr, sehr schade, Herr Kollege, daß der Herr Vizekanzler zuerst öffentlich erklärt, er wolle sich keiner gerichtlichen Auseinandersetzung stellen, weil das nicht seine Form der Auseinandersetzung sei. Gut! Jetzt weicht er aber auch der inhaltlichen Auseinandersetzung im Parlament aus und vertröstet sich selbst auf den Wähler. Ich sage Ihnen: Wir sitzen hier als gewählte Volksvertreter! Er darf sich diese Pause bis zur nächsten Wahl nicht genehmigen, er hat sich hier in diesem Haus zu äußern.

Zur sogenannten Causa prima hat er kein Wort verloren! Er hat nicht gesagt, das stimme nicht, er hat nicht gesagt, das sei so oder so gewesen, er hat überhaupt nichts dazu gesagt! Doch das spricht an und für sich für sich selbst, weil auch Schweigen eine Aussage ist! Ich sage Ihnen: Offenbar wollte er durch sein Schweigen vermeiden, hier in diesem Haus expressis verbis die Unwahrheit zu sagen, weil er weiß, wenn er die Wahrheit sagen würde, dann müßte er sofort zurücktreten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Ofner vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Nürnberger: Harald, was erzählst denn du?)

14.52

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Wart ein bißchen, Rudi! Kommt alles! – Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! – Herr Bundesminister! Ich darf mir zwei Sachthemen herausgreifen. Sachthema eins: Südtirol und die Ausführungen, die Sie zu diesem Bereich getätigt haben.

Sie haben die Situation in Südtirol als eitel Wonne dargestellt, Sie haben sie über den grünen Klee gelobt. Ich habe mir eine Zeitung herausgegriffen, sie ist gerade eine Woche alt, es ist der "Standard", also beileibe kein freiheitliches Blatt, und darin wird die Südtiroler Volkspartei, also die Schwesterpartei der Österreichischen Volkspartei, zitiert. Und da heißt es:

"Die SVP sei tief enttäuscht; aus dem angekündigten Föderalismus sei eine einfache Dezentralisierung von Verwaltungsbefugnissen geworden, die für Südtirol sogar Rückschritte bringe: Bestimmte Befugnisse würden sogar eingeschränkt, ... Besonders ärgert, daß der Staat künftig mit Berufung auf ,vorherrschende nationale Interessen’ in alle regionalen Zuständigkeiten eingreifen kann, ,ein Gummiparagraph‘, so Zeller, der die Regionen weiterhin dem Staat unterordnet. Der Text respektiere nicht die Besonderheiten der Region Trentino-Südtirol, die beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient würden als einfache Untergliederungen der Region behandelt."

Soweit der "Standard". Zitiert wird die Südtiroler Volkspartei über die Entwicklung in Südtirol. Keine Rede von Liebe und Waschtrog, meine Damen und Herren! Wir dürfen uns hier nicht selbst in die Tasche lügen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ähnliches gilt für das Projekt der Universität in Bozen. Es wird von den Italienern forciert und von einem Teil der Südtiroler, allen voran vom Landeshauptmann Durnwalder. Aber es gibt gewichtige Stimmen gegen die Gründung der Universität. Ich führe nur zwei Argumente aus diesem Bereich an.


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Das eine Argument: Es wird dann, wenn es in Südtirol eine Universität gibt, eine der letzten wirklich funktionierenden Nabelschnüre zur alten Landeshauptstadt Innsbruck, nämlich zur Tiroler Landesuniversität in Innsbruck, durchtrennt oder nicht mehr interessant.

Zweites Argument: Für rechtsradikale Studenten in Italien, Neofaschisten, die es bekanntlich in sehr großer Zahl gibt, könnte es und wird es nach menschlichem Ermessen interessant werden, die Parole auszugeben: "Wer etwas auf die Italianitá bis zum Brenner hält, der studiert zumindest ein paar Semester in Bozen!" – Aber das können wir nicht brauchen, daß Bozen über den Weg einer eigenen Universität zum Tummelplatz so ziemlich aller rechtsradikalen Studierenden aus ganz Italien wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Über andere Einzelheiten, wie etwa die Problematik der Anerkennung noch nicht anerkannter akademischer Grade, die in Österreich erworben worden sind, in Italien, und über die immer wieder zum Stocken gebrachte Problematik der Ortsnamensgebung, wo noch immer die vom Faschismus frei erfundenen Namen gang und gäbe sind, möchte ich gar nicht reden, die Zeit reicht dazu nicht aus!

Zweiter Problemkreis: Slowenien. In Slowenien gelten nach wie vor – und zwar bewußt, nicht irrtümlich! – bewußt, wie von den maßgeblichen Politikern betont wird, die sogenannten AVNOJ-Bestimmungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Das sind Regelungen, die vorgesehen haben und in Slowenien noch immer vorsehen, daß jeder, der Deutsch spricht, seine Rechtspersönlichkeit verliert. Das heißt, er ist vogelfrei, er kann – heute nur theoretisch, aber immerhin – an der nächsten Ecke umgebracht werden, und niemand wäre dazu befugt, den Täter deshalb zu strafen. (Unruhe im Saal.)

Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß diese Bestimmungen, an die so viel Schreckliches zurückerinnert, noch existieren, verweigert Slowenien nach wie vor der altösterreichischen Minderheit deutscher Zunge im Lande jedes Recht. Sie stellen fest, es gibt gar niemanden, der dort noch dieser Minderheit angehöre. Und das, was den Italienern in der Verfassung in Slowenien eingeräumt ist, was den ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Darf ich meine Bitte wiederholen, den Geräuschpegel etwas zu senken!

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): ... Ungarn eingeräumt und in einem schwächeren Ausmaß den Roma und Sinti eingeräumt ist, das haben die Altösterreicher deutscher Zunge im Lande bisher nicht einmal andeutungsweise erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß, daß sich die Slowenenverbände in Österreich zum guten Teil bemühen, die slowenische Regierung in Laibach dazu zu bringen, ihren Standpunkt in diesem Zusammenhang zu ändern. Aber die österreichische Bundesregierung, bitte, hat bisher so gut wie nichts getan. Keiner der Außenminister hat mehr als irgendwelche Wortspenden bei Treffen abgegeben, wirklich nachhaltig irgend etwas unternommen hat noch niemand. (Abg. Haigermoser: Heute nicht einmal das!)

Auch heute – ich werde daran erinnert – hat der Herr Außenminister sehr lange, über weite Strecken interessant, berichtet, aber über irgendeine Minderheitenproblematik, außer in Südtirol, also etwa in Slowenien, etwa in Tschechien, etwa in Siebenbürgen, hat er kein Wort verloren. Das wird sich ändern müssen! Wir dürfen nicht, während wir eine sehr positive Volksgruppenpolitik, auf die wir stolz sind und die wir unter allen Umständen beibehalten wollen, gegenüber unseren angestammten Volksgruppen in Österreich betreiben, zuschauen, wie die Altösterreicher deutscher Zunge jenseits der Grenze bar aller Rechte sind. Und österreichische Außenminister schauen einfach zu! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mehr als das: Sie verkünden bei jeder Gelegenheit, daß es Ihnen ein ganz wesentliches Anliegen sei, Slowenien bei allen Schritten, die es in die Wege leiten möchte, in Richtung Europa und wo immer hin nach Kräften zu unterstützen. Aber niemals höre ich, daß auch nur der geringste Wunsch im Zusammenhang mit den Altösterreichern jenseits der Grenze nachhaltig und ernst


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haft und nicht nur mit Augenzwinkern von einem österreichischen Außenminister oder seiner Staatssekretärin an die Regierung in Laibach herangetragen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, Herr Abgeordneter, daß ich Sie in knapp einer dreiviertel Minute unterbrechen muß, um um 15 Uhr eine Kurzdebatte durchzuführen. Wollen Sie dennoch von Ihrer Wortmeldung Gebrauch machen? – Bitte. Sie haben jetzt eine halbe Minute Redezeit. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

14.59

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch wenn nur eine halbe Minute zur Verfügung steht, möchte ich vorab doch einige Bemerkungen anbringen.

Etwas, was, glaube ich, auch einmal ausgesprochen gehört: Herr Vizekanzler! Sie wecken bei der österreichischen Bevölkerung andauernd falsche Erwartungen, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. Sie sind nicht der Außenminister, der die ureigenen Aufgaben eines Außenministers wahrnimmt, nämlich die Aufgabe, die österreichischen Interessen gegenüber dem Ausland zu vertreten, sondern Sie machen etwas ganz anderes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Außenminister, wollen politische Sandkastenspiele machen, wollen EU-Politik für die EU machen. Darin liegt eines der großen Probleme, Herr Außenminister. Da haben Sie Ihre Rolle völlig verkannt, da haben Sie sich selbst in eine Situation hineinmanövriert, in eine Art politische Sackgasse, aus der Sie sich nur sehr, sehr schwer wieder herausmanövrieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich bin gezwungen, Sie um 15 Uhr, wie es die Geschäftsordnung vorsieht, zu unterbrechen. Sie bleiben selbstverständlich am Wort und werden dieses nach den beiden Kurzdebatten wieder erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Firlinger. )

Ich möchte noch etwas klarstellen. Es hat hier Diskussionen über die Reihenfolge gegeben, in der die beiden Kurzdebatten abgeführt werden. Ich habe mir jetzt das Croquis von heute früh kommen lassen. Daraus ist ersichtlich, daß als erstes das Verlangen des Abgeordneten Dr. Kier auf Kurzdebatte bekanntgegeben worden ist und dann das Verlangen der Kollegin Kammerlander. So ist es dem Hohen Haus mitgeteilt worden.

Es ist dagegen kein Einspruch erhoben worden. Ich werde daher jetzt auch in dieser Reihenfolge vorgehen und diese Reihenfolge nicht abändern. Ich glaube, das ist eine faire Vorgangsweise, und so werden wir das machen.

Kurze Debatten über Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nunmehr zur Debatte darüber, daß Abgeordneter Dr. Kier beantragt hat, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 474/A (E) betreffend die Vereinheitlichung der Pensionsrechte eine Frist bis zum 31. Oktober 1997 zu setzen.

Darüber ist eine Debatte abzuführen, und im Anschluß an die Debatte wird die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Ich mache darauf aufmerksam, daß im Zuge dieser Debatte nach § 57a der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.


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Als erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Aumayr. Sie hat eine Redezeit von 10 Minuten, ist aber mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 6 Minuten einverstanden. – Bitte, Frau Abgeordnete Aumayr. (Abg. Aumayr: Nein! Nein!) Bitte um Entschuldigung! Der letzte Satz ist gestrichen. (Abg. Böhacker: Alles zurück!)

Zur Begründung erhält Kollege Dr. Kier das Wort.

15.03

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben vor geraumer Zeit einen Entschließungsantrag eingebracht, der darauf abzielt, die Bundesregierung durch dieses Hohe Haus auffordern zu lassen, im Herbst einen strukturierten Maßnahmenplan vorzulegen, wie sie tatsächlich die Reform der Pensionen und schlußendlich auch die Angleichung der Dienstnehmerrechte der Arbeiter, Angestellten und des öffentlichen Dienstes vorzunehmen gedenkt.

Wir sind dabei davon ausgegangen, daß es sich um ein wirklich großes Reformvorhaben von wesentlicher strukturpolitischer, gesellschaftspolitischer und sozialpolitischer Bedeutung handelt, und die Diskussion in den letzten Wochen und Monaten hat überdeutlich gezeigt, daß nichts schädlicher ist für den sozialen Frieden und das Klima in einem Land, als wenn die Menschen durcheinanderrufen und Angst und Schrecken verbreiten über mögliche dramatische Veränderungen in der Altersversorgung.

Wir meinen daher, daß es eigentlich gar nicht vorstellbar ist, daß man eine solche Reform beginnt, ohne daß man einen sogenannten Masterplan hat, und wir waren der Auffassung, daß man, wenn man einen Entschließungsantrag dieser Art stellt und das Hohe Haus in die Lage versetzen möchte, darüber zu diskutieren, damit etwas tut, was der Bundesregierung Gelegenheit gibt, auch hier in diesem Hohen Haus ihre politischen Absichten bezüglich der Pensionsreform klar und deutlich vorzustellen, Zeitziele vorzugeben und den Menschen zu erklären, welchem Ziel letztendlich diese Reformen dienen sollen.

Der Entschließungsantrag, um den es geht, trifft keine Festlegungen in der Sache. Er verlangt keine konkreten Festlegungen durch die Bundesregierung, außer daß sie die Karten auf den Tisch legt. Wir haben ja durchaus schon erlebt, daß zuletzt eine entsprechende Studie im Bereich der sozialversicherungsgestützten Pensionen, die in Auftrag gegeben worden war, vorgelegt wurde und daß auch diese Studie wieder dazu geführt hat, daß durcheinandergerufen wurde.

Wir haben große Probleme zu lösen. Es stellt sich die Frage, wie wir wirklich die Frauen im Alter absichern, ohne daß wir unser System auf der Finanzierungsseite zum Zusammenbruch bringen, es geht um die Frage, wie wir soziale Symmetrie in den Pensionsstrukturen schaffen, die historisch unterschiedlich gewachsen sind. Das sind nachhaltige Reformvorhaben, und die Bundes-regierung sollte doch im Herbst die Möglichkeit ergreifen, hierzu präzise Aussagen zu machen.

Als seinerzeit der Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen über das ungleiche Pensionsantrittsalter bei den Frauen aufgehoben hat, hatten wir uns auch dazu gefunden, ein langfristiges Programm zu entwickeln, das weit über die Jahrtausendwende hinausreicht. Und immerhin ist es jetzt bekannt, zu welchen Terminen – die noch weit weg sind – das Pensionsantrittsalter der Frauen an das der Männer angeglichen werden wird. Das ist daher eine faire Vorgangsweise, wenn auch vielleicht in diesem Falle eine etwas sehr gestreckte.

Wir werden Antworten geben müssen, was wann geschieht. Und wenn die Bundesregierung sich dazu in der Lage sieht, dann kann sie kein Problem damit haben, das im Herbst zu tun, und das ist auch eine mehrfach erklärte Absicht, wie ich vermeine. Es gibt Arbeitsgruppen im Sozialministerium. Es gibt viele, die sich darum bemühen, und auch unsere Fraktion hat schon Vorschläge vorgelegt.

Daher meinen wir, daß es an der Zeit ist, daß wir uns einen Termin setzen und daß wir eben auch dem Ausschuß für Arbeit und Soziales einen Termin setzen, bis zu welchem er Bericht er


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statten muß über diesen Entschließungsantrag, den wir als Liberales Forum gestellt haben. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß wir vor dem Hintergrund der Beunruhigung und auch der Ängste vieler alter und in Armut lebender Menschen uns in die Sommerpause begeben, ohne wenigstens diesen Arbeitstermin gesetzt zu haben.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Fristsetzungsantrag. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger. )

15.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Der Computer funktioniert jetzt wieder. Die Rednerlisten stimmen, und die Redezeit des Kollegen, die handgestoppt wurde, betrug 4 Minuten und wird entsprechend eingetragen werden.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. Redezeit: 5 Minuten.

15.08

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich gehöre zu jenen Abgeordneten dieses Hauses, die den Kollegen Dr. Kier als Sozialsprecher der liberalen Fraktion ganz besonders schätzen, und ich unterstelle ihm auch heute keine unlautere Absicht.

Trotzdem glaube ich, daß das nicht in Ordnung ist, was Sie heute hier von uns verlangen, Herr Kollege Dr. Kier. Denn Sie sagen in Ihrem Einleitungsstatement, Sie möchten gar keine konkreten Festlegungen von uns haben. Wenn wir keine konkreten Festlegungen liefern können, dann sage ich Ihnen ganz offen und ehrlich, das würde wieder nur zu einer weiteren Verunsicherung beitragen.

Sie haben auch gesagt, Sie selbst hätten Konzepte vorgelegt. Die Grünen haben Konzepte vorgelegt, ich sage, alle Fraktionen des Hauses haben Konzepte vorgelegt. Es tagt eine Arbeitsgruppe im ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. ) Herr Kollege Dr. Kier, ich habe Ihnen ganz aufmerksam gelauscht, ohne den geringsten Zwischenruf zu machen, und bitte Sie höflich darum, das auch so zu halten.

Wenn wir dem Hause konkrete Vorschläge zu einem einheitlichen Arbeitnehmerrecht, zu einem einheitlichen Pensionsrecht unterbreiten sollen, kann das bitte nur so gehen, daß wirklich alles Hand und Fuß hat, damit die ganze Materie insgesamt abgehandelt werden kann. Sie gehören einer der fleißigen Fraktionen an, die sich im Ausschuß einer besonderen Diskussionsfreudigkeit befleißigt, und ich begrüße das – ich sage das ausdrücklich, damit das nicht als Kritik ausgelegt wird –, aber wenn wir jetzt mit all diesen halbkonkreten Dingen, mit den Diskussionen wieder an die Öffentlichkeit gehen, dann entsteht Verunsicherung.

Wir hingegen wollen Beruhigung, wir wollen ein ordentliches Konzept vorlegen, denn wir sind uns der sozialpolitischen Bedeutung, ja der existentiellen Bedeutung dieser Frage für die österreichische Bevölkerung bewußt. Und deshalb wollen wir uns für kein politisches Manöver hergeben, wie heute Ihr Kollege Moser – allerdings in einem anderen Zusammenhang – gesagt hat, sondern bitten Sie, sich den Kalender anzuschauen. Und den habe ich hier mitgebracht.

Natürlich wird während der Sommerpause getagt, aber Tagungsbeginn hier in diesem Haus ist der 15. September. Am 18. September haben wir die Budgetrede, dann haben wir einen Plenumstag, dann haben wir zwei Ausschußwochen hintereinander, dann ist die erste Lesung zum ... (Abg. Aumayr: Sie brauchen uns nicht den Kalender vorzulesen!) Frau Kollegin Aumayr! Ihnen sage ich eines: Sie können mich weder beleidigen noch stören! Ich weiß, aus welcher Ecke und mit welchem Niveau Ihre Einwürfe kommen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist da beleidigend, wenn man sagt, Sie brauchen den Kalender nicht vorzulesen?) Dann haben wir zwei Plenumstage, dann haben wir einen Reservetag, dann sind wieder Ausschußberatungen, und wir stecken in den Budgetverhandlungen.


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Wenn also etwas Sinnvolles dabei herauskommen soll, dann muß ich Sie bitten, diesen Antrag zurückzuziehen, denn wir wollen eine gescheite Arbeit machen – nicht unter Zeitdruck. (Beifall bei der SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

15.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte sehr. (Abg. Meisinger: Immer irgend etwas hinausschreien, aber es ist nichts dahinter! Die Arbeiter immer nur hinters Licht führen! – Abg. Dr. Fuhrmann: Wer hat ihm diesen Zwischenruf aufgeschrieben?)

15.11

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Als ich den Entschließungsantrag gesehen habe, habe ich gar nicht geglaubt, daß das Dr. Kier, Dr. Haselsteiner und Mag. Peter beantragt haben. Sie sind doch für die Leistungswilligen, zumindest treten Sie hier dafür ein, und dabei wollen Sie in diesem Antrag eine entsprechende Grundpension. Das kennen wir bereits, und Sie wissen, woher. Von den Kommunisten und Marxisten. – Das kann doch nicht Ihr Wille sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Ihr Vorschlag würde bei dem derzeitigen System eine Enteignung derjenigen bedeuten, die beim bisherigen System vorgesorgt haben. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen diesem System und haben, abhängig von der Verdienstsumme, ihre Beiträge geleistet. Besserverdienende haben mehr bezahlt, Schlechterverdienende haben weniger bezahlt. Trotzdem hat das bisherige System viele, viele soziale Komponenten, wie etwa die Ausgleichszulage, die das Budget sehr viele Milliarden kostet und auch aus diesem Budget finanziert wird.

Bei allen notwendigen Schritten dürfen der Vertrauensschutz und die Lebensplanung der Bürger nicht mißachtet werden. Abrupte Systemänderungen sind kontraproduktiv. Trotzdem sind entsprechende Schritte notwendig, um die Finanzierbarkeit des Pensionssystems zu sichern. Diese müssen aber sorgsam geplant werden. Die Menschen können auf uns und auf dieses System vertrauen. Bestehende Pensionen dürfen und werden davon nicht berührt werden.

Sie haben in Ihrem Entschließungsantrag meiner Meinung nach die Methode der "F" übernommen. Sie machen mies, Sie schüren Neid, Sie machen das System schlecht und spielen einzelne Berufsgruppen gegeneinander aus, zum Beispiel die Angestellten gegen die Beamten. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist so ein Unsinn, was Sie da sagen!) Die Beamten haben bereits genug zu dieser Budgetkonsolidierung beigetragen. Es werden immer Vergleiche zwischen Beamten und Angestellten vorgenommen, obwohl Sie genau wissen – das ist heute leicht zu berechnen für jedes Jahr –, daß die Lebensverdienstsummen der Angestellten höher sind als die der Beamten. Das muß auch einmal gesagt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, daß die Frau Bundesminister bis zum Herbst ein sozial ausgewogenes Pensionsreformpaket vorlegt, das die langfristige Finanzierung sicherstellt und eine gleichwertige und gerechte Weiterentwicklung aller Systeme gewährleistet.

Meine Fraktion wird daher den Fristsetzungsantrag 1. 10. 1997 ablehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Er hat das Wort.

15.15

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Man muß mit dem, was als Begründung in dem Entschließungsantrag der Liberalen drinnen steht, materiell nicht übereinstimmen, man kann anderer Meinung sein – wir Freiheitliche sind es in mancher Beziehung –, aber eines steht fest: Der Antrag ist berechtigt, weil die Senioren es einfach verdienen, daß man sich ihrer Dinge rasch und gründlich annimmt und nicht immer alles vor sich her und auf die lange Bank schiebt, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.)


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Aber einige Dinge darf ich doch auch inhaltlich dazu sagen. Zunächst einmal: Wir Freiheitliche wehren uns gegen jeden Versuch, die einzelnen Gruppen der Arbeitnehmer gegeneinander auszuspielen. Wenn ich immer wieder höre, daß es eine Angleichung der Höhe nach bei den Bezügen, bei den Pensionen und ähnlichem geben müsse, dann können wir uns dem schon anschließen, aber diese Nivellierungen müssen immer nach oben und dürfen niemals nach unten erfolgen, meine Damen und Herren. Wenn, dann sollen alle einen Vorteil davon haben, und niemand soll bei der Gelegenheit abstürzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind weit von dem Geist entfernt, den die Frau Abgeordnete Reitsamer aus einem Entschließungsantrag, den sie gestern erst hier eingebracht hat, verströmen läßt. Dieselbe Frau Abgeordnete, die heute den Standpunkt vertritt: Nur die Ruhe, nur keine Verunsicherung, nur niemanden aufhussen, nur ruhig beraten!, hat gestern unter anderem verlangt: Der Nationalrat wolle beschließen: Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Eigenfinanzierungsgrad der Bauern und Gewerbetreibenden in der Pensionsversicherung wesentlich erhöht wird. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist Verunsicherung! – Abg. Schwarzenberger: Das ist Klassenkampf!)

Wo bleibt da der Ratschlag, nicht zur Verunsicherung zu schreiten? Wo bleibt da der Ratschlag, den wir vor 5 Minuten aus dem Mund der Frau Reitsamer gehört haben: Nur nicht hudeln! Alles der zuständigen Ministerin überlassen! Nur keine unnötige Eile! Alles wird von selber gehen!? Gestern bringt sie einen Antrag ein, mit dem sie einen angst- und unruheschürenden Aufruf in der gegenteiligen Richtung erläßt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Sie hat heute Kreide geschluckt, die Frau Reitsamer! Die Wölfin im Schafspelz!)

Gott sei Dank, ist das Papier erfunden, und ich muß mir das nicht alles merken, wo ich ohnehin schon schwerhörig bin. Es ist ein Vorteil, daß das alles schwarz auf weiß da steht, denn das – sagt schon Goethe – "kann man getrost nach Hause tragen".

Meine Damen und Herren! Ich wehre mich auch dagegen, daß man in der Politik immer und überall den Standpunkt vertritt: Wir stehen so unter Zeitdruck! Wir können das alles leider nicht schneller machen! Es muß alles seine Zeit haben! Ich vertrete den Standpunkt, man kann es ordentlich machen, und zwar auch dann, wenn man sich vielleicht ein bißchen anstrengt in diesem Zusammenhang.

Und ich vertrete noch einen Standpunkt: Alle Bürgergruppen mögen Zeit haben – die eine Gruppe mehr, die andere weniger –, auf Regelungen, die ihr Schicksal betreffen, zu warten. Wenn eine Gruppe keine Zeit hat, dann sind es die Senioren. Sie haben schon lange genug gewartet und wollen das Ergebnis der Dinge noch erleben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

15.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nie so richtig verstanden, wen oder was die Abgeordnete Frieser damals mit ihrer Forderung nach einer Intelligenzquotientenprüfung für Abgeordnete gemeint hat. Aber nach der Wortmeldung des Kollegen Fink habe ich eine Ahnung, in welche Richtung und um welche Personen es sich dabei handeln müßte. (Abg. Dr. Maitz: Das ist beleidigend!) Denn ich muß schon ehrlich sagen, ich habe noch nie eine so unglaublich uninformierte Wortmeldung wie die des Kollegen Fink gehört. (Abg. Dr. Maitz: Das ist Arroganz!)

Herr Kollege Fink! Wenn Sie herausgehen und sagen, eine Grundpension gibt es nur in kommunistischen und marxistischen Ländern (Abg. Dr. Leiner: Nur in Moskau!) , dann möchte ich Sie zumindest darüber informieren, daß es in Europa, soweit für mich erkennbar ist, kein einziges kommunistisches und marxistisches Land gibt. Die Länder, die Sie offensichtlich meinen, sind die Schweiz, die hat nämlich eine Grundversorgung, die Niederlande, die haben eine Grundversorgung und sind daher kommunistisch oder marxistisch regiert (Abg. Dr. Maitz: Die haben ein anderes System!) , offensichtlich Finnland – auch kommunistisch-marxistisch regiert –, offen


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sichtlich Schweden und noch einige andere europäische Länder, denn die alle haben ein System der Grundsicherung, der Grundpension, der Grundversorgung im Alter. (Abg. Dr. Maitz: Die haben ein anderes System! Sie haben keine Ahnung!)

Herr Abgeordneter Fink! Irgend etwas sollte man einem Abgeordneten schon zumuten können, zumindest die Lektüre einer Zeitung vom Vortag, nur einer einzigen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Denn gestern, Herr Abgeordneter Fink, hätten Sie sich in einigen österreichischen Tageszeitungen – vielleicht nicht ausgerechnet in der, die Sie offensichtlich immer lesen – darüber informieren können, daß es in anderen europäischen Ländern eine Grundversorgung als ein Element einer Altersversorgung gibt. Das ist gestern in relativ vielen österreichischen Tageszeitungen gestanden.

Aber es gibt natürlich auch Tageszeitungen – diese lese wiederum ich nicht, sondern offensichtlich Sie –, in denen sich relativ wenig politischer Informationsgehalt findet, in denen man aber auf die Idee kommt, daß es sich um Kommunismus oder Marxismus handeln muß, wenn das Thema Grundversorgung angesprochen wird.

Ich bitte Sie, überlegen Sie sich Ihre nächsten Redebeiträge! Versuchen Sie, sie mit Ihren Geographiekenntnissen und Ihren sonstigen Auffassungen über Realitäten in Übereinstimmung zu bringen. Vielleicht treten Sie auch einmal in Kontakt mit Frau Kollegin Frieser und fragen sie, was sie mit ihrer Forderung nach einem gewissen Intelligenzquotienten gemeint hat. (Widerspruch bei der ÖVP. – Abg. Rosemarie Bauer: Ungeheuerlich!)

Ich halte diese Art von Debatte für wirklich unerträglich! Diese Art der Auseinandersetzung, Herr Kollege Fink, halte ich für unerträglich. (Abg. Dr. Maitz: Ihre Arroganz ist es!) Denn es sollte zumindest ein bestimmtes ... (Abg. Schwarzenberger: Ihr Niveau ist unerträglich! – Abg. Rosemarie Bauer: Ihre Ignoranz!)

Sie bezeichnen das als arrogant. Ich bezeichne diese Art von Debatte in bezug auf Information, auf Auseinandersetzungsbereitschaft als eine Form politischer Verwilderung, die jedes erträgliche Ausmaß übersteigt. (Abg. Dr. Maitz: Diese Abqualifizierung lassen wir uns von Ihnen nicht gefallen!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube wirklich, daß Sie sich überlegen sollten, was Sie sagen, wenn Sie hier herausgehen. Das ist eine Voraussetzung, damit wir tatsächlich einigermaßen auf einem Niveau diskutieren können, auf dem wir Informationen austauschen. Wenn Sie meinen, es geht nicht mehr um Informationsaustausch, sondern nur mehr darum, daß wir die jeweils anderen Fraktionen mit irgendwelchen abgestandenen ideologischen Vorwürfen zuschütten, wenn das für Sie schon ausreicht, um eine Debatte zu führen, dann sind Sie bestens bedient mit der Wortmeldung des Kollegen Fink. Ich halte das in dieser Form für unerträglich! (Beifall bei den Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Maitz und Mag. Mühlbachler. )

Herr Kollege Fink! Man kann ja über das diskutieren, was Sie vorgeschlagen haben, und auch über das, was Frau Kollegin Hostasch vorgeschlagen hat, über die sogenannte Gleichwertigkeit der Pensionssysteme. Man könnte über all das diskutieren, und um nichts anderes geht es bei diesem Fristsetzungsantrag, der eigentlich ein Hilfeschrei ist! Die Regierung soll endlich ihre Pläne auf den Tisch legen! Nichts anders erwarten wir von Ihnen, Frau Minister. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Blünegger. )

Sie können es sich nicht so leicht machen, auf der einen Seite eine Regierungsklausur stattfinden zu lassen, eine große Pensionsreform anzukündigen und noch dazu zu verkünden, wie es der Bundeskanzler getan hat: In diesem Jahr muß die Pensionsreform abgeschlossen sein!, aber dann, wenn Sie sich hier der Debatte zu stellen haben, zu sagen: Es ist alles ganz anders. Wir müssen erst einmal darüber nachdenken, was wir gemeint haben. Wir dürfen nicht weiter darüber reden und auch nicht nachdenken, sonst wird die Bevölkerung verunsichert. – Auf der anderen Seite führen Sie mit allen Interessengruppen schon jetzt Verhandlungen über eine Pensionsreform, die Sie angeblich noch nicht kennen.


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Es ist ja unglaublich, daß Sie mit den Beamten über eine Pensionsreform verhandeln, obwohl noch nicht einmal ersichtlich ist, was hier eigentlich ... (Abg. Schwarzenberger: Ihre Zeit ist abgelaufen! Bitte den letzten Satz!)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Daher meine ich, daß der Fristsetzungsantrag, den das Liberale Forum gestellt hat, hier nicht nur berechtigt, sondern absolut notwendig ist. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

15.25

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Schritte der Harmonisierung, der Vereinheitlichung in den Pensionsrechten, im Arbeitsvertragsrecht waren wiederholt Gegenstand von Debatten und Beschlußfassungen dieses Hohen Hauses.

Wenn ich Sie zum Beispiel an das Arbeitsrecht erinnern darf, wo so große Vorhaben wie Angleichung der Urlaubsbestimmungen, Angleichung der Abfertigungsbestimmungen zwischen Arbeitern und Angestellten und so weiter beschlossen wurden, dann muß ich sagen, dies waren genau jene Schritte, die auch der heutigen politischen Initiative des Liberalen Forums zugrunde liegen. Und auch jetzt, in den Sommermonaten, sind wir dabei, weitere Gespräche mit den Sozialpartnern aufzunehmen, damit diese Harmonierungsschritte fortgesetzt werden.

Es geht darum, die Anliegen der "Aktion Fairneß" in die Praxis umzusetzen und insbesondere in den Fragen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und in den Entgeltfortzahlungsbestimmungen eine Gleichheit, eine Gleichwertigkeit zwischen Arbeitern und Angestellten zustande zu bringen. Dieses Vorhaben wird noch heuer angegangen, und ich hoffe, daß es sowohl mit den Sozialpartnern als auch auf politischer Ebene gleichermaßen zu Einigungen kommen wird. Damit wird auch einer Intention dieses Hohen Hauses Rechnung getragen.

Zum anderen haben wir vor kurzer Zeit, vor wenigen Jahren, im Bereich der Harmonisierung der Pensionssysteme Schritte gesetzt. Ich denke dabei etwa an den Pensionsanpassungsfaktor, der zwischen öffentlichem Dienst und dem ASVG-Bereich harmonisiert wurde, an die Frage der Hinterbliebenenversorgung oder an die Frage der Berufsunfähigkeitspension. All das sind genau jene Schritte, die behutsam und systematisch zu einer Gleichwertigkeit der Systeme führen sollen und auch führen werden. Ich betone dabei das Wort "Gleichwertigkeit": Aus meiner Sicht kann es nämlich nicht darum gehen, Gleichheit in allen Bereichen herzustellen, weil auch die Menschen nicht alle gleich sind und nicht gleiche Betroffenheiten haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Höchtl. )

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Initiative des Liberalen Forums sieht vor, daß bis Oktober ganz konkrete Vorhaben beschlußreif vorliegen sollen. – Ich betone: beschlußreif! – Da ich andererseits das berechtigte Anliegen gerade auch von Vertretern des Liberalen Forums, daß wir nie Husch-Pfusch-Gesetze machen sollen, daß alles mit den betroffenen Gruppen profund diskutiert werden muß und daß auch die Legistik ordentlich abgeschlossen sein soll, damit nicht nachträglich Korrekturen gemacht werden müssen, noch gut in Erinnerung habe, betrachte ich Ihre politische Intention dieser Fristsetzung mit dem politischen Anliegen, das ich unterstütze, nämlich daß eben nichts überhastet und nichts husch-pfusch gemacht wird, als unvereinbar. Ich sehe daher aus meiner Sicht keine Chance, Ihrem Fristsetzungsantrag mit der mir übertragenen Verantwortung gerecht zu werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger. )

15.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 474/A (E) betreffend Vereinheitlichung aller Pensionsrechte eine Frist bis 31. Oktober 1997 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Fristsetzungsantrag ist daher abgelehnt .

*****

Wir gelangen jetzt zur kurzen Debatte betreffend den Antrag der Frau Abgeordneten Mag. Kammerlander, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 148/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz eine Frist bis zum 17. September 1997 zu setzen. Die Abstimmung darüber wird auch in diesem Fall nach Schluß der Debatte durchgeführt. – Jetzt habt ihr (zu den neben ihm sitzenden Beamten gewandt) mir schon wieder "Aumayr" eingegeben. (Lebhafte Heiterkeit.)

Frau Abgeordnete Aumayr! Sie können sich hier bei meinem Bildschirm davon überzeugen, daß Sie hier tatsächlich als Rednerin aufscheinen.

Am Wort ist aber die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

15.29

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Auch in diesem Falle geht es um einen Antrag, der schon vor über einem Jahr eingebracht wurde und seit damals im Parlament liegt. Es geht im Prinzip von der formalen Seite her um das gleiche wie bei der vorherigen Debatte.

Es geht nicht an, daß wir als Opposition Anträge einbringen – in diesem Fall einen Gesetzesantrag –, die überhaupt nicht behandelt werden! Es wird überhaupt nicht darüber diskutiert, es gibt gar keine Auseinandersetzung darüber, weil Sie sich in der Koalition darüber nicht einig sind. So kann aber mit Anträgen der Opposition aus unserer Sicht grundsätzlich nicht umgegangen werden. Es geht nicht an, daß Sie sie so lange liegen lassen, bis Sie unter Umständen einmal eine Einigung erzielen. Notfalls müssen Sie einen solchen Antrag eben auf die Tagesordnung setzen und dann, wenn es zur Abstimmung kommt, eine Entscheidung treffen.

Worum es uns ja auch geht, ist die Auseinandersetzung, die Diskussion über die Sache und über den Inhalt des Antrages. Und der Inhalt des Antrages ist nichts anderes als eine Änderung der Bundesverfassung beziehungsweise eine Ergänzung der Bundesverfassung in dem Sinne, daß Maßnahmen vorübergehender Förderung und Bevorzugung von Frauen im Sinne einer beschleunigten Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Männern und Frauen zulässig sind.

Der Antrag ist übrigens wortidentisch mit einem Ministerialentwurf aus dem Jahre 1995, der damals bereits in Begutachtung war. Wir haben bewußt den wortidentischen Antrag gewählt, weil wir die Debatte über diesen ersten Antrag, der in Begutachtung war, nicht abbrechen wollten.

Es gab einen Antrag der damaligen Ministerin, zu dem von den zuständigen Einrichtungen nicht nur Stellung genommen wurde, sondern der informell bereits im Haus diskutiert wurde.

Ich bedauere, daß es nicht einmal diese informelle Debatte über den Antrag gibt, geschweige denn eine formelle Debatte. So werden wir aber in der Frauenpolitik nie etwas weiterbringen, wenn wir vor lauter Schreck und Angst, daß etwas keine Mehrheit findet, nicht einmal darüber diskutieren. So kommen wir nie auf einen grünen Zweig!

Zu dem Antrag selbst ist, wie ich annehme, nicht mehr viel zu sagen. Es wurde darüber schon diskutiert. Eines möchte ich aber dazu noch sagen: Das Gebot zu dieser Bevorzugung ist ein Auftrag an den Bund, davon Gebrauch zu machen. Es geht um die bevorzugte Einstellung von Frauen bei gleicher Qualifikation und verletzt daher den Gleichheitsgrundsatz an und für sich in keiner Weise, selbst dann nicht, wenn man im Ermessensfall und im Einzelfall, zum Beispiel bei


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gleicher Qualifikation, ab sofort in bestimmten Positionen immer Frauen bevorzugen würde. Denn: Wie wir wissen und wie auch der Bericht der Ministerin voriges Jahr gezeigt hat und wie auch unsere eigene Studie über den "gläsernen Plafond" gezeigt hat, fehlt allein im öffentlichen Dienst noch viel, bis wir zu dieser tatsächlichen Gleichstellung zwischen Mann und Frau kommen.

Wir haben damals aufgezeigt, daß es in den unteren Verwendungsbereichen nahezu zu einer quantitativen Gleichstellung gekommen ist und daß die Situation auch in der Verwendungsgruppe A halbwegs ausgeglichen ist, dies allerdings nur bis zu einer bestimmten Stufe der Karriereleiter. Es gibt ihn wirklich, den "gläsernen Plafond". Es gibt ihn umso stärker, je höher man in die oberen Bereiche vordringt, je höherwertiger die Verwendungsmöglichkeiten oder die Berufsmöglichkeiten sind.

Ich denke, ich brauche die Einzelheiten hier nicht noch einmal zu zitieren. Es gibt zum Beispiel nur drei Sektionschefinnen in Österreich. – Das alleine zeigt die ganze Situation.

Die Berechnung, die wir angestellt haben, hat gezeigt, daß es noch unzählige Jahre – ich glaube, es war eine Zahl in der Größenordnung von 70 oder 100 – dauern würde, bis wir zu dem Ziel kämen, daß es eine tatsächliche Gleichstellung gibt.

Es ist völlig klar: Die vorgeschlagene Ergänzung in der Verfassung bringt das zwar auch nicht von heute auf morgen, bietet aber einfach mehr Rechtssicherheit und mehr Möglichkeit zu dem, was da oder dort bereits möglich ist und gemacht wird. Sie steht inzwischen auch in keinem Widerspruch mehr zur EU, im Gegenteil: sie befindet sich derzeit – seit der Konferenz – im Rahmen der Richtlinien der EU. Das heißt, auch da gibt es kein Hindernis mehr, diesen Antrag zu behandeln. Das einzige Hindernis ist die politische Debatte, die politische Situation in Österreich.

Es ist mir klar und bewußt, daß vor allem die ÖVP einem solchen Antrag nicht positiv gegenübersteht. Aber ich betone: Es geht hier auch um die Auseinandersetzung, um die politische Diskussion über den Grundsatz, der darin enthalten ist. Es geht auch um die Auseinandersetzung darüber, was möglich ist und was nicht.

Ich kann vorweg aus der Sicht unserer Partei sagen: Jede Koppelung und Bindung mit anderen Verankerungen – die mir im übrigen unerklärlich sind, wenn es um die Gleichstellung von Frauen geht – ist für mich unzulässig. Ich weiß das – genau so, wie bei dem vorhergehenden Fristsetzungsantrag gesagt wurde – immer nur aus Gerüchten, aus Gesprächen sozusagen zwischen Tür und Angel in der Kantine oder sonst irgendwo oder aus zufälligen Zeitungsmeldungen, es würde da einen Deal geben: Wenn es zu dieser Gleichstellung in der Verfassung kommen soll, dann muß es so etwas wie eine Verankerung der Familie in der Verfassung geben. – Ich weiß es nicht, ob das stimmt.

Ich will, daß dieses Thema auf den Tisch kommt. Ich will, daß wir darüber diskutieren können und auch jenen, die unter Umständen solche Verknüpfungen wollen, ganz klar signalisieren können: Nein, das geht nicht, das steht in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Anliegen der Gleichstellung von Männern und Frauen.

Aus diesem Grund ersuche ich Sie, der Fristsetzung zuzustimmen, damit wir die Möglichkeit erhalten, darüber zu diskutieren. (Beifall bei den Grünen.)

15.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. Sie hat das Wort.

15.36

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Kammerlander! Da Sie ja den Ministerialentwurf wortidentisch als Antrag eingebracht haben, gibt es in der Sache keinerlei Divergenzen.


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Es hat sich auch – auch Sie haben das gesagt – die Situation seit Ihrem letzten Versuch, eine Fristsetzung einzubringen, insofern geändert, als die Diskussionen in Amsterdam sehr wohl eine Veränderung des EU-Vertrages in Richtung einer leistungsbezogenen Bevorzugung von Frauen gebracht haben.

Aber es wundert mich, daß Sie am 11. Juli – wo doch die Session am 15. Juli aufhört – eine Fristsetzung für den 17. September bringen, nämlich für die Sitzung des Verfassungsausschusses. Sie wissen, daß die Session erst am 15. September wieder anfängt, sagen aber gleichzeitig: Es muß ausführlich, eindeutig und umfassend diskutiert und berichtet werden. – Das ist einfach physisch nicht möglich! Wir können zwar vielleicht den Kalender per Gesetz ändern, aber die Zeit läuft trotzdem davon. Daher finde ich diesen Fristsetzungsantrag überflüssig. Er bringt zwar, vielleicht ist das das Gute daran, eine Diskussion über diese Frage ins Hohe Haus, aber in der Sache ist er leider überflüssig.

Zur Sache selbst möchte ich sagen: Ich glaube, daß wir besser daran tun, aus folgendem Grund noch etwas zu warten. Auch Sie, Frau Abgeordnete Kammerlander, haben doch sicher den Brief von Herrn Kommissar Oreja bekommen, in dem dieser uns die Ergebnisse von Amsterdam mitgeteilt, gleichzeitig aber gebeten hat, zu verstehen, daß die Fassung beziehungsweise eine autorisierte Übersetzung dessen, was jetzt geändert wurde, erst im Laufe des Sommers vorliegen wird.

Das heißt, man sollte zumindest abwarten, was die autorisierte Textierung von Amsterdam enthält, und danach kann im Herbst eine ordentliche Diskussion stattfinden, so, wie Sie es gefordert haben. Dann können wir auch zu einem Beschluß kommen, und dann wäre unser Beschluß nur mehr eine Nachvollziehung jener Dinge, die in der EU ohnehin schon beschlossen wurden. Ich glaube, daß es dann auch der ÖVP sehr leicht fallen würde, jene EU-Bestimmungen, die ihr Außenminister mit beschlossen hat, in der österreichischen Verfassung zu verankern. Das ist aber mit einer Fristsetzung bis 17. September nicht zu erledigen.

So wichtig mir das Anliegen inhaltlich ist – Sie können mir glauben, inhaltlich stimme ich Ihnen hundertprozentig zu; ich bin eine "Veteranin" dieser Verfassungsbestimmung (Beifall bei der SPÖ – Abg. Dr. Nowotny: Widerspruch! Nein, "Veteranin" stimmt nicht!), jemand, der, schon bevor Sie in diesem Haus waren, sehr wohl versucht hat, etwas Derartiges einzubringen –, kann ich Ihnen bezüglich der Fristsetzung nicht zustimmen. Eine Erledigung bis 17. September wäre oberflächlich, und das tut der Sache nicht gut. Es tut mir leid, aber wir werden dieser Fristsetzung daher sicher nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sonja Moser. Ich erteile es ihr.

15.40

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zwei Tage Diskussionsfreiraum für solch ein wichtiges Thema scheint in der Tat wirklich völlig illusorisch zu sein. Allein die Frage, was Gleichheit bedeutet, würde einen wesentlich längeren Zeitraum füllen. Die griechischen Sozialphilosophen unterscheiden schon zwischen arithmetischer Gleichheit, die keinen Unterschied zwischen den Bürgern erlaubt, und sogenannter geometrischer Gleichheit, bei der dann die Unterschiede berücksichtigt werden. Nach der Herkunft bedeutet das Wort "gleich" im Deutschen ursprünglich überhaupt: denselben Körper und dieselbe Gestalt habend. Meine Damen! Das wollen wir doch ganz sicher nicht. Ich bin jedenfalls stolz, Frau zu sein (Beifall bei der ÖVP), und ich bin stolz, Mutter zu sein.

Wenn wir Frauen einem gleicheren Gleichheitsprinzip zuführen wollen, muß das wohl als ein Geständnis des einfachen Gesetzgebers und der Administration gewertet werden, es nicht geschafft zu haben, auf Basis des bewährten Gleichheitsprinzips einen gerechten Ausgleich der Interessenten, eben der Frauen, herzustellen. Dabei ist etwas nicht unproblematisch: Sosehr die grundsätzlichen Intentionen dieser Gesetzesinitiative oder dieses Antrages nachvollziehbar sind, so wenig ist die Tragweite dieses Vorhabens aus diesem Antrag erschließbar, zumal dieser Antrag einer präzisen, umfassenden Darstellung dessen, in welchem gesellschaftlichen Rege


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lungsbereich Frauen trotz prinzipieller, formalrechtlicher Gleichstellung de facto strukturelle Benachteiligungen gegenüber den Männern erfahren, entbehrt.

Wenn wir also Gleicheres wollen und wir uns damit eventuell temporäre Bevorzugung wünschen, lege ich auf die andere Seite der Waagschale die Familie. – Genau das, was Sie nicht haben wollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Wirkung ist in dreifacher Hinsicht zu erwarten, nämlich Familie als Gestaltungsprinzip der Gesellschaftsordnung, Familie als Grundwert außer Streit gestellt und richtungsweisende Signalwirkung für die Bevölkerung überhaupt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte einen Ausspruch Khalil Gibrans zitieren, er sagt: "Füllt einen Kelch gemeinsam, aber trinkt dann nicht gemeinsam daraus!" Das heißt, jeder einzelne von uns möge sich seine Persönlichkeit, seine Eigenständigkeit, seine eigene Wertigkeit absolut erhalten. Wir stehen auf demselben Erdboden, und trotzdem gibt es nicht dieselbe Nächstenliebe, nicht die gleiche Menschlichkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es geht also nach wie vor um ein Bündnis beider Geschlechter für Gerechtigkeit: die Hälfte der Macht den Frauen, die Hälfte der Familienarbeit den Männern. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich von Netzwerken sprechen: Frauennetzwerke sind erst im Entstehen, die starken Netzwerke der Männer aber haben lange Tradition: CV, Brüderschaften, Rotarier und viele mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele Männer sind in den Mahagonibüros der oberen Etagen auf ihren gepolsterten Ledersesseln und verdanken einem gegenseitigen Hochschaukeln ihre informelle Stellung. Hilfreiche, einflußreiche Beziehungen aber fehlen den Frauen.

Wenn es um Gleichstellung geht, kommt noch eine dritte Intention dazu: die Kinder. Kinder sind nicht Privatsache, sie sind Geschenke an die Gesellschaft. Wir müssen die Bedeutung präventiver Familienpolitik hervorheben (Abg. Mag. Kammerlander: Das sehe ich anders!), denn dadurch könnte die Verletzlichkeit von Familien erheblich reduziert werden.

UNO, EU, Europarat lassen keinen Zweifel an der grundlegenden Bedeutung der Familie und an der Verpflichtung des Staates, die Familien insbesondere in der Gründungs- und Kleinkindphase nachhaltig zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Haselsteiner: Zugabe! Herr Präsident! Bitte noch Extrazeit! Zwei Minuten!)

Damit wir uns richtig verstehen: Wir Frauen wollen keine Gleichmacherei, wir wollen die Gleichberechtigung und die Gleichwertigkeit. Für Feminismus habe ich nichts übrig! (Beifall bei der ÖVP und den Liberalen, bei Abgeordneten der SPÖ und den Freiheitlichen.)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. Sie hat das Wort. (Abg. Dr. Haselsteiner: Heb jetzt nicht das Niveau!)

15.46

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben immer auf zeitgerechte Behandlung von eingebrachten Anträgen Wert gelegt, wir haben das immer deponiert, ganz gleichgültig und unabhängig davon, von wem die Anträge gekommen sind. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist löblich!) Deshalb werden wir natürlich auch dieser Fristsetzung zustimmen.

Dieser Antrag der Grünen liegt seit 20. März 1996 im Verfassungsausschuß, und aus heutiger Sicht wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, eine erste Lesung zu verlangen, weil es hier ja doch um eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes zugunsten von Frauen geht, obwohl der Titel so formuliert ist, daß man annimmt, es soll um eine tatsächliche Gleichstellung gehen. Das stellt doch einen sehr großen und bedeutenden Eingriff in unser derzeitiges System dar. Ich


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möchte aus freiheitlicher Sicht eigentlich nur deponieren, daß wir mit den Formulierungen der Punkte 3 und 4 im Artikel 7 schon gewisse Schwierigkeiten hätten.

Ich möchte aber eigentlich den Weg der österreichischen Frauenpolitik heute hier nicht sachlich weiterdiskutieren, zumal erstens meine Vorrednerin, Frau Kollegin Moser, eine wunderschöne Abhandlung dieser Problematik gebracht hat, aber zweitens auch aus folgendem Grund: Solange es in diesem österreichischen Parlament möglich ist, daß weibliche Angehörige dieses Parlaments von Männern körperlich bedrängt und zur Stimmabgabe beeinflußt werden können (Beifall bei den Freiheitlichen – heftige Zwischenrufe bei der SPÖ), so lange möchte ich in der Sache nicht mehr weiterdiskutieren. Ich glaube, daß sich das erübrigt, wenn solche Vorfälle (Zwischenruf der Abg. Fuchs ), die von Augenzeugen beobachtet worden sind, ungestraft in diesem Parlament passieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn dann das Beweismittel dazu – das wäre die Kassette dieser Kamera gewesen – nicht mehr auffindbar ist, dann frage ich mich, ob wir hier über solche Anträge, die sicher ihren Sinn machen, weiterdiskutieren sollen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn dann – das möchte ich jetzt aus persönlicher Sicht sagen – eine weibliche Abgeordnete, in dem Fall ich, Frau Bundesministerin, wegen eines Ausdrucks, den sie hier gebraucht hat, und zwar des Ausdrucks der Nötigung, im Gegensatz zu einem männlichen Kollegen (Abg. Fuchs: Jetzt haben Sie es wiederholt!) – hören Sie mir zu! –, der fast die gleiche Redewendung und vor allem die gleichen Worte gebraucht hat, einen Ordnungsruf erhält (Abg. Fuchs: Ihr Präsident war das!), dann muß ich mich wirklich fragen, ob dieses österreichische Parlament in bezug auf Frauenrechte und Gleichbehandlung auf dem richtigen Weg ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mir hat sich auf alle Fälle gezeigt, daß die Gleichbehandlung, die Behandlung zwischen Männern und Frauen, gerade in diesem Parlament nicht funktioniert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. Sie hat das Wort.

15.50

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Haller! Mich wundert es überhaupt nicht, daß Sie, wenn es um Frauenpolitik geht, nicht sachlich diskutieren wollen (Abg. Haller: Heute!), weil Sie haben sich in der Frauenpolitik bisher nie konkret positioniert, außer wenn es um den frauenfeindlichen Kinderbetreuungsscheck geht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Haller: Nicht in Ihrem Sinn, Frau Schaffenrath!)

Frau Kollegin Moser! Sie wurden zwar schon für Ihre Rede gelobt, aber uns Frauen geht es nicht um den gleichen Körper und um die Definition des Gleichheitsbegriffes, den wollen wir nicht, sondern wir wollen nur gleiche Rechte, gleiche Chancen und nicht in unserer grundlegenden Existenz als Teil der Familie betrachtet werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Einer der Gründe, daß wir heute wieder die Verfassungsänderung zu Artikel 7a diskutieren, ist, daß das auch im Frauen-Volksbegehren, das immerhin von weit mehr als 600 000 Österreichern und Österreicherinnen unterstützt wurde, einer der wesentlichen Punkte war. Kollegin Kammerlander hat schon gesagt, ihr Antrag liegt seit 20. März im Haus, und es geht nichts weiter. Ein Antrag der Liberalen ist bereits seit 15. Jänner hier in diesem Haus, er wurde dann im Verfassungsausschuß vertagt. Es scheint hier tatsächlich keine Eile zu bestehen. Und ich gebe der Kollegin von den Sozialdemokraten recht, es mag sein, daß der Schritt im Rahmen des EG-Vertrages hier positive Vorbildwirkung hat.

Wir wollen uns aber nicht darauf verlassen, wir wollen jetzt ein Diskussion, und zwar mit gutem Grund – darauf hat Kollegin Kammerlander auch schon hingewiesen. Sie von der SPÖ hatten bereits eine Vorlage in Begutachtung, Sie haben diese Vorlage wahrscheinlich als Verbeugung vor der ÖVP zurückgezogen. Sie haben es zugelassen, daß die Zielsetzung der verfassungs


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rechtlichen Verankerung im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Frauen nach den Wahlen im Jahr 1995 sogar aus dem Koalitionsübereinkommen genommen wurde. Es ist schon klar, daß sich hier ein offener Konflikt auftut, daß es hier ideologische Gefechte zwischen ÖVP und SPÖ gibt. Es ist ein altes Spiel, Frauen gegen Familie und umgekehrt auszuspielen.

Wenn Herr Minister Bartenstein – das wurde von Kollegin Moser jetzt hier bestätigt – die verfassungsrechtliche Absicherung der Familie will, dann werden wir Liberale dem sicherlich nicht zustimmen. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, eine bestimmte Lebensform als die einzige Lebensform verfassungsrechtlich abzusichern. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, die Familie anderen Lebensformen überzuordnen und andere Lebensformen zu diskriminieren. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Großruck: Das ist die Aufgabe des Staates! Jawohl!) Sie sagen jawohl! Sie scheuen sich ja auch nicht, in weiten Bereichen Homosexuelle zu diskriminieren. Die Diskriminierung scheint Ihnen ein inneres Anliegen zu sein. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Kollege Khol hat im Rahmen eines Interviews bereits gesagt: Familienpolitik als Sozialpolitik. Das ist für Frauen eine gefährliche Drohung, denn es sind die Frauen, die die sogenannten sozialen Aufgaben wie Kinderbetreuung, Altenbetreuung, Krankenbetreuung unentgeltlich und ohne jede sozialrechtliche Absicherung in der Gesellschaft ausüben. Es ist allerdings – dahinter stehen wir schon – sehr wohl Aufgabe des Staates, für die Gleichstellung aller Bürgerinnen und aller Bürger in diesem Staat zu sorgen.

Daher haben auch wir Liberale unseren vertagten Antrag gleichlautend neu eingebracht. Es geht uns hier selbstverständlich um die Gleichstellung der Frauen, die in allen Bereichen benachteiligt sind, es geht uns aber auch um die Gleichstellung aller Bürgerinnen und Bürger. Darum haben wir auch hier wieder die Gleichstellung unabhängig von einer sexuellen Orientierung aufgenommen.

Ich komme zum Schlußsatz. Herr Kollege Khol! Im Rahmen der vergangenen Abstimmungen wurde von Ihnen der Begriff "Klubzwang" im Zusammenhang mit namentlicher Abstimmung in den Mittelpunkt von Diskussionen gestellt. Darf ich Sie an die Äußerungen Ihrer Abgeordneten im Zusammenhang mit den Homosexuellen-Paragraphen erinnern? – Da gab es einige in Ihren Reihen, die für die Abschaffung waren, auch in den Reihen der FPÖ. (Abg. Dr. Khol: Wir haben frei abgestimmt!) Das Abstimmungsverhalten war dann ein ganz anderes. (Abg. Dr. Khol: Das ist nicht wahr!) Das Abstimmungsverhalten war dann ein ganz anderes! (Abg. Dr. Khol: Das ist überhaupt nicht wahr!) Diese Rückgratverkrümmung von vorgestern ist keine akute Erkrankung, sondern anscheinend eine latente. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

15.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Sie hat das Wort.

15.55

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo haben Sie Ihren Hut von gestern?) Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Nach dieser Debatte habe ich den Eindruck, daß die Frauenfrage zu einem Promillefall werden könnte, zumindest nach den Wortmeldungen von Kollegin Moser und Kollegin Haller. (Abg. Großruck: Bei Ihnen ist es eine Prozentfrage und keine Promillefrage!)

Ich weiß nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, was Frau Dr. Moser meinte, als sie Gleichheit mit einer geometrischen Größe zu definieren versuchte. Sie hat versucht, von Gleichheit zu sprechen, und hat das in einen zeitlichen Zusammenhang gestellt. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es mit einem Spruch, der alt, aber gut ist: Lieber gleich-berechtigt als später. – Das ist in der Frauenbewegung schon sehr alt. (Beifall bei den Grünen.) Es ist nicht in


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unserem Sinne, noch einmal 100 Jahre zu warten, denn so habe ich die Worte von Frau Kollegin Moser interpretiert.

Ich glaube, daß es nicht mehr möglich sein wird, diesbezüglich zu einer sachlichen und inhaltlich begründeten Diskussion zu kommen, weil sich ja schon abzeichnet, was passieren wird. Man tauscht Frauen mit Familie ab, man versucht in bezug auf Fragen, die schon seit Jahren klar auf dem Tisch liegen, billige Tauschgeschäfte zu machen. Das passiert nicht deshalb, weil die österreichische Politik, geschweige denn die österreichischen Parteien so fortschrittlich wären, sondern weil es ganz klare und eindeutige Vorgaben und Normen von seiten der EU gibt. Dadurch entsteht ein bestimmter Handlungszwang für und ein zeitlicher Druck auf dieses Parlament. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Ob die Frist 15. September, 17. September oder 30. September ist, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Kollege Ofner hat gerade die Rednerin aufgefordert, lauter zu sprechen. Die Alternative wäre, daß die übrigen Abgeordneten ein bißchen leiser sind. – Bitte, setzen Sie fort!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Es geht überhaupt nicht um die Frage, welche Frist in unserem Antrag beinhaltet ist. Ich kann mich in den sieben Jahren, seit ich hier bin, nicht daran erinnern, daß die Koalitionsparteien jemals einem Fristsetzungsantrag einer Oppositionspartei zugestimmt hätten. Wenn Herr Bundesminister außer Dienst Löschnak meint, mit Recht, dann kann ich ihn nur daran erinnern, daß das, was heute zwar nicht inhaltlich, aber fristmäßig Gegenstand der Debatte ist, ein Antrag einer sozialdemokratischen Bundesministerin ist, Herr Kollege Löschnak! (Abg. Marizzi: Aber nicht terminlich!) Ich meine, daß Sie einer Fraktion angehören, die in dieser Republik vor allem um Gleichheit und Gleichberechtigung gekämpft hat. Damals hat es grün nur als Farbe gegeben, das hatte mit politischer Bewegung gar nichts zu tun! Damals haben die Sozialdemokraten für Gleichberechtigung und Gleichheit gekämpft. (Abg. Koppler: Was hat sich da geändert?)

Meine Damen und Herren! Jetzt geht die Uhr nicht mehr vor, sondern sie ist stehengeblieben oder geht zurück. Wir wollen – das hat Frau Kollegin Pollet-Kammerlander versucht, auszudrücken – davor warnen, daß diese Diskussion gestoppt wird.

Die Signale und die Wortmeldungen Ihres Koalitionspartners haben es eindeutig gezeigt. Dort herrscht das Motto: gleich – gleicher – familiär. Das Wort "Gleichberechtigung" wird unterschwellig durch das Wort "Familie" ersetzt.

Meine Damen und Herren! Ich lege größten Wert darauf, festzustellen, daß mein Kind nicht sächlichen Geschlechts ist. Es ist nicht "das Kind", sondern es ist ein männliches Kind. Jedes Kind in dieser Republik ist später einmal entweder ein Mann oder eine Frau. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es geradezu absurd, wenn es um nichts anderes als um die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und ihre Chancen gehen sollte, daß man sich diesem Druck – das ist meine Befürchtung – beugt. Das ist nicht die Befürchtung, die ich bei der Frau Bundesministerin habe. Die Ministerinnen waren immer standhaft, aber der Druck auf sie ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Dem Druck, der von seiten der männlichen Regierungskollegen bis hin zu den Abgeordneten des Parlaments auf sie ausgeübt wurde und der vielfach dokumentiert ist, wollen wir widerstehen und schon im Vorfeld Widerstand leisten. (Beifall bei den Grünen.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.

16.01

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedauere schon, daß es einen Fristsetzungsantrag mit dem Datum gibt, mit dem er versehen wurde, weil


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ich glaube, daß es notwendig wäre, über den Ansatz zu diskutieren. Allerdings wissen wir alle, daß der 15. oder 17. September ein unmöglich einzuhaltendes Datum ist. Insofern empfinde ich großes Bedauern darüber, daß wir uns nicht in der normalen Parlamentssession zumindest zwei oder drei Monate Zeit genommen haben, um auch über diesen Antrag zu diskutieren, denn er hat einen sehr realen Hintergrund.

Ich habe mir heute mittag, nachdem ich wußte, daß die Debatte hier stattfindet, noch ein paar Stichworte gemacht und habe geglaubt, den ersten Satz nicht sagen zu müssen. Ich werde ihn trotzdem sagen: Offensichtlich fehlt vielen das Verständnis für die Forderung nach Verankerung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverfassung, und viele gehen davon aus – das habe ich gerade vorhin wieder gehört –, daß es ohnedies einen Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung gibt.

Natürlich sind die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger, unabhängig von ihrem Geschlecht, in diesem Staat vor dem Gesetz gleich, und trotzdem wissen wir, daß die De-facto-Gleichstellung sehr zu wünschen übrigläßt. Aus diesem und keinem anderen Grund gibt es mehrere Dinge, bei denen Österreich mittlerweile tatsächlich nachhinkt.

Ich denke, daß alle in diesem Hause wissen, daß es schon seit sehr langer Zeit eine UN-Konvention gibt, die auch Österreich ratifiziert hat, in der genau diese Frauenförderung festgehalten ist, und die Staaten müssen darauf hinarbeiten, die tatsächliche Gleichstellung zu erlangen. Wir tun manchmal so, als wären wir nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Neuerdings gibt es auch die Chance der Mitgliedstaaten in der Europäischen Union, Frauenförderung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Frauen tatsächlich gleiche Chancen in dieser Gesellschaft vorfinden, offensiv zu betreiben.

Weil gestern hier noch einiges darüber gesagt wurde, möchte ich noch einmal klarstellen: Es ist eine österreichische Initiative gewesen, es waren die österreichischen Beamtinnen, die in Brüssel so hervorragend verhandelt und formuliert haben, daß wir jetzt diesen Artikel 119 bekommen haben. Es sind nicht die anderen Staaten gewesen, es ist Österreich gewesen, und es sind Österreicherinnen gewesen, die den Artikel 119 in der Europäischen Union auf den Weg gebracht haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich habe mir heute in der Früh berichten lassen: Der ECOSOC tagte in den letzten zwei Tagen in Genf – er tagt, glaube ich, noch immer –, und dort wurde eine ganz wesentliche Resolution empfohlen, nämlich jene, gemäß welcher alle UN-Organisationen bis zum Jahr 2000 in allen Hierarchien die 50-Prozent-Quote erfüllt haben müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aus diesem Grund glaube ich auch, daß Österreich höchste Eile hat, die Frauenförderung in der Verfassung zu verankern. Aber nehmen wir uns doch ein paar Tage für eine normale Parlamentsdiskussion, ein paar Wochen normale Parlamentsarbeit Zeit, um darüber zu diskutieren. Dabei finden Sie mich auch als Bündnispartnerin. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 148/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz im Zusammenhang mit der Gleichstellung von Frauen und Männern eine Frist bis zum 17. September 1997 zu setzen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Fristsetzungsantrag ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach diesen beiden Kurzdebatten nehme ich die Verhandlungen über den 1. und 2. Punkt unserer Tagesordnung betreffend den Außenpolitischen Bericht und die Erklärung des Herrn Außenministers wieder auf.


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83. Sitzung / Seite 117

Herr Abgeordneter Firlinger ist wieder am Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.07

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Vizekanzler hat, wie heute schon zutreffend in der Debatte festgestellt wurde, vielerlei Erwartungen nicht erfüllt. Ein Hauptkritikpunkt, der sich immer wieder herauskristallisiert hat – ein ganz massiver Kritikpunkt –, ist, daß er sozusagen die Hausaufgaben als österreichischer Außenminister liegengelassen hat, und der Herr Bundesminister hat es statt der Erfüllung dieser wichtigen Aufgaben vorgezogen, Weltpolitik und Europapolitik zu machen.

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie von dieser Stelle aus noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam machen: Das sind nicht Ihre ureigenen Aufgaben! Sie sind nicht EU-Kommissar. Sie sind nicht Herr Fischler. Wenn Sie das möchten, dann müssen Sie die Ämter tauschen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen: Es ist etwa zwei Monate her, daß eine ungarische Delegation in Wien war. Den meisten von Ihnen, die sich außenpolitisch betätigen, ist das noch gut in Erinnerung. Da hat man gesehen, wie falsch die Einschätzung der mittel- und osteuropäischen Staaten ist. Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen, alle diese Länder gehen von der Voraussetzung aus, daß sie im Jahr 2002, 2003 oder 2004 EU-Vollmitglieder sind. Das ist ein Setzen auf falsche Tatsachen, und es ist Ihr Mitverschulden, Herr Bundesminister, daß diese falschen Erwartungen geweckt wurden. Denn vieles an Problemen ist nicht ausgesprochen worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der ungarische Außenminister László Kovács in Wien war. Aus seinem Munde war zu entnehmen: Wenn Österreich nicht Bereitschaft zeigt, in der EU Dampf zu machen, damit eine unmittelbare Aufnahme Ungarns ermöglicht wird, dann wird das von den Ungarn geradezu als Provokation empfunden. – Niemand hat den Ungarn gesagt, daß dieser Integrationsprozeß aus diversen Überlegungen heraus nicht so schnell gehen wird können, und es wäre Ihre Aufgabe gewesen, Herr Bundesminister und Vizekanzler, da korrigierend einzugreifen und bei Ihren vielen Besuchen darauf hinzuweisen, daß man die Integration auf diese schnelle Art und Weise nicht bewerkstelligen kann.

So wurden viele falsche Erwartungen geweckt. Herr Bundesminister! Auch in dieser Hinsicht sind Sie schon für viele – zumindest aus innerösterreichischer Sicht – auf internationalem Podest ein Mann geworden, der Probleme mit der Glaubwürdigkeit hat. Diese Glaubwürdigkeitsprobleme haben sich fortgesetzt, nicht erst jetzt durch diese letzte Entgleisung in Amsterdam, sondern auch durch andere Auftritte, sodaß wir leider, obwohl Sie viele gute theoretische Ansätze entwickelt haben, zur Feststellung kommen müssen: Herr Bundesminister! Sie sind gut in der Theorie, aber schwach in der Umsetzung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Sie haben gesagt, Sie werden das "locker" aushalten, Herr Bundesminister, und der Wähler wird dann irgendwann einmal entscheiden. – Ich sage Ihnen, Sie halten es nicht locker aus. Sie sind nicht umsetzungsstark, Sie sind dünnhäutig geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen wünschen uns einen Außenminister – um allfällige Spekulationen hintanzuhalten, Herr Kollege Auer (Zwischenrufe bei der ÖVP)  –, der sowohl im Inland als auch im Ausland absolut handlungsfähig ist, der zuerst die österreichischen Interessen verhandelt, bevor er etwas anderes tut, weil er nur auf diese Art und Weise sicherstellen kann, daß er ein guter Außenminister ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Außenminister! Wir erwarten von Ihnen auch, daß Sie mit allen Fraktionen konsensbereit sind, denn das ist von elementarer Bedeutung, um auch im Ausland Ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und um im Ausland ein guter Repräsentant unseres Landes zu sein.


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83. Sitzung / Seite 118

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere, feststellen zu müssen, daß diese Voraussetzungen derzeit nicht gegeben sind. Daher wird meine Fraktion nicht umhinkönnen, Ihnen das Mißtrauen auszusprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Er hat das Wort.

16.12

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bürger Schüssel, Vorsitzender einer christdemokratischen Partei (Rufe bei der ÖVP: Obmann! Obmann!) , Mitglied einer Bundesregierung einer westlichen Demokratie, gläubiger Katholik, der meist mit dem Kollegen Khol in die Kirche geht, der wichtige Fürsprecher in allen Bundesländern Österreichs hat, mittlerweile auch einen Fürsprecher in Deutschland! (Abg. Schwarzenberger: Sie sollten den Glauben von Menschen nicht so verhöhnen!)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es geht schon um die Untersuchung, wer wen verhöhnt. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, und die Frage ist, wie damit umgegangen wird. Wer verhöhnt, wer unterstellt, wer lügt, wer ist ein Katholik, wer ist ein Christ? Ist das die Frau Landeshauptfrau aus der Steiermark, die gütig ihrem Parteivorsitzenden und Parteiobmann und Vizekanzler sagt: Man darf als Christ lügen, wenn man dann beichten geht?

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob sie diesen Satz an Sie gerichtet hat, Herr Vizekanzler, das kann ich nicht beurteilen. Vielleicht hat sie diesen Satz auch an die Journalisten gerichtet, an dieses unglaubliche, verschwörerische Trio oder Sextett der österreichischen Zeitungen. Meine Damen und Herren! Das weiß ich nicht. Die Frau Landeshauptfrau sitzt hier, wahrscheinlich hat sie vorher noch ein klärendes Gespräch mit dem Vizekanzler geführt.

Herr Vizekanzler! Die Frage ist nicht – sie ist es schon längst nicht mehr –, welche Schimpfworte man in Österreich verwenden darf. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Es gibt kaum Schimpfwörter, die ich noch nicht verwendet habe. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Frage ist, was der Herr Vizekanzler, was der Herr Schüssel, was der Herr Parteivorsitzende aushält und was diese Republik aushält. (Abg. Dr. Maitz: Dich hält er auf jeden Fall aus!) – Mich wird er im Augenblick aushalten müssen.

Meine Damen und Herren! Die Frage wurde in Österreich schon einmal gestellt, was ein hoher Politiker aushält. – Das war damals der Bundespräsident dieser Republik. Dieser Bundespräsident hat das auch ausgehalten. Da gab es eine ähnliche Argumentationslinie: in Österreich erdacht, im Ausland eine campaign durchgezogen, die Verschwörung von der Ostküste bis zur Westküste und nach Österreich.

Und jetzt gibt es also die Verschwörung im Lande. – Herr Vizekanzler! Die Frage ist: Halten Sie die Vorwürfe der Opposition aus? – Da können Sie sagen: Was geht mich das an? Ich habe die Mehrheit hinter mir!

Khol hat demonstriert, daß er seine Partei im Griff hat, Kostelka hat demonstriert, daß er seine Partei im Ernstfall auch im Griff hat. (Abg. Mag. Stadler: Das ist sehr wörtlich zu verstehen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt weiß er nicht, ob er lachen oder weinen soll, der Christdemokrat!)

Meine Damen und Herren! Wir werden heute erleben, ob Sie Ihre aufrechten, starken Kolleginnen und Kollegen ebenso im Griff haben, wenn es einen Mißtrauensantrag gegen den Vizekanzler dieser Republik gibt. Aber die Frage ist: Herr Vizekanzler! Halten Sie es aus, wenn in Ihrer christdemokratischen Partei die Menschen darüber nachzudenken und zu zweifeln beginnen, ob die Lüge ein probates Mittel ist oder nicht? (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind ein Pharisäer! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Vizekanzler Schüssel! Ich bin vorsichtig. Wenn ich unvorsichtig wäre, würde ich sagen, Sie sind ein Lügner. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! – Abg. Tichy-Schreder: Das ist ein Wahnsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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83. Sitzung / Seite 119

Herr Khol! Ich weiß nicht, wie Sie und Ihre Partei das aushalten werden, daß in Zukunft jeder Journalist, jede Zeitung schreiben kann, daß es der Vizekanzler aushält, daß man ihn "Lügner" schimpft. Meine Damen und Herren! Das ist die Frage, die hier zu beantworten ist, und damit verbunden ist natürlich das gesamte Problem der österreichischen Außenpolitik. Waldheim hat gemeint: "Jetzt erst recht!" – gemeinsam mit der christdemokratischen Volkspartei, gemeinsam mit vielen Wählerinnen und Wählern dieses Landes, mit der Mehrheit. – Aber was war damals der Preis, meine Damen und Herren, und was ist heute der Preis?

Herr Vizekanzler Schüssel! Sie sitzen hier und sagen: Das halte ich aus. – Meine Damen und Herren! Herr Maitz! Liebe christdemokratischen Kolleginnen und Kollegen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich will nicht, daß in einer österreichischen Bundesregierung jemand sitzt, der meint, er hält das alles aus. (Abg. Dr. Höchtl: Wir halten sogar sehr viel aus!)

Herr Vizekanzler! Ich habe nur eine ganz bescheidene Bitte: Entziehen Sie sich nicht einem Klärungsprozeß! Herr Kukacka! Es geht nicht um den Hohepriester, ich bin nur ein ganz gewöhnlicher Volksvertreter, der schon relativ lang, vielleicht schon zu lang in diesem Hause sitzt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Wissen Sie, warum ich meine, daß ich vielleicht schon zu lange in diesem Haus sitze? – Weil ich mich manchmal auch schon an das Ungeheuerliche zu gewöhnen scheine, das täglich in diesem Haus passiert. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Schwarzenberger: Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung! – Abg. Mag. Mühlbachler: Erinnern Sie sich noch daran, daß in den Anfängen die Rotation versprochen wurde, laufende Rotation?!)

Herr Vizekanzler! Sie hätten als Christdemokrat aus dieser Situation herauskommen können, aber Sie haben Steine aufgehoben – das ist auch bei der Lieblingslektüre des Herrn Khol nachlesbar. Ich wiederhole: Sie haben Steine aufgehoben. Sie haben nicht gesagt: Ja, ich habe mich über diesen Banker geärgert, der mit seiner Politik viele Menschen in Bedrängnis bringt, der mit seiner Politik wirtschaftspolitische Zielrichtungen anstrebt, die völlig falsch und gegen meine Linie sind, und ich war beim Frühstück wütend und habe jemanden beschimpft. Die Journalisten verfolgen mich offensichtlich schon in bezug auf alle Fragen und auch in allen Lebenslagen, und das nächste Mal muß ich aufpassen, ob ich auf der Toilette noch schimpfen darf. – Das wäre kein Problem gewesen, Herr Vizekanzler! Die Frage ist, wieweit Sie sich in diesem Lügensystem verstricken. Da frage ich mich: Halten Sie das aus?

Herr Vizekanzler! Sie halten es aus! Ich kann Sie heute wahrscheinlich alles schimpfen, Sie werden das alles aushalten. Sie werden sagen, der Herr Wabl war unvorsichtig, der Herr Wabl war entnervt, der Herr Wabl hat sich wieder einmal gehen lassen, wieder einmal hat er nicht gewußt, was der Würde dieses Hauses entspricht. (Abg. Dr. Maitz: Scheinheiligkeit! Scheinheiligkeit!) – Herr Abgeordneter Maitz! Ihre Partei wird von einem Parteiobmann angeführt, der die Grenzen überschritten hat. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Großruck: Als Außenminister muß er Grenzen überschreiten!)

Das wird durch Wahlen korrigiert werden. Aber wie kann korrigiert werden, daß es in diesem Land keine Klärung mehr gibt, weil viele Politiker und Politikerinnen – Herr Khol, Sie gehören auch dazu – der Meinung sind, man muß bestimmte Dinge nicht mehr abklären. Das ist in der Kurdenfrage so, und das ist auch in dieser Causa so. Das ist das Dramatische an dieser Sache, und das war auch damals bei Herrn Waldheim das Dramatische. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. )

Ich glaube, dieser Satz von Herrn Richard Picker, der hier zitiert wurde: Die Wahrheit, wäre sie auch Verbrechen, ist not für dieses Haus! (Abg. Dr. Maitz: Welchen Finger zeigen Sie uns heute?), gilt, glaube ich, auch für Sie, Herr Schüssel, denn sonst haben Sie Ihre Würde verloren. – Ob dieses Haus die Würde behält, hängt von uns allen ab. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Herr Wabl! Sie waren der einzige, der die Hakenkreuzfahne hier in diesem Saal aufgehängt hat!)

16.20


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83. Sitzung / Seite 120

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlußwort liegt nicht vor.

Wir kommen nun zu verschiedenen Abstimmungen, als erstes zu jener über den Antrag, den vorliegenden Außenpolitischen Bericht in III-89 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Außenpolitischen Berichtes eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 74 Abs. 1 der Bundesverfassung.

Zu einem solchen Beschluß des Nationalrates ist nach Art. 74 Abs. 2 B-VG die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich. Ich stelle dieses Quorum fest.

Es liegt mir ein Antrag von 20 Abgeordneten auf Durchführung einer geheimen Abstimmung vor.

Eine geheime Abstimmung ist nur dann durchzuführen, wenn der Nationalrat dies mit Mehrheit beschließt.

Ich lasse daher über den gegenständlichen Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Durchführung einer geheimen Abstimmung eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung ist daher abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den eigentlichen Antrag.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den auf Art. 74 Abs. 1 der Bundesverfassung gestützten Mißtrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen als nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend offensive Sicherheitspolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist daher abgelehnt.

Wir stimmen als nächstes über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend die Bezeichnung von Ortsnamen im Außenpolitischen Bericht 1996 ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit sind die Punkte 1 und 2 der heutigen Tagesordnung erledigt.

3. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (426 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Nieder


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83. Sitzung / Seite 121

lande betreffend die rechtliche Stellung der österreichischen Bediensteten der Europol-Drogenstelle (790 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (589 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien (791 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (610 der Beilagen): Übereinkommen über nukleare Sicherheit (795 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (613 der Beilagen): Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen und Protokollen (796 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (651 der Beilagen): Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den im Rahmen der Europäischen Union handelnden Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Slowenien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlußakte (797 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (668 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien (792 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (669 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über den Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (793 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (702 der Beilagen): Bundesgesetz über die Rechtsstellung des Sekretariats des Wassenaar Arrangements in Österreich (794 der Beilagen)


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83. Sitzung / Seite 122

11. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 162/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend weitere vertragliche Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips (834 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 236/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend wirksame Maßnahmen zur Einschränkung des Walfanges (835 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 250/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ratifikation des internationalen Übereinkommens ILO Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern (836 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 3 bis 13 der Tagesordnung. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Zu keiner einzigen Vorlage liegt der Wunsch nach mündlicher Berichterstattung vor, diese kann daher entfallen.

Es gelangt Frau Abgeordnete Aumayr zu Wort. – Bitte.

16.26

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Herr Minister, Sie haben heute einen großen Teil Ihrer Berichterstattung der Osterweiterung gewidmet und gesagt, daß das ein Projekt ist, das uns unmittelbar betrifft, das weite Bereiche betrifft und für die Bürger Österreichs große Bedeutung hat. Ich gebe Ihnen darin recht, Herr Vizekanzler, das stimmt, aber ich habe in Ihrem Bericht den Hinweis auf die Gefahren der Osterweiterung vermißt, und zwar auf die Gefahren, die Österreich unmittelbar betreffen.

Herr Bundesminister! Die Berichte der Ministerien zur Atomenergie und zur Atompolitik der EU waren in der letzten Sitzung des Umweltausschusses wirklich – ich muß es so sagen – erschütternd; auch der Bericht aus Ihrem ehemaligen Ministerium, dem Wirtschaftsministerium, von Dr. Zluwa. Er hat gesagt: Die EU forciert die Nuklearenergie massiv. Österreich findet in seiner Antiatompolitik in der EU so gut wie keine Unterstützung. Außer Irland und Dänemark unterstützt kein Land die Atompolitik Österreichs.

Herr Bundesminister! Sie haben vor dem EU-Beitritt gesagt, daß Österreich diesbezüglich große Chancen hat, wenn es in der Europäischen Union ist – auch im Rahmen der Umweltpolitik, auch im Rahmen unserer Antiatompolitik! – Herr Bundesminister! Sie haben nicht die Wahrheit gesagt. Es ist wieder einmal das Gegenteil der Fall. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Österreich ist bei den Beitrittsverhandlungen in einer Demutshaltung auf den Knien nach Brüssel gerutscht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Frau Aumayr! Wie macht Österreich das?!) Herr Bundesminister! Sie sind in die Förderfalle getappt – das hat Ihr Wirtschaftsminister Farnleitner gesagt. Und zahlen tut das alles der Staatsbürger. Darum müssen die Österreicher ein Belastungspaket nach dem anderen hinnehmen.

Statt daß Österreich selbstbewußt und aufrecht in diese Beitrittsverhandlungen gegangen wäre, sind wir als Bittsteller dargestellt worden. Herr Bundesminister! Beweisen Sie wenigstens jetzt bei der Osterweiterung Haltung und Rückgrat. Schützen Sie Österreich wenigstens jetzt! Die österreichische Bevölkerung hat ein Recht darauf, daß sie vor den tödlichen Auswirkungen dieser maroden Ost-AKWs geschützt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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83. Sitzung / Seite 123

Reden Sie nicht vom EU-Sicherheitsstandard für die Ost-AKWs! Herr Vizekanzler! Diesen EU-Sicherheitsstandard gibt es nicht. Er ist nirgendwo definiert. De facto muß sich daher auch niemand daran halten. (Abg. Mag. Mühlbachler: Frau Aumayr! Dann werdet ihr aber für Lambach stimmen müssen, sonst haben wir zuwenig Strom! Durch die Ablehnung von Lambach sprecht ihr euch für Atomstrom aus! Dann müßt ihr Lambach zustimmen!)

Herr Kollege Mühlbachler! Fachleute argumentieren, daß es auch nicht logisch ist, den Sicherheitsstandard der Ost-AKWs mittels westlicher Technik zu erhöhen. Das funktioniert technisch nicht. (Abg. Mag. Mühlbachler: Dann habt ihr in Oberösterreich eine andere Meinung!)

Herr Kollege Mühlbachler! In Oberösterreich nehmen wir eine ganz klare Haltung ein! (Abg. Mag. Mühlbachler: Nicht einmal der Wasserkraft stimmt ihr zu! Der Strom kommt nicht aus dem Wald!) Auch Ihre Partei, Herr Kollege Mühlbachler, hat eine einstimmige Resolution an die Bundesregierung verfaßt, in der sie davor gewarnt hat, bei den Beitrittsverhandlungen keine Bedingungen für diese Reformstaaten zu stellen. Österreich muß geschützt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Mühlbachler: Dann stimmt wenigstens Lambach zu, um glaubhaft zu sein!)

Und genau aus diesem Grunde, Herr Kollege Mühlbachler – jetzt geht es wieder einmal um die Glaubwürdigkeit der ÖVP –, bringen wir nun einen Entschließungsantrag ein; er ist – hören Sie gut zu! – beinahe identisch mit der Resolution des oberösterreichischen Landtages. (Ruf bei der ÖVP: Beinahe! Aber der kleine Unterschied, der macht es!)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Ing. Mathias Reichhold und Kollegen betreffend kernkraftfreies Mitteleuropa

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen mit den beitrittswilligen Staaten den Standpunkt zu vertreten, daß jene künftigen EU-Mitgliedstaaten, die derzeit einen Teil ihrer Energie durch Kernkraftwerke produzieren, verpflichtet werden, unter Einhaltung eines verbindlichen Zeitplans, aus der Kernenergieproduktion auszusteigen, andernfalls die Zustimmung zum Abschluß der Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten nicht zu geben.

Die Bundesregierung wird ferner aufgefordert, gemeinsam mit anderen gleichgesinnten Mitgliedstaaten für in Planung und in Bau befindliche AKW in den beitrittswilligen Staaten entsprechende Alternativen aufzuzeigen und zu verfolgen."

*****

Herr Bundesminister! Sie haben jetzt eine große Chance, Sie haben auch als Vizekanzler eine große Chance: Wenn Sie jetzt wirklich Haltung zeigen, wenn Sie zu Ihren Versprechen stehen, dann müssen Sie Österreich schützen, dann müssen Sie für die Gesundheit unserer Kinder eintreten. Mit dieser Haltung werden Sie das gewährleisten.

Ich muß Ihnen wirklich sagen: Normalerweise dürfte die gesamte Bundesregierung aufgrund ihrer EU-Lügen aus dem Beichtstuhl überhaupt nicht mehr herauskommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile nach sorgfältiger Überlegung Herrn Abgeordneten Wabl für den Satz: "Wenn ich unvorsichtig wäre, würde ich sagen, Schüssel ist ein Lügner." einen Ordnungsruf und begründe das vor dem Haus wie folgt:


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83. Sitzung / Seite 124

Man kann nicht durch die Verwendung der Formulierung "Wenn ich unvorsichtig wäre, würde ich sagen, ..." Ausdrücke im Haus verwenden, die wir eben nicht verwenden können. Es wäre sonst jede Steigerungsstufe in die Richtung, daß man mit einer solchen Einleitung praktisch alles sagen könnte, denkbar.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Außerdem gebe ich bekannt, daß die Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang

1. mit der Veräußerung der Bundesanteile an der CA-BV an die Bank Austria und

2. mit der Vollziehung des Ausfuhrförderungsgesetzes und des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes

einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder. Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

16.33

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vermute, daß sich Frau Abgeordnete Aumayr in ihren Ausführungen auf den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses betreffend das Übereinkommen über nukleare Sicherheit bezogen hat, anders kann ich mir ihren Beitrag nicht erklären. (Abg. Aumayr: Selbstverständlich, das ist ein Bericht!) Ich möchte gerne darauf antworten.

Im Ausschußbericht ist festgehalten, daß Österreich nicht ganz damit einverstanden ist, daß wir nicht alles in diesem Übereinkommen über nukleare Sicherheit unterbringen konnten, nämlich nur die zivilen Atomkraftwerke und nicht auch darüber hinausgehende nukleare Einrichtungen.

Welche Bedeutung hat dieses Übereinkommen? – Diese Frage ist wichtig, weil es sich um ein multilaterales Übereinkommen handelt. – Die Bedeutung liegt darin, daß sich verschiedenste Staaten bereit erklären, zu Sicherheitsmaßnahmen Stellung zu beziehen.

Warum ist Österreich daran interessiert, warum hat Österreich dieses Übereinkommen ratifiziert? – Weil wir damit erreichen, daß wir Informationen über Sicherheitsmaßnahmen bekommen und daran auch mitwirken können. (Abg. Ing. Reichhold: Das ist ja nicht ratifiziert! Es ist paraphiert!) – Herr Abgeordneter Reichhold! Es ist paraphiert und wird demnächst ratifiziert, und einige Länder haben es schon ratifiziert, und darum geht es. (Abg. Ing. Reichhold: Keine Verhandlungen!)

Herr Abgeordneter Reichhold! Es geht darum, daß Länder wie Brasilien, Bulgarien, die Tschechische Republik, Ungarn, Griechenland und auch noch andere diesem Übereinkommen beitreten. Es ist wichtig, daß es zum Teil schon akzeptiert ist und sich im Ratifizierungsprozeß befindet.

Selbstverständlich ist es noch ein weiches Übereinkommen, aber wir haben festgestellt, daß gerade auf internationalem Gebiet Mitsprechen, Mitreden und Einflußnehmen von großer Wichtigkeit sind. Und das wird durch dieses Übereinkommen ermöglicht.


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83. Sitzung / Seite 125

Von den zehn Punkten, die wir jetzt behandeln, sind sieben Punkte mehr oder weniger außenpolitische Routine, etwa dort, wo es um die rechtliche Absicherung der österreichischen Bediensteten geht, und stellen einige Seiten an Bundesgesetzblättern dar. Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch festhalten, daß diese Abkommen nicht unbedingt bürokratische Maßnahmen im herkömmlichen Sinn darstellen, sondern es handelt sich um wichtige internationale Übereinkommen, um ein besseres Umgehen miteinander und um Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Ich bin sehr froh darüber – das möchte ich hervorheben –, daß sich unter diesen Punkten auch das Übereinkommen mit Slowenien befindet und daß – das ist ein sehr wichtiger Punkt bei manchen bilateralen Problemen, die wir mit Slowenien haben – die Möglichkeit besteht, auf internationaler Ebene, auf europäischer Ebene, mit befreundeten Nachbarstaaten, gegenüber denen wir in einigen Punkten unterschiedliche Auffassungen haben, diese international anzusprechen.

Weiters bin ich sehr froh darüber, daß die Rechtsstellung für das Wassenaar Arrangement geschaffen worden ist, und auch darüber – und darauf möchte ich auch hinweisen –, daß auf Antrag der Abgeordneten Langthaler im Ausschuß – das ist auch ein Anliegen aller Parlamentsfraktionen und wurde daher einstimmig unterstützt – eine Einschränkung des Walfangs vorgenommen werden kann.

Ich möchte hervorheben, daß wir im Ministerium einen Mitarbeiter haben, der sehr aufmerksam versucht, in der Walfangkommission, die es im Rahmen der Europäischen Kommission gibt, wirksame Maßnahmen zur Einschränkung des Walfangs auch höchstpersönlich zu unterstützen. Ich glaube, es ist notwendig, daß dem auch hier Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Ich hoffe, daß es auch bald zur Ratifizierung des internationalen Übereinkommens der ILO Nr. 169 kommt – diesbezüglich gibt es noch unterschiedliche Stellungnahmen einzelner Ministerien –, wenn das Parlament jetzt, was Frau Abgeordnete Kammerlander angeregt hat, einen Bericht abgibt und eine Entschließung faßt, daß dieses Übereinkommen ratifiziert werden soll – auch das wird von allen Fraktionen hier im Haus unterstützt.

Nach der Diskussion über den großen Außenpolitischen Bericht kommt jetzt die Umsetzung einzelner Punkte in die Praxis – zum Beispiel im Bereich der neuen Dienststellen der Europäischen Union –, das eine ist also der große Bericht, das andere ist die Umsetzung auf legistischer Ebene, damit die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen gegeben sind.

Ich glaube, wir alle können diesen Berichten unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Gradwohl. )

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

16.39

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich mit dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit befassen.

Wir teilen die Kritik, die dahin geht, daß es sich um ein sehr weiches Übereinkommen handelt und daß es viele Interpretationsspielräume offen läßt. Wir sehen aber auch – so wie meine Vorrednerin, Kollegin Tichy-Schreder –, daß das eine Möglichkeit ist. Und was wir vor allem sehen und worauf wir unsere Hoffnungen stützen – und das ist ja auch ein Bestandteil des Fünf-Parteien-Antrages, den wir vor zwei Tagen beschlossen haben –, ist der Wille, die Möglichkeiten, die uns mit dem Übereinkommen gegenüber den grenznahen AKWs gegeben sind, auch wirklich zu nutzen. Vor allem das erscheint mir sehr wesentlich.

Wir haben das ja auch im Außenpolitischen Ausschuß thematisiert und angeführt. Da geht es zum Beispiel um das Kernkraftwerk Dukovany und um das im Bau befindliche Kernkraftwerk Temelin. Natürlich heißt das, wenn man das in dieser Richtung auslegt, wenn die Verpflichtung


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83. Sitzung / Seite 126

da ist – und der Beschluß ist ja gefaßt worden, der Antrag ist ja so angenommen worden –, das auch so zu tun, daß auch die österreichische Bundesregierung in dieser Richtung tätig wird, daß wir sagen: Gut, das ist sozusagen für uns ein erster Schritt, das zeigt den Willen der fünf Parteien, nehmen wir das Übereinkommen in diesen Punkten ernst! In diesem Sinne stimmen wir diesem Übereinkommen zu, wie wir ihm auch schon im Ausschuß zugestimmt haben.

Ich will hier nicht noch einmal alles aufzählen, aber das Wichtigste sind sicher die Grenzkraftwerke, und wir sollten unsere Möglichkeiten nutzen, vor allem die beiden Kraftwerke betreffend.

Es ist richtig und es ist auch deswegen sicher wichtig, daß wir zu diesem Fünfparteienantrag und zu diesem Beschluß gekommen sind, weil, wie wir wissen, dieses Grundsatzpapier in der EU-Kommission vorbereitet wird und auf die Haltung Österreichs in dieser Frage immer großes Augenmerk gelegt wird, weil wir traditionell in dieser Frage auch in der Vergangenheit viel getan haben.

Es stimmt, daß es da nur um Atomkraftwerke, um die Energiegewinnung aus Atomkraftwerken geht. Es gäbe zum Beispiel auch im Bereich der Atombewaffnung noch einiges zu tun. In diesem Zusammenhang möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, der mir persönlich sehr wichtig ist.

In Europa sind heute de facto mehr als die Hälfte der Länder eine atomwaffenfreie Zone, von Schweden und Finnland angefangen über die Schweiz bis zu den ehemaligen Ländern der Sowjetunion. Aber auch alle früheren Ostblockstaaten sind heute de facto atomwaffenfrei, weil sie aufgrund der verschiedenen Abrüstungsverträge in den vergangenen Jahren abgerüstet haben und zurzeit keine Atomwaffen besitzen. Es gibt darunter auch Länder, die das von sich aus beschlossen und gesagt haben: Wir werden das auch bleiben, wir möchten das auch bleiben!, und auch an die übrigen Länder den Appell gerichtet haben, das gleiche zu tun.

Meine Damen und Herren! Das ist so ähnlich wie bei den Atomkraftwerken. Da geht es um die EU-Osterweiterung. In diesem Fall geht es um die NATO-Osterweiterung. Mit der NATO-Osterweiterung um die drei Länder, die nun in der ersten Runde an die Reihe kommen, besteht die Gefahr, daß in diesen Ländern Atomwaffen stationiert werden. Es ist möglich. Es ist bisher nur ein Goodwill der NATO, daß sie sagt: Wir verzichten dort auf eine Atomwaffenstationierung. Aber dieser Verzicht weist zwei Schwierigkeiten auf: Die eine Schwierigkeit ist die, daß es eben ein freiwilliger Verzicht von seiten der NATO ist, ohne irgendeine völkerrechtliche Bindung, ein Verzicht also, den die NATO jederzeit, wenn sie es für richtig erachtet, widerrufen kann. Ich will da gar nicht philosophieren, wie da die Mehrheiten dann wären und wie das ausschauen könnte. Ich bin mir aber einigermaßen sicher, daß jene, die für eine atomwaffenfreie Zone sind, dann in der Minderheit bleiben würden und das Nachsehen hätten.

Aber es gibt auch die zweite Seite, es gibt auch Länder wie zum Beispiel Polen, die sagen: Wir wollen das gar nicht!

Meine Damen und Herren! Uns scheint es sehr wichtig, zu gewährleisten, daß im Zuge der Verhandlungen über die NATO-Osterweiterung die österreichische Bundesregierung alles tut, damit diese vertragliche Absicherung der praktisch atomwaffenfreien Zonen in Europa garantiert wird. Manche Länder in Europa und auch manche Staatschefs oder Außenminister in Europa sind dem gar nicht abgeneigt. Auch da hängt es, wie in der Frage der Atomkraftwerke, davon ab, wer die initiative Kraft ist, wer die Initiativen setzt, wer das einbringt und wer sich für diesen Vorschlag einsetzt. Ich meine, es würde Österreich sehr gut anstehen – und es wäre ein Beitrag zu einer aktiven Außenpolitik, die wir ja vorhin sehr lange diskutiert und moniert haben und wo wir kritisiert haben, daß sie nicht vorhanden ist –, zu sagen: Gut, wir sind nicht nur atomkraftwerkfrei, wir sind auch atomwaffenfrei, wir sehen es als unsere Aufgabe, daß – zumindest einmal als erster Schritt – dieser Teil Europas, der de facto atomwaffenfrei ist, es auch bleibt!

Diesem Beispiel haben sich im übrigen auch einige asiatische Länder bereits angeschlossen. Es gibt einen Trend, der in diese Richtung geht. Ich meine, wir müssen alles tun, um das zu unterstützen. Noch einmal: Die Absichtserklärungen reichen nicht!


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Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kammerlander, Freundinnen und Freunde betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Außenminister möge im Zusammenhang mit der Osterweiterung der NATO eine Initiative setzen, die auf die Erhaltung durch eine vertragliche Absicherung der praktisch bestehenden atomwaffenfreien Zone in Europa abzielt.

*****

Nun möchte ich noch kurz einige Worte zu den beiden Anträgen unserer Fraktion, die in diesem Paket, das wir jetzt diskutieren, mit enthalten sind, sagen. Ich freue mich, daß der Antrag meiner Kollegin Langthaler über die wirksamen Maßnahmen zur Einschränkung des Walfanges Zustimmung findet. Ich sehe das als ein sehr positives Zeichen, das Österreich – in einem kleinen, aber wichtigen Bereich – setzen kann.

Zuletzt möchte ich noch auf die Ratifikation des internationalen Übereinkommens der ILO Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern eingehen. Wir haben dieses Übereinkommen hier im Parlament bereits einmal beschlossen. Es sind dem aber dann leider keine Schritte gefolgt. Ich freue mich, daß es auch diesbezüglich zu einem Fünf-Parteien-Beschluß gekommen ist, der zeigt, daß wir das jetzt wirklich ernst nehmen.

Ich möchte nur kurz ausführen, worauf es uns dabei besonders ankommt. Wir haben ja keine eingeborenen Völker, aber das Übereinkommen hat wesentliche Auswirkungen auf unsere Wirtschafts- und auf unsere Entwicklungspolitik. Es gibt eine Reihe von Berührungspunkten, die ich hier jetzt gar nicht alle aufzählen will, aber eine Frage, die in den letzten Jahren immer wieder aktuell war, war zum Beispiel die der Rohstoffimporte aus Ländern wie zum Beispiel Nigeria.

Es gibt eine Reihe von Feldern, wo uns das unmittelbar berührt, so zum Beispiel der Bereich der Lebensmittelexporte, wo ich meine, daß wir in Zukunft bei der Handhabung dieses ILO-Übereinkommens eine kohärente Politik zwischen der Entwicklungspolitik und der Außenwirtschaftspolitik machen sollten. Das würden wir sehr begrüßen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa, den Frau Abgeordnete Kammerlander soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ebenso steht der Antrag der Abgeordneten Aumayr, Dipl.-Ing. Hofmann, Ing. Reichhold und Kollegen betreffend kernkraftfreies Mitteleuropa, der ebenfalls ausreichend unterstützt ist, mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Er hat das Wort.

16.47

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit den Regierungsvorlagen betreffend ein Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EU und dem Mittelmeerraum beziehungsweise Slowenien beschäftigen.

Zwei Europa-Abkommen stehen zur Ratifikation an. Beide Abkommen machen die Zielrichtung der Europapolitik der EU deutlich, nämlich eine dauerhafte Grundlage für die Beziehungen zu den mediterranen Drittstaaten unter der Perspektive einer kooperativen Partnerschaft zu schaffen. Ziel dieser Politik ist es, diese Mittelmeerländer in ihren Bemühungen zur Entwicklung einer Zone des Friedens und der Stabilität zu unterstützen. Nach Tunesien und Israel ist Marokko das


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dritte Land, der dritte mediterrane Partnerstaat, mit dem ein solches Assoziierungsabkommen ausverhandelt wurde. Das Hauptaugenmerk gilt dem Freihandel.

Dieses Abkommen sieht unter anderem – und das erscheint mir besonders wichtig – das Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Praktiken vor – ein Aspekt, der im Interesse einer intensiveren Weiterentwicklung des Freihandels nicht hoch genug zu bewerten ist. Besonders wichtig scheint mir aber das vereinbarte Ziel der Schaffung einer Freihandelszone zu sein, und zwar soll dieser Weg über eine regionale Integration erreicht werden.

Diese Kooperationspolitik der EU im Mittelmeerraum ist das Gegenstück zur Politik der Öffnung gegenüber Mittel- und Mittelosteuropa. Auf diesem Weg ist das heute zu genehmigende Abkommen zur Gründung einer Assoziation mit Slowenien ein weiterer Schritt.

Nun, meine Damen und Herren, in aller Kürze einige Gedanken zur Osterweiterung. Neben der Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion ist meiner Auffassung nach die Osterweiterung der Europäischen Union das zweite dominante Thema der europäischen Integrationspolitik. Die politische und wirtschaftliche Einbindung dieser Region in die Strukturen der EU ist die beste Möglichkeit, in diesen Ländern stabile und gerechte soziale Verhältnisse zu schaffen, um diese Länder in ihrem Bemühen, eine demokratische Gesellschaft, demokratische Strukturen aufzubauen, zu unterstützen.

Vor ein paar Tagen hat der Vorsitzende der EU, der niederländische Premier Kok, die Vertreter der 12 Beitrittskandidaten eingeladen und ihnen in diesem Zusammenhang in Aussicht gestellt, die entsprechenden Modalitäten zu prüfen, um die Wege für diesen Prozeß einzuleiten. Wir begrüßen das. Es muß aber klar sein, daß der stabilitätspolitische Auftrag, der für die EU-Osterweiterung gilt, natürlich auch für den Mittelmeerraum Gültigkeit hat. Sowohl die EU-Osterweiterung als auch die gedeihliche Entwicklung des Mittelmeerraumes sind unserer Auffassung nach Teil einer gesamteuropäischen Stabilitätspolitik.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Frage stellen, wie rasch und wie intensiv die EU-Osterweiterung vor sich gehen soll, dann ist es sinnvoll, den Weg Österreichs als Vergleich heranzuziehen. Von den Verträgen Roms 1957 bis zu unserer EU-Vollmitgliedschaft sind 38 Jahre vergangen. Ich will jetzt diesen Zeithorizont nicht für die EU-Osterweiterung vorschlagen. Aber überlegen wir einmal, wie nahe unsere wirtschaftliche, unsere Einkommenssituation zu der der EG-Staaten war, und trotzdem mußten wir einen langen Prozeß mit vielen Hindernissen, mit vielen sidesteps – ich denke da etwa an die Assoziationsverträge Anfang der siebziger Jahre – bis zur EU-Vollmitgliedschaft hinter uns bringen. Das war notwendig! Wenn wir heute zurückblicken, dann müssen wir ehrlicherweise zugeben: Das waren notwendige Schritte!

Dieser unser Integrationsprozeß erfolgte in vielen kleinen Schritten. Daher glaube ich, daß wir den Vertretern dieser Länder und den Bürgern dieser Länder nichts Gutes tun, wenn wir ihnen Illusionen machen und vorgaukeln, daß der EU-Beitritt rasch zu bewältigen ist. Ich kenne viele Länder im Osten sehr gut. Die Einkommensunterschiede zwischen diesen Ländern und den Ländern der EU-Staaten stehen in einem Verhältnis von eins zu zehn bis eins zu fünfzehn, von den sozialen Unterschieden ganz zu schweigen. Wir dürfen also nicht den Fehler machen, bei diesen Ländern Illusionen zu wecken, die nicht erfüllbar sind.

Meine Damen und Herren! Ich würde das für mich als Überschrift folgendermaßen definieren: Osterweiterung so schnell wie möglich, aber so langsam wie notwendig. (Beifall des Abg. Haigermoser. )

Eine realistische Osterweiterungspolitik muß die Schaffung von Rahmenbedingungen fördern, die einen schrittweisen, kontrollierten Integrationsprozeß ermöglichen. Es wäre wenig sinnvoll und – ich wiederhole – es wäre wirklich unfair gegenüber diesen Ländern, einen raschen Integrationsprozeß zu versprechen. Die entsprechenden Hoffnungen würden nämlich sehr bald in große Enttäuschungen umschlagen. (Beifall des Abg. Haigermoser. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend darauf hinweisen, warum es so wichtig ist, Herr Außenminister, in diesen entscheidenden Verhandlungen unsere Position klarzumachen.


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Die Geschichte der letzten sechs, sieben Jahre hat gezeigt, daß Österreich zwar ein Profiteur der Ostöffnung war, allerdings war diese aber auch mit vielen Problemen verbunden. Ich glaube daher, daß es richtig ist, unsere Verhandlungspartner aufzufordern, realistische Zwischenschritte zu setzen, die die bestehenden Hindernisse ab- und neue Gemeinsamkeiten aufbauen. Wo immer wir können, sei es bei der Verkehrsinfrastruktur, bei der Unterstützung von Joint Ventures, bei EU-Grenzüberschreitungen oder dem Aufbau von Kontakten, sollten wir helfen. Aber wir müssen im Auge behalten, daß wir im Lichte der Erfahrungen der letzten Jahre diesen Prozeß für unser Land so gestalten, daß er so langsam wie vertretbar, wie ich gesagt habe, vollzogen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Er hat das Wort.

16.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Regierungsvorlage betreffend das Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen und der Internationalen Atomenergieorganisation werden wir unsere Zustimmung, wie schon im Ausschuß, erteilen. Ebenso werden wir der Regierungsvorlage betreffend das Übereinkommen über nukleare Sicherheit, der wir gleichfalls im Ausschuß zugestimmt haben, unsere Zustimmung erteilen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich muß aber darauf aufmerksam machen, daß da, wie ich meine, eine ganze Menge an Defiziten vorhanden ist. Herr Bundesminister! Sie haben schon im Ausschuß gesagt, daß dieses Übereinkommen nicht unbedingt den österreichischen Wünschen entspricht. Ich möchte Sie daran erinnern, daß es ein erklärtes Ziel der Bundesregierung ist, daß es ein kernkraftfreies Mitteleuropa gibt, und daß dafür entsprechende Maßnahmen zu setzen sind.

Wir haben in Österreich ein Gesetz, das uns verbietet, Kernkraftwerke zu bauen beziehungsweise in Kernkraftwerken Strom zu produzieren. So weit, so gut. Ich sehe allerdings immer wieder eine Diskrepanz zwischen dem Sagen und dem Tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, an einen Antrag im Europäischen Parlament zu erinnern. Dabei ging es darum, den Aufgabenbereich von EURATOM zu verändern. Es ging darum, daß Kernkraftwerke nicht mehr von EURATOM gefördert werden, sondern vielmehr vom Jahr 2002 an die bisherige Förderung in eine Förderung der Entsorgung und des Abbaus von Kernkraftwerken umgewandelt wird.

Das ist, wie ich meine, ein wohl berechtigtes Interesse der österreichischen Bevölkerung. Dieses Interesse wurde aufs gröblichste verletzt, und zwar durch Abgeordnete im Europäischen Parlament, die Ihrer Fraktion angehören, unter anderen auch durch die ehemalige Umweltministerin Flemming. Herr Bundesminister! Es haben sich von Ihren Abgeordneten sechs gegen diese Maßnahme, gegen diesen unseren Antrag ausgesprochen, was zuletzt dazu geführt hat, daß dieser Antrag, der durchaus Sinn gehabt hätte, nicht angenommen wurde. Deswegen meinte ich, Herr Bundesminister, daß zwischen dem Sagen und dem Tun ein Unterschied besteht.

Herr Bundesminister! Um es klarzustellen: Ich möchte damit nicht zum Ausdruck bringen, daß Sie einen Druck auf Ihre Abgeordneten ausüben sollten, aber vielleicht können Sie ein wenig zu deren Meinungsbildung beitragen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Schulungen!) Schulungen wären beispielsweise angebracht. Ich will nicht, daß Pressionen ausgeübt werden, so wie das in diesem Parlament vor zwei Tagen geschehen ist (Ruf bei der SPÖ: Nicht schon wieder!) beziehungsweise zu beobachten war. (Abg. Haigermoser – in Richtung SPÖ –: Das werdet ihr noch lange hören!)

Ich nehme an, daß die Frau Abgeordnete Hagenhofer deswegen nicht anwesend ist, weil Sie sich möglicherweise ihre Hämatome, die sie an den Schultern hat, ärztlich behandeln läßt. Das könnte sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Der Abgeordnete Parnigoni wurde offensichtlich aus dem Verkehr gezogen, damit bei zukünftigen Abstimmungen nicht noch mehr Abgeordnete der Sozialistischen Fraktion verlustig gehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Ich glaube, daß es im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher ist, daß die Anti-AKW-Politik international und innerhalb der EU vehement vertreten wird, und ich darf Sie ersuchen, dies auch mit Nachdruck zu machen. Bislang war dies nicht erkennbar. Meine Kollegin Aumayr hat einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Es geht dabei darum, daß einer Ratifizierung im Falle des EU-Beitritts nur dann zugestimmt werden soll, wenn die beitrittswilligen Staaten auch bereit sind, eine verbindliche und mit einem Zeitplan ausgestattete Erklärung darüber abzugeben, daß sie aus der Kernenergie aussteigen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte nicht – und ich weiß, daß Sie keinen Druck ausüben –, daß Druck auf Ihre Abgeordneten im Europäischen Parlament beispielsweise durch eine Atomlobby ausgeübt wird. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang nochmals an die Resolution des oberösterreichischen Landtages erinnern, der im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk in oberösterreichischer Grenznähe eine Resolution verfaßt hat, welche genau das zum Inhalt hat, was auch durch den Antrag der Kollegin Aumayr nochmals ausgedrückt wird. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Ich meine, daß es nicht genügt, atomare Wendehälse in der Fraktion zu haben und durch diese vertreten zu werden, wie sich das bei der ÖVP leider Gottes immer wieder darstellt. Ich glaube vielmehr, daß man das, was man hier sagt, auch draußen entsprechend vertreten soll. Man soll tatsächlich von der Wahrheit Gebrauch machen und nicht die Option der Beichte zur Maxime des politischen Handelns machen! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

17.01

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kurz zur Europol-Drogenstelle: Es hat bei uns etwas Verwunderung hervorgerufen, daß ein eigenes Protokoll gemäß Artikel 41 des Übereinkommens in Ausarbeitung ist, das den Bediensteten der Europol-Stelle weit über das übliche Maß hinaus Immunitäten einräumt, und zwar daß die Haftung für unzulässige und unrichtige Verarbeitung von Daten ausgeschlossen werden kann, daß nicht geahndet wird und die Aufhebung der Immunität bei strafrechtlichem Verhalten nur durch den Direktor möglich ist.

In Anbetracht dessen muß ich sagen: Diese Immunität ist allerhand, wenn man strafrechtliches Verhalten nicht einmal mehr ahnden kann! Und das soll nicht einmal von einem Ausschuß überwacht werden. Wir wollten, daß ein diesbezüglicher Ausschuß im Europäischen Parlament eingerichtet wird, durch welchen Kontrolle möglich ist. Anscheinend ist es aber nicht erwünscht, die Europol-Stelle kontrollieren zu lassen, und daher wird der Bürger dieser Stelle ausgesetzt.

Nun zum Abkommen über nukleare Sicherheit: Dieses Abkommen hat große Lücken. Das ist auch in der Begründung erwähnt. In dieser steht zum Beispiel, daß in bezug auf die Sicherheit von Kernanlagen Verbesserungen nicht erreicht werden. Es sollen Pläne erarbeitet werden, um sobald wie möglich das Abschalten von Kernanlagen zu ermöglichen. Bei zeitlicher Festlegung – und jetzt kommt es! – der Abschaltung können der gesamte energiewirtschaftliche Zusammenhang und mögliche Alternativen sowie die sozialen, umweltbezogenen und wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt werden.

Mit einem Wort: Wenn jemand keine Lust hat, ein Atomkraftwerk zu schließen, braucht er es auch nicht zu schließen, und all diese Länder haben natürlich immer Gründe, soziale, wirtschaftliche und energiepolitische Gründe, warum sie Atomkraftwerke nicht schließen wollen. Daher glaube ich, daß das, was wir hier beschließen sollen, viel zu dünn ist.


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Weiters: Es sollen alle Länder informiert werden, die betroffen sein könnten. Wer aber definiert eigentlich die Betroffenheit? Spielt da zum Beispiel die Windrichtung eine Rolle? Und was ist, wenn sich der Wind dreht? Ist man dann als eigentlich nicht Betroffener doch Betroffener, aber Uninformierter aus dem System heraus?

Eine weitere Lücke: Es wird hier von der Vorbereitung und Erprobung von Notfallplänen gesprochen. Ich muß sagen: Die Notfallpläne der Regierung sind mir nicht bekannt. Ich habe irgendwann einmal eine Broschüre "An jeden Haushalt" bekommen, laut welcher man Mineralwasser, Reis, Mehl und ähnliches einlagern sollte. – Okay! Diese Broschüre ist aber bereits vergilbt, ich habe sie, glaube ich, vor zwei Jahren weggeschmissen, weil ich sie nicht mehr entziffern konnte, und seitdem ist keine neue Direktive gekommen.

Seit zehn Jahren wissen wir eigentlich nicht, was zu tun ist, wenn es an unserer Grenze kracht, außer daß es vielleicht notwendig wäre, daß man kleinen Kindern Medikamente gibt, um ihre Schilddrüsenaufnahmefähigkeit zu bremsen. Diese Medikamente sind wiederum in den Schulen eingelagert. Das ist sehr schön! Aber glauben Sie nicht, daß diese Medikamente jetzt erneuert werden sollten! Sie sind schon längst verfallen, die darf man den Kindern gar nicht mehr geben. Jetzt haben wir nette Kartons in den Schulen, die wir wegwerfen können (Abg. Dr. Lukesch: In den Sondermüll!), aber keine Notfallpläne!

Es ist ein bisserl mühsam, wenn man all das sieht, einem solchen Vertrag zustimmen zu müssen! – Ich kann mich gut daran erinnern: Im Europäischen Parlament gab es die Richtlinie zur Patentierung. Ich habe mir einerseits überlegt, daß wir uns auf einen Minimalkonsens einigen sollten, damit wir überhaupt irgend etwas in der Hand haben. Die andere Überlegung war: Besser den Druck erhöhen und nichts unterzeichnen, denn dann ist die Notwendigkeit zum Handeln größer. Ohne Vertrag kann man den Druck eher aufrechterhalten als mit einem ganz schlechten Vertrag.

Deshalb habe ich mir erlaubt, diesen Vertrag im Ausschuß abzulehnen. Das ist eigentlich bedauerlich, denn ich weiß genau, daß die Notwendigkeit einer Koordinierung gegeben ist. Ich meine, der Vertrag hat auch deswegen große Lücken, weil keine Verknüpfung daraus hervorgeht, weil die Atomwaffen darin nicht enthalten sind und weil auch der nukleare Abfall nicht geregelt ist. Das sind große Lücken! Mir ist lieber, der Druck bleibt aufrecht, als ein schlechtes Papier zu unterzeichnen, hinter welchem sich jeder Staat verstecken kann.

Ein Letztes noch zum Antrag der FPÖ bezüglich Subsidiaritätsprinzip: Eigentlich ist es richtig: Die Europäische Union sollte sich nur mit Dingen befassen, die anders nicht besser zu regeln sind. Da gebe ich Ihnen recht! Aber Sie stellen das Erforderlichkeitsprinzip in den Vordergrund, was bedeutet, daß die Regionen definieren sollen, womit sich Europa überhaupt befassen darf. Es bedeutet jedoch einen großen Aufwand und eine Aufblähung der Bürokratie, wenn zuerst die Regionen entscheiden müssen, was bei ihnen geregelt und was weitergegeben werden soll. Ich glaube, das ist zuviel verlangt, und deswegen werden wir diesen Antrag der FPÖ ablehnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte. 5 Minuten freiwillige Beschränkung der Redezeit.

17.07

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die ILO-Konvention 169 fordert die Ratifikation des Internationalen Übereinkommens über die Rechte für Eingeborene und in Stämmen lebende Völker. Diese ILO-Konvention wurde hier bereits 1993 im Vorfeld der Menschenrechtskonferenz einstimmig beschlossen. Bis heute wurde aber die notwendige Ratifizierung seitens der Regierung nicht vorgenommen. Ich halte das vor allem deshalb für dringend notwendig, weil es wichtig ist, daß westliche Demokratien und Regierungen für die Interessen und Rechte der indigenen Völker eintreten, weil man diese Verantwortung nicht nur den Nichtregierungsorganisationen überlassen darf und weil es dabei auch – wie schon Frau Abgeordnete Kammerlander betont hat – um massive Wirtschaftsinteressen der Industrieländer geht. (Beifall bei der SPÖ.)


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Heute sind die letzten Naturvölker – es handelt sich um 4,8 Prozent der Weltbevölkerung – in ihrer Existenz bedroht, und ihre Lebensgrundlagen werden zerstört. Dies geht bis zu Vertreibung und Völkermord. Die Lebensgrundlagen werden durch Abholzung, Bergbau oder durch Atomtests zerstört. Man kann in diesem Zusammenhang die Yanomami in Brasilien, deren Gebiete die Goldgräber besiedeln, die Penan in Malaysia, die von den Holzfällern und von der Regierung vertrieben werden, oder die Ogoni in Nigeria nennen, wo der internationale Konzern "Shell" Interessen hat. Und ich könnte diese Liste noch lange fortsetzen. Wenn man von Globalisierung spricht, dann muß man auch miteinbeziehen, daß die westlichen Industriestaaten Interesse an den Rohstoffen haben, die zum Teil nur mehr in diesen abgelegenen Gebieten zu finden sind.

Die ILO-Konvention ist ein wesentliches Rechtsinstrument zur Durchsetzung der entsprechenden Rechte. Es geht vor allem darum, die Landrechte der indigenen Völker zu sichern und die Rechte dieser Völker festzuschreiben, damit es nicht zu Vertreibungen kommen kann. Für uns bedeutet das, daß auch wir uns im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sehr stark der Probleme und Bedürfnisse dieser Völker annehmen. Dabei geht es nicht um irgendwelche romantischen oder idealistischen Vorstellungen, sondern es geht um Forderungen, die von Indianerorganisationen selbst formuliert werden.

Ich erwähne in diesem Zusammenhang zum Beispiel unser Interesse an der Erhaltung des Regenwaldes. Der Regenwald wird nur dann überleben, wenn ihn die Menschen, die ihn seit Jahrtausenden besiedeln, so bewirtschaften, daß Mensch und Natur gemeinsam leben können. Nur dann wird dieser Regenwald auch für uns erhalten bleiben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist besonders wichtig für den Klimaschutz. Auf allen internationalen Kongressen wird immer wieder darauf hingewiesen. In Österreich wurde insbesondere mit dem Klimabündnis die Möglichkeit einer neuen partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Regenwaldvölkern geschaffen.

Ich meine, daß nun wirklich neue Ziele gesetzt worden sind. Von Nichtregierungsorganisationen und auch von Mitgliedern des Parlaments werden gemeinsam Forderungen bei internationalen Konferenzen und Tagungen gestellt werden, damit diese Regenwaldvölker auch in Zukunft die Möglichkeit haben, zu überleben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.12

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich in wenigen Worten zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung in Wien Stellung nehmen.

Ich glaube, diese Organisationen sind ein sehr wesentlicher Faktor für das Internationale Zentrum in Wien, finden doch über 4 300 Beschäftigte dort Arbeit, wovon ein Drittel Österreicher sind. Das ist für mich ein wesentlicher Punkt.

Darüber hinaus ist gerade die UNIDO eine Organisation, die weit über ihre tatsächliche Aufgabe hinaus wirkt, zumal die UNIDO im Jahr 1995 ihr 30jähriges Bestandsjubiläum feierte. In Anbetracht dessen war es nur recht und billig, daß gerade im Jahr 1995 das Abkommen aus dem Jahre 1985, mit welchem aus der UNIDO eine unabhängige Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit wurde, umzuwandeln, um deren Weiterbestand zu sichern. Ich glaube, dieser Weiterbestand ist nicht nur für Wien, sondern für die gesamte UNO und damit für die Bevölkerung der Welt wichtig und notwendig.

Zweitens möchte ich einen


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Zusatzantrag einbringen:

Zusatzantrag

der Abgeordneten Schieder, Dr. Spindelegger und Genossen zur Regierungsvorlage 610 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 793 der Beilagen (Übereinkommen über nukleare Sicherheit)

Der Nationalrat wolle gemäß § 76 Abs. 3 GOG beschließen:

"Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG ist dieser Staatsvertrag hinsichtlich der authentischen Texte in arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen, daß diese beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufgelegt werden."

*****

Ich bitte Sie, sowohl den Berichten als auch dem Zusatzantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Zusatzantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.14

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Das heute in Verhandlung stehende Übereinkommen über die nukleare Sicherheit hat mich an ein Gespräch erinnert, das wir heuer im April auf Einladung der Opposition zum Thema Mochovce und Kernkraftwerke in Bratislava geführt haben.

Frau Abgeordnete Aumayr ist jetzt nicht da. Sie hat hier sehr massive Kritik an der Regierung und an der Außenpolitik vor allem im Zusammenhang mit den Kernkraftwerken geübt. Als aber die Opposition in der Slowakei, die wirklich auch eine geschundene Opposition ist, uns eingeladen hat, um uns auf Mochovce aufmerksam zu machen, waren dort außer den Sozialdemokraten und der Österreichischen Volkspartei keine anderen Parteien vertreten. Es hat weder jemand von den Grünen, die immer Lobbyisten für die Antikernkraftidee sind, noch jemand von den Liberalen und schon gar niemand von der Freiheitlichen Partei daran teilgenommen. (Abg. Mag. Stadler: Davon höre ich heute zum ersten Mal! Haben wir die Unterlagen auch bekommen?) Diese Tagung fand am 3. und 4. April statt, und alle österreichischen Parteien haben eine Einladung erhalten!

Wir haben daran teilgenommen, und wir haben vor allem versucht, diese Anti-Atom-Bewegung zu unterstützen, weil wir wissen, daß nicht nur Mochovce, sondern auch die Kernkraftwerke in Temelin, Dukovany, Bohunice und Krško nahe an unserer Grenze liegen. Wir wissen, daß diese eine große Gefahr darstellen und wie notwendig es ist, diese Bewegungen zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Stadt Ybbs, die sich in hervorragender Weise der Kinder angenommen hat, die durch Tschernobyl schwer gesundheitsgeschädigt sind, hat mich ersucht, daß ich für diese Kinder einen Wien-Tag organisiere. Ich werde also im Juli mit den Kindern einen Tag in Wien verbringen. Und wenn Sie diese armen "Hascherln" sehen, die heute noch schwer gesundheitsgeschädigt sind, dann können Sie erkennen, wie gefährlich diese Kernkraftwerke in Wirklichkeit sind!

Meine Damen und Herren! Daher halte ich es für besonders wichtig, daß wir endlich ein internationales Übereinkommen getroffen haben. Ich muß allerdings aus österreichischer Sicht hinzufügen – und das hält auch die Bundesregierung in ihrem Schreiben fest –, daß es sich hiebei leider nur um eine Vereinbarung betreffend Kernkraftwerke handelt und in Wirklichkeit die Ge


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fahren, die von der nuklearen Rüstungsindustrie ausgehen, nicht miteinbezogen sind. Es wäre besser, wenn das auch enthalten wäre! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir in Österreich auf dem richtigen Weg sind. Daher verstehe ich die Kritik der Frau Abgeordneten Aumayr nicht ganz. Wenn es uns gelungen ist, am Mittwoch hier einen gemeinsamen Antrag aller fünf Parteien betreffend die Politik in der Anti-Atom-Frage zu beschließen, so zeigt das doch, daß wir auf dem richtigen Weg sind. Ich glaube auch, daß wir in Zukunft gemeinsam eine Anti-Atomkraft-Politik betreiben müssen. Daher ist es sehr gut und wichtig, daß es dieses gemeinsame Übereinkommen geben wird! (Beifall bei der SPÖ.)

17.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.20

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte zu einem Gesetzentwurf, den wir heute beschließen, Genaueres ausführen, denn diese wichtige Materie ist offenbar untergegangen, und zwar möchte ich ganz kurz über das Sekretariat des Wassenaar Arrangements in Österreich sprechen.

Es ist dies ein sehr abstrakt klingender Körper. Tatsächlich wird hier zum ersten Mal versucht, in einem größeren Zusammenhang – es sind diesem Arrangement 33 Staaten beigetreten – weltweit zumindest zu beobachten, wer konventionelle Waffen und Rüstungsgüter anhäuft, um feststellen zu können, wo sich Konflikte abzeichnen. Ich glaube, daß das eine sehr wichtige Institution sein kann, ebenso wie das Sekretariat zur Überwachung der Atomtests und Atomteststopps, das sich jetzt in Wien etabliert hat.

Was den Waffenhandel betrifft, möchte ich das unterstützen, was der Präsident des Internationalen Roten Kreuzes Sommaruga gesagt hat. Er vertrat die Meinung, daß es nicht nur zur Beobachtung, sondern zu einem System der Kontrolle des legalen und illegalen Waffenhandels kommen muß. Er sagte: "Es ist abscheulich, zu sehen, wie hungernde Menschen in so vielen vom Krieg erschütterten Ländern von Kämpfern zu Geiseln genommen werden, die weder Tod noch Teufel fürchten, sich aber dafür ungestraft ein umfassendes Waffenarsenal zugelegt haben, das sie in einer leider nur allzu bekannten Form einsetzen."

Ich hoffe, daß Wien weiterhin internationale Organisationen für Frieden und Abrüstung anziehen kann. Genf war einmal ein Synonym für Menschenrechte. Mir wäre es ein Anliegen – und ich glaube, daß es auch dem gesamten Haus ein Anliegen ist –, daß Wien ein Synonym für eine Stadt wird, die für Abrüstung, Frieden und Entwicklung steht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.22

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte nur noch ganz kurz Stellung zum Entschließungsantrag der Grünen betreffend eine vertragliche Absicherung der praktisch bestehenden atomwaffenfreien Zone in Europa nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es besteht überhaupt keine Diskrepanz in der Auffassung, daß in diesem Hohen Haus und in Österreich eine klare Anti-Atompolitik betrieben werden soll und daß wir und unsere Bundesregierung diese politische Position im Rahmen der Europäischen Union und internationaler Gremien auch einbringen sollen. Auch der Nationalrat hat in dieser Frage eine ganz klare Position bezogen, und daher ist es eigentlich selbstverständlich, daß das Eintreten dafür, daß Atomwaffen in Europa der Vergangenheit angehören, eine eindeutige, klare und auch richtige Position ist.


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Meine Damen und Herren! Der Entschließungsantrag der Grünen ist zwar gut gemeint, es ist jedoch nicht möglich, daß die österreichische Bundesregierung in der Form, wie es der Entschließungsantrag vorsieht, Einfluß auf die europäische Politik nimmt.

Frau Kollegin Kammerlander! Grundsätzlich mag das stimmen, jedoch setzt ein derartiger Auftrag des Parlaments an den Außenminister voraus, daß dieser Außenminister tatsächlich in den Entscheidungsgremien der NATO vertreten ist, was aber nicht der Fall ist. Das heißt: Voraussetzung für einen derartigen Entschließungsantrag ist unsere Mitgliedschaft in der NATO, denn nur dann ist es möglich, daß Österreich – wie es hier formuliert ist – sich dafür verwendet, daß eine vertragliche Absicherung in den neuen Mitgliedsländern der NATO erfolgt. Liebe Frau Kollegin Kammerlander! Wir führen keine Verhandlungen mit Polen, Tschechien oder Ungarn über deren Mitgliedschaft in der NATO und über die Bedingungen dieser Mitgliedschaft. Diese Verhandlungen führen andere, das wissen Sie ganz genau! Dieser Entschließungsantrag ist also nicht vollziehbar, und daher werden wir ihm nicht unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstatterin findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte daher die Damen und Herren Abgeordneten, ihren Platz einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich dem Abkommen mit dem Königreich der Niederlande betreffend die rechtliche Stellung der österreichischen Bediensteten der Europol-Drogenstelle, 426 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

So Sie das tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist damit mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich dem Abkommen mit den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung zur Abänderung des Abkommens mit den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über die Errichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen in deren Amtssitzen im Internationalen Zentrum Wien, 589 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

So Sie das tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung wird stimmeneinhellig erteilt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages: Übereinkommen über nukleare Sicherheit, 610 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

So Sie das tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mehrheitlich. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend kernkraftfreies Mitteleuropa.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.


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83. Sitzung / Seite 136

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen betreffend die Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses Zeichen ergibt die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag, daß dieser Staatsvertrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich der authentischen Texte in arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen ist, daß diese beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufgelegt werden.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses Zeichen erfolgt stimmeneinhellig. Der Antrag ist damit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen und Protokollen, 613 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz zu beschließen, daß die Kundmachung dieses Staatsvertrages dadurch zu erfolgen hat, daß er samt Anhängen und Protokollen in allen authentischen Sprachfassungen zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist daher angenommen.

Jetzt lasse ich über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages: Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den im Rahmen der Europäischen Union handelnden Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Slowenien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlußakte, 651 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen, abstimmen. – Diese Genehmigung wird mehrheitlich erteilt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, im Sinne im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz zu beschließen, daß die Kundmachung dieses Staatsvertrages dadurch zu erfolgen hat, daß er samt Anhängen und Protokollen in allen authentischen Sprachfassungen zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages: Abkommen mit den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien, 668 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung ist stimmeneinhellig erteilt.


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Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über den Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung, 669 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Für den Fall, daß Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung wird mit Stimmeneinhelligkeit erteilt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 702 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung wird stimmeneinhellig erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch in dritter Lesung wird die Zustimmung mit Stimmeneinhelligkeit erteilt. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 834 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mit Stimmenmehrheit. Angenommen.

Jetzt lasse ich über die dem Ausschußbericht 835 der Beilagen beigedruckte Entschließung abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung wird mehrheitlich erteilt. (E 81.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 836 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte Sie, so Sie dafür eintreten wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mit Stimmeneinhelligkeit. Angenommen. (E 82.)

14. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Untersuchung der Abwicklung der Kompensationsgeschäfte im Rahmen von Beschaffungen des Bundesheeres in den Jahren 1983 bis 1995 (789 und Zu 789 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Apfelbeck vor. – Bitte, Frau Abgeordnete. Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 4 Minuten eingestellt.

17.33

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! In aller Kürze: Der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofausschusses konnte seinen Prüfungsauftrag, wie gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung vorgesehen, nicht erfüllen. Ich erinnere an ein Schreiben des Herrn Präsidenten, er verlange von den beiden Bundesministern nur einen Bericht und keine Aktenvorlage über die Kompensationsgeschäfte des Bundesheeres, obwohl es für die Aktenvorlage einen einstimmigen Beschluß des gesamten Ausschusses gab. Meine Damen und Herren! Erstmals haben sich die


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Mitglieder des Ausschusses selbst ernst genommen. Ich hoffe, daß die Ausschußmitglieder von SPÖ und ÖVP dies auch innerparteilich überleben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Obmannstellvertreter, Herr Abgeordneter Leikam, ist mir leider schon abhanden gekommen (Abg. Leikam: Hier!)  im Ausschuß abhanden gekommen; er ist mein Stellvertreter.

Obwohl es für die Vorlage der Akten einen einstimmigen Beschluß gab, verweigerten die beiden Bundesminister die Einsicht in die Unterlagen und bestimmten dadurch selbst, was der Ausschuß erfahren durfte.

In Zukunft, meine Damen und Herren, wird jeder Verdächtige nur mehr einen Bericht schicken müssen und die Einsicht in die Unterlagen verweigern. Obwohl der Gesetzgeber bei der Schaffung dieses Ausschusses 1993 keine klaren Verfahrensbestimmungen festgelegt hat, muß die Möglichkeit der Prüfung gegeben sein. Was Sie uns zum Teil vorgelegt haben, waren geheime Unterlagen, und zwar so geheim, daß es nur mehr leere Blätter waren (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen) , allerdings mit dem Aufdruck "sehr vertraulich". Das war die Geheimhaltung: sehr vertraulich.

Meine Damen und Herren! Ich bin nach wie vor der Meinung, daß dieser Ausschuß im Sinne des § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu prüfen hat. Das ist auch im Gesetz ausdrücklich festgehalten, und dies habe ich auch Herrn Präsidenten Fischer mehrmals geschrieben und um eine Präsidialentscheidung gebeten, die jedoch bis heute aussteht. Es soll allerdings am 15. Juli, also nach der Beratung dieses Punktes hier im Plenum, zu einer Entscheidung in der Präsidiale kommen.

Meine Damen und Herren! Diese Entscheidung kann natürlich nur Folgewirkung für die nächsten Ständigen Unterausschüsse des Rechnungshofausschusses haben. Wenn der Ausschuß nur die zahlenmäßige Richtigkeiten prüfen darf und keine Akteneinsicht bekommt, dann benötigen wir auch keinen Unterausschuß, der noch dazu der Verschwiegenheitspflicht unterliegt, sondern nur einen Taschenrechner und einen Volksschüler, der diesen bedienen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.36

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Die Frau Kollegin Apfelbeck hat aus ihrer Sicht – ich betone: aus ihrer Sicht! – versucht, hier die Arbeit dieses Unterausschusses darzustellen. Tatsache ist, daß die Frau Kollegin Apfelbeck so wie auch andere versucht hat, diesen Unterausschuß in einen sogenannten Untersuchungsausschuß umzufunktionieren und nicht, wie es in der Geschäftsordnung steht, den Unterausschuß auch als Unterausschuß zu führen.

Tatsache ist auch, meine Damen und Herren, daß Unterlagen vorgelegt wurden. Tatsache ist ebenfalls, daß mehrmals gefragt wurde, welche eigenen Unterlagen zu welchen Themen noch vorgelegt werden sollen, und Tatsache ist auch, daß viele Firmen aus rein wirtschaftlichem Interesse – und das kann man diesen Firmen nicht verwehren – keine Unterlagen zur Verfügung gestellt haben. Jene Firmen, die die Vertreter des Ministeriums autorisiert haben, ihre Namen zu nennen, wurden auch genannt.

Tatsache ist auch, meine Damen und Herren, daß sehr wohl mehrmals ein Schreiben des Präsidenten an die Vorsitzende des Unterausschusses gerichtet wurde. Liebe Frau Kollegin Apfelbeck! Gestatten Sie mir, um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen, Ihnen aus dem letzten Schreiben des Präsidenten, das an Sie gerichtet ist, wovon ich und auch alle anderen Parteien eine Kopie haben, zu zitieren. Da heißt es im letzten Absatz: "Dabei wurde übereinstimmend festgestellt, daß selbstverständlich die Handhabung der Geschäftsordnung des Nationalrates in den Ausschüssen und Unterausschüssen dem oder der jeweiligen Vorsitzenden eines Ausschusses oder eines Unterausschusses obliegt und die Vorsitzführung nicht von Äußerungen der Präsidialkonferenz abhängig sein kann."


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Das heißt, liebe Frau Vorsitzende, Sie waren ermächtigt – natürlich gemäß der Geschäftsordnung –, selbständig diesen Ausschuß zu leiten und zu entscheiden. Sie haben sich immer darauf berufen, Sie wollen zuerst das Schreiben des Präsidenten haben, und Sie sagen auch heute, daß Sie auf eine weitere Entscheidung der Präsidialkonferenz warten, die sehr wohl – ich verschweige Ihnen das nicht – auch in diesem Schreiben enthalten ist, nämlich daß am 15. Juli dieses Thema noch einmal behandelt wird, daß aber – und das steht auch in diesem Schreiben – Ihre Vorsitzführung außer Streit steht. Das heißt, Sie, liebe Frau Kollegin Apfelbeck, hätten die Vorsitzführung so handhaben sollen.

Aber lassen Sie mich noch ein paar Sätze zu diesem Unterausschuß sagen. Es ist sicherlich ein Manko – das möchte ich auch hier festhalten –, daß es zu einem militärischen Pflichtenkatalog keinen wirtschaftlichen Pflichtenkatalog gibt. Aber es hat der Herr Bundesminister zugesagt, daß dieser in Zukunft auch miterstellt wird.

Lassen Sie mich auch festhalten, daß die Beschaffung dieser Waffen zuerst einmal auch im Landesverteidigungsrat beschlossen worden ist und daß es natürlich in erster Linie auch darum geht, welche Waffen das Bundesheer brauchen kann, und nicht darum, welche die billigsten sind, denn was am billigsten ist, das ist nicht immer am besten. Das Bundesheer braucht jene Waffen, die es für notwendig erachtet. (Beifall bei der SPÖ.) Daher wurde sowohl von Herrn Bundesminister Fasslabend als auch von General Dr. Corrieri festgestellt, daß Gegengeschäfte keinen Einfluß auf die Beschaffungsentwicklung des Bundesministeriums für Landesverteidigung hatten, da bisher bei Beschaffungen keine Gleichwertigkeit der Angebote vorgelegen ist.

Diese Kompensationsgeschäfte haben aber nicht nur die richtigen Waffen für das Bundesheer gesichert, sondern sie waren und sind auch ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Wirtschaft, weil es dadurch sehr vielen Firmen ermöglicht worden ist, neue Aufträge, wie zum Beispiel in Frankreich, zu bekommen, was sonst nicht so leicht möglich gewesen wäre.

Im großen und ganzen sage ich zu diesem Unterausschuß eines: Es war eine Hilfe für unsere Firmen, für unsere Wirtschaft und somit für österreichische Arbeitsplätze. Es war eine Hilfe für das österreichische Bundesheer, die richtigen Waffen zu bekommen. In Wahrheit – da können Sie nachschauen und reden, soviel Sie wollen – gibt es in diesem Unterausschuß nichts Verdächtiges, nur wollen Sie das eben so sehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.42

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Es geht heute um einen Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses zur Untersuchung der Abwicklung der Kompensationsgeschäfte im Rahmen der Beschaffungsvorgänge des Bundesheeres.

Meine Damen und Herren! Der Ausschuß kam zu dem Ergebnis, daß der Nationalrat den Bericht des Ständigen Unterausschusses, aber auch den Bericht des Rechnungshofausschusses zur Kenntnis nehmen möge. In diesen Berichten wird dargestellt, daß alles bestens sei, daß alles in Ordnung sei.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an das Hohe Haus, diesen Bericht nicht zur Kenntnis zu nehmen, weil dieser Unterausschuß nicht wirklich in der Lage war, seine Kontrollaufgaben entsprechend wahrzunehmen. Wir wurden in unserer Kontrolltätigkeit durch eine, wie ich meine, nicht sachgerechte, nicht akzeptable Auslegung der Geschäftsordnung behindert. Daher haben wir Oppositionsparteien einen entsprechenden Minderheitsbericht verfaßt.

Herr Kollege! Ich komme dann auf die, wie ich meine, nicht akzeptable Auslegung der Geschäftsordnung im Zusammenhang mit der Arbeit dieses Ständigen Unterausschusses zurück.


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Meine Damen und Herren! Es war uns nicht möglich, eine entsprechende Kontrolle im Sinne einer Rechnungshofkontrolle durchzuführen. Wir haben keine Möglichkeit gehabt, die uns vorgelegten Unterlagen zu überprüfen. Es kann ja wirklich nicht so sein, daß die zu Kontrollierenden festlegen oder auswählen, aufgrund welcher Unterlagen die Prüfung durchzuführen wäre. Das ist eine Selbstkontrolle, und ein derartiges Vorgehen lehnen wir ganz entschieden ab. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich meine, daß dadurch das Parlament und die Ausschüsse des Parlaments in ihrer Kontrollfunktion und in ihrem Interpellationsrecht eingeschränkt worden sind, und das ist für uns nicht akzeptabel.

Meine Damen und Herren! In diesem Minderheitsbericht der drei Oppositionsparteien haben wir dann auch die Gründe dargelegt, warum es uns nicht wirklich möglich war, die Kontrolle, wie es ja der Auftrag des Parlaments war, entsprechend durchzuführen. Erster Punkt war – und das hat die Diskussion ja auch ergeben –, daß die Geschäftsordnung, wie ich meine, nicht so ausgelegt worden ist, wie das eigentlich notwendig gewesen wäre. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erfolgt zu dem Zweck, daß die parlamentarische Kontrolle durch das Parlament selbst wahrgenommen wird. Das heißt, im allgemeinen geschieht dies im Wege des Rechnungshofes und im ganz speziellen Fall durch das Parlament selbst. Das heißt, daß jene Kontrollmöglichkeiten, die der Rechnungshof hat, natürlich automatisch auf diesen Unterausschuß überzugehen haben.

Und daß das so ist, meine Damen und Herren, geht meiner Ansicht nach aus der Interpretation der Geschäftsordnung klar hervor. Im § 32e steht: " ... diesem Unterausschuß den Auftrag zu erteilen, einen bestimmten Vorgang im Sinne des § 99 Abs. 2 zu prüfen."

Was sagt der § 99 Abs. 2? – Dieser § 99 Abs. 2 ist in Kapitel 15 angeführt: "Prüfungsaufträge an den Rechnungshof". Das heißt – jeder kennt die entsprechenden Prinzipien für die Auslegung und Interpretation von Gesetzen –, daß hiermit die Prüfregeln des Rechnungshofes entsprechend anzuwenden sind. Dort steht drinnen: "Eine Gebarungsüberprüfung ist auch ohne Beschluß des Nationalrates durchzuführen" und hat "sich auf einen bestimmten Vorgang in einer der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Angelegenheit der Bundesgebarung" zu beziehen.

Und genau das ist der Fall! Hier haben wir es mit einer der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Angelegenheit zu tun. Genau deshalb gehen die Prüfmöglichkeiten, die der Rechnungshof hat, auf den Unterausschuß über, Herr Kollege Wurmitzer. Das hat man durch die Auslegung der Geschäftsordnung verwehrt, und daher war es uns nicht möglich, unseren Auftrag entsprechend wahrzunehmen.

Meine Damen und Herren! Erschwerend kommt noch hinzu, daß das Präsidium des Nationalrates keine wirkliche Entscheidung getroffen hat, wie die Geschäftsordnung nun auszulegen wäre, und soweit ich den Brief des Herrn Präsidenten gelesen habe, Herr Kollege Brix, steht ja drinnen, daß man das bei der nächsten Sitzung der Präsidiale weiter beraten und versuchen wird, zu einer Lösung zu kommen. Ich glaube, das ist einer der letzten Punkte. Das heißt, diese Selbstkontrolle, die man uns hier auferlegt hat, ist nicht im Sinne der Bundesverfassung, und daher können wir diesem Bericht des Rechnungshofausschusses beim besten Willen nicht unsere Zustimmung geben.

Was hat die Prüfung dann noch gebracht? – Ich möchte die Damen und Herren des Hohen Hauses auf drei Punkte aufmerksam machen. Zum einen: Es ist festgestellt worden ... (Abg. Ing. Reichhold: Kannst du uns sagen, wie lange du ungefähr noch reden wirst?)  – Ich werde noch etwa 5 Minuten reden. Meine Redezeit beträgt 10 Minuten.

Erster Punkt: Es ist festgestellt worden, daß die Kompensationsgeschäfte so etwas Ähnliches wie eine Türöffnerfunktion haben. Meine Damen und Herren! Grundsätzlich sollte es diese Kompensationsgeschäfte geben. Aber ausschließlich in dieser Funktion, nämlich nur Türöffner zu sein, wie es auch der Prüfungsbericht des Unterausschusses zum Ausdruck bringt, das ist aus meiner Sicht zuwenig. Wenn schon Milliardenaufträge seitens des Bundesheeres im Rahmen


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der Möglichkeiten, die das Budget bietet, getätigt werden, dann erwarten wir, daß es zu einem entsprechenden Rückfluß in die österreichische Volkswirtschaft kommt, dann erwarten wir, daß sich daraus ein zusätzlicher Friedensnutzen ergibt, aber nicht nur durch die Tatsache, daß es zu einer Öffnung zusätzlicher Märkte kommt, sondern indem auch österreichische Unternehmungen entsprechend profitieren. Das zu überprüfen, war nicht möglich, und daher können wir auch nicht sagen, ob die Kompensationsgeschäfte ihre im Prinzip vorgesehenen Aufgaben tatsächlich erfüllt haben.

Zweitens ist die rechtliche Determinierung der Kompensationsgeschäfte absolut unzureichend. Die derzeitige rechtliche Grundlage bezieht sich ausschließlich auf einen Ministerratsbeschluß, meines Wissens noch dazu aus dem Jahr 1976, also auf einen schon etwa 20 Jahre alten Ministerratsbeschluß.

Uns war eine Beurteilung, die wir nach den Grundsätzen der Sachlichkeit, einer zeitlichen Entsprechung, nach dem Prinzip zusätzlicher Geschäfte unter einer entsprechenden österreichischen Wertschöpfung vorzunehmen gehabt hätten, nicht möglich. Wir konnten nach diesen Prinzipien und Kriterien deshalb nicht prüfen, weil wir keine Möglichkeit hatten, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen und diese Kriterien nachzuvollziehen.

Es hat sich eine Debatte entwickelt, weil wir einen einvernehmlichen Beschluß gefaßt haben, alle Beschaffungsvorgänge überprüfen zu wollen. Wir haben das dann auf eine sehr begrenzte Anzahl eingeschränkt. Aber nicht einmal bei dieser beschränkten Anzahl war es uns möglich, uns im Detail ausreichend zu informieren.

Ich weiß schon, jetzt wird der Herr Kollege Wurmitzer herunterkommen und sagen: Das stimmt alles nicht, wir haben doch ohnehin Unterlagen bekommen. Vermutlich wird er diese zwei Ordner mit herunternehmen. Es gibt noch mehrere Ordner, die wir bekommen haben. Aber, meine Damen und Herren: Auf der Grundlage von Erhebungsberichten der Ministerien zu überprüfen, bei denen die Ministerien das, was sie den zu Kontrollierenden übermitteln, selbst festlegen können, ist wahrlich schwierig. Diese Unterlagen sind nicht wirklich objektiv, sie sind anzuzweifeln. Sie sind erst dann zu akzeptieren und anzuerkennen, wenn auch die Möglichkeit besteht, die dort festgelegten Informationen tatsächlich nachzuvollziehen und zu überprüfen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Gaugg: Danke für den Schlußsatz!)

Meine Damen und Herren! Der dritte Punkt, auf den ich hinweisen möchte, ist folgender: Die Prüftätigkeit hat ergeben, daß die Rolle der AOEM eine äußerst dubiose ist, und zwar aus dem Grund, daß die zu prüfenden Kompensationsgeschäfte von der AOEM als solche eingefädelt werden. Das heißt, derjenige, der der Einfädler ist, überprüft dann, ob diese Kompensationsgeschäfte auch sinnvoll sind. – No na, da ist doch klar, daß dies dann ein entsprechendes Prüfergebnis bringt.

Zweitens zur Zusammensetzung: Diejenigen, die zu überprüfen haben, ob die Kompensationsgeschäfte etwas bringen, sind diejenigen, die davon profitieren, daß sie den Auftrag bekommen. Derjenige, der den Auftrag erhält, überprüft die Unterlagen in Richtung der Bewertung, ob diese Kompensationsgeschäfte ausreichend und gut sind. Das ist ein Verfahren, das abzulehnen ist, das funktioniert nicht! (Abg. Ing. Reichhold: Sumpf!)

Zum dritten ist es absolut dubios, wenn die AOEM für diese Prüftätigkeit einen – noch dazu nicht unwesentlichen – finanziellen Geldbetrag überwiesen bekommt, nämlich 0,5 Prozent. Die Firmen, die einen Auftrag bekommen, müssen diesen nämlich an die AOEM abliefern. Ich glaube, daß hier keine Objektivität gegeben ist. Ich meine daher, daß wir uns schleunigst von derartigen Institutionen zu verabschieden hätten, da sie nicht wirklich qualifiziert sind, Milliardenaufträge entsprechend zu bewerten. Wir lehnen daher diesen Bericht ab. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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83. Sitzung / Seite 142

17.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemeldet. – Bitte.

17.53

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Brix hat hier die Behauptung aufgestellt, daß die Ausschußvorsitzende Apfelbeck – er hat dabei ein Schreiben des Präsidenten zitiert – zu Unrecht die Präsidialkonferenz mit einer strittigen Geschäftsordnungsfrage befaßt habe. – Dies ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, daß nach unbestrittener Meinung der Präsidialkonferenz und der drei Präsidenten betreffend die Auslegung der Geschäftsordnung, aber auch laut dem Kommentar Atzwanger, Kobzina, Zögernitz zum § 34 folgendes festgelegt ist:

"Im Hinblick auf die Bestimmungen des § 13 Abs. 2, wonach der Präsident die GO handhabt, kommt ihm jedoch das Recht zu, im Wege der Präsidialkonferenz Zweifelsfragen bezüglich der Auslegung und Handhabung des GOG zur Erreichung einer einheitlichen Auffassung zu klären."

Laut den Bestimmungen der Geschäftsordnung gelten die Bestimmungen hinsichtlich der Vorsitzführung durch den Präsidenten auch mutatis mutandis für die Vorsitzführung von Ausschußobleuten.

Zweiter Punkt: Herr Abgeordneter Brix hat gemeint, die Präsidialkonferenz werde sich mit dieser Frage nicht weiter befassen. – Auch das ist unrichtig. Die Präsidialkonferenz wird sich am kommenden Dienstag, dem 15. Juli 1997, mit dieser Frage neuerlich befassen, und zwar aufgrund meiner Intervention, die im letzten Protokoll der letzten Präsidialsitzung nachzulesen ist, wobei die Frage strittig ist, ob der Minister die nach dem Erhebungsbericht sich ergebenden Materialien dem Ausschuß – in diesem Fall dem Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses – vorzulegen hat oder nicht. Die Vorlage dieser Materialien, die durch weißes Papier glänzen, ist jedenfalls mit dem, was einzelne Fraktionen des Hauses als strittige Frage an die Präsidialkonferenz herangetragen haben, nicht vereinbar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung – Bitte. (Abg. Wurmitzer begibt sich mit zwei dicken Ordnern zum Rednerpult. – Abg. Jung: Quantität ersetzt nicht Qualität! – Abg. Mag. Stadler: Gestatten Sie einem unbefangenen Kollegen Einblick in diese Ordner, damit wir wissen, was da drinnen ist! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

17.55

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Herren Bundesminister! Kollege Mag. Stadler, nehmen Sie sich persönlich einmal nicht so wichtig. (Abg. Mag. Stadler: Wir wissen ja nicht, was da wirklich drinnen ist!) Nehmen Sie sich persönlich einmal nicht so wichtig (Abg. Mag. Stadler: Ich bin ja nicht wichtig!) und verwechseln Sie das Parlament nicht immer mit dem Paukboden, auf dem Sie auftreten können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Was ist in diesen Ordnern?)

Herr Stadler! Belästigen Sie mich nicht und nehmen Sie sich nicht so wichtig! (Abg. Mag. Stadler: Was ist in diesen Ordnern? Wissen Sie, was drinnen ist? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie haben jedenfalls keine demokratische Haltung, sonst würden Sie akzeptieren, daß jemand anderer auch zu Wort kommt – nicht nur Sie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sie haben keine demokratische Haltung! Geben Sie die Hände aus der Hosentasche! Die Hände in der Hosentasche sind auf dem Paukboden nicht gestattet! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ – in Richtung des Redners –: Lassen Sie sich nicht stören!)  – Sehr geehrter Herr Präsident! Ich würde Sie ersuchen, daß Sie das ungebührliche Verhalten Ihrer Fraktionskollegen entsprechend ahnden.

Es ist heute erstmals der Fall, daß ein Bericht eines Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses heute dem Hohen Haus zur Beratung vorliegt. Damit haben der Nationalrat und dieser Ausschuß erstmals Neuland betreten. Es gab für diesen Ausschuß keine Erfahrungswerte, und es gab für diesen Ausschuß auch keine Judikatur.

Außerdem war das Thema, das zu behandeln sich dieser Ausschuß vorgenommen hat, ein sensibles: Es ging um Kompensationsgeschäfte. Dieses Thema wurde in einem relativ schwierigen


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Umfeld abgehandelt, denn die Oppositionsparteien hatten sich zu einer unheiligen Allianz zusammengefunden. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Reichhold: Na hallo!) Es war und ist das eine unheilige Allianz von militanten Heeresgegnern bis hin zu den selbsternannten Freunden des Bundesheeres in der Freiheitlichen Partei. (Abg. Scheibner: Wo ist die Sachlichkeit?)

Die Rolle des Unterausschusses wurde von Anfang an unterschiedlich beurteilt, und es mußten der Präsident sowie die Präsidiale eingeschaltet werden. Obwohl eine Klärung erfolgt ist, war die Vorsitzende des Unterausschusses nicht bereit, anzuerkennen, daß dieser Unterausschuß ein Hilfsorgan des Rechnungshofausschusses ist – und kein selbständiger Untersuchungsausschuß im Sinne des § 33 GOG. (Abg. Wabl: Wer hat das gesagt?)

Von der Opposition wurde dieser Sachverhalt einfach nicht zur Kenntnis genommen, und so dauerten die Auseinandersetzungen um die Geschäftsordnung länger als die tatsächlichen Beratungen in diesem Ausschuß. – Das sind die Fakten. Das muß man hier sagen. (Abg. Dr. Khol und Abg. Tichy-Schreder: Aber!)

Es ist auffallend, daß die einzelnen Ausschußmitglieder, die so vehement gegen diese Regelung votiert haben, diese sehr wohl kannten. In Beantwortung einer Frage im Zuge der Beratungen hat die Vorsitzende des Unterausschusses selbst ihrem Fraktionskollegen erklärt, daß der § 40 Abs. 1 GOG zu gelten habe. Und auch der Herr Kollege Wabl, der hier immer wieder behauptet, das sei eigentlich ein Untersuchungsausschuß, hat bei den Beratungen über diesen Sachverhalt des Geschäftsordnungsgesetzes am 17. Juni 1993 hier vor diesem Haus wörtlich erklärt – ich zitiere aus dem Stenographischen Protokoll –:

"Dann kommt der Unterausschuß des Rechnungshofausschusses dran, und man sagt: Da machen wir einen kleinen Untersuchungsausschuß. Und dann machen Sie den großen Fehler, indem Sie sagen: Den kleinen Untersuchungsausschuß machen wir als Unterausschuß im Rechnungshofausschuß. – Wunderbar! Da dürft ihr euch dann richtig austoben!" – Zitatende. (Abg. Apfelbeck: Wer sagt das? Wer hat das gesagt? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheit-lichen.) Kollege Wabl hat das gesagt! Er hat von Anfang an genau gewußt, daß es sich hiebei um einen Unterausschuß mit den Beschränkungen, denen ein Unterausschuß unterliegt, handelt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Der Wabl hat das nicht gewußt! Das konnte man ja nicht wissen ...!)

Meine Damen und Herren! Schließlich haben diese Auseinandersetzungen über die Auslegung des Geschäftsordnungsgesetzes zu einem Boykott der Ausschußarbeit im Unterausschuß, aber auch in allen anderen Ausschüssen dieses Hauses geführt. Sie haben – und das ist natürlich selbstredend – einen Minderheitsbericht vorgelegt.

Ich habe mir die Mühe gemacht, mir Ihren Minderheitsbericht genau anzuschauen, und ich erlaube mir, dazu Stellung zu nehmen. Ich gehe davon aus, daß, wenn Fraktionen diesem Haus Berichte vorlegen, sie sich an das Gebot der Wahrhaftigkeit, der Seriosität und der Prüfbarkeit gebunden fühlen. (Abg. Mag. Stadler: Herr Kollege Wurmitzer! Sind nicht die Protokolle des Unterausschusses vertraulich? Zitieren Sie aus den Protokollen?) Das war ein Protokoll einer Nationalratssitzung und nicht des Unterausschusses. Wenn Sie sich nicht auskennen, dann stören Sie mich nicht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Nein, sagen Sie es mir! – Und nicht die Hände in die Hosentasche stecken! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Außerdem ist es meine Angelegenheit, wohin ich meine Hand stecke. Das ist meine Angelegenheit! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie werden sich doch wohl in diese Angelegenheit nicht einmischen wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Jung: Wo haben Sie Ihre Finger überall?) Herr Kollege Jung, disqualifizieren Sie sich hier nicht selbst! (Abg. Tichy-Schreder  – zu den Freiheitlichen gewandt –: Meine Herren, bitte!)

Sie stellen es dahin, ob die Vereinbarung von Kompensationsgeschäften positiv zu werten sei. – Ich sage Ihnen: Diese Kompensationsgeschäfte sind absolut positiv, und sie sind international üblich. Es wurden alle Verträge eingehalten; es ging um insgesamt 142 Geschäftsfälle. Die


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Summe dieser Kompensationsgeschäfte macht den Betrag von 20,575 Milliarden Schilling aus; 2 000 bis 4 000 Arbeitsplätze sind davon betroffen.

Sie stellen in Ihrem Bericht fest: Für die Zuschlagserteilung im Beschaffungsvorgang muß gesichert sein, daß die militärischen Anforderungen an das Gerät erfüllt sind. – Auch diese Aussage ist schlichtweg zu hinterfragen. Und weiters: Es gibt keinen einzigen Fall vor 1986, zu dem zu berichten wäre, daß die Wirtschaftsinteressen die militärischen Interessen übertroffen hätten. – Ihre Aussagen sind eindeutig falsch, auch was den angesprochenen Fall Matra betrifft. Es ist eindeutig auch im Fall Matra eine Positivbewertung gegenüber dem System Bosfors gegeben. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Weiters sagen Sie: Es ist offenkundig, daß die derzeitige rechtliche Legitimation der Kompensationsgeschäfte unzulänglich ist und dringend eine eingehende Beratung auf Gesetzesstufe braucht.

Ich darf Ihnen dazu sagen: Ich wundere mich nicht, wenn die Grünen hoheitsrechtliche Regelungen für handelspolitische Maßnahmen fordern – aber daß eine freiheitliche oder liberale Partei solches begehrt, geht nicht in meinen Kopf hinein. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Jung: Das glaube ich sofort! – Abg. Scheibner: Es gibt nichts, was in Ihren Kopf hineingeht!)

Sie stellen in Ihrem Bericht auch fest: Der Ständige Unterausschuß hatte keine Gelegenheit, in derartige Unterlagen auch nur ansatzweise Einsicht zu nehmen. – Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Ich habe Ihnen hier die Unterlagen des Wirtschaftsministeriums und des Verteidigungsministeriums mitgebracht. (Abg. Mag. Stadler: Zeigen Sie sie mir! Woher haben Sie die Ordner? Wie kommt das zu Ihnen?) Sie hatten Gelegenheit – diese Dinge sind ja vertraulich –, Einsicht zu nehmen. – Ich sage Ihnen: Ihre Feststellungen sind falsch.

Sie sagen auch weiters, daß die rechtliche Absicherung der Kompensationsgeschäfte allein auf einem Ministerratsbeschluß fuße, dessen Rechtsqualität hinsichtlich seiner Verbindlichkeit im Ausschreibungsverfahren fragwürdig sei. – Auch diese Feststellung ist falsch. Für die Vergabe gelten die Ö-Norm 2050, das Vergabegesetz und die Erlässe des Bundesministeriums für Landesverteidigung.

Unter Punkt 6 schreiben Sie: Entgegen den Ausführungen im Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses konnte somit bezüglich keines einzigen Beschaffungsvorganges, der im Antrag vom 16. Jänner enthalten wäre, geklärt werden, ob hinsichtlich der Kompensationsgeschäfte eine sachliche Entsprechung, eine zeitliche Entsprechung vorhanden ist und daß es sich um ein zusätzliches Geschäft gehandelt hat. – Auch das ist falsch! Es wurden vom Minister jene Fälle, für die es eine Zustimmung der betroffenen Firmen gab, vorgelegt. Das war in zwei Fällen so: bei der Firma Fischer in Oberösterreich und bei der Firma Miba. – Auch diese Behauptung ist unrichtig.

Sie haben auch die AOEM, eine Organisation, die sich hochverdient um den Außenhandel Österreichs gemacht hat (Abg. Jung: Ja! Die haben hoch verdient!) , in ein schlechtes Licht gezerrt.

Dazu schreiben Sie: Da die zu prüfenden Kompensationsgeschäfte ursprünglich von der AOEM initiiert wurden, ist es naheliegend, daß diese Geschäfte auch im Sinne der späterhin anzuwendenden Überprüfungskriterien positiv bewertet wurden. – Diese Aussage ist falsch. Die AOEM tritt erst in Erscheinung, wenn der Gegengeschäftsvertrag abgeschlossen ist. (Abg. Jung: Das stimmt doch überhaupt nicht!) Das ist richtig! Und es ist auch richtig, daß die Freiheitliche Partei ihrerseits die Einschaltung der AOEM beim Gegengeschäftsvertrag mit SAAB selbst und ausdrücklich gefordert hat! (Abg. Jung: Wer hat das gefordert?)

Weiters schreiben Sie: Es sind nicht bloß Delegierte von Ministerien und der Wirtschaftskammer im Vorstand der AOEM vertreten, sondern insgesamt auch Vertreter von einzelnen Firmen, von Branchen, die bei den anzubahnenden und zu prüfenden Kompensationsgeschäften und Abwicklungen regelmäßig zum Zug kommen sollen. – Auch das ist falsch. Diese Feststellung ist


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sogar bösartig, denn aus den Unterlagen geht eindeutig hervor, daß keine einzige Firma, die in der AOEM vertreten war, an einem Kompensationsgeschäft beteiligt war. (Abg. Jung: Was haben Sie für Unterlagen? Die haben wir nicht gekriegt! Haben Sie mehr Unterlagen als wir?) Es ist vielmehr so, daß die AOEM auf Provisionsbasis arbeitet, daß sie eine Höchstprovision von 0,5 Prozent bekommt – durchschnittlich 0,3 bis 0,4 Prozent –, daß sie im Vergleich zur Schweiz ungefähr ein Drittel dessen kassiert, was international üblich ist.

Wenn man Ihren Minderheitsbericht liest, merkt man fest, daß Ihre Aussagen falsch sind. Sie sind auch in der Zusammenfassung falsch, und deswegen empfehle ich dem Hohen Haus, die Feststellungen, die im Bericht des Ständigen Ausschusses und des Rechnungshofausschusses enthalten sind, anzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Herr Wurmitzer! Lassen Sie mich hineinschauen, welche Unterlagen Sie da haben!)

18.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. (Abg. Wabl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Mehr!) " Mehr" ist ein unbestimmter Begriff; Sie überziehen eben.

18.07

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister Farnleitner! Sehr geehrter Herr Minister Fasslabend! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wurmitzer, die Fülle der Akten, die Sie hier herangeschleppt haben, war großartig; das war wirklich ein sehr massiver Beweis für Ihre geradlinigen Aussagen. (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben Sie nicht gelesen!) Ich werde Ihnen nur anhand weniger Beispiele beweisen, daß Sie hier offensichtlich wissentlich die Unwahrheit gesagt haben.

Aber wollen wir vielleicht der Richtigkeit halber, damit Sie, Herr Kollege Wurmitzer, wissen, warum Sie heute diese schlechte Verteidigungsrede halten mußten, warum Sie hier diesen Verteidigungsversuch unternommen haben, feststellen, wo diese ganze Causa begonnen hat, nämlich in den Parteilokalen der ÖVP, beim Wehrsprecher der ÖVP, beim Herrn Kraft, bei seinen heimlichen Unterredungen mit einem Kollegen von der SPÖ, bei denen es um Schmiergeldzahlungen und Parteigelder gegangen ist. (Abg. Dr. Lukesch: Sachlich bleiben!) Das war der Ausgangspunkt dieser Causa, Herr Wurmitzer! Damit Sie wissen, wovon wir sprechen. Herr Abgeordneter Wurmitzer! Herr Abgeordneter Lukesch! Vergessen Sie das nicht! Das wäre sehr wichtig für Sie. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da ist es um Schmiergelder und um Parteienprovisionen gegangen, Herr Khol. (Abg. Dr. Khol: Bei den Grünen?) Es lebe die Katholische Kirche in Rom, die bei Waffengeschäften auch sehr involviert ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Was haben die Grünen mit Schmiergeldern zu tun?)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Die Folge davon war die Verurteilung Ihres Wehrsprechers Kraft und sein Rückzug aus dem Parlament – damit wir das nicht vergessen, Herr Professor Lukesch. Die weitere Folge war dann eine Phalanx von SPÖ und ÖVP, die nicht gewußt hat, wie sie diesen Angriff auf Ruf nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abwehren kann, meine Damen und Herren!

Daraufhin ist Ihnen der glorreiche Gedanke gekommen, Ihren Rechnungshof zu beauftragen. Der wird ja sicher keinen Aktenvermerk finden: Habe heute 20 Millionen an die ÖVP gezahlt! Das wird sicher nicht so sein. Deshalb konnten Sie getrost den Auftrag an den Rechnungshof übergeben. Nur: Sie haben nicht damit gerechnet, daß der Rechnungshof in seinen Teilberichten an einer ganz entscheidenden Stelle folgendes festgestellt hat. – Herr Abgeordneter Wurmitzer ist jetzt leider nicht da; er muß jetzt wahrscheinlich die Landeshauptfrau Klasnic trösten, weil Ihr christlicher Parteiobmann heute ein bißchen zerknirscht ist und wahrscheinlich zum Krenn beichten gehen muß. (Abg. Dr. Lukesch: Sehr "sachlich"!)

Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sie sollten sich vergegenwärtigen, was alles im damaligen Bericht des Rechnungshofes gestanden ist, nämlich daß der Rechnungshof nicht feststellen


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konnte, warum das um 400 Millionen Schilling teurere Waffensystem angekauft wurde. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist längst aufgeklärt worden!) Das konnte sich der Rechnungshof nicht erklären und hat festgehalten, daß es offensichtlich Geschäfte gegeben hat, die er nicht kontrolliert hat – nämlich die berühmten Kompensationsgeschäfte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Nun kommen wir zu Ihrer raffinierten Strategie, nämlich zu sagen, daß Sie selbstverständlich alles untersucht haben wollten, aber nach der Prüfung des Rechnungshofes, als plötzlich Geschäfte aufgetaucht waren, die der Rechnungshof nicht geprüft hatte, zu fragen: Wie machen wir weiter? – Gott sei Dank haben wir diesen "kleinen Untersuchungsausschuß", in dem – Sie haben sehr richtig zitiert, daß Wabl schon damals gewußt hat, welche Tricks Sie hier in diesem Haus anwenden (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch )  – die Aktenvorlage zwar mehrheitlich beschlossen werden kann – auch Herr Professor Lukesch darf seine Hand heben, wenn er Akten sehen will; er ist ja ein fleißiger Professor –, aber was macht unser Herr Minister Fasslabend (Bundesminister Dr. Fasslabend spricht mit Abg. Dr. Kostelka ), wenn er nicht gerade mit Herrn Kostelka spricht? – Er sagt nichts! Er legt nichts vor, er bedauert, er vertraut Wurmitzer nicht, denn dieser kann alles der Öffentlichkeit mitteilen und vielleicht einen schlechten Artikel in der "Kronen Zeitung" bewirken.

Abgeordneter Wurmitzer hat gemeint, wir bekämen die Akten. Er hat aber selbstverständlich gewußt, daß Herr Fasslabend und Herr Farnleitner das verweigern können. Und genau das ist das Manko dieses Ausschusses! Aber dürfen tut es der Ausschuß. Deshalb haben wir immer gemeint, daß das ein Untersuchungsausschuß machen soll! – Das eigentliche Problem ist ja, daß Sie hier in diesem Haus die Kontrolle verweigern und damit die Vertuschung fortsetzen!

Nun zu dem ganz konkreten Punkt, den Sie heute im Zusammenhang mit der AOEM hier angesprochen haben. Herr Wurmitzer! Sie haben heute gesagt, dieser gemeinnützige Verein be-komme im Zuge des "bescheidenen" Matra-Geschäfts zwischen 16 Millionen und 20 Millionen Schilling für die Gutachtertätigkeit. (Abg. Wurmitzer: Das ist falsch!)

Dieser Verein hat bereits ein Dreivierteljahr vor der Beschlußfassung mit seiner Tätigkeit für dieses Geschäft begonnen! Er hat bei Firmen anvisiert, was möglich wäre und was nicht, wo es ein lukratives Geschäft geben könnte, das man auf das "Conto separato" schreiben könnte! – Ein Dreivierteljahr vor dem Beschluß! Lesen Sie auf den Seiten 23 und 24 des vertraulichen Protokolls nach! Nehmen Sie es heraus! Sie haben es sowieso vor sich liegen, Herr Abgeordneter Wurmitzer! (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. ) Lesen Sie es ruhig vor, Sie haben ja ohnedies schon jene Teile, die Ihnen genehm sind, in den Mehrheitsbericht aufgenommen; nun können Sie auch das andere, Ihnen nicht so angenehme vorlesen – kraft Ihres Amtes, Herr Abgeordneter Wurmitzer. (Abg. Wurmitzer: Lies es vor!) Marizzi wird Ihnen sicher beistehen!

Meine Damen und Herren! An diesen Stellen ist klar zu erkennen, daß Sie, Herr Wurmitzer, in diesem Saal die Unwahrheit gesagt haben, um die Angelegenheit weiter zu vertuschen! (Abg. Wurmitzer: Das weise ich zurück!)

Noch großartiger ist aber folgendes: Sie loben diese Firma als "hochverdient"! Ich weiß nicht, ob das nicht ein kleiner Freudscher Versprecher war. (Abg. Jung: Hoch verdienend!) "Hoch verdienend" wäre das richtigere Wort dafür gewesen.

Das, was sich in diesem Ausschuß abgespielt hat, ist nun, in Anbetracht der Tatsache, wie Ihr Parteiobmann und Vizekanzler Schüssel in dieser Republik vorgeht, nicht mehr so verwunderlich.

Der Vorsitzende dieser AOEM hat auf mehrmaliges Nachfragen aller Oppositionsparteien dezidiert ausgeschlossen, daß eine in diesem Verein tätige Person im Zusammenhang mit Firmen, die bei Kompensationsgeschäften zum Zug kommen, irgendeinen Vorteil aus dieser Tätigkeit hat – nachzulesen im vertraulichen Protokoll auf Seite ... (Abg. Wurmitzer: Ja, wo?)  – Herr Abgeordneter Wurmitzer, nehmen Sie es heraus! Seite 52: Herr Taurer sagt dezidiert, der Lenkungsausschuß sei kein Thema im Zusammenhang – Entschuldigung, das ist das falsche Zitat.


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Seite 38: "Dkfm. Gottfried Taurer erklärt dazu dezidiert, daß er ausschließe , daß der Mitgliederstock der AOEM an Gegengeschäften beteiligt war oder Nutzen daraus gezogen habe." – Ich hoffe, Sie behaupten nicht, daß das ein Faktum sei, das der Öffentlichkeit vorenthalten werden müsse. – "Er weise Abgeordneten Scheibner darauf hin, daß er die Frage ,falsch’ stelle: Er vermute immer Querverbindungen zu Geschäften, die die AOEM begutachtet."

Meine Damen und Herren! Das Unglück hat bereits seinen Lauf genommen, die beiden Minister haben im Wissen, daß in diesem Ausschuß die Unwahrheit gesagt wurde, geschwiegen. Es kam kein Wort von ihnen darüber, daß das, was der Vorsitzende der AOEM gesagt hat, falsch ist. Denn noch im offiziellen Rechnungshofausschuß bekamen wir einen Brief von einem Mitglied der AOEM, einer – wie hat das geheißen? – gemeinnützigen – ich hoffe, da wurde nicht die gemeinnützige ÖVP gemeint – Vereinigung, die in diesem Bereich "hoch verdienend" tätig ist:

"Sehr geehrter Herr Minister Dr. Farnleitner! Bezugnehmend auf unser kürzliches Gespräch teile ich Ihnen gerne mit, daß vor allem durch die Aktivitäten von Hrn. Pierre D’Esclaibes von Matra wir seit über einem Jahr intensiv mit Matra, aber vor allem aber auch mit Renault in Verbindung sind und erst vor drei Wochen eine größere Delegation von Renault in unserem Werk in Ebergassing war und wir eine umfassende Präsentation unserer neuen Techniken vornehmen konnten. Wir sind optimistisch in der Beurteilung unserer Möglichkeiten, in absehbarer Zeit mit Renault belangreiche Geschäfte abwickeln zu können." (Abg. Dr. Lukesch: Da geht es um österreichische Arbeitsplätze!)

Der Herr, der dies geschrieben hat, ist ein Funktionsträger der genannten Firma und gleichzeitig Mitglied im Lenkungsausschuß der AOEM! Nun frage ich Sie: Wie nennt man das? Wie nennt man das in Ihrem Land, in Kärnten, Herr Wurmitzer? (Abg. Jung: Das ist sehr sensibel! – Abg. Dr. Khol: Lei loss’n!) Wie nennt man das, Herr Maitz, im Land der vielen Berge und der Frau Klasnic, wo man als Christ auch lügen darf? Wie nennt man es dort, wenn wissentlich die Unwahrheit gesagt wird? – Und die beiden Minister sitzen im Ausschuß – so wie jetzt –, schauen nachdenklich und wundern sich, was die Welt so alles bietet.

Meine Damen und Herren! In diesem Punkt wurde offensichtlich klar und bewußt die Unwahrheit gesagt und dieser Ausschuß für dumm verkauft. (Abg. Wurmitzer  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Wer hat das unterschrieben?)

Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sie gehen auch noch hier zu diesem Rednerpult und verteidigen dieses System einer Waffenindustrie, die sich offensichtlich bereits der zivilen Industrie bemächtigt hat und selbst bestimmt. Herr Professor Lukesch! Die französische Waffenindustrie bestimmt, wer in Österreich zivile Geschäfte machen kann! Das ist die Wahrheit, aber das wollen Sie negieren! (Abg. Tichy-Schreder: Das ist die Phantasie des Herrn Wabl! Wie viele Krimibücher lesen Sie pro Abend?)

Frau Abgeordnete Tichy-Schreder! Setzen Sie sich einmal in Ruhe mit Ihrer Generalsekretärin zusammen, die kennt sich vielleicht gar nicht so schlecht aus, da sie einen in diesen Geschäften sehr begabten Mann hat, dabei können Sie viel erfahren. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch: Der nächste Untergriff! – Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Meine Damen und Herren! Das Verhalten – vom Parteiobmann über den Verteidigungs- und Wirtschaftsminister bis zum Vorsitzenden dieses "wunderbaren" gemeinnützigen, halbkirchlichen ÖVP-Vereins – ergibt eine Kette in dem "wunderbaren" Filz, in dem Korruption gedeihen kann wie in einem Treibhaus. Herr Wurmitzer! Das ist das Problem! (Abg. Dr. Maitz: Das Kabarett hat seinen Höhepunkt erreicht!)

Sie vertuschen, decken zu und verhindern Untersuchungen mit einem alten parlamentarischen Trick: Sie glauben, daß es dann, wenn Sie nur mit genügend Protokollen und Papieren auffahren und die Opposition häufig diffamieren, schon funktionieren wird. Aber, Herr Wurmitzer, Aussitzen wird in dieser Angelegenheit nicht möglich sein! Ich werde Herrn Taurer in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, daß da die Unwahrheit gesagt wurde. (Abg. Wurmitzer: Im Schutz Ihrer Immunität!)  – Bei uns daheim heißt es: In diesem Ausschuß wurde gelogen, daß sich die Balken biegen!


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Herr Taurer kann mich zivilrechtlich klagen, das ist möglich. Das ist eben eine Lücke in diesem Gesetz. Er kann Millionenschäden einklagen, weil seine Kreditwürdigkeit eingeschränkt wurde. (Abg. Dr. Maitz: Das zahlt sich gar nicht aus!) Ich bin aber gespannt darauf, wie er das angesichts dieser Briefe und Protokolle fertigbringen will! Er müßte schon einen Richter finden, der Wurmitzer heißt, um nicht verurteilt zu werden. Aber das wird ihm hoffentlich nicht gelingen – Sie werden Ihre Ausbildung nicht so schnell schaffen.

Meine Damen und Herren! Wir verlangen selbstverständlich die Aufklärung all dieser Dinge. Ich weiß, Sie haben massiv darüber geklagt, daß sich die Opposition in dieser Sache zusammengetan hat. (Abg. Dr. Lukesch: Das hat mich nicht gestört!) Aber ich bin froh darüber, daß über die ideologischen Grenzen hinweg Einigkeit dahin gehend besteht, daß sich dieses Haus nicht von jenen irreführen läßt, die meinen, die Waffengeschäfte müßten weiterhin im dunklen Kanal von Korruption und Bestechung abgewickelt werden. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. )

Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sie werden das nicht aussitzen! Es wir Ihnen auch nicht helfen, wenn Herr Khol schützend die Hand über Sie hält und das "Absolvo dei" spricht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

18.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sigl. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

18.20

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute bereits eine große Zahl von Argumenten für die Durchführung von Kompensationsgeschäften im Bereich des Beschaffungswesens des Bundesheeres gehört. Ich möchte noch einmal auf die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Gegengeschäfte eingehen und diese begründen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der große volkswirtschaftliche Nutzen der Kompensationsgeschäfte ist meiner Ansicht nach unbestritten. Dieser Nutzen wird durch die Zahlen der Gegengeschäfte in den Jahren 1978 bis 1996 eindrucksvoll dokumentiert. Es wurden in diesem Zeitraum über 142 Gegengeschäfte mit einem Volumen von 20,6 Milliarden Schilling abgewickelt.

Diese Kompensationsgeschäfte bedeuten damit insgesamt die Schaffung beziehungsweise die Sicherung von zirka 2 000 Arbeitsplätzen in zukunftsorientierten Branchen der österreichischen Wirtschaft. Weiters kann von einer Verdoppelung der Zahl der dadurch Beschäftigten auf 4 000 ausgegangen werden, wenn man die indirekten Beschäftigungseffekte dieser Kompensationsgeschäfte mitberücksichtigt. Es wurden in einem konkreten Fall allein in der Elektronikbranche Hunderte neue Arbeitsplätze für hochqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschaffen.

Allein für Niederösterreich betrug der etwa 12prozentige Anteil an diesen Gegengeschäften an die 2,5 Milliarden Schilling; eine Zahl, die den positiven Effekt dieser Kompensationgeschäfte für die Wirtschaft unbestreitbar beweist.

Durch die Gegengeschäfte konnten aber auch krisensichere Arbeitsplätze in Regionen geschaffen werden, in denen die Arbeitsmarktlage sehr stark von wirtschaftlichen Schwankungen abhängig ist.

Aber nicht nur die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Kompensationsgeschäfte sind beachtenswert, sondern auch der damit verbundene Technologieschub für die österreichische Industrie. Es konnten zum Beispiel in Österreich ansässige Unternehmen der Flugzeugindustrie bedeutende Kooperationen mit auf diesem Gebiet führenden ausländischen Konzernen eingehen und damit auf dem hart umkämpften internationalen Markt reüssieren.


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Herr Abgeordneter Wabl! Auch wenn Sie, wie ich der neuesten Ausgabe des Nachrichtenmagazins "NEWS" entnehmen konnte, diese Türöffnerfunktionen nicht wahrhaben und akzeptieren wollen – vielleicht sogar nicht können –: Sie sind ein Faktum. (Zwischenruf des Abg. Wabl. )

Ich hoffe, daß dieser Bericht des Rechnungshofausschusses für unsere Kollegen von der FPÖ etwas mehr Licht in diese Angelegenheit gebracht hat (Abg. Jung: Glauben Sie auch, was in "NEWS" über den Außenminister steht?), damit sie den Bereich der Kompensationsgeschäfte im Bereich des Beschaffungswesens des Bundesheeres besser durchblicken können. (Abg. Jung: Ich nicht!) Andererseits weiß ich aber, daß zuviel Licht auf Menschen, die sich zu lange in der Dunkelheit aufhalten, störende und irritierende Wirkung haben kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte abschließend betonen, daß aus der Sicht von uns Sozialdemokraten weder der Grundsatz, als Entscheidungskriterium "Gegengeschäfte nur bei Gleichwertigkeit von Angeboten!" heranzuziehen, verletzt wurde, noch, soweit dies anhand der Auskünfte der Auskunftspersonen eruiert werden konnte, bei der Abwicklung der Gegengeschäfte dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit widersprochen wurde.

Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Aus all diesen Gründen und auch aufgrund der Beiträge meiner Vorredner von den Koalitionsparteien ersuche ich Sie, dem Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses beziehungsweise jenem des Rechnungshofausschusses Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die "lichtvollen" Aussagen meines Vorredners kann ich leider aus Zeitmangel nicht eingehen, daher möchte ich nur daran erinnern, Kollege Sigl, welche Fraktion und welche Repräsentanten in diesem Hause in der Vergangenheit immer wieder Verdachtsmomente geäußert haben, wenn Beschaffungsvorgänge des Bundesheeres eingeleitet wurden. Das waren nämlich Sie von der sozialdemokratischen Fraktion! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Stellen Sie es daher nun nicht so dar, als hätten wir diese Beschaffungsvorgänge in der Öffentlichkeit in Mißkredit gebracht.

Wir gehen nicht davon aus, daß die Verdächtigungen, die immer wieder aus Ihren Reihen kommen, der Wahrheit entsprechen, und gerade deshalb verlangen wir eine vollständige Aufklärung. Bei all diesen Ermittlungen und Sitzungen – diese haben sehr häufig stattgefunden – war für uns völlig unverständlich, warum man diesem Begehren nicht nachgegeben hat. Wenn es ohnehin nichts zu verbergen gibt und alles in Ordnung ist, dann sollte man die Gelegenheit nützen und in diesem Ausschuß alles auf den Tisch legen, damit selbst jene, die es bis zum Schluß nicht glauben wollen, keinen Grund mehr haben, irgend etwas zu bekritteln. – Aber genau das Gegenteil war der Fall.

Herr Kollege Wurmitzer! Zwei Dinge haben Sie in Ihrer Rede richtig ausgeführt, und dazu möchte ich Sie wirklich beglückwünschen: Wohin Sie Ihre Hände stecken und wo Sie Ihre Finger drinnen haben, ist wirklich Ihre Angelegenheit. Und auch, daß all das, was wir vorgebracht haben, nicht in Ihren Kopf hineingeht, glaube ich Ihnen aufs Wort. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie selbst haben Ihrem Minister immer wieder einen ordentlichen Bärendienst erwiesen, und daß Sie in den Ausschußsitzungen und den Untersuchungen nicht ganz folgen konnten, haben Sie zuletzt im Rechnungshofausschuß bewiesen. So haben Sie etwa vehement behauptet, daß es bei dem Hauptfall der Untersuchungen, den Fliegerabwehrlenkwaffen Mistral, eine zweite Entscheidung der Bewertungskommission im Bereich des Verteidigungsministeriums gegeben habe, obwohl wir alle wissen, daß genau das nicht der Fall gewesen ist. Kollege Lukesch ist neben Ihnen gesessen; Ihre Rippen müßten heute noch blau sein, so heftig hat er Sie geschüttelt, damit Sie endlich mit dem Unsinn, den Sie dort verzapft haben, aufhören. (Abg. Dr. Lukesch:


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Das sind nicht meine Mittel!) Sie haben Ihrer Fraktion mit dem, was Sie in diesem Ausschuß alles gesagt haben, wirklich einen Bärendienst erwiesen. (Abg. Dr. Lukesch: Da kenne ich eine Abgeordnete, die mit Rippenstößen arbeitet!)

Kollege Wurmitzer! Sie haben die Geschäftsordnung zitiert und gemeint, wir hätten nicht das Recht, das zu verlangen. – Noch einmal: Wir gehen davon aus, daß all die Verdächtigungen, die sich da ergeben haben, nicht der Realität entsprechen.

Sie haben recht: Wir konnten es nicht durchsetzen, wir konnten die Minister nicht zwingen, Einsicht in die Originalunterlagen zu geben. Aber es wäre ihnen auch nicht verwehrt gewesen, sie hätten unserem Begehren entsprechen und uns diese Einsicht geben können. Warum haben sie das nicht gemacht? – Das kommt mir so vor, als sage ein Unternehmer zum Finanzprüfer, der im Zuge einer Finanzprüfung zu ihm kommt: Lieber Freund Finanzprüfer, du kriegst zwar einen Bericht über meine Buchhaltung, aber in die Buchhaltung und vor allem in die Belege lasse ich dich nicht schauen! – Kollege Wurmitzer! Vielleicht können Sie einen Abänderungsantrag einbringen, um das in die Finanzgesetze zu schreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sehen: Übrig bleibt, daß ein Verdacht besteht. Sie werden bei den nächsten Beschaffungsvorgängen noch merken, daß doch etwas nicht in Ordnung ist!

Soweit wir trotzdem die allgemeinen Grundlagen überprüfen konnten, wurde eines klar: Die Rechtsgrundlage für die Einbeziehung von Kompensationsgeschäften bei der Ermittlung der Bestbieter ist äußerst zweifelhaft. Zumindest in einem Fall – General Corrieri hat ja bestätigt, daß es auch politische Einflußnahmen gibt –, nämlich bei den Mistral-Geschäften, ist der Verdacht, daß wirtschaftliche Überlegungen den militärischen Zweckmäßigkeiten vorangestellt wurden, nach wie vor aufrecht.

Ein zweiter Punkt ist die Abwicklung dieser Kompensationsgeschäfte. Kollege Wabl hat bereits auf die wirklich problematische Rolle der AOEM hingewiesen. Die Mitgliedsfirmen der AOEM entscheiden über ihre eigenen Kompensationsgeschäfte, und man muß dann auch noch eine ordentliche Provision an diesen Verein zahlen.

Es ist interessant, daß all das in einem Gutachten des Wifo, das angeblich so geheim war, daß man es erst nach drei-, viermaligem Nachfragen bekommen hat, stand. Präsident Maderthaner dagegen hat schon damals, 1993, angepriesen, daß dieses Gutachten öffentlich über die Wirtschaftskammer zu beziehen sei.

Ich möchte noch anmerken, daß es in diesem Ausschuß den ungeheuerlichen Verdacht und Vorwurf der Minister gegeben hat (Abg. Ing. Meischberger: Die hören nicht zu!) , daß wir, die Abgeordneten dieses Hauses, die Vertraulichkeit nicht einhalten (Abg. Jung: Wer hat sie nicht gehalten?) , gegen das Verschwiegenheitsgebot verstoßen, und deshalb könnten wir die gewünschten Informationen nicht bekommen. Meine Damen und Herren! Auch das sollte in diesem Hohen Haus einmal erwähnt werden. (Abg. Böhacker: Das ist unglaublich!)

Zum Schluß noch einmal: Es ist klar, daß das Beschaffungswesen des Bundesheers – nicht durch die Schuld des Heeres selbst, sondern aufgrund der politischen Einflußnahmen und der Vernebelungstaktik à la Wurmitzer – immer wieder in Mißkredit gerät und schon längst massiv reformbedürftig ist. Mehr Offenheit in diesem Bereich wäre durchaus im Sinne des Erfinders! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.30

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme diesem Rechnungshofbericht zu.


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Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit festhalten, Herr Hofmann und Kollegen von den Freiheitlichen, daß ich weder in ärztlicher Behandlung war, während ich abwesend war, noch ein Hämatom habe. Abschließend sei noch hinzugefügt: Wenn Erfinder nicht sehr positiv und sehr notwendig wären, dann würde ich sagen, Herr Hofmann ist der größte Erfinder aller Lügengeschichten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wovon reden Sie hier? – Abg. Dr. Graf: Die Kürze der Rede war vielsagend!)

18.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.31

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von einer Vertuschung zur anderen! Was die Feststellungen betrifft, die in letzter Zeit durch die Presse gegangen sind, möchte ich folgendes vorausschicken: Ich glaube nicht, daß das Verteidigungsministerium oder dessen Ressortchef bei der Beschaffung der Fliegerabwehrlenkraketen gegen bestehende Gesetze verstoßen hat. – So weit, so gut. Aber das ist leider auch schon alles. Denn ich muß einschränken: Ich glaube es nicht, weiß es aber nicht. Denn die Unterlagen, die ich als Abgeordneter bekommen habe, waren leere Zettel mit einem Wort darauf, in diesem Fall dem Namen einer Firma, und darunter stand "vertraulich". Sie können nur für solche Zwecke verwendet (der Redner zerreißt Unterlagen) oder wo hingehängt werden, dienen aber nicht zur Untersuchung. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Skandal! Machen Sie das im Bundesheer, nicht hier! Das ist unglaublich!)

Das ist die Wahrheit! Das ist der Skandal, Herr Kollege Khol! Es ist ein Skandal, daß Sie Abgeordneten Unterlagen nicht geben – mit der Begründung, diese seien nicht vertrauenswürdig. Herr Kollege Khol! Das ist ein Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Sie sind hier in keiner Kaserne, Sie sind im Parlament!) Privatfirmen geben Sie die Unterlagen, uns Abgeordneten nicht! Das ist die wahre Ungeheuerlichkeit und nicht Ihr künstliches Aufblasen! (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Zur Geschäftsbehandlung!)  – Das ist unglaublich! Sie können sich nachher melden, Herr Kollege Khol.

Nun zum Ablauf der Beschaffung. (Ruf bei der SPÖ: Sprachlos! – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich mußte mich auch beschränken, weil wir im Ausschuß die Zeit dazu verwenden mußten, Geschäftsordnungstricks zu unterlaufen. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)  – Herr Präsident! Kann ich vielleicht weiterreden?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Herrn Redner. Ich könnte sonst nicht beurteilen, ob er etwas sagt, was einen Ordnungsruf nach sich zieht. – Bitte, wenn Sie fortsetzen!

Abgeordneter Wolfgang Jung (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. (Abg. Leikam: Der Arzt ist eh schon in der Nähe!)

Ich mache die Einschränkung: Es wurde nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen. Das ist richtig. Die internen Beschaffungsregeln des Ministeriums wurden jedoch gebeugt bis zum äußersten. Kollege Wabl hat schon darauf hingewiesen, daß die Firma Matra kontaktiert wurde, lange bevor die Beschaffung gelaufen ist. (Abg. Dr. Mertel: Hören Sie auf zu brüllen!)

Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, daß vor der Beschaffung ein Materialstrukturplan hätte vorliegen müssen. – Das Verteidigungsministerium hat ihn nicht gehabt. Es hätte ein Konzept für die Fliegerabwehr vorliegen müssen. – Es war nicht vorhanden. Dann wurde die Kommission eingeschaltet. Und jetzt wird es interessant: Diese Kommission hat einen Bericht erstellt, in dem die vorhandenen Waffen verglichen wurden. Aus dem Rechnungshofbericht: "Der gemäß Bewertungskatalog angewendete Kosten-Nutzen-Vergleich durch die Bewertungskommission ergab bei allen Verwendungsmöglichkeiten für sämtliche Mengenvarianten Vorteile für das schwedische Angebot."


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Man hat sich glatt darüber hinweggesetzt. Gleich in der ersten Sitzung des Landesverteidigungsrates hat man sich nicht getraut. Da hatte man noch Bauchweh. Interessant ist übrigens, wer in dieser Sitzung das entscheidende Wort führte. – Nicht der Verteidigungsminister, sondern, wie der Rechnungshof schrieb, "der damalige Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr Mag. Viktor Klima stellte die wesentlichsten Punkte den vorgelegten Gegengeschäftsangeboten gegenüber und ließ erkennen, daß er das Angebot der französischen Firma für vorteilhafter hielte". – Nicht der Verteidigungsminister, sondern der Wirtschaftsminister hat entschieden!

Es bleibt mir leider nicht die Zeit, auf all diese Sachen, die da vorgekommen sind, hinzuweisen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Aber ich sage Ihnen nur eines zur Frage des handelspolitischen Wertes, und zwar aus dem Bericht der Kommission, die sich die Regierung selber bestellt hat:

"Die handelspolitische Beurteilung von Gegengeschäften durch die Literatur geht davon aus, daß sie häufig handelsverzerrende Wirkung haben. Sie widersprechen daher sowohl den grundlegenden Zielen als auch den einzelnen Regeln des GATT."

Da sagt bitte jene Gruppe, die zur Beurteilung der Bewertung herangezogen wurde, ganz eindeutig. Sie haben sich ein Gutachten bestellt, von dem der Gutachter selbst sagt, es konnte keines sein, weil er nur vier Tage Zeit zur Erstellung hatte. Und das wollen Sie als Beweis dafür heranziehen?! Das ist der Beweis dafür, warum man um 400 Millionen Schilling teurere Waffen gekauft hat. Wenn einem das nicht etwas eigenartig vorkommt, dann weiß ich nicht! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Aber zurück zum Verteidigungsministerium. Es wurden die internen Regeln gebrochen. Es lagen keine klaren Planungsvoraussetzungen zugrunde. Und das ist der Fehler, dem man dem Verteidigungsminister vorwerfen muß. Aber das hat sich bis heute nicht geändert. Das hat sich nicht geändert bei der Mißgeburt der Heeresgliederung-Neu. Das hat sich nicht geändert bei der Waffenbeschaffung. Das hat sich nicht geändert, weil der Herr Verteidigungsminister keine Zeit hat, sich im Land um das zu kümmern, worum er sich kümmern sollte, nämlich um das Bundesheer. Er reist im Ausland herum und wäre gerne Außenminister. – Vielleicht wird er es noch, wenn der jetzige Außenminister so weitermacht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Khol zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

18.35

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich beantrage die Herbeischaffung des Bildmaterials der unanständigen Geste des Herrn Jung, der einen Akt wie ein Toilettepapier behandelt und damit die Würde des Hohen Hauses beeinträchtigt hat, zwecks Erteilung eines Ordnungsrufes. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

18.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir werden Ihrem Wunsch nachkommen, Herr Klubobmann.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ein Schlußwort des Herrn Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte daher die Damen und Herren des Hohen Hauses, ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die, Herr Abgeordneter Jung, nicht mittels Stimmzettel vorzunehmen ist, sondern auf normale Weise, und zwar stimmen wir zuerst über den Antrag des Rechnungshofausschusses, seinen Bericht 789 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen, ab.


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Ich bitte die Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. (Einige Abgeordneten der Freiheitlichen erheben sich von ihren Sitzen. – Rufe des Erstaunens. – Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)  – Dies geschieht mehrheitlich. Der Antrag ist damit angenommen. (Siehe Nachtrag zur Abstimmung, Seite 178.)

15. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes (III-60 und Zu III-60 der Beilagen) über das Verwaltungsjahr 1995 samt Nachtrag (822 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes (III-47 der Beilagen) über die Altlastensanierung (760 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Wir gelangen zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung (Rufe und Gegenrufe bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen)  – das Abstimmungsverfahren ist beendet! –, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Abgeordnete Apfelbeck. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 8 Minuten wird angezeigt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.38

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! – Den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes vermisse ich. (Rechnungshofpräsident Dr. Fiedler betritt den Sitzungssaal. – Ruf bei den Freiheitlichen: Schon da!) Ich darf den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes recht herzlich begrüßen. Meine Damen und Herren hier im Hohen Haus! Ich erachte es als eine Verhöhnung gegenüber dem Rechnungshof und dessen Mitarbeitern, wenn man seine Arbeit, wie es hier im Parlament immer wieder geschieht, in wenigen Minuten abfertigt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Abgefertigt werden muß er wegen der Tagesblockredezeit.

Egal, welchen Bericht man hier aufschlägt, wir finden immer wieder die Anmerkungen "unerledigte Anregungen aus dem Vorjahr" und "unerledigte Anregungen aus den Vorvorjahren". Ich frage mich: Wozu leistet sich Österreich einen Rechnungshof, wenn dessen Erkenntnisse dann unerledigt bleiben?

Kein einziges Ministerium bilanziert positiv. Alle hätten beim Schlußabschluß nachsitzen müssen. Es passiert aber leider nichts, solange nicht hier im Haus der Hebel angesetzt wird. Eine Kontrolle zu schaffen, kann doch nur den Sinn haben, daß die Einrichtungen ihre Verbesserungsvorschläge nicht nur für die Schublade erarbeiten, sondern daß diese Arbeitsergebnisse dem Steuerzahler beziehungsweise dem Finanzminister zugute kommen. Dafür zu sorgen, das müßte die Aufgabe aller verantwortungsbewußten Politiker hier im Hohen Haus sein. Fehlleistungen müssen abgestellt werden.

Bei den Salzburger Festspielen waren die Geldverschwendungen im Namen der Kunst künstlerisch hoch. Im AKH Wien wurden 800 000 Ambulanzabrechnungen händisch sortiert und händisch mit den Sozialversicherungen abgerechnet – trotz einer 1,6 Milliarden Schilling teuren EDV-Anlage! Und bei der A 9, der Pyhrn-Trassenfindung, hat man die billigste Unterflurtrassenvariante erst gar nicht überlegt. 190 Millionen Schilling hätten dafür erspart werden können, sagt der Rechnungshof. Warum billig, wenn es auch teuer geht! – das ist offensichtlich das Arbeitsmotto in diesem Ministerium.


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Die Münze Österreich arbeitet positiv. Doch bei Investitionen fehlen ganz einfach die Investitionsnachrechnungen. Vom Jahre 1989 bis zum Jahre 1995 stieg die Zahl der Beschäftigten und deren Lohn: jener der Beamten um 45 Prozent, jener der Angestellten um 130 Prozent. Schlaraffenland Münze Österreich!

Man sollte nicht glauben, welche himmelschreienden Fehler im Management der Universale Bau AG passieren können. Ein uninformierter Einkäufer kauft eine Firma, gigantische Verluste müssen abgedeckt werden. Die Geschäftsführung legt eine um 210 Millionen Schilling billigere Variante dem Aufsichtsrat überhaupt nicht vor. Von 1992 bis 1995 "erarbeitete" man Verluste in Höhe von 143 Millionen Schilling! – Die Empfehlung des Rechnungshofes dazu: Die Universale sollte die Leitung von Unternehmen einschlägig erfahrenen Führungskräften übertragen sowie eine umfassende Information des Aufsichtsrates sicherstellen.

Meine Damen und Herren! Deutlicher kann man es wirklich nicht sagen! Probleme bei der Universale International: Auf Seite 173 lassen sie sich einfach mit einem Satz auf den Punkt bringen: Sie führten zu großen Verlusten. Wegen unzureichender Kontrolleinrichtungen wurden Probleme zu spät erkannt. Geschäfte wurden von jemandem geleitet, der gar nicht erfahren war. Von 1993 bis 1994 "erwirtschafteter" Verlust: 153 Millionen Schilling im Ausland, dazu 423 Millionen Schilling in der DDR, dazu weitere 420 Millionen Schilling, dazu noch weitere 340 Millionen Schilling bei der Universale München. Dafür aber gab es freiwillige Auszahlungen von Abfertigungen. Die Gehälter wurden bei den eigenen Verlusten angehoben: von 1991 bis 1994 um 30 Prozent, offensichtlich nach dem Motto: Je unfähiger, umso mehr Gehalt! Und 14 Mitarbeitern wurden jährlich bis zu 1,7 Millionen Schilling an Prämien – bei diesen Verlusten! – geradezu nachgeworfen. Ein Konsulent in Ungarn konnte von 1990 bis 1993 4 Millionen Schilling einstreifen, ohne daß es dafür auch nur einen Nachweis für seine Tätigkeit gegeben hätte.

Ich frage mich: Wie lange können sich die Österreicher diese Regierung noch leisten, die es nicht fertigbringt, solche Skandale abzustellen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich unterbreche die Sitzung und bitte die Klubobleute zu mir, um kurz einen Abstimmungsvorgang zu besprechen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 18.43 Uhr unterbrochen und um 18.46 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und warte, bis der Name eines Redners am Bildschirm sichtbar wird.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Koppler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.46

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Erklärung der Frau Abgeordneten Hagenhofer, die eine Richtigstellung vorgenommen hat, hat sich Herr Abgeordneter Jung, wie ich meine, neben dem von Herrn Klubobmann Khol schon geschilderten Vorfall noch eine zweite Entgleisung geleistet. Er meinte nämlich, daß diese Erklärung die zweite "Vertuschung" wäre. Und was den Ton betrifft, Herr Abgeordneter Jung, möchte ich Sie schon daran erinnern: Sie befinden sich hier nicht auf einem Kasernenhof, sondern im österreichischen Parlament! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Privatisierungsgesetz 1993 war die Grundlage für eine erfolgreiche Privatisierung der größten österreichischen Industriebetriebe. Das stellt auch der Rechnungshof in seinem Bericht positiv fest. Wie sich heute zeigt, war diese behutsame Vorgangsweise unter Wahrung der österreichischen Interessen der richtige Weg. Auch wenn sich heute die Konzerne schlanker zeigen, konnten zahlreiche neue industrienahe Dienstleistungsbetriebe geschaffen werden.


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Die Wirtschaftskraft dieser Betriebe läßt sich nach wie vor mit Zahlen am besten verdeutlichen. Zum Beispiel: die VA-Stahl mit rund 15 000 Arbeitnehmern und einem Betriebserfolg von 1 700 Millionen Schilling, die VA-Tech mit rund 16 700 Arbeitnehmern und einem Ergebnis von fast 1 700 Millionen Schilling an gewöhnlicher Geschäftstätigkeit, und die Böhler-Uddeholm mit gut 9 200 Beschäftigten erwirtschaftete einen Betriebserfolg von 1 334 Millionen Schilling.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob Sie das hören wollen oder nicht: Das ist eine Leistung, die sich sehen lassen kann! Und das stellt auch der Rechnungshof fest. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es freut mich, daß es sehr viele freiheitliche Abgeordnete gibt, die sofort, als diese Betriebe an die Börse gingen, Aktien gekauft haben. (Ruf: Das ist eine interessante Beobachtung!) Das zeigt doch, daß sie Vertrauen in die Betriebe haben. Die Entwicklung der Aktienkurse ist folgendermaßen: die VA-Tech mit einem Plus von 135 Prozent, die VA-Stahl mit 90 Prozent, die Eisenbahnsysteme mit 33 Prozent, Böhler-Uddeholm mit 65 Prozent, Austria-Metall mit 177 Prozent und die ÖMV mit 245 Prozent.

Der Marktwert der sechs vollständig beziehungsweise teilprivatisierten Unternehmen betrug – egal, ob Sie das hören wollen oder nicht – Ende Mai 1997 105 Milliarden Schilling. Im Vergleich zum Zeitpunkt der Börseneinführung entspricht dies einer Wertsteigerung von 165 Prozent. (Abg. Gaugg: Den VOEST-Pensionisten mußt du das erzählen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund dieser Privatisierungserfolge wurden der ÖIAG vom Bund weitere Unternehmungen zum Zwecke der Privatisierung übertragen, vor allem die Österreichische Salinen AG und die Austria Tabak AG. Auch für diese Betriebe muß gelten, daß die österreichischen Interessen, wie wir Sozialdemokraten immer zum Ausdruck gebracht und gefordert haben, gesichert bleiben.

Darüber hinaus müssen die Unternehmen jene finanzielle Grundausstattung erhalten, die ihnen eine Modernisierung der Anlagen ermöglicht, um sich im rauhen internationalen Wettbewerb behaupten zu können. Aus diesen genannten Gründen sind weitere Privatisierungen mit größter Sorgfalt zu behandeln. Im Mittelpunkt hat der wirtschaftliche Erfolg zu stehen, der die Voraussetzungen für Arbeitsplatzsicherung und volkswirtschaftlichen Nutzen Österreichs schafft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Wer hat dir die Rede geschrieben? Das kann nicht von dir sein!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die bisherige Bilanz der Privatisierung verstaatlichter Industriebetriebe ist für Österreichs Wirtschaft, wie ich meine, sehr erfreulich. Das Management der ÖIAG sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und natürlich auch die Betriebsräte, die am Zustandekommen dieser guten Leistungen beteiligt waren, haben ihre Aufgaben sehr gut gemeistert. Ich glaube, daß ihnen an dieser Stelle unser herzlichster Dank gebührt. Ein herzliches Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

18.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herrn Abgeordneten Wabl erteile ich wegen folgender Äußerung einen Ordnungsruf: Er sprach vom "wunderbaren gemeinnützigen, halbkirchlichen ÖVP-Verein", in dessen "wunderbarem Filz" "Korruption gedeihen kann wie in einem Treibhaus".

Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Moser als nächstem Redner das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.53

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich möchte diese heutige Debatte zu den beiden Rechnungshofberichten dazu nutzen, den Herrn Verteidigungsminister – ich bedauere, daß er jetzt nicht mehr da ist; ich hätte es ihm gerne persönlich gesagt – auf ausstehende Reformen im Bundesheer hinzuweisen und ihn daran zu erinnern, daß es höchste Zeit ist, daß den Empfehlungen des Rechnungshofes, wie sie in diesem Tätigkeitsbericht festgeschrieben sind, entsprochen wird.


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Da steht unter dem Punkt "unerledigte Anregungen aus dem Vorjahr": Maßnahmen zur Senkung des Aufwands für Personal und gesetzliche Verpflichtungen in der Zentralstelle und bei höheren Kommanden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Kritik des Rechnungshofes ist absolut berechtigt. Sie zeigt einmal mehr, daß die von Herrn Minister Fasslabend immer wieder angekündigte und immer wieder gelobte Verwaltungsreform völlig daneben gegangen ist, daß sie als gescheitert anzusehen ist. Man muß bedenken, daß der Umfang des Bundesheeres von 200 000 Mann auf 120 000 Mann reduziert wurde, aber die gesamte Kommandostruktur, der gesamte Umfang des Ministeriums ist erhalten geblieben, ja im Gegenteil: Der Verwaltungsbereich wurde sogar noch ausgebaut.

Das Verhältnis innerhalb des Budgets – das ist vielleicht für den Herrn Finanzminister interessant – zwischen Personalaufwand und Sachaufwand ist ein international unübliches. Wir geben über 60 Prozent an Personalkosten aus und haben weniger als 40 Prozent für Investitionen und für den laufenden Betrieb zur Verfügung. Daß dadurch dringender Nachholbedarf im Zusammenhang mit der Modernisierung des Bundesheeres nicht wirklich erfüllt werden kann, ist klar. Daß dadurch auch zu wenig Geld für Ausbildung, für Übungen des Heeres zur Verfügung steht, ist auch eine Konsequenz daraus – mit dem Ergebnis, daß die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres eine eingeschränkte ist.

Ich meine, daß der Verteidigungsminister Handlungsbedarf hat, vor allem im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, die Zahl der höheren Kommanden, Behörden und Ämter drastisch zu reduzieren, aber auch innerhalb des Ministeriums zu einer besseren Struktur zu kommen. Man muß sich nur überlegen, daß die sogenannte Verwaltungsreform dazu geführt hat, daß nunmehr über 110 Sektionen – man muß sich das auf der Zunge zergehen lassen – und Gruppen, Abteilungen im Namen des Bundesministers Weisungen, Befehle und Aufträge an die Truppe geben können. Ich meine, das ist untragbar.

Ein Schwerpunkt der Prüfung des Rechnungshofes war die Frage des Zustandes der Panzergrenadierbataillone. Ich möchte das Ergebnis dieser Prüfung kurz – auch für das Protokoll – verlesen:

Zu viele, schon Jahre bis Jahrzehntelang andauernde Systemmängel haben an der Substanz der Panzergrenadierbataillone gezehrt. Die veraltete Ausrüstung, unzureichend ausgebildete Grundwehrdiener, die unzureichend erfüllte Kompanieorganisation und eine ungenügende Anzahl an zugewiesenen Grundwehrdienern beeinträchtigen die Einsatzbereitschaft.

Meine Damen und Herren! Das ist ein vernichtendes Urteil. Und die politische Verantwortung dafür trägt Minister Fasslabend. Es ist dies auch Ausdruck des Scheiterns der Heeresreform. Ich meine, daß es unbedingt notwendig ist, umgehend entsprechende Reformmaßnahmen einzuleiten. Die bestehenden Fehler und Mängel zeigen sich auch in einem absolut ineffizienten Personalmanagement.

Zum Schluß kommend möchte ich noch darauf hinweisen, daß auch der Rechnungshof mit seinen kritischen Anmerkungen und Vorschlägen, die er gerade in diesem Zusammenhang trifft, vorsichtig sein soll.

Herr Präsident des Rechnungshofes! Ein Verband des Bundesheeres mit spezifischen Aufgaben hat nicht dieselben organisatorischen Prinzipien beziehungsweise ist nicht nach denselben Grundsätzen und Prinzipien zu messen wie irgendeine Verwaltungsdienststelle. Der Herr Finanzminister mußte sich ja heute schon in der Fragestunde der Frage stellen: Gibt es Unterschiede zwischen einem Verband des Heeres und einem Finanzamt? – Daher ein Appell an den Rechnungshof, nicht ausschließlich nach technokratischen Gesichtspunkten vorzugehen, sondern auch die spezifischen Bedingungen, die sich an den Aufgaben der jeweiligen Dienststellen orientieren, mitzuberücksichtigen.


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Meine Damen und Herren! Das Urteil des Rechnungshofes über bestimmte Zustände innerhalb des Bundesheeres ist eine vernichtende Kritik. Die politische Verantwortung trägt dafür Minister Fasslabend. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Wurmitzer vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.58

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Damen und Herren! An die Spitze meiner Ausführungen möchte ich einen aufrichtigen Dank namens der ÖVP-Fraktion an den Rechnungshof richten, an alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an den Präsidenten und alle, die dort Verantwortung tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben uns wieder mit einem sehr umfangreichen Bericht ausgestattet, und zwar sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Ich bedauere aber, daß dieser Bericht zu einem derartigen Zeitpunkt, nämlich am Schluß einer viertägigen Debatte behandelt wird; er würde größere Aufmerksamkeit verdienen.

Für uns von der Österreichischen Volkspartei hat die Kontrolle durch den Rechnungshof höchsten Stellenwert. Wir sind sehr beruhigt und froh darüber, daß es diese Kontrolle gibt. Wir nehmen auch die Feststellungen, die in diesem Bericht enthalten sind, sehr ernst, denn die Berichte des Rechnungshofes sind in bezug auf den Wahrheitsgehalt in jede Richtung stichhaltig.

Das ist der Unterschied, der uns von den Oppositionsparteien trennt: Es besteht überhaupt keine Ursache dafür, von großen Skandalen zu sprechen, wie es Frau Abgeordnete Apfelbeck getan hat, und das Ende dieser Regierung herbeizusehnen. Für uns ist das sehr durchsichtig.

Genauso gibt es auch keinen Grund für eine Sudelkampagne, die Herr Abgeordneter Wabl von dieser Stelle aus versucht hat. Es hat im Rahmen der Beratungen des Rechnungshofausschusses eine einzige Sudelaktion gegeben, und das war die des Abgeordneten Wabl gegenüber General Corrieri. Kollege Wabl hat massive Unterstellungen getätigt und war dann in weiterer Folge gezwungen, diese Unterstellungen zurückzunehmen. – Kollege Wabl, wenn du Anstand und Charakter hättest, würdest du auch heute Anlaß haben, hier das gleiche zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist natürlich in der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung steht, nicht möglich, den gesamten Bericht umfassend zu beurteilen. Ich nehme zwei Schlaglichter aus diesem Bericht, und zwar geht es dabei um zwei Paradeunternehmen, die den Namen unseres Staates tragen: Das ist zum einen die AUA, die Österreichische Luftfahrtgesellschaft. Sie ist das Aushängeschild Österreichs im internationalen Feld. Es ist ihr in den letzten fünf Jahren gelungen, das Passagieraufkommen um 19 Prozent zu erhöhen. Der AUA ist es auch gelungen, die Binnenverkehrsfrage zu regeln. Sie hat sich an den Tyrolian Airways beteiligt und die eigene Binnenluftfahrt stillgelegt, dadurch einen "Kostgänger" dieses Unternehmens beseitigt. Auf der Mittelstrecke ist die AUA vor allem in Osteuropa Marktführer, sie nimmt die zweite Stelle hinter der Lufthansa ein. Durch die Ostöffnung ist ihr natürlich neue Konkurrenz erwachsen, aber bis heute kann die AUA diesen Bereich massiv verteidigen. Erst im Jahre 1989 hat die AUA auch den Langstreckendienst aufgenommen. Es ist ihr in den ersten Jahren in diesem Bereich sehr schlecht gegangen, sie hat relativ starke Verluste eingeflogen.

So war die AUA gezwungen, die Kostenstrukturen des Unternehmens durch interne Maßnahmen zu verbessern – dank den Empfehlungen des Rechnungshofes, der immer wieder darauf hingewiesen hat, daß es eine Absenkung der Einheitskosten und eine Absenkung der Personalkosten geben muß. So gibt es erstmals bei der AUA ab 1997 eine Pensionskasse, und auch Kooperationsvereinbarungen mit der Swiss Air und mit anderen Luftfahrtgesellschaften, wie KLM und SAS sind geplant. Das Projekt Alcazar ist leider im Berichtszeitraum nicht zum Tragen gekommen, dennoch ist die AUA heute auf einem guten Kurs, und auch die Chartergesellschaft, die zu 80 Prozent im Eigentum der AUA steht, ist auf derselben Welle.


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Das zweite große Unternehmen, das im Rechnungshofbericht enthalten ist, ist die OMV. Sie ist das Flaggschiff Österreichs im Bereich der Treibstoffproduktion und der Petrochemie. (Abg. Gaugg: Tausende Mitarbeiter entlassen!)  – Das ist richtig, Herr Kollege Gaugg, aber welche Alternative ... (Abg. Gaugg: Da kann ich nicht mehr jubeln!) Sie müssen aber wissen, daß die OMV in diesem Zeitraum auch die Chemie Linz aufgekauft hat, und daß die Chemie Linz durch Umstrukturierungsmaßnahmen heute wieder im produktiven beziehungsweise im Bereich der schwarzen Zahlen angesiedelt ist. Außerdem hat die OMV dazu beigetragen, daß bereits mehr als 50 Prozent ihres Tankstellenumsatzes heute im Ausland erfolgt (Weiterer Zwischenruf des Abg. Gaugg ), auch das ist eine gewaltige Leistung. Österreichisches Benzin, Kollege Gaugg, das in unserem Land produziert wird, sichert auch österreichische Arbeitsplätze. Genauso ist es im Bereich der Agro Linz und im Bereich der Produktion von Polymeren.

Insgesamt kann man also von diesen beiden Unternehmen behaupten, daß sie die schwierige Zeit zu Beginn dieses Jahrzehntes – 1992 und 1993 – gut überwunden haben, daß sie heute wieder Positivfaktoren der österreichischen Wirtschaft sind, und daß die Österreicher auch insgesamt Grund haben, stolz auf diese Unternehmen zu sein. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte noch zum Schluß auf ein Kapitel zu sprechen kommen, und zwar auf die Renovierung des Redoutensaales. Es ist dem Hohen Haus bekannt, daß durch die Brandkatastrophe ein fast unersetzliches Bauwerk zerstört wurde. Im Berichtszeitraum ist dieses Gebäude mit einem Großaufwand von 1,1 Milliarden Schilling wiedererrichtet worden. Der Rechnungshof merkt zu Recht kritisch an, daß man natürlich jetzt verpflichtet ist, die Brandvorbeugungsmaßnahmen, die Brandmeldeeinrichtungen zu verbessern. Ich fordere auch von dieser Stelle diejenigen, die dafür Verantwortung tragen, auf, dieses Bauwerk in Zukunft besser zu schützen.

Erfreulich ist auch, daß es da zu einer Gestaltung mit zeitgenössischer Kunst, zu einer sinnvollen Symbiose zwischen einem historischen Gebäude und einer zeitgenössischen Freskomalerei gekommen ist. Ich gratuliere dem Maler Josef Mikl zu dieser gelungenen Gestaltung.

Insgesamt ist es in der Kürze der Zeit, wie ich bereits erwähnt habe, nicht möglich, den Gesamtbericht zu erfassen, aber generell möchte ich mit dem Dank an den Rechnungshof schließen, und alle auffordern, die in der öffentlichen Verwaltung tätig sind, die Empfehlungen und Maßnahmen, die der Rechnungshof anordnet, entsprechend zu befolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.05

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Heute ist wieder mein Glückstag. – Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann dem Kollegen Wurmitzer bezüglich Dank an den Rechnungshof recht geben, möchte aber kurz auf diese merkwürdige Anregung des Herrn Wurmitzer bezüglich General Corrieri eingehen. In einem Wochenmagazin gab es eine Darstellung über die Familienverhältnisse, über die Einflußmöglichkeiten bei Waffengeschäften. Ich habe im Unterausschuß verlangt, daß General Corrieri darüber Auskunft gibt; das war alles. (Abg. Wurmitzer: Das ist nicht wahr!) Kollege Wurmitzer, Herr General Corrieri hat die Sache richtiggestellt. (Abg. Wurmitzer: Soll ich vorlesen?) Ich habe Sorge gehabt, daß der Herr General aus diesen Gründen an der Ausschußsitzung nicht teilnimmt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte anhand eines sehr eigenartigen Vorgangs im Zusammenhang mit der Privatisierung der ASA die österreichische Praxis der Privatisierung erläutern, die auch im Rechnungshofbericht dargestellt wird.

Für die Grünen war die Auseinandersetzung mit den Einrichtungen im Zusammenhang mit der Abfallbeseitigung, Mülldeponierung, Abfallverbrennung immer eine sehr zentrale Frage, und wir haben gemeint, daß das Wirtschaftswachstum auf Raubbau, auf Energieverschwendung fußt und letztendlich auch auf Enteignung der Bürgerinnen und Bürger, und zwar durch eine Art der Industrie, die die Bauern durch Zerstörung ihrer Wälder enteignet, durch eine Industrie, die die


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Menschen enteignet, indem die Wohnqualität gemindert, ja vernichtet wird, und natürlich auch durch eine Reduzierung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger.

Aber anhand der Privatisierung der ASA kann man ganz klar nachweisen, welches gesellschaftspolitische Spiel da betrieben wird, insbesondere von jenen, die unreflektiert und ideologisch besetzt eine Privatisierung ausschließlich deshalb verlangen, um die Gewinnmaximierung voranzutreiben.

Meine Damen und Herren! Das Jahr 1988 war die Gründungsphase der ASA. Man hat staatliche Firmen beauftragt, mit großen Geldmengen, mit Steuergeldern den gesamten Bereich Abfall, Deponieren, Verbrennen in staatliche Obhut zu geben. In der zweiten Phase hat man versucht – mit allen Mitteln, mit Polizeigewalt –, Müllverbrennungsanlagen, Deponien und anderes gegen den Willen von Bürgerinnen und Bürgern durchzusetzen, mit allen Tricks, die im Anlagenrecht nur möglich waren. Man hat je nach Belieben Gesetze verändert, um diese Dinge durchzusetzen. Es gibt diese Kämpfe bis zum heutigen Tag. (Abg. Großruck: Wo war das?) Ich war selbst bei einigen Mülldeponien dabei, wo widerrechtlich vorgegangen wurde, vor allem in der Steiermark, aber auch in anderen Regionen. (Abg. Großruck: Wo in der Steiermark?)  – In St. Johann hat der Obmann dieses Verbandes mehrmals das Recht gebrochen, der Herr Landesrat mehrmals das Recht gebeugt.

Meine Damen und Herren! Mit allen staatlichen Mitteln hat man durchgesetzt, daß es diese Standorte gibt. Dann, nachdem man hier in diesem Haus darauf gedrängt hat, daß die Gesetze dafür geschaffen werden, daß möglichst eine Monopolsituation und eine gesicherte Verbrennung und Deponierung erfolgen, also ein bombensicheres Geschäft stattfinden kann, nachdem man Milliarden in diese staatliche Unternehmungen investiert hat, hat man gesagt: Und jetzt müssen wir privatisieren!

Der Schreiber eines Kommentars aus dem Jahre 1990 hat bereits damals, nämlich am 23. Oktober 1990, festgestellt: Nach der Durchsetzung von Standorten für Müllverbrennungsanlagen und Deponien – umgekehrt wird nichts unternommen, um durch Produktionsbeschränkungen etwa im Verpackungswesen den Müllberg abzubauen – darf auf eines gewettet werden: Sobald das Müllgesetz sicher scheint, wird die Forderung nach Privatisierung gestellt werden.

Meine Damen und Herren! Nachdem dieses Geschäft abgesichert worden ist, damit Geld hereinsprudelt und die Menschen in diesem Bereich Profiteure mit goldenen Nasen sind, hat man gesagt: Jetzt wird privatisiert! (Abg. Schwarzenberger: Der Rubel rollt!) Jetzt, wo der Rubel rollt und das Geld hereinkommt, wird privatisiert!

Und dann kommt das Großartigste, meine Damen und Herren: Unter dem Titel "Privatisierung" wird an die Firma ASA verkauft. Im Bericht sieht man, welche Unternehmen daran beteiligt sind. In allen Bundesländern ist diese Firma im Abwasserbereich, im Abfallbereich, im Verbrennungsbereich tätig – mit allen Mitteln der staatlichen Gewalt abgesichert. Und dann wird diese Firma verkauft an die ASA Holding AG, die zu 75 Prozent der SDS gehört und zu 25 Prozent der Firma TIRU, die beide Töchter der staatlichen französischen Firma Electricité de France sind – da schließt sich der Kreis wiederum: Die Atomindustrie verdient hauptsächlich daran mit –, das ist die staatliche Firma in Frankreich, die den gesamten Bereich der Abfallverwertung, den gesamten Bereich der Abwasserentsorgung abdeckt. Wir in Österreich, in den Bundesländern können ein Lied davon singen, wie da die Technobürokratie durchgreift.

Nachdem alles abgesichert ist, das Geld hereinfließt und das Kapital maximiert und optimiert werden kann, wird unter dem Titel "Privatisierung" an eine französische staatliche Firma verkauft! – Dümmer geht es nicht mehr! Dümmer geht es nicht mehr, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Wir lassen uns hier mißbrauchen, damit eine staatliche Firma aus einem anderen Land den gesamten europäischen Markt monopolisiert, und dann sagen wir dazu: Liebe Freunde in Österreich, liebe Steuerzahler, wir ersparen euch diese defizitären Staatsbetriebe und privatisieren. – In diesem Monopolbereich können von der französischen Atomindustrie Milliarden verdient werden!


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Wenn das Ihre politische Absicht war, bei Zusehen des Wirtschaftsministers und des Finanzministers, dann sage ich nur: Sie haben eindeutig das Privatisierungsgesetz gebrochen, denn dort steht nämlich deutlich: Bei allen Privatisierungen müssen die österreichischen Interessen gewahrt werden.

Meine Damen und Herren! Wo werden hier die Interessen Österreichs gewahrt, die Interessen der österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen? Lieber Hannes Zweytick, erzähl doch deinen Weinbauern, wie da Geld gemacht wird! Das ist leichter, als auf dem Weinberg herumzukraxeln und Weintrauben zu ernten. Es wird monopolisiert, mit staatlichen Geldern subventioniert, mit Polizei, mit Hunden, mit Einschüchterung der Bürger durchgesetzt, und dann wird an die französische Atomindustrie verkauft.

Es ist im Wirtschaftsbericht nachzulesen, wem die ASA gehört. Sie hat bereits in ganz Österreich Fuß gefaßt, sie hat dieses Land abfalltechnisch im Griff. Und jetzt ist es nur mehr notwendig, zu Herrn Khol oder zu Herrn Maderthaner von der christdemokratischen Partei zu gehen und davon zu reden, daß wir keine gesetzlichen Änderungen durchführen dürfen, weil sonst österreichische Arbeitsplätze gefährdet seien. – Für diesen Schwindel, für diesen Trick sind Sie verantwortlich, und dafür werden Sie bei den nächsten Wahlen zur Verantwortung gezogen werden! (Beifall bei den Grünen.)

19.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte.

19.14

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Von Mitte 1994 bis 1995 fand eine planmäßige Überprüfung des Unternehmens Flughafen Wien Schwechat AG der Jahre 1986 bis 1994 durch den Rechnungshof statt, wobei der Schwerpunkt der Prüfungen Projektinvestitionen waren. Die Investitionen in diesem Zeitraum beliefen sich auf rund 7 Milliarden Schilling. Konkret handelt es sich dabei um die Investitionsprojekte Pier Ost, Parkhaus 3, Speditionsgebäude, Erweiterung des Terminals im Ankunfts- und Abflugbereich und Erweiterung der notwendigen Infrastruktur.

Nach dem vorliegenden Bericht des Rechnungshofes wurden folgende Kritik und Schwachstellen hinsichtlich der Effizienz aufgezeigt: Die Planung des Pier Ost sei im Endstadium höchst ungenau gewesen und im Zuge der Errichtung mehrfach verändert worden. – Dazu ist grundsätzlich festzustellen, daß der Ausbau des Terminal-Bereiches unter außerordentlichem Zeitdruck erfolgen mußte. Weiters ist anzuführen, daß zu dieser Zeit die gemeinsame Weltausstellung mit Budapest geplant war, also mit einer finanziellen Baukostenexplosion zu rechnen war und man deshalb versuchen mußte, dieses Projekt so rasch wie möglich fertigzustellen.

Neben diesem Faktor mußte man überdies bei laufendem Betrieb bauen, was hohe Flexibilität erforderte. Ein Vergleich internationaler Studien über etwa gleichzeitig errichtete Flughafenausbauten bei vergleichbaren Flughäfen weist für den Flughafen Wien-Schwechat Baukostenpreise pro Quadratmeter im unteren Drittel aus. Teurer waren die Ausbauten in Stuttgart, Hannover, München, Köln, Hamburg und London, billiger lediglich in Kopenhagen und Nürnberg.

Belief sich die erste Schätzung im September 1988, basierend auf dem alten Investitionsplan, auf 343 Millionen Schilling, so wurde im Februar 1990 eine Investitionssumme von 649 Millionen Schilling beantragt – und im Aufsichtsrat genehmigt. Diese adaptierte, an die notwendige Verkehrsentwicklung angepaßte Planungsvariante umfaßte eine um 41 Prozent größere Fläche.

Die Investitionssumme wurde auf 756 Millionen aufgestockt, und zwar mit folgender Begründung: Alle Investitionen, meine Damen und Herren, wurden von der Flughafen Wien AG aus Eigenmitteln ohne Verwendung von Steuergeldern finanziert. Die Eigenkapitalquote dieses Unternehmens beträgt beachtliche 69 Prozent. Infolge des erweiterten Branchenwachstums wird es am Standort Flughafen zu einer weiteren Zunahme von Arbeitsplätzen kommen.


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Meine Damen und Herren! Die Flughafen Wien AG hat die beachtliche Steigerung des Flugverkehraufkommens in Wien-Schwechat von mehr als einer Verdoppelung seit Mitte der achtziger Jahre mit ihrer vorhandenen Infrastruktur bewältigt und dabei kräftige Gewinne erzielt. Das Unternehmen macht seit vielen Jahren Gewinne und zahlt regelmäßig Dividenden. (Abg. Dr. Graf: Es geht um die Lärmbelastung!) Macht sie keine Gewinne, schreien Sie, macht sie Gewinne, schreien Sie auch – das ist Ihre Taktik hier in Österreich!

Meine Damen und Herren! Aufgrund der guten Verkehrsentwicklung sind im Bereich des gesamten Flughafens in den letzten Jahren ohne jegliche Subventionen 5 000 neue Arbeitsplätze entstanden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Meischberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.18

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Meine Herren Minister! Zu Beginn möchte ich auf die Worte des Abgeordneten Wurmitzer eingehen, der die Arbeit des Rechnungshofes und seiner Beamten an dem vorliegenden Bericht sehr gewürdigt hat. – Dieselbe Kritik haben auch wir, Herr Kollege Wurmitzer: Es ist wirklich ein Hohn für die Beamten, daß wir das Ergebnis ihres Einsatzes bei dieser umfangreichen Prüfungsarbeit, für die Mannjahre draufgehen, dann in nur zwölf Ausschußtagen behandeln. Das ist schon eine sehr knappe Sache, aber es ist eigentlich beschämend, daß wir uns mit dieser umfangreichen Arbeit, die so wichtig ist für uns im Hinblick auf unsere Kontrollaufgabe, nur wenige Minuten hier im Plenum beschäftigen. Das ist wirklich schlimm. Man sollte sich von unserer Seite bei den Beamten des Rechnungshofes dafür entschuldigen – und das mache ich hiermit. Ich verstehe Ihre Kritik in dieser Frage aber nur beschränkt, weil Sie als Mitglied einer Regierungspartei Einfluß hätten auf die Erstellung der Parlamentstermine, der Ausschußtermine und der Tagesordnungen, und Sie könnten mit Ihren Kollegen Abhilfe schaffen gegen einen solchen Mißstand. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sage ich – verbunden mit der Bitte, daß es in Zukunft anders wird – vor allem deshalb, weil das nicht das erste Mal ist. Das ist immer so, das ist geradezu Usus. Wir haben das schon mehrfach erlebt, und es wurde von unserer Seite auch schon mehrfach kritisiert. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. ) Mir sind Ihre Worte sehr in den Ohren hängengeblieben. Bei der Erstellung der nächsten Tagesordnung werde ich Sie daran erinnern. (Abg. Dr. Graf: Dann ist Kollege Wurmitzer nicht mehr in diesem Haus!)

Dem Kollegen Koppler, der hier die Aussagen der Frau Hagenhofer noch einmal unterstreichen und verteidigen wollte und Kritik in Richtung meiner Fraktion geübt und unterstellt hat, wir hätten hier nicht richtige Dinge gesagt oder unwahre Behauptungen aufgestellt, sei nur eines gesagt (Abg. Koppler: Walter, "vertuschen" habt ihr gesagt!): Lieber Kollege! Wir empfinden das so, und ich sage dir, warum: Weil vor unseren Augen – und viele Augen von uns haben das zu diesem Zeitpunkt sehr aufmerksam beobachtet – eine Abstimmung stattgefunden hat und das eine ganz spannende und aufgeregte Situation war; außerdem hatten wir ein optimales Blickfeld, so wie wir saßen: genau zu dieser einen Türe, einen besseren Blick als ihr alle gemeinsam, die ihr in Richtung Präsidium geschaut habt. Und wir trauen unseren Augen mehr als euren Worten und den zaghaften Versuchen der Kollegin Hagenhofer, gestern im Radio und heute hier diese Angelegenheit zu verharmlosen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nicht wissen, was ihr wieder mit Frau Hagenhofer besprochen habt, daß sie im Radio diese Aussagen macht und heute hier zum Rednerpult kommt und diese Debatte dazu mißbraucht, Dinge ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Macht das über den Sommer mit euch selbst aus! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Wir haben gesehen, was eben zu sehen war – und das war schlimm genug. Wir hoffen nur, daß ihr aus dem Vorfall gelernt habt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Wie der Schelm ist ...!) Ihr Gralshüter der Demokratie, ihr Wächter ob der Anständigkeit im


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Parlament: Bitte schaut bei euch selber! – Mehr will ich aber dazu nicht mehr sagen, weil ich relativ wenig Zeit habe.

Ich habe mir aus dem von Wurmitzer hergezeigten umfangreichen Bericht drei Dinge herausgeholt: zum einen den Bereich EU-Zollämter beziehungsweise die Zollämter an EU-Grenzen. Da gibt es einen Schwerpunkt, den ich ansprechen will, weil er die Öffentlichkeit interessiert: Es geht um die berühmte "Tschicksteuer", die einer Verordnung unterliegt, die der Herr Bundesminister für Finanzen erlassen hat.

Sie wissen alle: Seit 1. Juli 1997 dürfen nicht mehr als 25 Zigaretten zollfrei importiert werden. Das ist etwas, wo auch im Ausschuß nicht geklärt werden konnte, welcher Grund wirklich dahinter steckt, obwohl sich der Herr Minister sehr bemüht hat. Wir haben gefragt, wer letztlich wirklich etwas davon hat. Ist es so, daß vom Nettoertrag der Steuern für die Zukunft ein großer Mehreinnahmengewinn zu erwarten ist? – Das konnte nur mit Schätzungen und Hoffnungen beantwortet werden.

Wir meinen, daß der gewerbliche Schmuggel von dieser Maßnahme in Wirklichkeit nicht erfaßt werden kann und daß es vor allem schwierig sein wird, im Bereich der PKW-Importe und der Gelegenheitseinkäufe wirklich Kontrollen durchzuführen, weil diese Einkäufe in der Hauptsache an Wochenenden stattfinden, wo sehr viel Verkehr ist, wo mehrfache Kontrollen nur mit Staus und viel Aufwand durchgeführt werden könnten. – Wir bezweifeln also tatsächliche Mehreinnahmen.

Wir sind neugierig, wie das in Zukunft gehandhabt werden wird, denn auch im Rechnungshofbericht ist klar herausgestrichen, daß Kontrollen des LKW-Verkehrs, vor allem aber die sorgfältige Kontrolle der Ladungen nur mit einem gewaltigen Mehraufwand gemacht werden könnten. Dieser Mehraufwand würde sehr viel Geld kosten, und wir stellen sehr in Frage, ob es dabei wirklich um Steuermehreinnahmen geht oder vielmehr um einen Schutz der Austria Tabak, die ja an die Börse gehen soll und der man den Markt absichern will, wovon sich der Finanzminister vielleicht eine hohe einmalige Einnahme zur Sanierung des Budgets erwartet. Wenn dem so ist, dann soll er es uns sagen. Wir glauben, es geht in diese Richtung, halten aber nichts davon, deshalb viele Österreicher sozusagen zu EU-Bürgern zweiter Klasse zu machen, weil sie bei der Einführung von Zigaretten aus Drittländern anders behandelt werden als andere EU-Bürger. – Soviel zu diesem Thema.

Zum automatisierten Familienbeihilfeverfahren. In diesem Zusammenhang sind zwei Punkte hochinteressant, und wir werden auch in Zukunft beobachten, wie sich das in der Vollziehung abspielen wird. Zum einen hat der Rechnungshof ganz klar ein einziges Einsparungspotential herausgestellt, nämlich die Veränderung der Selbstträgerschaft beziehungsweise ihre Abschaffung. Das bedeutet nichts anderes als die Privilegierung der Gebietskörperschaften gegenüber allen anderen Unternehmen. Es ist ein Einsparungspotential von 1,25 Milliarden Schilling zu erwarten. Da schlagen in der Brust des Finanzministers zwei Herzen, nämlich jenes der Gemeinde Wien und – hoffentlich – jenes des Bundes. Wir hoffen, daß er sich entgegen seiner früheren Absicht, die Selbstträgerschaft aufrechtzuerhalten, seiner Funktion bewußt wird und diese 1,25 Milliarden Schilling an Einsparungen zugunsten des Bundesbudgets durchführt, auch wenn es die Stadt Wien dann entsprechend schwerer haben wird. Das werden wir sehr genau beobachten.

Was die Kompetenzüberschneidungen in dieser Frage betrifft, wird in erfrischender Weise dargestellt, was in der Bundesregierung sehr oft passiert: daß Rot und Schwarz irgendwelche Eitelkeiten in der Verwaltung und in den Kompetenzen der Ministerien haben – zu Lasten des Steuerzahlers, in diesem Fall zu Lasten der Familien. Diesbezüglich ist der Rechnungshof Wächter. Wir hoffen, daß man sich das von seiten der Bundesregierung auch zu Herzen nimmt und die politische Entscheidung trifft, die Vollziehung dieses Gesetzes auf ein Ministerium zu konzentrieren und somit im Sinne der Familien zu handeln.

Leider Gottes habe ich die Zeit übersehen. Meine Kollegen fordern schon die letzten Minuten ein. Ich bitte Kollegen Wurmitzer daher noch einmal, ganz dringend darauf zu achten, daß wir


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das nächste Mal mehr Redezeit zu einem solch wichtigen Thema haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: 10 Minuten reichen!)

19.27

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuß zur Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Mordfall Ghassemlou einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte wurde nicht beantragt.

Nach § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung über diesen Antrag nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Nunmehr hat sich Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser zu Wort gemeldet. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

19.28

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich möchte zum Rechnungshofbericht des Verwaltungsjahres 1995, und zwar zur EDV und zur Informationstechnologie des AKH und dem automatisierten Familienbeihilfeverfahren Stellung nehmen.

In der Tat ist das Allgemeine Krankenhaus Wien eines der modernsten, größten und vermutlich auch teuersten Spitäler unserer Zeit. Medizinische Spitzenversorgung hat ihren Preis. Die Errichtungskosten für dieses Spitalsmonster wurden von der Republik Österreich und der Gemeinde Wien gemeinsam getragen. Es war und ist stets klar, daß dieser Neubau hohe Kosten verursacht: Doch hier wurden im Bereich der EDV durch unzureichende Zusammenarbeit zwischen Bund und Stadt Steuergelder verschwendet.

Das AKH verfügt über drei Rechenzentren: die ehemalige Medizinischer-Dienst-ADV, bestehend aus 350 Mitarbeitern; das Institut für medizinische Computerwissenschaften, kurz IMC genannt, mit 30 Mitarbeitern; und das Verwaltungsrechnungszentrum. Die EDV-Investitionen betrugen allein für den Neubau bis Ende 1994 1,6 Milliarden Schilling. Das bedeutet, daß eigentlich für jeden Arbeitsplatz 350 000 S ausgegeben wurden – 14,8 Millionen Schilling allein für das Programm, das nie im AKH verwendet werden konnte. Die Entwicklung und die Tests des nicht einsetzbaren Ambulanzleitsystems kosteten 91,5 Millionen Schilling. Das Schlimmste aber ist: Die Computer unterstützen die Ärzte und Angestellten nicht! Warum ist es denn so schwer, branchenübliche Schnittstellen zu setzen, um die diversen Abteilungen zu vernetzen?

Trotz alledem können wir stolz sein: Wir besitzen ein Universitätsklinikum, um das wir – trotz der vorher genannten Punkte – international beneidet werden. Die großartigen medizinischen Leistungen und Kapazitäten sind sicher ein Beweis dafür, daß ein zukunftsträchtiges Konzept in die Tat umgesetzt wurde. Das AKH ist somit sicherlich eine Triebfeder für den weiteren Ausbau jener Position, die sich die Wiener Medizinische Schule in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten erworben hat. Dafür möchte ich unseren Ärzten und dem Pflegepersonal auch herzlich danken und wünsche ihnen, daß die Investitionen in die EDV bald zielführend sein werden.

Das automatisierte Familienbeihilfeverfahren – dessen Einführung hatte zum Ziel, die umständliche Familienbeihilfekarte und damit schwerfällige und nicht zeitgemäße Arbeitsabläufe in den Beihilfestellen der Vergangenheit angehören zu lassen – umfaßt alle Leistungen nach dem FLAF. Der Vollzug obliegt zwei Ministerien: dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie. Letzteres ist seit seiner Gründung 1983 damit


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betraut. Der Rechnungshof hat leider zu Unrecht kritisiert, daß es hier Kompetenzüberschneidungen gibt. Das heißt, diese Kritik ist richtig, es gibt Kompetenzüberschneidungen, aber ich sehe sie als völlig richtig an, weil der Familienminister da sozusagen Tempelwächter sein muß. Die Familienpolitik darf nicht nur auf finanzielle Angelegenheiten reduziert werden; die Begehrlichkeiten auf den Fonds sind ja sehr groß.

Was der Rechnungshof aber mit Fug und Recht anmerkte, das sind folgende Kritikbereiche: die Selbstträgerschaft, die Herr Abgeordneter Meischberger schon angesprochen hat, die Länderbeiträge und die Familienbeihilfe für Lehrlinge. Zur Selbstträgerschaft wäre vielleicht noch zu sagen, daß ja die Sachleistungen selbstverständlich alle aus dem Fonds kommen, und da gibt es haarsträubende Ungerechtigkeiten in den Verkehrsverbünden: Pendler, Pensionisten und Hunde sind darin aufgenommen, nicht aber unsere Jugend.

Was den Mutter-Kind-Paß betrifft – das möchte ich zum Schluß noch anmerken –, gab es eine 100prozentige Untersuchungsdisziplin, die aber dramatisch zurückgegangen ist. Vielleicht wäre es möglich, das Bonifikationssystem zu teilen, das heißt, beim ersten Geburtstag und beim vierten Geburtstag des Kindes jeweils 1 000 S auszubezahlen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Sie hätten es nicht abschaffen sollen! Das wäre auch eine Möglichkeit gewesen!)

19.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten angegeben. – Bitte.

19.32

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeit ist kurz. Zur Überprüfung der Panzergrenadierbataillone – der Kollege Moser hat die Zusammenfassung schon zitiert –: Ich glaube, sie zeigt sehr eindrucksvoll den derzeitigen Zustand einer Kerntruppe des österreichischen Bundesheeres. Mangelnde Planung wurde kritisiert, ebenso der Mangel an Personal und Grundwehrdienern bis zu einem Minus von 20 Prozent der Sollstärke. Bei der Ausbildung gibt es ebenfalls eine sehr problematische Situation: Nur 61 Prozent der Ausbildungsziele konnten erreicht werden. Als Begründung werden der Assistenzeinsatz – das ist für uns auch immer sehr interessant, weil ja jetzt auch die Ausweitung des Assistenzeinsatzes diskutiert wird – und immer wieder die Finanzen und das Material angeführt. Das zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Bericht. Interessant dabei ist, daß die Truppe die Kritikpunkte meist vollinhaltlich bestätigt, das Korps im großen und ganzen ebenfalls dieser Kritik zustimmt und sich nur das Verteidigungsministerium immer wieder in Ausflüchte ergeht.

Die technische Einsatzbereitschaft wurde ebenfalls kritisiert, und damit werden leider alle Kritiker bestätigt. Die Schützenpanzer sind 32 Jahre alt. Nur 64 Prozent dieser Panzer waren damals einsatzfähig, jetzt ist es ja noch bei weitem schlimmer. Das Ergebnis einer Generalüberholung war, daß man nachher mehr Ausfälle hatte als vorher.

Nur in einem, Herr Rechnungshofpräsident, kann ich Ihnen nicht recht geben, nämlich in Ihrer Schlußfolgerung: Man sollte eine Panzergrenadierbrigade auflösen und die Ressourcen zusammenfassen, weil diese Probleme bestehen. Ich meine, daß die Reaktion des III. Korps die richtige ist, nämlich nicht auflösen, sondern auffüllen und aufwerten. Denn es gibt einen Auftrag, es gibt eine Lage, und der sollte man auch gerecht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Reaktion des BMLV ging ja auch in diese Richtung, und wir werden den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung daran erinnern, wenn er seine Reformvorschläge für die Panzergrenadierbrigaden vorlegen wird.

Ganz zum Schluß möchte ich sozusagen als Betroffener noch sagen: Sie haben auch die Parteiakademien geprüft; das Ergebnis ist in einem Anhang zum Rechnungshofbericht 1995 enthalten. Ich möchte hier ausdrücklich festhalten, daß im Rahmen dieser Prüfung eindeutig zum Ausdruck gekommen ist, wie korrekt und wie genau die Beamten ihren Prüfungsauftrag wahrnehmen. Das geht für uns als Betroffene dann fast bis zur Lästigkeit, aber genau so soll es ja sein, daß man wirklich bis zum letzten Beleg überprüft. Ich glaube, daß es wichtig ist, weil es auch um die Glaubwürdigkeit aller Parteiakademien geht, daß sie ihren gesetzlichen Auftrag der staats


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bürgerlichen Bildungsarbeit wahrnehmen können und auch wirklich wahrnehmen, denn der Bericht insgesamt zeigt ja ein sehr positives Bild für alle geprüften Parteiakademien.

Ich glaube, auch wenn es uns als Verantwortliche in den Akademien immer lästig ist, alle vier bis fünf Jahre geprüft zu werden, so ist es trotzdem notwendig, daß das gemacht wird. Und wenn das immer so korrekt und genau gemacht wird, wie Sie das in der letzten Zeit gemacht haben, dann ist das auch ein Aushängeschild und eine gute Visitkarte für Ihre Institution. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Edler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.36

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Es wurden ja schon die wesentlichen Punkte angesprochen, ich möchte daher nur noch einige Bemerkungen machen.

Erstens möchte ich sagen – und das möchte ich sicherlich auch mit Dank verbinden –, daß der Rechnungshofbericht und auch der Nachtrag für uns Abgeordnete überschaubar, transparent und praktikabel gestaltet wurden. Das war sicherlich gut für uns, denn das erleichterte uns natürlich auch die Ausschußarbeit. Es haben in vielen Ausschußsitzungen intensive Diskussionen und Beratungen stattgefunden, in denen wir Abgeordnete entsprechende Auskünfte erhalten haben, und ich glaube, daß vieles in diesen Sitzungen aufgearbeitet wurde.

Kritisch, Herr Präsident des Rechnungshofes, möchte ich anmerken – und ich habe das auch im Ausschuß gesagt; Sie können persönlich nichts dafür, das ist ein Problem der Organisation und der Abwicklung hier im Haus –, daß wir Berichte diskutieren, die überhaupt nicht mehr aktuell sind. So zum Beispiel ging es in der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses um die OMV. Das ist also sicherlich ein Problem, und man sollte einmal darüber nachdenken, wie man das besser organisieren könnte.

Dann noch vielleicht eine kritische Bemerkung, wenn sie erlaubt ist: Feststellungen des Rechnungshofes zu Organentscheidungen werden manchmal Jahre nachher getroffen. Zu diesem Zeitpunkt kann man sie wesentlich leichter treffen, weil man dann gescheiter geworden ist, weil es neue Erkenntnisse gibt. Aber zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vorstände, die Aufsichtsräte in den Betrieben die Entscheidungen zu treffen haben, finden sie sehr oft andere Voraussetzungen vor. Das betrifft etwa die Konjunkturlage oder politische Entwicklungen, die wir beispielsweise bei der OMV mit zu betrachten haben, etwa daß der Eiserne Vorhang gefallen ist und es nachher einen Einbruch gegeben hat, von dem besonders unsere OMV betroffen war.

Kollege Wurmitzer hat gesagt, die OMV ist ein Paradebetrieb. Ich sage natürlich ja zur Privatisierung der OMV, obwohl ich dazusagen muß, daß das für mich schmerzlich ist. Die OMV-Aktie ist die beste Aktie derzeit in Österreich, das ist für uns erfreulich. (Abg. Dr. Haselsteiner: Na, na, na! Ich weiß eine bessere!) Zumindest habe ich das in der gestrigen Ausgabe einer Tageszeitung gelesen, vielleicht hat sich das heute schon wieder geändert, das ist möglich. Kollege Haselsteiner! Vielleicht haben Sie besser gepunktet, dann darf ich gratulieren. Verbunden aber, meine Damen und Herren – und das muß uns bewußt sein –, mit allen Privatisierungen sind beinharte Rationalisierungen in den Betrieben. Wir haben das auch schon im Zusammenhang mit der Post & Telekom andiskutiert. 1987 waren 7 560 Kolleginnen und Kollegen bei der OMV beschäftigt, zu Beginn des Jahres 1995 waren es nur mehr 4 547, also um 3 000 weniger. Diese Arbeitsplätze fehlen uns heute, das muß uns allen bewußt sein. Die Wirtschaft ist im Umbruch, es gibt Strukturbereinigungen und so weiter, wir wissen das, aber dürfen nicht auf die Schattenseiten vergessen.

Abschließend möchte ich noch kurz das Thema Redoutensäle ansprechen. In diesem Zusammenhang darf ich wirklich dazu gratulieren, daß das so gelungen ist, und das auch mit einem Dank verbinden, Herr Bundesminister. Wir hatten ja die Möglichkeit, die Redoutensäle zu besichtigen. Sie wurden, wie ich glaube, passend umgebaut, restauriert beziehungsweise erneuert.


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Ich möchte aber doch auch hier einige kritische Anmerkungen dazu machen. Der Generalplaner hat damals freie Hand erhalten. Daß damals in der Nacht vom 26. auf den 27. November 1992 rasch entschieden worden ist, vom seinerzeitigen Bundesminister auch mitentschieden, ist gut und richtig, aber was eine Generalvollmacht betrifft, muß man, glaube ich, in Zukunft gewisse Kontrollinstanzen vorsehen, da dort einige Millionen in Verlust geraten sind. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

19.40

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich beschäftige mich ganz kurz mit dem Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes betreffend Altlastensanierung. Der Rechnungshof stellt in seinem Bericht fest, daß es gerade bei der Altlastensanierung sehr, sehr stark an Geld mangelt. Das Gesamtaufkommen für die Altlastensanierung hat in den letzten Jahren 1,2 Milliarden Schilling betragen – der Bedarf für die Altlastensanierung wären aber rund 20 Milliarden gewesen. An diesen beiden Zahlen kann man deutlich ersehen, wie weit Bedarf und tatsächliches Aufkommen auseinanderklaffen.

Aber der Rechnungshof kritisiert nicht nur einige Dinge in seinem Bericht, sondern er stellt auch fest, daß so manches sehr positiv gemacht wurde, und ich beziehe mich jetzt im besonderen auf die Fischer-Deponie. In der Fischer-Deponie wurden zur Sicherung der Altlast Grundwasserschutzmaßnahmen in Form von Sperrbrunnen vorgenommen. Diese Sperrbrunnen, die errichtet wurden, haben gerade im Bereich der Fischer-Deponie und der Grundwasserseen weitere Grundwasserkontaminationen verhindert und so die Versorgung mit besserer Trinkwasserqualität ermöglicht, und das in ganz kurzer Zeit und mit Geldmitteln in Höhe von etwa jährlich 22 Millionen Schilling. Dies war eine Sofortmaßnahme, weil die Räumung der Fischer-Deponie aus technischen Gründen nicht so rasch vonstatten gegangen wäre.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch feststellen, daß der Rechnungshof zwar in vielen Bereichen Kritik übt, Kritik üben muß, daß er aber auch gleichzeitig positive Dinge ganz besonders herausstreicht. Ich bedanke mich nochmals in diesem Zusammenhang recht herzlich beim Rechnungshof.

Zu den Ausführungen des Kollegen Meischberger: Er hat gesagt, er würde anregen, daß die Regierungsparteien Einfluß auf die Gestaltung der Tagesordnung nehmen. – Herr Kollege Meischberger! Die Gestaltung der Tagesordnung wird in der Präsidiale festgelegt, und dort ist Ihr Klub genauso vertreten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

19.43

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister Edlinger! Herr Minister Farnleitner! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Der Tätigkeitsbericht III-60 der Beilagen enthält auch das Prüfungsergebnis des Landesschulrates Steiermark, welches am 25. Mai im Ausschuß behandelt wurde.

Zum Zurückerinnern: Dies war der Zeitpunkt, zu dem die vereinigte Opposition die Ausschußarbeit gemeinsam verweigert hat. Frau Kollegin Apfelbeck von der FPÖ, Sie haben darauf so reagiert, daß Sie eine Presseaussendung mit über vier Seiten gemacht haben, in der Sie jene Fragen aufgelistet haben, die Sie gestellt hätten, hätten Sie im Ausschuß gearbeitet. Aber nicht genug mit dieser Presseaussendung, in der Sie Ihre im Ausschuß nicht gestellten Fragen dargestellt haben, haben Sie bereits vorher, noch bevor der Ausschuß tagte und wir dieses Thema behandelt haben, eine Presseaussendung gemacht, in der Sie den an und für sich positiven Prüfbericht des Landesschulrates skandalisiert haben. Und es ist schon sehr eigenartig, wenn man Ereignisse und Ergebnisse dermaßen verdreht, letzten Endes aber die Beweise für aufge


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stellte Behauptungen schuldig bleibt. Sie beweisen uns dies übrigens die letzten Tage hier in diesem Haus auch wieder.

Frau Kollegin Apfelbeck! Wenn Sie heute den Zeitmangel beklagen, unter dem wir diesen Tagesordnungspunkt behandeln müssen, dann darf ich Ihnen folgendes sagen: Wenn Ihre Fraktion die Redezeit nicht mit Verdrehungen und falschen Behauptungen à la Hofmann, Meischberger und Konsorten vertan hätte, dann hätten Sie genügend Zeit gehabt, sich mit der Arbeit zu befassen, aber das überlassen Sie ja lieber anderen Fraktionen, so eben der unsrigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Die "Konsorten" sitzen bei Ihnen! Frau Silhavy, Sie sind ja so gescheit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Sie können nicht immer nur austeilen, sondern werden es sich auch gefallen lassen müssen, kritisiert zu werden, und Sie werden auch tatsächliche Berichtigungen zur Kenntnis nehmen müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Koppler. )

Grundsätzlich hat dieser Bericht ein sehr positives Ergebnis gehabt, und zwar sowohl hinsichtlich des Mitteleinsatzes als auch hinsichtlich der Mitwirkung an Organisationskonzepten. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Meine Damen und Herren von der FPÖ! Sie stellen wieder einmal unter Beweis, daß Sie an Arbeit nicht interessiert sind. Sie sind an Schreierei interessiert, und Sie sind an Skandalmacherei interessiert! Sie stellen sich damit selbst in ein Eck! (Abg. Mag. Stadler: Frau Silhavy! Nicht so schrill! Übersetzen Sie mir nur "Konsorten"! Wenn Sie Fremdwörter verwenden, sollten Sie schon ihre Bedeutung kennen! Sie brauchen Ihre Stimme nicht so hinaufzuschrauben! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Als Grazer Abgeordnete möchte ich auf einen Punkt in diesem Bericht besonders eingehen. Es ist dies der Punkt betreffend Schulverbund Graz-West. Dieser Schulverbund wurde von der Bevölkerung stark unterstützt und wird nach wie vor so gut angenommen, sodaß als Folge davon die Schüler teilweise nicht einmal mehr in dieser Schule untergebracht werden können. Die Kosten des Schulverbundes liegen in der Höhe der Durchschnittskosten der Grazer Hauptschulen und der Grazer AHS. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Mag. Stadler.  – Abg. Koppler: Red mit mir! – Abg. Mag. Stadler: Ich will ihr nur beweisen, daß sie Fremdwörter verwendet, die sie nicht kennt!) Insbesondere bietet dieser Verbund als sozial-integrative Schulform die Möglichkeit, Bildungsghettos zu verhindern. Darüber hinaus konnte die Schülerzahl an den beteiligten Hauptschulen verdoppelt werden.

Der vom Rechnungshof kritisierte Einsatz von Landeslehrern an AHS beziehungsweise umgekehrt wurde zum Teil mit Sondervertragslehrern gelöst. Leider ist Frau Bundesministerin Gehrer heute nicht anwesend, aber ich möchte doch hier sagen: Dieses Problem bedarf einer allgemeinen und generellen Regelung (Abg. Mag. Stadler: Schon wieder so ein Fremdwort! Wissen Sie, was das alles heißt?) , denn ich denke mir, solche Schulformen werden in Zukunft vermehrt notwendig sein und eines Ausbaus bedürfen.

Der Schulverbund hat die Bildungserwartungen der Jugendlichen deutlich erhöht, und das bedeutet nicht nur einen qualitativen Bildungsschub, sondern auch einen Vorteil für den Wirtschaftsstandort Graz. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.  – Abg. Koppler: Herr Abgeordneter Stadler! Sprechen Sie mit mir ein bißchen!) Ich habe leider nur noch wenig Redezeit. Daß Sie immer nur dagegen schreien können, wissen wir ohnehin. Ansonsten können Sie offensichtlich sehr wenig! (Beifall bei der SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.  – Abg. Koppler: Herr Abgeordneter Stadler! Haben Sie einen Lagerkoller bekommen?)

Herr Präsident Fiedler! Abgesehen davon, daß wir zwischendurch sehr unterschiedliche Auffassungen über die volkswirtschaftliche Bewertung von vorgeschlagenen Maßnahmen haben, möchte ich Ihnen von dieser Stelle aus sagen, daß wir von der sozialdemokratischen Fraktion anläßlich dieser Behandlung den Beamtinnen und Beamten des Rechnungshofes für ihre geleistete Arbeit unseren Dank sagen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Mit Frau Kollegin Silhavy strafen Sie Ihre Wähler!)

19.47


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stampler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.47

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wenn ein Rechnungshofbericht 397 Seiten und der Nachtrag 169 Seiten umfaßt, ist es unmöglich, in kurzer Zeit auf all die Argumente einzugehen. Ich möchte mich daher auf die Bereiche Bezirksschulrat Graz-Stadt, Pädagogisches Institut für Steiermark sowie Landesschulrat für Steiermark beschränken, und das nur sehr kurz.

Erstens: Es gibt keine – unter Anführungszeichen – "Leichen im Keller". Es gibt Verbesserungsvorschläge vor allem im organisatorischen Bereich, der sogenannte Skandal fehlt, die meisten Probleme sind bereits gelöst oder werden gelöst.

Zweitens möchte ich feststellen – und da zitiere ich aus dem Rechnungshofbericht –, daß die Steigerungsraten insbesondere bei den Personalkostenersätzen für die Lehrer an Pflichtschulen erheblich unter dem Bundesdurchschnitt lagen.

Drittens: Die Rechnungshofempfehlung für die Straffung des Verfahrens bei der Besetzung von Schulleiterstellen kann ich nur unterstützen. Aus eigener Erfahrung – ich war Mitglied im Kollegium des Bezirksschulrates – weiß ich, welche Bemühungen in den letzten Jahren unternommen wurden, um bei der Leiterbestellung ein objektives Verfahren zu finden.

Auf meine Frage im Ausschuß an den Präsidenten des Landesschulrates Stadler, welche Erfahrung er mit diesem Assessment-Verfahren gewonnen habe, antwortete er: Es habe sich bewährt. Es handle sich dabei um eine hochwertige Entscheidungshilfe, und sein Wunsch wäre, daß sich Land und Bund auf die Erstellung gleichwertiger Richtlinien einigen könnten.

Viertens wollte ich noch kurz zum Schulverbund Graz-West Stellung nehmen. Das hat aber meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Silhavy, schon gemacht.

Mein nächster Themenbereich ist das Pädagogische Institut. Dazu möchte ich nur feststellen, daß der Rechnungshof angemerkt hat, daß es bei der Leiterbestellung durch den kurzen Rhythmus infolge des Rotationssystems zu Problemen kommen könnte. Er empfahl daher, erstens nur Abteilungsleiter, die mehr als drei Jahre im Amt sind, für die Direktionsfunktion heranzuziehen, und zweitens die Höchstdauer der Leiterfunktion auf fünf Jahre auszudehnen.

Außerdem möchte ich hier bemerken, daß, obwohl der Rechnungshof beanstandet hat, daß Lehrgänge mit zu geringer Teilnehmerzahl durchgeführt wurden, im Sommer 1993 nur zwei, im Sommer 1994 nur vier Veranstaltungen mit weniger als 16 Teilnehmern durchgeführt wurden und für das heurige Jahr – 1997 – 19 Kurse angeboten werden und 4 800 Anmeldungen vorlagen.

Zum nächsten Themenbereich, Bezirksschulrat Graz-Stadt, ganz kurz eine Kuriosität: Der Leiter des inneren Dienstes war zugleich auch Leiter des Stadtschulamtes und hat in dieser Eigenschaft Rechnungen an den Bezirksschulrat zu legen, die er in seiner zweiten Funktion prüfte. Im Rahmen des Ausschusses wurde mitgeteilt, daß diese Kompetenzkonflikte gelöst werden.

Der zweite Bereich: Schulaufsichtsbeamte. Da möchte ich mich auch der Empfehlung des Rechnungshofes anschließen, der der Ansicht ist, daß infolge anderer Aufgaben zu wenig Zeit für die eigentliche Tätigkeit bleibt. Ich glaube, gerade das Bild des Schulaufsichtsbeamten hat sich in den letzten Jahren sehr geändert. An die Stelle des autoritären Aufsichtsbeamten ist vermehrt der pädagogische Berater getreten, und deshalb, glaube ich, soll eben dieses Mehr an Zeit für die pädagogische Beratung an den einzelnen Schulen verwendet werden.

Zum Abschluß noch ganz kurz zu den Grenzzollämtern an den EU-Außengrenzen. Da ist der Rechnungshof der Auffassung, daß die Grenzzollämter den neuen EU-gemeinschaftsrechtlichen


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Ansprüchen im großen und ganzen gerecht werden und aufgezeigte Mängel bereits – so hat mir das der damalige Herr Bundesminister für Finanzen mitgeteilt – behoben sind.

Abschließend: Ich würde mich freuen, wenn auch in anderen Berichten nach den Überprüfungen so positiv gefaßte Berichte vorgelegt werden könnten. Dank den Beamten des Rechnungshofes für ihre gewissenhafte Arbeit! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Apfelbeck hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. Beginnen Sie mit der Darstellung des Sachverhaltes, den Sie berichtigen wollen.

19.52

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident! – Ich berichtige: Frau Kollegin Silhavy hat in ihren Ausführungen behauptet, ich hätte den Ausschuß boykottiert. Das ist unrichtig. (Abg. Silhavy: Sie fühlen sich betroffen? Ich habe Sie nicht beim Namen genannt!)

Richtig ist vielmehr, daß ich sehr wohl im Ausschuß war, sogar den Ausschuß geführt habe, aber das haben Sie, Frau Kollegin, anscheinend nicht bemerkt. Offensichtlich waren Sie nicht im Ausschuß. (Abg. Dr. Graf: Sie hat ein kurzes Gedächtnis! – Abg. Mag. Haupt: Sie hat ein kurzes Gedächtnis! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Und zum Skandal, den sie angesprochen hat: Bei diesem Ausdruck bleibe ich nach wie vor. Das hat jetzt auch Herr Abgeordneter Stampler in seiner Rede hier bestätigt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Lügen haben kurze Beine!)

19.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Binder zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.53

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit einem Teilbereich des Rechnungshofberichtes beschäftigen, und zwar mit dem Salzburger Festspielfonds, und einige Gedanken dazu äußern.

Einleitend möchte ich sagen, daß die Salzburger Festspiele wahrlich für viele ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Kulturlandschaft und auch des gesellschaftlichen Lebens sind.

Meine Damen und Herren! Zum Inhalt: Bei einigen Bereichen, die kritisiert wurden, sind schon Maßnahmen umgesetzt worden. Das vorrangige Ziel des Direktoriums war vor allen Dingen die Planung und die Umsetzung einer Reform der Salzburger Festspiele, und erklärtes Ziel war auch die Öffnung der Spiele für breitere und neue Publikumsschichten. Diese Vorhaben wurden weitgehend umgesetzt, wie auch im Rechnungshofbericht festgestellt wurde.

Was sich in diesem Bericht aber vor allen Dingen zeigt, ist, daß einerseits die Wirtschaftlichkeit und auf der anderen Seite der künstlerische Freiraum und der künstlerische Qualitätsanspruch nicht immer im Einklang stehen, was meiner Meinung nach gerade im Kunst- und Kulturbereich sicher nicht immer möglich und auch nicht notwendig ist.

Begrüßen, meine Damen und Herren, möchte ich vor allem auch die Initiativen im Jugendbereich. Es wurden rund 2 000 Jugend-Abos vergeben. Dadurch hofft man, einen ersten Schritt für die Gewinnung zukünftiger Besucher getan zu haben. In diesem Zusammenhang möchte ich auch den Verein "Zeitfluß" erwähnen, der auch und vor allem für junges Publikum einen wichtigen Stellenwert hat.

Vor allen Dingen, meine Damen und Herren, geht es in diesem Bericht auch um die Sicherung der Finanzierung der Festspiele. Auch diesbezüglich werden neue Maßnahmen und Aktivitäten konkretisiert und umgesetzt, und wichtig meiner Ansicht nach ist, daß dadurch und durch eine


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günstige Preisgestaltung beim Kartenverkauf erreicht werden kann, daß ein neues und breites Publikum diese Festspiele besuchen kann.

Ein Kritikpunkt waren die Repräsentationskosten. Dazu gab es Stellungnahmen vom Direktorium mit dem Hinweis, daß es diese einerseits sehr wohl als Werbeträger und andererseits selbstverständlich auch aus notwendiger Verpflichtung weiterhin geben wird.

Bei den Dienstverträgen, die auch kritisiert wurden, gab es Veränderungen. Es gibt künftig Deckelungen, und die Steigerungsrate wird der Inflationsrate angepaßt.

Meine Damen und Herren! Die Arbeit der Salzburger Festspiele im Zusammenhang mit den Reformmaßnahmen, das Bestreben nach einer weiteren Steigerung der Qualität der künstlerischen Leistungen und vor allem jene Maßnahmen, die den Zugang für alle Bevölkerungsschichten gewährleisten und ermöglichen, sind anzuerkennen und zu respektieren. Ich wünsche den Salzburger Festspiele in diesem Sinne weiterhin viel Erfolg und zufriedene Besucher. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger. )

19.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wallner. Herr Abgeordneter, wollen Sie eine freiwillige Redezeitbeschränkung? – Bitte, 4 Minuten. (Abg. Schwarzenberger: Drei!)

19.57

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Der vorliegende Rechnungshofbericht befaßt sich unter anderem auch mit der GKB, der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau Gesellschaft. Ich möchte positiv vermerken, daß auch der Rechnungshof auf die große volkswirtschaftliche Bedeutung der GKB eingeht, aber auch einige Verbesserungsvorschläge im Bereich des Eisenbahnwesens und im Bereich der Abfallwirtschaft macht.

Die GKB unterteilt sich in drei Teilbereiche: Bergbau, Eisenbahn und Freizeit. Der Bergbaubereich ist der Kernbereich. Mehr als 90 Prozent der österreichischen Kohleförderung stammen aus der Region Voitsberg, Weststeiermark.

Ich möchte dazu folgendes sagen – auch im Zuge der Neustrukturierung der E-Wirtschaft in Österreich –: Es sind für diesen Tagebau im Bereich Voitsberg große Vorleistungen getätigt worden, sodaß ein vorzeitiges Ende, über das ich überhaupt nicht diskutieren möchte, katastrophale Folgen hätte. Das ist aber auch in der Debatte im Rechnungshofausschuß so zur Kenntnis genommen worden.

Allein, damit man zu diesen einnahmeträchtigen Kohleflözen vordringen konnte, wurden riesige Mengen an Abraum zur Seite geschafft. In der Bilanz 1996 steht diese Tätigkeit noch mit 850 Millionen Schilling. Das heißt, im Jahr 2008, wenn der Liefervertrag mit der Draukraftwerke AG voraussichtlich zu Ende sein wird, ist diese Arbeit erst verdient.

Was dieses besondere Spannungsverhältnis zwischen der Draukraftwerke AG und der GKB betrifft, möchte ich folgendes sagen: Ich bin dafür, daß eine Lösung gefunden wird, die beide Teile einigermaßen befriedigt, aber vor allen Dingen der GKB das Überleben sichert. In früheren Zeiten war der Weltmarktpreis höher als der vertraglich festgelegte, jetzt ist es umgekehrt; auch damals konnte die GKB die vertraglichen Bedingungen nicht ändern.

Was das Eisenbahnwesen betrifft, darf ich sagen, daß zirka 500 Leute dort beschäftigt sind. Mehr als 3 Millionen Menschen jährlich werden im Bereich des Nahverkehrs zwischen der Weststeiermark und Graz befördert, das heißt also, neben dem Buswesen, das ebenfalls von der GKB betrieben wird, ist das eine wichtige Säule.

Abschließend noch zur Empfehlung des Rechnungshofes, verstärkt im Bereich der Abfallwirtschaft tätig zu sein. Das ist natürlich eine wichtige Überlegung, prinzipiell muß ich aber sagen, daß die Auflagen immer größer werden, aber die Erlöse in diesem Bereich immer mehr in den


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Keller gehen. Die Abfallwirtschaft im klassischen Sinne wird von der GKB nicht angestrebt, es geht jedoch um die Ascheentsorgung für das benachbarte Kraftwerk, um die Wiederverwertung der Asche. Das ist möglich.

Der Freizeitbereich wurde gemäß der Konzeption der ÖIAG im Laufe dieses Jahres bereits an private Bieter abgegeben.

Zusammenfassend noch einmal: Die GKB ist der wichtigste Arbeitgeber in der Region Weststeiermark. Die Verträge mit der Draukraftwerke AG sind einzuhalten, und zwar so einzuhalten, daß der GKB das Überleben weiterhin gesichert ist. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zweytick. )

20.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die vorläufig letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.01

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Vorerst möchte ich den Beamten des Rechnungshofes für diesen sehr interessanten Bericht danken. Besonders interessant für mich war der Bericht über die AKH-EDV, und zwar vor allem deshalb, da uns die hohen Kosten nicht bewußt waren; die Mängel kannten wir aus vielen Hintergrund- und Kollegengesprächen schon.

Trotz all dieser Mängel möchte ich sagen, daß die medizinischen und wissenschaftlichen Leistungen des AKH großartig sind. Bei einem internationalen Kongreß in der Vorwoche wurde festgestellt, daß die größte Anzahl präsentierter Papers pro Kopf der Bevölkerung aus Österreich stammt.

Zurückkommend auf Ihren Bericht. – Ich fürchte, daß alle Beteiligten zu große Erwartungen in die Möglichkeiten einer EDV im Krankenhaus setzen. Eine alles umfassende EDV im Krankenhaus funktioniert, soweit mir bekannt ist, in keinem größeren Spital Österreichs. Für ein funktionierendes System empfehlen sich vernetzbare Insellösungen, da man bei Gesamtlösungsentwicklungen Gefahr läuft, das Rad immer wieder neu zu erfinden – mit allen finanziellen und zeitlichen Konsequenzen.

Die Fehler für die vorhandenen EDV-Mängel sind nicht den Politikern anzulasten.

Persönlich gut kenne ich die EDV-Geschichte eines AKH-Insitutes, die zu sehr vielen unbezahlten Überstunden des Vorstandes und auch zu seiner großen Verwunderung über manche Vorgangsweisen der Manager führte. Im August 1993 garantierte ihm die VAMED zumindest eine EDV-Übergangslösung mit den Worten: So ein Programmerl ist in drei Wochen fertig! – Vier Jahre nach Erstellen des Pflichtenheftes ist noch immer kein funktionsfähiges EDV-System installiert, was den zuständigen Beamten des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales bereits Kopfschmerzen verursacht. Kommt es aber zu – vermeidbaren – Fehlern, haften die medizinisch Verantwortlichen.

Das große Problem für totale Vernetzung und Zugriffsmöglichkeiten ist der besondere Datenschutz in der Medizin. Kann man jede Person, die Einblick in Daten nimmt, identifizieren? Wer hat Zugang zu Daten und zu welchen?

Wesentlich mehr hätten bei der AKH-EDV-Planung die Ärzte einbezogen und deren Meinung berücksichtigt werden müssen. Wer glaubt, daß eine EDV immer zeitsparend ist, rechnet nicht mit Systemabstürzen. Im Bankenbereich und bei der Milchversorgung sind sie sehr unangenehm – im AKH könnten sie bedrohlich sein.


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Auf Datenträger, die vor Mißbrauch zu schützen sind, oder schriftliche Aufzeichnungen ist im Medizinbereich nicht zu verzichten. Soviel mir bekannt ist, müssen ambulante Aufzeichnungen zehn, stationäre 30 Jahre lang aufbewahrt werden.

Erwarten Sie, Herr Präsident, daß die Ärzte am Computer schreiben, oder soll es dafür Personal geben? Sollten es die Ärzte tun, fürchte ich, daß die Patienten nur mehr auf den Bildschirm starrende ÄrztInnen sehen, ohne mit diesen kommunizieren zu können. Jedenfalls traut man ÄrztInnen mehr zu als Abgeordneten, denn bei denen arbeiten die parlamentarischen MitarbeiterInnen am Computer.

Herr Präsident! Ich möchte Sie fragen, ob Sie so eine EDV-Anlage bereits kennen, wie die nach Ihrem Bericht wunschgemäße; eine EDV, die absolut Zeit erspart, nie abstürzt und immer betriebsfähig ist? – Persönlich würde mich so eine Anlage sehr interessieren. Die wäre auch für meine Abteilung sehr wünschenswert.

Ich begrüße, wenn der Rechnungshof auf vermeidbare finanzielle Schäden hinweist, wenn er Forderungen aufstellt, allerdings müssen diese praxisbezogen und gesetzeskonform sein.

Ich hoffe und wünsche mir für alle im AKH aktiv und passiv Eingebundenen eine solche wohlfunktionierende Wunsch-EDV und sehe dem nächsten AKH-EDV-Rechnungshofbericht mit Optimismus und Spannung entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.05

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In den vorangegangen Debatten ist mehrfach die Behauptung aufgestellt worden, daß die schon mehrfach diskutierten angeblichen Vorfälle zu einer Verletzung der Frau Abgeordneten Hagenhofer geführt hätten, die sie gezwungen habe, sich in ärztliche Behandlung begeben.

Ich darf nochmals und mit allem Nachdruck feststellen, daß es keine Gewaltanwendung gegeben hat, daß es keine Verletzung und daher auch keine ärztliche Behandlung gegeben hat.

Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion, mit aller gebotenen Zurückhaltung sagen, daß Sie in diesem Zusammenhang zutiefst in die Privatsphäre einer Kollegin eingreifen und die menschliche Würde verletzen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Nicht wegen, sondern trotz Ihrer Behauptungen hat sich Frau Kollegin Hagenhofer einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen. Mir liegt das Gutachten vor; ich werde es dem Herrn Präsidenten des Nationalrates übermitteln. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Nach diesem amtsärztlichen Gutachten gibt es keine Verletzung, und damit sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Ein Lügengebäude ist zusammengebrochen! Es gibt in diesem Zusammenhang keinen Film, den Sie als Beweis angekündigt haben, es gibt kein Photo, es gibt keine objektiven Zeugen, und es gibt auch keine Verletzung. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Einen Beweis, meine Damen und Herren, haben Sie damit aber mit Nachdruck und für jeden nachvollziehbar erbracht: Menschen – sie sind Ihnen gleichgültig! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Niemand von Ihrer Fraktion hat sich persönlich bei der Frau Kollegin Hagenhofer erkundigt, wie es ihr geht, ob sie Probleme hat, ob man ihr helfen kann. Ganz im Gegenteil: Sie haben verleumdet und zutiefst in ihre Privatsphäre und in ihre Menschenwürde eingegriffen. (Abg. Mag. Trattner: Ihnen ist gar nichts zu blöd! Das ist ja peinlich, was Sie da aufführen! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Ich ersuche Sie, sich bei ihr zu entschuldigen.


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(Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Meischberger: Das ist ja eine Frechheit!)

20.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Stadler hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. Beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

20.08

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kostelka hat soeben tatsachenwidrig behauptet, es hätte in der Debatte von vorgestern keine Gewaltanwendung gegen die Abgeordnete Hagenhofer aus seiner Fraktion gegeben. – Dies ist unrichtig.

Richtig ist vielmehr, daß ich und neun weitere Mitglieder dieses Hauses, die dies selbst noch bezeugen werden, beobachtet haben, wie gegen Frau Abgeordnete Hagenhofer körperliche Gewalt angewendet wurde. Ich persönlich habe gesehen, wie Frau Abgeordnete Hagenhofer vom Abgeordneten Parnigoni am Betreten des Plenums gehindert wurde und dann in eines dieser Kammerln hinter den Couloirs gedrängt wurde. Von dort kam sie nicht mehr heraus. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Die Tasche mußte ihr nachgetragen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende lautstarke Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

20.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Es liegen jetzt einige Wortmeldungen zu tatsächlichen Berichtigungen vor. Ich werde diese Wortmeldungen aufrufen, mache Sie aber darauf aufmerksam: Diese Angelegenheit war Gegenstand einer Diskussion gestern in der Präsidiale und wird dort noch weiter diskutiert werden.

Frau Abgeordnete Rossmann hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.10

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Kollege Kostelka hat behauptet, daß auf Frau Kollegin Hagenhofer bei der besagten Abstimmung in keiner Weise Gewalt oder Druck ausgeübt worden sei. – Diese Behauptung ist unwahr.

Wahr ist vielmehr: Herr Kollege Parnigoni ist zur Kollegin Hagenhofer hinaufgestürmt und hat auf sie eingeredet. Nach längerem Einreden, aber ständigem Kopfschütteln der Kollegin Hagenhofer, hat es dem Kollegen Parnigoni anscheinend gereicht. Er hat sie am Arm genommen und hier herunter gedrängt. Das war meine erste Wahrnehmung. (Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ.)

Wahr ist vielmehr auch meine zweite Wahrnehmung: Kollegin Hagenhofer hat sich draußen in den Couloirs verzweifelt hin und her bewegt, war völlig aufgelöst und ist dann in einem Besprechungszimmer verschwunden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsbehandlung!)

20.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.11

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich kann beim besten Willen bei all diesen Wortmeldungen und tatsächlichen Berichtigungen keinen Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Jahr 1995 erkennen.

Ich bin zwar grundsätzlich dafür, im Rahmen parlamentarischer Debatten den Zusammenhang weit zu verstehen, aber der Gesundheitszustand von Abgeordneten und die diesbezüglichen


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Wahrnehmungen haben mit dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes nichts im entferntesten zu tun. (Abg. Mag. Stadler: Dann hätte man die Wortmeldung nicht zulassen dürfen!) Das ist bei früheren Debatten im Zusammenhang mit Abgeordneten der Grünen – dies möchte ich anmerken – anders gehandhabt worden.

20.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Ich bin an sich völlig Ihrer Meinung. Ich habe diese Wortmeldungen nur deshalb zugelassen, weil heute im Laufe der Debatten zu den Tagesordnungspunkten derartige Debattenbeiträge von der Vorsitzführung akzeptiert wurden und ich jetzt nicht davon abweichen möchte.

Ich möchte aber grundsätzlich klarstellen: Das hat mit der Tagesordnung, mit dem Punkt, den wir hier behandeln, nichts zu tun!

Herr Abgeordneter Kostelka hat sich ebenfalls zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.12

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Das, was hier offensichtlich ablaufen soll, ist, unter Mißbrauch der sachlichen Immunität Behauptungen für eine weitere Berichterstattung in der Öffentlichkeit zu liefern (Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie provoziert!) und auf diese Art und Weise die Geschäftsordnung und die Verfassung zu mißbrauchen! Ich ersuche Sie, eine derartige Vorgangsweise nicht zuzulassen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

20.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich unterbreche die Sitzung und bitte die Klubobleute, zu mir zu kommen.

(Die Sitzung wird um 20.13 Uhr unterbrochen und um 20.26 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich möchte an Sie die eindringliche persönliche Bitte richten, daß wir die Debatte jetzt wirklich so zu Ende führen, daß sie noch dem Bild eines verantwortungsvollen Parlaments entspricht. Das ist eine persönliche Bitte von mir. Ich bitte Sie, sich daran zu halten!

Mir liegen jetzt drei Wortmeldungen zu tatsächlichen Berichtigungen vor, und zwar der Abgeordneten Aumayr, Dr. Pumberger und Mag. Trattner. Frau Abgeordnete Hagenhofer hat eine persönliche Erwiderung beantragt, und es liegt eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Dr. Khol vor.

Als erstes gelangt Frau Abgeordnete Aumayr zu Wort. Ich bitte, zu Beginn jeder tatsächlichen Berichtigung klar zu sagen, welcher Sachverhalt berichtigt werden soll. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.27

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Klubobmann Dr. Kostelka hat behauptet, daß es bei der Abstimmung zur Straßenverkehrsordnung zu keiner Gewaltanwendung an Frau Kollegin Hagenhofer gekommen sei.

Herr Dr. Kostelka! Ich berichtige Sie tatsächlich. Ich habe von meinem Platz aus gesehen, daß der Herr Abgeordnete Parnigoni zur Frau Kollegin Hagenhofer hinaufgelaufen ist, sie an den Schultern genommen, eindringlich auf sie eingesprochen, sie anschließend an der Hand genommen und zur Abstimmung gedrängt hat.

Ich habe in weiterer Folge gesehen, daß Frau Kollegin Hagenhofer das Plenum betreten wollte. Sie ist am Betreten des Plenums gehindert worden, und zwar wiederum vom Kollegen


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Parnigoni, und sie ist von ihm in das Besprechungszimmer gedrängt worden. Es ist ihr dann die Tasche nachgetragen worden, und Frau Kollegin Wurm ist in das Besprechungszimmer gegangen und wollte Frau Kollegin Hagenhofer herausholen, nachdem sie offensichtlich gehört hat, daß im Plenum bereits Rufe nach Hagenhofer und Parnigoni erschallt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Eine weitere tatsächliche Berichtigung hat Herr Abgeordneter Dr. Pumberger begehrt. – Bitte, Herr Abgeordneter. Redezeit: 2 Minuten.

20.28

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Kostelka hat behauptet, daß bei der Abstimmung über die 0,8-Promille-Grenze keine Gewaltanwendung gegenüber der Abgeordneten Hagenhofer stattgefunden hätte.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe gemeinsam mit einigen ÖVP-Abgeordneten, deren Namen in der heutigen Ausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" nachlesbar sind, beobachtet, daß, nachdem die Frau Abgeordnete Hagenhofer nach dem Namensaufruf "Hagenhofer" etwa bis zum Buchstaben W, bis gegen Ende des Alphabetes, nicht zur Stimmabgabe heruntergekommen war, Herr Abgeordneter Parnigoni mit schnellen Schritten zu ihrem Platz hinaufging.

Ich demonstriere jetzt an der Frau Abgeordneten Partik-Pablé, wie er es genau gemacht hat. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal. – Abg. Dr. Partik-Pablé kommt nach vorne und nimmt auf einem der in der Nähe befindlichen Drehstühle vor dem Rednerpult Platz. – Abg. Dr. Pumberger tritt von hinten an sie heran.) Er ist an seine Kollegin herange-
treten ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Entschuldigen Sie, es ist hier nicht der Ort von Demonstrationen dieser Art! Haben Sie noch etwas zu berichtigen? (Abg. Dr. Pumberger faßt Abg. Dr. Partik-Pablé von oben an den Schultern und zieht sie, da sie versucht, sitzen zu bleiben, hauptsächlich an der Schulterpartie ihrer Kostümjacke in die Höhe, bis sie steht. – Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pumberger! Entschuldigen Sie, jetzt ist die Grenze erreicht! Ich habe nicht die Absicht, das Parlament zu einem Schauplatz machen zu lassen! Herr Abgeordneter! Entweder haben Sie noch etwas zu berichtigen oder die Berichtigung ist zu Ende. (Abg. Dr. Partik-Pablé begibt sich wieder auf ihren Platz.)

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (fortsetzend): Er hat sie, wie ich soeben demonstriert habe, an den Schultern hochgezogen, an der Hand genommen und mit sanftem Druck hier herunter in Richtung Abstimmungsurne gedrängt. Das war aus ärztlicher Sicht keine physische Gewaltanwendung im eigentlichen Sinn, sondern auf jeden Fall eine psychische Gewaltanwendung, die ich auch als Arzt mit großem Widerwillen beobachtet habe. Ich verurteile das ganz vehement! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Eine tatsächliche Berichtigung wird von Herrn Abgeordneten Mag. Trattner begehrt. – Bitte, Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.

20.30

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kostelka! Ich kann Sie verstehen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Sie sollen berichtigen. Bitte sagen Sie, welchen Vorfall Sie berichtigen wollen!

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Ich berichtige Herrn Kollegen Kostelka wie folgt: Herr Kollege Kostelka hat behauptet, es habe nichts gegeben. (Abg. Dr. Mertel: Was gegeben?)


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Herr Kollege Kostelka! Eines gestehe ich Ihnen zu ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie können nichts gesehen haben, weil der Platz hier voller Abgeordneter war und Sie hinten keine Augen haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Präsident Fischer! Auch wenn Sie behaupten, Sie hätten nichts gesehen, kann ich das verstehen, weil Sie sich nur auf die Stimmabgabe konzentriert haben. (Zwischenrufe der Abg. Mag. Stoisits.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Jenen Abgeordneten, die genau gegenübersitzen und diesen Vorgang genau gesehen haben, vorzuwerfen, daß sie etwas Unrichtiges sagen würden, entspricht nicht den Tatsachen! (Abg. Mag. Posch: Tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Ich stelle dezidiert fest, daß wir genau gesehen haben, daß Herr Abgeordneter Parnigoni die Frau Kollegin Hagenhofer zur Stimmabgabe hinuntergezerrt hat. Das kann man auf dem Film nachschauen: Die Frau Abgeordnete gab ihre Stimme erst zu dem Zeitpunkt ab, als bereits der Name "Wurmitzer" aufgerufen war. Dieser Vorfall wurde vom Kollegen Pumberger genau beschrieben. Herr Abgeordneter Parnigoni ging dann mit der Frau Kollegin hinten in das Kammerl.

Herr Abgeordneter Parnigoni sollte Manns genug sein, hierher zu treten und sich bei ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Das ist keine tatsächliche Berichtigung mehr!

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): ... Frau Kollegin Hagenhofer zu entschuldigen. – Herr Präsident! Mein Schlußsatz lautet: Weil gerade Sie von den Sozialdemokraten immer so sehr ... (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.  – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

20.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Das ist keine tatsächliche Berichtigung mehr! Sie sind nicht mehr am Wort!

Frau Abgeordnete Hagenhofer hat sich zu einer persönlichen Erwiderung gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. Sie haben das Wort. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie uns, wie Sie zu dieser Erwiderung gepreßt worden sind! – Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Frau Abgeordnete! Bitte fangen Sie mit Ihrer Erwiderung erst an, wenn ich Sie darum ersuche. (Weitere anhaltende Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Sie werden wohl noch in der Lage sein, sich jetzt die persönliche Erwiderung von Frau Abgeordneter Hagenhofer anzuhören.

Frau Abgeordnete, nur Sie bekommen das Wort erteilt. – Bitte.

20.33

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Danke. – Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin entsetzt! (Abg. Mag. Stadler: Ja, das sind wir auch!) Vielleicht halten Sie einmal stad, damit Sie hören, was ich zu sagen habe. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin entsetzt! Ich dachte, ich wurde ins Hohe Haus gewählt. Wissen Sie, welches Empfinden ich heute habe? – Ich bin da im Kasperltheater. Das ist ein Wahnsinn, was Sie aufführen! (Abg. Mag. Stadler: Herr Präsident, das ist eine persönliche Erwiderung?) Nehmen Sie zur Kenntnis, auch Sie, Herr Stadler, was ich sage! Was ich in der Öffentlichkeit gesagt habe, haben auch Sie hier herinnen zur Kenntnis zu nehmen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum haben Sie das nicht im selben Ton Parnigoni gesagt?) Frau Kollegin Partik-Pablé! Seien Sie ruhig, Sie waren nicht dabei! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich war dabei! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)


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83. Sitzung / Seite 177

Ich bitte Sie alle! Wir wissen, daß in Oberösterreich Landtagswahlen anstehen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist eine persönliche Erwiderung?) Das ist aber das Theater, das Sie aufführen, nicht wert. Denn die Bürger in Oberösterreich wollen Wahlen, aber kein Kasperltheater. (Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Ich bitte Sie noch einmal, und zwar im Sinne der österreichischen Bevölkerung: Machen Sie diesem lächerlichen Spiel ein Ende! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie das dem Herrn Parnigoni! Warum reden Sie nicht mit dem Herrn Parnigoni so? – Abg. Haller: Sie arme Frau, Sie! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

20.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.34

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute unter diesem Tagesordnungspunkt den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Jahr 1995.

Wir sollten uns vor Augen führen, daß das Parlament mit Absicht ein unabhängiges Kontrollorgan installiert hat, um über strittige Behauptungen zu entscheiden, und daß es richtig ist, daß – wenn Behauptungen konfrontiert werden – der Grundsatz gilt: Nemo iudex in propria causa. – Niemand kann Richter in eigener Sache sein. Daher haben wir den Rechnungshof, der bei politischen Fragen erst die eine Seite, dann die andere Seite hört und schließlich sagt, was richtig ist und was nicht.

Damit möchte ich eine Parallele zu den Angelegenheiten ziehen, die wir hier verhandeln. Behauptungen stehen anderen Behauptungen gegenüber. Hier ist jeder iudex in propria causa. Doch möchte ich sagen, daß jene sechs Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei, die hier eine Sachverhaltsdarstellung geliefert haben, die in die Richtung geht, daß Frau Hagenhofer genötigt wurde – nicht im strafrechtlichen Sinn, sondern in dem Sinne, daß man Sie durch Anwendung physischer Mittel dazu bewegt hat, zur Stimmabgabe zu schreiten (Abg. Dr. Krüger: Das ist aber Nötigung!)  –, daß diese Abgeordneten ihre Stellungnahme nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben haben und für mich absolut glaubwürdig sind. Das möchte ich hier festhalten. (Abg. Dr. Nowotny: Und die Betroffene selber? Absurd!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Bitte nehmen Sie jetzt zur Sache Stellung! (Zwischenrufe.)

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (fortsetzend): Auch der Rechnungshof untersucht in seinen Tätigkeitsberichten immer wieder (Abg. Wabl: Herr Khol! Ehrenerklärung für Schüssel!) , was die objektive, was die subjektive Seite ist und wo die Motive für ein Verhalten liegen, und so glaube ich, daß auch in diesem Fall ein Motiv für das Verhalten klar ist. Denn aus den Presseaussendungen des SPÖ-Klubs ist hervorgegangen, daß Frau Hagenhofer in einer "Probeabstimmung", in einer Abstimmung im Klub festgehalten hat, daß sie nicht die Klublinie teile und daher nicht an der Abstimmung teilnehmen werde. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Was ist das für ein Beweis für Gewaltanwendung?)

20.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Das war kein Beitrag zur Sache mehr.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-60 und Zu III-60 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.


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83. Sitzung / Seite 178

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-47 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Jene Damen und Herren, die dafür sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Auch dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Damit sind die Punkte 15 und 16 der Tagesordnung erledigt.

Nachtrag zu Punkt 14 der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung dafür, daß nunmehr etwas nachzutragen ist. Zu Punkt 14 ist irrtümlicherweise ein Teil des Croquis nicht umgesetzt worden, sodaß wir jetzt nachträglich zu diesem Punkt eine Abstimmung durchführen müssen.

Ich gehe im Einverständnis mit den Klubs so vor und lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses Zu 789 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Jene Damen und Herren, die dafür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Damit ist Punkt 14 der Tagesordnung zur Gänze abgestimmt worden. (Siehe auch Seite 153.)

17. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (738 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird, und

Antrag 314/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird, und

Antrag 263/A(E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz beziehungsweise dem Kunstförderungsgesetz (826 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 111/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz) (733 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Mündliche Berichterstattung wurde nicht begehrt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Redner dazu ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger gemeldet. Die Redezeit, die Ihnen noch zur Verfügung steht, beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.39

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Stellungnahme des Kollegen Kostelka illustriert – Herr Kollege Kostelka! – einen absoluten Tiefpunkt im Parlamentarismus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß es im Hohen Haus der Stellungnahme eines Klubobmannes und der Wiedergabe des Ergebnisses einer amtsärztlichen Untersuchung be


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83. Sitzung / Seite 179

darf, zu bestätigen, daß ein Abgeordneter der SPÖ eine andere Abgeordnete der SPÖ nicht verletzt hat, ist ein unglaublicher, noch nie dagewesener Tiefpunkt in diesem Hohen Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Zur Sache! – Abg. Mag. Stadler: Jawohl! – Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.  – Abg. Dr. Petrovic  – auf Abg.  Wabl deutend –: ... und er kriegt einen Ordnungsruf! – Weitere Zwischenrufe.)


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter! Sie wissen, daß wir die Behandlung zur Sache bisher sehr großzügig gehandhabt haben. (Neuerliche Zwischenrufe.) Wir debattieren jetzt den letzten Punkt, und ich möchte Sie dringend ersuchen, daß wir bei diesem Punkt tagesordnungsgemäß vorgehen. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Wenn heute den ganzen Tag über vom Präsidium Großzügigkeit geübt worden ist, dann darf ich das bitte wohl auch für mich in Anspruch nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich mit einem Beitrag zur Kulturdebatte zu Wort gemeldet. Zur Kultur zählt zweifellos auch die politische Kultur. Daß die politische Kultur in diesem Hohen Hause mit Füßen getreten wurde, das haben (Abg. Schaffenrath:  ... Sie schon oft bewiesen!) Kollege Parnigoni und – wegen Mitwirkung und Vertuschung – Klubobmann Kostelka zu verantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Jawohl!)

Herr Kollege Kostelka! Ich schreibe Ihnen jetzt eines ins Stammbuch: Eine Nötigung kann man selbstverständlich durch Anwendung von Gewalt begehen (Abg. Dr. Schmidt: Herr Präsident! Wenn Sie jetzt nicht einschreiten ...!) ; man kann aber eine Nötigung auch durch die Drohung der Anwendung von Gewalt begehen. (Lebhafte Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter, darf ich einen persönlichen Appell an Sie richten! (Abg. Wabl: Zur Geschäftsbehandlung!)  – Sie haben vorhin erlebt, wie mühsam es zu erreichen war, daß wir einigermaßen in der Lage waren, die Debatte zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt zu Ende zu führen. Ich möchte Sie dringend bitten, daß wir den letzten Tagesordnungspunkt so behandeln, wie es der Geschäftsordnung entspricht. (Abg. Wabl: Zur Geschäftsbehandlung!)

Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! (Abg. Mag. Stadler: Während einer Rede?)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bitte um Entschuldigung.

Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter Krüger. – Bitte setzen Sie fort!

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Ich darf bitten, daß ich fortsetzen kann und meine Rede nicht unterbrochen wird.

Meine Damen und Herren! Ein Schlußsatz dazu: Wenn heute Kollege Kostelka sich hierherstellen und von Verleumdung sprechen kann, dann wird es wohl – da Verleumdung nach § 297 StGB ein strafbares Delikt ist – einem freiheitlichen Abgeordneten unbenommen bleiben, ein Verhalten, das sich hier im Hohen Haus abgespielt hat, strafrechtlich anders zu würdigen. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So ist es! – Abg. Dr. Schmidt  – sich von ihrem Sitz erhebend und in Richtung Präsidium schreitend –: Ich halte das für einen Skandal!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich tiefer in die Kulturdebatte einsteigen ... (Abg. Schaffenrath: Noch tiefer? – Abg. Dr. Schmidt  – zum Sitz des Präsidenten gehend –: Ich halte das wirklich für einen Skandal! – Abg. Mag. Stadler: Wer führt denn da den Vorsitz? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei anderen Fraktionen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Bitte kommen Sie jetzt zur Sache und setzen Sie fort! – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes ist ein im Kulturausschuß verhandelter gemeinsamer Antrag auf Steuerfreistellung von Stipendien. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Es hat tatsächlich wenig Sinn, wenn auf der einen Seite der dafür verantwortliche Kunstminister beziehungsweise Bundeskanzler Stipendien ausschüttet, aber auf der anderen Seite der Finanzminister im Wege der Versteuerung Teile der Stipendien wieder in die Tasche steckt. Das hat keinen Sinn, daher haben wir uns zu einem gemeinsamen Antrag entschlossen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wozu reden Sie überhaupt noch?)

Herr Kollege! Vermissen Sie eine Fortführung der Debatte in puncto Hagenhofer? – Na gut, das können Sie gerne haben. Wenn es gewünscht wird, kann ich das gerne machen. (Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Krüger und Kollegen zum Vortrag. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wozu einen Entschließungsantrag? Sie haben alles gesagt!) Es wird sich am Verhalten der SPÖ zeigen, ob sie Manns genug ist, dem Vorschlag von Staatssekretär Wittmann zu folgen, der sich dankenswerterweise dafür eingesetzt hat, daß freiheitliche Vorstellungen zur Kulturpolitik eins zu eins umgesetzt werden.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Bitte verlesen Sie den Antrag. Die Redezeit geht zu Ende.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Der Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger, Dr. Preisinger, Madl, Rossmann und Kollegen zum Tagesordnungspunkt 18

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Finanzen ersucht, entsprechende Maßnahmen zu setzen, die eine Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst durch steuerliche Anerkennung privater Kunstausgaben als Sonderausgaben Zug um Zug gegen teilweise Zurücknahme des staatlichen Kulturmonopols bewirken."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Bei Ihnen wird sich jetzt herausstellen, wer recht hat: ich oder ich? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Krüger vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Als nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Stadler: Herr Präsident! Wer führt denn da den Vorsitz? – Abg. Dr. Haselsteiner:  ... zur Geschäftsbehandlung gebeten!)

20.45

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde nicht auf die Provokationen und auf diese Polarisierungsstrategie einsteigen. Aber Sie von den Freiheitlichen


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83. Sitzung / Seite 181

haben damit erreicht, daß Sie sich Ihren Platz außerhalb des Verfassungsbogens auch in Zukunft weiter gesichert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich garantiere Ihnen: Wir werden uns von Ihnen dieses Parlament nicht mißbrauchen und nicht zerstören lassen! Dafür können Sie auch in Zukunft die Garantie haben. (Beifall bei der SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Im übrigen möchte ich zum Ausdruck bringen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir werden die Frauen nicht zur Stimmabgabe nötigen!) , daß es mich sehr freut, daß Stipendien, Preise und Prämien nicht der Steuerpflicht unterzogen werden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir werden dafür sorgen, daß die Frauen nicht von den Sozialisten genötigt werden!) Es freut mich, daß im Kulturausschuß diesbezüglich ein einstimmiger Beschluß gefaßt wurde. Ich hoffe, daß wir im Kulturausschuß auch in Zukunft diese konstruktive Arbeit fortführen können. Das möchte ich in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Ihre Redezeit beträgt noch 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.47

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Diese Redezeit werde ich nicht brauchen. Denn wenn jemand nur ein Mindestmaß an Sensibilität für das Klima der Demokratie und für ein Parlament hat, dann kann er heute nur an ein Buch denken, nämlich an Schausbergers Buch "Ins Parlament, um es zu zerstören".

Wenn hier wirklich nicht empfunden wird, an welcher Grenze wir uns bereits befinden, dann haben wir die Qualifikation für politische Tätigkeit verloren. Dann haben wir keine. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Ihr Gang zum Präsidenten war auch kein Schmarrn! – Weitere Zwischenrufe.)

Denn es gehört zum Politiker, daß er wachsam ist. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Zwischenrufe.)

Das ist der Grund, warum ich mich nicht in der Lage sehe, meinen Beitrag zum Kunstförderungsgesetz vorzutragen. Ich bedauere das, denn ich hätte einiges zu sagen gehabt. Jedenfalls bin ich froh darüber, daß wir es heute beschließen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Statt daß Sie mit einer Frau solidarisch sind! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

20.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.48

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Freunde, wir wollen doch alle nach Hause gehen, seid also ein bißchen ruhig, dann haben wir es in 5 Minuten hinter uns! Auch – glaube ich – sollten wir uns die Feierstunde nicht zusammenhauen lassen, denn wir haben ein gutes Gesetz zusammengebracht. Das sollte man feiern und nicht herumstreiten! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Abwechslung ein paar Worte zur Sache: Nachdem der jetzige Bundeskanzler als Finanzminister in Beantwortung einer Anfrage der Grünen und durch Klarstellung der Situation hinsichtlich der Stipendien und Preise den Künstlern eine Suppe eingebrockt hatte, an der sie noch heute zu löffeln hätten, wenn sie sie essen müßten, hat er sich als "Kunstkanzler" dazu aufgerafft, diesem Zustand ein Ende zu bereiten. Er hat einen Vorschlag zur Änderung der Besteuerung von Stipendien und Preisen durch den Ministerrat gebracht, vor allem hinsichtlich der Stipendien und der Bundes-Kunstförderung.


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Ich möchte festhalten, daß das Gesetz ein Ergebnis der Zusammenarbeit der ÖVP mit der SPÖ ist, aber auf nachhaltiges Drängen der ÖVP, daß es nicht angehen kann, daß wir zwei Sorten von Künstlern schaffen, nämlich die Künstler, welche die Bundesförderung bekommen, und diejenigen, die Gemeinde- oder Landespreise bekommen, sodaß wir jetzt ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Jetzt machen wir etwas für die Wissenschaftler und Forscher!) Ja, warum nicht! – Jetzt haben wir ein Gesetz, mit dem wir sehr zufrieden sein können.

Preise und Stipendien des Bundes sowie der Länder sind von Steuerleistung befreit. Die Regelung erstreckt sich auch auf Preise, die unter vergleichbaren Voraussetzungen von nationalen und internationalen Förderungsinstitutionen vergeben wurden. Damit Sie sich darunter etwas vorstellen können, nenne ich als Beispiel dafür alle Zuwendungen, die von der Literar-Mechana vergeben und aus der Leerkassetten-Abgabe gespeist werden.

Ich möchte hervorheben, daß dieses Gesetz für die Politiker in diesem Haus ein Grund zum Feiern ist. Sie haben etwas für die Künstler dieses Landes getan, auf die Sie sonst vorwiegend in Ihren Reden unglaublich stolz sind. Diesmal aber haben Sie tatsächlich etwas für die Betroffenen getan.

Es ist das ein Gesetz für das Kreativpotential in diesem Land, ein Gesetz für die Künstler in diesem Land, und es ist ein Grund zum Feiern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Ich erteile es ihr. Redezeit: noch 2 Minuten. – Bitte.

20.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Morak! Ja, es ist bis zu einem gewissen Grad eine Genugtuung, daß es gelungen ist, eine höchst unvernünftige Regelung rückgängig zu machen und eine Klarstellung herbeizuführen. Dennoch glaube ich nicht, daß dies uneingeschränkt ein Moment zum Feiern ist. Denn wir wissen, daß die für eine lebendige Kunst- und Kulturszene notwendige Freiheit auch von den ökonomischen Rahmenbedingungen abhängt. Daß diese – weiß Gott! – noch nicht befriedigend sind, wird meiner Ansicht nach niemand in Abrede stellen.

Insbesondere im Zusammenhang mit Kunst und Kultur sowie Wissenschaft ist das erste Wort, das wohl jeder und jedem dazu einfällt, das Wort "Freiheit": Es geht um die notwendige verfassungsgesetzliche Freiheit. Diese sehe ich vielfältig gefährdet: durch Demagogie, durch Einflußnahmen der Politik auf das als gut, schön und förderungswürdig Betrachtete und eben auch durch ökonomische Zwänge. Folgendes möchte ich Ihnen zum Schluß sagen: Die Freiheit dieser Bereiche, die nur leben können, wenn sie sich in jede, auch in die unangenehmste Richtung artikulieren können, die Freiheit der Kunst, Kultur und Wissenschaft werden wir nur bewahren können, wenn es auch in diesem Hause Freiheit gibt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wenn von der Verfassung her, wenn von den Rechten der Mitglieder dieses Hauses her berechtigte Zweifel bestehen, wie es um das freie Mandat bestellt ist, dann, glaube ich, werden alle anderen Bereiche, die der Freiheit bedürfen, nach und nach und immer mehr in die Ecke, an den Rand gedrängt werden. Ich meine, daß uns die letzten Tage dringend Anlaß zum Nachdenken geben. Was wir hier im Zusammenhang mit dem angeblich freien Mandat erlebt haben, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): ... war dieses Hauses nicht würdig. Wenn es einmal soweit ist, daß weder in offener noch in geheimer Abstimmung zu erreichen ist, daß Abgeordnete sich frei artikulieren können, dann sollten wir alle darüber nachdenken. Ich


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glaube, daß insbesondere die Klubobleute der Regierungsparteien diesbezüglich sehr, sehr großen Handlungs- und Nachdenkbedarf haben. (Beifall bei den Grünen.)

20.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Zweytick. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.54

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Was das Kunstförderungsgesetz betrifft, möchte ich mich in unser aller Namen bei Kollegen Franz Morak für seine Hartnäckigkeit bedanken.

Als einer, der aus einer ländlichen Region kommt, möchte ich feststellen, daß die Grenzregionen beziehungsweise die Bundesländer und die dort lebenden Künstler stark benachteiligt worden wären, wenn nur die vom Bund vergebenen Preise und Stipendium von der Steuerpflicht befreit worden wären. Die Abwanderung der Künstler und Künstlerinnen aus den ländlichen Bereichen und Grenzregionen wäre für diese Gebiete von großem Nachteil. Ich halte es für außerordentlich wichtig, daß politische Maßnahmen nicht dazu führen, das kulturelle Leben aus bestimmten Orten zu verbannen und nur auf Großstädte zu beschränken. Kunst soll allen Menschen in diesem Land in gleichem Maße zugänglich sein.

In meinem Wahlkreis in der südlichen Steiermark sind in den vergangenen Jahren verschiedenste Initiativen in allen Bereichen des kulturellen Lebens entstanden. Eine zeitgemäße Kunstpolitik muß die Verbreitung des kulturellen Lebens unterstützen und fördern, da dies für den Fremdenverkehr genauso wichtig ist wie für die kulturelle Identität der Region. Erfreulicherweise ist der Volkspartei in Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner eine Lösung gelungen, die es verhindert, zwei Klassen von Künstlern zu schaffen, von denen die eine finanzielle Vorteile gehabt hätte.

Ich begrüße die Änderung dieses Gesetzes auch deshalb, weil ich Preise und Stipendien als besondere Würdigung hervorragender Leistungen auf dem Kunstsektor betrachte. Die finanzielle Anerkennung darf aber nicht zu reiner Augenauswischerei führen. Preise und Stipendien im Kunstbereich bewegen sich nicht in solchen Betragshöhen, daß man davon leben oder gar reich werden könnte. Vielmehr sollen sie wirklich begabten Menschen eine Chance zur Verwirklichung ihrer Ideen und ihrer Kreativität geben. Deshalb bin ich froh darüber, daß Preise und Stipendien, die vom Bund oder von den Ländern vergeben werden, nicht von der Republik selbst dadurch reduziert werden, daß sie der Einkommensteuerpflicht unterliegen.

Abschließend möchte ich hervorheben, daß es im Zuge der parlamentarischen Behandlung im Kulturausschuß gelungen ist, eine bürokratische Ungleichbehandlung, welche die Betroffenen mit Recht nicht verstanden hätten, zu beseitigen und eine eindeutige und klare gesetzliche Regelung zu schaffen.

Ihnen allen wünsche ich einen ruhigen und heißen Sommer mit manch erholsamer Abkühlphase, in der ein Glas guten österreichischen Weins sehr guttut. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 826 der Beilagen ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in 826 der Beilagen zustimmen, dies zu bekunden. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig beschlossen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Er ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Krüger und Fraktion betreffend Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag Dr. Krüger eintreten, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Als nächstes stimmen wir über den Antrag des Kulturausschusses ab, seinen Bericht 733 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die nähere Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der Veräußerung der Bundesanteile an der Creditanstalt an die Bank Austria und mit der Vollziehung des Ausfuhrförderungsgesetzes und des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes.

Dieser Antrag wurde an alle Abgeordneten schriftlich verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang

1. mit der Veräußerung der Bundesanteile an der CA-BV an die BA und

2. mit der Vollziehung des Ausfuhrförderungsgesetzes und des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes

Der Nationalrat wolle gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR beschließen:

"Zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang

1. mit der Veräußerung der Bundesanteile an der CA-BV und

2. mit der Vollziehung des Ausfuhrförderungsgesetzes und des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes

wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus insgesamt 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ : 5 ÖVP : 4 FPÖ : 1 Liberale : 1 Grüne besteht."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ein Antrag auf Durchführung einer Debatte liegt nicht vor.


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83. Sitzung / Seite 185

Daher kommen wir sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Mag. Stadler auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wie vorhin beschrieben.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Antrag findet nur die Zustimmung einer Minderheit. Er ist abgelehnt.

*****

Als nächstes gelangen wir zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit den Kurden-Morden. Dabei wird insbesondere der Mordfall Ghassemlou erwähnt.

Dieser Antrag wurde inzwischen ebenfalls schriftlich an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden.

Mit folgender Zusammensetzung: 4 SPÖ, 3 ÖVP, 2 FPÖ, 1 Liberale, 1 GRÜNE.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Auch in diesem Fall ist die Durchführung einer Debatte nicht beantragt worden.

Es kann daher sogleich die Abstimmung vorgenommen werden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Antrag auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1996/97

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Einvernehmen mit allen Fraktionen des Hauses lege ich dem Nationalrat folgenden Antrag vor:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol, Mag. Stadler, Dr. Schmidt und Dr. Petrovic

"Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 1996/97 der XX. Gesetzgebungsperiode mit Ende der 83. Sitzung des Nationalrates für beendet zu erklären."


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Stenographisches Protokoll
83. Sitzung / Seite 186

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig beschlossen worden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. ) Frau Kollegin Stoisits! Meinen Sie die Fristsetzungen, die um 15 Uhr verhandelt wurden? Es gibt keinen Grund, diese jetzt in Verhandlung zu nehmen! Aber ich sage das ganz versöhnlich und ohne jede Spitze!

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der heutigen Sitzung wurden die Anträge 536/A bis 554/A eingebracht.

Weiters sind die schriftlichen Anfragen 2797/J bis 2898/J und die Anfrage an den Präsidenten 13/JPR eingelangt.

Antrag auf Verlesung von Teilen des Amtlichen Protokolls

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein Verlangen von 20 Abgeordneten vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Beschlußfassung auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1996/97 zu verlesen, damit dieses Protokoll somit als genehmigt gilt und sogleich dem Herrn Bundespräsidenten übermittelt werden kann.

Ich verlese diesen Teil des Amtlichen Protokolls wie folgt:

"Auf Vorschlag des Präsidenten des Nationalrates faßte der Nationalrat den nachstehenden Beschluß einstimmig: ,Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 1996/97 der XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates mit Ende der 83. Sitzung des Nationalrates für beendet zu erklären.‘"

Der restliche Teil des Amtlichen Protokolls ist so kurz, daß wir es auch gleich verlesen könnten, aber wir machen es nicht, sondern bleiben bei der bisherigen Vorgangsweise.

Ich stelle an den Nationalrat die Frage, ob sich gegen die Fassung des Amtlichen Protokolls, was den Beschluß auf Beendigung der Tagung betrifft, Einwendungen erheben. – Dies ist nicht der Fall. Damit gilt dieser Teil des Protokolls nach § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung als genehmigt.

Schlußansprache des Präsidenten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Am Schluß dieser Sitzung werden Sie mir sicherlich nicht die Aufgabe stellen, eine Bewertung unserer Arbeit vorzunehmen. Es geht Ihnen bestimmt so wie mir, daß manche Eindrücke noch sehr frisch sind und daß man über manches nachdenken möchte.

Ich möchte mich daher darauf beschränken, das zu tun, was wir immer aus Überzeugung und gerne am Ende einer Tagung tun, nämlich erstens den Mitarbeitern hier im Haus, den Beamten, den Angestellten, allen die uns helfen – sowohl jenen, die hier vom Präsidium aus sichtbar sind, als auch denen, die man nicht sieht – , ein herzliches Wort des Dankes und der Anerkennung für Ihre Arbeit sagen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte auch meinen beiden Kollegen Dr. Neisser und Dr. Brauneder herzlich danken, wobei der Dritte Präsident mit ausländischen Gästen unterwegs ist, was der Grund ist, warum er jetzt nicht anwesend ist.

Ich möchte auch den Mitgliedern der Präsidialkonferenz herzlich danken. Ich kann und darf nicht verhehlen, daß wir oft schwierige Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten haben. Aber ich möchte sagen, daß ich froh darüber bin, daß es eine Präsidialkonferenz gibt, in der vieles, was schwierig ist – und manchmal habe ich den Eindruck, daß es immer schwieriger wird –, besprochen werden kann. In vielen Fällen können dann trotzdem Lösungen gefunden werden


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
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können, und zwar Lösungen, die nicht nur der parlamentarischen Arbeit dienen und notwendig sind, sondern durch die auch sichergestellt wird, daß Probleme in einer entsprechenden Atmosphäre gelöst werden können, die einem besonders abgeht, wenn sie bei der Lösung von Problemen nicht vorhanden ist. Die politische Arbeit ist halt manchmal auch mit Emotionen verbunden.

Ich danke den Kollegen Dr. Kostelka, Dr. Khol, Mag. Stadler, Frau Dr. Schmid und Frau Dr. Petrovic und auch jenen, die die Genannten manchmal in der Präsidialkonferenz vertreten, was ja auch vorkommt.

Ich wünsche Ihnen allen einen erholsamen Sommer, und ich nütze diese Gelegenheit, das zu tun, was man auch traditionellerweise in diesem Augenblick tut, nämlich allen Österreicherinnen und Österreicher einen herzlichen Gruß von den Parlamentariern im Nationalrat zu übermitteln! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21.07 Uhr