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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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188. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 28. Juni 2017

 

 


Stenographisches Protokoll

188. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 28. Juni 2017

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 28. Juni 2017: 9.06 – 23.07 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Änderung des Artikels 124 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2248/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2250/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der TTIP-Verhandlungen

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primär­versorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­ge­setz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstal­ten­ge­setz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz und das Medizini­scher Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreform­umset­zungsgesetz 2017 – GRUG 2017)

5. Punkt: Bericht über den Antrag 414/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen- und Förderprogramm zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2240/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (SMG-Novelle 2017)

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1581/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beibehaltung des Grenzwertes für Quecksilber in Thunfisch“


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8. Punkt: Bericht über den Antrag 2221/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung von TBC-Untersuchungen für Personal im Lebensmittelbereich (Bazillenausscheidergesetz)“

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1993/A(E) der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Definition des Embryonen­Begriffs in Österreich gemäß Gutachten des EuGH“

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2100/A(E) der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche verpflichtende Reanimationsschulun­gen und -ausbildungen an allen Schulen ab der 7. Schulstufe“

11. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend den Aktionsplan Frauengesundheit

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Carmen Schimanek, Mag. Aygül Berivan Aslan, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Ausbau von Programmen zum Thema Frauengesundheit

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwal­tungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Län­dern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Religi­ons­unterrichtsgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden und das Bundes-Schulaufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienst­rechts­gesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertrags­lehr­personengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrper­sonengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Unterrichtspraktikums­gesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017), über den

Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der VizepräsidentInnen der Landesschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den

Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den


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Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird, und über den

Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014, geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2235/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Karlheinz Töchterle, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005, das Schulorganisationsgesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert werden sowie das Hochschul-Stu­dienberechtigungsgesetz aufgehoben wird und das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschul-Studiengesetz, das Privatuniversitätengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1857/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualität in der Ausbildung von Lehrkräften in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS)

16. Punkt: Bericht über den Antrag 38/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Steigerung des Männeranteils in pädagogischen Berufen

17. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2018 bis 2021

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017)

19. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Integrationsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1709/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Fingerabdruck“

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die internationale polizei-liche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG) geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EU-Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG) und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptions-bekämp­fung (BAK-G) geändert werden

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessord­nung 1975 geändert werden (Strafgesetznovelle 2017)

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1671/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Straf­gesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird


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25. Punkt: Bericht über den Antrag 1941/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Radikalisierung von Mithäft­lingen im Gefängnis

26. Punkt: Bericht über den Antrag 2048/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Strafobergrenzen für junge Erwachsene an jene bei Erwachsenen

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebühren­ge­setz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017)

28. Punkt: Bericht über den Antrag 2226/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G)

29. Punkt: Bericht über den Antrag 2243/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Außerstreitgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Gerichtsgebührengesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Auslandsunterhaltsgesetz 2014 geändert sowie das Bundesgesetz vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Ok­to­ber 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung aufge­hoben werden (Kinder-RückführungsG 2017 – KindRückG 2017)

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformations­gesetz geändert wird

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 geän­dert wird

32. Punkt: Bericht über den Antrag 2256/A der Abgeordneten Johann Höfinger, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird

33. Punkt: Bericht über den Antrag 1920/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolle-ginnen und Kollegen betreffend Zuleitung des Endberichts des Expertenworkshops zur seismischen Gefährdung des AKW Krško an den Nationalrat

34. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Compliance im Vergabe- und Personalbereich in der Sozialversicherung – Reihe Bund 2017/7

35. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Eingliederungshilfe „Come Back“ des AMS; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/25

36. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Vermögensmanagement aus­gewähl­ter Kranken- und Unfallversicherungsträger; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/26

37. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Arbeitnehmerschutz; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/17

38. Punkt: Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/3


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39. Punkt: Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/1

40. Punkt: Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2015/15

41. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Dipl.‑Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2249/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 28

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 23. September 2017 zu setzen ....................................................................................... 48

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 48

Zurückziehung des Fristsetzungsantrages sowie des Verlangens auf Durchfüh­rung einer kurzen Debatte darüber ......................................................................................................................... 117

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 der Geschäftsordnung ......................................................................................................................................... 49

Antrag der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Er­win Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteu­e­rungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Kran­ken­anstalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematik­ge­setz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizi­nische Assistenzberufe­Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heil­masseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsge­setz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B.), samt Abänderungsantrag der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen sowie der Ausschussfeststellung gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 der Geschäftsordnung an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  102, 102

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................................. 166

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 167


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 6

Aktuelle Stunde (52.)

Thema: „Jubiläum 25 Jahre Streitbeilegung Südtirol“ ........................................... 28

Redner/Rednerinnen:

Hermann Gahr .............................................................................................................. 28

Bundesminister Sebastian Kurz ........................................................................... ..... 31

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 32

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 33

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 34

Georg Willi ............................................................................................................... ..... 36

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ..... 37

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 39

Hermann Krist ......................................................................................................... ..... 40

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ..... 42

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 43

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 45

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 46

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 47

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  47, 115, 426

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (1644 d.B.): Änderung des Artikels 124 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (1701 d.B.) ................... 49

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ..... 49

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 50

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 51

Petra Bayr, MA MLS ............................................................................................... ..... 52

Genehmigung des Staatsvertrages in 1701 d.B. ........................................................... 53

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2248/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan (1703 d.B.) ..................................................................... 53

Redner/Rednerinnen:

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ..... 53

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ..... 54

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ..... 55

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 56

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 58

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ..... 59

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend: angekündigte zusätzliche Million Euro für Uganda zahlen – Ablehnung  57, 60

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1703 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan (E 208) ..................................... 60


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 7

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2250/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der TTIP-Verhandlungen (1704 d.B.)      ............................................................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 60

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ..... 61

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ............................................................................ 62

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 63

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 64

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ..... 65

Barbara Rosenkranz .............................................................................................. ..... 66

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ..... 67

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ..... 68

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 69

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1704 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2250/A(E)               69

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1704 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend keine Fortsetzung der TTIP-Verhandlungen auf Grund­lage des derzeitigen Verhandlungsmandats (E 209)     ............................................................................................................................... 69

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abge­ordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primär­versorgung in Primärversorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe­Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheits­reformumsetzungsgesetz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B.) ....... 70

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 414/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen- und Förderprogramm zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich (1715 d.B.) ................ 70

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 70

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ..... 74

Bundesministerin Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................ ..... 75

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ..... 78

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ..... 84

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 85

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 86

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 87

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ..... 89

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ..... 90

Johann Hechtl ......................................................................................................... ..... 91

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 92

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 95


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 8

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ..... 96

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 98

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ..... 99

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 100

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 100

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Foto als Identitätsnachweis auf der e-card – Ablehnung ....................  72, 103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Eigenregresses für Pflege­heimbewohner durch eine Grundsatzbestimmung im ASVG und allen anderen sozialrechtlichen Grundlagenmaterien – Ablehnung ...  73, 103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweit einheitliche Mindestabgeltung sowie Spezifizie­rung der Leistungen von nichtärztlichen Gesundheitsberufen in der Primärver­sorgung – Ablehnung .................................  82, 103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Foto für E-Cards“ – Ablehnung .....................................................................................  88, 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend freiwillige Hepatitis-Impfung für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren inklusive Kostenübernahme durch die AUVA – Ablehnung ...............................................................................................  94, 104

Annahme des Gesetzentwurfes in 1714 d.B. ............................................................... 102

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1715 d.B. .................................................... 104

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2240/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (SMG-Novelle 2017) (1716 d.B.) ............................ 104

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1581/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beibe­haltung des Grenzwertes für Quecksilber in Thunfisch“ (1717 d.B.) .................................................................................................. 104

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2221/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wie­der­ein­führung von TBC-Untersuchungen für Personal im Lebensmittelbereich (Bazillenausscheidergesetz)“ (1718 d.B.) ............... 104

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1993/A(E) der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Definition des Embryonen­Begriffs in Österreich gemäß Gutachten des EuGH“ (1719 d.B.) ............................................................................... 104

10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2100/A(E) der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche verpflichtende Reanimationsschulungen und -ausbildungen an allen Schulen ab der 7. Schulstufe“ (1720 d.B.) ............................... 104


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 9

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 105

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 106

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 107

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 107

Bundesministerin Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................ ... 108

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ... 109

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 111

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ... 111

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 112

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 113

Wolfgang Knes ........................................................................................................ ... 114

Annahme des Gesetzentwurfes in 1716 d.B. ............................................................... 115

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1717, 1718, 1719 und 1720 d.B. ........... 115

Zuweisung des Antrages 2100/A(E) an den Unterrichtsausschuss ............................. 115

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend den Aktionsplan Frauen­gesundheit (III-406/1679 d.B.) ........... 116

12. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Carmen Schimanek, Mag. Aygül Berivan Aslan, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Ausbau von Programmen zum Thema Frauengesundheit (1680 d.B.) ................................................................. 116

Redner/Rednerinnen:

Carmen Schimanek ................................................................................................ ... 116

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 117

Bundesministerin Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................ ... 118

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 119

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 120

Mag. Aygül Berivan Aslan ..................................................................................... ... 121

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ... 122

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 123

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ... 124

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 125

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 126

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 127

Kenntnisnahme des Berichtes III-406 d.B. ................................................................... 127

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1680 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend den Ausbau von Programmen zum Thema Frauengesund­heit (E 210) ............................. 127

13. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffent-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 10

licher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwal­tungs­gerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorgani­sationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflicht­schulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunter­richtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Hoch­schul­gesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdokumen­tationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden und das Bundes-Schulaufsichts­ge­setz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrver­pflich­tungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonen­gesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonen­ge­setz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Unterrichtspraktikums­gesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017), über den

Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der VizepräsidentInnen der Landesschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den

Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den

Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird, sowie über den

Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kolle­gen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014, geändert wird (1707 d.B.) ............................................................................................. 128

Redner/Rednerinnen:

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 128

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 132

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ... 133

Brigitte Jank ............................................................................................................ ... 136

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 138

Dr. Harald Walser ..............................................................................................  142, 163

Bundesministerin Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................ ... 144

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 148

Marianne Gusenbauer-Jäger .................................................................................... 151

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ... 152

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................ ... 153

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 154

Sigrid Maurer ........................................................................................................... ... 157

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 158

Elmar Mayer ............................................................................................................. ... 159

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 160


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 11

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 161

Dr. Walter Rosenkranz .....................................................................................  161, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenreal­gymna­siums am BORG Hermagor – Ablehnung              130, 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kindergarten-Bundesrahmengesetz – Fokus auf Werte und Deutschkenntnisse“ – Ablehnung  141, 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der Richtwerte beziehungsweise Höchstwerte bezüglich Klassenschülerzahl – Ablehnung              150, 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch-Klassen für Schüler ohne ausreichende Kenntnis der Unterrichtssprache – Ablehnung  155, 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzug des Öffentlichkeitsrechtes beziehungsweise Schließung islamischer Bildungseinrichtungen – Ablehnung           164, 169

Annahme des Gesetzentwurfes in 1707 d.B. (namentliche Abstimmung) .................. 166

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2235/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Karlheinz Töchterle, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005, das Schulorganisationsgesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Bundes­schulgesetz geändert werden sowie das Hochschul-Studienberechtigungsgesetz aufgehoben wird und das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschul-Studien­gesetz, das Privatuniversitätengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungs­gesetz geändert werden (1705 d.B.) .......................... 169

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1857/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualität in der Ausbildung von Lehrkräften in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) (1712 d.B.) ............................................. 170

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 38/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Steigerung des Männeranteils in pädagogischen Berufen (1713 d.B.) ...................................................................................................... 170

Redner/Rednerinnen:

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 170

Dr. Karlheinz Töchterle ....................................................................................  170, 177

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 171

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 175

Mag. Andrea Kuntzl ..........................................................................................  176, 185

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ... 178

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 179

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 179

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ... 180

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 181

Bundesminister Mag. Dr. Harald Mahrer ........................................................  182, 186


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 12

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 184

Annahme des Gesetzentwurfes in 1705 d.B. ............................................................... 187

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1712 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Qualität der Ausbildung von Lehrkräften in der Österreichi­schen Gebärdensprache (E 211)                        187

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1713 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen zur Steigerung des Männeranteils in päda­gogischen Berufen (E 212)                         187

17. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1665 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2018 bis 2021 (1706 d.B.) .................................................................................. 188

Redner/Rednerinnen:

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 188

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 188

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 189

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 190

Genehmigung der Vereinbarung in 1706 d.B. .............................................................. 191

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gierungsvorlage (1523 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017) (1681 d.B.)           ............................................................................................................................. 191

19. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Integrationsgesetz geändert wird (1682 d.B.) ............. 191

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1709/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Fingerabdruck“ (1685 d.B.)             ............................................................................................................................. 191

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 191

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ... 192

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 321

Otto Pendl ................................................................................................................... 322

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 323

Rouven Ertlschweiger, MSc .................................................................................. ... 324

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 325

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 329

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 330

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 331

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 332

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 333

David Lasar ................................................................................................................. 334


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 13

Hermann Gahr ............................................................................................................ 340

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 340

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ... 341

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“ – Ablehnung            328, 342

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ankündigungspolitik im Fremden­recht von Bundesminister Kurz – Ablehnung    335, 342

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1681 und 1682 d.B. ..................................... 342

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1685 d.B. .................................................... 343

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1612 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die internationale polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG) geändert wird (1683 d.B.) ................................. 343

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das EU-Polizeikooperations­gesetz (EU-PolKG) und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptions­prävention und Korruptionsbekämpfung (BAK-G) geändert werden (1684 d.B.)                343

Redner/Rednerinnen:

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ... 343

Jürgen Schabhüttl .................................................................................................. ... 344

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 345

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1683 und 1684 d.B. ..................................... 345

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1621 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (Strafgesetznovelle 2017) (1737 d.B.) .................................................................................................................... 346

24. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1671/A der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit ge­richt­licher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (1738 d.B.) ............................................................................................................ 346

25. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1941/A(E) der Abge­ordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Radikalisierung von Mithäftlingen im Gefängnis (1739 d.B.) .................................................................................................................... 346

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2048/A(E) der Abge­ordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend die An­gleichung der Strafobergrenzen für junge Erwachsene an jene bei Erwachsenen (1740 d.B.) ............................................................................................. 346

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 346

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 348


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 14

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 349

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 350

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 351

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 352

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 353

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 354

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 355

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 355

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 355

Vizekanzler Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................... ... 356

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ ... 359

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Statistik über Kinderehen in Österreich – Ablehnung ...............  360, 363

Annahme des Gesetzentwurfes in 1737 d.B. ............................................................... 362

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1738, 1739 und 1740 d.B. ..................... 363

27. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1588 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017) (1741 d.B.)           ............................................................................................................................. 364

Redner/Rednerinnen:

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 364

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ... 366

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 367

Hermann Brückl ...................................................................................................... ... 367

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 368

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 370

Vizekanzler Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................... ... 370

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 371

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 372

Annahme des Gesetzentwurfes in 1741 d.B. ............................................................... 372

28. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2226/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G) (1742 d.B.) .................................................................................................................... 373

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 373

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ... 374

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 375

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 379

Dr. Marcus Franz ...............................................................................................  379, 384

Mag. Aygül Berivan Aslan ..................................................................................... ... 381

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................................. ... 382

Vizekanzler Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................... ... 383

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 384

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 385


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 15

Entschließungsantrag der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt – Ablehnung          377, 386

Annahme des Gesetzentwurfes in 1742 d.B. ............................................................... 386

29. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2243/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Außerstreitgesetz, die Jurisdik­tionsnorm, das Gerichtsgebührengesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Auslandsunterhaltsgesetz 2014 geändert sowie das Bundesgesetz vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung aufgehoben werden (Kinder-RückführungsG 2017 – KindRückG 2017) (1743 d.B.)                       386

Redner/Rednerinnen:

Mag. Aygül Berivan Aslan ......................................................................................... 386

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ... 387

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 388

Annahme des Gesetzentwurfes in 1743 d.B. ............................................................... 388

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1630 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz geändert wird (1708 d.B.)                     389

31. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1666 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 geändert wird (1709 d.B.) ....................... 389

32. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2256/A der Abge­ord­neten Johann Höfinger, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeits­prü­fungs­gesetz 2000 geändert wird (1710 d.B.) ..................... 389

33. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1920/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuleitung des Endberichts des Expertenworkshops zur seismischen Gefährdung des AKW Krško an den Nationalrat (1711 d.B.) ...................................... 389

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 389

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 391

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 392

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 392

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 394

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 395

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 397

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 398

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 398

Walter Bacher .......................................................................................................... ... 399

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1708, 1709 und 1710 d.B. ................................ 400


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 16

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1711 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Zuleitung des Endberichts des Expertenworkshops zur seismischen Gefährdung des AKW Krško an den Nationalrat (E 213) .................................................................................................... ... 401

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1711 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einschreiten gegen grenznahe Atommüllendlager (E 214) ......................................... 401

Gemeinsame Beratung über

34. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Compliance im Vergabe- und Personalbereich in der Sozialversicherung – Reihe Bund 2017/7 (III-358/1745 d.B.) .............................................................................................................. 401

35. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Eingliederungshilfe „Come Back“ des AMS; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/25 (III-391/1749 d.B.) .............................................................................................................. 401

36. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Vermögensmanagement ausgewählter Kranken- und Unfallversicherungsträger; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/26 (III‑392/1750 d.B.) .................................................................... 401

37. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Arbeitnehmerschutz; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/17 (III-371/1751 d.B.)                           401

Redner/Rednerinnen:

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 402

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 402

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 403

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 404

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 405

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 405

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................ ... 406

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 407

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ...................................................... ... 407

Kenntnisnahme der vier Berichte III-358, III-391, III-392 und III-371 d.B. ................... 409

Gemeinsame Beratung über

38. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/3 (III-247/1746 d.B.) ................................................................................... 410

39. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/1 (III-229/1747 d.B.) ................................................................................... 410

40. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2015/15 (III-213/1748 d.B.) ................................................................................. 410

Redner/Rednerinnen:

Elmar Mayer ............................................................................................................. ... 410

Johann Singer ......................................................................................................... ... 411

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ... 411

Dr. Gabriela Moser .................................................................................................. ... 413

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 415

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 416

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 416

Dr. Jessi Lintl .......................................................................................................... ... 417

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 418

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 419


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 17

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 419

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ...................................................... ... 419

Kenntnisnahme der drei Berichte III-247, III-229 und III-213 d.B. ................................ 421

41. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Dipl.‑Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2249/A) ................................................................................................................ 421

Redner/Rednerinnen:

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 421

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 423

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 423

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ... 424

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 425

Zuweisung des Antrages 2249/A an den Geschäftsordnungsausschuss .................... 426

Eingebracht wurden

Bericht ........................................................................................................................... 48

III-401: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2016

Unterrichtungen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ........................................................... 48

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezüglich der Zusammen­arbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Be­dro­hungen aus der Luft

Aufnahme der Verhandlungen über den Vertrag zwischen der Republik Öster­reich und Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 8. April 2002

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und dem Staat Israel über die Zusammenarbeit im Bereich der inneren und öffentlichen Sicherheit

Anträge der Abgeordneten

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau und Erneuerung der Bahnstrecke Wien-Bratislava (2262/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedarfsgerechte Ressourcen­nutzung (2263/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend flächendeckende Förderung von Männerberatungsstellen (2264/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend fixer Fördertopf für Anti-Gewaltarbeit und Arbeit mit Gewaltopfern (2265/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 18

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung Kom­munalinvestitionsgesetz 2017 (2266/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassungsverfahren für Heupro­dukte als Lebensmittel (2267/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Herstel­lung von Chancengleichheit bei Zimmervermietung (2268/A)(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Änderung der Gewerbe­ordnung – Pferdeeinstellbetriebe“ [(1430/A)(E)] [(Zu 1430/A)(E)]

Anfragen der Abgeordneten

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend PolizistInnen als ÖVP-Wahlkampfhelfer auf Kosten der Sicherheit der Bevölkerung (13609/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Maßnahmen gegen Steuerflucht“ (13610/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sondervermögen Kärnten in Abwicklung (13611/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Dividendenpolitik der ÖBIB (13612/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend sprachliche Frühförderung (13613/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hellö (13614/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Anzahl der Braunkehlchen-Brutpaare dramatisch gesunken (13615/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Digital Audio Broadcasting (DAB und DAB+) in Österreich (13616/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Suchtprävention an Österreichs Schulen (13617/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend NZZ-Gastkommentar von Ursula Plassnik (13618/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minis­ter für Finanzen betreffend Betreibergesellschaft Romy Deluxe / Rampers­dorferstras­se 46 (13619/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die veranschlagte Verlegung der Stellungsstraße vom AAG Linz zum Fliegerhorst Vogler Hörsching (13620/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 19

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Mehreinnahmen aus Gebühren und Abgaben im ersten Quartal 2017 (13621/J)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorfälle in der Asyl-Unterkunft Neulengbach – Folgeanfrage zur parlamenta­rischen Anfrage 12570/J (XXV.GP) (13622/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Polizeieinsätze am Wiener Praterstern 2016 (13623/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Alu-Menüschalen können gefährlich werden (13624/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend AK-Test verdirbt Appetit auf Grillfleisch (13625/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend 220 000 Fische in Salzburger Zuchtanlage mutwillig getötet (13626/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Diebstahl von Wintersportgeräten in der Wintersaison 2016/17 (13627/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylbetrug mit Scheinvaterschaften (13628/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend 22 Hunde und Katzen aus überhitztem Auto gerettet (13629/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend des Rechtsrahmens für Heimatreisen von Asylberechtigten (13630/J)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend „Kosten der 19 österreichischen Krankenversiche­rungs­träger im Jahr 2016“ (13631/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Kosten der Gebietskrankenkassen 2016“ (13632/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Kosten der SVB 2016“ (13633/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Kosten des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger und weiterer Selbstverwaltungskörper im Jahr 2016“ (13634/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Kosten der Selbstverwaltungskörper der Sozial­versicherung im Jahr 2016“ (13635/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Gebietskrankenkassenkosten der Gesundheitsversorgung für Asylwerber 2016“ (13636/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 20

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend vielfacher Handlungsbedarf im Bereich „Mobilfunk und Gesundheit“ (13637/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend vielfacher Handlungsbedarf im Bereich „Mobil­funk und Gesundheit“ (13638/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Malta Files (13639/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Umsetzung des Regierungspro­gramms 2013 hinsichtlich europapolitischer Bildung (13640/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend EU-Budget nach dem Brexit (13641/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Schutz der EU-Außengrenzen (13642/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ustaša-Gedenken in Bleiburg/Pliberk in Kärnten/Koroška (13643/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aufwendungen für Kabinette (II) (13644/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Landreport“: partei­politisch gestaltetes und parteinah produziertes Hochglanzmagazin des Bundesminis­teriums in Vorwahlkampfzeiten (13645/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundes-ministerin für Bildung betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMB nach Geschlechtern (13646/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMJ nach Geschlechtern (13647/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMASK nach Geschlechtern (13648/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMI nach Geschlechtern (13649/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMF nach Geschlechtern (13650/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMLFUW nach Geschlechtern (13651/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMWFW nach Geschlechtern (13652/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 21

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMVIT nach Geschlechtern (13653/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungs­bereich des BMLVS nach Geschlechtern (13654/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungs­bereich des BMEIA nach Geschlechtern (13655/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BKA nach Geschlechtern (13656/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Familien und Jugend betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbereich des BMFJ nach Geschlechtern (13657/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Karenz und Elternteilzeit im Wirkungsbe­reich des BMGF nach Geschlechtern (13658/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend des Beitritts zur Open Government Partnership (OGP) Initiative (13659/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Inanspruchnahme für Altersteilzeit und Verteilung auf einzelne Varianten (13660/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (12225/AB zu 12760/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (12226/AB zu 12762/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (12227/AB zu 12755/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (12228/AB zu 12747/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (12229/AB zu 12765/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (12230/AB zu 12776/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (12231/AB zu 12777/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12232/AB zu 12779/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ord­neten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (12233/AB zu 12774/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (12234/AB zu 12772/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (12235/AB zu 12770/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (12236/AB zu 12768/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12237/AB zu 12780/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12238/AB zu 12764/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolle­ginnen und Kollegen (12239/AB zu 12773/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolle­ginnen und Kollegen (12240/AB zu 12782/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (12241/AB zu 12769/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (12242/AB zu 12771/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (12243/AB zu 12781/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (12244/AB zu 12778/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (12245/AB zu 12775/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (12246/AB zu 12767/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolle­ginnen und Kollegen (12247/AB zu 12783/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (12248/AB zu 12766/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12249/AB zu 12786/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12250/AB zu 12785/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (12251/AB zu 12784/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12252/AB zu 12794/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 23

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (12253/AB zu 12810/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen (12254/AB zu 12787/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12255/AB zu 12789/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (12256/AB zu 12793/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (12257/AB zu 12795/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12258/AB zu 12791/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12259/AB zu 12797/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12260/AB zu 12798/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12261/AB zu 12799/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12262/AB zu 12804/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12263/AB zu 12805/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12264/AB zu 12806/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12265/AB zu 12807/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (12266/AB zu 12796/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12267/AB zu 12802/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12268/AB zu 12790/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12269/AB zu 12803/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen (12270/AB zu 12788/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen (12271/AB zu 12849/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12272/AB zu 12800/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12273/AB zu 12801/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (12274/AB zu 12809/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12275/AB zu 12820/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12276/AB zu 12792/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (12277/AB zu 12808/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (12278/AB zu 12931/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12279/AB zu 13006/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (12280/AB zu 12932/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12281/AB zu 13073/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (12282/AB zu 12927/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12283/AB zu 12822/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12284/AB zu 12867/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12285/AB zu 12818/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (12286/AB zu 12868/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12287/AB zu 12828/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen (12288/AB zu 12829/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (12289/AB zu 12839/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12290/AB zu 12840/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12291/AB zu 12841/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12292/AB zu 12819/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (12293/AB zu 12942/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12294/AB zu 12825/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12295/AB zu 12835/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12296/AB zu 12815/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12297/AB zu 12812/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12298/AB zu 12998/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (12299/AB zu 12831/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12300/AB zu 12823/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12301/AB zu 12826/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (12302/AB zu 12885/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12303/AB zu 12982/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12304/AB zu 12865/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen (12305/AB zu 12838/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12306/AB zu 12896/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12307/AB zu 12921/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12308/AB zu 12845/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12309/AB zu 12827/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (12310/AB zu 12848/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (12311/AB zu 12895/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (12312/AB zu 12966/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12313/AB zu 12824/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (12314/AB zu 12851/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (12315/AB zu 12832/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12316/AB zu 12816/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12317/AB zu 12813/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12318/AB zu 12834/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten David Lasar, Kolleginnen und Kollegen (12319/AB zu 12847/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (12320/AB zu 12844/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (12321/AB zu 12837/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (12322/AB zu 12833/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (12323/AB zu 12843/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (12324/AB zu 12811/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (12325/AB zu 12836/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (12326/AB zu 12842/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12327/AB zu 12821/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12328/AB zu 12830/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen (12329/AB zu 12850/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12330/AB zu 12817/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (12331/AB zu 12846/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12332/AB zu 12864/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12333/AB zu 12983/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (12334/AB zu 12965/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (12335/AB zu 12941/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (12336/AB zu 12908/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (12337/AB zu 12884/J)

der Bundesministerin für Bildung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12338/AB zu 12969/J)

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 28

09.06.16Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Ich eröffne die 188. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 186. und der 187. Sitzung vom 19. Juni 2017 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als für die heutige Sitzung verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Schellhorn und Schenk.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird; ORF III wird diese Sitzung in voller Länge übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.25 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

09.07.20Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema:

„Jubiläum 25 Jahre Streitbeilegung Südtirol“

Zu diesem Anlass darf ich die Gäste auf der Galerie recht herzlich begrüßen, die teilweise eigens aus Südtirol angereist sind und die ich im Anschluss an diese Debatte dann noch zu einem kleinen Empfang einlade. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall für die auf der Galerie sitzenden Gäste, darunter die Präsidentin des Bun­desrates Sonja Ledl-Rossmann, der ehemalige Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol, der Landeshauptmann Südtirols Dr. Arno Kompatscher, der Vizepräsident des Südtiroler Landtags Dr. Thomas Widmann, die Abgeordneten zum Südtiroler Landtag Dr. Ulli Mair, Sven Knoll und Andreas Pöder sowie der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes Elmar Thaler.)

Somit gehen wir in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


9.07.54

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanz­ler! Herr Bundesminister! Danke, dass wir das Thema Südtirol heute in dieser Aktuellen Stunde behandeln.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Geehrte Gäste aus Südtirol auf der Galerie! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Wenn wir heute hier im Hohen Haus den 25. Jahrestag der Streitbeilegung zwischen Österreich und Italien vor der UNO begehen, so ist dies ein Anlass zum Nachdenken, es ist aber auch eine Gelegenheit, die gemeinsame Geschichte von Südtirol, Tirol und Österreich in Erinnerung zu rufen. Ich freue mich besonders, dass heute politische Vertreter aus Südtirol sowie Vertreter des Schützenbundes dieser Debatte beiwohnen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 29

Bei einem Blick in die Vergangenheit kann man sehr viel für die Zukunft lernen und mitnehmen. Erlauben Sie mir daher einen gemeinsamen Blick in die Vergangenheit: Im Jahre 1918 wurde Tirol geteilt, Südtirol wurde abgetrennt; die Großmächte und das Schicksal wollten es so. Südtirol nahm eine leidvolle Geschichte. Das Land wurde italianisiert, die deutsche Sprache wurde in vielen Bereichen verboten, die Menschen wurden zu einer Minderheit in Italien. Mit der Option Ende der Dreißigerjahre wurden Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, Menschen wurde alles genommen, ganze Familien wurden zerrissen.

Südtiroler Siedlungen, Südtiroler Namen, Südtiroler Trachten, Südtiroler Vereine quer durch Österreich verstreut erinnern noch an die aus der Heimat vertriebenen Lands­leute.

Der Zweite Weltkrieg zog ins Land. Im Jahre 1946 schließlich wurde mit dem Pariser Abkommen, das wir alle unter dem Namen Gruber-De-Gasperi-Abkommen kennen, ein Vertrag abgeschlossen, mit dem die Grundlage für die Autonomie Südtirols geschaffen wurde. Trotz dieses Vertrags gab es Unzufriedenheit, Misstrauen und anhaltenden Widerstand zum Kurs aus Rom.

Auf Schloss Sigmundskron wurde im Jahre 1957 gefordert: Los von Trient! Politisch ging das knapp nicht durch, trotzdem gab es internationale Beachtung für die Südtirol­thematik.

Im Jahre 1960 brachte Bruno Kreisky das Thema für Österreich schließlich vor die UNO, und diese forderte die Streitparteien auf, den Konflikt einvernehmlich zu lösen. Im Juni 1961 – ich bin Baujahr 1960 – erreichte der Widerstand seinen Höhepunkt. In der sogenannten Feuernacht wurden über ganz Südtirol verstreut massive Spreng­stoffanschläge verübt; Infrastruktur wurde beschädigt. Die Freiheitskämpfer gaben ihre Antwort auf die Unterdrückung der Menschen in Südtirol und versuchten so, auf ihre Unzufriedenheit international aufmerksam zu machen. Es kam in der Folge zu vielen Verhaftungen, Folterungen und den sogenannten Schauprozessen – ein dunkles Kapitel in der Geschichte Südtirols.

Politische Verhandlungen in den Jahren 1960 und 1969 waren nicht von Erfolg ge­krönt, die Konflikte wurden nicht beigelegt. Erst nach mühseligen Verhandlungen trat im Jahre 1972 das sogenannte Zweite Autonomiestatut in Kraft. Es gab jedoch weiter Unzufriedenheit im Land Südtirol.

Der Durchbruch im Minderheitenkonflikt gelang erst im Jahre 1992, also viele Jahre später, mit der sogenannten Streitbeilegungserklärung. Darin erklärten sich Österreich und Italien bereit, den seit 1960 bei den Vereinten Nationen anhängigen Streit beizu­legen. Die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol wurde außer Frage gestellt. Es war der kürzlich verstorbene damalige Außenminister Alois Mock, der mit hohem persön­lichem Einsatz die Streitbeilegungserklärung vor der UNO erkämpfte. Wir sind ihm dafür auch heute noch dankbar. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)

Dankbar sind wir aber auch jenen Menschen, welche immer für Südtirol gekämpft haben: Ludwig Steiner, natürlich auch Bruno Kreisky, Erwin Niederwieser – heute auf der Galerie anwesend –, dem ehemaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol und auch dem Landeshauptmann außer Dienst Alois Durnwalder, welche sich laufend und immerwährend für Südtirol eingesetzt haben.

Es hat sich in den Jahren seit 1992 vieles verbessert und entschärft. Die Südtirol­auto­nomie ist heute ein Vorbildmodell für das Zusammenleben von Minderheiten – in Europa, aber auch weltweit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 30

Es ist ein Faktum – man braucht nur die tagespolitische Situation anzusehen –, dass Minderheitenkonflikte weltweit verbreitet sind, und so kann man heute auch nach Südtirol schauen und von dem dort verbrieften und gelebten Modell etwas lernen und etwas mitnehmen.

Auch durch den EU-Beitritt Österreichs 1995 und den Fall der Grenzbalken durch den Beitritt zum Schengenabkommen sind Nord- und Südtirol wieder stärker zusam­mengerückt. Die Südtirolautonomie ist eine Friedensregelung. Die Südtirolautonomie sichert und fördert das friedliche Zusammenleben von drei in Südtirol lebenden Sprachgruppen. Die Südtirolautonomie ist Grundlage und Chance für die lange geforderte und mit dem EU-Beitritt realisierte Europaregion Tirol.

Wir sollten aber, glaube ich, trotz positiver Entwicklung nicht jubeln. Wir müssen auch vorausdenken. Die Frage ist, wie wir gemeinsam die Südtirolautonomie optimieren und ausbauen können, und so werde ich mir heute erlauben, zum 25-jährigen Streit­beilegungsjubiläum vier Punkte in den Mittelpunkt der Weiterentwicklung für Südtirol zu stellen.

Erstens: Südtirol braucht so viel Autonomie wie möglich. Dies schafft neue Möglich­keiten für Südtirol. Die Autonomie muss dynamisch weiterentwickelt und an die ständig neuen Erfordernisse angepasst werden. Wie eine kürzlich präsentierte Studie beweist, hat es seit 1992 Kompetenzverschiebungen gegeben. Da brauchen wir dringend Anpas­sungen im Rechtsbereich.

Zweitens: Die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino muss noch stärker ausgebaut werden, um bereits bestehenden Wirtschaftsaustausch zu forcieren. Der Brennerbasis­tunnel als Jahrhundertprojekt eröffnet da sicher neue Chancen der grenzüberschreiten­den Zusammenarbeit.

Drittens: Grenzen in den Köpfen müssen gezielt abgebaut werden. Man muss das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Es gibt zum Beispiel Bereiche wie die faschistischen Relikte oder die Frage der Toponomastik bei den Orts- und Flurnamen, wo es Vernunft, Fingerspitzengefühl und Realitätssinn braucht.

Viertens: Ein Herzenswunsch von vielen Tirolerinnen und Tirolern, Südtirolfreundinnen und -freunden und auch von mir persönlich wäre die Begnadigung der heute noch im Exil lebenden Südtiroler Freiheitskämpfer. Ich kennen sie persönlich. Es ist ihr Schick­sal, dass sie seit den Sechzigerjahren ihre Heimat nie mehr betreten durften. Ich hoffe hier trotzdem noch auf positive Signale und eine menschliche Lösung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

Österreich wird auch in Zukunft die Schutzfunktion für Südtirol ausüben. Südtirol kann sich auf Österreich verlassen, jedoch braucht es einen verlässlichen gegenseitigen Austausch. Der Südtirolunterausschuss muss auch in Zukunft auf Basis des Auto­nomie­berichts die Südtirolanliegen hier im Hohen Haus vertreten und deren Um­setzung politisch einfordern.

Ich möchte mich an dieser Stelle heute auch bei den Mitgliedern des Südtirolunter­aus­schusses und bei den Südtirolsprechern der Parteien für die trotz teilweise unter­schiedlicher Sichtweisen kooperative – es steht bei uns immer das Ziel im Mittelpunkt – und tolle Zusammenarbeit bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS.)

Den Wunsch und die Vision von Landeshauptmann Arno Kompatscher, nämlich eine starke Europaregion, ein kleines Europa in Europa, teile ich aus Überzeugung und aufgrund meiner Einstellung. Es gibt derzeit viele aktuelle Kriegsschauplätze, Krisen­herde, Völkerrechtsverletzungen, Flüchtlingsströme, die uns zum Nachdenken bringen und zum Handeln zwingen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 31

Frieden wird es nur geben, wenn man bereit ist, die Konflikte zu lösen. Der Süd­tirolkonflikt wurde gelöst, es gab jedoch Opfer auf beiden Seiten. Dieser gedenken wir heute hier im Hohen Haus anlässlich dieser Aktuellen Stunde im Besonderen. Wir danken aber vor allem jenen Menschen – und es sind sehr viele, man kann sie nicht alle namentlich aufzählen –, die zur Streitbeilegung beigetragen haben. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS.)

9.17


Präsidentin Doris Bures: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich der Herr Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.17.39

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor allem aber geschätzte Gäste aus Südtirol, allen voran sehr geehrter Herr Landes­haupt­mann  ich darf dich hier ganz herzlich begrüßen, schön, dass du heute im Parlament bist! (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle wissen, das Ringen um die Autonomie war lange und zäh. Es hat viele Rückschläge gegeben, und wir können heute all jenen dankbar sein, die sich durch diese Rückschläge nicht haben beirren lassen, sondern alles getan haben, um die Südtirolautonomie zustande zu bringen, die wir heute in Südtirol erleben.

Das Ringen um die Streitbeilegung hat sich definitiv ausgezahlt, und ich möchte auch als Vertreter einer der nachfolgenden Generationen allen für das danken, was hier geleistet wurde. Ich möchte insbesondere einen erwähnen, dem unser Dank, glaube ich, ganz besonders gebührt, weil er in vielen Fragen, aber insbesondere auch in die­ser Frage wirklich unermüdlich aktiv war – und es war ein würdiger Abschluss, dass er 1992 die Streitbeilegungserklärung an die italienische Botschaft übergeben konnte –: Unser Dank gebührt allen, die sich da eingesetzt haben, allen voran unserem Dr. Alois Mock. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

Heute hat sich die Südtirolautonomie nicht nur bewährt, sondern es ist sogar gelungen, dass die Südtirolautonomie ein Vorzeigemodell für die Lösung von Minderheiten­konflikten in aller Welt geworden ist. Wenn wir heute in Krisengebiete blicken, dann ist es oftmals die Südtirolautonomie, die als Positivbeispiel erwähnt wird und von der viele versuchen zu lernen oder etwas abzukupfern.

Was wir aber heute auch erwähnen sollten, ist, dass nicht nur die Streitbeilegung ein wichtiger Schritt war, sondern dass auch der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union dazu geführt hat, dass sich die Situation noch einmal deutlich entspannt und auch weiter verbessert hat.

Durch den Beitritt zur Europäischen Union, durch die Möglichkeit der offenen Grenze zwischen Italien und Österreich ist die Europaregion Tirol nicht nur entstanden, son­dern auch gestärkt worden. Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und diese starke Europaregion Tirol sind jetzt etwas, was weit über unsere Grenzen hinaus strahlt. Wir haben mit der Europaregion Tirol eine Region, die sich wirtschaftlich, aber auch sozial gut entwickelt und ein Vorzeigebeispiel weit über unsere Grenzen hinaus ist.

Gerade aufgrund der positiven Situation sollten wir aber in der aktuellen Situation die Gefahren, die nach wie vor bestehen, nicht unterschätzen. Die Flüchtlingskrise hat uns gezeigt, dass die offenen Grenzen in Europa sehr schnell Geschichte sein können, wenn es keine funktionierenden Außengrenzen gibt. Wir müssen daher alles tun, um


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 32

unsere Außengrenzen zu schützen, um illegale Migration nach Europa zu stoppen, einerseits um das Sterben im Mittelmeer zu beenden (Zwischenruf des Abg. Neubauer), andererseits aber auch deshalb, weil es ohne Außengrenzen kein Europa ohne Grenzen im Inneren gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, zum Abschluss kann ich nur noch einmal fest­halten – und ich spreche da nicht nur für mich, sondern, wie ich glaube, für fast alle Österreicherinnen und Österreicher –: Südtirol ist uns eine Herzensangelegenheit. Österreich war immer an der Seite Südtirols, Österreich ist an der Seite Südtirols und Österreich wird immer an der Seite Südtirols bleiben. – Vielen Dank für Ihr heutiges Kommen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abgeordneten Schieder und Hell.)

9.21


Präsidentin Doris Bures: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass jeder weitere Redner und jede weitere Rednerin laut Geschäftsordnung 5 Minuten Redezeit hat.

Erster Redner: Herr Klubobmann Mag. Schieder. – Bitte.

 


9.22.27

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Außenminister! Liebe Gäste aus Tirol – jene aus Südtirol, aber auch jene Gäste, die aus Nordtirol gekommen sind! Herzlich willkommen, sehr geehrte Damen und Herren! „25 Jahre Streitbeilegung“ ist ein guter Grund für eine Aktuelle Stunde, weil es nicht nur ein historisches Ereignis ist, sondern natürlich auch viele aktuelle Fragen in sich trägt.

Die Frage Südtirols und des Schicksals des Landes und der dort lebenden Menschen ist seit der Fehlentscheidung von Saint-Germain immer auf dem internationalen politi­schen Parkett gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg – das erfährt man, wenn man nachliest – war es Karl Renner, der schon während seiner ersten Kontakte mit den Alliierten auf die Südtirolfrage hingewiesen und auch wieder darauf hingewiesen hat, dass Südtirol besser wieder zu Österreich kommen sollte. In der Folge haben – einer meiner Vorredner hat bereits das Gruber-De-Gasperi-Abkommen erwähnt – alle Regierungen Österreichs das Thema Südtirol immer ganz oben auf ihrer politischen und außenpolitischen Agenda gehabt.

In den Sechzigerjahren hat Bruno Kreisky das Thema Südtirol vor die UNO-Vollver­sammlung gebracht. In den Jahren 1969 bis 1971 gab es auch hier im österreichischen Parlament und in dessen Folge dann auch in Italien Ratifizierungen. 1972 ist dieses Autonomiestatut geschaffen worden. Alois Mock, Ludwig Steiner sind in diesem Zusammenhang auch zu erwähnen. 1992 ist dann offiziell festgestellt worden, dass der Pakt im vollen Umfang realisiert sei. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Aus diesem Grund begehen wir heuer das Jubiläum der Streitbeilegung vor 25 Jahren.

Ich habe in diesem Zusammenhang gestern auch noch mit Franz Vranitzky, dem damaligen Bundeskanzler, und Peter Jankowitsch, dem großen Freund Südtirols und ehemaligen österreichischen Außenminister, telefoniert, die anlässlich dieser Debatte die besten Grüße ausrichten lassen.

Das ist eine bewegte Geschichte, eine Geschichte mit vielen dunklen Seiten: Zwangs­italianisierung, der Aufstand der Bumser, Schauprozesse und all diese Fragen. Wenn wir aber heute auf Südtirol schauen, sehen wir eine Insel des Wohlstands, der Prospe­rität, ein Vorbild zum Beispiel in Bezug auf die Gesamtschule, denn Südtirols Kinder schneiden beim PISA-Test besser ab – und das wird wohl auch an dem sehr guten


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Schulsystem in Südtirol liegen –, aber auch in Bezug auf Tourismus oder öffentlichen Verkehr – jeder zweite Südtiroler hat eine Jahreskarte.

Wir müssen aber auch wachsam sein. Daher ist heute auch nicht der Tag, an dem man sagt: Alles ist super! – Die gelebte Autonomie muss ständig verteidigt werden, und Österreich als Schutzmacht dieses Autonomiestatuts hat da auch immer eine Rolle wahrzunehmen. Es geht darum: Kann die Autonomie finanziell immer geregelt werden? Wird bei den doch sehr häufigen italienischen Verfassungsdiskussionen aus­reichend Rücksicht auf die Interessen Südtirols und die Notwendigkeiten der Auto­nomie genommen? All diese Fragen haben uns gerade in der jüngeren Vergangenheit auch intensiv beschäftigt und wurden, glaube ich, grosso modo auch gut beantwortet.

Südtirol ist auch Vorbild für viele Konfliktfälle innerhalb Europas, in deren Zuge Minderheiten und Nationen mehr Selbständigkeit suchen. Südtirol ist letztendlich auch ein Loblied auf die europäische Integration, denn im vereinten Europa ist der Brenner zum Glück – und wenn wir alle keinen Blödsinn machen, dann wird es auch so bleiben – keine Grenze mehr, und er soll auch keine Grenze sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn er ist letztlich nur ein Bergpass innerhalb Tirols! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Im vereinten Europa heißt es aber auch, dass man alles gleichzeitig haben kann, nämlich die Heimat Tirol haben kann, das Vaterland Österreich haben kann, die Staatsbürgerschaft Italiens haben kann und die europäische Identität haben kann. Das ist das Schöne an Südtirol – und wir werden mit unseren Südtiroler Freunden auch immer darauf schauen, dass dieser erfolgreiche Weg weiter beschritten werden kann! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Willi und Aslan.)

9.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


9.26.55

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Außenminister! Liebe Gäste aus Italien! Liebe Südtiroler, Südtiro­lerin­nen, die Sie heute hierhergekommen sind! Jeder Klub hat hier als Fraktion zwei­mal im Jahr die Möglichkeit, eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Uns sind Südtirol und diese Streitbeilegung so wichtig, dass wir gesagt haben: Wir machen heute hier diese Aktuelle Stunde, die wir den Südtirolern widmen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Krist.)

Ja, es sind bereits 25 Jahre vergangen, seit es zu dieser Streitbeilegung gekommen ist; und es ist vorher schon angesprochen worden: Bis dahin war es ein langer Weg, um die Interessen der Südtiroler zu wahren und auch dem Grundprinzip des Pariser Vertrages, dem Gruber-De-Gasperi-Abkommen, wie er genannt wird, zu entsprechen, sodass Österreich seine Schutzfunktion bestmöglich wahrnimmt.

Klubobmann Schieder hat schon verdiente Sozialdemokraten genannt, denen Südtirol ein besonderes Anliegen war, und ich bin mir sicher, dass nach mir Klubobmann Strache auch aus seiner Fraktion Mandatare nennen wird und auch nennen kann. Auch in unseren Reihen gibt es viele, denen Südtirol ein Herzensanliegen war, wie es auch der Außenminister bei einer Veranstaltung und auch heute hier im Hohen Haus angesprochen hat. Es ist tatsächlich vielen Mandataren hier ein Herzensanliegen, für Südtirol etwas zu machen.

Weil es ihm eben ein Herzensanliegen war, war es Nationalratspräsident Khol, der seinerzeit erreicht hat, dass wir hier einen eigenen Südtirolausschuss haben; und dieser Südtirolunterausschuss ist schon etwas Besonderes. Abgeordneter Gahr, der


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vor mir gesprochen hat, ist als Ausschussvorsitzender sehr engagiert. Lieber Hermann Gahr, ich danke dir, im Namen aller Fraktionen, dass du so viel für diese außer­ge­wöhnlich guten Beziehungen zwischen unserem Parlament und dem Südtiroler Land­tag tust. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Willi.)

Wir mussten vor wenigen Tagen Abschied von Alois Mock nehmen. Alois Mock ist ein Weiterer, den ich hier nennen möchte, denn Alois Mock war im Juni 1992 Außen­minister – es war der 11. Juni 1992 –, als er davon gesprochen hat, dass durch diese Streitbeilegung, durch das Autonomiepaket ein Stück europäischer Geschichte ge­schrieben wird. Im Rückblick ist so etwas immer einfacher, denn heute kann man davon sprechen, dass das ein Modell ist, wie es auch Klubobmann Schieder gesagt hat. Ja, es ist ein Modell eines starken Minderheitenschutzes, ein Modell einer dyna­mischen Entwicklung. Damals war das noch ein schwieriges Unterfangen – das Ende der ersten italienischen Republik –, es war ein Wagnis, das damit eingegangen worden ist; und es hat niemand gewusst, wie die Entwicklung sein wird. Jetzt können wir sagen, Gott sei Dank waren alle Beteiligten damals so mutig, diesen Schritt zu setzen. Die Autonomie kommt ja allen in Südtirol lebenden Menschen, allen Volksgruppen zugute.

Was hier geleistet wird, was die Rechte der deutschsprachigen Minderheit betrifft, was diese sprachliche, diese kulturelle Eigenständigkeit betrifft, ist natürlich vorbildlich und auch ein Musterbeispiel eines friedlichen Zusammenlebens. Gerade in Zeiten wie diesen zeigt es sich, wie wichtig es ist, dass man auf solch positive Beispiele verwei­sen kann.

Wir sollten aber auch den Blick in die Zukunft richten, und wir müssen alles tun, damit diese Zukunft eine ist, in der wir keine Grenzbalken brauchen und kein Grenzbalken Südtirol von Tirol trennt. Um das zu erreichen, müssen wir an den EU-Außengrenzen alles tun.

Das sage ich jetzt auch Richtung Italien gerichtet: Wir haben gehört, dass gestern wieder eine Rekordzahl an Flüchtlingen in Italien angekommen ist: Da muss etwas geschehen, was die EU-Außengrenze betrifft, da muss etwas geschehen, was diese Mittelmeerroute betrifft. Da darf die Europäische Union nicht tatenlos zusehen. Da sind wir gefordert, auch diese Route zu schließen; bei der Westbalkanroute ist das schon gelungen, meine Damen und Herren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der ÖVP.)

Da ich schon am Ende meiner Redezeit bin, sage ich nur noch kurz, wie es in Zukunft sein soll und was die Voraussetzung dafür ist, dass wir diese Schutzfunktion wahrnehmen können: erstens sehr gute bilaterale Beziehungen mit Italien (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), zweitens ein guter Dialog und drittens ein Konsens aller Parteien hier im Parlament in der Südtirolfrage. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Krist und Schieder.)

9.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


9.32.34

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf auch ausdrücklich die Gäste aus Südtirol recht herzlich begrüßen: Herrn Landeshauptmann Kompatscher, Herrn Landeshauptmann außer Dienst Durnwalder, die Vertreter des Südtiroler Land­tags und auch die Vertreter des Schützenbundes. Natürlich darf ich auch den ehe­maligen Nationalratspräsidenten Dr. Khol auf der Galerie begrüßen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 35

Ja, Südtirol ist eine Herzensangelegenheit für uns Freiheitliche, und ja, Südtirol hat eine unglaublich leidvolle Geschichte erleben und erleiden müssen. Wir haben Unrecht erlebt – auch in Südtirol. Ein Teil Tirols wurde unserem Heimatland entrissen, und wir haben in der Folge eine jahrzehntelange Entwicklung erleben müssen, während der man darum kämpfen musste, überhaupt Autonomierechte zu erhalten, die selbstver­ständlich auch heute in vielen Bereichen nicht ganz so rosig aussehen, wie wir gehört haben, und die durchaus immer wieder aufs Neue bestätigt und ausgeweitet werden müssen und die man sich erkämpfen muss.

So gesehen ist es wichtig, nicht nur Lippenbekenntnisse zum Besten zu geben, denn bei dem Unrecht, das passiert ist, könnte die Wunde natürlich im Optimalzustand dadurch geheilt werden, dass man in Zukunft hoffentlich auch wieder eine Landes­einheit in einem Europa, das zusammenarbeitet und in dem man keine Grenzen mehr hat – so wie wir heute gehört haben –, erlebt. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Eine unkritische Beweihräucherung anlässlich 25 Jahre Streitbeilegungserklärung werden Sie daher von uns sicher nicht hören. Man darf nämlich nicht vergessen, dass zu diesem Anlass vor 25 Jahren ein tiefer Riss durch die politische Landschaft Süd­tirols gegangen ist, dass die Streitbeilegungserklärung damals äußerst kontrovers dis­kutiert worden ist und dass sich damals Teile der Südtiroler Volkspartei, die damalige Union für Südtirol und der Schützenbund energisch gegen diesen Akt gewehrt haben, weil man vor allem die mangelnde internationale Absicherung der Autonomie zu Recht befürchtet hat.

Trotz einer durchaus positiven Entwicklung Südtirols in den letzten 25 Jahren ist das Thema der internationalen Absicherung der Autonomie noch immer nicht geklärt. Auch heute noch ziehen italienische Regierungspolitiker die Schutzmachtfunktion Öster­reichs in Zweifel und bezeichnen Südtirol als rein inneritalienisches Problem, viele stellen sogar den Stellenwert der Autonomie auf staatlicher Ebene infrage. Das heißt, da sind wir natürlich als Schutzmacht gefragt und da haben wir uns auch immer wieder schützend vor die Südtiroler zu stellen. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Beispielsweise hat im März dieses Jahres der Senator Stefano Esposito des Partito Democratico im italienischen Fernsehen regelrechte Hasstiraden gegen Südtirol losgelassen und zur Beseitigung der angeblichen Autonomieprivilegien aufgerufen. Selbst bei einer angenommenen internationalen Absicherung der Autonomie bestehen ernsthafte Zweifel, wie weit die Klagebefugnis Österreichs bei Verletzungen der Südtirolautonomie reichen würde.

Das Rechtsgutachten, das 1992 vom Innsbrucker Universitätsprofessor Franz Matscher im Auftrag der österreichischen Bundesregierung erstellt wurde, kommt zum Schluss, dass da nur eine sehr erschwerte Klagemöglichkeit für Österreich besteht; außerdem präjudiziert die Streitbeilegung in keiner Weise das den Südtirolern zustehende Selbst­bestimmungsrecht. – Und ich sage: Darauf kann und wird man niemals verzichten! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Natürlich ist es so, dass die Streitbeilegung kein Ende der Geschichte darstellt. Das hätten viele gerne, aber das ist natürlich nicht der Fall.

Natürlich muss man auch festhalten, Südtirol ist nicht nur eine Herzensangelegenheit, sondern da haben wir alle in diesem Hohen Haus auch eine Verantwortung. So gesehen möchte ich auch unserem Südtirolsprecher Werner Neubauer herzlich für seinen Einsatz in den letzten Jahren und dafür danken, dass er dieses Problem immer wieder in das Bewusstsein gerade auch dieses Hohen Hauses gerufen hat. Es ist ja auch die historische Aufgabe Österreichs, den ethnischen und kulturellen Bestand der deutschen und ladinischen Volksgruppen in Südtirol und deren Autonomierechte bis


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zur Verwirklichung eben des Selbstbestimmungsrechts mit allen verfügbaren demokra­tischen Mitteln sicherzustellen.

Natürlich wäre es auch schön, wenn wir die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler ermöglichen würden, denn sie sind natürlich Altösterreicher und ein Teil unseres österreichischen Vaterlandes. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.) Das wäre auch ein besonderes Zeichen dafür, dass man sich auf uns verlassen kann und dass diese Schutzmachtfunktion gelebt wird.

Natürlich wäre es schön, wenn man endlich bezüglich der Südtiroler Freiheitskämpfer, die damals das Problem richtig ins Bewusstsein der internationalen Gemeinschaft ge­bracht haben, sicherstellen würde, dass die Südtiroler Freiheitskämpfer endlich eine Begnadigung erleben.

Natürlich stehe ich auch nicht an, dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky für seinen Einsatz, der damals wirklich ein ernsthafter und ehrlicher war, zu danken – und natürlich auch allen hier im Hohen Haus bis hin zum verstorbenen Alois Mock, denn jeder hat hier seinen Beitrag geleistet, da oder dort mit einer ein bisschen unterschiedlichen Facette. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Lugar.) Manchmal hätte ich mir mehr gewünscht, aber trotzdem ist es wichtig, dass wir uns da hoffentlich bei allen Unterschieden im wesentlichen Kern treffen und nicht auseinan­derdividieren lassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie der Abgeordneten Gisela Wurm und Lugar.)

9.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


9.38.20

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Liebe Gäste aus Südtirol und Tirol! Meine Damen und Herren! Ich hatte in der ersten Klasse Gymnasium einen Geografielehrer, der aus Südtirol stammte, und wenn er uns Elfjährige gefragt hat, wohin man kommt, wenn man über den Brenner fährt, und wir geantwortet haben: Nach Italien!, mussten wir uns mit einem Nicht genügend setzen, denn wer über den Brenner fährt, der kommt nach Südtirol.

Diese kleine Geschichte zeigt, wie jene Generation gelitten hat, die die schmerzliche Trennung Südtirols von Tirol mit all ihren ungerechten Abschnitten erlebt hat. Dieser mein Lehrer hat sich als Teil einer unterdrückten Minderheit gefühlt, und dieses Gefühl wollte er uns Jüngeren weitergeben.

Ich selbst gehöre ja noch der Generation an, die das Trennende der Brennergrenze erlebt hat: die Kontrollen, die eine oder andere Schikane, das Schimpfen auf die Walschen, das mit vielen Geschichten unterlegt wurde, damit wir verstehen, was das bedeutet.

Ich habe aber auch hautnah miterleben dürfen, was möglich ist, wenn Politikerinnen und Politiker mit strategischem Denken, mit Respekt und mit Verständnis für die Position des anderen miteinander verhandeln und versuchen, eine Lösung zu finden.

Vor vielen Jahrzehnten hat ein ÖVP-Politiker in einer sehr strittigen Frage in diesem Haus erzählt, wie mühsam es war, eine Einigung zu erzielen, aber er hat gesagt: Über allem stand der Wille zur Einigung! Und ich glaube, es war auch dieser Wille zur Einigung, der letztlich dazu geführt hat, dass nach einem sehr schwammigen, schwachen Pariser Abkommen über das Erste und Zweite Autonomiestatut diese Streitbeilegungs­erklärung 1992 möglich wurde, deren 25. Jahrestag wir heute feiern. Das Autonomie­statut ist heute eine solide Basis, die den heutigen Bedürfnissen der drei im Lande lebenden Sprachgruppen gerecht wird.


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Wenn wir heute auf Südtirol schauen, so dürfen wir mit Freude feststellen: Das Land südlich des Brenners ist eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen Europas. Die Autonomie ist aber work in progress, Anpassungen an die Zeit sind sinnvoll und möglich, aber nur, wenn alle Beteiligten zustimmen. Und dazu gehört auch die Re­publik Österreich, die die Schutzmachtfunktion auch weiterhin mit allem Nachdruck ausüben wird. Das ist uns allen, glaube ich, einhellig wichtig. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Der größte Reichtum Südtirols sind für mich neben der Natur und der Kultur und der Kulturlandschaft vor allem die kulturelle und sprachliche Vielfalt. Wenn ich in Südtirol geboren und dort aufgewachsen wäre, würde ich zwar in eine muttersprachliche Schule gehen, aber ich würde zweisprachig aufwachsen. Nach fünf Jahren wechsle ich in eine Mittelschule, in eine Gesamtschule, in der auch behinderte Kinder mit unter­richtet werden, Kinder aus allen sozialen Schichten, und wenn ich Glück habe, spreche ich mit 14 Jahren vielleicht sogar vier Sprachen: Deutsch, Italienisch, Englisch, Ladi­nisch.

Das ist ein Reichtum, den man als solchen auch sehen und begreifen muss. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.) Diese Chance der Zwei­sprachigkeit, der Mehrsprachigkeit ist in Europa ein riesiger Startvorteil.

Aber auch das Aufeinandertreffen der alpenländischen Kultur mit jener der Italiener ist eine Bereicherung. Jeder, der in Südtirol ins Restaurant geht, weiß um die Vorzüge der alpenländischen Küche, die sich mit den Vorzügen der italienischen Küche verbindet. (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn man auf Architektur, Mode, Design, Lebensart blickt, dann sieht man auch diese Verbindung zwischen dem Alpenländischen, das natürlich prägend ist, und den italienischen Einflüssen, die noch dazu europäisch inspiriert sind.

Ich komme zum Schluss: Was als sehr schwammiges Gruber-De-Gasperi-Abkommen auf zwei Seiten begonnen hat, ist nach einem langen Prozess ein sehr detailliertes Autonomiestatut geworden, von dem man mit Fug und Recht heute wohl als Magna Carta Südtirols sprechen kann. Die drei offiziellen Sprachgruppen des Landes haben viel an Misstrauen abgebaut, aber vieles bleibt auf diesem Weg der Verständigung noch zu tun.

Wenn wir den Willen zur Einigung, der in Südtirol gelebt wurde und zum Erfolg geführt hat, politisch leben, ist jedenfalls viel mehr möglich, als viele denken. Kleingeisterei und ewig gestriges Denken sind Gift für das fruchtbare Miteinander von Mehrheit und Minderheit. Vielmehr sind Toleranz und Offenheit füreinander der Nährboden, auf dem die Region Tirol-Südtirol-Trentino weiterwachsen kann und weiterhin Vorbild für Auto­nomien in der ganzen Welt sein kann.

Auf diesem Weg wünsche ich der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino alles Gute. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und NEOS.)

9.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 


9.44.12

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freunde aus Südtirol! Herr Landeshauptmann! Herr Altlandeshauptmann! Liebe Präsidentin! Lieber Präsi­dent! Das ist tatsächlich ein freudvolles Jubiläum: 25 Jahre Streitbeilegung vor den Vereinten Nationen. Südtirol ist zu einem Leuchtturm für ein gelingendes Miteinander geworden, ein respektierter Leuchtturm, der weltweit strahlt. Ich kann mich erinnern, ich war vor 20 Jahren in Hongkong und wurde dort auf Südtirol angesprochen und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 38

gefragt, wie die das gemacht haben. Das wird weltweit mit großer Aufmerksamkeit studiert. Ich habe die Nachfragen von Studierenden auch in Indonesien gehört: Wie machen das die Südtiroler? – Das heißt, hier ist schon etwas gelungen, auf das man stolz sein kann. (Abg. Schieder: Warst du auch schon einmal in Südtirol?)

Andreas, ich bin gerne in Südtirol. Ich bin öfter in Südtirol. Ich schätze Südtirol sehr. Und wenn ich durch Südtirol durchfahre, dann denke ich mir: Welch blühende Landschaften! (Abg. Lopatka: Durchfahren ist schlecht! – Abg. Schieder: Ich bleibe immer stehen!) – Ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit von den Klubobleuten der Regie­rungsparteien! Ich glaube, zuhören ist eine Frage des Respekts. Natürlich: Um irgend­wo anzukommen, muss ich irgendwo durchfahren – das ist schon okay, Herr Lopatka, oder? Wenn Sie erlauben, werde ich nun meine Ausführungen fortführen.

Also: Egal, ob ich in Meran bin, in Bruneck im Pustertal oder in Bozen, das sind blü­hende Landschaften. Ob ich vor dem Schlern stehe, voller Staunen auf die Natur­gewalten in diesem wunderbaren Land, das ist ein blühendes Land, und dieses Blühen hat etwas zu tun mit organisiertem Miteinander. Wenn das nicht organisiert wird – das ist konstante Beziehungsarbeit –, dann wird das nicht blühen. Und dazu gratuliere ich allen, die hier mit kultivieren. Das ist Kultivierarbeit in großem Stil, über viele Jahr­zehnte. Und mir ist völlig klar, da muss man auch dranbleiben.

Wenn wir uns jetzt fragen: Was kann das Vermächtnis dieses Integrationsprozesses für die Herausforderungen sein, die wir in diesen Tagen haben?, dann möchte ich den Fokus auf Aussprüche legen wie: Wir müssen den Brenner zumachen! Es ist noch kein Jahr her, dass der Verteidigungsminister eine Schlagzeile mit der Schließung des Brenners gemacht hat, ich zitiere: „so schnell wie möglich“. Auch der Außenminister hat nicht ausgeschlossen, dass wir den Brenner schließen müssen. – Ich glaube, das ist das Vermächtnis dieses Prozesses der letzten Jahrzehnte, denn wir müssen begreifen: Entweder ist es ein Miteinander oder es artet in einem Gegeneinander aus.

Wenn ich in Brüssel im Drei-Länder-Büro der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino bin, dann wird mir umso mehr bewusst: Auch das ist ein Vorbild in einer Qualität, wie es keine andere Region in Europa bisher geschafft hat. Das heißt, sie sind hier Pioniere. Und ich finde es nicht okay, wenn wir nicht mehr in diese Gemeinsamkeit investieren, sondern wenn wir angesichts der großen Herausforderungen, Herr Außenminister, die wir bei diesen Flüchtlingsbewegungen natürlich haben, derzeit registrieren müssen, dass viele nationalstaatliche Regierungen sagen: Hauptsache, nicht mein Problem!

Es ist doch völlig klar, dass wir die Herausforderungen, die wir hier haben, gemeinsam meistern müssen. Wir können Italien und Griechenland hier nicht allein lassen. Wir können auch nicht sagen, es ist nicht unser Problem, solang es bei denen hängt, denn wenn es lang genug bei denen hängt, werden sie es auch wieder zu unserem machen. Und jetzt können wir es uns aussuchen: Wollen wir in den 28 Nationalstaaten die Probleme jeweils dem Nachbarn zuschieben, oder versuchen wir, sie gemeinsam zu lösen?

„Gemeinsam zu lösen“ setzt den Willen und die Entschlossenheit für ein Miteinander voraus. Und wären dieser Willen und diese Entschlossenheit bei vielen Männern und Frauen vor 25 Jahren und die Jahre davor nicht vorhanden gewesen, dann wäre es nicht zu dieser Streitbeilegung gekommen. Und das ist heute ein Jubiläum, aber es ist gleichermaßen auch ein Mahnmal: Wir sind verpflichtet zum Miteinander, und dazu muss man sich immer wieder neu bekennen. Und das Bekenntnis erkennt man am besten an der Tat: An den Taten sollt ihr sie erkennen.

Abschließend: Ich kann mich erinnern, Herr Durnwalder, ich war vor über 20 Jahren mit dem Akademischen Senat im Felsenkeller in der Laimburg, dem Landesweingut der Südtiroler, und habe damals dieses Selbstbewusstsein dieses Landes begriffen. Ihr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 39

habt euch das erarbeitet, und ich meine, dieser Leuchtturm soll noch Jahrzehnte und Jahrhunderte strahlen. Ihr tut euch gut – und ihr tut uns gut! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

9.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


9.49.35

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Die Herren Bun­desminister! Hohes Haus! Sehr verehrte Ehrengäste aus Südtirol auf der Galerie! Es freut mich, dass Sie hier sind. Ich werde dann auf den einen oder anderen noch ein­gehen.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute über 25 Jahre Streitbeilegung Südtirol sprechen, dann kann man auf der einen Seite sagen, es ist Grund zur Freude, auf der anderen Seite sollte man aber den Schmerz nicht vergessen, diese Schmerzlinie, die vor hundert Jahren gezogen wurde.

Im Moment sind sehr viele Zeltfeste, Schützenfeste. Vor eineinhalb Wochen haben wir in meiner Heimat ein großes Fest gehabt, zu Fronleichnam, wo unsere Schützen­kompanie immer wieder ausrückt – ich bin der Hauptmann dieser großen Schützen­kompanie –, und da singt man, wenn die Musik aufspielt, „Dem Land Tirol die Treue“, und die Menschen stehen auf den Bänken und singen den Text mit. Ich möchte jetzt aus diesem Text ein paar Zeilen zitieren, Ihnen das nahebringen, was da gesungen wird:

Ein harter Kampf hat dich entzwei geschlagen,

von dir gerissen wurde Südtirol.

Die Dolomiten grüßen uns von Ferne

in roter Glut zum letzten Lebewohl.“

Und dann heißt es weiter unten:

„Tiroler Schützen halten dir die Treue,

so lange ihre Herzen noch erglühn.“

Meine Damen und Herren! Als Vorarlberger Schütze möchte ich das hier sagen: Auch wir halten dem Land Südtirol die Treue, und wir haben nicht vergessen, was vor hundert Jahren geschehen ist. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich habe am Anfang meiner Rede auch davon gesprochen, dass ein tiefer Riss durch das Land gegangen ist, und dieser tiefe Riss war die Abtrennung Südtirols von Österreich. Und jetzt komme ich zu den Freunden aus Südtirol: Ich habe gestern die Resolution einiger Landtagsabgeordneter aus Südtirol erhalten, durch Sven Knoll, meinen guten Freund aus dem Südtiroler Landtag. Ich möchte Ihnen, bevor ich Ihnen die Resolution vortrage, etwas aus der Begründung dazu vorlesen, damit die Menschen an den Fernsehschirmen mitbekommen, worum es hier wirklich geht. Da steht unter anderem drinnen:

„In Italien werden immer mehr Stimmen laut, die behaupten, dass die Südtiroler 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg keine österreichische Minderheit mehr seien und daher auch kein Anrecht mehr auf eine Autonomie hätten. Die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Südtiroler ist daher eine der wichtigsten Maßnahmen der nächsten Jahre zur Absicherung der Südtirol-Autonomie (...)“.

Meine Damen und Herren! Sie wissen, ich habe mich immer für die Doppel­staats­bürgerschaft der Südtiroler sehr stark gemacht, dass die Südtiroler die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen. Ich bin nach wie vor der Meinung: Wenn jemandem


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 40

von außen die österreichische Staatsbürgerschaft zusteht, dann sind das die Süd­tiroler, denn sie sind nicht von außen, sie sind von innen geraubt worden. Das muss man klar sagen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es wäre ein gutes Zeichen dieses Nationalrates, hier einen Schritt zu setzen und ein Signal an Südtirol zu senden, aber auch an Italien, dass die Südtiroler die Schutzmacht Österreich im Rücken haben. Es ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, dass wir diese Signale setzen. Dieser Nationalrat wird das wahrscheinlich nicht mehr machen, ich werde dem nächsten Nationalrat nicht mehr angehören, aber ich appelliere an diejenigen, die nach der nächsten Wahl hier herin­nen sitzen werden, dass sie dieses Ziel weiterverfolgen und endlich etwas Vernünftiges in diese Richtung vorwärtsbringen – und nicht nur schön daherreden, meine Damen und Herren. Das ist eine klare Bitte. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Da das Licht schon blinkt, werde ich jetzt schnell die Resolution vorlesen, da steht drinnen:

„1. Die Abtrennung Südtirols vom Vaterland Österreich und die Teilung Tirols sind ein fortwährendes Unrecht, zumal der Bevölkerung bisher eine demokratische Volks­abstim­mung verweigert wurde.

2. Gemäß Art. 1 der UN-Menschenrechtspakte steht auch den Südtirolern das Recht auf Selbstbestimmung zu.

3. Die Streitbeilegung präjudiziert in keinster Weise das den Südtirolern zustehende Selbstbestimmungsrecht. Die Streitbeilegung ist nicht die Lösung des Südtirol-Problems, sondern Ausgangspunkt für eine konsequente Weiterentwicklung der Auto­nomie mit dem Ziel, die völlige Selbstverwaltung und Unabhängigkeit vom italienischen Nationalstaat zu erreichen.

4. Solange Südtirol noch zum italienischen Staat gehört, gilt es, die Autonomie auszu­bauen und zu festigen. Die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Südtiroler bildet dafür eine essentielle Grundlage, welche daher mit Nachdruck angestrebt wird.

5. Die Begnadigung der im Exil lebenden Südtiroler Freiheitskämpfer ist ein längst überfälliger Akt der Menschlichkeit, aber auch der Wiedergutmachung für die von Italien begangenen Verbrechen in Südtirol.“

Ich glaube, dabei können wir es belassen, das wäre die richtige Vorgangsweise. – Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.55

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


9.55.13

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Gäste, mit einem besonderen Gruß an die Südtiroler! Hohes Haus! Die heutige Aktuelle Stunde hat, das gebe ich zu, für mich eine gewisse Brisanz. Als ich im Juli 1959 das Licht der Welt erblickte, habe ich sicher nicht daran gedacht, dass ich knapp 58 Jahre später hier im Hohen Haus als Abgeordneter zu 25 Jahren Streitbeilegung eine Rede halten darf. Aber es war genau 1959, als Bruno Kreisky sich der Südtirolthematik intensiv angenommen hat, die er 1960 vor die UNO brachte und mit Nachdruck verfolgte, weil Italien nicht einlenken wollte.

Es folgten Jahre intensiver Diskussionen und Konsultationen, aber auch öffentlichkeits­wirksamer, oft bedenklicher Aktionen und auch Reaktionen. Südtirol rückte damit auch international in den Mittelpunkt des Interesses.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 41

1969 stimmte die Südtiroler Volkspartei dem sogenannten Paket mit 137 ausge­handelten Maßnahmen zu, das Zweite Autonomiestatut trat mit Jänner 1972 in Kraft. Es hat 20 weitere Jahre gedauert, bis die wesentlichen Punkte realisiert wurden. Nachdem Ministerpräsident Giulio Andreotti am 20. Jänner 1992 das Paket für erfüllt erklärt hatte, übergab Italien an Österreich eine diplomatische Note.

Das Stenographische Protokoll der 72. Nationalratssitzung der XVIII. Gesetzgebungs­periode gibt ausführlich Auskunft über die sehr intensive Diskussion hier im Hohen Haus – das war im Juni 1992. Es waren aus unseren Reihen namhafte Abgeordnete am Wort, einer davon war Peter Schieder, der Vater unseres heutigen Klubobmanns, der in seiner Rede weit zurückblickte und Otto Bauer zitierte, jenen Otto Bauer, der als Staatssekretär des Äußeren in der Konstituierenden Nationalversammlung 1919 die Frage stellte, ob die alliierten Mächte, als sie über Deutsch-Südtirol entschieden, das Tiroler Volk und dessen Freiheitssinn und Selbstbewusstsein eigentlich gekannt hätten.

Es war Bundeskanzler Franz Vranitzky, der in der gleichen Sitzung sagte:

„Wir sind nach eingehender Überprüfung aller Maßnahmen, die von der italienischen Regierung getroffen wurden, zu der Überzeugung gelangt, daß“ das Paket erfüllt ist „und daß daher der Zeitpunkt für die formelle Streitbeilegung gekommen ist.“ Die Schutzmachtfunktion bleibe aber aufrecht und es liege kein Verzicht auf das Selbst­bestimmungsrecht Südtirols vor.

Es war auch Peter Jankowitsch, der in dieser Sitzung sagte:

Immer wieder sind „von der österreichischen Volksvertretung wichtige Impulse auf die österreichische Südtirol-Politik ausgegangen, hat dieses Hohe Haus das Schicksal Südtirols als treuer Wächter und Hüter seiner Rechte begleitet. Und während so manche (...) Südtirol im Stich gelassen haben in seiner langen und leidvollen Ge­schichte, ist das österreichische Parlament immer an der Seite Südtirols gestanden, und zwar in guten und in schlechten Tagen.“

Meine Damen und Herren ! Diese Worte möchte ich auch persönlich unterstreichen, und sie haben für mich heute – 2017 – genauso Gültigkeit wie seinerzeit 1992.

Schlussendlich möchte ich meinen Freund und langjährigen Vorgänger als Südtirol­sprecher unserer Fraktion, Erwin Niederwieser, der heute auch anwesend ist, zitieren:

„Die Erklärungen Österreichs und Italiens an die Vereinten Nationen, daß der Streit zwischen diesen beiden Ländern beigelegt ist, sind mehr als ein formaler Akt. In einer Epoche der Weltgeschichte, in der sich die Vereinten Nationen nahezu tagtäglich neuen Konflikten gegenübersehen, die ihre Wurzeln in nationalistischen Strömungen einerseits und in der Mißachtung und Unterdrückung der elementaren Rechte von Minderheiten andererseits haben, in dieser Epoche zeigen Österreich und Italien und zeigt Südtirol der Welt, daß solche Konflikte auch friedlich bereinigt werden können.“

Lieber Erwin! Diese Worte waren 1992 richtig und haben heute auch noch hohe Geltung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Liebe Südtirolerinnen und Südtiroler! Die von mir zitierten Abgeordneten und Regierungsmitglieder waren große Politiker der Sozialdemo­kra­tischen Partei, haben meinen größten Respekt. Sie haben mit großem Ehrgeiz, Fingerspitzengefühl und Sachkenntnis für die Autonomie Südtirols gekämpft. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auch Leopold Figl, Karl Gruber, Kurt Waldheim und Alois Mock nicht unerwähnt lassen.

Natürlich hat es 1992 auch kritische Stimmen gegeben, natürlich wurden viele Be­fürchtungen in den Raum gestellt, nur: Wie haben sich die Autonomie, das Zusam­menwirken von Rom und Bozen, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 42

Süd­tirol seit 1992 entwickelt? – Ich denke, ohne Zweifel sagen zu können: sehr erfreulich und sehr positiv! Starke und zukunftsorientierte Landeshauptleute haben Südtirol geprägt und zu einem selbstbewussten und wirtschaftlich erfolgreichen Land gemacht. Silvius Magnago, Luis Durnwalder und aktuell Arno Kompatscher (Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen) waren und sind Garanten für eine dyna­mische Weiterentwicklung der Südtiroler Autonomie. Als Abgeordnete des österreichi­schen Parlaments, als sozialdemokratischer Parlamentsklub werden wir diesen Weg begleiten, weiterhin verlässliche Partner bleiben und im Falle des Falles Südtirol zur Seite stehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.00


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. – Bitte.

 


10.00.54

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Liebe Gäste aus Südtirol! Bitte erlauben Sie mir, dass ich als Tirolerin und als Freundin unsere Tiroler Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann auf der Galerie ganz besonders begrüße! (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Jubiläum 25 Jahre Streitbeilegung Südtirol ist wahrlich ein guter Grund, die Geschichte der Südtiroler Autonomiebestrebungen Revue passieren zu lassen, zu analysieren und das Erreichte zu würdigen. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dies bereits ausführlich getan, weshalb ich im Folgenden gerne auf die allgemeinen Aspekte der menschenrechtlichen Gleichbe­hand­lung von Minderheiten eingehen möchte.

Österreich bekennt sich in seiner Bundesverfassung zur Achtung und Förderung der in Österreich ansässigen Volksgruppen – und das sind gar nicht so wenige; das sind die kroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma – und Österreich hat diese Rechte seit der Festschreibung in der Verfassung in einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen verankert.

Ausgehend von dieser innerstaatlichen Volksgruppenpolitik und von unserer lang­jährigen Schutzfunktion für die deutschsprachige Volksgruppe in Südtirol setzen wir uns seit Langem für die Stärkung der Minderheitenrechte und des Minderheiten­schutzes auf internationaler Ebene, insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen und des Europarates, ein.

Auf internationaler Ebene erhält der Minderheitenschutz insbesondere seit dem Beginn der Neunzigerjahre erhöhte Aufmerksamkeit. Im Jahr 1992 nahm die General­ver­sammlung der Vereinten Nationen die von Österreich eingebrachte Erklärung über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, an. Damit wurde erstmals das Recht von Personen, die nationalen Minderheiten angehören, sich ihrer Sprache zu bedienen, ihre Kultur zu pflegen und ihre Religion auszuüben, garantiert.

Auch im UN-Menschenrechtsrat stellt der Schutz von Minderheiten einen Schwerpunkt der Arbeit Österreichs dar. Seit 2005 gab es auf unsere Initiative hin auch bei den UN das Amt des unabhängigen Experten in Minderheitenfragen, der sich laufend mit den Anliegen von Minderheiten in allen Teilen der Welt beschäftigt und auch Länder­besuche absolviert. 2014 wurde dieses Mandat, wieder auf Antrag von Österreich, in das eines Sonderberichterstatters für Minderheitenfragen umgewandelt.

Das ebenfalls gegründete Minderheitenforum beschäftigt sich mit der Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zum weltweiten Schutz von nationalen, ethnischen, reli-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 43

giösen und sprachlichen Minderheiten, auch unter Einbeziehung von Vertretern der Zivilgesellschaft und der Minderheiten selbst.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wahrlich genug zu tun. Viele Krisen in diversen Staaten lassen sich auf ethnische Konflikte zurück­führen. Wir haben alle noch die grauenhaften Vorkommnisse in Ruanda und Burundi vor Augen, aber zum Beispiel auch jene in der ehemaligen Republik Jugosla­wien. Die Unterdrückung und Ermordung der Jesiden, der Christen und anderer Minder­heiten in Syrien muss in diesem Zusammenhang wohl auch genannt werden.

Wenn die Lage durch diese Konflikte und viele weitere zum Beispiel in Afrika manch­mal komplett hoffnungslos zu sein scheint, dann kann gerade das Beispiel Südtirol Mut machen und zeigen, wie viel – nämlich sehr viel! – an friedlicher Konfliktlösung möglich ist, wenn Menschen den Willen haben, die Rechte von Minderheiten anzuerkennen und einen für alle akzeptablen Weg zu beschreiten. Das ist natürlich sehr langwierig, oft mühsam und gelingt nur Schritt für Schritt, aber im Fall Südtirol haben alle Be­teiligten diese Anstrengungen in dem Wissen, dass nur eine friedliche Lösung eine gute Lösung sein kann, auf sich genommen, und dafür sind wir unseren politischen Vorfahren für immer dankbar.

Ich denke, gemeinsam mit den Südtirolerinnen und Südtirolern und auch mit Italien können wir stolz auf das Erreichte sein. Südtirol hat eine weltweite Vorreiterrolle erkämpft. Das, liebe Freundinnen und Freunde, könnt ihr und sollt ihr ganz selbst­bewusst in die Welt hinaustragen! (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Einen letzten Satz noch, Frau Präsidentin: Wir brauchen heute mehr denn je positive und Mut machende Beispiele. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Willi.)

10.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


10.06.26

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren von der Bundesregierung! Liebe Landsleute aus Südtirol! Gedenkver­anstaltungen dienen vorwiegend dazu, in die Vergangenheit, aber natürlich auch in die Gegenwart und in die Zukunft zu blicken. Für die FPÖ ist Südtirol immer, auch in der Vorfeldorganisation, eine wahre Herzensangelegenheit gewesen und ist es natürlich heute immer noch (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gahr), weshalb wir eben Südtirol in Bezug auf die politischen Verhältnisse und die Entwicklung in Italien insge­samt und natürlich auch in der Hinsicht, wie sich Südtirol seit dem Abschluss des Autonomiepakets vor 45 Jahren und seit der Streitbeilegung vor 25 Jahren entwickelt hat, genau beobachten. Und ja, wir bekennen uns dazu: Es hat seither sehr viele posi­tive Aspekte des Zusammenlebens gegeben.

Wir müssen aber natürlich auch die aktuelle Entwicklung im Auge behalten und dabei feststellen: Die Autonomie befindet sich im Verteidigungsmodus gegenüber dem italienischen Staat und auch gegenüber dem Verfassungsgerichtshof in Italien. In Italien werden immer mehr Stimmen laut, die meinen, Südtirol sei seit mittlerweile knapp hundert Jahren bei Italien und deshalb sei der rechtliche Anspruch auf Aner­kennung als Minderheit gar nicht mehr gegeben. Mit dieser Herausforderung müssen wir, muss Österreich als Schutzmacht natürlich besonders achtsam umgehen. Diese Entwicklung ist auch der Grund dafür gewesen, dass eine große Anzahl von Südtiroler Landtagsabgeordneten den Mitgliedern des Nationalrates eine Resolution überreicht hat, in der sehr viele Dinge aufgelistet sind, die gerade die Mitglieder des Südtirol-Unterausschusses zu großer Sorge veranlassen müssen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 44

Es geht etwa darum, dass zum Beispiel festgehalten wird, dass in den letzten 15 Jahren in Südtirol in weit über 100 Verfassungsgerichtsverfahren zwei Drittel der Landesgesetze angefochten wurden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da geht es um den Minderheitenschutz! Zwei Drittel der im Südtiroler Landtag beschlossenen Gesetze müssen in Italien beim Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden, weil Italien diese Gesetze abgelehnt hat. Man muss sich einmal vorstellen, was das heißt! Das bedeutet, für die autonome Zuständigkeit vor den Verfassungsgerichtshof gehen zu müssen, um diese Rechte auch zu verteidigen.

Weiters geht es darum, dass sehr viele im Finanzbereich liegenden Belange mehrfach einseitig von Italien gebrochen wurden. Die Schutzmacht Österreich hat damals bei all diesen Brüchen leider geschwiegen. Ich erwarte mir vom Außenministerium, dass wir bei solchen Vergehen mehr Druck machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben heute schon verschiedenste Lobeshymnen – zu Recht, zu Unrecht – auf die Autonomie gehört, und in diesem Zusammenhang muss man schon feststellen, dass bei der Autonomie, obwohl im Autonomiestatut rechtlich verankert, diese immer wieder auch weiterzuentwickeln, seit 2001 ein eklatanter Stillstand eingetreten ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzte tatsächliche Änderung wurde per Verfassung im Jahr 2001 in Rom beschlossen. Seit 2001 herrscht tatsächlich ein Stillstand, und auch da sollten wir als Schutzmacht nicht zusehen, sondern weitere Forderungen erheben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.) Wir sehen es deshalb als ein Gebot der Stunde, meine sehr geehrten Damen und Herren, die damals von Dr. Khol erhobene Forderung, die Schutzmachtfunktion in der Verfassung zu verankern, endlich auch tatsächlich zu realisieren. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Hagen und Lugar.)

Wir wollen auch eine engere Bindung der Südtiroler an ihr Vaterland Österreich bewir­ken. Das heißt, wir Freiheitliche treten ganz klar für die doppelte Staatsbürgerschaft für alle, die es wollen, in Südtirol ein. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Herr Bundesminister Kurz, ich würde dich wirklich herzlich ersuchen (Rufe bei der FPÖ: Der ist nicht mehr da!) – er wird es schon erfahren, auch wenn er gerade den Saal verlassen hat –, die Position, dass das Autonomiestatut das Selbstbestimmungs­recht ersetzt hat, aufzugeben. Diese Position ist rechtlich ein Widerspruch zum Pariser Abkommen und auch ein Widerspruch zum Autonomiestatut. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass die Südtiroler Bevölkerung nie gefragt wurde, was sie denn in Zukunft will, die österreichische Position aber lautet, dass das Autonomiestatut das Selbstbestimmungsrecht schon ersetzt habe. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Das kann es unseres Erachtens nicht geben (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Hagen und Lugar), und deshalb fordern wir die öster­reichische Bundesregierung auf, da eine Umkehr im Denken herbeizuführen.

Abschließend – als letzten Satz, Frau Präsidentin – darf ich auch an den Herrn Bun­despräsidenten Van der Bellen und den Herrn Außenminister den Appell richten, die humanitäre Frage der Begnadigung in den Vordergrund zu stellen, damit auch dieses Kapitel für Österreich und Südtirol abgeschlossen werden kann.

Abschließend bedanke ich mich bei den Südtirolern für ihr Kommen. Es lebe Südtirol, es lebe ein Tirol von Kufstein bis Salurn! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Hagen und Lugar.)

10.12


Präsidentin Doris Bures: Das waren jetzt mehrere Schlusssätze, die Sie noch abgesetzt haben.

Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 45

10.12.28

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste aus Tirol und aus Südtirol, herzlich willkommen im österreichischen Parlament! Genau 25 Jahre ist es her, dass der Streit formell tatsächlich beigelegt wurde; eine Zeitspanne, die eigent­lich sehr kurz wirkt, eigentlich gerade einmal so lange, wie man von einem jugend­lichen Alter spricht, aber dennoch ist in Südtirol sehr viel passiert, nämlich wirtschaft­lich, sozial und kulturell. Dafür wichtig gewesen zu sein scheint, dass über Parteigren­zen hinweg, also tatsächlich über Parteigrenzen hinweg, in Österreich und in Südtirol die Einigung und die Zusammenarbeit tatsächlich aktiv forciert wurden. Dafür gehört auch ein Danke ausgesprochen – an jene, die das geschafft haben, aber auch an jene, die es weiter forcieren werden. (Beifall bei den Grünen.)

Die Basis ist die Friedensregelung. Diese Streitbeilegungsregelung zeigt ganz klar auf, wie wichtig auch die UNO und die Zusammenarbeit sind. Durch die Initiativen damals, auch gerade über die UNO, wurde ganz klar, dass diplomatische Beziehungen, dass bilaterale Beziehungen, dass Diplomatie für Frieden ganz einfach extrem wichtig sind. Wir leben gerade in Zeiten, in denen wir mehr denn je darauf achten müssen, dass Diplomatie, dass bilaterale Beziehungen, dass Entwicklung, dass Prosperität tatsäch­lich möglich sind. Diese Friedensregelung ist ein klares Beispiel dafür, dass jeder und jede hier auch weiter forcieren könnte, in erster Linie auch der Außenminister, um in einer krisenhaften Zeit Friedensregelungen tatsächlich zu bewerkstelligen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Muttonen.)

Diese Stabilität, die Entwicklung und die Rechtsstaatlichkeit als Basis dieser friedvollen Gesellschaft wurden tatsächlich geschafft. Das ist eine wunderbare und positive Entwicklung für Österreich, für Südtirol, für Tirol, aber auch für Europa.

Zu gedenken und zu erinnern ist für uns alle notwendig, das Gedenken und Erinnern braucht es, das dürfen wir niemals vergessen, mir ist es aber auch wichtig, ein bisschen in die Zukunft zu schauen; ich darf deshalb noch einiges erwähnen.

Mit der Autonomie ist aus meiner Sicht die Entwicklung in Südtirol tatsächlich ein Beispiel für ein friedvolles Zusammenleben, nämlich verschiedenster kultureller und Sprachgruppen, und das ist ein enorm wichtiges Zeichen und ein enorm wichtiges Beispiel.

Die Europäisierung Südtirols – etwa die Gründung der Europaregion über die Landes­grenzen hinweg – ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Entwicklungen weiter forciert werden können, auch innerhalb des europäischen Kontexts.

Es steht für mich außer Diskussion, dass sich Österreich voll und ganz zu seiner internationalen Schutzrolle gegenüber Südtirol bekennt. Die Weiterentwicklung ist ein notwendiger dynamischer Prozess, und ich gehe davon aus, dass das österreichische Parlament gemeinsam mit den Südtirolerinnen und Südtirolern auch die nächsten Schritte gehen wird, um diese Rolle tatsächlich weiterentwickeln zu können. Wir alle sind Europa, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir müssen darauf schau­en, wie sich Europa entwickelt, und auch genau darauf schauen, wo denn Unionsbür­ger- und -bürgerinnenschaften tatsächlich weiter forciert werden können.

Die Grenzen in Europa sind schon öfters angesprochen worden. Es sind Grenzen, die im europäischen Kontext, im EU-Kontext und in der Vorstellung, was denn eine Europäische Union sein soll und kann, eigentlich nicht dargestellt werden sollten. Wir haben jetzt gerade die Situation, gerade mit der Brennergrenze, dass Grenzen auch geschlossen werden mussten. Das tut mir persönlich sehr leid, und zwar nicht nur für Tirol und Südtirol, sondern für ganz Europa. Wir müssen gemeinsam darauf schauen,


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tatsächlich gute Lösungen zu finden, damit Südtirol und Österreich nicht weiter ge­trennt bleiben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Krist.)

10.16


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Doppelbauer. – Bitte.

 


10.16.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! (In Richtung Galerie:) Herr Landeshauptmann! Frau Präsidentin! Herr Präsident! Es freut mich besonders, heute so viele Südtiroler hier begrüßen zu dürfen. 25 Jahre Streitbeilegung ist natürlich ein besonderer Anlass, der heute zum Nachdenken anregt.

Die Autonomie und deren ständige Weiterentwicklung hat den Grundstein für den Wohlstand und für den sozialen Frieden in Südtirol gelegt. Sie schützt die Rechte der deutschen Bevölkerung, der ladinischsprachigen Bevölkerung und natürlich auch der italienischen Bevölkerung sowie die ethischen, die kulturellen und auch die wirtschaft­lichen Grundlagen und ermöglicht ein friedliches Zusammenleben aller drei Bevölke­rungsgruppen.

Wie schaut dieses Erfolgsmodell denn heute aus? – Wir haben ein größeres Pro-Kopf-Einkommen in Südtirol als – im Vergleich – die Bundesrepublik Deutschland. Südtirol hat eine Arbeitslosenquote, die unter 4 Prozent liegt, und Tourismus und Landwirt­schaft boomen. Zusätzlich gibt es in Südtirol eine der ersten dreisprachigen Univer­sitäten, die natürlich dafür sorgt, dass nicht nur das Miteinander gestärkt wird, sondern auch die jungen Leute vor allem auch auf ihren Einstieg in das Berufsleben perfekt vorbereitet werden. Verbindungen mit der Uni in Innsbruck und in Trient fördern das Ganze natürlich nur.

Warum ist das alles passiert? Warum ist dieses Role Model für Deeskalation, auf das weltweit geschaut wird, gelungen? – Es gab einen kompromissbereiten Partner mit Italien und es gab einen Bundeskanzler Vranitzky und einen Außenminister Mock – ein großer Europäer, dessen wir in diesen Tagen mit ganz großem Respekt gedenken –, denen da einfach Großartiges gelungen ist, nämlich den Nationalismus, das nationa­listische Denken in den Hintergrund zu stellen und sich dafür einzusetzen, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Deswegen gilt das Tiroler Autonomie­abkommen bis heute als eines der Best-Practice-Beispiele für die Lösung von Minder­heitskonflikten.

Von Gruber, De Gasperi über das zweite Autonomiestatut bis hin zur Streitbeilegung vor den Vereinten Nationen 1992 – das war ein langer Weg und das war sicher kein einfacher Weg für alle, die ihn gegangen sind. Den Erfolg dürfen wir heute anlässlich dieses Jubiläums anerkennen. Gerade in diesen Zeiten, in denen Nationalismus in ganz Europa wieder auf dem Vormarsch ist, müssen wir den Erfolg Südtirols und dieses Abkommens, dieses Autonomieabkommens natürlich ganz, ganz stark in den Vordergrund stellen und uns dessen wieder besinnen.

Wie geht die Reise weiter? – Es liegt an uns, wie diese Reise weitergeht. Es hat sich seit 1992 in Europa unglaublich viel bewegt. Wir sind der Europäischen Union beige­treten, es gibt den Schengenraum, und die Brennergrenze ist für viele Tirolerinnen und Tiroler nur mehr ein Strich auf der Landkarte. Umso mehr warne ich deswegen davor, dass wir solche Barrieren wieder aufbauen. Die Tirolerinnen und die Tiroler profitieren alle von diesen offenen Grenzen, und wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht die Leidtragenden einer fehlgerichteten Flüchtlings- und Migrationspolitik werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 47

Die Schließung der Grenzen ist ja keine Lösung. Österreich und Italien stehen in ausgezeichneten nachbarschaftlichen Beziehungen, die sich sehr intensiviert haben, nicht nur mit dem Eintritt in die Europäischen Union. Ich glaube, dass wir Österreicher und Österreicherinnen sowie Italiener und Italienerinnen eine Verantwortung haben, nämlich eine gemeinsame Verantwortung, dieses Friedensprojekt Europa weiterzutrei­ben, weiterzudenken und zu unterstützen. Daher sollten wir uns das in dieser heutigen Feuer..., Feierstunde natürlich auch (Abg. Strache: „Feuerstunde“?!) – eine Feuer­stunde ist es nicht, es ist eine Feierstunde – nochmals in Erinnerung rufen.

Südtirols Sonderstellung und die Autonomie, die es hat, sind eine Alleinstellung in Europa, und es ist ein friedliches und respektvolles Zusammenleben im Herzen unse­res schönen Europas. Diese Unabhängigkeitsfantasien führen in eine Sackgasse, dieser Weg zurück ist vorbei. Das Rad der Zeit kann und soll man auch nicht zurück­drehen.

Meine große Hoffnung ist es daher, dass sich eines Tages alle Tirolerinnen und Tiroler, egal, auf welcher Seite des Brenners sie auch zu Hause sein mögen, als Bürgerinnen und Bürger einer europäischen Republik sehen und wiederfinden. Für diese Vision werden wir NEOS, werde ich mich persönlich weiter einsetzen. (Beifall bei den NEOS.)

10.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


10.21.16

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geschätzte Gäste der Delegation aus Südtirol und Tirol! Die Aktuelle Stunde hat heute ein sehr wichtiges Thema: Die Südtirolstreitbeilegung wird 25 Jahre alt. Der 11. Juni ist ein historischer Tag in der Geschichte Südtirols. Zum 25. Mal jährt sich heuer an diesem Tag die Abgabe der Streitbeilegungserklärung zwischen Österreich und Italien. 20 Jah­re lang haben die Verhandlungen um die Südtirolautonomie gedauert, und – Herr Kollege Gahr hat es angesprochen – auch die Einrichtung des Unterausschusses des Außenpolitischen Ausschusses, des Südtirolunterausschusses, ist ein ganz wichtiger Aspekt dazu.

Mit dieser Erklärung wurde der in den Sechzigerjahren eröffnete Streit zwischen den beiden Ländern um die Umsetzung des Pariser Vertrages vor der UNO offiziell been­det. Nachdem 1946 die österreichische Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol von den Westmächten endgültig abgelehnt worden war, kam es durch die damaligen Außenminister zu einer Unterzeichnung eines Schutzabkommens. Am 19. Juni 1992 legten Österreich und Italien den Streit vor der UNO in New York bei.

Südtirol ist ein kleines Europa, ein wunderschönes Urlaubsland und eine sehr schöne Heimat, es ist sehr stark verwurzelt in der eigenen Tradition – und das ist gut so. Hier kann sich so manches Land eine Scheibe abschneiden. – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Lugar und Winter.)

10.23


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.23.24Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 48

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 13609/J bis 13660/J

2. Anfragebeantwortungen: 12225/AB bis 12338/AB

3. Antrag:

Zurückziehung: Zu 1430/A(E)

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2016 (III-401 d.B.)

C. Unterrichtungen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Be­reich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft

Aufnahme der Verhandlungen über den Vertrag zwischen der Republik Österreich und Ungarn über Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Sichtbarerhaltung der gemeinsamen Staatsgrenze und Regelung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen vom 31. Oktober 1964 in der Fassung des Vertrages über Änderungen und Ergänzungen vom 8. April 2002

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über die Zusammenarbeit im Bereich der inneren und öffentlichen Sicherheit

*****

10.23.37 Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 498/A der Abge­ordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, eine Frist bis 23. Septem­ber 2017 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfol­gen.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 4 und 5, 6 bis 10, 11 und 12, 14 bis 16, 18 bis 20, 21 und 22, 23 bis 26, 30 bis 33, 34 bis 37 sowie 38 bis 40 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgenden Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 128, FPÖ 119, Grüne 100 sowie NEOS und Team Stronach je 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages-ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 26 Minuten, darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.25.561. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1644 d.B.): Änderung des Artikels 124 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (1701 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


10.26.23

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Kurz! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Internationale Strafgerichtshof, eingeführt im Jahr 1998, im Jahr 2002 dann in Gültigkeit gesetzt, ist ein sehr wichtiges Instrument, wenn es darum geht, die größten internationalen Verbrechen abzuurteilen.

Wofür ist er zuständig? – Er ist zuständig für Völkermord, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, für Kriegsverbrechen. Dass es nach langen Diskussionen gelungen ist, im Jahr 1998 diesen Gerichtshof einzuführen, ist ein wirklicher Fortschritt. Der große Wermutstropfen dabei ist aber, dass wichtige Länder wie die USA, Russland oder China diesem Gerichtshof leider noch nicht – ich sage: noch nicht – beigetreten sind. Es wäre höchst an der Zeit, dass dieser Gerichtshof auch für diese Staaten zuständig wäre.

Inzwischen sind 124 Staaten Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofes, er arbeitet. Seinen Sitz hat er in den Niederlanden, in Den Haag. Es wurden auch schon einige Fälle behandelt; ich möchte exemplarisch zwei nennen: Verurteilt wurde der ehemalige Vizepräsident des Kongo; Jean-Pierre Bemba ist im Juli 2007 vom Inter­nationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen worden. Bemba sei als oberster Befehlshaber


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einer Miliz schuldig für Morde, massenhafte Vergewaltigungen und Plünderungen in der Zentralafrikanischen Republik verurteilt worden.

Zweites Beispiel: Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat den Kriegs­verbrecher Thomas Lubanga im März 2012 schuldig gesprochen. Zwischen 2002 und 2003 hatten Truppen, die unter dem Kommando Lubangas standen, zahlreiche Kinder unter 15 Jahren aus ihren Häusern und aus Schulen verschleppt, militärisch ausge­bildet und in den Krieg geschickt. Dass das von der internationalen Gemeinschaft nicht geduldet wird, dass das einem Gerichtshof zugeführt wird, ist wichtig und ist notwen­dig.

Ich darf als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates noch Fol­gen­des hinzufügen: Wir haben den Europarat geschaffen, um unsere Werte der Menschlichkeit zu verteidigen. Dafür gibt es den Europäischen Gerichtshof für Men­schenrechte, und dort ist die Individualbeschwerde möglich. Wenn nun mit dem Internationalen Strafgerichtshof Massenmorde, Völkermorde abgeurteilt werden, dann ist das ein Instrument gegen diese Staaten, gegen solche Verbrecher. Das ist ein weiterer Lückenschluss in der Gesetzgebung.

In diesem Sinne bin ich froh darüber, dass die Regelung hinsichtlich der Schonfrist von sieben Jahren, die aber in Wirklichkeit noch nie ausgenutzt wurde, jetzt novelliert wird, also dass dieses Statut verbessert wurde. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


10.30.07

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Wurm hat in einem recht: dass es gut sein könnte; sie hat es ein bisschen anders formuliert und gesagt, es ist gut und es ist ein Erfolg. – Es hätte ein Erfolg werden können, aber der Internationale Strafgerichtshof ist ein eklatanter Misserfolg gewesen. Den einzigen Erfolg, den er verzeichnet hat, ist, dass dieses Gremium circa 1,1 Milliarden an Kosten seit seiner Gründung im Jahr 2002 verursacht hat; aber was er gebracht hat, ist so gut wie nichts. Er ist mittlerweile ein interner Gerichtshof zur Aburteilung gestürzter oder entmachteter Politiker, Milizenführer und Präsidenten im schwarzafrikanischen Teil unserer Erde. – Ich muss leider schwarz­afrikanisch sagen, denn das ist ein Faktum.

Die einzige Voruntersuchung, die dieser Gerichtshof außerhalb Schwarzafrikas durch­geführt hat, war betreffend die Vorgänge in Georgien im Jahr 2008, es ist aber bei allgemeinen Voruntersuchungen geblieben. Die wichtigsten Staaten sind, genauso wie bei der Landminenkonvention, nicht nur nicht Mitglied, sondern bekämpfen den Gerichts­hof und machen ihn lächerlich, beispielsweise die USA. Sie sagten, Sie hoffen, dass diese beitreten werden: Die USA haben ihr Beitrittsgesuch nicht nur zurück­gezogen, sondern im Jahr 2002 unter Clinton den sogenannten American Service-Members’ Protection Act verabschiedet, der vorsieht, dass man amerikanische Staats­bürger auch durch militärische Intervention – das heißt: gewaltsam und bewaffnet – dem Zugriff dieses Gerichtshofes entziehen kann. Die USA haben mit allen wichtigen Mitglied- und Signatarstaaten dieser Organisation bilaterale Abkommen dahin gehend geschlossen, dass amerikanische Staatsbürger ausgenommen sind.

Die Ukraine zum Beispiel – das ist auch hochinteressant (Zwischenruf der Abg. Bayr) – hat auch nicht unterschrieben, hat aber eine temporäre Zulassungserklärung abgegeben, dass der Gerichtshof Verbrechen zwischen November 2013 und Februar


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2014, dem Ende der Janukowitsch-Zeit, ausnahmsweise untersuchen darf. Er darf sonst nichts untersuchen, aber die jetzige Regierung hat eine Sonderregelung erlas­sen, dass er die Janukowitsch-Zeit untersuchen soll. Das hat aber nichts genützt, es wurden trotzdem keine Ermittlungen gegen Janukowitsch eingeleitet.

So könnte man die Liste fortsetzen. Die Schwarzafrikaner beginnen bereits auszu­treten, Südafrika ist ausgetreten, Burundi ist ausgetreten. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Bayr.) – Burundi ist ausgetreten, Südafrika ist ausgetreten, das Einzige, was noch nicht geschehen ist, ist, dass das dortige Parlament den Austritt noch nicht ratifi­ziert hat. Die Afrikanische Union debattiert seit der Sitzung im Jänner 2017 über einen Pauschalaustritt der afrikanischen Staaten.

Das Ganze ist also ein eklatanter Misserfolg, und die jetzige Novelle ist ein Witz. Wir stimmen ihr trotzdem zu, weil sie nicht schädlich ist. Die Möglichkeit, beim Beitritt quasi eine siebenjährige Warte- und Vorbehaltszeit für die Anwendung in gewissen Fällen hineinzureklamieren, wird gestrichen, das ist alles. Das ist also ein zwar gut gemeintes Ding, das aber leider vollkommen in die Hose gegangen ist und nur Kosten verursacht hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort. – Bitte.

 


10.33.19

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Vor allem möchte ich die vielen Besucherinnen und Besucher auf der Galerie, insbesondere unsere jungen Besucherinnen und Besucher, sehr herzlich begrüßen. Heute haben wir ja viele Schulklassen im Haus, die an Führungen teilnehmen. Schön, dass Sie dabei sind und unserer Debatte folgen! (Allgemeiner Beifall.)

Jetzt geht es um den Internationalen Strafgerichtshof. Ich kann mich vielen Rede­beiträgen meiner Vorredner und Vorrednerinnen anschließen, meinem unmittelbaren Vorredner, Kollegen Hübner, aber großteils leider nicht, weil ich finde und wir Grünen finden, dass der Internationale Strafgerichtshof ein ganz, ganz wichtiges Instrument ist, damit Diktatoren und Menschen, die bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie Massenvergewaltigungen, Massenmorden, der Vertreibung von Minderheiten oder der Tötung von Angehörigen von Minderheiten, mitgemacht haben, vor einen Strafge­richts­hof gestellt werden.

Deshalb wäre es mein Anliegen, den Internationalen Strafgerichtshof zu stärken und nicht zu schwächen und nicht nur davon auszugehen, wer alles nicht dabei ist. Ich gehe davon aus, dass wir alle hier im Haus kritisieren, dass die USA nicht beigetreten sind, dass Indien, China und die Türkei nicht dabei sind oder dass manche Länder den Vertrag zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert haben, aber wenn man auf diese Mängel hinweist, um zu sagen: Das braucht es nicht, das schaffen wir einfach ab!, dann kann ich einfach nicht mit.

Die Änderung des Artikels 124 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes wird von uns Grünen unterstützt; das ist sinnvoll. Dieser Artikel 124 war ja dazu gedacht, viele Länder beziehungsweise Regierungen quasi – unter Anführungszeichen – „anzu­locken“, damit sie dem Internationalen Strafgerichtshof beitreten. Er hat vorgesehen, dass die Gerichtsbarkeit eventuell sieben Jahre lang nicht gelten würde; dieser Artikel 124 ist unserer Meinung nach in dieser Form jetzt nicht notwendig.

Ich möchte aber einen aus unserer Sicht ganz, ganz wichtigen Punkt betonen: Wer Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekämpfen will, wer Völkermord, Massenver-


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gewaltigungen, Vertreibung von Minderheiten bekämpfen will, wer Kriegsverbrechen bekämpfen will, der muss erstens eine aktive Außenpolitik und Friedenspolitik betreiben und zweitens – das ist mindestens genauso wichtig – versuchen, den inter­nationalen Waffenhandel extrem einzuschränken, denn mit dem, was auch in Europa an Waffen produziert wird, werden woanders leider Kriege geführt, Menschen vertrie­ben und Flüchtlinge gemacht.

Das heißt, wir müssen, wenn wir den Internationalen Strafgerichtshof ernst nehmen, was wir alle hoffentlich tun, auch den Waffenhandel und die Waffenproduktion massiv einschränken. – In diesem Sinne: Danke für Ihre Solidarität! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bayr zu Wort. – Bitte.

 


10.36.58

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die erwähnte Änderung im Römer Statut ist – es ist erklärt worden – zu begrüßen. Ich möchte auch unterstreichen, dass sowohl der Internationale Strafgerichtshof an sich als auch seine Rechtsgrundlage, das Römer Statut, über die die Diskussion im Fluss ist, höchst aktive und viel diskutierte und in Weiterentwicklung befindliche Instrumente sind. Die Kritik vieler afrikanischer Staaten an einer vermeint­lich einseitigen Verfolgung von Staatsbürgern afrikanischer Länder ist bei näherem Hinsehen halbseiden, weil die allermeisten Verfolgungen aufgrund der Interventionen und der Ersuchen dieser Staaten selbst erfolgt sind.

Südafrika ist erwähnt worden. In der Tat: Südafrika wollte mit der Begründung, dass man es nicht akzeptieren könne, dass amtierende Staatsoberhäupter in ihrer Immunität nicht respektiert und durch den ICC verfolgt werden können, austreten. Es ist aber ganz klar Teil des Römer Statuts, dass Leute unabhängig von ihrem politischen Status verfolgt werden können, und das ist auch gut so. Das Höchstgericht in Südafrika hat diesen Austritt mit Hinweis auf dessen Verfassungswidrigkeit gestoppt.

Auch Gambia wollte austreten, dort hat aber der neugewählte Präsident dieses Austrittsprozedere ganz klar angewendet, und auch Gambia ist nach wie vor dabei. Die Afrikanische Union hat im Jänner dieses Jahres eben keinen einstimmigen Beschluss für ein kollektives Austreten zusammengebracht – und das ist auch gut so.

Ich möchte einen Journalisten zitieren, Ulrich Ladurner, der sagt: „Die Kritik am ICC“ – also am Internationalen Strafgerichtshof – „kommt vor allem von denen, die ihn zu fürchten haben [...].“

Das ist wahrscheinlich auch die richtige Analyse. Die allermeisten Ermittlungen erfol­gten, wie gesagt, aufgrund der Intervention der Staaten selbst, aber es gab nicht nur afrikanische Fälle, sondern auch viele Ermittlungen zum Beispiel gegen Staatsan­gehörige Georgiens, der Ukraine, Afghanistans, des Irak, Kolumbiens und einiger anderer Länder mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vision, in einer Welt zu leben, in der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen nirgendwo ungestraft bleiben, ist eine Vision, für die es sich durchaus zu leben und zu kämpfen lohnt. Es ist auch Aufgabe Österreichs, nicht nur den Internationalen Strafgerichtshof zu festigen, sondern auch für neue Ratifikationen des Römer Statuts zu werben, zum Beispiel durch die Ukraine – ich tue das sehr aktiv, ich treffe mich mit ParlamentarierInnen des ukrainischen Parlaments, wir diskutieren über ein Beitrittsprozedere, und ich bin da


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sehr zuversichtlich –, und es ist natürlich auch wesentlich, sich aktiv an der Weiterent­wicklung dieses wichtigen völkerrechtlichen Instruments zu beteiligen.

Österreich muss bei der Realisierung dieser Vision einer gerechten Welt, in der einer­seits demokratische Regierungsführung und andererseits Rechtsstaatlichkeit die Prin­zipen der Staaten sind, und zwar überall und für alle Menschen, eine verlässliche Partnerin bleiben. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

10.40

10.40.26

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus-schus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1644 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer sich hiefür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

10.40.572. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2248/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan (1703 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche die Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


10.41.22

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Der Südsudan hat 2011 seine Unabhängigkeit erklärt. Die Folge war, vor allem seit 2013, ein sehr blutiger Konflikt zwischen dem Präsidenten und dem ehe­maligen Vizepräsidenten mit unzähligen Toten. Die Bevölkerung leidet vor allem unter Hunger. 1 Million Kinder leiden im Südsudan unter Unterernährung. Es gibt eine große Flucht­bewegung: 1,8 Millionen Menschen sind seit 2013 bereits aus dem Südsudan in Nachbarländer geflüchtet, vor allem nach Uganda, ein Schwerpunktland der öster­reichi­schen Entwicklungszusammenarbeit.

3 000 Menschen kommen täglich nach Uganda, Flüchtlinge, die versorgt werden müssen. Es gibt 800 000 Flüchtlinge aus dem Südsudan. Uganda ist mit diesen An­sprüchen überfordert. Die UN hat eine große Geberkonferenz veranstaltet, und auch Österreich hat sich mit 2 Millionen € beteiligt, um vor allem die Situation in den Flüchtlingslagern zu verbessern. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme.

Mit dem heutigen Entschließungsantrag wird Einfluss auf die internationale Staaten­gemeinschaft und auch auf die Konfliktparteien genommen, sich wieder zusam­menzusetzen. Österreich möchte ja als Brückenbauer fungieren. Wichtig wäre, dass man wieder zu der Friedenslösung von 2015 zurückkommt. Die Sanktionen wie das Waffenembargo sollen bleiben, die Konten müssen gesperrt werden. Auch die Reise­freiheit soll beschränkt werden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Österreich gerade heute im Ministerrat humanitäre Hilfe in größerem Ausmaß beschlossen hat in Kenia, Uganda und Äthiopien. Öster­reich baut ja Brücken, trägt zur Rechtsstaatlichkeit, zur Wirtschaftsentwicklung und zur


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Friedenssicherung bei. Das ist ein Akt der Menschenwürde, wie sie auch in der öster­reichischen Verfassung verankert gehört. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


10.46.21

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Geschätzte Damen und Herren! Während manche hier in Österreich darüber reden, wie man einen Grenzzaun durchs Mittelmeer ziehen könnte (Zwischenruf des Abg. Berlakovich), spielt sich in der Sahelzone, am Horn von Afrika und im Jemen eine beispiellose Hungerkatastrophe ab, eine Hungerkatastrophe, die Millionen neuer Flüchtlinge zur Folge haben wird und ganze Regionen zu destabilisieren droht.

Laut den Vereinten Nationen drohen allein in den am schlimmsten betroffenen Staaten Jemen, Somalia, Südsudan und Nigeria 20 Millionen Menschen zu verhungern. Den­noch kommen finanzielle Hilfen und politische Maßnahmen nur sehr schleppend voran. Dabei wären neben den finanziellen Hilfen auch politische Maßnahmen enorm wichtig. Diese Hungerkatastrophe ist zum Großteil menschengemacht, denn in den betroffenen Ländern herrschen Kriege und bewaffnete Konflikte. Im Südsudan droht laut den Vereinten Nationen sogar ein Genozid, denn Verhungernlassen wird dort gezielt als Waffe eingesetzt. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz werden bedroht, Mitarbeiter umgebracht.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen unbedingt mehr politischen Druck auf alle verantwortlichen Konfliktparteien, um diese schrecklichen Verbrechen endlich zu beenden! Die Vereinten Nationen haben bereits die notwendigen Maßnahmen aufge­stellt, es scheitert aber an der Umsetzung, weil der Sicherheitsrat keine Mehrheit zusammenbekommt. Auch Österreich muss mehr tun, sein politisches Engagement verstärken und den Druck erhöhen, und ich hoffe, dass der entsprechende Antrag hier im Parlament eine breite Mehrheit erhalten wird.

Wir müssen aber auch und ganz besonders die Länder der Region unterstützen, die in dieser Krise handeln und Verantwortung übernehmen. Ich denke da besonders an unsere entwicklungspolitischen Schwerpunktländer. Uganda und Äthiopien haben beide rund 1 Million somalischer und südsudanesischer Flüchtlinge aufgenommen, das ist für diese armen Länder ein unglaublicher humanitärer Kraftakt. Sie sorgen so für Stabilität und Sicherheit, und sie helfen damit auch uns in Österreich und in Europa. Trotzdem sind jetzt von den 1,8 Milliarden €, die Uganda laut der UNO für die Flüchtlinge braucht, gerade einmal 320 Millionen € zusammengekommen.

Sie, Herr Außenminister, haben für Österreich 2 Millionen € zugesagt. Das ist gut, aber viel weniger, als Irland, Schweden oder Norwegen bereit sind zu geben. Selbst das an Hunger leidende Somalia hat 200 000 € für die Flüchtlinge in Uganda gespendet.

Herr Außenminister, 2015 haben wir durch den Flüchtlingsstrom aus Syrien gelernt, was passiert, wenn wir nicht rechtzeitig und ausreichend vor Ort helfen. In den Flücht­lingslagern in Uganda und Äthiopien könnten Sie tatsächlich konkret handeln und nicht nur schöne Seifenblasen produzieren, die, wie wir wissen, sehr schnell platzen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Korun.)

Sie könnten dazu beitragen, zu verhindern, dass sich Menschen aus Not auf den Weg nach Europa machen, zur Sicherheit der Flüchtlinge, aber auch zum nachhaltigen Eindämmen der Flüchtlingsströme. Da vermisse ich verstärktes Engagement von Ihrer Seite. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Korun.)

10.50



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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


10.50.40

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Natürlich werden wir diesem Antrag zustimmen. Es ist so ein Antrag, zu dem man früher gesagt hätte: ein No-na-Antrag. Natürlich wollen wir in dieser Region Sicherheit, wir wollen den Krieg beenden, und wir wollen natürlich, dass die Menschen in Sicherheit leben, aber wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass Österreich als Weltpolizist auftritt. Wir können bestenfalls als Brückenbauer in Erscheinung treten. Die Konflikt­situation, sei sie nun ethnisch, politisch oder religiös begründet oder durch Boden­schätze verursacht, können wir de facto von hier aus nicht abschätzen, und ich behaupte, dass das auch in der Region nur eine Handvoll Menschen wirklich kann.

Wir haben natürlich jetzt auch von Ihnen, Frau Kollegin Muttonen, einige vollkommen richtige Ausführungen gehört, aber die Schwerpunktsetzungen in der Argumentation sind ein bisschen verschieden zu unseren. Natürlich muss man sich in erster Linie einmal den afrikanischen Kontinent anschauen und eine Analyse machen. Ich habe mir die Mühe gemacht.

Es ist ja kein Geheimnis, dass die Bevölkerung Afrikas rasant wächst. Im Jahr 1950 haben 230 Millionen Menschen auf dem Kontinent gelebt, im Jahr 1960 483 Millionen, im Jahr 2000 811 Millionen, jetzt lebt dort über eine Milliarde Menschen, und wenn man den Statistiken glauben darf, so werden im Jahr 2050 2,5 Milliarden Menschen in Afrika leben.

Das bedeutet, dass die Hälfte davon unter 18 Jahre alt sein wird. Es kommt zu einer Verschiebung der Kinderweltbevölkerung. Während im Jahr 1950 noch 10 Prozent aller Kinder in Afrika geboren wurden, so werden es im Jahr 2040 rund 40 Prozent sein, und das bedeutet nichts anderes, als dass in 35 Jahren 25 Prozent aller Jugendlichen in Afrika leben werden.

Heute sind nach UNO-Angaben 60 Prozent der 15- bis 24-Jährigen in Afrika arbeitslos. Und das ist jetzt der Punkt: Die sind natürlich alle auf dem Sprung nach Europa, und unsere erste Verpflichtung ist da natürlich, Maßnahmen zu setzen.

Wenn wir uns anschauen, dass wir jedes Jahr 2 Milliarden € allein in Österreich – das ist jetzt geschätzt, aber die Zahlen dürften stimmen, wahrscheinlich sind es noch mehr – nur für Asyl und Flüchtlinge ausgeben, dann frage ich mich, wenn wir einen Teil dieser Summe auf Europa hochrechnen, was wir mit diesem Geld in dieser Region machen können.

Da können wir uns all diese Anträge sparen, denn das wäre eine Hilfe vor Ort, die tatsächlich ankommen würde und auch wirklich gebraucht wird. Und dazu ist auch eine – natürlich unpopuläre – Maßnahme nötig, die wir schon seit Jahren fordern: eine Grenzschließung nach Europa.

Das ist leider eine unmittelbare Herausforderung und Konsequenz aus dieser Situation, denn, wie Peter Scholl-Latour schon gesagt hat: Wir können halb Kalkutta nach Europa importieren, aber das würde Kalkutta nicht helfen, sondern nur die Probleme von Kalkutta nach Europa bringen. – Das heißt, das sind Maßnahmen, die zu setzen sind, die im Globalen zu sehen sind, und wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode darüber natürlich eingehend beraten müssen, wie Österreich in diesem Bereich mit einer Umstrukturierung der Entwicklungszusammenarbeit ganz konkret besser vor Ort


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helfen kann, so wie es zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland tut. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.54


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.55.00

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die internationale Staatengemeinschaft, und damit auch Österreich, ist natürlich mit den Auswirkungen des Klimawandels, mit Dürre, mit Hunger, aber auch mit Überschwemmungen beschäftigt, mit Krieg und Krisen, mit Ausbeutung, eigentlich mit dem Kampf um Ressourcen und Macht.

Die Tradition der österreichischen Außenpolitik war schon immer ganz klar, nämlich den Schwerpunkt darauf zu legen, wie denn Diplomatie tatsächlich funktionieren kann, wie Friedensbemühungen tatsächlich diskutiert werden können, und heute in der Aktuellen Stunde haben wir ja auch ein positives Beispiel einer Friedensregelung besprochen. Das heißt, ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, über die inter­nationale Staatengemeinschaft, über die UNO, über bilaterale und multilaterale Bezie­hungen Frieden zu schaffen. Dafür braucht es aber auch ein klares Bekenntnis der Bundesregierung und es braucht auch ein klares Bekenntnis des Außenministers, da auch tatsächlich aktiv werden zu wollen. (Beifall bei den Grünen.)

In Uganda befinden sich nach UN-Angaben derzeit rund 1,3 Millionen Flüchtlinge; eine Million dieser Flüchtlinge kommt aus dem Südsudan. Uganda ist somit das Land, das nach der Türkei weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat, und es ist unsere Verantwortung in Österreich, gerade in einem Partnerland der österreichischen Ent­wicklungszusammenarbeit einen klaren Beitrag zu leisten und Uganda in dieser Flücht­lingskrise zu unterstützen.

Wir wissen: Solange kein Friede herrscht, wird es Flüchtlinge geben. Das gilt nicht nur für den Südsudan, sondern da können wir auch andere Krisen- und Kriegsregionen dieser Welt als Beispiel hernehmen, aber Uganda ist einfach ein Partnerland der öster­reichischen Entwicklungszusammenarbeit, und dementsprechend sollte es auch unterstützt werden.

Im Ausschuss, in dem dieser Tagesordnungspunkt behandelt wurde, hat Außenminis­ter Kurz 3 Millionen € zugesagt, um Uganda, Ugandas Regierung, in der humanitären Hilfe zu unterstützen – 3 Millionen €.

Jetzt mussten wir leider feststellen, dass es keine 3 Millionen € geworden sind, son­dern nur 2 Millionen €, und das ist mehr als erschreckend, meine sehr verehrten Damen und Herren! Angekündigt, nachgefragt: 3 Millionen €, ausbezahlt dann nur 2 Millionen €. Ich finde diese Vorgehensweise ganz ehrlich mehr als letztklassig, weil es auch eine Zusage an die ugandische Regierung, an die Menschen, die Hilfe brauchen, war, und die wurde nicht eingehalten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: angekündigte zusätzliche Million Euro für Uganda zahlen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 57

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird aufgefordert, zusätzlich zu den zwei Millionen Euro eine weitere Million Euro für humanitäre Maßnahmen in Uganda, wie im außenpolitischen Ausschuss am 13.6.2017 angekündigt, zur Verfügung zu stellen.“

*****

Herr Minister, wir brauchen keine Ankündigungspolitik, sondern wir brauchen eine tatsächlich aktive Diplomatie, aktive Friedensbemühungen und eine aktive humanitäre Hilfe. – Die kostet Geld, und das ist unsere Verantwortung! (Beifall bei den Grünen.)

10.58


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

betreffend angekündigte zusätzliche Million Euro für Uganda zahlen

eingebracht im Zuge der Debatte betreffend den Bericht des Außenpolitischen Aus­schusses über den Antrag 2248/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan (1703 d.B.)

Begründung

In Uganda befinden sich nach UN-Angaben derzeit rund 1,3 Millionen Flüchtlinge. Uganda ist somit nach der Türkei das Land, das bisher weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Beinahe eine Million von den Geflüchteten stammen aus dem Südsudan, wo seit 2013 ein brutaler Bürgerkrieg herrscht. Obwohl die Flüchtlinge in Uganda arbeiten dürfen und sogar Land für die Bewirtschaftung zugewiesen bekom­men, ist die finanzielle Belastung für Uganda kaum zu bewältigen. Laut UNHCR war bis Mai 2017 nicht einmal ein Fünftel  der geforderten Hilfsgelder von 624 Millio­nen Euro eingelangt.

Am 22. und 23. Juni 2017 fand in Kampala eine vom UN-Hochkommissariat für Flücht­linge und der Regierung Ugandas veranstaltete Geberkonferenz für Flüchtlinge (Uganda Solidarity Summit on Refugees) statt. Der österreichische Außenminister wurde dazu im außenpolitischen Ausschuss am 13.6. 2017 gefragt, und kündigte an, drei Millionen Euro an humanitärer Hilfe für Uganda zur Verfügung zu stellen. Nun sollen es laut Pressemitteilung des BMEIA am 22. Juni 2017 doch nur zwei Mil­lionen Euro sein.

Uganda ist seit 1993 Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszu­sammen­arbeit. Es benötigt in diesen Tagen mehr denn je österreichische Hilfe. Angesichts der Wirtschaftskraft Österreichs müsste die österreichische Regierung eine viel höhere Summe an humanitärer Hilfe und Entwicklungsgeldern zur Verfügung stellen, als sie es derzeit tut. So liegt laut OECD-Statistiken Österreich bei der humanitären Hilfe weit hinter Finnland, Schweiz, Schweden oder Dänemark.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 58

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird aufgefordert, zusätzlich zu den zwei Millionen Euro eine weitere Million Euro für humanitäre Maßnahmen in Uganda, wie im außenpolitischen Ausschuss am 13.6.2017 angekündigt, zur Verfügung zu stellen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Doppelbauer ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


10.58.23

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Der Südsudan ist ein sehr, sehr armes Land. Es ist konflikt­geschüttelt, seit 70 Jahren herrscht Krieg, aber es ist auch ein sehr schönes Land, und die Menschen dort wollen eigentlich nur dasselbe wie die Menschen hier: Sie wollen in Frieden leben, sie wollen ausreichend Nahrung haben, Zugang zu sauberem Wasser, medizinische Versorgung und einen Job, mit dem sie sich und ihre Familie durch­bringen und auf ihre Lieben schauen können.

Seit 70 Jahren herrscht Krieg, mit ganz, ganz kurzen Unterbrechungen. Dort wurde niemand zu Friedenszeiten geboren, und das heißt, es gibt dort keine Familie und keinen Freundeskreis, der davon verschont bleibt, Opfer von Gewalt, von Hunger oder von mangelnder medizinscher Versorgung zu sein.

In der wiederholten Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien, zwischen diesen Rivalen, droht im Augenblick wirklich, dass Millionen von Menschen zerrieben werden. Hunger wird dort als Kriegswaffe eingesetzt. Das Ergebnis ist fatal.

Die Vereinten Nationen sehen, dass es im Südsudan mehr als 6 Millionen Menschen gibt, die im Augenblick nicht genügend zu essen haben. Die Vereinten Nationen und viele andere Organisationen machen dort einen großartigen Job, sie stellen der Bevölkerung zur Verfügung, was der Staat nicht leisten will oder nicht zu leisten ver­mag.

Der Südsudan gehört zu den Least Developed Countries, also zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, und nun hat die OECD im Frühling richtiger­weise angemerkt, dass Österreich bei den Geldern der Entwicklungszusammenarbeit genau diese Mittel für die Least Developed Countries gekürzt hat.

Warum ist das so? – Das ist einfach deswegen so, weil der Fokus der EZA und die Gelder, die dafür ausgegeben werden, im Augenblick bei der Flüchtlingsabwehr liegen. Deswegen gibt es von unserer Seite die Forderung an den Herrn Außenminister, die Gelder der EZA aufzustocken. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Die Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit sind nicht dafür vorgesehen, Flücht­linge von Österreich abzuwehren, sondern den Ärmsten der Armen zu helfen. Wir stimmen deswegen dem Antrag der Kollegin Muttonen zu. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

11.00


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Steinbichler gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 59

11.00.49

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Ein ganz besonders herzlicher Gruß geht an die Familie Gruber aus Ottnang, die mit ihren zehn Kindern anwesend ist. Ich glaube, das ist einen Applaus wert, der aber gleichfalls den Gästen vom Attersee gilt. (Allgemeiner Beifall.) Unser Steuersystem beruht auf Beitragszahlern. Das sind vorbildliche Beitragszahler, die ordentlich in das System einzahlen und deshalb besondere Wertschätzung ver­dienen.

Nun zum vorliegenden Punkt, zur Hilfe für Uganda (eine Tafel, auf der ein voll beladenes Überseecontainerschiff zu sehen ist, auf dem Rednerpult platzierend): Ich denke, wir sollten nicht nur von Kriegen und von regionalen Spannungen reden, son­dern auch von der angesprochenen Hungersnot. Ich möchte das dezidiert ansprechen. Wir erzeugen diese Hungersnot. Ich habe bereits mehrmals in diesem Haus darauf hingewiesen: Wenn man den Konzernatlas liest, sieht man, welch gierige Gesellschaft wir haben. Wir wollen zweistellige Dividenden, zweistellige Gewinne, und die erzielt man, indem man diesen Ländern, in denen produziert wird, keine Lebenschance lässt.

Heute findet sich ganz aktuell ein Bericht von Michael Ortner in der  „Wiener Zeitung“, „Bittere Schokolade“. Wenn die Kakaobauern 1 Dollar am Tag verdienen oder – aus dem Konzernbericht – die indischen Teepflückerinnen 1 Dollar, 1 €, am Tag verdienen, von dem die Materialkosten, sprich der Preis für die Bambus- oder Strohhütte, in der sie schlafen, noch abgezogen wird, brauchen wir uns über Flüchtlingsströme nicht zu wundern.

1,3 Millionen Flüchtlinge gibt es allein in Uganda. Wir wundern uns und spenden humanitäre Hilfe. Das ist die unwirksamste Maßnahme. 85 Millionen € spendet jetzt die EU-Entwicklungshilfe für Uganda. Wir müssen viel mehr berücksichtigen, welchen Schaden wir verursachen, zum Beispiel bei den Freihandelsabkommen, die wir diskutieren, und was wir damit wirklich auslösen.

Ich denke aktuell an Nachbar in Not – die Caritas und all die anderen sind ehrenwerte Hilfsorganisationen – und die Spendenaktion „Hungersnot Afrika“. Wir berücksichtigen aber nicht, dass in Afrika die Rodung der Regenwälder jetzt richtig beginnt. Da in Indo­nesien die Fläche gerodet ist und Natur, Umwelt und das Heimatland der Wohn­bevöl­kerung zerstört sind, beginnt man jetzt in Afrika. Gleichzeitig geben wir dort punktuelle Hilfe. Das müssen wir mitbedenken.

Ja, es gehört unterstützt, Entwicklungshilfe muss sein, aber wir brauchen – der Herr Außenminister ist gerade draußen, um die Südtiroler Delegation zu verabschieden – einen fairen Welthandel. Daran wird kein Weg vorbeiführen. Solange derjenige die beste Bilanz schreibt, der am meisten betrügt, hat eine faire Gesellschaft keine Chance. Das sind die Probleme, die wir haben.

Der letzte Punkt, auf den ich verweise, war vorige Woche in der „Süddeutschen Zei­tung“ zu lesen. Bekanntlich sind ja in Indien die Kühe heilig, aber der größte Rind­fleisch- und Lederexporteur ist Indien, und einer der größten Konzerne, die daraus Vorteile ziehen, ist BASF.

Immer wieder kommen wir zu noblen – auch europäischen – Konzernen, die sich sehr stark aus diesem Topf der Spekulation bedienen. Das muss abgestellt werden, dann sind diese Hilfen auch wirksam. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

11.04

11.04.29

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 60

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1703 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend drohender Völkermord und Hungersnot im Südsudan.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 208.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: angekündigte zusätzliche Million Euro für Uganda zahlen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

11.05.233. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2250/A(E) der Abge­ordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der TTIP-Verhandlungen (1704 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen jetzt zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.05.50

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht ganz unerwartet ist ja der Stopp der TTIP-Verhandlungen von ameri­kanischer Seite wieder gestoppt worden. Das heißt, es gibt von amerikanischer Seite wieder Interesse, diese Verhandlungen fortzusetzen. Die Trump-Administration ist den Rufen der eigenen Wirtschaft gefolgt und hat eingesehen, dass es wohl ein Abkommen zum ganz überwiegenden Vorteil der Vereinigten Staaten ist.

Vor uns liegen zwei Anträge: ein – wie immer klar formulierter – Antrag von uns, der fordert, dass ein Stopp dieser Verhandlungen erfolgt und man den verhandelnden Personen und Institutionen der Europäischen Union gegenüber klarmacht, dass wir dieses Abkommen, so wie es geplant ist, keinesfalls ratifizieren werden und zu einer Fortsetzung der Verhandlungen auch nicht die Zustimmung geben werden.

Es gibt noch einen etwas weichen Antrag der anderen Parteien, dem wir beigetreten sind, damit es einen einheitlichen, einen gemeinsamen Akt der österreichischen Volks­vertreter in dieser Sache gibt. Dieser Antrag ist gerade noch akzeptabel, weil er klarstellt: Wir wollen das Abkommen, so wie es jetzt angedacht ist, nicht und werden uns dafür einsetzen, dass es so auch nicht kommt.

Die Argumente noch einmal ganz kurz zusammengefasst: Es geht nicht um ein Abkommen mit irgendeinem Staat dieser Welt. Es geht nicht um Südkorea, Malaysia oder Australien, sondern um jenen Staat, der in der heutigen Wirtschaftswelt die Fäden zieht und das Sagen hat. Es geht um den Staat, in dem acht von zehn Konzernen, die die Welt heute beherrschen, sitzen. Es geht um den Staat, in dem die größten Monopolisten sitzen, die einen überproportionalen, maßgeblichen und die Demokratie entscheidend gefährdenden Einfluss ausüben. Da rede ich von Google, Facebook, Microsoft und vielen anderen, die wir kennen.

Mit diesem Staat ein Abkommen zu schließen, das unsere eigene rechtliche Souve­ränität und unsere Regulierungssouveränität zwar nicht gänzlich, aber weitgehend und in entscheidenden Punkten aufgibt, ist ein großer Fehler. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 61

Mit diesem Staat Abkommen zu schließen, die uns die Möglichkeit  nehmen, unter anderem die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen, biologisch erzeugten Pro­dukten aus der nächsten Nähe sicherzustellen, mit diesem Staat einen Vertrag, der das alles in Frage stellt, abzuschließen und den österreichischen und europäischen Markt für die amerikanische Agroindustrie zu öffnen, ist ein schwerer Fehler.

Das Abkommen wäre daher vehement und deutlich gegen die Interessen der öster­reichischen und der europäischen Bevölkerung. Wir alle sollten es bekämpfen. Wir sollten mehr tun, als diesen einen Antrag beschließen, und sagen: Ja, wir werden uns dafür einsetzen, dass es nicht weitergeht! Österreich muss, soll und, glaube ich, wird auch ein Zeichen setzen, dass dieses Abkommen so nicht in Kraft treten kann.

Ich bitte daher alle, die diesem Antrag heute zustimmen, sich auch außerhalb des Parlaments und außerhalb dieses Antrages im Interesse der überwiegenden Mehrheit dafür einzusetzen – wir reden hier nicht nur von einer Mehrheit, sondern von einer überwiegenden Mehrheit, denn nach allen Umfragen sind 60 Prozent dagegen und maximal 15 bis 20 Prozent dafür. Wir sollten uns also dafür einsetzen, dass dieser Wunsch, dieser Wille, diese Absicht der österreichischen Bevölkerung auch umgesetzt wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.08


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig zu Wort. – Bitte.

 


11.09.03

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit die letzte Tourismusumfrage herausgekommen ist und festgestellt wurde, dass die Kanadier zu den beliebtesten Touristen in Österreich gehören und auch die Österreicher gerne nach Kanada reisen möchten, hat die FPÖ offensichtlich nachgedacht, dass vielleicht ein Kanada- und CETA-Bashing doch nicht so opportun ist.

Dazu kommt auch noch, dass der Experte des Gesundheitsministeriums bei der CETA-Debatte im Hauptausschuss festgestellt hat, dass weder die Lebensmittelsicherheit noch die Standards durch CETA bedroht sind. Auch die Tatsache, dass CETA jetzt in die vorläufige Anwendung geht, bewirkt wahrscheinlich, dass die Bürgerinnen und Bürger endlich einsehen, dass sie keinen Nachteil haben. Das wird wahrscheinlich auch zum Umlenken auf TTIP bei der FPÖ beigetragen haben.

Fakt ist aber, seit der 15. Verhandlungsrunde in New York Anfang Oktober gibt es keine TTIP-Verhandlungen mehr. Es ist auch kein einziges TTIP-Kapitel abge­schlossen und fertig verhandelt, was ja fälschlicherweise auch immer wieder behauptet wird. Es gibt eine kleine Einigung im Pharmabereich, dieses Kapitel ist aber auch nicht abgeschlossen. Ich sage in diesem Fall einmal, leider, denn es würde viel Geld für unsere pharmazeutischen Betriebe bringen, die es in Forschung und Entwicklung für neue Medikamente stecken könnten.

Trump hat ja aufgrund der negativen Handelsbilanz bei Amtsantritt sofort das trans­pazifische Abkommen gestoppt, er signalisiert auch nicht, dass er weiter verhandeln will. (Abg. Kogler: Da haben Sie aber die letzten Nachrichten nicht verfolgt!) Aufgrund der schlechten Handelsbilanz will er auch nicht mit einem wirtschaftlich überlegenen Europa verhandeln, ganz im Gegenteil, er hat bilaterale Handelsabkommen mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich angeboten.

Ich glaube, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Daher schlage ich vor, Herr Hübner, Sie beenden Ihre unglückliche Allianz mit den NGOs und mit den Linken, kommen wieder zurück auf den Weg der Vernunft, nämlich der Marktwirtschaft. Vielleicht hat der Umstand, dass Herr Strache gestern eine Patenschaft für Giraffen übernommen hat,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 62

bewirkt, dass ihr jetzt besser über den Gartenzaun seht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Höbart: Das ist aber sehr keck, Frau Kollegin!)

11.11


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


11.11.30

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hübner, Sie können sich ja vor­stellen, wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. Das Einzige, was wir von Ihnen gehört haben, waren antiamerikanische Ressentiments und ein plötzliches Verständnis für NGOs, wenn sie die eigene Meinung vertreten. Also die im Mittelmeer sind schlecht und diejenigen, die gegen den Freihandel sind, sind gute NGOs. (Abg. Höbart: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?) – Es ist immer ein bisschen schwierig, das zu erklären.

Die Haltung der Regierungsparteien in dieser Frage hat ja fast schon schizophrene Züge. Man hat das Mandat zur Verhandlung erteilt. Im Nachhinein – ja, natürlich – kann man seine Meinung ändern, aber wenn es gerade zu den Umfragen passt, hält man es mit den Freihandelsverträgen wieder anders.

Der Bundeskanzler hat gesagt, wir dürfen nicht hinter die Standards von CETA zurück. Genau das sollte auch das Ziel von TTIP sein. Es sollte ein gutes Abkommen werden, das wir erst dann bewerten können, wenn die Ergebnisse da sind.

Warum geht man hier eigentlich immer vom Schlechtesten aus und hat kein Vertrauen in die Verhandler, die das Ganze für uns im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union verhandeln? Geht es hier gar darum, dass man kein Vertrauen in die EU hat? – Ich bin gespannt, was die Grünen dazu sagen werden. Bei der FPÖ erwartet man sich nichts anderes, bei den Grünen vielleicht schon. Die Frage des Freihandels aber ist offensichtlich eine Win-win-Situation für die Populisten in diesem Haus.

Was dabei natürlich beklemmend ist, sind die stetige beliebige Faktenferne, mit der Sie argumentieren, und die alten Ressentiments, die Sie hier bedienen, um einfach nur ein Thema, das gut zu bespielen ist, zum eigenen Vorteil herzunehmen.

Da gibt es zum Beispiel eine Handelskette, die eine groß angelegte Kampagne um CETA nutzt, um sich ins rechte Licht der echten patriotischen Regionalität zu rücken. Wenn man jene Waren, die durch den globalen Handel zu uns gekommen sind, wieder auslisten würde, hätten wir nichts zum Einkaufen. Eine Umwelt-NGO, die durchaus ihre Verdienste hat, trommelt gegen das neue Freihandelsabkommen mit Japan, mit dem Verweis, dass nichts zum Walfang enthalten ist. – Walfang! Das ist ein Thema, gegen das sich die EU unzählige Male ausgesprochen hat, der Import ist nicht zulässig, und das bleibt auch mit diesem Abkommen so. Warum sollte es dann überhaupt drinstehen? – Da müssten wir auch etwas zum traditionellen Singvogelfang des Salzkammerguts in dieses Abkommen hineinschreiben, denn sonst kann man sich ja nicht sicher sein, ob das nicht mit dem Freihandelsabkommen EU-Japan gefährdet wäre.

Es geht nicht um Standards, nicht um Gentechnik, schon gar nicht um Walfang, son­dern allerhöchstens um Wählerfang. Interessanterweise ist es eine Jagd, die mit Hin- und Herspringen und wirrem erratischem Sich-nicht-sicher-Sein, welche die richtige Richtung ist, gewonnen werden soll.

Ich werfe in dieser Frage explizit auch der ÖVP vor, untätig gewesen zu sein. Man hat diese Debatte den Demagogen, die dieses Feld mit unfairen und wirklich unwahren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 63

Behauptungen bestreiten, völlig überlassen. Das ist wahnsinnig gefährlich, weil wir dadurch unseren Wohlstand gefährden, der auf einer offenen, freien Marktwirtschaft und auf internationalem Handel beruht. Ich hoffe doch, dass wir dieses Thema auch im Wahlkampf behandeln können und die Argumente ein für alle Male auf den Tisch legen.

Stehen Sie hier auf der Seite der Wahrheit, sind Sie auf der Seite von Freihandel, auf der Seite von Zukunft und von Fortschritt, oder wollen Sie zurück in die Vergangenheit, die Grenzen schließen in jeglicher Hinsicht, für Menschen, für Waren, für Dienst­leistungen, für ArbeitnehmerInnen? (Abg. Kogler: Wer will denn das, Frau Kollegin? Das ist unter Ihrem Niveau!) – Das ist nicht der Weg, den wir einschlagen wollen. (Beifall bei den NEOS.)

11.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


11.15.07

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Das war eine durchaus interessante Stellung­nahme. Ich möchte aber hinzufügen, diese Rede hätten Sie im amerikanischen Kongress halten sollen, denn dort ist das Problem beheimatet. Präsident Trump definiert freien Handel mit „Was ist gut für Amerika?“ und sonst gar nichts. Er hat sich daher auch einen interessanten ideologischen Vortrag beim Weltwirtschaftsforum in Davos eingehandelt, bei dem das kommunistische China den kapitalistischen USA erklären musste, was die Vorteile eines Freihandels sind. – Das war jedenfalls eine sehr interessante Debatte, die dort stattgefunden hat.

Ich finde den Entwurf positiv. Ich bin auch nicht der Meinung, dass jetzt ein Unter­schied zwischen hart und weich angebracht ist, Kollege Hübner. Das, was wir hier zu TTIP zu beschließen haben, heißt, dass auf der Grundlage des derzeitigen Ver­hand­lungsmandates die Verhandlungen nicht fortzusetzen sind, und ehrlich gesagt glaube ich, die Amerikaner wollen das auch nicht.

Ich bin ohnedies skeptisch, ob überhaupt noch etwas dabei herauskommt. Wenn Prä­sident Trump noch „America First“ hineinbringen will, kommt gar nichts heraus, denn das ist nicht die Grundidee des freien und fairen Handels zwischen den verschiedenen Ländern.

Ich glaube, es kommt noch etwas hinzu, nämlich die aktuelle Frage mit dem Abkom­men zu Japan. Das, was mich etwas befremdet, ist: Dieser Verhandlungstext hat 400 Seiten, bekannt sind wiederum nur einige Seiten. Es wird seit vier Jahren wieder nur im Hinterstüberl verhandelt. Das ist nicht in Ordnung, und sie haben nichts gelernt! Das finde ich sehr befremdlich.

Mein Appell geht nicht nur an die Handelskommissarin, entsprechenden Druck auf Japan auszuüben, sondern auch an Japan selbst. Es ist einfach so, dass wir nicht hinter CETA zurückfallen dürfen, das betrifft vor allem die Sonderklagsrechte für Kon­zerne und wiederum den Versuch, öffentliche Gerichtshöfe durch private Einrich­tungen zu umgehen. Es geht dabei ja um Regelungen, die nicht nur den klassischen Zollabbau betreffen, sondern Standards, öffentliche Beschaffung, Vergaberecht, Investitions­schutz, Wettbewerbsrecht, Dienstleistungen sowie Marktzugang. – Ich zitiere aus dem Ent­schließungsantrag, den wir eigentlich zu Japan beschließen sollten, und frage mich, warum wir da noch nicht mit allen Parteien ganz zu Rande gekommen sind, um das auch wirklich zu machen.

Wenn man solch umfassende Regelungen hat, ist höchste Vorsicht geboten. Man kann das nicht unterlaufen, indem man sagt, dann machen wir eine private Geschichte. Wir haben die Debatte bei CETA, bei TTIP miterlebt und haben es bei CETA eben weg-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 64

bekommen, indem ein öffentlicher Gerichtshof eingerichtet wurde. Das halte ich für ganz entscheidend, auch was Japan betrifft.

Japan ist nicht irgendein Land, sondern ein sehr wichtiges Land, das große wirt­schaftliche Stärke besitzt. Es darf auch da nicht möglich sein, dass man über eine Hintertür wieder versucht, Standards in Österreich, in Europa, in der Europäischen Union, in Bezug auf Vergaberecht und anderes unter dem Titel Investitionsschutz, Son­derklagsrechte zu unterlaufen und schon im Vorfeld, wenn in den einzelnen Ländern Regelungen gefasst und Gesetze gemacht werden, auf diese Art und Weise bereits Druck auszuüben.

Es muss doch möglich sein, dass wir hier am Rednerpult nicht eine Weltanschauungs­debatte über freien Handel, ja oder nein, mit fast religiösen Zügen führen, sondern dass man sich zu fairen Übereinkommen findet, indem man Ja zum freien Handel sagt – jawohl! –, aber nicht, damit Standards, die wir uns in Europa für unser Leben, unsere Lebenskultur, die Art, wie wir hier wirtschaften und wie wir soziale Sicherheit verstehen, von denen unterlaufen werden, die in Wirklichkeit eine ganz andere Gesell­schaftsordnung, ein ganz anderes Zusammenleben haben möchten.

Dafür plädiere ich und glaube, man sollte auch bei Japan versuchen – jetzt schaue ich ein bisschen zur ÖVP hinüber –, zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag zu kommen, denn das ist in höchstem Maße aktuell und wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

11.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


11.19.25

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! In den letzten Wochen ist es um TTIP relativ ruhig geworden, nachdem Trump gemeint hat, er habe dazu eher negative Einstellungen. Fakt ist, Deutschland und die USA haben sich für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen ausgesprochen.

Um noch einmal auf die Ausführungen meiner Vorredner einzugehen und es klar herauszuarbeiten: Freier Handel? – Natürlich! Freie Grenzen, all das steht hier nicht in Diskussion. Worüber wir hier als Freihandelsabkommen sprechen, nämlich TTIP, CETA, TiSA und auch das neue Japan-Abkommen JEFTA, sind eine ganz neue Gene­ration von Freihandelsabkommen. Die Bezeichnung ist marketingtechnisch äußerst klug gewählt, denn es gibt bereits freien Handel. Die Zölle sind gering. Das Freihan­delsabkommen betrifft 800 Millionen Menschen.

Ich weiß nicht, wie viele Abgeordnete die Möglichkeit genützt haben, sich die Doku­mente im Leseraum anzuschauen. Ich habe sie mir angeschaut, und es waren nach wie vor sehr, sehr viele weiße Flecken drin, es waren sehr, sehr viele Dinge sehr schwam­mig formuliert. Fakt ist, dass es intransparent ist. Seit Jahren wird versucht, die Öffentlichkeit außen vor zu lassen. Es sind problematische Klauseln enthalten, und damit meine ich nicht nur den Investorenschutz. Das Allerallerwichtigste für mich ist: Es gibt kein Ausstiegsszenario, wenn wir diese Freihandelsabkommen, also zum Beispiel TTIP, unterschreiben.

Ich finde es sehr, sehr gut, dass wir versuchen werden, die TTIP-Verhandlungen unter dem bisherigen Mandat zu beenden. Zu fragen ist, warum die NEOS in diesem Zusammenhang amerikanischen Konzernen näher stehen als der europäischen, der österreichischen Wirtschaft.

Ein Thema, das bis jetzt noch nicht angesprochen worden ist, das ich aber durchaus sehr wichtig finde, denn nicht nur in Österreich, sondern auch in großen Teilen Euro­pas hat man sich vehement dagegen ausgesprochen, ist ein Wiederaufleben von


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 65

Fracking. Wir wissen genau, dass in Amerika, in den USA Fracking forciert wird, sehr viel Fracking betrieben wird. In Österreich ist die Formulierung noch sehr schwammig, meines Erachtens bewusst schwammig. Mit TTIP wäre Fracking in Österreich wahr­scheinlich wieder erlaubt.

Ich plädiere daher dafür, auf das Vorsorgeprinzip zu achten und nichts zu unter­schrei­ben, keinen Vertrag zu unterschreiben, dessen Inhalt man nicht genau kennt und aus dem es vor allem auch kein Ausstiegsszenario gibt. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

11.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.22.54

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Bei dem Ansatz, der da von manchen Rednerinnen und Rednern insbesondere der Regierungsparteien in die Debatte gebracht wird, ist es wieder einmal notwendig, ein paar grundsätzliche Gedanken voranzustellen.

Sie von der ÖVP sollten damit aufhören, die Abwehr der Kritik an diesen Abkommen, ob jetzt TTIP, CETA oder TiSA – damit werden wir noch viel Freude haben, da werden Ihre Bürgermeister in der ÖVP quietschen –, so dumpf anzulegen. Wir sollten einmal schauen, worum es sich handelt, nämlich um keine Handelsverträge im üblichen Sinn. Die werden sogar so motiviert, dass die alle neuen Typs sind – aber was ist denn das Neue? Gegen Handel hat ja kein vernünftiger Mensch etwas, wenn er auf halbwegs gleichen Produktions- und sonstigen Niveaus in den jeweiligen Ländern basiert. Andernfalls führt der sogenannte freie Handel nämlich lehrbuchgemäß zu mehr Ungleichheit. Generell führt er nur dann zu mehr Wohlstand, wenn im Übrigen die dahinter gelagerte Verteilung auch richtig ist und wenn vorab klar ist, dass es halbwegs ausgewogene Bedingungen gibt, also auch entsprechende Regulative. Das ist doch ganz logisch, dazu braucht man nicht einmal Volkswirtschaft studiert zu haben.

Es ist doch genau umgekehrt! Es handelt sich um keine Handelsverträge. Und dann pickt man vorne noch „frei“ dazu, denn das klingt super. Heutzutage ist ja alles frei: frei dort, frei da, frei da, ja. (Abg. Rädler: Freiheit!) – Freie Liebe, da hat die ÖVP noch ein Problem. (Beifall bei den Grünen.) Das ist das Einzige, ja. Selbst Frau Merkel ist da schon weiter, aber vielleicht gehen Sie ja noch in sich.

Das wird also völlig kaschiert, denn in Wirklichkeit handelt es sich um Regulierungs- oder eigentlich Deregulierungsabkommen und um Standardsetzungsabkommen, aber eigentlich Standardherabsetzungsabkommen. Warum? – Weil sie so angelegt sind, dass es aus logischen und ökonomischen Gründen in der Tendenz dann nach unten geht.

Es müsste nicht so sein! Natürlich wären Abkommen super, die die Standards generell nach oben heben würden. Da wären wir ja dafür. Deshalb heißt es bei uns ja auch: fairer Handel – anstatt irgendeines angeblich freien Handels. Und das ist anzugehen! (Beifall bei den Grünen.)

Und damit stehen wir ja auch nicht allein da. Nobelpreisträger Stiglitz hat das völlig richtig analysiert: Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise, die ja genau wegen dieser Deregulierungsorgie überhaupt erst so entstehen konnte, hat man es in den Nationalstaaten gar nicht mehr so durchgebracht, weiter nach unten zu fahren. Dann hat man entdeckt, dass man die Staaten aneinander binden und über staatliche Ver­träge innerstaatliche Deregulierung, und zwar zum Teil unumkehrbar, wie das die Vorrednerin gesagt hat, durchsetzen könnte. Das ist doch ein durchschaubarer hinter­hältiger Angriff! Da sollten Sie lieber zuhören und das nicht einfach so wegwischen,


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denn Wirtschaft und Handel sind etwas ganz anderes als zu sagen, dass sich die Politik heraushalten soll und die Konzerne das dann schon irgendwie machen werden, inklusive so netter, freiwilliger Instrumente, wo wir ein bisschen herumreden. Das ist ja genau falsch! Es müssen wieder die gewählten Vertreterinnen und Vertreter sagen dürfen, was Sache ist in Österreich, in Europa und langfristig sogar mittels vernünftiger Verträge zwischen Wirtschaftsgemeinschaften auch global. Das ist doch unser Auftrag.

So, und was liegt jetzt vor? – Das hat Kanzler Kern richtig erkannt, als er ins Amt gekommen ist, er hat in diesem Fall bei CETA alles Mögliche versucht, ich will das gar nicht alles nur negativ skizzieren, und hat nach dem CETA-Desaster, das ja offen­sichtlich eines war, zumindest verhandlungstaktisch und auch in der Kommunikation – das wird ja zugegeben –, gesagt: Bei TTIP, und das ist jetzt Gegenstand, wird alles anders.

Und jetzt kommen wir zur Sache: Was ist geschehen? – Es wurde gesagt, Österreich, allen voran eben Kanzler und Außenminister – damals war noch ein anderer ÖVP-Obmann –, werde sich in der Kommission und im Rat sofort dafür einsetzen, dass das Mandat für TTIP geändert wird. Ja, nichts da! Eine Protokollanmerkung hat es gegeben anlässlich eines EU-Gipfels, bei dem der wirkliche Beschluss in die Richtung gegangen ist, alles noch schneller zu beschließen. Die Verhandlungen mit Japan sind gleich intransparent. Das sind die Fehlentwicklungen!

Deshalb muss man schauen, was mit den Hauptpunkten ist. Kern hat ja behauptet, wir können die privilegierten Konzernklagsrechte noch ablehnen. Das ist richtig, nämlich wir hier oder dann auch die Neugewählten können das. Vollkommen richtig! Das gilt auch bei CETA und gerade bei CETA. Warum? – Weil das Gott sei Dank nicht in der vorläufigen Anwendung drinnen ist, und das hat er ja gemeint. Wir können aber nur mehr den ganzen Vertrag ablehnen, und das sollten wir auch tun, um CETA neu zu verhandeln. Bei der Stimmungs-, Interessen- und Meinungslage in Österreich wären die Abgeordneten gut beraten, dies zu tun.

Deshalb ist der 15. Oktober auch ein Tag der Volksabstimmung über diesen CETA- und den TTIP-Vertrag. Wir werden es uns anschauen. Wir haben eine klare Position: für Handel, aber vernünftig und fair – nach ökologischen und sozialen Standards. Also: Her damit! (Beifall bei den Grünen.)

11.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


11.28.50

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Bei der Aushandlung dieser Handelsverträge zeigten sich zwei charakteristische Züge, die bewirken, dass die Leute die Politik der EU und die Politik überhaupt völlig satthaben. Zum einen zeigte sich, dass eine, wenn ich so sagen darf, doch eher anmaßende Elite der Meinung ist, dass sie schon weiß, wie es richtig ist und wie es richtig geht. Wenn demokratischer Protest eintritt, nimmt sie von ihren Vorhaben eigentlich nur kurzfristig Abstand, wenn es unbedingt notwendig ist. Kaum legt er sich, macht sie es wieder. Zum Zweiten erheben Sie Ihre Meinung zu einer Art von Dogma, das hat man ja jetzt von Kollegin Winzig und auch von Kollegin Gamon wieder gehört, über das eigentlich gar nicht mehr diskutiert werden sollte. Und so geht es halt nicht.

Gerade bei TTIP hat man das Erstere gut sehen können: Sie kümmern sich eigentlich nicht darum, was Demokratie wirklich heißt, nämlich Teilnahme und Partizipation von Bürgern. Wenn Sie glauben, dass Ihnen das beim Durchziehen Ihrer Projekte nicht guttut, dann gibt es das eben nicht. Die Intransparenz der Verhandlungen war zu Recht ein Kritikpunkt. Sie haben sich erst nach mühevollen Protesten der Vereine und Bewe-


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gungen, die sich darum gekümmert haben, dazu bereit erklärt, überhaupt ein bisschen etwas darüber zu verlautbaren, was Sie da eigentlich tun.

Sie haben weiters gar nicht darauf Bezug genommen, dass es inhaltlich Dinge gibt – das haben andere vor mir schon gesagt, wie etwa Frau Kollegin Weigerstorfer –, die man schon oder nicht wollen kann: die anderen sozialen Standards und Vorstellungen von Umweltschutz in den Vereinigten Staaten beispielsweise. Die kann man tatsächlich so nicht wollen. Besonders gravierend ist jedoch – und das haben Kollege Cap und Ökonom Kogler wirklich deutlich dargetan –, dass da Dinge drin sind, die hinterhältig sind. Wenn man einem starken Staat gegenübersteht, der den Investitionsschutz wirk­lich geltend macht, dann möchte ich eigentlich nicht sehen, wie die österreichischen Verhandler einknicken und tatsächlich eine Beeinflussung unserer eigenen Gesetzge­bung zulassen – zwischen Klammern – müssen. Das muss man nicht wollen!

Und damit komme ich zum Zweiten: Ihre Meinung setzen Sie wie ein Dogma. Wer für freien Handel ist, der ist für die Zukunft und die Moderne, und dort sind jene von vorgestern, die die Grenzen schließen wollen. Da sind die, die den Wohlstand vorantreiben wollen, und dort sind jene, die von all dem nichts verstehen und den Wohlstand mindern wollen. Das ist aber ein ganz pragmatisches Thema. Da wir hier noch keine kommunistische Fraktion haben, sind alle von uns Vertreter des freien Handels unter bestimmten, ganz deutlich ausgemachten Bedingungen, die man einfach auch diskutieren kann. Und genau das sollten Sie auch tun! (Beifall bei der FPÖ.)

Es sind ja wirklich immer quasireligiöse Töne dabei. Und eines jener Wörter, die so deutlich zeigen, wie Sie glauben, dass Ihre Meinung absolut zu setzen sei, war dieses schreckliche Wort von der Alternativlosigkeit. Politik ist grundsätzlich die Entschei­dung zwischen verschiedenen Möglichkeiten!

Ich kann nur sagen: Verweigern Sie nicht die Diskussion! Kehren Sie zur Beteiligung der Bürger zurück! Gehen Sie in sich und ändern Sie sich! (Beifall bei der FPÖ.)

11.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


11.32.18

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zum Thema TTIP-Verhandlungen: Seitens der Europä­ischen Union wurden für deren Mitgliedstaaten Geheimverhandlungen zu den Freihan­delsabkommen CETA und TTIP geführt. Wenngleich CETA als abgeschlossen zu bezeichnen ist, galt mit der Wahl Trumps zum Präsidenten von Amerika das Abkom­men TTIP als gegenstandslos. Insbesondere von der heimischen Bevölkerung wurde dieser Umstand wohlwollend aufgenommen.

Nunmehr sollen sich die USA für eine Weiterführung der Verhandlungen ausge­sprochen haben. Hintergrund hiefür ist wohl die prekäre Wirtschaftssituation Amerikas. Europa soll für die Interessen Amerikas aufkommen.

Sowohl die Verhandlungen zu CETA als auch jene zu TTIP wurden nahezu gleich­laufend als Geheimverhandlungen ohne nennenswerte Information der Bevölkerung als Konsumenten geführt. Die Mitgliedstaaten der EU beschließen gleichsam den Kauf der Katze im Sack.

Die Produktion österreichischer Waren entspricht einem hohen Standard, im Lebens­mittelbereich frei von Gentechnik. Dieser Status ist auf leistbarem Niveau beizube­hal­ten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 68

Freihandelsabkommen begünstigen den internationalen Warenverkehr. Dieser bedeu­tet im Fall TTIP den Austausch von hoher gegen minderwertige Qualität, wobei Trans­portkostenanteile zu einer Verteuerung der minderen Qualität führen. Dem Konsu­menten ist nicht zumutbar, minderwertige Qualität hochpreisig erwerben zu müssen, da hochwertige heimische Produktion in den Export fließt.

Bezüglich der Zulassung von Gentechnik und auch des Transportaufwandes stellt sich die Frage: Wo bleibt der Aufschrei der Grünen?

Der Politik des Drüberfahrens der EU über deren Mitgliedstaaten sowie deren Bevöl­kerung ist Einhalt zu gebieten. Die EU ist aufzufordern, die Karten auf den Tisch zu legen und bisher erzielte Verhandlungsergebnisse öffentlich zugänglich zu machen. Diverse Vorschläge seitens der EU haben sich für Österreich wiederholt wirtschaftlich nachteilig ausgewirkt. Es gilt, die österreichische Wirtschaft nachhaltig zu fördern. Freihandelsabkommen mit angeschlagenen Wirtschaftssystemen sind striktest abzulehnen. – Danke. (Beifall des Abg. Doppler.)

11.35


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und stellt auf dieses eine Tafel, auf der ein Containerschiff abgebildet ist.)

 


11.35.12

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Es wurde von den Vorrednern bereits sehr viel zu den internationalen Abkommen gesagt. Ich habe vorhin bei der Diskussion über die Entwicklungshilfe Südsudan schon erwähnt, dass es eigentlich grundlegend wäre, faire und transparente Abkommen zu schließen. Das Gefühl der Bürgerinnen und Bürger ist natürlich ein ungutes, wie bereits erwähnt wurde, wenn Ergebnisse ständig herausgepresst, herausgequetscht werden müssen beziehungsweise gar nicht publi­ziert werden und man vor vollendete Tatsachen gestellt wird.

Ich möchte aus Anlass der Debatte über diese internationalen Freihandelsabkommen einen Schritt zurück zu Österreichs aktuellster Entwicklung machen, weil ich glaube, dass die Situation nicht besser beschrieben, bezeichnet und dargestellt werden kann. Ich habe hier die neueste Ausgabe von „Unser Land“, der Lagerhaus-Zeitung, von der RWA. (Der Redner hält das Magazin in die Höhe.) Und da ist gleich der Leitartikel von Werner Jandl: „Genossenschaft ist Welterbe“. Wir wissen, wie stolz wir auf unser Ge­nos­senschaftswesen sind; es ist für die Bauern überlebenswichtig. Es heißt hier: „Das Genossenschaftswesen hat international Anerkennung gefunden. Genossenschaftlich organisierte Selbsthilfe ist seit kurzem immaterielles Unesco-Kulturerbe der Mensch­heit.

Ich halte Genossenschaften für zeitlos modern. Aber gerade in Phasen der Verän­derung wie jetzt – denken Sie an Digitalisierung, Globalisierung, Wanderbewegun­gen, ... – haben Eigenverantwortung, Zusammenhalt oder regionale Wertschöpfung eine besonders hohe Bedeutung.“

Und diese Bedeutung wird zwei Seiten später dargestellt, Kolleginnen und Kollegen, weil die RWA vor 14 Tagen an der Donau in Aschach die neue größte österreichische Kornkammer eröffnet hat. Wunderbar! Das Einzige, was die Kornkammer mit Bauern zu tun hat, ist, dass Bauerngeld drinnen steckt, aber keine österreichischen Körner. Niki Berlakovich als ehemaliger Landwirtschaftsminister denkt gerade nach, wie gut die Erträge heuer bei dieser Trockenheit und bei dieser Dürre sein werden. Und gleich­zeitig sehe ich in den Marktberichten bereits wieder die Meldungen: Rekordernte!


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Leider tiefe Preise. Die Ware kann nur ohne Preisgarantie übernommen werden! – Und in diese Siloanlagen kommt die ausländische Ware hinein. Hierher kommt auch das AMA-Gütesiegel-fähige Palmöl, und wir verkaufen dann natürlich – Herr Minister, ganz entscheidend! – österreichische Qualitätsfuttermittel.

Ist das der Grund dafür, dass wir diese Freihandelsabkommen brauchen, damit wir gegenseitig international konkurrieren, rivalisieren und einander betrügen? Bei einem Kilogramm Weizen, das 55 Mal getradet wird – ich bitte, dann das Protokoll zu lesen (in Richtung Bundesminister Kurz), zum Zuhören ist offenbar keine Zeit (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Er muss mit dem Handy spielen!) –, wollen 53 gut verdienen und nichts dazu beitragen, und das ist das Problem, das wir mit dieser Konzern­wirt­schaft haben, mit dieser globalisierten Konzernwirtschaft.

Und deshalb unsere ganz klare Ansage: Globalisierung dient den Konzernen, Regio­nalisierung den Menschen. Der Mensch im Mittelpunkt, das muss das politische Ziel sein! – Danke. (Abg. Obernosterer: Kein Beifall!)

11.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.38.50

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Stopp der TTIP-Verhand­lungen: Kein Mensch versteht, dass diese Verhandlungen im Geheimen stattfinden, aber diese Vorgangsweise und dieses Erscheinungsbild passen genau in diese EU. Die Sorgen der Menschen, die Ängste der Menschen, die Befürchtungen der Men­schen sind dieser EU ganz egal. Diese EU fährt über die Sorgen, Ängste und Befürchtungen der Menschen einfach drüber.

Man wird sehen, wie lange diese Verhandlungen auf Eis gelegt sind. Seit dem Präsi­dentenwechsel in den USA hat sich zwar die Meinung geändert, was dieses Freihan­delsabkommen zwischen USA und Europa betrifft, die Frage ist nur, wie lange das gilt. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Abkommen soll nur der Profitgier der großen, riesigen Konzerne Rechnung getragen werden. Die Sorgen der Menschen sind völlig egal. Bis heute gibt es keine ausreichenden Dokumente, offiziellen Doku­mente oder Informationen über den aktuellen Verhandlungsstand, daher kann man dieses Projekt in dieser Form nur ablehnen. – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Barbara Rosenkranz und Gerhard Schmid.)

11.40

11.40.25

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3.

Zunächst: Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1704 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 2250/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1704 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend keine Fortsetzung der TTIP-Verhandlungen auf Grundlage des derzeitigen Verhandlungsmandats.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 209.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 70

11.41.134. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­ge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unter­bringungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesund­heitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz und das Medi­zi­nischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreform­umset­zungsgesetz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 414/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen- und Förderprogramm zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich (1715 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Jetzt kommen wir zu den Punkten 4 und 5 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


11.42.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen jetzt über das Primärversorgungsgesetz, ein Gesetz, das schon sehr lange diskutiert worden ist und bei dem es sehr viele Kritik­punkte gegeben hat, von unserer Seite, auch vonseiten anderer Stellen, der Ärzte­kammer beispielsweise, anderer Gesundheitsberufe, bis hin zur ÖVP, die das auch immer wieder infrage gestellt hat. Dennoch kam es jetzt nach vierjähriger Verhandlung doch dazu, dass dieses Gesetz im Gesundheitsausschuss beschlossen wurde.

Jetzt muss man ehrlicherweise sagen: Für mich als Beobachterin der Situation war das gestern umso überraschender, als sich der Obmann der ÖVP dazu geäußert und gesagt hat, er möchte gerne den Hausarzt stärken. Ich weiß jetzt nicht genau, wie das mit diesem Gesetz zusammenkommen kann – ich sage Ihnen: gar nicht! Denn mit diesem Gesetz läuten wir heute das Ende des Hausarztes ein; das Ende des Hausarztes, der bei den Österreicherinnen und Österreichern nicht nur der beliebteste Arzt, sondern vor allem auch der Vertrauensarzt ist. Sein Ende läuten wir heute sehr wohl ein, und ich weiß, Frau Kollegin Heinisch-Hosek wird sich dann wieder zu Wort melden und wird wieder alles kleinreden.

Ich zitiere jetzt aus dem Gesetzestext – und ich habe heute das Gesetz in seiner Gesamtheit hier, damit Sie nicht wieder irgendwelche Punkte herausnehmen und widersprechen können –: Es wird kein paralleles Bestehen von Primärversorgung und Hausärzten geben! Das ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen, denn wenn ein Hausarzt seine Hausarztstelle aufgibt, wird diese Stelle für fünf Jahre nicht mehr wieder besetzt, es sei denn, ein Primärversorgungszentrum übernimmt diese Stelle. – Das steht klipp und klar im Gesetz drin: Es darf das „vom Vertragsarzt (...) der jeweiligen Planstelle abzudeckende Leistungsvolumen innerhalb von fünf Jahren ab Freiwerden der Stelle nicht durch einen neuen Vertrag“ mit einem anderen Leistungs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 71

anbieter abgedeckt werden, „es sei denn das Leistungsvolumen wird durch eine Primärversorgungseinheit abgedeckt“. – Das heißt, es wird hier keine Parallelstruktur geben!

Das Zweite ist – und Sie haben ja im Ausschuss versucht, uns das klarzumachen –: Es geht darum, eine Stelle zu reservieren. Auch das funktioniert nicht so klaglos, denn wenn sich jetzt ein Arzt dazu bereit erklärt, in einem Primärversorgungszentrum mitzu­arbeiten, dann draufkommt, das ist eigentlich nicht das, was er sich vorgestellt hat, denn er hätte gerne Kontakt mit den Patienten, er würde seine Patienten gerne ken­nenlernen, nicht in einer anonymen Einheit arbeiten, und möchte dort ausscheiden, so ist es ihm auch nicht so einfach möglich, seinen Antrag wieder mitzunehmen. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Königsberger-Ludwig.)

Vielleicht hätten Sie die Güte, mir einmal zuzuhören. Sie kommen ja nachher ohnehin zu Wort. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie könnten dabei etwas lernen, Sie verleugnen das nämlich. Das ist hier der Gesetzestext (die Rednerin zeigt diesen) – auch den Damen von der SPÖ ist es zumutbar, dass sie sich das einmal durchlesen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und wenn Sie es nicht verstehen, tut mir das wahnsinnig leid.

Ein Arzt, der da ausscheidet, kann nicht sofort einfach sagen, er möchte wieder seine Arztstelle zurückhaben. Nein, da müssen Krankenkassen und Ärztekammern im betreffenden Land wieder zustimmen. Meine Damen und Herren, das ist nicht in Ordnung! Das heißt, hier kommt es zu einer Erschwernis. Man versucht auf allen Seiten, an allen Ecken und Enden, hier den Hausarzt hinauszudrängen. Es wird den Hausarzt in Kürze nicht mehr geben! – Das zu diesem Gesetz.

Etwas Zweites hat der Herr Obmann der ÖVP gestern gefordert, nämlich dass man ein Foto auf den e-cards anbringen soll. Das freut mich ganz besonders, ich fordere das nämlich seit dem Jahr 2006, und ich werde es auch heute einbringen, denn diese Primary Health Care, die Sie heute einführen, wird zu einer absoluten Anonymität führen, und kein Arzt wird mehr seine Patienten kennen. Es ist in diesem Gesetz auch nicht vorgesehen, dass Ärzte Ärzte anstellen können, um hier möglicherweise doch eine gewisse familiäre Struktur aufbauen zu können. All das haben Sie nicht gemacht! Sie wollen ein anonymes Zentrum, ein anonymes verstaatlichtes Gesundheitszentrum haben. Daher kennen die Ärzte ihre Patienten nicht, daher ist Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Foto als Identitätsnachweis auf der e-card

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine Umstellung für alle zukünftig neu ausgestellten E-Cards auf ein System mit einem Foto vorsieht.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Außerdem möchte ich noch einen weiteren Entschließungsantrag einbringen. Weil eine echte Primärversorgung im Gesundheitsbereich sich nicht nur auf eine bestimmte


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 72

Alters­gruppe bezieht, sondern in Wirklichkeit vom Säuglingsalter bis ins hohe Alter geht, möchte ich noch folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend Abschaffung des Eigenregresses für Pflegeheimbewohner durch eine Grund­satz­bestimmung im ASVG und allen anderen sozialrechtlichen Grundlagenmaterien

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und allen anderen ein­schlägigen Gesetzen, die gemäß § 3 ff Pflegegeldgesetz die Grundlage für den Bezug des Pflegegeldes für die einzelnen Berufs- und Anspruchsgruppen darstellen, eine Grundsatzbestimmung zur dauerhaften Abschaffung des Eigenregress für Pflegeheim­bewohner (Pflegebedürftige) schafft.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.47


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Frau Abgeordneter Belakowitsch-Jenewein einge­brachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter betreffend Foto als Identitätsnachweis auf der E-Card

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt:

4.) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärver­sorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz - PrimVG) erlassen und das Gesund­heits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Kranken­an­stalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzbe­rufeGesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 - GRUG 2017) (1714 d.B.) in der 188. Sitzung des Nationalrats am 28.06.2017.

Gesundheitsleistungen, die über die E-Card bezogen werden, sind eine Dienstleistung der Primärversorgung im Gesundheitswesen und haben ihre sozialversiche­rungsrecht­liche Grundlage im ASVG und den anderen einschlägigen Sozialversicherungsge­setzen.

Nach dem Verschwinden von 600.000 E-Cards und der dadurch bestehenden Möglich­keit, dass Dritte illegal Leistungen des österreichischen Gesundheitssystems durch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 73

gestohlene oder gefundene E-Cards  in Anspruch nehmen, ist auch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hellhörig geworden. Bei einer durchschnittlichen Scha­denssumme von 300 Euro pro E-Card durch missbräuchliche Verwendung, macht die Gesamtkostenbelastung 180 Mio Euro aus, - dem stehen aber lediglich 18 Mio Euro an Kosten für die SV-Träger entgegen.

Der neue Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger fordert jetzt deshalb jetzt ebenfalls ein Foto als Identitätsnachweis auf der E-Card. Dies soll in einem ersten Schritt freiwillig erfolgen. Durch eine verpflichtende Einführung könnte man binnen drei Jahren aber 162 Mio. Euro an Einsparungspotential durch verhin­derten Missbrauch lukrieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine Umstellung für alle zukünftig neu ausgestellten E-Cards auf ein System mit einem Foto vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter betref­fend Abschaffung des Eigenregress für Pflegeheimbewohner durch eine Grund­satzbestimmung im ASVG und allen anderen sozialrechtlichen Grundlagenmaterien

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt:

4.) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversor­gungseinheiten (Primärversorgungsgesetz - PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenan­stalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenz­berufeGesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 - GRUG 2017) (1714 d.B.) in der 188. Sitzung des Nationalrats am 28.06.2017.

In Österreich werden über 80 Prozent der Pflegeleistungen in den Familien erbracht. Angehörige, meist Frauen, leisten hier großartige Arbeit, seien dabei aber psychisch als auch physisch oft schwer belastet. Würden diese Pflegeleistungen außerhalb der Familien erbracht, entstünden jährliche Mehrkosten von über drei Milliarden Euro.

Wenn aber die außerhäusliche Betreuung in einem Pflegeheim unumgänglich wird, verlieren die Betroffenen ihr schwer erarbeitetes Eigentum. Das ist nicht nur in höchstem Maße unsozial, sondern auch ungerecht. Deshalb gehört der Eigengress für die Betroffenen abgeschafft.

Neben einer echten Primärversorgung im Gesundheitsbereich, die auf dem ASVG und anderen einschlägigen sozialrechtlichen Grundlagenmaterien beruht, braucht es auch eine entsprechende Grundlage für eine Regressfreiheit für Pflegeheimbewohner.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 74

Beim Personenkreis, der als Bewohner von Pflegeheimen dem Eigenregress ausge­setzt ist, handelt es sich in der Regel um Bezieher von Pflegegeld. Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und die anderen einschlägigen Sozialversiche­rungsgesetze(das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­siche­rungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz usw.) bilden gemäß § 3 ff Pflegegeldgesetz die Grundlage für den Bezug des Pflegegeldes für die einzelnen Berufs- und Anspruchsgruppen. In diesem Zusammenhang sollte ins ASVG und alle anderen einschlägigen Gesetze als Grundsatzbestimmung eine Abschaffung des Eigenregress für Pflegeheimbewohner (Pflegebedürftige) verankert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und allen anderen einschlägigen Gesetzen, die gemäß § 3 ff Pflegegeldgesetz die Grundlage für den Bezug des Pflegegeldes für die einzelnen Berufs- und Anspruchsgruppen darstellen, eine Grundsatzbestimmung zur dauerhaften Abschaffung des Eigenregress für Pflegeheimbewohner (Pflegebedürftige) schafft.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


11.47.16

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): In einem Punkt, Kollegin Belakowitsch-Jenewein, gebe ich Ihnen recht – das ist aber schon der einzige –: dass bereits 2014 die Weichen für das heutige – das ist ein bisschen ein Zungenbrecher – Gesundheits­reformumsetzungsgesetz gestellt wurden. Aber damals wie heute standen konkret im Mittelpunkt aller Überlegungen die Fragen: Wie soll eigentlich die Gesundheits­versorgung der Zukunft ausschauen? Und vor allem: Welche Versorgung brauchen auch die Patientinnen und Patienten, um medizinisch, aber auch medikamentös bestmöglich versorgt zu werden? – Ich bin davon überzeugt: Hätte es nicht damals, bereits 2014, einen Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung gegeben, dann stünden wir heute nicht hier und könnten dieses Gesetz nicht be­schließen.

Sie haben gesagt, dass wir mit diesem Gesetz den Hausarzt abschaffen wollen: Das stimmt überhaupt nicht! Fakt ist, dass sich viele der jüngeren Ärztinnen und Ärzte gar nicht mehr um Planstellen mit Kassenverträgen bewerben, was wiederum dazu führt, dass jetzt schon viele Regionen in Österreich medizinisch unterversorgt sind. Was bedeutet das dann in der Praxis? – Wenn ich in der näheren Umgebung keinen Arzt mit einem Kassenvertrag mehr habe, dann muss ich notgedrungen zu einem Wahlarzt gehen und habe die Behandlungskosten zum Großteil aus meiner eigenen Tasche selbst zu zahlen. Das kann es doch nicht sein! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Wir alle hier herinnen wissen – und das haben wir oft genug diskutiert –, dass in den nächsten sieben, acht Jahren 60 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte in Pension gehen werden, daher müssen wir jetzt handeln, denn alles andere wäre doch fahrlässig! Deswegen schaffen wir mit diesem Gesetz die Rahmenbedingungen, die diesen Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft auch gerecht werden. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wir bilden gar keine Hausärzte aus!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 75

Einerseits haben wir die medizinischen Bedürfnisse der Bevölkerung ins Auge zu fassen, und die haben sich geändert, weil die Menschen dank eines guten Gesund­heits­systems immer älter werden, andererseits – das brauchen wir auch nicht zu leugnen – nehmen die chronischen Krankheiten immer mehr zu. Dazu kommt auch noch, dass in vielen Familien beide Elternteile einem Beruf nachgehen und der Ruf nach längeren Öffnungszeiten der Ordinationen auch immer lauter wird.

Andererseits – hören Sie sich ruhig einmal an, was ich zu sagen habe! – wollen aber auch viele der Jungärzte nicht mehr ausschließlich in den uns bekannten Einzelor­dina­tionen ihre Leistungen anbieten, sondern sie wollen auch die Möglichkeit bekommen, in einem Team mit anderen Ärzten und Ärztinnen und auch mit Vertretern anderer Gesundheitsberufe – wie zum Beispiel Hebammen, Physio-/Psychotherapeuten, aber auch MasseurInnen, Kinderfachärzten oder Apothekern – künftig ein besseres Leis­tungs­spektrum als bisher anzubieten, von dem letztendlich wieder wir alle profitieren werden.

Ich habe auch mit vielen JungärztInnen gesprochen, die gesagt haben (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Mit Ärztinnen ...!): Ich möchte künftig meinen Beruf und meine Familie besser vereinbaren können. Mit diesem Gesetz schaffen wir die dafür notwendigen Rahmenbedingungen, die es künftig ermöglichen werden, dass es neben dem bewährten Hausarztsystem mit Einzelpraxen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Eben nicht „neben“!) künftig auch noch Gesundheitszentren und Netzwerke in einem ausgewogenen Verhältnis geben wird, was bedeutet, dass es wohnortnah künftig ein Mehr an Leistungen geben wird.

Ich weiß auch, dass wir – allesamt, das streite ich gar nicht ab – mit diesem Gesetz Neuland betreten und daher in den nächsten Jahren sicherlich noch an dem einen oder anderen Rädchen werden drehen müssen. Ich bin mir aber sicher, dass wir damit den Grundstein für eine noch bessere medizinische Versorgung legen. Ich für mich kann sagen, ich bin darauf stolz, dass ich daran mitgewirkt habe.

Ich möchte abschließend auch meinen Dank an alle Beteiligten richten, vom Bundes­ministerium beginnend, weil ich gerade hinübergeschaut habe, ob das Nina Pfeffer war, ob das Clemens Auer war, bis hin zu Gerhard Aigner, möchte aber auch den VertreterInnen der Klubs, Gabi Kotzegger, Philipp Hartig, und zuletzt auch dir, lieber Erwin Rasinger, danken. Ich weiß, dass du das eine oder andere Mal über deinen Schatten gesprungen bist, denke mir aber, dass wir einen wirklich guten Kompromiss vorliegen haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Schade, dass es nicht dazu gereicht hat, dass wir eine Vertretungsregelung, was die Anstellung von ÄrztInnen bei Ärzten anlangt, da noch hineinpacken konnten. Trotzdem möchte ich ersuchen, dass Sie diesem Gesetzentwurf so zahlreich wie möglich zustim­men. (Beifall bei der SPÖ.)

11.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Rendi-Wagner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


11.52.24

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc: Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf hier zu diesem aus meiner Sicht sehr, sehr wichtigen Gesetzesantrag auch Position und Stellung beziehen. Es ist ein Gesetz, das vieler Jahre, vieler Energie und Vorarbeit bedurft hat, aber es hat sich ausgezahlt, diese Zeit, diese Energie und auch diese Ressourcen hier zu investieren.


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Mit diesem Gesetz wird heute eine aus meiner Sicht hoch wichtige, notwendige Weichenstellung für die Zukunft unseres Gesundheitssystems umgesetzt. Mit diesem Gesetz sichern wir nicht nur das Gesundheitssystem von morgen in Österreich ab, wir sichern damit auch die bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Menschen in Österreich ab.

Warum brauchen wir diese Weichenstellung und diese Veränderung, diese Weiter­entwicklung im Bereich der Primärversorgung? – Wir wissen aus Umfragen, aber auch direkt von Patientinnen und Patienten, was sie sich wünschen. Sie wollen längere Öffnungszeiten, Erreichbarkeit ihrer Hausärztinnen und Hausärzte auch zu Tagesrand­zeiten. Sie wünschen sich mehr Zeit im Gespräch mit ihren Ärztinnen und Ärzten. Sie wünschen sich auch, nicht sinnlos durch das Gesundheitssystem geschickt zu werden, von A nach B, von einer Therapeutin zur nächsten oder von einem Arzt zur nächsten Ärztin.

Wir wissen auch von den Ärztinnen und Ärzten, was ihre Bedürfnisse, ihre Anforde­rungen und Wünsche an moderne, zeitgerechte Arbeitsbedingungen sind. Sie wün­schen sich, im Team zu arbeiten. Sie wünschen sich, in multiprofessionellen Teams zu arbeiten, gemeinsam mit VertreterInnen anderer Gesundheitsberufe, mit Psychothe­rapeutInnen, SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, DiätologInnen und so weiter. Und sie haben Ansprüche, was ihre Work-Life-Balance betrifft; das sind andere Ansprüche, als sie Kolleginnen und Kollegen noch vor 30 Jahren hatten. Es sind Ansprüche betreffend flexiblere Arbeitszeiten, und da geht es auch um viele Frauen in der Ärzteschaft, die diese Ansprüche zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorbringen.

Genau um diese Bedürfnisse herum, um die Bedürfnisse der Patienten und Patien­tinnen und auch der Gesundheitsberufe, wurde ein neues Gesetz gebaut und ein neues Gesetz konstruiert, genau um diesen Bedürfnissen und Bedarfen von heute und auch für morgen gerecht zu werden.

Eines wurde schon erwähnt: Wir haben auch eine gemeinsame Herausforderung, die heißt: Wir wissen, dass bis 2025 mehr als die Hälfte aller Hausärztinnen und Hausärzte das Pensionsalter erreichen wird. Wir können nicht bis 2025 warten, um dieser Situation zu begegnen. Wir müssen heute, acht Jahre vorher, sinnvolle Rahmenbedin­gungen schaffen, um dieser Situation gegenzusteuern, um den Hausärzteberuf, den Hausärztinnenberuf so attraktiv zu gestalten, dass Kollegen und Kolleginnen sich hiervon angezogen fühlen und Freude haben, diesen Beruf in Zukunft zu ergreifen und damit die wichtige Säule in der Primärversorgung für die Patientinnen und Patienten heute und morgen abzusichern. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Bei dieser modernen, neuen, zeitgemäß weiterentwickelten Versorgungsform geht es nicht nur um die reine Behandlung; das ist mir auch wichtig. Es geht nicht nur um den kurativen Ansatz, es geht auch darum, dieses erweiterte Spektrum in Richtung von mehr Gesundheitsförderung, Prävention und Vorsorge ganz stark ins Blickfeld zu nehmen, in das Versorgungs- und Angebotsspektrum für die Menschen aufzunehmen. Das gelingt auch durch die Multiprofessionalität, die in diesen Zentren vertreten ist. Wir müssen Primärversorgung breiter als bisher denken, das geht weit über die rein ärztliche Versorgung hinaus.

Es ist durch die Rahmenbedingungen, die wir in diesem Gesetz festgehalten haben, erstmals wirklich festgehalten und möglich, dass wir sagen, Patientinnen und Patienten müssen von einem Team betreut werden, einem Team um den Hausarzt. Dazu ge­hören neben den Ärzten natürlich vor allem die pflegerischen Berufe, die therapeu­tischen Berufe bis hin zu SozialarbeiterInnen, ErnährungsberaterInnen. Das ist genau das, was zum einen ältere, chronisch kranke PatientInnen mehr brauchen und in Zu-


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kunft immer mehr brauchen werden, aber auch junge Mütter, die eine Stillberatung und eine Hebammenberatung neben der rein ärztlichen Beratung benötigen. Genau darum geht es.

Wenn wir heute hier ein Gesetz beschließen, dann wissen wir auch, dass es den Zeitpunkt nach der Beschlussfassung gibt. Damit sind wir am Beginn einer Umsetzung. Wir müssen gemeinsam die Verantwortung für eine erfolgreiche Umsetzung dieses neuen Konzeptes an den Tag legen. Da sind wir alle gefordert, die Gesundheitsberufe, die Politik, die Sozialversicherung und auch die Länder in ihrer Zuständigkeit. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass dieses Gesetz rasch in Umsetzung geht, rasch in die Breite kommt, dass diese neuen, attraktiveren Angebote schneller zu den Öster­reichern und Österreicherinnen kommen.

Genau darum geht es: In diesem Gesetz wird ein Rahmen festgelegt, der zum einen die Qualität bestimmt, der die Kompetenzen der Gesundheitsberufe definiert, der organisatorische Rahmenbedingungen festlegt, die bundesweit gleich sein sollen. Wir wollen keinen Fleckerlteppich unterschiedlicher Standards in Österreich haben, alle Österreicher und Österreicherinnen sollen hier dieselben Angebote vorfinden. Es geht auch um moderne Vertragsbeziehungen, die in diesem Gesetz erstmals festgehalten werden, um neue, moderne Honorierungssysteme. Auch das ist eine Weiterent­wick­lung, die schon lange notwendig war.

Genau dadurch wird es auch passieren, dass PatientInnen wohnortnahe betreut werden, auch zu Tagesrandzeiten, und damit nicht mehr gezwungen sind, ab vier Uhr nachmittags in Spitalsambulanzen zu gehen und dort überfüllte Spitalsambulanzen zu bewirken. Das heißt, es geht auch um die Entlastung des Spitalsbereichs, die wir damit gut schaffen.

Es geht aber auch darum, dass Ärzte und Ärztinnen künftig mehr Zeit für das Gespräch mit ihren Patienten und Patientinnen haben. Es geht darum, dass sie auch das Gespräch mit ihren Kolleginnen und Kollegen und auch mit in anderen Gesundheits­berufen Tätigen haben.

Eine Kritik ist vorgebracht worden, nämlich betreffend die Frage nach der Verschrän­kung mit dem bestehenden System. Ja, genau das ist auch in unserem Gesetz vor­gesehen: Es geht um die bestmögliche Verschränkung mit bestehenden Strukturen. Das soll zuallererst ein Angebot an die bereits unter Vertrag stehenden Hausärztinnen und Hausärzte von heute sein, die erste Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen sein werden und hier eingeladen werden, Träger von neuen Versorgungs-, regionalen Gesundheitszentren zu werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es wurde in den letzten Jahren viel über dieses Thema diskutiert, es wurde zweieinhalb Jahre intensiv mit ExpertInnen, mit den Systempartnerinnen und -partnern, mit der Ärzteschaft, mit den VertreterInnen der Gesundheitsberufe darüber verhandelt und gesprochen. Bis zuletzt, in den letzten Tagen, bis letzte Woche haben hierzu intensive Gespräche stattgefunden. Ich darf auch hier allen Beteiligten, die diese zwei Jahre langen intensiven Gespräche und Verhandlungen mitbegleitet haben, die ihre Energie da hineingesteckt haben, allen voran den Gesundheitssprechern Erwin Spindelberger und Erwin Rasinger, großen Dank für diese Arbeit aussprechen, und natürlich auch meiner Beamtenschaft und dem Klub, die hier wirklich Großartiges geleistet haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese intensiven Gespräche haben dazu geführt, dass am Ende des Tages eine gute Lösung herausgekommen ist. Es hat sich ausgezahlt, es ist eine Lösung, die allen Menschen in Österreich etwas bringen wird. Sie wird den Patientinnen und Patienten im Sinne einer modernen, neuen Versorgung, die ihren Bedürfnissen von heute und


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morgen gerecht wird, mehr bringen, und sie wird auch den Gesundheitsberufen, also den HausärztInnen, den TherapeutInnen und den Menschen in Pflegeberufen etwas bringen. Ich möchte nur sagen: Lasst uns keine Zeit verlieren, legen wir los, bringen wir dieses gute neue Gesundheitsversorgungssystem in die Breite! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mückstein zu Wort. – Bitte.

 


12.01.43

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Die Frau Ministerin hat schon ausgeführt, dass das ein Gesetz ist, an dem sehr lange gearbeitet wurde. Man könnte jetzt sagen: Was lange währt, wird endlich gut. Ich muss leider dazu sagen: Nein, dieses Gesetz ist wirklich nicht gut geworden. Dieses Gesetz sollte eigentlich ein Meilenstein, sozusagen der Höhepunkt der österreichischen Ge­sundheitsreform sein. Daraus wurde aus unserer Sicht nichts. Stattdessen wurde es ein bruchstückhaftes Gesetz, ein fragmentiertes Gesetz, das von Anfang an sanie­rungsbedürftig ist.

Es ist schon ein Höhepunkt, aber ein Höhepunkt an Klientelpolitik. Einseitig haben sich die Interessen der Bewahrer in der Ärztekammer durchgesetzt, tatkräftig unterstützt und vertreten durch Herrn Kollegen Rasinger, muss man schon auch dazusagen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ich kenne keinen Arzt, der das Gesetz will!) Aus meiner Sicht geht es zulasten der Gesundheitsberufe und zulasten der PatientInnen, die eigentlich von diesem Gesetz hätten profieren sollen, und auch zulasten des öster­reichischen Gesundheitswesens, für das dieses Gesetz sehr wichtig ist. (Beifall bei den Grünen.)

Grundsätzlich befürworten wir Primärversorgung. Wir sehen darin eine sehr große Chance für eine bessere Versorgungsqualität, dass auch die Gesundheitsvorsorge mit der Behandlung von chronischen Erkrankungen und Akuterkrankungen zusammen­kommen soll, Multidisziplinarität, Zusammenarbeit. Die Gesundheitsberufe sollten ein breiteres Behandlungsspektrum anbieten und eine ganzheitliche Sicht auf den Men­schen stärken.

Das Lotsensystem – das hat die Frau Ministerin auch schon erwähnt – ist ganz, ganz wichtig, um den PatientInnen die Sicherheit zu geben, dass sie an der richtigen Stelle im Gesundheitssystem landen, und auch die attraktiveren Öffnungszeiten sind wichtig. Wir wissen, dort, wo es Primärversorgung gibt – deswegen ist Primärversorgung tatsächlich wichtig –, gibt es auch längere gesunde Lebenserwartung.

Wir brauchen diese Primärversorgungsstruktur auch, um die Spitäler in Österreich zu entlasten und das ärztelastige Gesundheitssystem um andere Gesundheitsberufe zu erweitern, und auch, um ein Mittel gegen den Ärztemangel zu haben.

Was aus unserer Sicht gelungen ist – und das sehe ich auch als grünen Erfolg, weil wir uns sehr dafür eingesetzt haben –, ist, dass Kapitalgesellschaften keine Ambulatorien betreiben dürfen und die Trägerschaft auf Gemeinnützige, auf die Sozialversicherung selbst und auf Gebietskörperschaften, also zum Beispiel Gemeinden und Gemein­deverbände, beschränkt ist.

Kritikpunkte gibt es aber eine Menge. Die notwendige, wirklich notwendige Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen wurde verhindert, ist einem missglückten Deal um die Vertretungsärzte zum Opfer gefallen. Das finde ich sehr, sehr schade, um nicht zu sagen verantwortungslos. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Vertretungsärztereglung wird jetzt auf sehr dünnem Eis weiterbestehen. Das ist ein rechtlicher Graubereich, weil es möglicherweise um die Umgehung von Anstellungs­verhältnissen geht, und auch die Attraktivität für junge Ärzte – genau das wollten wir ja eigentlich – ist dadurch nicht gegeben. Man hat eben nicht die Flexibilität, angestellt und vielleicht auch in Teilzeit zu arbeiten. Auch werden die Ambulatorien einen Vorteil haben, denn dort darf man anstellen, in einer Gruppenpraxis oder im Netzwerk nicht.

Die nichtärztlichen Gesundheitsberufe sollten eigentlich ein zentrales Element in der Primärversorgung sein. Sie sind in diesem Gesetz aber in keiner Weise angemessen abgebildet und geregelt, von Gleichstellung braucht man gar nicht zu reden. Die Leistungen der nichtärztlichen MitarbeiterInnen sind nicht ausgewiesen, es gibt keine Mindestentlohnung – die ist nicht gesichert –, keine gesamtvertragliche Regelung oder Direktabrechnung mit den Kassen. Das, wofür die Ärzte mit Zähnen und Klauen gekämpft haben, haben Sie den nichtärztlichen Gesundheitsberufen kaltblütig ver­wehrt.

Es gibt keine Honorarvereinbarungen, und auch Eckpunkte eines Kollektivvertrags bei Anstellungen sind nicht vorhanden. Sozialberufe, die SozialarbeiterInnen, betreffend die wir gesagt haben, es ist ganz, ganz wichtig, weil es sich auch um einen sozial­medizinischen Ansatz handelt, sind in diesem Gesetz nicht einmal erwähnt.

Ein dritter Punkt: KinderärztInnen können Teil der Primärversorgungseinheit werden. Aus der Sicht der KinderärztInnen – und dem schließe ich mich an – wird das unter Umständen eine Schwächung der Kindermedizin bedeuten. Es sollte unbedingt auch eigene Primärversorgungseinheiten für Kinder und Jugendliche geben, mit speziali­siertem Personal auch aufseiten der nichtärztlichen Gesundheitsberufe, das speziell für Kinder und Jugendliche ausgebildet ist.

Es wurden also wesentliche Elemente der Primärversorgung gröblichst vernachlässigt. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Primärversorgung in dieser Form überhaupt so entwickeln können wird, wie wir das gerne hätten.

Ich stelle deswegen einen Abänderungsantrag, um das Gesetz zu sanieren:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag 2255/A wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird in § 2 Abs. 2 folgender Satz angefügt:

„Orts- und bedarfsabhängig und bei Einschränkung des Versorgungsauftrages auf die Altersgruppe bis 18 Jahre kann das Kernteam auch nur aus Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde und Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zusammengesetzt sein.“

2. In Artikel 1 wird in § 2 Abs. 3 nach dem Wort „Krankenpflege,“ folgende Wortfolge eingefügt:

„Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter,“

3. In Artikel 1 wird in § 9 folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) (Verfassungsbestimmung) Primärversorgungseinheiten in Form von Gruppen­praxen unterliegen dem Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ nach Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG, auch wenn darin Ärztinnen und Ärzte als Angestellte tätig sind, sofern das Verhältnis zwischen Gesellschafterinnen und Gesellschaftern und Vollzeit-


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äquivalenten der angestellten Ärztinnen und Ärzte die Verhältniszahl 1:1 nicht über­steigt.“

*****

Ich bringe weiters folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweit einheitliche Mindestabgeltung sowie Spezifizierung der Leistungen von nichtärztlichen Gesundheitsberufen in der Primärversorgung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf für die gesetzlichen Grundlagen für einen Primärversorgungs-Rahmen­vertrag für die nichtärztlichen Gesundheitsberufe zur Beschlussfassung vorzulegen.

Die Rahmenvereinbarung soll die Spezifizierung der jeweiligen Leistungen samt deren bundesweit gültigen Mindestabgeltungen enthalten und wird zwischen dem Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der jeweiligen legitimier­ten Berufsgruppe abgeschlossen.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.08


Präsident Karlheinz Kopf: Sowohl der eingebrachte Abänderungsantrag als auch der eingebrachte Entschließungsantrag sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eva Mückstein, Freundinnen und Freunde

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärver­sorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesund­heits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das BauernSozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenan­stalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenz­berufe-Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 81

Der Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das BauernSozialver­siche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unter­brin­gungs­gesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheits­tele­matikge­setz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebam­mengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmas­seurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 – GRUG 2017) in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses (1714 d.B) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird in § 2 Abs. 2 folgender Satz angefügt:

„Orts- und bedarfsabhängig und bei Einschränkung des Versorgungsauftrages auf die Altersgruppe bis 18 Jahre kann das Kernteam auch nur aus Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde und Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zusammengesetzt sein.“

2. In Artikel 1 wird in § 2 Abs. 3 nach dem Wort „Krankenpflege,“ folgende Wortfolge eingefügt:

„Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter,“

3. In Artikel 1 wird in § 9 folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) (Verfassungsbestimmung) Primärversorgungseinheiten in Form von Gruppen­praxen unterliegen dem Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ nach Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG, auch wenn darin Ärztinnen und Ärzte als Angestellte tätig sind, sofern das Verhältnis zwischen Gesellschafterinnen und Gesellschaftern und Vollzeitäqui­valenten der angestellten Ärztinnen und Ärzte die Verhältniszahl 1:1 nicht übersteigt.“

Begründung

Zu 1.

KinderärztInnen sind Teil der allgemeinmedizinischen Erstversorgung. Es besteht die Gefahr, dass die neuen Primärversorgungseinheiten die zum Teil jetzt schon prekäre kinderärztliche Versorgung weiter schwächen.

FachärztInnen für Kinder- und Jugendheilkunde haben daher in den Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren des Gesetzes gefordert, dass für die Versorgung der Altersgruppe 0 bis 18 spezialisierte Primärversorgungseinheiten etabliert werden können. In solchen auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen spezialisierten Primärversorgungseinheiten können auch die anderen beteiligten Gesundheitsberufe ihr spezialisiertes Wissen und Können in der Arbeit mit dieser PatientInnen-Gruppe einbringen.

Zu 2.

In modernen Primärversorgungskonzepten sind SozialarbeiterInnen (Akademie oder Fachhochschule) verpflichtend einbezogen. Soziale Arbeit geht von einem breiten Gesundheitsbegriff aus und betreut Menschen in besonders prekären Lebenslagen. Schon jetzt sind SozialarbeiterInnen im Gesundheitswesen wie beispielsweise im Entlassungsmanagement tätig – als Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Primär­versorgung. Sie sind auch als Lotsen im Gesundheits- und Sozialsystem für PatientIn-


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nen tätig. SozialarbeiterInnen vernetzen und verbinden PatientInnen zwischen vielen Versorgungsebenen, Institutionen und Berufsgruppen.

Daher sollten SozialarbeiterInnen in der österreichischen Primärversorgung von Beginn an einen fixen Platz bekommen.

Zu 3.

Um die Zielsetzungen und Zweckorientierung von Primärversorgung erreichen zu können, muss die Möglichkeit geschaffen werden, ÄrztInnen bei ÄrztInnen im Ausmaß von 1 Vollzeitäquivalent pro Gesellschafter/Partner anstellen zu dürfen.

Das schafft die personellen Ressourcen für die langen Öffnungszeiten von Montag bis Freitag auch an den Tagesrandzeiten, sowie für die geforderten Hausbesuche und Wochenenddienste. Mit der zahlenmäßigen Einschränkung der angestellten ÄrztInnen wird zum Schutz kleinerer Versorgungseinheiten die Bildung übermäßig großer Versor­gungseinheiten verhindert. Dabei muss die Möglichkeit auch nur Teilzeit zu arbeiten gegeben sein. Das ist gerade für Frauen oft die Voraussetzung, um in einer Ordination arbeiten zu können und betrifft zudem alle jene ÄrztInnen, die lieber angestellt, mit einer flexibleren Stundenanzahl und ohne unternehmerisches Risiko arbeiten wollen. Gerade für junge ÄrztInnen könnte die Anstellung mit einer flexiblen Stundenanzahl daher einen wesentlichen Beitrag zur Attraktivierung ihres Berufes leisten.

Wird die Anstellung von ÄrztInnen nicht ermöglicht, entsteht zudem ein massiver Konkurrenznachteil für Primärversorgungseinheiten in Form von Gruppenpraxen und Netzwerken im Verhältnis zu den selbständigen Ambulatorien, die ÄrztInnen anstellen dürfen.

Wird das Primärversorgungsgesetz ohne einer Anstellungsmöglichkeit umgesetzt, werden Primärversorgungseinheiten in Zukunft gezwungen sein, die Regelung für VertretungsärztInnen exzessiv in Anspruch zu nehmen, um die vorgeschriebenen notwendigen erweiterten Öffnungszeiten und Mehrleistungen für die PatientInnen anbieten zu können. Damit wird einer rechtswidrigen Umgehung von Anstellungs­verhält­nissen Tür und Tor geöffnet.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Mückstein, Freundinnen und Freunde

betreffend bundesweit einheitlicher Mindestabgeltung sowie Spezifizierung der Leis­tungen von nichtärztlichen Gesundheitsberufen in der Primärversorgung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das BauernSozial­versicherungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesund­heitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungs­gesetz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B)


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Begründung

Integrative und multiprofessionelle Zusammenarbeit ist eines der Kernelemente der Primärversorgung. Das Ziel einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe aller in Primär­versorgungseinheiten tätigen Gesundheitsberufe hat dieses Gesetz aber bei weitem nicht erreicht. Das Gesetz in der derzeitigen Fassung benachteiligt die nichtärztlichen Gesundheitsberufe gegenüber den ÄrztInnen in allen Bereichen.

Das vorliegende Primärversorgungsgesetz sieht eine gesamtvertragliche Regelung für die ärztliche Hilfe vor, nicht aber für die gesetzlich geregelten, nichtärztlichen Gesund­heitsberufe. Damit fehlt der kollektivvertragsähnliche Schutz für diese Berufsgruppen, die ohne bundesweit einheitliche Rahmenvereinbarungen den Interessen und finanziellen Möglichkeiten der Länder und der regionalen Sozialversicherungsträger bzw. der Betreiber der jeweiligen Primärversorgungseinheit ausgeliefert wären. Dumping-Entlohnung und Qualitätsdumping sind zu befürchten mit entsprechend nachteiligen Folgen nicht nur für die Berufsgruppen selbst, sondern auch für die PatientInnen. Im Fall, dass diese Leistungen in einer Grundpauschale abgegolten werden, sind diese Leistungen zudem im Einzelnen nicht ausgewiesen. In der Folge sind die Leistungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe „unsichtbar“. Das ist nicht nur eine eklatante Missachtung und Schlechterstellung im Vergleich zu den beteiligten ÄrztInnen, sondern auch eine schlechte Voraussetzung für die Weiterentwicklung und Evaluierung von Primärversorgung.

Grundsätzlich ist die Gleichstellung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe durch einen Primärversorgungsgesamtvertrag zu fordern. In einem ersten Schritt ist aber jedenfalls die bundesweite Spezifizierung und Dokumentation der Leistungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe sowie deren bundesweit gültige Mindestabgeltung ins Gesetz aufzunehmen.

Diese Forderung wird vielfach unterstützt. U. a. dazu der Gesundheitsökonom Bern­hard Rupp von der AK NÖ: „… wenn die Gesundheitsberufe ihre Leistungen nicht darstellen können (…) fehlen spezifische Grundlagen für eine spezialisierte Versor­gungsplanung, und es fehlen die statistischen Grundlagen für eine künftige leistungs­gerechte Bezahlung etwa von DiätologInnen oder PflegeexpertInnen“.

Laut Gesundheitsministerin Rendi-Wagner sollten freiberuflich erbrachte Leistungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe auf Basis der bestehenden Regelungen auf Landesebene honoriert werden. Diese sind aber in vielen Bundesländern gar nicht vorhanden. Zum Teil sind die Kassentarife so niedrig, dass zum Beispiel freiberufliche LogopädInnen (Stundenhonorar von Euro 36,-- in der Steiermark) oder freiberufliche PsychotherapeutInnen, die in Institutionen geholt werden, von Sachleistungs­patientIn­nen alleine gar nicht leben könnten.

Bei angestellten nichtärztlichen Gesundheitsberufen soll auf bestehende Kollektiv­verträge zurückgegriffen werden. – Im Konkreten hieße dies zum Beispiel für Ange­stellte bei ÄrztInnen in Niederösterreich, wo es einen erst kürzlich abgeschlossenen Kollektivvertrag gibt (2017), dass Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen oder DiätologInnen (beide mit dreijähriger Bachelor-Ausbildung) im 4. Betriebsjahr gerade einmal Euro 1.592,10 brutto bzw. Euro 1.256,- netto verdienen!

Zur Verhinderung solcher Dumping-Honorare und Skandal-Löhne in der Primärver­sorgung muss sofort eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die eine bundes­weit einheitliche Mindestabgeltung der Leistungen der nichtärztlichen Gesundheits­berufe sicherstellt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesminister für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf für die gesetzlichen Grundlagen für einen Primärversorgungs-Rah­men­vertrag für die nichtärztlichen Gesundheitsberufe zur Beschlussfassung vorzulegen.

Die Rahmenvereinbarung soll die Spezifizierung der jeweiligen Leistungen samt deren bundesweit gültigen Mindestabgeltungen enthalten und wird zwischen dem Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der jeweiligen legitimier­ten Berufsvertretung abgeschlossen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


12.09.17

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin in der falschen Oper. (Abg. Scherak: Sie sind im Parlament!) Ich bin seit 33 Jahren Hausarzt, ich habe alle Tassen im Schrank und weiß, was ich tue. Wenn ich mir das heute aber so anhöre, glaube ich, muss ich in völliger geistiger Umnachtung oder im Drogenrausch gewesen sein, als ich da das Gesetz verhandelt habe. (Abg. Karlsböck: Ja!)

Fakt ist: Dieses Gesetz ist ein Zusatzangebot. Primärversorgung macht weltweit, egal, welches System Sie anschauen, der Hausarzt, oder nennen Sie ihn General Practitio­ner, um einmal die Definition geradezustellen. Wir von der ÖVP wollen keinen Sys­temchange. England, Holland, Dänemark haben Zentren, erste Anlaufstelle ist die nurse, wenn die sagt, dass der Arzt notwendig ist, kommt der Arzt dran und so weiter.

Meiner Meinung nach ist das österreichische System besser. Allein 65 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte zeigen mir, dass wenig zu ändern ist. Achtmal im Jahr gehen die Österreicher zu ihrem Hausarzt. Warum sollte man das ändern? Mein Zugang war aber, dass man auch Neues zulassen soll.

Ich glaube, es ist ein prinzipielles Menschenrecht. Ein Gedankenspiel: Victor Adler hat sich für die armen Leute am Wienerberg eingesetzt. Für wen würde sich Victor Adler heute einsetzen? Ich behaupte das immer wieder: Für Ältere, über 75, gebrechlich, vielleicht geistig schon leicht eingeschränkt, müssen wir das System bauen! Wenn es für die okay ist, dann ist es auch für mich okay. Die haben nicht immer ein Auto, die brauchen hundertprozentiges Vertrauen, dass sie in Wohnortnähe, möglichst in Geh­weite, Betreuung haben.

Dieses Gesetz atmet meiner Meinung nach Zusammenarbeit. Das Gesetz muss ja umgesetzt werden, und wir haben darauf geachtet, dass die Ärztekammer gemeinsam mit den Krankenkassen und gemeinsam mit dem Bund agiert, entsprechend also alles gemeinsam geschieht, auch die Berufe sollen gemeinsam arbeiten und zusammen­arbeiten.

Ich möchte Ihnen aber nicht verschweigen, dass über dem Gesetz generell eine Gewit­terwolke hängt. Wir haben einen Ärztemangel, Hausärztemangel größten Ausmaßes. Warum? – Hausärzte verdienen im Schnitt um 40 Prozent weniger, es funktioniert die Lehrpraxis nicht, im Spital ist der, der sich entscheidet, Hausarzt zu werden, ein Underdog. Ich bin mit Leib und Seele Hausarzt, ich liebe den Beruf, ich liebe meine Patienten, aber wenn es so weitergeht, dann werden wir die schöne neue Welt mit mehr Hausärzten, mehr Zeit und so weiter nicht erleben. Die Schweiz hat reagiert und


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den Hausarzt sogar in die Verfassung aufgenommen, Deutschland hat reagiert, das Baden-Württemberg-Modell funktioniert wunderbar, in England gibt es den contract for general practitioners. Das heißt, ich will nicht das Kevin-allein-zu-Hause-Spiel. Stell dir vor, es gibt ein Gesetz, aber du hast keine Ärzte mehr! (Heiterkeit der Abg. Schimanek.)

Ich will gute Ärzte mit Empathie, Können und Erfahrung, die auch Zeit haben. Nach Meinung der ÖVP ist das ein Zusatzangebot und der Hausarzt ist und bleibt in jeder Gemeinde das Rückgrat der Versorgung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Team Stronach. – Bravoruf bei der FPÖ. – Abg. Obernosterer: Der versteht halt was!)

12.12


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Loacker gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


12.12.53

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist schon interessant, wenn Kollege Rasinger im Einsatz für den Hausarzt da eine Oppositionsrede hält, wo er doch dieses Gesetz, das jetzt beschlossen werden soll, federführend mitverhandelt hat und die Position der Ärztekammer selbst dort direkt eingebracht hat. Man wundert sich, was hier vorgeht. Es hat auch Sebastian Kurz, der neue ÖVP-Chef, gestern im Radio gesagt, was in der medizinischen Versorgung in Österreich alles schlecht ist und was man alles tun müsste. Da frage ich mich wieder: Wer trägt seit 30 Jahren Regierungsverantwortung und ist sich eigentlich nicht der Tatsache bewusst, dass alles, was wir heute haben, Ergebnis Ihrer Arbeit ist? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Man müsste natürlich vieles tun, um den Beruf des Allgemeinmediziners zu attrak­tivieren, aber all das, was man tun müsste, wird mit diesem Gesetz genau nicht ge­macht. Dieses Gesetz bringt uns keinen Schritt weiter, wenn es darum geht, die ärztliche Nahversorgung für die Bürger zu verbessern.

Was könnte man tun? – Der Allgemeinmediziner ist zum Beispiel leider ein Arzt zweiter Klasse, vom System zu einem solchen gemacht, weil es nach wie vor keine Facharzt­prüfung für den Allgemeinmediziner gibt, und so sind halt die anderen Fachärzte und er ist – unter Anführungszeichen – „nur“ Allgemeinmediziner. Das ist eine Statusfrage, die für die jungen Ärztinnen und Ärzte bei der Berufswahl von entscheidender Bedeutung ist.

Ein weiterer Punkt ist die Honorierung durch die Kassen. Wenn mir in einer Anfrage­beantwortung der Hauptverband ausrichtet, dass ein Kassenarzt mit der Kassen­leistung ein Defizit oder maximal Kostendeckung erwirtschaften kann, dann darf man sich nicht wundern, wenn junge Leute diesen Beruf nicht anstreben, wenn man ihnen von vornherein sagt: Ihr müsst Privatleistungen erbringen, sonst werdet ihr nichts verdienen! Die Kassen führen diese Verknappung gezielt herbei; die Krankenkasse ist ja froh, wenn es wenige Hausärzte gibt, denn dann müssen sie die Kassenarztbesuche nicht bezahlen, dann gehen die Leute zum Privatarzt, das ist für die Kasse immer billiger.

Es wurde auch schon die Anstellung von Ärzten bei Ärzten erwähnt. Jetzt hat endlich die SPÖ den Standpunkt gewechselt. Noch vor drei Jahren hat Kollege Spindelberger gesagt, es gehe nicht, dass „ein Primar andere Ärzte zu einem ‚Lehrlingsgehalt‘ an­stelle und sich selbst auf seine Jacht verfüge“ – wörtlich, das kann man in der Parla­mentskorrespondenz nachlesen, lieber Erwin. Jetzt hat die SPÖ endlich eine 180-Grad-Wende hingelegt und wäre bereit, diese Arztanstellung zu ermöglichen, und der


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jetzt telefonierende Dr. Rasinger ist dagegen und hat eine Möglichkeit im Sinne der Ärzte ausgelassen, weil die Ärztekammer wieder ein Haar in der Suppe gefunden hat.

Dann zur Frage, wer so ein Primärversorgungszentrum betreibt: Das dürfen jetzt Ärzte betreiben, die aber keine Ärzte anstellen dürfen; die dürfen das gemeinsam machen, aber anstellen dürfen sie nicht. Die Krankenkasse darf ein Primärversorgungszentrum betreiben, und die darf natürlich Ärzte anstellen. – Also da frage ich mich schon, was denn da der Unterschied ist; um Anstellung geht es in beiden Fällen. Und es geht um die Frage, wer ein PHC finanziert. Investoren darf der Arzt nämlich nicht herein­nehmen, er holt sich das Geld von der Bank. Er holt sich irgendwoher Fremdkapital – entweder von der Bank oder von einem Investor. Einen gemeinnützigen Investor darf man hereinnehmen, eine Bank darf man hereinnehmen, aber einen anderen Investor nicht. Was daran logisch sein soll, kann mir kein Mensch erklären.

Noch kurz einen Satz zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen betreffend Pflege und Finanzierung der Pflege: Dieses Thema ist zu heikel, um im Wahlkampf popu­listisch verheizt zu werden. Wir werden deshalb gegen diesen Entschließungsantrag stimmen, weil wir uns hier eine akkordierte, durchdachte Vorgangsweise wünschen und keinen Schnellschuss im Wahlkampfgetöse; diese Gefahr besteht jetzt aber. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 


12.17.01

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin überzeugt davon, dass es Ziel von Gesundheitspolitikerinnen und ‑politikern sein muss, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, die hohe Qualität sicherzu­stellen und vor allem das Vorhandensein von Ärztinnen und Ärzten des eigenen, per­sönlichen Vertrauens auch in Zukunft sicherzustellen, und das möglichst wohnortnahe und vor allem auch kostenlos. Ich denke, das ist die oberste Priorität von Gesund­heitspolitikerinnen und ‑politikern. (Abg. Walter Rosenkranz: Also weg mit dem Selbstbehalt!)

Ich bin überzeugt davon: Mit dem Primärversorgungsgesetz, das wir heute beschließen werden, kommen wir den Anforderungen, die wir an uns selbst stellen sollten, einen großen Schritt näher. Wir ermöglichen mit diesem Gesetz nicht nur Ärztinnen und Ärzten, in vernetzten Praxen, in Netzwerken zu arbeiten, sondern – die Ministerin hat es schon angesprochen – es können auch PflegerInnen in diesem Netzwerk mitar­beiten, es können PhysiotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen, DiätologInnen mitarbei­ten; also es sind multiprofessionelle Teams, die sich in Zukunft um die Gesundheit der Menschen kümmern werden.

Ich bin überzeugt davon, dass wir damit für die Ärztinnen und Ärzte, für die Gesund­heitsberufe Verbesserungen schaffen werden, näher an die Lebensbedingungen von Gesundheitsberufen herankommen. Wir werden aber auch für die PatientInnen Vorteile schaffen, nämlich mit den längeren Öffnungszeiten, die schon angesprochen wurden, und auch mit den multiprofessionellen Teams. Ich möchte schon auch sagen, dass es auch in Zukunft Ärztinnen und Ärzte des Vertrauens geben wird. In den Zentren oder Netzwerken arbeiten ja keine anonymen Roboter, es werden Ärztinnen und Ärzte sein, die mit den Patientinnen und Patienten genauso ein Vertrauensverhältnis aufbauen werden, wie es jetzt die Allgemeinmediziner in Hausarztpraxen tun. Auch das wird in Zukunft in den Zentren oder in den Gesundheitsversorgungsnetzwerken passieren – ich bin überzeugt davon, geschätzte Damen und Herren!


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Man kann Probleme unterschiedlich betrachten und bewältigen. Man kann sich nach dem guten Alten sehnen, man kann keine Veränderung zulassen, man kann den Men­schen Angst machen oder man kann aktiv gestalten, man kann Verantwortung über­nehmen und man kann das System, das gut ist, positiv weiterentwickeln, um für die Menschen auch in Zukunft die Gesundheitsversorgung hundertprozentig sicherzu­stellen.

Mit dem Primärversorgungsgesetz schaffen wir eine Win-win-Situation für die PatientInnen und auch für die ÄrztInnen der Zukunft. Ich bin überzeugt davon und hoffe, dass alle zustimmen werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Wort noch zum Antrag der Freiheitlichen bezüglich Abschaffung des Eigen­regres­ses: Wir werden diesem Antrag heute nicht zustimmen, weil wir versuchen, im Parla­ment einen Initiativantrag zu formulieren oder auch gleich eine Gesetzesänderung zu erreichen. Wir werden uns in den nächsten Stunden noch anstrengen, damit wir vom Parlament aus tätig werden und nicht die Regierung auffordern müssen, tätig zu werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schimanek: Nein! Unglaublich!)

12.19


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Weigerstorfer zu Wort. – Bitte.

 


12.20.01

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Frau Minister! Wir wissen seit vielen, vielen Jahren, dass es im Gesundheitsbereich durchaus Fehlent­wick­lungen gibt. Wir wissen, dass wir kurz vor einer Pensionierungswelle stehen, die vor allem die Versorgungssicherheit im ländlichen Bereich massiv beeinträchtigen wird; wir wissen, dass der Ärzteberuf teilweise mit mangelnder Attraktivität zu kämpfen hat; wir wissen, dass sehr viele frisch ausgebildete junge Ärzte ins Ausland abwandern; und wir wissen auch, dass es für den Patienten sehr lange Wartezeiten auf Termine und Untersuchungen gibt. Das alles wissen wir schon lange.

Jetzt versuchen wir, mit diesem Gesetz dem einen oder anderen Punkt entgegen­zuwirken. An diesem Gesetz wurde jetzt, wir haben es gehört, vier Jahre lang gear­beitet. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, der Output, um auf diese Probleme zu reagieren, ist nach vier Jahre langer Arbeit meines Erachtens – und ich glaube, auch in den Augen vieler anderer – ein sehr, sehr geringer. Wenn man in der freien Wirtschaft mit einem derartigen Ergebnis nach vier Jahren Arbeit kommt, dann möchte ich sehen, wie der weitere wirtschaftliche Erfolg aussieht. In diesem Gesetz sind einige Formulie­rungen sehr, sehr unausgereift. Es gibt sehr schwammige Formulierungen, das heißt, man befürchtet, dass es in weiterer Folge durchaus zu Interpretationsschwierigkeiten und auch zu Rechtsunsicherheiten kommen kann und wird.

Viele Punkte, die im Zentrum der Kritik stehen, sind bereits herausgestrichen worden. Betonen möchte ich hier unsere Kritikpunkte, nämlich was die Hausärzte betrifft, die eben gerade auf dem Land ein massives Problem bekommen werden. Natürlich, wir haben es auch gehört, ist der Nachwuchs nicht mehr sichergestellt. – Man muss dann doch direkt dort agieren und sich fragen, wie man den Nachwuchs sicherstellen kann. Warum gibt es das Problem? – Nicht, weil es zu wenig Ärzte gibt, sondern weil der Beruf nicht attraktiv genug ist. Hausärzte können einfach auf dem Land, in der länd­lichen Region nicht mehr kostendeckend agieren. Da hätte ich mir eigentlich andere Lösungen gewünscht.

Die Primärversorgungseinheiten sehe ich ebenso kritisch – Erreichbarkeit, Flexibilität, viele Ärzte unter einem Dach et cetera. Man hat sich dann angeschaut, wie das gelöst werden soll, vor allem in puncto Erreichbarkeit. Für Wien sind 16 Einheiten geplant, für


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das Burgenland und Vorarlberg drei. Wie das gehen soll, dass man das quasi zu Fuß erreichen können soll, schaue ich mir gerne an.

Ein weiterer, sehr wichtiger Kritikpunkt ist sicherlich die unzureichende Berücksichti­gung nichtärztlicher Gesundheitsberufe. Da fehlen Mindeststandards betreffend Bezah­lung beziehungsweise die gerechte Absicherung in der Sozialversicherung.

Im Gesundheitsbereich ist es mir ganz wichtig, dass der Patient immer Mensch bleiben muss. Er darf nie zur Nummer werden, denn gerade wenn man krank ist, sind das Ver­trauen und die Sensibilität wichtig. Ich wünsche mir wirklich, dass der Arzt des Vertrauens – wir haben es mehrmals gehört, das ist nun einmal der Hausarzt – gestärkt wird. Der Arzt soll sich zu 99,9 Prozent um den Patienten kümmern können und nicht in Bürokratie untergehen müssen.

Zum Thema Foto auf den e-cards: Der Arzt ist verpflichtet, das zu kontrollieren. Deshalb möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Foto für E-Cards“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine Umstellung für alle zukünftig neu ausgestellten E-Cards auf ein System mit Foto vorsieht.“

*****

Wir haben es gestern gehört: Herr Minister Kurz dürfte diesen Punkt auch als einen von seinen zehn Punkten für den Gesundheits- und Pflegemaßnahmenplan gewählt haben. Ich freue mich sehr, dass er da unter anderem auch meinen Antrag mit aufge­nommen hat, und bin schon sehr gespannt, wie heute hier abgestimmt wird. (Beifall der Abg. Dietrich.)

12.24


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Weigerstorfer eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Foto für E-Cards“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4, Bericht des Bericht des Gesundheits­ausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primär­versorgungsgesetz –PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstal­tengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpfle-


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gegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische AssistenzberufeGesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreform­umsetzungsgesetz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B.) in der 188. Sitzung des Natio­nalrats am 28.06.2017

Nachdem E-Cards nach wie vor nicht mit Fotos ausgestattet sind, sind Ärzte zur Identitätsfeststellung verpflichtet und müssen gegebenenfalls Ausweise kontrollieren. Dieser bürokratische Aufwand entspricht nicht der politischen Intention die Ärzteschaft zu stärken und das System effizienter zu gestalten.

Nachdem ursprünglich die Ausstattung von E Cards mit Fotos zur Identitätsfeststellung Konsensmaterie war, ruderten die Koalitionsfraktionen unter Verweis auf die Kostenfrage zurück. Unter der Berücksichtigung, dass ca. 600 000 E Cards in den letzten Jahren verschwunden oder gestohlen wurden und auch dadurch nicht nur Kosten entstehen, sondern auch Sozialmissbrauch nicht ausgeschlossen werden kann, ist es mittelfristig kostengünstiger die Ausstattung von E Cards mit Fotos zu finan­zieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine Umstellung für alle zukünftig neu ausgestellten E-Cards auf ein System mit Foto vorsieht.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


12.25.00

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nahver­sorgung bekommt im Zeitalter der Globalisierung eine immer größere Bedeutung. Die Menschen wollen sicher sein, dass die Dinge, die für sie wichtig, manchmal sogar lebenswichtig sind, in erreichbarer Nähe zur Verfügung stehen. Dazu zählt ganz besonders auch die medizinische Nahversorgung. Die Versorgung, die Therapie, die die Menschen benötigen, bereitzustellen, das ist ein Gebot der Stunde.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir die Voraussetzungen, diese Nah­versorgung auch unter den geänderten Umständen bereitzustellen. Es ist bereits sehr viel an Für und Wider zu diesem Gesetz gesagt worden. Da es voraussichtlich meine letzte Rede zu einem Gesundheitsthema sein wird, möchte ich ein paar Überlegungen anstellen, was so ein Primärversorgungszentrum noch alles bieten könnte.

Stellen Sie sich vor, Sie haben starke Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und bekommen vom Arzt Ihres Vertrauens eine Überweisung zum Röntgen. Sie brauchen dazu nicht in ein weiter entferntes Röntgeninstitut zu fahren, sondern Sie gehen zum Radiologietechnologen, der mit einem mobilen Röntgengerät in der Primärversorgungseinheit mitarbeitet und das Bild dann zur Befundung zu einem Arzt schickt. Stellen Sie sich vor, Sie bekommen auch eine Überweisung zur Physiotherapie und können sich den Termin dann auch gleich im Zentrum ausmachen. Stellen Sie sich vor, Sie können Ihr vielleicht vorhandenes Übergewicht, das zusammen mit der fehlenden Muskulatur zu Ihren Beschwerden beigetragen hat, gemeinsam mit der


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Diätologin vor Ort bekämpfen, und die nötigen Laborwerte dazu liefern die ebenfalls mitarbeitenden biomedizinischen AnalytikerInnen.

Stellen Sie sich vor, Ihr Kind hat einen Entwicklungsrückstand und Sie finden in der Primärversorgungseinheit sowohl eine Ergotherapeutin, die sich um die Feinmotorik, als auch eine Logopädin, die sich um eine adäquate Sprache kümmert, und für bestehende Sehprobleme gibt es die Orthoptistin. Dass in den Primärversorgungs­einheiten für Probleme im psychischen Bereich Begleitung und Therapie durch PsychologInnen und PsychotherapeutInnen ebenfalls möglich sind, ist selbstver­ständlich.

Dieses Szenario ist sehr schön, aber in vielen Bereichen noch Zukunftsmusik, da einerseits im ASVG noch einiges an Voraussetzungen fehlt und im vorliegenden Gesetz auch Gesundheitsberufe wie beispielsweise die biomedizinischen Analyti­kerIn­nen, die Radiologietechnologen und die OrthoptistInnen gar nicht erwähnt werden.

Ich denke, es muss der Anspruch der Politik sein, diese oft und viel zitierten Rahmen­be­dingungen zu schaffen, damit die Primärversorgungseinheit wirklich das beste Team um den Patienten wird. Das wird nur dann möglich, wenn alle, also die ärztlichen und die nichtärztlichen Gesundheitsberufe, gleichberechtigt und auf Augenhöhe zum Patientenwohl zusammenarbeiten.

Das vorliegende Gesetz ist daher ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, es bleibt aber durchaus noch einiges zu tun. Die Arbeit wird den Verantwortlichen in der nächsten Gesetzgebungsperiode daher auch nicht ausgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


12.28.17

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man auf rauer See auf seinem Schiff statisch stehen bleibt, dann wird man stürzen. Genau so ist es natürlich auch im wirklichen Leben. Natürlich bedarf es Anpassungen an geänderte Zeiten, Anpassungen im System als solches. Das Ziel muss Folgendes sein: ein niederschwelliger Zugang zum medizinischen System; die freie Arztwahl, freie Praktikerwahl; der Praktiker im Zentrum der Versorgung (Abg. Königsberger-Ludwig: ... die Patienten!); neueste Therapien müssen gewährleistet sein; Medikamentenkosten dürfen nicht zu stark steigen; und eine leistbare soziale Medizin.

All das, was wir in diesem Bereich als erstrebenswert ansehen, wird leider mit diesem Gesetz konterkariert. Ich möchte, weil die Zeit ja kurz ist, noch einmal ganz kurz ansprechen, warum wir so massiv gegen dieses Gesetz auftreten: Bis dato stand der praktische Arzt im Zentrum, das will auch die Bevölkerung so, und es wird auch so angenommen – der Hausarzt, dezentral, freie Arztwahl. In Zukunft wird es so sein, dass Ambulatorien oder Zentren mit Ambulatoriumscharakter diese Funktion übernehmen werden. De facto bedeutet das das Aussterben des praktischen Arztes.

Warum ist das so? – Eine Ausschreibung wird in Zukunft in einer Region erfolgen, wo ein praktischer Arzt seinen Kassenvertrag zurücklegt. Wenn sich in der Zeit von einem halben Jahr nicht genug Ärzte zusammenfinden, um dort ein sogenanntes Primärärzte­zentrum einzurichten, dann haben die Krankenkassen oder andere Ambulatorien das Recht, sich dort niederzulassen. Das bedeutet eine Zentralisierung in diesem Bereich.

Wenn ein Arzt einen Vertrag zurückgibt, so wird dieser Vertrag – so steht es zumindest in diesem Entwurf – fünf Jahre zurückgehalten, bis ein Zentrum in diesem Bereich gestellt werden kann.


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Wir haben folgende Konzepte auf den Tisch gelegt: Wenn man wirklich möchte, dass ein niederschwelliger Zugang, eine Versorgung zu den Randzeiten und dergleichen stattfindet, dann muss man den Ärzten erlauben, Ärzte anzustellen. Das ist aber dezidiert nicht vorgesehen.

Es ist auch zu bedenken, dass der Arzt natürlich auch Unternehmer ist, wenn er sich in die freie Praxis hinauswagt. Es braucht Rahmenbedingungen wie eine echte Ärzte-GesmbH. Kein junger Kollege wird da ein Risiko eingehen, in diesen unsicheren Dingen.

Auch die Vertragssituation wird so sein, dass nicht mehr, so wie heute, ein Gesamt­vertrag über die Ärztekammer die Ärzte mehr oder weniger schützt. Es werden Einzelverträge sein, und dadurch sind sie erpressbar.

Dieses System wird von den Ärzten nicht angenommen werden, das können wir heute schon prognostizieren. Kollege Rasinger, es ist kein Zusatzangebot, wie du gesagt hast, es ist de facto eine Systemumstellung. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ent­weder  oder!)

Herr Kollege Steinhart hat sich gestern hingestellt und das 10-Punkte-Programm von Herrn Minister Kurz gelobt, durch das der praktische Arzt jetzt endlich aufgewertet werden soll. Da kann ich nur sagen: Deine Rede heute war eine gute Oppositionsrede, lieber Kollege Rasinger! Das ist eine der größten Wählertäuschungen, die stattfinden, gerade auch vom Herrn Außenminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das ist keine Angstmache von unserer Seite, sondern wir können nur den jungen Kollegen sagen: Bitte lasst die Finger von einem solchen Experiment!

Wir können auch sagen, dass wir, wenn wir in die Regierungsverantwortung kommen, dieses Gesetz natürlich wieder dorthin befördern, wo es hingehört. Wir wollen tatsächlich eine leistungsstarke Gesundheitsversorgung. Der Weg, der jetzt gegangen wird, führt direkt in die Zweiklassenmedizin: Diejenigen, die sich es sich nicht leisten können, gehen in die Ambulatorien, und die anderen gehen in die immer stärker wer­dende Privatmedizin, sprich zum Arzt, zahlen dort bar und bekommen vielleicht oder vielleicht auch nicht Geld zurück. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


12.32.25

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich im Namen der Kollegin Gusenbauer-Jäger die Klasse 4a der Neuen Mittelschule Pregarten hier im Hohen Haus recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Mit dem heutigen Beschluss des Gesundheitsreformumsetzungsgesetzes, so meine ich, gehen wir einen richtigen, großen und wichtigen Schritt, damit eine zusätzliche  und ich betone das absichtlich so deutlich – und vielfältige Gesundheitsversorgung, die gerade im ländlichen Bereich so wichtig und nicht einfach zu bewerkstelligen ist, gewährleistet werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute sehr viel über diese gesetzliche Bestim­mung gesprochen worden. Eine verantwortungsvolle Politik hat die Aufgabe, Probleme zu lösen und auch, wie Kollege Rasinger gesagt hat, Neues zuzulassen. Ich bin der Meinung, dass wir mit diesen gesetzlichen Bestimmungen die Gesundheitsversorgung für die Zukunft sichern werden, richtig ausrichten werden, Neues zugelassen haben


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und vielleicht das Problem, das in Zukunft auftreten wird, schon jetzt an der Wurzel gepackt und gelöst haben.

Ich möchte auf einige Punkte eingehen. Die Hausärzte können sich nunmehr, wie schon ausgeführt worden ist, in Zentren oder in Netzwerken zusammenschließen, damit eine umfangreiche Gesundheitsversorgung angeboten werden kann, die wiede­rum dem Menschen und Patienten dient. Hausärzte können im Team arbeiten. Team­arbeit ist gerade heute wichtig, die Zentren ermöglichen aber dennoch jedem einzelnen Arzt, sich zu spezialisieren, und die Patienten können diese spezialisierte Gesundheits­leistung in Anspruch nehmen.

Mit diesen Gesundheitszentren ermöglichen wir es auch, dass wir zum Patienten gehen – für uns steht immer der Patient im Mittelpunkt –, und die Wohnortnähe wird damit gewährleistet oder ermöglicht. Auch ein großes Angebot an Gesundheitsleis­tungen wird ermöglicht.

Ein wesentlicher Punkt ist für mich auch, dass die zeitliche Einschränkung nicht mehr gegeben ist. Damit diese Zentren breitestmöglich aufgestellt sind, können die Patientin­nen und Patienten diese Gesundheitseinrichtungen auch zu unüblichen Zeiten auf­suchen.

Geschätzte Damen und Herren, mit diesem Gesetz sichern wir nicht nur die hausärzt­liche Versorgung, sondern auch die Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheits­berufs­gruppen.

Mit diesem Gesetz gehen wir auch neue Wege und ermöglichen gesetzlich die Anstellung von Ärzten bei Ärzten, wenn der Rechtsträger in dem Primärversorgungs­zentrum ein Verein oder ein selbständiges Ambulatorium ist. Ich denke, das ist auch ein wesentlicher Schritt, gerade was die Entwicklung des Ärzteberufs betrifft.

Geschätzte Damen und Herren, für mich ist die Primärversorgung ein wichtiger Teil unseres Gesundheitswesens. Wir stellen heute mit diesem Gesetz die Weichen für die Zukunft, für eine Zukunft, in der der Patient ortsnah, umfangreich und medizinisch bestmöglich versorgt werden kann. Frau Bundesminister, ich möchte dir recht herzlich zu diesem zukunftsweisenden Gesetz gratulieren. Ich denke, es ist eine Bereicherung für das gesamte Gesundheitswesen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz ist der nächste Redner. – Bitte.

 


12.35.53

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir sprechen jetzt über eine Frage des Gesundheitssystems und der Gesundheitsver­sorgung in Österreich. Wir haben auch schon die Themen gehört: Foto auf der e-card, Pflegeregress abschaffen, Aufwertung des praktischen Arztes. – All das haben wir gestern sogar aus hochrangigem Mund aus der ÖVP gehört. Ich weiß jetzt nur nicht, was es ist: ÖVP alt, ÖVP neu, ÖVP zwischendurch, ÖVP oben, ÖVP unten?! Das kann man jetzt näher definieren.

Es wird nur nichts umgesetzt, und bei der Ausrede, warum nichts passiert, sind Sie wie immer nicht sehr zimperlich. Was haben wir jetzt gehört? – Ja, an dem Pflegregress, da müssen wir noch arbeiten, und es wird einen Initiativantrag geben, vielleicht ein Gesetz.

Machen Sie doch endlich einmal das, was die Bevölkerung von Ihnen erwartet, stim­men Sie einfach dem zu, was Sie selbst ankündigen! Und hören Sie von ÖVP und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 93

SPÖ auf mit dieser Wählertäuschung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Ein Punkt zur Wählertäuschung: Ich komme jetzt zu einer Personengruppe, die ihre Gesundheit aufs Spiel setzt, um freiwillig und ehrenamtlich Einsatz zu leisten. Ich spreche von den Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren, die ein hohes Ansehen genießen und daher bei Sonntagsreden auch von den Politikern von SPÖ und ÖVP immer besonders gelobt werden, und es wird ihnen für den Einsatz gedankt. (Ruf bei der ÖVP: Zum Thema!)

Ich halte es für eine wirkliche Unerhörtheit, wenn sich Politiker auf Landesebene in Resolutionen ergehen: Ja, es muss unbedingt die Last der Mehrwertsteuer von der freiwilligen Feuerwehr genommen werden!, und wenn diese Anträge ins Parlament kommen, dann stimmen SPÖ und ÖVP immer dagegen. (Ruf bei der ÖVP: Zum Thema, Herr Kollege!)

Jetzt kommen wir auch gleich zu einem anderen Punkt: Im Einsatz, bei der Lebens­rettung kommen freiwillige Feuerwehrleute mit verletzten Menschen in Berührung; und das ist gut so, weil sie diejenigen sind, die diese Menschen auch retten können. Sie setzen dabei aber ihre Gesundheit aufs Spiel, insbesondere wenn es um die Über­tragung von ansteckenden Krankheiten wie Hepatitis geht.

Die Frau Bundesministerin ist ja eine, von der wir erfahren haben, dass sie sich mit dem Impfwesen besonders gut auskennt und daher eine besondere Verfechterin des Impfwesens ist.

Es ist nur recht und billig, dass gerade die freiwilligen Feuerwehrleute das Risiko der Hepatitisinfektion nicht hinnehmen müssen. Es hat eine Aktion gegeben, der Herr Innenminister ist in die Bresche gesprungen, da sich die AUVA weigert, weil sie sagt, Feuerwehrleute seien keine Risikogruppe. Ihrer Ansicht nach sind die Risikogruppen die Mitarbeiter von Nagelstudios, Heimhilfen, Apotheker und Müllsortierer, die zählen zu den Risikogruppen. Feuerwehrleute hingegen, die aber auch mit Verletzten zu tun haben, gehören jedoch nicht dazu.

Es wäre ein Akt des Anstandes im Umgang mit unseren freiwilligen Feuerwehrleuten, wenn das Impfwesen dorthin gebracht würde, wo es hingehört, nämlich in die AUVA. Daher darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend frei­willige Hepatitisimpfung für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren inklusive Kosten­übernahme durch die AUVA

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, wird aufgefordert, im Zusammen­hang mit der Prophylaxe im Rahmen der Primärversorgung im Gesundheitswesen bundesweit Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren in die Hochrisikogruppe aufzu­nehmen, bei der eine freiwillige Hepatitisimpfung durch die AUVA in Verbindung mit der im ASVG geregelten Kranken- und Unfallversicherung finanziert wird.“

*****

Machen Sie endlich einmal das, was Sie nur am Sonntag versprechen! Stimmen Sie zu! (Beifall bei der FPÖ.)

12.39



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 94

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Rosenkranz einge­brachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter betreffend freiwillige Hepatitis-Impfung für Mitglieder der Frei­willigen Feuerwehren inklusive Kostenübernahme durch die AUVA

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt:

4.) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversor­gungs­einheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenan­stalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenz­berufe-Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 – GRUG 2017) (1714 d.B) in der 188. Sitzung des Nationalrats am 28.06.2017

Im Zusammenhang mit der Primärversorgung im österreichischen Gesundheitswesen, die auf dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und den einschlägigen anderen Sozialversicherungsgesetzen beruht, ist vor allem auch die Prophylaxe im Zusammenhang mit Krankheiten und Unfällen von großer Bedeutung. Deshalb ist für gefährdete Personengruppen im Einsatz für die Allgemeinheit ein notwendiger Impf­schutz auf freiwilliger Basis durch die AUVA, die ihre Basis ebenfalls im ASVG und damit in der Kranken- und Unfallversicherung hat, sicherzustellen.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen teilte in einer Anfragebeantwortung an den Nationalrat vom 15.02.2017 mit, dass die Allgemeine Unfallversicherungs­anstalt (AUVA) keine Bereitschaft zur Kostenübernahme für eine freiwillige Hepatitis-Impfung für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren hat:

(…) Dazu kann ich unter Bezugnahme auf die anlässlich der bereits zitierten parla­mentarischen Anfrage Nr. 10332/J von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt abgegebenen Stellungnahme lediglich anmerken, dass seitens dieses Versicherungs­trägers offenkundig keine Bereitschaft zur Kostenübernahme für derartige Impfungen besteht. Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass eine Chancenbewertung nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechtes ist.

Auf Grundlage der von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt bekannt gege­be­nen Zahl von 321.238 zur Unfallversicherung gemäß § 22 ASVG gemeldeten Mitglie­dern der Freiwilligen Feuerwehr und der Notwendigkeit einer Grundimmunisierung in drei Dosen cl € 30,-- sowie unter Abzug der Anzahl jener Personen, die bereits aus sonstigen Gründen gegen Hepatitis A und B geimpft sind, ist für die erstmalige Grund­immunisierung von maximalen Kosten in der Höhe von 29 Millionen € auszugehen. In den Folgejahren ist für umfangreiche Titerkontrollen sowie für Nach- bzw. Erstimp­fungen mit jährlichen Kosten von 10 Millionen € zu rechnen. (…)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 95

Demgegenüber hält der Niederösterreichische Feuerwehrverband an seiner Forderung für eine Hepatitis-Impfschutzaktion für seine Mitglieder fest:

Die AUVA übernimmt derzeit die Kosten für sogenannte Hochrisikogruppen, also Menschen, die in einem Umfeld arbeiten, in dem Erreger mit einem erhöhten Über­tragungspotenzial vorhanden sind. Die Feuerwehr zählt da – im Gegensatz zu Fußpflegern, Heimhilfen, Apothekern oder Müllsortierern – nicht dazu. „Ich glaube, dass sich die Feuerwehrleute das mehr als verdient hätten, dass wenn sie freiwillig in den Einsatz gehen auch dementsprechend abgesichert sind“, sagt Landesfeuerwehr­kommandant Dietmar Fahrafellner gegenüber noe.ORF.at. Er betont, dass die Feuer­wehr seit Jahren darum kämpft, vom Gesundheitsministerium in die Hochrisikogruppe aufgenommen zu werden (http://noe.orf.at/news/stories/2786178/).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, wird aufgefordert, im Zusammen­hang mit der Prophylaxe im Rahmen der Primärversorgung im Gesundheitswesen bundesweit Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren in die Hochrisikogruppe aufzuneh­men, bei der eine freiwillige Hepatitisimpfung durch die AUVA in Verbindung mit der im ASVG geregelten Kranken- und Unfallversicherung finanziert wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


12.39.37

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren im Nationalrat! Ich möchte im Namen meines Kollegen Sieber die Schüler und Lehrer der Neuen Mittelschule Lech am Arlberg sehr herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Kollege Rosenkranz, ich möchte Ihnen noch sagen: Die Vertreter der ÖVP, egal ob es die Vertreter von gestern waren oder jene von heute oder von morgen, sind im­mer die, die etwas sagen, die auch darauf hinarbeiten und das auch umsetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Königsberger-Ludwig, Belakowitsch-Jenewein und Peter Wurm. – Abg. Walter Rosenkranz: Geredet wird viel, wenn der Tag lang ist!)

Jetzt möchte ich gerne zum Thema Primärversorgungszentren kommen. Ich komme aus dem Waldviertel, das ist größtenteils ein ländlicher Raum. Für den ländlichen Raum ist es wichtig, dass die Gesundheitsversorgung auch in Zukunft in guter Form sichergestellt ist. (Abg. Walter Rosenkranz: Primärversorgungs...!) Unser Gesund­heits­system steht vor neuen Herausforderungen, so haben wir 2020 knapp ein Drittel der Ärzte, 2030 sogar drei Viertel – ausgehend von 14 275 Allgemeinmedizinern –, die dann bereits über 65 Jahre alt sind. Daher braucht es auch neue Modelle. Wir wissen, dass die Medizin in Zukunft immer weiblicher wird (Abg. Walter Rosenkranz: Die Medizin war immer weiblich, oder hat es der Medizin geheißen?), und gerade die Frauen wollen attraktivere Arbeitszeiten, wünschen sich Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und natürlich wollen sie auch nicht Einzelkämpfer sein, sondern in Gruppen und vernetzt arbeiten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 96

Daher ist das Primärversorgungsgesetz ein Punkt, der neue Rahmenbedingungen und ein neues Zusatzangebot schafft und keine Konkurrenz zu Hausärzten darstellt. Gerade uns sind Hausärzte sehr wichtig, sie sollen auch in Zukunft in jeder Gemeinde vorhanden sein; das ist uns ein wichtiges Anliegen. Der Hausarzt soll auch in Zukunft der erste Ansprechpartner in Gesundheitsfragen sein. Es ist aber natürlich auch wichtig, dass es neue Anreize für Jungmediziner gibt – in der Ausbildung und in der Honorierung –, denn damit können wir die wohnortnahe hausärztliche Versorgung auch in Zukunft absichern.

In diesem Sinne ist dieses Gesetz eine wichtige Ergänzung für unser Gesundheits­system, damit wir den Fortbestand der ärztlichen Versorgung sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum sichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

12.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


12.42.12

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ein Gletscher kreißte, und ein Mäuslein ward geboren – das ist ein alter Spruch von Horaz, der kaum wo besser passt als auf dieses Gesetz, das wir heute leider Gottes in diesem Hohen Haus offensichtlich beschlossen bekommen. Aus meiner Sicht als 25 Jahre lang tätiger Arzt, ehemaliger Spitalsdirektor und jetzt in der Niederlassung befindlicher Facharzt und praktischer Arzt kann ich nur den Kopf schütteln und mich über diese vielen Phrasen wundern, die in diesem Gesetz drinnen stecken.

Erwin Rasinger hat ja heute schon gesprochen und auch einmal off the record gesagt, ohne ihn wäre dieses Gesetz viel schlimmer geworden. – Da gebe ich ihm recht, es wäre schlimmer geworden, aber es ist schlimm genug, wie es jetzt sein soll und wie es jetzt kommen wird.

Es ist schade um die viele Arbeit der Experten, der Beamten aus dem Gesundheits­ministerium, schade um die viele Energie der Vertreter der nicht ärztlichen Gesund­heits­berufe, die da hineingepulvert wurde und zu einem so mageren Ergebnis geführt hat.

Es fehlt so viel und es bleibt so viel diffus in diesem Gesetz, dass es wirklich schauer­lich ist. Abgesehen von der Anstellung von Ärzten bei Ärzten, was heute schon mehrfach angesprochen wurde, bleibt alles, was die anderen Berufsgruppen betrifft, völlig unklar und völlig ungeregelt. Es ist nicht klar, ob die Vertreter der nicht ärztlichen Gesundheitsberufe in dieser Primärversorgungseinheit freiberuflich tätig sein sollen oder selbständig dort arbeiten sollen. Welche Art von Verantwortung sollen sie über­nehmen? Wie werden die Patientenströme geleitet? Wenn ein Patient mit den heute schon angesprochenen Kreuzschmerzen in dieses Primärversorgungszentrum kommt: Wer untersucht ihn? Wer ist verantwortlich? Schaut ihn doch der Hausarzt oder einer der vielen Hausärzte, die dort sind, an? Schaut ihn nur die Sekretärin an? Wird er weggeschickt? Wird er gleich zum Facharzt geschickt?

Wer übernimmt die Verantwortung in diesen Konstrukten, die sich am Papier wunder­bar lesen, aber in der Realität überhaupt nicht durchdacht sind? Wie soll das Ganze funktionieren?

Ich frage aus Sicht eines Arztes, der das System seit 25 Jahren kennt: Wie soll das da draußen wirklich funktionieren? – Das kann nicht funktionieren! Meine Damen und Herren, das ist ein bürokratischer und inhaltlicher Bauchfleck ersten Ranges. Das wird in Wirklichkeit eine Primärversorgerkatastrophe, nämlich insofern, als das nicht oder kaum umgesetzt werden wird. Es werden sich irgendwo ein paar zusammenfinden, die


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Subventionen einfordern werden, so wie das Gesundheitszentrum Wien-Mariahilf von der Gemeinde Wien Subventionen bekam. Das andere Gesundheitszentrum, das in Wien seit vielen Jahren ausgeschrieben ist, in der Donaustadt, neben dem SMZ Ost, ist bis heute nicht in Betrieb – bis heute nicht in Betrieb! Und jetzt sollen wir dieses Gesetz als den tollen großen Wurf, der die Gesundheitsreform Österreichs darstellt, annehmen und hinnehmen? – Ich kann es nicht glauben, beim besten Willen nicht!

Ich kann Ihnen aber berichten, dass die Patienten in der Praxis verunsichert sind, verängstigt sind, Geld in die Hand nehmen und sagen: Ich suche mir lieber jetzt schon einen Wahlarzt, weil das eh alles den Bach runtergeht! Das sind Zitate, die ich in meiner Ordination tagtäglich höre. Ich habe eine Praxis mit kleinen Kassen – also mit Verträgen mit BVA, KFA und Eisenbahner-Sozialversicherung –, aber sehr viele Patienten, die als Wahlarztpatienten zu mir kommen; darunter sind Arbeitslose, Stu­den­ten, die sparen sich das vom Mund ab und sagen: Ich gehe lieber zum Arzt und zahle ihn, dann habe ich sozusagen einen Stammarzt, und leiste mir die Gesundheit, weil das öffentliche System nicht mehr das bringen kann, was es eigentlich bringen sollte! – Das, meine Damen und Herren, halte ich für ein großes und tief greifendes Problem, auf das in diesem Gesetz keine Rücksicht genommen wird, weil es nur von Primärversorgungseinheiten schwadroniert, die irgendwo errichtet werden sollen, aber nichts darüber drinnen steht, wie denn das in der Realität ausschauen soll.

Wir haben gehört, das soll entweder ein Verein oder ein Netzwerk sein. – Ja, wer wird den Verein führen? Wer ist der Verantwortliche in diesem Verein? Wer nimmt das finanzielle Risiko auf sich? Wer bekommt den Kassenvertrag? Bekommt die Kranken­schwester den Kassenvertrag und schafft dem Arzt dann an, was er tun soll? Macht es die Sekretärin im Hintergrund? Macht es die Sozialversicherung? Macht es das Ministerium? Wer macht das? Wer plant all die Dinge, wer bringt das in die Ebene? – Kein Wort darüber steht in diesem mit toll klingenden Worthülsen befüllten Gesetzes­vorschlag, meine Damen und Herren!

Ich habe, so wie einige von Ihnen, einen Brief von einem Hausarzt aus Wien bekom­men, der Bezirksärztevertreter in einem bevölkerungsreichen und ausländerreichen Bezirk ist, der auch sehr alt ist – nicht der Hausarzt, sondern der Bezirk –, 1160 Wien, der Bezirk, aus dem unser Wiener Bürgermeister stammt. Einen Absatz aus diesem Brief lese ich Ihnen vor:

„Bitte bedenken Sie, dass der Beschluss des vorliegenden Gesetzes [...] den unwie­derbringlichen Untergang des bewährten Hausarztsystems bedeuten würde und denken Sie an Österreichs Bevölkerung [...]. So etwas in Vorwahlzeiten noch rasch zu beschließen, halten wir für nicht sehr demokratisch.“

Das schreibt mir ein Hausarzt, der 30 Jahre lang in Wien tätig ist, zusammen mit 15 anderen. (Ruf bei der SPÖ: Ein bisschen Optimismus, Zuversicht ..., Herr Kollege!)

Es gibt sehr viele Proteste, sehr viele Stellungnahmen von anderen Berufsgruppen, die genau das Gleiche sagen: Da wird der Hausarzt demoliert, so können wir nicht weiter­kommen.

Ich möchte aber auch ein paar konstruktive Vorschläge einbringen und frage, warum das nicht geschehen ist. Wir Ärzte und Gesundheitsspezialisten sind ja nicht alle auf der Nudelsuppe dahergeschwommen, es gibt sehr viele geschickte Leute. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Ende beziehungsweise muss zum Ende kommen: Mir fehlen halt Niederlassungsprämien, Anreize für den Hausarzt. Warum nimmt da niemand das berühmte Geld in die Hand und sagt: Ich zahle dir im Zillertal eine Ordination, mach einen Fünfjahresvertrag bei uns!


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Daher habe ich einen Rückverweisungsantrag eingebracht, in dem ich gemeinsam mit anderen Abgeordneten dieses Hohen Hauses fordere, dass das ganze Gesetz an den Gesundheitsausschuss rückverwiesen und noch einmal im Detail neu aufgerollt wird. Ich hoffe, das findet ausreichend Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei Abgeord­neten der FPÖ sowie der Abgeordneten Lugar und Gerhard Schmid. – Abg. Jarolim: Man sollte nicht immer nur an die Geldbörse denken! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Sagt der Anwalt! – Abg. Walter Rosenkranz: Si tacuisses!)

12.47


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. – Bitte.

 


12.48.04

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf jetzt vorweg einmal einige Begrüßungen vornehmen: Ich darf die Betriebsrätinnen und Betriebsräte der Firma MIBA mit ihrer Vorsitzenden Elfriede Schober auf der Galerie begrüßen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Weiters darf ich eine Delegation der SPÖ Wolfern auf der Galerie begrüßen und im Namen von Kollegin Karin Greiner eine Delegation aus Gratwein-Straßengel im Bezirk Graz-Umgebung, die ebenfalls auf der Galerie anwesend ist. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich bin kein Arzt, ich bin Patient. (Abg. Walter Rosenkranz: Was fehlt Ihnen denn?) Sich diese Diskussion hier anzuhören, ist aus Sicht eines Patienten schon spannend. Wenn Ärzte an das Rednerpult treten – wie Kollege Franz, der nur Verträge mit kleinen Kassen nimmt, die für ihn das große Geld bringen; mit den großen Kassen, bei denen er weniger bekommt, macht er eh keine Verträge –, sich herstellen und jammern, dass sie irgendwelche Probleme haben, dann schaue ich mir das Ganze aus der Sicht der Patientinnen und Patienten an, meine Damen und Herren! (Abg. Lugar: ... das große Geld! Die kleinen Kassen ...!)

Wenn man so wie ich vor drei Jahren einen Unfall gehabt hat und dann wirklich ständig bei verschiedenen Fachärzten in Behandlung sein muss, physiotherapeutische Behandlungen braucht, ständig beim Hausarzt ist, weil man Laboruntersuchungen braucht, und, und, und, dann weiß man, wie gut es für die Patientinnen und Patienten wäre, wenn es schon jetzt solche Primärversorgungszentren geben würde. (Abg. Walter Rosenkranz: ... Ballungszentrum!)

Was heißt es denn für einen Patienten, lieber Herr Kollege Rosenkranz, wenn er zum Hausarzt geht und dieser ihm eine Überweisung an den Facharzt schreibt? (Abg. Walter Rosenkranz: Wo wohnen Sie denn?)  Ich wohne in einer Stadt. Dann muss man den Facharzt anrufen und wird feststellen, die Ordinationszeiten des Facharztes sind: Montag, Mittwoch, Freitag vormittags, Dienstag, Donnerstag nachmittags. Man ruft ihn an, bekommt einen Termin ungefähr 14 Tage, drei Wochen, vier Wochen später, sollte die Behandlung aber eigentlich sofort bekommen. Wenn man etwas vorzeitig hinkommt und Glück hat, untersucht er einen, überweist einen vielleicht noch einmal an einen anderen Facharzt. Dann schaut man sich bei diesem die Ordinations­zeiten an und stellt fest, dass er immer nur am Nachmittag da ist – das ist in der Praxis wirklich so passiert; Ordinationszeiten nur am Nachmittag –; da muss man dann schauen, dass man einen Termin bei ihm bekommt. Dann muss man zu einem Physiotherapeuten gehen, auch da muss man schauen, dass man Termine bekommt.

Meine Damen und Herren! Für einen Patienten ist es gut, wenn es solche Primär­versorgungszentren gibt. Es ist tatsächlich ein Angebot an die Patientinnen und Patien-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 99

ten, das alles an einer Stelle zu haben, wirklich an einer Stelle versorgt zu werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man sieht an dieser einen Rede, wie praxisnah und wie wichtig dieses Gesetz für die Patientinnen und Patienten ist. Ich glaube, es ist ein wirklich ausgezeichnetes Gesetz für die Menschen, die es brauchen, nämlich die Patientinnen und Patienten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.50


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren, nur ein kurzer Hinweis: Die Tatsache, dass ich das dauerhafte Einläutesignal eingeschaltet habe, weist darauf hin, dass bei der nächsten Abstimmung ein erhöhtes Quorum erforderlich ist; dies deshalb, da im Abänderungsantrag der Kollegin Mückstein eine Verfassungsbestimmung ange­sprochen ist.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


12.51.05

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Primärversorgungsgesetz 2017: Österreich – ein Land der Reformen; Reformen, welche, wie mehrfach bewiesen, nicht zu erforderlichen Bes­ser­stellungen führten. Nunmehr soll das Gesundheitswesen mit dem Primärversor­gungs­gesetz 2017 reformiert werden.

Die Problematik eines Ärztemangels ist seit Jahren bekannt. Besonders anzusprechen ist die Situation mit Bezug auf Haus- und Landärzte. Die Gründung von Arztpraxen im ländlichen Raum wird durch bürokratische Vorgaben erschwert, nicht begünstigt. Ein bisher gut funktionierendes Gesundheitssystem soll einem Konzerndenken geopfert werden. Im Rahmen einer Reform sind sowohl die Topografie Österreichs als auch Altersstrukturen besonders zu berücksichtigen. Mit der Schaffung der Primärversor­gungs­zentren wird dem Land- und Hausärztesystem und dem Gesundheitswesen im Allgemeinen kein guter Dienst erwiesen. (Ruf: Geh bitte!) Reformiert gehört der Bürokratismus, welcher unter anderem einem niedergelassenen Arzt nicht die Anstel­lung eines Arztes ermöglicht.

Kein Verständnis kann den Wünschen einer Fachhochschule entgegengebracht wer­den, welche die Ansicht vertritt, Hausärzte sollen sich in gewissen Fällen auch der Sozialarbeit widmen. Ein ausgeprägtes Sozialsystem ist dazu sicher besser in der Lage, es hat daher zu gelten: Schuster, bleib bei deinem Leisten!

Hausärzte gelten als flexibel, Primärversorgungszentren sind örtlich gebunden, dies stellt insbesondere im ländlichen Raum eine nicht unerhebliche Problemstellung hin­sichtlich Erreichbarkeit dar.

Nicht von geringer Bedeutung ist die Finanzierung der Primärversorgungszentren. Wer sind die Betreiber? Werden Hausärzte zu Dienstleistern? Es geht um gewisse gewinn­orientierte Konzerne wie Vamed und so weiter. Es stellt sich die Frage: Wie verhalten sich die Krankenkassen? Gesundheit und Pflege stellen ein hochpreisiges System dar, und es stellt sich die weitere Frage: Schaffen wir mit dieser Reform eine weitere Patientenklasse, welche für eine große Bevölkerungsschicht auf Dauer nicht finanzier­bar sein wird?

Reformen nicht um jeden Preis, jedoch zum Wohle der Bevölkerung, dies besonders im Gesundheitswesen! – Danke. (Beifall des Abg. Lugar.)

12.53


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 100

12.54.04

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrte Besucher! Hohes Haus! Ja, es kann alles schlechtgeredet werden, und es kann alles so dargestellt werden, als werde nichts getan. Trotzdem, es ist so: Das Primärversorgungsgesetz ist als Baustein zur Stärkung der Hausärzte zu sehen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sagen Sie, glauben Sie das?) Es ist ein neues Zusatzangebot (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nein! Nein!) und nicht als System­wechsel zu verstehen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Lesen!) – Es ist trotzdem so. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Es ist kein Zusatz...!)

94 Prozent der Österreicher schätzen ihren Hausarzt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Und den begraben ...!) für seine kompetente, persönliche und kontinuierliche medizi­nische Betreuung. Wenn man bedenkt: Es sind 65 Millionen Patientenkontakte, jeder geht circa acht Mal im Jahr zu seinem Hausarzt; und wir wissen, dass in den nächsten zehn Jahren circa 50 Prozent der Ärzte das Pensionsalter erreichen werden. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, und?) Da ist Handlungsbedarf gegeben, das ist zu sehen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber mit dem Gesetz ...!)

Bis 2021 sollen 75 Primärversorgungszentren geschaffen werden, und das ist auch richtig so. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Woher nehmen sie die Ärzte? Wieso bilden sie nicht aus?) Es wird immer davon gesprochen, es seien keine praktischen Ärzte mehr zu finden, das ist auf dem Land ein großes Problem, daher ist es wichtig, dass auch kleine Zentren entstehen können. Es gibt jetzt schon sehr, sehr viele ... (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber ohne Ärzte nutzt das nichts!) – Ja, das ändert aber nichts. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ändert nichts – richtig! Wenn Sie keine ausbilden ...!)

Es ist notwendig, dass Ärzten die Möglichkeit gegeben wird, Räumlichkeiten zu finden, in denen sie gemeinsam ihren Beruf ausüben können (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein), sodass die ärztliche Versorgung garantiert ist. Es ist trotzdem notwendig, dass etwas getan wird. Es gibt sehr viele engagierte Bürger­meister, die jetzt Handlungsbedarf sehen und auch etwas tun, fleißig und engagiert sind und dafür sorgen, dass Ärzte Möglichkeiten finden, gemeinsam in einem Haus tätig zu sein, damit medizinische Versorgung garantiert wird.

Das ist auch ein Beitrag gegen die zunehmende Landflucht. Es ist ganz einfach so, ich erlebe es als Bürgermeisterin auf dem Land selbst, dass die Situation eine andere ist. Ärzte sind ohnehin schwer zu finden, aber man muss ihnen die Möglichkeit geben, es einfacher umzusetzen, dass sie gemeinsam in einem Haus ihre Ordinationen haben (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja wenn es sie nicht gibt!) und dort Behandlungen stattfinden können.

Es sind sicherlich auch in Zukunft weitere Maßnahmen notwendig, das ist ganz klar, es wird auch unerlässlich sein, dass weiterhin daran gearbeitet wird; aber auch an dieser Stelle einmal ein großes Dankeschön an unsere Ärzte, die immer wieder Großartiges leisten, und auch an unsere Bürgermeister, die engagiert daran arbeiten, dass da etwas verändert werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


12.57.08

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Über die PHCs wird öffentlich und österreichweit heftig diskutiert. Bundesweit sollen 75 solcher Primärversorgungs­zen­tren kommen. Diese Versorgungszentren, Frau Kollegin Fichtinger, meine Vorrednerin, sind überhaupt nicht der richtige Schritt und der richtige Weg zu einer guten Versor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 101

gung der Patientinnen und Patienten – und schon überhaupt nicht für den ländlichen Raum.

Das Verhältnis zwischen Ärztin/Arzt und Patienten ist auf Vertrauen aufgebaut; der Hausarzt/die Hausärztin, das ist auch eine Vertrauensperson. Diese Primärversor­gungs­zentren gefährden das System der Landärztinnen und Landärzte massiv. Eine durchgehende Betreuung des Patienten/der Patientin durch den Hausarzt ist in einem solchen Zentrum nicht mehr möglich. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Diese Einrichtung ist eine massive Verschlechterung für die Patientinnen und Patien­ten. Das ist so, Herr Kollege, das kann man nicht schönreden, wenn man sich auch noch so bemüht. (Abg. Königsberger-Ludwig: ... ist das unlogisch!)

Es ist ein massives Runterfahren, eine Schlechterstellung unseres Gesundheitssys­tems, und das lehne ich ganz entschieden ab. Da soll auf dem Rücken der Patienten der Großindustrie als Betreiber solcher Einrichtungen Tür und Tor geöffnet werden, und das ist einfach nicht der richtige Weg. Das ist eine schlechte Entwicklung, und da zahlt der Patient die Zeche. Eine solche Einrichtung lehne ich in dieser Form ent­schieden ab.

Eines ist schon eigenartig, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich glaube, Kollege Franz hat es auch angesprochen –: Die Krankenkassen dürfen Ärztinnen und Ärzte anstellen, der Arzt/die Ärztin darf das nicht tun. Das soll mir einmal jemand erklären!

Ich glaube, es wäre wichtig, notwendig und richtig, dass Anreize für die Hausärztinnen und Hausärzte geschaffen werden; das wird in verschiedenen Gemeinden von den Bürgermeistern bereits betrieben. Das wäre der richtige Weg, und nicht solche Versorgungszentren! – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Kumpitsch, Lugar und Gerhard Schmid.)

12.59


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Öllinger ist als nächster Redner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.59.35

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich Ihnen, Herr Präsident, auch wenn es verspätet ist, zum Geburtstag gratulieren (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP) und bei diesem Anlass auch mitteilen, dass ich mich wirklich freue, dass Sie Präsident sind, weil Sie diese Aufgabe sehr gut machen. Danke für diese Vorsitzführung! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Walter Rosenkranz.)

Ich hoffe, das wird mir jetzt als Bonus von der Redezeit abgezogen. (Allgemeine Heiter­keit. – Ruf bei der FPÖ: ... von den Grünen! – Abg. Kogler: Haben wir ihm gut eingesagt! – Abg. Walter Rosenkranz: Grünes Lob wird jetzt bei der Listenerstellung bei der ÖVP berücksichtigt!)

Das, was mich wundert, werte Kolleginnen und Kollegen, ist der Umstand, dass hier Redner herausgehen und sagen: Die Primärversorgungszentren sind ganz schlecht. Ich bin Kunde, Patient – oder wie auch immer Sie das bezeichnen wollen (Abg. Walter Rosenkranz: Parteifreund!) – eines der zwei Primärversorgungszentren, die es in Österreich gibt, und weiß daher auch von sehr vielen anderen, die ebenfalls Kunden dieses einen Primärversorgungszentrums in Wien sind, dass es als eine absolute Erleich­terung, als ein Fortschritt empfunden wird, dass es dieses Primärversorgungs­zentrum gibt, in dem man jenseits der üblichen Öffnungszeiten von Arztpraxen noch behandelt wird. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 102

Auch in einem Primärversorgungszentrum können Sie natürlich Ihren Vertrauensarzt besuchen. Ja, das ist auch in einem Primärversorgungszentrum möglich. Sie müssen sich, meine sehr geehrten Herren – denn es haben nur die Herren dieses Thema angesprochen (Abg. Walter Rosenkranz: Kollege Öllinger, ist Kollegin Belakowitsch jetzt männlich geworden?! Für manche wird es wirklich Zeit, ...!) –, besser darüber informieren, was tatsächlich das Problem ist. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Wir haben zwei Primärversorgungszentren in Österreich. Diese laufen wie das Glöckerl, wie geschmiert. Und ausgerechnet dadurch, dass Sie eben nicht die Anstellung von Ärzten durch Ärzte oder Ärztinnen garantieren wollen, sind diese zwei Primärversor­gungszentren schwerstens gefährdet. Jeder Mann und jede Frau weiß, dass die Vertre­tungsregelungen, die es gibt, mit dem Gesetz nicht konform gehen, wenn sie in einem Primärversorgungszentrum angestellt oder beschäftigt werden.

Mit dem, was Sie heute beschließen – abgesehen davon, dass die Nichtberück­sichti­gung nichtärztlicher Berufe eigentlich ein Skandal ist, seien wir uns ganz ehrlich! –, gefährden Sie die zwei einzigen und funktionierenden Primärversorgungszentren in Österreich. Dafür trägt Kollege Rasinger ein gerüttelt Maß an Verantwortung. (Beifall bei den Grünen.)

13.02

13.02.48

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Zunächst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag abzustimmen.

Hinsichtlich des Gesetzentwurfes in 1714 der Beilagen liegt ein Rückverweisungs­an­trag der Abgeordneten Dr. Franz, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf betreffend Gesundheits­reformumsetzungsgesetz 2017 in 1714 der Beilagen nochmals an den Gesundheits­aus­schuss zu verweisen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 in 1714 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eine Verfassungs­bestim­mung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäfts­ordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vor­gesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 103

Die Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­de­rungs­antrag betreffend Artikel 1 § 2 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 § 8 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Anfügung eines neuen Absatzes 5 in Artikel 1 § 9 vorsieht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Der vorliegende Zusatzantrag wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Foto als Identitätsnachweis auf der e-card.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung des Eigenregresses für Pflegeheimbewohner durch eine Grundsatzbestimmung im ASVG und allen anderen sozialrechtlichen Grundlagenmaterien.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweit einheit­liche Mindestabgeltung sowie Spezifizierung der Leistungen von nichtärztlichen Gesund­heitsberufen in der Primärversorgung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 104

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Foto für E-Cards“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend freiwillige Hepatitis-Impfung für Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren inklusive Kostenübernahme durch die AUVA.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Antrag wurde abge­lehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 1715 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

13.08.166. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2240/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird (SMG-No­velle 2017) (1716 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1581/A(E) der Abgeord­neten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beibehaltung des Grenzwertes für Quecksilber in Thunfisch“ (1717 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2221/A(E) der Abgeord­neten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinfüh­rung von TBC-Untersuchungen für Personal im Lebensmittelbereich (Bazillen­ausscheidergesetz)“ (1718 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1993/A(E) der Abgeord­neten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Definition des Embryonen-Begriffs in Österreich gemäß Gutachten des EuGH“ (1719 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2100/A(E) der Abgeord­neten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche ver­pflichtende Reanimationsschulungen und -ausbildungen an allen Schulen ab der 7. Schulstufe“ (1720 d.B.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 105

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.09.29

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Suchtmittelgesetz-Novelle ist eigentlich längst überfällig. Wir wissen, dass es da Missbrauch gegeben hat, vor allem im Bereich mit Ersatzprodukten, die immer wieder verkauft worden sind. Wir finden es positiv, dass es da strengere Kontrollen und Verschärfungen geben soll. Wir hoffen, dass die Novelle auch weit genug geht, wir werden nicht lockerlassen. Wir halten es jedenfalls für den richtigen Schritt und werden dieser Initiative unsere Zustimmung geben.

Ich möchte aber schon noch etwas dazu sagen, da das alles jetzt vielleicht ein bisschen untergegangen ist: Wir haben eine verhältnismäßig kurze Zeit über ein neues Gesetz, das im Gesundheitsbereich kommen soll, nämlich dieses PHC-Gesetz, diskutiert. Und nach so kurzer Zeit stellen sich SPÖ und ÖVP her und beschließen sozusagen das Begräbnis des Hausarztes. Niemand, auch Sie nicht, Frau Minister, obwohl Sie heute, im Gegensatz zu uns allen, eine sehr lange Redezeit gehabt haben, hat uns und vor allem den Menschen draußen wesentliche Fragen beantworten können.

Sie sind in Ihren Ausführungen auf keine Fragen eingegangen: Wie wird das mit den Hausbesuchen werden? Wie viele Ärzte befinden sich überhaupt gerade in Aus­bildung? Woher wollen Sie die Ärzte für Ihre PHCs nehmen? – Frau Minister, all das haben Sie geflissentlich gar nicht beantwortet, da es keine Antworten auf diese Prob­leme gegeben hat. Dennoch stellen Sie sich her und loben ein Gesetz, und die Abgeordneten der Regierungsparteien stimmen diesem zu.

Meine Damen und Herren, so kann man das nicht machen! Man kann das Gesund­heits­wesen nicht kaputt machen! Wir laufen jetzt auf einen echten Versorgungs­notstand zu, und Sie sind nicht bereit, die Kritikpunkte ernst zu nehmen.

Frau Kollegin Mückstein, ich möchte auch noch ein Wort zu Ihnen sagen, weil Sie sagen, das Gesetz sei Ärzte-lastig: Die Ärzte möchten dieses Gesetz nicht, daher kann es gar nicht Ärzte-lastig sein. – Nur so viel dazu.

Frau Minister, ich hätte mir erwartet, dass Sie in Ihren 20 Minuten Redezeit wenigstens auf die wirklichen Problemfelder in diesem Gesetz eingehen, dass Sie wenigstens die Fragen beantworten und die Unsicherheiten ansprechen, dass Sie auch sagen, wie es denn mit der Bezahlung bei den Hausärzten, mit dem Bürokratieabbau bei den Hausärzten weitergehen wird. Sie haben das alles nicht gesagt, Sie haben irgendetwas erzählt.

Ein Wort zum Kollegen Keck, der gesagt hat, die Ärzte wollen keine großen Kassen: Herr Kollege Keck, Sie haben keine Ahnung! Die Ärzte bekommen die Verträge von den sogenannten großen Kassen nicht so leicht, wie Sie sich das vorstellen. Auch die Ordinationszeiten sind in Absprache mit den Kassen reglementiert. Sie haben offensichtlich von der Materie überhaupt keine Ahnung – das ist eine Schande! – und stellen sich hier her und stimmen einem Gesetz zu, das das ganze System kaputt macht. (Beifall bei der FPÖ.)

13.12



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 106

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.12.13

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Gesundheits­ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie! Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, Sie haben zum vorher­gehenden Tagesordnungspunkt gesprochen. Ich weiß, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann und Veränderungen grundsätzlich vielleicht Angst machen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Mir nicht!) und mit einer gewissen Unsicherheit verbunden sind, aber Sie haben gesagt, diese Veränderungen machen das ganze System kaputt. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja!)

Kollege Keck hat es wunderbar ausgeführt. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wunder­bar? Er hat einen Blödsinn geredet, entschuldige!) Ich glaube, sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch und vor allem für Patientinnen und Patienten und auch für die Menschen, die im Pflegebereich arbeiten, gilt Folgendes: Wenn wir wirklich wollen, dass alle Menschen in Österreich die beste Gesundheitsversorgung haben, dann können wir nicht sagen, dass alles so bleiben muss, wie es seit Jahrzehnten ist. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Hat ja keiner gesagt!) Nichts tun und nichts verändern, das kann ja gar keine Lösung sein!

Und wenn Sie sagen, es gebe da eine gewisse Unsicherheit, dann ist es ja auch Ihre Aufgabe, zu sagen: Dann machen wir es gemeinsam besser! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Besser, ja!) Versuchen wir gemeinsam, gängige Systeme, die es auf der ganzen Welt gibt, weiterzuentwickeln! Man kann ja nicht sagen, wir bleiben bei dem, was seit Jahrzehnten in Österreich gang und gäbe ist, wissend, was alles nicht funktioniert, und Sie sagen dann dazu: Das ist alles ganz wunderbar!

Ich möchte wirklich bitten, auch wenn die Debatte schon abgeschlossen ist, dass wir nicht versuchen, da jetzt Unsicherheit zu schüren und Menschen Angst zu machen, sondern kämpfen wir wirklich darum, dass alle eine gute Gesundheitsversorgung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nur ganz kurz auf das Suchtmittelgesetz eingehen: Früher hat man gesagt, Drogenabhängigkeit sei ein persönliches Versagen, heute wissen wir, dass das eine Krankheit ist wie jede andere auch. Bei jeder Krankheit und gerade auch bei drogen­abhängigen Menschen ist es wichtig, dass man nach den modernsten und wissenschaftlich fundiertesten Fachstandards vorgeht. (Abg. Kogler: Bravo!)

Wir haben das in Österreich in zwei Bereichen gemacht, was sehr wichtig ist. Der eine ist, dass wir in Arbeitsgruppen – Ärztinnen und Ärzte gemeinsam mit Menschen, die aus dem Bereich der psychosozialen Betreuung kommen, und mit Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitsministerium – eine Behandlungsleitlinie entworfen haben, in der es um die Substitution von Opioiden geht – Heroin ist die bekannteste Droge in diesem Bereich.

Ganz wichtig ist – das beschließen wir heute –, dass die Informationsweitergabe für diese Drogenersatztherapie verbessert wird. Das heißt, wenn ein Substitutionspatient in die Apotheke geht, mehrere Rezepte anfordert oder die Substitute nicht schluckt, kann diese Information auch an die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt oder auch an die Gesundheitsbehörden weitergegeben werden.

Wir haben auch den rechtlichen Graubereich gerade für die behandelnden Ärzte geschlossen und gesagt, dass eine ärztliche Behandlung keinesfalls auch in den Strafbestimmungen des Suchtmittelgesetzes sein kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 107

Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Schritt – die Kollegin hat es schon angesprochen, wir haben im Ausschuss sehr intensiv darüber diskutiert –, um diesen Menschen zu helfen. Ich darf Sie wirklich um Ihre Zustimmung bitten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Das war gut, dass das richtiggestellt wurde!)

13.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mückstein. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.15.08

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Vorsitzender! Kurz auch noch zum Suchtmittelgesetz: Wir sind auch der Meinung, dass es sich um eine Modernisierung und um eine Verbesserung handelt, die wichtig ist, und dass mit den PatientInnen anders und offener umgegangen wird. Von diesem ganz restriktiven Zugang ist man, glaube ich, doch etwas abgekommen, die Behandlung wird nicht sofort abgebrochen, wenn das erste Mal ein Therapie-Nichterfolg oder etwas, das die Therapie stört, zu sehen ist, sondern man wird versuchen, die Betroffenen weiter in der Behandlung zu halten. Das finde ich sehr wichtig, auch, dass die Behandlungsleitlinien neu aufgestellt wurden. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der qualitätsvolle Behandlung sichern wird.

Ein bisschen skeptisch bin ich hinsichtlich der Datenweitergabe. Das ist vielleicht schon ein kritischer Punkt, das wird man sich vielleicht längerfristig anschauen müs­sen, da es doch einen großen Personenkreis betrifft, der dann Zugang zu diesen Daten haben wird.

Ein anderer Punkt, den ich interessant finde und auf den man vielleicht reagieren sollte, da das schon ein bisschen der Vorgeschmack auf den kommenden Wahlkampf ist, betrifft die TBC-Untersuchung für Personal im Lebensmittelbereich. An sich ist gegen solche Vorhaben nichts zu sagen, wenn man es seriös und rational betrachtet. Man kann überlegen, ob so etwas notwendig ist, wenn es tatsächlich einen Bedarf oder gestiegene Ansteckungsgefahr gibt. Das ist aber nicht der Fall, das hat auch die verstorbene Gesundheitsministerin Oberhauser mehrmals ausgeführt und immer wieder ausgeführt. Das ist, wie gesagt nicht der Fall, und es ist eben nicht auf geflüch­tete Menschen zurückzuführen. Ich finde es sehr problematisch, wenn solche Anträge rassistisch motiviert sind. Ich glaube, das sollte man diesen Menschen, die es betreffen könnte, nicht antun. Ich finde, das ist auch ein politischer Zugang, der nicht legitim ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.17.39

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir reden heute über das Suchtmittelgesetz. Ich möchte mich da gar nicht so sehr über den Inhalt ausbreiten, dieser ist bekannt, ich möchte aber ein bisschen über die Suchtstrategie in Österreich reden.

Es gibt in Österreich verschiedene Süchte; gestern habe ich gehört, dass die neueste Sucht die Internetsucht ist. Allein in Deutschland sind 600 000 Menschen – die Hälfte davon Kinder, also Jugendliche – süchtig, mit gravierenden Auswirkungen auf Schule et cetera.

Wir reden in Österreich im engeren Sinn von 370 000 Alkoholsüchtigen, nikotin­süchtig – das ist schon auch eine Sucht – sind circa 30 Prozent der Österreicher.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 108

Aber reden wir einmal über die nicht so legalen Süchte: Heroin: 16 000 Betroffene. Vor Ihnen steht einer dieser 150 Ärzte, die Substitution in Wien machen. Schon unter Stadtrat Rieder haben wir im Wiener Gemeinderat gemeinsam ein Drogenkonzept gemacht, und es hat meiner Meinung nach immer die richtigen Pfeiler gehabt. Wir wollten eine Großszene verändern und es gab folgende Pfeiler: Behandeln, Substi­tution, aber auch Aufklärung – Prävention – und Repression.

Es ist naiv, zu glauben, dass alles im Leben nett und schön ist, da braucht man nur auf den Karlsplatz zu gehen – eigentlich ist das Karlsplatz-Problem de facto gelöst. Wir wollten in Österreich immer eine Großszene verhindern. Damals hat es zum Beispiel in Zürich – Platzspitz – Riesenprobleme gegeben.

Ich kann sagen, heute blicke ich auf über 25 Jahre in der Therapie, mit Patienten. Eigentlich muss man sagen, fast jeder Süchtige ist irgendwie auch psychisch begleit­krank – depressiv, Borderline, Angststörung. Man wird nicht aus heiterem Himmel süchtig, wie viele glauben, es betrifft in der überwiegenden Zahl der Fälle Schwerst­kranke. Ich glaube, der amerikanische Weg – nur Repression – hat dazu geführt, dass in Mexiko enorme Profite von Kartellen gemacht wurden, und es gab dort allein, glaube ich, in den letzten 15 Jahren 200 000 Morde. Das ist eine unglaubliche Zahl. Wenn man schaut, was sich einen Kilometer hinter dem Weißen Haus und in den Armenvierteln der Großstädte Amerikas abspielt, sieht man, dass der War on Drugs gescheitert ist.

Ich glaube, dass der europäische Weg, aber insbesondere der österreichische Weg ein sehr, sehr guter Weg ist. Wir haben in Österreich meiner Meinung nach eines der besten Substitutionsprogramme der ganzen Welt. In Wien haben wir etwa 60 Prozent in der Substitution, und ich kann Ihnen sagen, es ist ein Erfolg, wenn sich die Leute nicht mit Hepatitis C anstecken, es ist ein Erfolg, wenn sich die Leute nicht mit HIV anstecken, es ist ein Erfolg, wenn weniger Leute Drogen checken, und es ist ein Erfolg, wenn wir den einen oder anderen gut behandeln können. Circa ein Drittel kommt ganz von der Droge weg und die meisten sind stabilisiert.

Trotzdem haben wir circa 10 bis 15 Prozent Problemfälle, aber ich glaube, genau das ist es: Das darf uns nicht davon abhalten, zu versuchen, möglichst wenig Leute auf der Straße, im Dealermilieu zu haben, auch wenn das manchmal für den Arzt sehr schwierig ist. Aber was wäre die Alternative? – Die Alternative wäre, dass wir an den U-Bahn-Stationen ausufernde Situationen hätten. Das wäre sicher nicht im Sinne des Erfinders. In diesem Sinne ist das Suchtmittelgesetz ein wichtiger Puzzlestein einer sehr, sehr menschlichen, aber auch erfolgreichen Vorzeigestrategie, die Österreich da fährt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Rendi-Wagner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.22.15

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir heute hier im Hohen Haus die Novelle zum Suchtmittelgesetz diskutieren und dass sie beschlossen werden soll. Ich freue mich vor allem deshalb darüber, weil sie Teil eines Gesamtpaketes ist, das die Behandlung suchtkranker Men­schen in Österreich signifikant verbessern wird. Wir haben von Vorrednern gehört, dass der Standard in Österreich bereits sehr hoch ist. Wir machen hiermit einen weiteren Schritt in Richtung einer Verbesserung.


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Auch diesem Gesamtpaket, dieser Gesetzesnovelle sind intensive Vorarbeiten von Expertinnen und Experten – das sind zuständige Ärztinnen und Ärzte, aber auch ExpertInnen aus dem psychosozialen Bereich, bis hin zu StrafrechtsexpertInnen, die da einbezogen wurden – vorangegangen. An dieser Stelle möchte ich mich bei dieser breiten Palette an ExpertInnen bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf mich auch bei unserer Bundesdrogenkoordinatorin Dr. Johanna Schopper bedanken, die bei mir im Haus diese Novelle federführend begleitet und vorange­trieben hat. Johanna Schopper, das war ein ganz, ganz wichtiger Beitrag, den Sie geleistet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Teil dieses Gesamtpaketes ist eine neue Behandlungsleitlinie, die sich an interna­tionalen Standards orientiert und die von allen nationalen, österreichischen Fachge­sellschaften, die in diesem Bereich arbeiten, mitgetragen, ja mitentwickelt wurde. Diese Behandlungsleitlinie ist jetzt der Wegweiser für alle Ärztinnen und Ärzte, die in der Substitutionsbehandlung tätig sind, und daher auch eine wichtige Unterstützung für die Kollegenschaft.

Es gilt und muss immer Ziel jeglicher politischer und gesellschaftlicher Bemühungen, aber auch der therapeutischen Ansätze sein, es suchtkranken Menschen zu ermög­lichen, wieder ein Teil unserer Gesellschaft zu werden. Das ist das oberste Ziel, das wir mit der Substitutionsbehandlung und allen anderen Therapieansätzen verfolgen müssen. Das gelingt nicht mit Strafen, das gelingt nicht mit Sanktionen und das gelingt auch nicht, wenn wir bei Nichtkooperation die Therapie verwehren. Nein, das gelingt nur dann, wenn wir sicherstellen, dass nach einer Behandlungsleitlinie vorgegangen wird, die sich am neuesten wissenschaftlichen Stand orientiert. Genau das haben wir mit der gegenwärtigen Novelle und mit der Behandlungsleitlinie erreicht.

Diese Novelle des Suchtmittelgesetzes ist auch deswegen wichtig, weil sie die Vernet­zung, die Kooperation und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen in der Kette der Substitutionsbehandlung verbessert, intensiviert. Auch das kommt den Behandelten selbst zugute und natürlich auch dem System.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Paket verbessern wir die Situation Tausender Menschen in Österreich, die sich derzeit in Substitutionsbehandlung befinden. Es stellt sich keine Schuldfrage, das wurde von Erwin Rasinger gerade sehr gut festgestellt.

Ich freue mich daher sehr, dass dieser Initiativantrag im Gesundheitsausschuss bereits einstimmig angenommen wurde, und ich hoffe auch heute auf eine breite Zustim­mung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


13.26.10

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sie alle wissen wahrscheinlich schon, dass ich ein großer Freund von Prävention bin, vom Vorsorgeprinzip, denn ich denke, dass Prävention viel günstiger und viel effektiver als Reparatur ist. Wir wissen auch, dass gerade im Gesundheitssystem an allen Ecken und Enden Geld fehlt und auch weiterhin fehlen wird, daher möchte ich mich auf die beiden Anträge beziehen, die auf Prävention abzielen.

Der eine Antrag betrifft Quecksilbergrenzwerte. Warum ist er entstanden? – Ganz ein­fach: Die EU reagiert darauf, dass beim Thunfisch erhöhte Quecksilberwerte erkannt


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wur­den, und anstatt zu fragen, woher sie kommen und wie man sie abbauen kann, sagt man: Na ja, heben wir diese Werte halt an, denn das bedeutet, man kann die Fische weiterhin verkaufen, nur ist halt mehr Quecksilber drinnen.

Das ist für mich eine Doppelmoral, mit der ich unheimlich schwer umgehen kann, denn wir alle wissen über die Thematik von Quecksilber Bescheid, wir wissen, dass das ein hochwirksames Gift ist. Wir alle waren uns einig, wir alle haben zugestimmt und uns gegenseitig auf die Schultern geklopft, als das Minamata-Übereinkommen auf der Tagesordnung stand, wir es debattiert und beschlossen haben. Wir alle waren uns darin einig, dass wir da agieren müssen.

Das heißt, während das Fieberthermometer mit Quecksilber verboten wurde, sind wir beim Fisch nicht ganz so restriktiv. Das ist eine Doppelmoral, mit der ich schwer umgehen kann. Ich denke, dass da vor allem der wirtschaftliche Hintergrund in den Vor­dergrund, nämlich vor die Gesundheit der Menschen, gestellt wird, und darum versuche ich hier immer wieder, das Vorsorgeprinzip in den Mittelpunkt zu stellen, auch in Anbetracht der Tatsache, dass es sehr, sehr viele Quecksilberquellen gibt, über die vielleicht noch nicht ganz so viel debattiert wird: der Maissirup oder zum Beispiel auch der Glukose-Fruktose-Sirup. Im Herbst wird ja die Zuckerquotenregelung fallen und der EU-Markt wohl damit überschwemmt werden. Das ist die Art von Zucker, die besonders schädliche Reaktionen, Gesundheitsprobleme hervorruft, wie zum Beispiel Fettleibigkeit – man wird wirklich krank – oder Jugenddiabetes.

In diesem Maissirup ist eben Quecksilber enthalten. Da ist auch wieder die Summe des Cocktails zu beachten, das heißt die Summe des Cocktails, den wir mit der Nahrung – sei es jetzt mit dem Fisch oder mit diesem Maissirup oder mit der Fruktose, die in Fruchtdrinks, die in Süßigkeiten et cetera drinnen ist – zu uns nehmen. Die Summe dieses Cocktails wird enorm hoch werden. Wir wollten mit diesem Antrag dem entgegenwirken und dafür plädieren, zumindest auf nationaler Ebene – und das ist durchaus möglich – auf dem Vorsorgeprinzip zu bestehen und die Quecksilber­grenz­werte beim Thunfisch beizubehalten.

Ich darf noch einen weiteren Antrag, den wir im Gesundheitsausschuss behandelt haben, ansprechen, da ging es um Gesundheitsüberprüfung hinsichtlich Tuberkulose. Da haben wir eine Prüfung gefordert, nämlich aufgrund des Anstiegs der TBC-Fälle gerade bei der Risikogruppe der Asylwerber, die ja schließlich primär für die Hilfs­tätigkeiten, die mit Lebensmitteln zu tun haben, sei es in der Küche, im Kinder­garten et cetera, herangezogen werden. Wir haben eine gesundheitliche Überwachung gefor­dert, nämlich analog zum Bazillenausscheidergesetz.

Ich habe mit großer Verwunderung feststellen müssen, dass man da eine eigene, rassistische Motivation als Hintergrund sieht. Das kann ich so nicht verstehen, denn das ist eine Sache, die nicht wir erfunden haben. Diese Kritik ist bitte an die WHO weiterzuleiten, denn nicht wir haben das festgestellt, sondern die WHO hat festgestellt, dass die nicht-native Bevölkerung zur Hochrisikogruppe zählt, und da gab es von 2014 bis 2015 einen Anstieg der TBC-Fälle um 33,3 Prozent. Leiten Sie also die Kritik bitte an die WHO weiter!

Auch in diesem Antrag geht es mir um Prävention und Transparenz. Ich möchte auf ein aktuelles Beispiel aus Deutschland hinweisen: In Kiel wurde bei einem Asylwerber eine ansteckende Form der Tuberkulose festgestellt. Was ist passiert? – Er war Hilfsarbeiter nicht nur in der Kirche, er war auch Hilfsarbeiter in einem Kindergarten. Fakt ist, dass mindestens 18 Kindergartenkinder, vier Erzieher sowie 35 weitere Kinder aus dem Kirchenumfeld samt Betreuer infiziert sein könnten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 111

Unser Antrag zielt rein auf Prävention und sonst nichts ab, und, wie gesagt, wir be­sprechen das gerne noch persönlich, und den Vorwurf eines rassistischen Hinter­grunds können wir gerne an die WHO weiterleiten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Ing. Vogl ist der nächste Redner. – Bitte.

 


13.31.52

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Ich darf im Namen der Abgeordneten Marianne Gusenbauer-Jäger die 4b der Neuen Mittelschule Pregarten recht herzlich hier bei uns im Hohen Haus begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Das Thema Quecksilber ist natürlich etwas, das emotionalisiert, darum sollte man, glaube ich, auch bei den Fakten bleiben. Wir haben – um einmal die Fakten aufzuzählen – bei Fischen unterschiedliche Grenzwerte: einmal 0,5 Milligramm und bei Raubfischen 1 Milligramm pro Kilogramm Frischfisch. Es gibt diesen Unterschied, weil Raubfische durch die Nahrungsaufnahme Quecksilber akkumulieren. Das kann bei Raubfischen dazu führen, dass sich im Laufe ihres Lebens höhere Quecksilbermengen im Fleisch einlagern.

Dieser Antrag hört sich im ersten Moment ganz gut an, es ist aber so, er geht total an der Realität vorbei. Es war nie geplant, den Grenzwert für Thunfisch von derzeit 1 Milligramm pro Kilogramm zu erhöhen. Es hat eine Diskussion gegeben, und zwar darüber, den Grenzwert für Raubfische wie den Schwertfisch und den Haifisch zu verdoppeln. Der Einsatz auch der Gesundheitsministerin hat dazu geführt, dass auf europäischer Ebene bereits im Mai dieses Jahres diese Diskussion wieder eingestellt wurde. Also es war nie vom Thunfisch die Rede, das war nie ein Thema.

Ich sage das jetzt auch noch einmal, um ein bisschen die Ängste zu nehmen, die vielleicht auftauchen: Es werden immer wieder Proben von Thunfisch genommen – sowohl von Thunfisch in Dosen als auch von Frischfleisch und eingefrorener Ware –, und die Werte, die dabei festgestellt werden, liegen bei zirka einem Drittel des zulässigen Grenzwertes. Das heißt, alle Proben, die im Lebensmittelhandel genommen werden, zeigen, dass die Werte deutlich unter dem liegen, was derzeit erlaubt ist.

Aber natürlich, und darauf muss man ehrlicherweise hinweisen, ist Quecksilber eine Substanz, die gerade bei Schwangeren schädliche Auswirkungen auf das Ungeborene haben kann, und deshalb ist natürlich gerade in der Schwangerschaft im Umgang mit Lebensmitteln Vorsicht geboten.

Da kann man jenen, die auf der sicheren Seite sein möchten, wenn sie gerne Fisch essen, nur einen Tipp geben: Je weniger Fett der Fisch hat, desto weniger Quecksilber wird er in der Regel eingelagert haben. Und eine wichtige Regel ist: Heimische Fische haben deutlich weniger Quecksilber. Das heißt, wer auf der sicheren Seite sein möchte, sollte bevorzugt zu heimischem Fisch greifen. Aber auch, wie gesagt, bei anderen Fischen ist aufgrund der derzeitigen Werte, die wir festgestellt haben, keine akute Gefahr gegeben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


13.34.29

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­minis­ter! Vorab darf ich eine Abordnung der Landsmannschaft der Buchenland­deut­schen hier im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 112

Ich nehme auch zu Tagesordnungspunkt 7 Stellung, bei dem es darum geht, den Quecksilbergrenzwert in Thunfisch von 1 Milligramm pro Kilo national beizubehalten. Kollege Vogl, Sie haben etwas ganz Tolles gesagt: Ja, richtig, man ist bei unseren heimischen Fischen auf der sicheren Seite – es freuen sich alle Teichwirte, die die Teiche bewirtschaften –, bei unseren österreichischen Aquakulturen ist man wirklich auf der sicheren Seite.

Das ändert aber nichts daran, dass wir unseren Landsleuten, die heute auf Urlaub fahren, nicht die Thunfischpizza vermiesen wollen. Wir müssen aber trotzdem darauf hinweisen, dass die Weltmeere zu einer Müllhalde verkommen sind, vergiftet sind und letztendlich eine ganze Reihe an Schadstoffen – wenn man sich das so vorstellt: vom Fieberthermometer angefangen über Saatbeizmittel, Antipilzmittel, Desinfektionsmittel bis zu den ganzen Abfallstoffen der Industrieschlote und Kohlebergwerke – in letzter Konsequenz irgendwann einmal ins Meer hineinkommt.

Wenn sich das multipliziert auf eine hundertfach giftige Form – letztendlich werden kleinere Fische von Raubfischen gefressen, dieses Quecksilber kommt zum beste­henden Quecksilber dazu –, dann haben wir ein großes Problem, das uns natürlich auch berührt.

Die Diskussion ist wichtig. Allein, dass das 2015 diskutiert wurde – der „Kurier“ hat darüber geschrieben, Foodwatch hat darüber berichtet –, dass die EU überhaupt darüber diskutiert, diesen Grenzwert anzuheben, hat natürlich wirtschaftliche Gründe. Heute werden 50 Prozent der Fische weltweit überhaupt nicht in den Handel gebracht, nach so einer Grenzwertanhebung würden dann nur mehr 14,5 Prozent der Fische nicht verkäuflich sein. Man tut so, als sei das so harmlos – es ist aber ein Riesen­geschäft, und um dieses Geschäft geht es letztendlich.

Meine abschließende Frage, da die rote Lampe schon leuchtet, ist: Was passiert mit den 50 Prozent verseuchten Fischen? Was passiert mit denen? – Die kommen wieder in Kulturen irgendwo in den Ozeanen zurück, und der Mensch nimmt sie im Zuge der langen Nahrungskette wieder auf. Bitte nachdenken! Wir haben es schon gehört, das ist für Schwangere und auch für stillende Mütter höchst bedenklich. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


13.37.26

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wechsle das Thema und spreche zu einem Oppositionsantrag, dessen Ablehnung von frauenpolitisch großer Relevanz ist. Es ist genau 42 Jahre her, dass in Österreich, damals mit den Stimmen der Sozialdemo­kratie, gegen Schwarz und Blau, die Fristenregelung beschlossen wurde. Das war inso­fern ein familienpolitischer, ein frauenpolitischer Meilenstein, als die Kriminalisie­rung von Frauen, die in den ersten zwölf Wochen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, vom Strafrecht als nicht relevant angesehen wird.

Genau diese Entscheidung wird nie und nimmer mehr rückgängig gemacht bezie­hungsweise zurückgenommen werden können, und daher ist dieser Antrag, der sich um die Definition von Embryonen dreht, aus frauenpolitischer Sicht nicht nachvoll­ziehbar; aus rechtspolitischer Sicht auch nicht, denn wir haben in der Europäischen Union einen einheitlichen Begriff davon, was ein Embryo ist, und wir können national­staatlich gar keine andere Definition wählen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 113

Zum Dritten: Es ist auch aus fachlicher Sicht abzulehnen, denn wir haben 2015 das Fortpflanzungsmedizingesetz insofern novelliert, als wir unter anderem auch, unter ganz strengen Auflagen und Vorkehrungen, die sogenannte Präimplantationsdia­gnostik eingeführt haben, damit es bei einer künstlichen Befruchtung möglich ist, die entwicklungsfähigen Zellen dahin gehend zu untersuchen, ob genetische Schäden oder andere Schäden vorliegen, um den Eltern beziehungsweise vielmehr den Frauen dann die Möglichkeit zu geben zu sagen, diese befruchteten Zellen möchte ich nicht eingesetzt bekommen.

Daher ist aus drei Gründen abzulehnen, einen Zeitpunkt festzulegen, ab dem ein Mensch als Mensch bezeichnet wird. Mir wäre es lieber, wir würden darüber disku­tieren, ab wann jemand eine Person ist, denn das ist klarer definiert. Für mich ist das nicht mit der Befruchtung einer Eizelle durch ein Spermium abgetan.

Frauenpolitisch ist es sowieso klar, dass wir uns dieses Recht auf einen Schwanger­schaftsabbruch, den sich keine Frau – keine Frau! – leicht macht, mit vorhergehender Beratung – das ist auch gesetzlich geregelt, das macht jeder Arzt, jede Ärztin vorher – nicht nehmen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


13.40.26

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Ich wundere mich nicht, dass Sie Ideologie und Frauenpolitik über Wissenschaft und Ethik stellen. Das passt zum totalen Furor der Feministinnen, die über alles und jedes drüberfahren wollen, was ihnen nicht in den Kram passt.

Ich darf aus § 22 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zitieren: Das Unge­borene hat ab dem Zeitpunkt der Empfängnis Anspruch auf den Schutz der Gesetze. – So steht es wortwörtlich drinnen. Dieses ABGB ist meines Wissens noch heute in Österreich gültig.

Dazu muss man natürlich die Empfängnis kurz definieren. Es ist wissenschaftlich ganz klar, biologisch eindeutig geklärt: Die Empfängnis ist die Befruchtung der Eizelle durch den männlichen Samen. Es hat allerdings in den letzten Jahren und Jahrzehnten technologische „Fortschritte“ – unter Anführungszeichen – gegeben, sodass es in Labors möglich wurde, mit Eizellen außerhalb des weiblichen Körpers Experimente zu treiben – auch mit befruchteten Eizellen.

Es ist ein rechtlicher Grauraum entstanden, der von Gentechnikfirmen weidlich aus­genützt wurde und der einerseits Optionen für die Forschung eröffnet hat, anderer­seits uns ganz massive ethische Bedenken beschert hat. Daher kam es im Jahr 2014, also bereits vor drei Jahren, zu einem Rechtsstreit, der vor dem Europäischen Gerichtshof ausgefochten wurde. Eine amerikanische Firma, die Firma International Stem Cell Corporation, hat geklagt und wollte eine klare Definition dessen, was eine Eizelle ist, was eine befruchtete Eizelle ist und was ein Embryo ist.

Der Herr Generalanwalt am Gerichtshof der Europäischen Union Cruz Villalón hat das durchgearbeitet und hat ein Gutachten erstellt. Er kam zu dem Schluss, dass als Embryo alles gilt, was ein Mensch werden kann. Ende 2014 wurde auch ein EuGH-Spruch dazu verfasst, und ich wundere mich, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, dass Sie sagen, der Antrag ist gegen EU-Recht. – Ganz im Gegenteil! Er entspricht einem EuGH-Spruch, und wir sollten uns, wenn wir uns schon sonst immer so europafanatisch verhalten, auch bei den wirklich heiklen Dingen an Europa halten und an das, was uns


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Europa und die Richter in Europa hier vorgeben. Das ist ja nicht etwas, was Herr Villalón einfach erfunden hat, sondern das basiert auf ethischen, auf rechtlichen und wissenschaftlichen Grundnormen.

Ich verstehe überhaupt nicht, dass wir uns immer unter dem Deckmantel Frauenpolitik (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist kein Deckmantel!) keine Definition zutrauen, denn es sollte im tiefsten Sinne der Frauen sein, dass sie ihre eigene Leibesfrucht schützen, wenn ich mich einmal kurz pathetisch ausdrücken darf, und dieses Leben beginnt mit der befruchteten Eizelle. (Beifall bei der FPÖ.) Das sagt uns die Wissenschaft, das sagt uns die Ethik, das sagt uns die Moral, das sagt uns das Recht, denn das steht auch im § 22 ABGB so drinnen.

Ich weiß nicht, wie man aus frauenpolitischer Sicht um diese Klippen herumschiffen will, und ich weiß nicht, warum man das tut. Warum wollen Sie das? – Niemand will die Fristenregelung infrage stellen (Abg. Heinisch-Hosek: Weil wir das Recht über uns selbst wollen!), wir wollen aber eine klare Definition dessen haben, was Leben ist, und Leben beginnt mit der Befruchtung: Leben beginnt mit der Verschmelzung von Eizelle und Samen. Das ist wissenschaftlich fundiert, das ist moralisch fundiert, das ist ethisch fundiert, und wir haben einen EuGH-Spruch dazu. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Ich frage mich, warum wir das überhaupt noch diskutieren müssen. Es müsste ein einstimmiges Ja zu diesem Antrag hier in diesem Hohen Haus geben. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Wenn wir das nicht tun, dann öffnen wir jeder Willkür Tür und Tor! Dann kann jeder kommen und auf seine Weise den Lebensbeginn definieren, dann kann jede Frau kommen und sagen, okay, das ist mein Kind, das ist nicht mein Kind, ich mache mit dem Kind, was ich möchte, denn frauenpolitisch wird dieses und jenes vorgegeben. Jede Frauenpolitikerin kann uns erklären, was Leben ist, natürlich kann dann auch jeder männliche Politiker erklären, was Leben ist, jeder X-Beliebige kann daher­kommen und x-beliebig definieren, was Leben ist. Wollen wir das? Wollen wir eine x-beliebige Definition von Leben im österreichischen Parlament?

Bitte stimmen Sie dem Antrag zu, und zwar einstimmig! Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, sonst führen Sie sich als ernstzunehmende Politikerinnen und Politiker selbst ad absurdum. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

13.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


13.44.30

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Herr Dr. Marcus Franz, ich weiß nicht: Früher haben Sie den Kopf geschüttelt. Ich muss ganz ehrlich sagen, jetzt kann ich nur mehr den Kopf schütteln über deinen Antrag hier im Hohen Haus.

Du weißt es selbst: Du hast damals aus persönlichen Gründen den Rückzug aus deiner Heimatpartei, dem Team Stronach, angetreten, hast einen Heimathafen bei der ÖVP gefunden, bist leider Gottes verbal ausgerutscht und sitzt jetzt als wilder Abge­ordneter hier. Mit diesem Antrag, muss man ganz ehrlich sagen, hast du dich jetzt an­scheinend auch geistig bereits zurückgezogen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kitzmüller: Das ist aber eine ...! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Also eines ist schon klar: Wenn man nicht verstehen will, dass es einen EuGH-Beschluss zu diesem Thema gibt und es aus rechtlicher Sicht unmöglich ist, hier einen nationalen Beschluss herbeizuführen, dann tut es mir wirklich leid. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 115

Ich kann nur eines dazu sagen: Der 15. Oktober ist der Neuwahltermin, dann ist deine Periode hier ohnedies zu Ende, und die Österreicherinnen und Österreicher sind auch geschützt vor solchen Entschließungsanträgen (Zwischenrufe bei der FPÖ), die letztendlich nichts bringen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Franz.)

An ein Zweites möchte ich erinnern, das gleichfalls von Dr. Marcus Franz gekommen ist: Es ist ungefähr zweieinhalb Jahre her – ich werde das nicht vergessen! –, da gab es einen Entschließungsantrag, in jeden menschlichen Körper einen sogenannten Chip einzubauen statt der e-card.

Gott sei Dank wird die österreichische Bevölkerung vor Ihnen ab dem 15. Oktober geschützt, und wir haben es dann nicht mehr mit solch sinnlosen Anträgen hier im Hohen Haus zu tun. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höbart: Das war eine sinnlose Wortmeldung! – Zwischenruf des Abg. Franz.)

13.46

13.46.18

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend SMG-Novelle 2017 samt Titel und Eingang in 1716 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 1717 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1718 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ge­sund­heits­ausschusses, seinen Bericht 1719 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Gesund­heits­ausschusses, seinen Bericht 1720 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 2100/A(E) dem Unterrichtsausschuss zu.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 116

13.48.1411. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Bericht der Bundes­minis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend den Aktionsplan Frauengesundheit (III-406/1679 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Carmen Schimanek, Mag. Aygül Berivan Aslan, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Ausbau von Programmen zum Thema Frauengesundheit (1680 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte.

 


13.49.05

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frauen und Männer haben unterschiedliche Gesundheitsrisiken, unterschiedliche Lebensstile, zeigen bei manchen Krankheiten andere Symptome und reagieren auf gleiche medizinische Behandlungen auch nicht immer gleich. – So weit, Frau Minister, sind wir uns auch im Ausschuss einig gewesen.

Mit 17 Wirkungszielen und 40 Maßnahmen im vorliegenden Aktionsplan Frauenge­sund­heit soll die gesundheitliche Chancengerechtigkeit für Frauen verbessert wer­den. – Na ja, das klingt ja sehr schön, aber bei genauerem Hinsehen hakt es dann doch ganz gewaltig.

Wir, die FPÖ, haben im Ausschuss für diesen Aktionsplan gestimmt, aber ich habe ja schon angekündigt, dass ich mit diesem Papier meine Probleme habe und mir auch sehr schwer tue, ihm meine Zustimmung zu geben. Während der Diskussion im Ausschuss hat sich das für mich dann leider auch bestätigt.

Einerseits geht es darum, dass die Umsetzung der Maßnahmen aufgrund eines fehlenden Finanzierungsplans nicht abgesichert ist, andererseits ist die zeitliche Umsetzung dieses Aktionsplans mehr als fraglich. Wir haben auch davon gesprochen, dass die nahenden Nationalratswahlen dem sicher einen Strich durch die Rechnung machen werden. Das ist schade, denn die Arbeit der ExpertInnen ist sehr gut – an der Stelle möchte ich mich auch dafür bedanken.

Bei genauer Betrachtung befinden sich im Aktionsplan auch viele No-na-Argumente, aber Aspekte, die für die Frauengesundheit wichtig wären, fehlen komplett, so nach dem Motto: Was nicht sein darf, ist auch nicht. – Lassen Sie mich jetzt aber auf ein paar Punkte genauer eingehen.

Betreffend das Kapitel „Gewaltprävention – Hilfe und Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen“ ist es mir ganz wichtig, einen Aspekt anzusprechen, weil ich – Frau Minister, ich habe Sie gefragt, ob Sie mir diesbezüglich nicht auch eine Antwort geben können – dazu leider nichts gehört habe. Die Massenzuwanderung hat auch eine unfassbare Begleiterscheinung für uns Frauen mit sich gebracht: Fast täglich liest man über Angriffe und Übergriffe auf Frauen und junge Mädchen. Allein am vergangenen Wochenende war über fünf Vergewaltigungen und Übergriffe auf Frauen in den Zeitun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 117

gen zu lesen, aber leider, Frau Minister, habe ich weder von Ihnen noch von anderen Teilen der Bundesregierung irgendwelche Taten, die sie gesetzt hätten, gesehen oder Worte gehört, um das auch wirklich zu verdammen und zu sagen: Das wollen wir in Österreich nicht haben!

Was ich auch nicht haben möchte, ist, dass diese Täter mit oft allzu milden Strafen sehr bald wieder in die Öffentlichkeit gelangen und dann resozialisiert werden. Das ist etwas, was mir nicht gefällt, und ich denke, da sind wir alle gefordert, das endlich auch im Strafgesetzbuch schärfer zu formulieren.

Noch schnell einen Satz zum Antrag von uns Frauensprecherinnen: Ich freue mich sehr, dass dieser jetzt allgemein angenommen wird, aber auch da muss ich sagen: Relativ spät und frei nach dem Motto: Am Abend wird der Faule fleißig!, hat sich die Regierung jetzt dazu bekannt, einen Antrag aus dem Jahr 2015 umzusetzen. Das ist schade, aber trotzdem machen wir es. Ob er auch zur Umsetzung kommt, ist fraglich, denn die kommenden Nationalratswahlen werden auch dem einen Strich durch die Rechnung machen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.52

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren, ich gebe bekannt, dass der Fristsetzungsantrag, der dem Justizausschuss eine Frist bis zum 23. September 2017 setzt, über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, Bericht zu erstatten, zurückgezogen wurde.

Damit findet die Kurzdebatte darüber natürlich nicht statt.

*****

Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. – Bitte.

 


13.53.40

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich! Ich freue mich, dass heute unser Allparteienantrag auf der Tagesordnung steht. Alle fünf Frauensprecherinnen haben daran gearbeitet, und wir haben diesen Antrag gemeinsam eingebracht, in dem es darum geht, dass wir die Gesundheit der Frauen in Österreich verbessern wollen. Herzlichen Dank, dass uns das gelungen ist – und zwar gemeinsam! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Schittenhelm und Aslan.)

Das, was wir hier jetzt vor uns haben, ist ein Aktionsplan Frauengesundheit (ein Exem­plar in die Höhe haltend); sehr, sehr viele ExpertInnen haben ihr ganzes Wissen hier hineingepackt. Es wurde von meiner Vorrednerin schon erwähnt: 40 Maßnahmen und 17 Wirkungsziele sind darin verankert. Das ist gut so!

Auch wenn jetzt die Besorgnis auftaucht, dass die Wahlen schon nahen, dass am 15. Oktober ein neuer Nationalrat gewählt wird, bin ich zuversichtlich. Ich denke mir, das ist Wissen in gedruckter Form. Hier wird weitergearbeitet werden, und die neue Regierung, das neue Parlament, wie auch immer es sich zusammensetzt, wird gut beraten sein, diesen Aktionsplan weiterzuverfolgen und auch umzusetzen. Viele von Ihnen werden ja auch dann noch hier im Haus sein, und es wird an Ihnen liegen, dass Sie das in der nächsten Legislaturperiode fortführen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 118

Nun zum Aktionsplan Frauengesundheit konkret: Zwei Jahre lang wurde daran gearbeitet, wir haben den Antrag vor zwei Jahren eingebracht, es sind wichtige Maß­nahmen in diesem Bericht verankert, und es werden folgende Fragen behandelt: Wie steht es denn um die Gesundheit und um die Aufklärung beispielsweise der jungen Mädchen? Wie geht es denn den jungen Mädchen und Frauen? Wie geht es den Frauen im Erwerbsleben? Wie kommen sie denn mit den oft Doppel- und Dreifach­belastungen zurande? Wie geht es den älteren Frauen, wie schaut es dort aus? – All das ist in diesem Bericht verankert und findet seinen Platz.

Welche Maßnahmen gibt es, die man umsetzen könnte? Wie schaut es zum Beispiel mit Vorsorgeuntersuchungen aus, unter anderem dem Brustkrebsscreening? Wie schaut es mit verschiedenen Impfungen aus – das war heute auch schon Thema –, zum Beispiel bei Kindern, zum Beispiel bei pubertierenden Jugendlichen und, und, und? Das sind wichtige Themen, die wir angehen sollten und auch angehen werden.

Dieser Aktionsplan Frauengesundheit, davon bin ich wirklich überzeugt, berücksichtigt auch das, was ebenfalls ein wichtiger Bereich ist, nämlich dass Frauen und Männer nicht gleich funktionieren, dass es unterschiedliche Symptome gibt. Frau Professorin Margarethe Hochleitner von der Innsbrucker Universitätsklinik hat das ja schon nach­gewiesen, zum Beispiel beim Herzinfarkt: bei den Ursachen für einen Herzinfarkt und bei den Symptomen eines Herzinfarkts. Der neue Frauengesundheitslehrstuhl an der MedUni Wien ist mit Frau Kautzky-Willer besetzt. Es gibt Untersuchungen, aber es müssen selbstverständlich mehr werden, wenn wir uns ansehen, wie beispielsweise Medikamente bei Männern und Frauen wirken und, und, und. – Da gibt es viel zu tun.

Zu dem Anliegen, das Kollegin Schimanek gerade angesprochen hat – und teilweise zu Recht angesprochen hat –, in Bezug auf die Verschärfung des Sexualstrafrechts, ist Folgendes zu sagen: Diesbezüglich werden heute noch während dieser Plenardebatte verschiedene Maßnahmen im Justizbereich umgesetzt – nicht nur diskutiert, sondern auch umgesetzt! –, und auch das ist eine wichtige Weiterentwicklung des Sexual­strafrechts.

In diesem Sinne: Es geht etwas weiter, und darüber bin ich froh. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Rendi-Wagner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.57.44

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute hier dieses wichtige Stück des Aktionsplans Frauengesundheit diskutieren – viele ExpertInnen haben viel Arbeit investiert.

Es stellt sich die Frage, warum wir einen Aktionsplan Frauengesundheit brauchen, der als solcher übrigens der erste seiner Art in Österreich ist? – Wir brauchen ihn des­wegen, weil Frauen andere Gesundheitsrisken haben als Männer, sie haben ein unter­schiedliches Gesundheitsverhalten, und, das wurde auch schon gesagt, sie haben unterschiedliche Verläufe, was ihre Krankheiten betrifft, das heißt, auch verschiedene Symptome. Der Herzinfarkt wurde hier als klassisches Beispiel schon erwähnt. Das sind Dinge, die bereits in die Lehrbücher der Medizin eingegangen sind, und die dies­bezüglichen Erkenntnisse mehren sich von Tag zu Tag.

Wir wissen, dass Frauen zwar länger leben, sie haben eine höhere absolute Lebens­erwartung als Männer, gleichzeitig wissen wir aber auch, dass sie weniger Jahre in Gesundheit verbringen als Männer, und das ist ein deutlicher Nachteil. Dies ist eine


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 119

gesundheitliche Chancenungerechtigkeit, die zwischen Männern und Frauen besteht, und genau deswegen braucht es einen Aktionsplan Frauengesundheit.

Frauen sind auch bezüglich des Faktors der sozioökonomischen Gesundheitsdeter­minan­ten anders. Was heißt das? – Sie sind öfter von Armut bedroht, sie sind stärker armutsgefährdet. All diese Dinge haben einen Einfluss auf die Gesundheit der betrof­fenen Frauen und bestimmen ganz stark mit, wie ihre Gesundheitschancen sind. Die Gesundheit der Frauen wird insbesondere auch beeinflusst durch gesellschaftliche Rollenerwartungen, durch die Bedingungen am Arbeitsplatz und auch ihre Karriere­chancen, ihre Perspektiven – all das sind wichtige Einflussfaktoren – und ihre Einkom­menschancen auf dem Arbeitsmarkt. Auch das hat Einfluss auf die Gesundheit, vor allem auf die psychosoziale Gesundheit der Frauen.

Da wir diese breite Palette an Einflussfaktoren auf die Gesundheit haben, braucht es auch eine sehr breite Palette an Lösungsansätzen, und deswegen sind es 40 ver­schiedene Maßnahmen, die hier in diesem Aktionsplan festgeschrieben und erarbeitet wurden, von den verschiedensten politischen Sektoren, mit verschiedensten Partnern und Partnerinnen aus Organisationen und NGOs, und die es in Zukunft in Österreich umzusetzen gilt.

Meine Damen und Herren! Auf diesem Weg zu mehr gesundheitlicher Chancengerech­tigkeit zwischen Männern und Frauen ist der Aktionsplan Frauengesundheit ein Meilenstein. Wir sind in Europa übrigens das einzige Land und das erste Land, das einen solchen Aktionsplan Frauengesundheit erstellt und jetzt in Umsetzung gebracht hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Pfurtscheller, Schittenhelm und Aslan.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Mühlberghuber ist nächste Redne­rin. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.01.04

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der 78-seitige Aktionsplan Frauenge­sund­heit mit seinen Wirkungszielen und Maßnahmen, der sich einerseits auf die verschiedenen Lebensphasen – Mädchen und junge Frauen, Frauen im Erwerbsalter und Frauen in höherem Alter – bezieht und andererseits altersübergreifend ist, ist sehr umfangreich.

Der Bericht ist sehr breit gefächert, und es wird darin sehr ausführlich berichtet, dass Frauen zum Beispiel selbstbestimmt und gesund leben können sollen, über Arbeits­bedingungen und Einkommenschancen und ebenso über ein gewaltfreies Leben. Das alles sind richtige und wichtige Punkte, die im Aktionsplan beschrieben worden sind und die Sie, Frau Bundesminister, auch umsetzen wollen.

In diesem Bericht, den Sie, Frau Bundesminister, haben erarbeiten lassen, fehlt uns Freiheitlichen ein ganz wichtiges Thema, ein ganz wichtiger Punkt, und zwar die anonyme Statistik über Schwangerschaftsabbrüche. In Österreich gibt es keine Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen, ebenso fehlen gesicherte Erkenntnisse, warum es dazu kommt. Fakten sind aber dringend notwendig, um gezielt helfen zu können. Zu diesem wichtigen Thema werden von uns schon seit Jahren Anträge in den zustän­digen Ausschüssen eingebracht.

Auch die erfolgreiche Bürgerinitiative „Fakten helfen!“ mit über 54 000 Unterschriften und Unterstützern ist im Parlament eingebracht und im Ausschuss behandelt worden. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, die anonyme Erhebung der Zahl der Schwan­gerschaftsabbrüche weiter zu blockieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 120

Frau Bundesminister, der Aktionsplan sieht unter Maßnahme 27 vor, „dass in jedem Bundesland in allen öffentlichen Schwerpunktkrankenhäusern die Möglichkeit des Schwan­gerschaftsabbruchs gegeben“ sein soll. (Abg. Heinisch-Hosek: Ganz genau! Dann brauchen Sie keine Statistik mehr!) Das ist unverständlich: Auf der einen Seite wollen Sie in Österreich mehr Möglichkeiten für Abtreibungen, und auf der anderen Seite wird eine Statistik über Schwangerschaftsabbrüche mit keinem Wort erwähnt.

Abschließend möchte ich ein Zitat von Herrn Universitätsprofessor Dr. Johannes Bonelli bringen – ich zitiere –: Die Abtreibung ist keine Heilbehandlung, weder für die Frauen und schon gar nicht für das abgetriebene Kind. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Schwentner. – Abg. Heinisch-Hosek: Unglaublich! Unglaublich! 21. Jahrhundert!)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.04.33

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten im letzten Gleichbehandlungsausschuss erstmals die Möglichkeit, mit Frau Bundesminis­terin Rendi-Wagner auch als Frauenministerin zu diskutieren. Es war sehr, sehr interessant, es wurden auch nahezu alle aktuellen frauenpolitischen Themen ange­sprochen, und ein wichtiges Thema, das heute auch schon angesprochen wurde und das ganz klar aufzeigt, dass Frauenthemen ganz einfach eine Querschnittsmaterie sind, war die Gendermedizin.

Ich kann mich gut erinnern: Als ich vor acht Jahren erstmals den Begriff Gender­medizin verwendet habe, wurde ich ausgelacht – quer durch alle Reihen. Was ist denn das schon? (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Heute ist der Aktionsplan Frauengesund­heit – es wurde bereits gesagt – mit 17 Wirkungszielen und 40 Maßnahmen eine Grundlage für die Gesundheit von und vor allem für die Gesundheitspolitik für Frauen in Österreich. Wir sind damit auf dem Gebiet der geschlechtsspezifischen Medizin europaweit Vorreiter.

Meine geschätzten Damen und Herren! Mithilfe dieses Aktionsplans wird eine aus­führliche Basis geschaffen, um die bestehenden Defizite – und die gibt es – auf diesem Gebiet auch langfristig zu beseitigen. Frauen haben ganz einfach Anspruch auf eine geschlechtergerechte Sichtweise bei Therapie und Diagnostik und in der medizini­schen Behandlung, und das gilt für Frauen jeglichen Alters. Ich bin sehr dankbar und froh, dass die ExpertInnen dies und vor allem auch ältere Frauen in den Aktionsplan hineingenommen haben. Das war bisher nicht in dieser Form gegeben.

Um einen Überblick über die Zielsetzungen des Aktionsplans zu geben, möchte ich kurz auf nur drei Wirkungsziele eingehen – wir wissen, es gibt 17 sehr intensive, gut detailliert dargestellte.

Wirkungsziel 1 lautet: „Gendergerechte Gesundheitsversorgung und Gesundheitsfor­schung fördern“. Dabei geht es ganz einfach darum, evidenzbasierte Leitlinien für Screening und Behandlung von frauenspezifischen Erkrankungen zu entwickeln und vor allem die Kompetenz für die Frauengesundheit in der Aus-, Fort- und Weiterbildung für medizinische Berufe zu verankern. Wir wissen ganz genau, geschätzte Damen und Herren, dass wir gerade beim Brustkrebsfrüherkennungsprogramm dringend eine Evalu­ierung brauchen, die Sie, Frau Bundesministerin, auch zugesagt haben, denn es brauchen alle Frauen, egal, welchen Alters, einen möglichst unbürokratischen Zugang zu diesem Brustkrebsscreeningprogramm.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 121

Zum Punkt Aus- und Weiterbildung: Eine österreichweit einheitliche Formulierung und eine Verankerung des Genderaspekts im Curriculum der medizinischen Universitäten wäre wünschenswert. Das gibt es schon in einzelnen Universitäten, doch braucht es das nicht nur unter dem Schlagwort Geschlechterforschung, sondern Genderaspekte und die fächerübergreifende Abhandlung müssen in jedes Detail der medizinischen Ausbildung eingeplant sein.

Das Wirkungsziel 3 behandelt die Gewaltprävention. Meine Damen und Herren, da wird ganz klar dokumentiert, dass es rasch und intensiv um einen weiteren Ausbau von Hilfe und Unterstützung für Mädchen und Frauen, die von Gewalt betroffen sind, geht. Wir wissen, dass sich die Situation auch im öffentlichen Raum bei uns in Österreich verschärft hat. Diesbezüglich müssen weitere Maßnahmen folgen. Das heißt, auch wenn wir bei der Gewaltprävention vor allem im Sexualstrafrecht wirklich einiges zuwege gebracht haben, braucht es mehr Aufklärung und einen intensiveren Schutz der Frauen und Mädchen.

Wirkungsziel 7 lautet: „Bei Mädchen und jungen Frauen ein positives Selbstbild für ein gesundes Leben fördern“ – so heißt es in diesem Bericht. Ja, wir brauchen das dringend. Besonders bei jungen Frauen ist ein unzufriedener Blick in den Spiegel keine Seltenheit: Wie schaue ich aus? Bin ich zu dick? Was passt nicht? – Wir haben ja seinerzeit schon mit dem Gesetz zur Regelung von Schönheitsoperationen einiges bewerkstelligt, aber durch die negativen Einflüsse aus Werbung und Medien werden die jungen Menschen, auch die Burschen, verunsichert. Das Selbstwertgefühl sinkt, das heißt aber auch, dass es zu psychischen Problemen und gefährlichen Erkrankungen wie Bulimie oder Anorexie kommen kann. Es gibt das, auch ich kenne das aus den verschiedensten Bereichen.

Was die rasanten Entwicklungen in Bezug auf soziale Medien und den sogenannten Hass im Netz betrifft: Davor sei wirklich gewarnt, und das sollten wir in der nächsten Legislaturperiode wirklich auch intensiv angehen. Es ist unglaublich, was sich da abspielt, schon im Volksschulalter geht das los. Die Kinder bedienen die ent­sprechenden Medien natürlich selbst, dabei dürfen wir die potenzielle Gefahr für die psychische und physische Gesundheit auch bei Kindern und Jugendlichen nicht unterschätzen. Das heißt, da braucht es schon in den Kindergärten, in den Schulen mehr Bewusstseinsbildung dahin gehend, wie man damit umzugehen hat, und auch Aufklärung der Eltern, die das meist gar nicht mitbekommen und nicht wirklich wahrnehmen.

Ich bin den ExpertInnen und der Frau Bundesministerin sehr dankbar, dass wir im Ausschuss eine sehr detaillierte und informative Besprechung und einen Meinungs­austausch hatten. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir mit diesem Bericht, mit diesem Aktionsplan wirklich eine Grundlage schaffen, nicht nur im Gleichbehandlungs­ausschuss, sondern für alle Bereiche der Politik und der Gesellschaft, denn die Frauen sind überall und sie brauchen überall unsere Kraft und unsere Unterstützung. In diesem Sinne heißt Chancengleichheit: Frauen sollen selbstbestimmt und gesund leben können. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


14.09.46

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ja, warum braucht man Gendermedizin? – In der Medizin sind die Krankheitsbilder, die Untersuchungsmethoden, auch die Symptombeschreibungen und die Behandlungen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 122

immer noch auf die männliche Norm abgestellt, weil eben viele Medikamente noch an Männern erprobt werden. Das haben Sie vorhin auch erwähnt, Frau Bundesministerin, und gerade deswegen ist es wichtig, dass wir dementsprechend die geschlechts­spezifi­schen Unterschiede, die es auch geben kann, berücksichtigen und die Diagno­sen und die Behandlung anpassen.

Der Gesundheitsansatz im Bericht gibt uns wirklich einen sehr tollen Einblick in die Gesundheitsbedürfnisse von Frauen, die altersspezifisch und nach Lebensabschnitten kategorisiert sind. Das ist fachlich natürlich sehr begrüßenswert. Zahlreiche empfoh­lene Maßnahmen wie zum Beispiel der niederschwellige Zugang zu Verhütungsmitteln oder auch die psychische Gesundheitsversorgung als Sachleistung treffen mit grünen Positionen zusammen.

Was uns im Bericht fehlt, ist die Verbindlichkeit; daran mangelt es. Angekündigt ist zwar eine jährliche Roadmap über die gemeinsame Schwerpunktsetzung, jedoch gibt es hinsichtlich der Umsetzung keine Kontrolle oder Evaluierung. Es fehlt uns auch die zeitliche Abstimmung, also die Information, wann genau diese Maßnahmen gesetzt werden oder wann man vorhat, diese Maßnahmen umzusetzen.

Ansonsten finden wir den Bericht wirklich sehr gut gelungen. Im Namen meiner Partei, meines Klubs möchte ich mich natürlich bei allen ExpertInnen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Es freut mich, dass wir in diesem Punkt wieder überfraktionell etwas für die Töchter Österreichs weiterbringen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


14.11.56

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und auch Kollegen! Es freut mich sehr, dass wir heute über diesen Nationalen Aktionsplan reden können. Es ist nämlich schön, wenn wir in Österreich auch einmal bei etwas Vorreiter sind – oder in diesem Fall Vorreiterinnen.

Wir haben es als europaweit erstes Land geschafft, so einen Aktionsplan zu imple­mentieren, und man muss dem Ministerium, der Frau Ministerin, dem ganzen Team dazu gratulieren. Es ist ein wirklich guter Nationaler Aktionsplan geworden, und ich bin auch, wie schon meine Vorrednerinnen, sehr stolz darauf, dass wir einen gemein­samen Antrag zustande gebracht haben, weil wir hier als Frauensprecherinnen immer wieder zeigen, wie überparteiliches Arbeiten in diesem Parlament sehr wohl auch funktionieren kann, wenn man nur will und auch dazu bereit ist, für das gemeinsame Ganze zusammenzuarbeiten.

Im Rahmen des Aktionsplans liegen jetzt 40 Maßnahmen vor, die zu einer besseren Gesundheitsversorgung von Frauen führen sollen. Es gibt Wirkungsziele – so weit, so großartig; ich möchte aber ein paar Dinge hervorheben, die mir persönlich am NAP noch nicht ganz passen und die man meiner Meinung nach auch grundsätzlich, was die Herangehensweise an solche politischen Pläne betrifft, in der Zukunft noch verbessern und optimieren könnte.

Die Wirkungsziele sind nämlich gut, aber sie sind teilweise auch wenig konkret, zum Beispiel wenn es heißt: „Armutsrisiken von Frauen in allen Lebensphasen verringern“, „positives Selbstbild [...] fördern“, „Gesundheitliche Chancengerechtigkeit für [...] benachteiligte Frauen [...] erhöhen“ und so weiter.

Das sind Dinge, bei denen ich mir schon die Frage stelle, wie das in der Umsetzung wirklich funktionieren soll und wie man das vor allem quantifizierbar machen kann,


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denn ich glaube, es ist wichtig, dass wir in der Politik auch dahin kommen, dass wir wirklich auch Rechenschaft darüber ablegen können, was wir erreichen, und darlegen können, was gemacht wurde und ob man weitergekommen ist – und das geht umso besser, je quantifizierbarer Ziele sind.

Bei Wirkungsziel 7 – bei „Mädchen und jungen Frauen ein positives Selbstbild für ein gesundes Leben fördern“ – ist zum Beispiel als Maßnahme angegeben: „Gesetzliche Maßnahmen zur Unterstützung eines positiven Selbstbildes“. – Da frage ich mich schon: Was soll denn das sein? – Wir können hoffentlich weder Spiegel noch Waagen verbieten, das sollte man auch nicht tun, aber darum geht es auch gar nicht. Zum Beispiel ist da das Bundesgesetz zu Schönheitsoperationen angeführt, das 2013 in Kraft getreten ist, wodurch es unter 16-Jährigen verboten wurde, Schönheits-OPs ohne medizinische Notwendigkeit durchführen zu lassen. Das ist alles sehr gut, aber das sind entweder Dinge, die in der Vergangenheit liegen, oder es sind andere Maß­nahmen wie etwa das Verbot sexistischer Werbung, bei denen ich sehr wohl infrage stelle, ob diese dann auch wirklich zu dem gewünschten Ergebnis führen.

Das heißt, wir können nicht quantifizierbar machen, welche Maßnahmen das sind und welche Wirkungen sie haben, und dann kommen einem Dinge wie auch dieses Wirkungsziel wie eine leere Floskel vor, wiewohl wir uns alle bewusst sind, dass das extrem wichtig ist. Und weil wir dann im Nachhinein in Zukunft nicht nachweisen können, was wir auf dem Weg dorthin erreicht haben, wird es zum Schluss auch wieder schwieriger, das Ganze zu argumentieren. Deshalb hätte ich mir bei vielen Dingen klare Fristen gewünscht, klare Ziele, wann die Dinge erreicht werden sollten, und auch einen Weg, wie man solche Dinge in Eigenverantwortung und in Freiheit erreichen kann, und dass nicht immer sofort nach einer gesetzlichen Regelung ge­schrien wird, wenn das Problem sehr evident ist wie auch in diesem Fall.

Da, glaube ich, haben wir aber in Zukunft noch genügend Möglichkeiten, auch als Frauensprecherinnen miteinander über konkrete Maßnahmen zu reden. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Pfurtscheller und Schittenhelm.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


14.15.30

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Ministerinnen! Jetzt ist er fertig, der Aktionsplan Frauengesundheit, und er ist nicht nur intersektional, sondern betrifft auch viele Ressorts.

Ein Wirkungsziel definiert ja sozusagen, was man mit den Maßnahmen erreichen möchte, und wird dann selbstverständlich in Form einer Roadmap auch noch evaluiert. Es kann natürlich nicht sein, dass nur ein einzelnes Ressort wie das Frauen- und Gesundheitsministerium ganz konkrete Vorschläge macht, denn es sind alle gefordert, und ich möchte mich auch sehr herzlich bei den an die 70 Expertinnen und Experten bedanken, die da mitgewirkt haben. Es war ein vollkommen teamorientierter, gemein­samer Prozess, der stattgefunden hat, damit wir diese 17 Wirkungsziele und 40 Maß­nahmen definieren können, die natürlich jetzt noch mit dem einen oder anderen konkreteren Inhalt befüllt werden müssen; das ist ganz klar.

Es ist ganz wichtig, sich entlang eines Frauenlebens Fragen zu stellen wie: Was brauchen Mädchen und junge Frauen? Wie geht es den Frauen im Erwerbsleben, was kann man da verbessern? Was bedeutet es für ältere Frauen, dass die soziale Teilhabe vielleicht nicht mehr so gegeben ist wie bei Frauen in jüngeren Lebensjahren?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 124

Gerade das Multitasking-Leben – ich darf es so nennen – ist eines, das uns Frauen oft mehrfach belastet. Wir wissen alle: Frauen und Männer leben dann länger, sind dann erfolgreicher, sind dann auch glücklicher, wenn sie gesund sind, und dieser Aktions­plan Frauengesundheit soll dazu beitragen, dass in den einzelnen Lebens­phasen wichtige Bereiche selbst reflektiert werden, manches Mal auch in Form von bewusst­seinsbildenden Maßnahmen. Man braucht nicht immer gleich ein Gesetz oder etwas ganz Konkretes, sondern es geht um Bewusstseinsbildung, es geht um den Bildungs­hintergrund, es geht um den sozioökonomischen Hintergrund; dies verhilft uns zu Gesundheitskompetenz, damit wir mit diesem Wissen, das wir uns dadurch – schon im Kindergarten und entlang eines Frauenlebens – aneignen, auch gut umgehen können, die richtigen Fragen stellen und dieses Wissen auch anwenden können.

Das wird über diese Legislaturperiode hinausgehen müssen. Ich bin überzeugt davon, dass das niemanden kaltlassen kann und dass wir in der nächsten Legislaturperiode diesen Aktionsplan Frauengesundheit gut weiterführen können. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Schittenhelm und Aslan.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


14.18.28

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Be­sucher! Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte mich auch ganz herzlich für den Aktionsplan Frauengesundheit bedanken. Er ist sehr aufschlussreich, beleuchtet die vielseitigen Aspekte der Frauengesundheit und benennt, wie meine Kolleginnen auch schon ausgeführt haben, Wirkungsziele und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Frauen in Österreich.

Frauen sind anders krank als Männer. Es gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen, dass Männerschnupfen eine der gefährlichsten Krankheiten überhaupt ist (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ – Abg. Lugar: Das ist ja sexistisch!), aber dass Frauen aufgrund ihrer Physis andere Symptome haben als Männer und auch adäquate Behandlung benötigen, wird leider noch nicht überall wahrgenommen und berück­sichtigt.

Ich habe mich auf zwei Punkte in diesem Bericht konzentriert, zum einen auch auf das Wirkungsziel 7 – und das ganz unabhängig von Kollegin Schittenhelm, aber ich glaube, das zeigt, dass das ein sehr aktuelles Thema ist, das uns da beschäftigt, und zwar geht es eben um das notwendige positive Selbstbild der jungen Frauen. Ich habe selbst in den letzten Monaten einige Veranstaltungen in Tirol, bei denen es um das Thema Gewalt an Frauen gegangen ist, mit begleitet, und da hatten wir jeweils auch eine Spezialistin dabei, die uns erzählt hat, was in den Schulen in Sachen Mobbing über die Neuen Medien so abgeht. Es ist wirklich ganz, ganz erschreckend, zu hören, dass elf-, zwölfjährige Mädchen teilweise auch schon von erwachsenen Männern, die sich als junge Frauen ausgeben, gecoacht werden, wie sie abnehmen können, unter Druck gesetzt werden, dass sie in einer bestimmten Zeit so und so viel Gewicht abnehmen müssen, dann Fotos zeigen sollen, und solche Dinge. Es ist wirklich ganz entsetzlich, wenn man das hört.

Das fällt wahrscheinlich auch nicht mehr nur unter Notwendigkeit von Sensibilisie­rungs­maßnahmen, das fällt eigentlich schon unter psychische Gewalt. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir da die jungen Frauen unterstützen, das nötige Selbstbe­wusst­sein zu entwickeln, damit sie sich dagegen entsprechend wehren können. Es ist natürlich auch wichtig, dass sie gesunde junge Frauen sind, die dann später ein


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 125

erfülltes und glückliches Leben führen können und nicht solche schrecklichen Erfah­rungen aufarbeiten müssen.

Das zweite Wirkungsziel, das mir auch sehr wichtig ist, geht ebenfalls in Richtung psychische Gesundheit von Frauen. Nach meiner Erfahrung gibt es leider sehr viele Mädchen und Frauen, die immer wieder in extrem belastende Situationen geraten, meistens sowieso völlig unverschuldet. Das sind oft Schwierigkeiten in der Familie oder zum Beispiel Überforderung durch Mehrfachbelastung.

Es ist leider in Österreich nicht ganz einfach, Unterstützung zu bekommen, gerade im psychologischen Bereich. Gerade am Land ist es oft sehr schwierig – lange Fahrzeiten, man bekommt erst sehr spät Termine. Deshalb ist es mir sehr wichtig, dass die Frauen da schneller Unterstützung erhalten. Die Frauen können sich oft die Behandlungen nicht beziehungsweise nicht im notwendigen Ausmaß leisten. Daher muss es uns ein Anliegen sein, hier schnellstmöglich Verbesserungen herbeizuführen, auch weil ja sehr oft auch die Kinder dieser Frauen mit betroffen sind.

Noch einmal zusammenfassend: Vielen herzlichen Dank für den Bericht! Wir sind natürlich gerne unterstützend mit dabei, wenn es um die Umsetzung geht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Aslan.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


14.22.21

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich finde es auch super, dass es den Frauengesundheitsbericht gibt, nämlich vor allem in der Form, wie er geclustert und aufgebaut ist: eben nach den Lebens­realitäten, nach dem Alter – von jungen Frauen und Mädchen bis zu den Frauen mittleren Alters und älteren Frauen. Dafür an dieser Stelle auch ein Danke meinerseits.

Ich würde gerne den Fokus auf einen Themenbereich richten, der sich im Bericht auch immer wieder abbildet, nämlich auf sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit von Frauen. Wir selbst – ich habe es an dieser Stelle schon einmal erwähnt – haben ja hier im Haus eine überparteiliche parlamentarische Gruppe, in der wir – Kolleginnen von der SPÖ, von den Grünen, von der ÖVP und von den NEOS – in dieser Frage sehr, sehr aktiv sind.

Wichtig ist – das ist ganz klar, und das dokumentiert auch der Bericht – die umfas­sende sexuelle Bildung. Dazu gab es den Sexualerziehungserlass im Rahmen der Schulen, der aus meiner Sicht ganz, ganz zentral war. Warum? – Weil da auch die Option besteht, über Profis, über externe Expertinnen und Experten buntes und vielfältiges Wissen zum eigenen Körper und zur Sexualität zu bekommen. Das ist von ganz, ganz zentraler Bedeutung, ein absolutes Recht für Mädchen – natürlich auch für Burschen.

Zusätzlich zu dem Sexualerziehungserlass ist es aber von zentraler Bedeutung – und da richtet sich mein Appell an Jugendministerin Karmasin –, die First-Love-Ambulan­zen in den Bundesländern auszubauen. Die sind gerade im ländlichen Raum sehr spärlich vorhanden. Das brauchen die Mädchen vor Ort dringend: den niederschwel­ligen Zugang, die niederschwelligen Infos, ohne sich sozusagen peinlich berührt zu fühlen, weil sie diese Einrichtung aufsuchen.

Auch im Bericht – es ist heute schon einmal erwähnt worden – ist als eines der Ziele der niederschwellige, kostengünstige beziehungsweise kostenlose Zugang zu Verhü­tungs­mitteln genannt. Wir haben das in Österreich noch nicht geschafft. Es gibt Län-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 126

der, die das bereits haben und die auch ganz klar aufzeigen und beweisen, dass damit die Anzahl der ungewollten Schwangerschaften zurückgeht. Also mit sexueller Bildung und niederschwelligem, kostengünstigem oder kostenlosem Zugang zu Verhütungs­mitteln reduzieren sich ungewollte Schwangerschaften. Ich bin der Meinung, wir kön­nen das in Österreich schaffen. Es sind unterschiedlichste Institutionen aufgeru­fen – eben nicht nur die Frauenministerin und Gesundheitsministerin, sondern vor allem auch die Bundesländer und alle, die auch damit zu tun haben –, das für die Frauen auf den Weg zu bringen.

Ein abschließender Punkt, weil es auch erwähnt wurde: Schwangerschaftsabbrüche in allen öffentlichen Spitälern. Es ist Realität, dass Frauen in den Bundesländern nicht in allen öffentlichen Spitälern den Zugang dazu haben. Ich weiß, Frau Ministerin, du bist da dahinter – ein Danke dafür –, aber auch da gilt: Überzeugen wir in den Bun­des­ländern, dort, wo wir wohnen, um das endlich für uns Frauen Realität werden zu lassen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aslan.)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


14.25.29

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundes­minis­te­rinnen! Hohes Haus! Zusammenfassend darf ich festhalten: Einer der Schwerpunkte in diesem Aktionsplan Frauengesundheit liegt auf der psychosozialen Gesundheit. Wir haben bereits mehrfach gehört, dass Frauen von sozioökonomischen Faktoren we­sentlich stärker betroffen sind als Männer. Armut spielt da eine wesentliche Rolle. Dieser Aktionsplan muss daher auf die Ursachen dieser sozialen Ungleichheit abzie­len, und da ersuche ich, auch wirklich die Tatsache, dass Frauen generell einkom­mensbenachteiligt sind, im Auge zu haben.

Welche Folgen ergeben sich aus einer sozialen Ungleichheit? – Wir haben gehört, Frauen werden zwar älter, aber sie bleiben dabei nicht gesund. Und gerade in fortge­schrittenen Jahren haben wir einen deutlichen Anstieg bei psychischen und physischen Erkrankungen – chronischen Erkrankungen, wohlgemerkt.

Im Zusammenhang mit psychosozialer Gesundheit ist auch das Thema Gewalt ein wesentlicher Punkt. Jede fünfte Frau wird Opfer von Gewalt. Prävention gegen Gewalt ist ein wesentlicher Punkt, der sich im Ausbildungsprogramm für Ärztinnen und Ärzte und für Pflegepersonal entsprechend stark niederschlagen muss.

Welche Maßnahmen wurden bereits gesetzt? – Österreich hat eine nationale Strategie zur psychischen Gesundheit erarbeitet, damit einen eigenen Weg eingeschlagen und Vorbildwirkung. Demnächst wird es auch einen Maßnahmenbericht zur psychischen Gesundheit geben, und in Ausarbeitung befindet sich ein Gender-Gesundheitsbericht. Und als erstes Land in Europa – und das kann uns wirklich stolz machen – hat Öster­reich einen Aktionsplan für Frauengesundheit vorgelegt. Frau Ministerin, selbst die WHO – Sie haben es schon erwähnt – hat diese Tatsache sehr positiv hervorgehoben.

Wir sehen, viele Maßnahmen sind im Laufen, und die Frau Ministerin ist vehement dahinter, dass sie auch umgesetzt werden.

Einen Aspekt möchte ich noch ansprechen: Die genannten Punkte sind frauenpolitisch wichtig, aber sie sind vor allem gesellschaftspolitisch von hoher Relevanz. Wir, wie wir hier sitzen, die gesamte Regierung, alle, aber gerade auch Institutionen, die sich mit Gesundheit befassen, sind aufgefordert, ihr gesamtes Know-how in die Debatte einzubringen, sodass wirklich multisektorale Lösungen erarbeitet werden können, um


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 127

die Gesundheit von Frauen zu verbessern und um eine Chancengleichheit zu fördern und zu ermöglichen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

14.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.28.09

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Ge­schätzte Ministerinnen! Hohes Haus! Ich bin lustigerweise der einzige Mann, der zu diesem Thema spricht. Ich spreche aber jetzt kurz als Arzt zu Ihnen: Ich unterstütze die Frau­engesundheitspläne absolut. Wenn nämlich das Gendern wo eine Berechtigung hat, dann in der Frauengesundheit. Das ist der Bereich, in dem sich Männer und Frauen wirklich unterscheiden.

Es wurde in den letzten Jahrzehnten, bis man draufgekommen ist, eine ganze Reihe von Studien durchgeführt, die eben ausschließlich mit Männern, mit jungen, 18- bis 20-jährigen Männern designt waren, und da hat man zum Teil andere Ergebnisse herausbekommen, als es heute für die Frauen zuträglich ist. Daher ist es gerade aus der Sicht eines Arztes und aus der Sicht eines Volksvertreters extrem wichtig, diese Pläne und Bestrebungen zu unterstützen, dass die Gesundheit der Frauen anders betrachtet wird als jene der Männer. Da bestehen andere biologische Gegebenheiten, eine andere Physiologie – dem muss man sich als Arzt widmen und dem muss man auch politisch Rechnung tragen, daher ist dieser Bereich des Genderns aus der Sicht eines konservativen Politikers absolut zu unterstützen, und aus der Sicht eines Arztes erst recht.

Eines vermisse ich: Die Darmgesundheit steht im Aktionsplan Frauengesundheit nicht explizit drin. Ich glaube, das sollte noch hinein, denn Frauen erkranken genauso häufig wie Männer an Dickdarmkrebs, und da kann man wirklich viel tun und wirklich viel Böses verhindern. In diesem Sinne: Auf zur Koloskopie! – Danke. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

14.29

14.29.46

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich sehe keinen Wunsch auf ein Schlusswort seitens der Berichterstattung.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-406 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12, über die dem Aus­schussbericht 1680 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend den Ausbau von Programmen zum Thema Frauengesundheit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 210.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 128

14.30.3413. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundes­verfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwaltungsgerichts­verfah­rensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschul­erhal­tungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bun­desgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichts­gesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Hochschul­gesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdokumen­tati­ons­gesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden und das Bundes-Schulauf­sichts­gesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehr­per­sonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehr­per­sonengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Unterrichtsprak­tikums­gesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017), über den

Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der VizepräsidentInnen der Landesschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den

Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den

Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird, und über den

Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014, geändert wird (1707 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte schön, Herr Abgeord­neter.

 


14.31.38

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Zunächst darf ich gleich einmal folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 129

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor zu ermöglichen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Warum stelle ich ein vermeintlich sehr regionales Anliegen meinem Beitrag zur Diskussion über die angeblich größte Bildungsreform aller Zeiten voran? – Zum einen natürlich deswegen, weil ich glaube, dass die seit mittlerweile drei Jahren durchs Hohe Haus verschobene Bürgerinitiative aus Hermagor, die Menschen in Hermagor es verdient haben, dass endlich eine Abstimmung über ihr Anliegen hier im Hohen Haus erwirkt wird. Ich ersuche da natürlich vor allem die ÖVP – Kollege Obernosterer nickt schon – um Zustimmung. – Das ist das eine.

Zum anderen tue ich das aber auch deshalb, weil dieses Anliegen der Einrichtung einer AHS-Unterstufe nichts Singuläres ist, sondern in mehreren anderen Bezirks­städten, in Deutschlandsberg oder in Hartberg etwa, ebenso präsent ist. Und das hat natürlich einen bestimmten Grund: Die Menschen wünschen sich offensichtlich eine differenzierte Schulausbildung. Sie wünschen sich offensichtlich, dass es nicht nur den Erhalt des Gymnasiums gibt, sondern auch weiterhin einen Ausbau des Gymnasiums und des differenzierten Schulsystems.

Und es hat noch einen weiteren besonderen Grund, nämlich dass offensichtlich in Hermagor – die SPÖ hat im letzten Unterrichtsausschuss ja gemeint, das sei nicht notwendig – eine Modellregion Gesamtschule geplant ist; auf dem Rücken der dortigen Kinder soll die Gesamtschulutopie getestet werden.

Was halte ich dabei fest? – Es ist offensichtlich so, geschätzte Frau Unterrichtsminis­terin, Bildungsministerin, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP, von der SPÖ und von den Grünen, dass Sie hier Politik gegen die Wünsche und die Bedürfnisse der Bevölkerung machen. Das ist etwas, was es mit uns nicht gibt. Das ist schon einmal einer der wesentlichsten Gründe, warum wir gegen diese Bildungsreform stimmen werden.

Was kritisieren wir weiters an dieser Bildungsreform? – Wir haben das ja schon öfters hier in diesem Hohen Hause diskutiert, so etwa erst letzte Woche am Montag, ich muss es aber trotzdem noch einmal festhalten: Es wird die Frage der Zuwanderungs- und Integrationsproblematik völlig ausgeklammert. Der freiheitliche Vorschlag, die freiheitliche Forderung nach einer sogenannten Deutschpflicht beziehungsweise der ausreichenden Kenntnis der deutschen Sprache, um dem Unterricht folgen zu können, und entsprechenden Sprachklassen, wo man sozusagen die Deutschkenntnisse auf Vordermann bringt, ist nicht berücksichtigt worden. Das ist unseres Erachtens ein großes Problem. (Abg. Schimanek: Die Volksschullehrer würden sich das so wün­schen!) Das würden sich – ich wollte es gerade sagen – die Praktiker alle wünschen, wie wir nicht zuletzt aus der Stadt Wien wissen, wo sich unlängst eine Volksschul­lehrerin zu Wort gemeldet und festgehalten hat, dass ein Drittel ihrer Kinder dem Unterricht nicht folgen kann. Das wäre eine ganz wesentliche Maßnahme, um diesbezüglich großen Druck aus dem System zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 130

Ein weiterer Punkt, geschätzte Damen und Herren, ist natürlich die Frage der Schul­organisation, die mit diesem Gesetz verändert wird. Mit der Schaffung der Bildungs­direktionen wird zwar vielleicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber es wird damit die Transparenz eingeschränkt, die Kontrolle kommt weg, dafür gibt es in Zukunft mehr Proporz. Das ist definitiv nicht der Weg, den wir gehen wollen. Wir wollten da mehr Transparenz und mehr Kontrolle haben. Das passiert aber nicht. Das ist ein weiterer Grund, die Vorlage abzulehnen.

Im Bereich der sogenannten Schulcluster hoffen wir zwar immer noch darauf, dass damit in Zukunft ein paar kleinere und Kleinstschulen gerettet werden können. Ich bin gespannt, ob das dann tatsächlich passieren wird. Dass es jetzt aber nach den Verhandlungen mit den Grünen auch noch Mischcluster geben soll, halten wir für ein großes Problem, zumal natürlich auch das ganz klar – Kollege Walser, das wissen Sie ganz genau – eine Vorbereitung auf die Gesamtschule darstellt. Außerdem schafft da die Unklarheit in dem Gesetz – das haben wir im Unterrichtsausschuss schon kurz angesprochen – im Bereich des Minderheitenschulwesens wahrscheinlich Probleme, weil wir zum Beispiel nicht genau wissen, welche Befähigungen die Clusterleiter, was mehrsprachige Schulen betrifft, mitbringen sollen und dergleichen mehr. Da werden wir sicher noch einige Diskussionen, insbesondere in Kärnten, erleben.

Ein weiterer Punkt, der völlig ungeregelt ist, meine Damen und Herren, ist der Bereich des Besoldungsrechts. Bei der Autonomie, die ja absolut begrüßenswert ist, wo wir immer gesagt haben, das wollen wir auch, gibt es natürlich auch ein paar Unklarheiten, etwa die öffentlich schon mehrfach kritisierte Frage der Klassenschülerhöchstzahl, wozu wir heute in weiterer Folge noch einen Antrag einbringen werden, um das klar­zustellen.

Überhaupt, meine Damen und Herren, war das jetzt, glaube ich, eine Hauruck-Aktion in letzter Sekunde, wo es keine Begutachtung mehr gegeben hat, wo den Beteiligten, wie beispielsweise den Elternvereinen oder auch den Lehrern, keine Möglichkeit mehr gegeben wurde, entsprechend Stellung zu beziehen, vor allem was den Themen­be­reich Gesamtschule betrifft. Und da müssen wir wirklich sagen, das wäre eigentlich möglich gewesen. Wir hätten noch genug Zeit gehabt bis in den Oktober hinein. Das ist uns genommen worden. Man will das offensichtlich möglichst schnell durchbringen.

Es ist, glaube ich, wichtig, abschließend festzuhalten, dass wir hoffentlich nach der Wahl am 15. Oktober andere Mehrheitsverhältnisse haben werden, um das, was Sie hier fabrizieren, reparieren zu können. Wir werden heute noch versuchen, mit ein paar Entschließungsanträgen die schlimmsten Dinge abzuwenden.

Aber, meine Damen und Herren – das richtet sich auch an die Menschen vor den Bildschirmen, die heute diese Debatte verfolgen –, es sei Ihnen gesagt: Wählen Sie nicht Schwarz, wählen Sie nicht Rot, denn nur mit der FPÖ wird es hier eine Verän­derung geben! Sonst werden Sie, so wie die ÖVP jetzt schon, mit Kopfweh aufwachen, wenn es nämlich darum geht, dass wieder das Gleiche weitergeht. Wir Freiheitliche wollen das nicht. Mit uns wird es das nicht geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wendelin Mölzer und weiterer Abgeordneter


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 131

betreffend die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor

eingebracht in der 188. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 28. Juni 2017 im Zuge der Behandlung von TOP 13, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundes­verfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Aus­schrei­bungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schul­gesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehr­gänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreife­prüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdoku­men­tationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden, und das Bundes-Schulaufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundes-Personalvertre­tungs­gesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Bildungs­reform­gesetz 2017), über den Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der VizepräsidentInnen der Lan­desschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den Antrag 131/A(E) der Abge­ordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird, sowie über den Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014 geändert wird (1707 d.B.).

Der Amtsführende Präsident des LSR Kärnten, Rudolf Altersberger, hat im Auftrag des Landeshauptmannes von Kärnten folgendes Schreiben an die Frau Bundesminister für Bildung im Frühjahr 2017 geschickt:

„… Seit einigen Wochen ist in Kärnten die Diskussion um die Errichtung einer AHS Unterstufe in Hermagor neu entflammt. Auslöser war diesmal ein Vorstoß des ÖVP-Abgeordneten zum Nationalrat Gabriel Obernosterer, der in einem Regionalmedium eine diesbezügliche Forderung erhoben und sinngemäß gemeint hat, dass ein Brief des Landeshauptmanns an die Frau Bundesministerin genügen würde, um die Genehmigung für die Errichtung einer AHS-Unterstufe in Hermagor zu bekommen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, von Herrn LH Dr. Peter Kaiser wurde ich beauftragt, Ihnen den Antrag des Herrn Abg. zum NR Gabriel Obernosterer zur Kennt­nis zu übermitteln und Sie bzw. Ihr Ministerium um eine Stellungnahme zu ersuchen,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 132

was eine mögliche Errichtung der AHS-Unterstufe in Hermagor betrifft. Wir erhoffen uns durch eine klare Meinungsäußerung seitens des Bundes ein Ende der Diskus­sionen, die in der Bildungsregion Hermagor doch schon seit geraumer Zeit für Verunsicherung sorgt. ...“

Das Antwortschreiben der Frau Bundesministerin ist am 6. April 2017 ergangen:

„… Zur neuerlich aktualisierten Anfrage auf Errichtung einer AHS-Unterstufe am BORG in Hermagor wiederholt das Bundesministerium für Bildung seinen Standpunkt, wonach einem Antrag auf Gründung und Führung einer AHS-Unterstufe nicht stattgegeben werden könne. …“

Offensichtlich genügt ein Brief des Landeshauptmanns an die Frau Bundesministerin nicht, die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor zu bewirken. Ein einfacher Beschluss im Nationalrat – dem auch der Abgeordnete Gabriel Obernosterer angehört – würde dies aber ermöglichen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor zu ermöglichen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.37.17

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Wahlkampfrede komme ich wieder zur Bildungspolitik zurück. Österreichs Schülerinnen und Schüler haben sich das beste Bildungssystem verdient, und deshalb freut es mich, dass sich eine breite Mehrheit für dieses Bildungsreformgesetz abzeichnet.

Es heißt zwar Bildungsreformgesetz, bedeutet aber vielfach eine Revolution im Den­ken. Wir verlassen die Verordnungskultur und wenden uns hin zu einer Kultur der autonomen Gestaltungs- und Ergebnisverantwortung. Den Lehrerinnen und Lehrern und Leiterinnen und Leitern vor Ort wird mehr Gestaltungskraft und werden auch mehr Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt, denn sie kennen ihre Schülerinnen und Schüler und wissen genau, was gebraucht wird und was gerade erforderlich ist.

Gerade um diese Gestaltungsmöglichkeit wurde jahrzehntelang gerungen, das wurde jahrzehntelang eingefordert – und jetzt machen wir das auch, und zwar ohne irgendje­man­dem irgendetwas wegzunehmen. Die bisherigen Schlüssel der Ressourcen­vertei­lung gelten weiterhin. Das heißt, die 50-Minuten-Einheit und auch die Klassenschü­lerInnenhöchstzahl von 25 bleiben weiterhin eine Berechnungsgröße für die Res­sourcenzuteilung. Diese wird zusätzlich noch durch die Mittel für Sprachförderung, für ganztägige Schulformen und so weiter aufgebessert. Das bleibt alles aufrecht. Aber wie diese Ressourcen eingesetzt werden, das wird künftig stärker oder überhaupt am Standort beziehungsweise durch Zusammenarbeit der Standorte entschieden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 133

Verankert wurde erstmals – das ist auch ein ganz wichtiger Punkt – ein Chancenindex. Das heißt, Kriterien wie der sozioökonomische Hintergrund oder auch die im Alltag gebrauchte Sprache spielen künftig auch eine ganz besondere Rolle. Die Res­sourcen – auch das ist ein Novum – werden erstmals gesetzlich abgesichert. Deshalb sind alle Versuche zurückzuweisen, da Verlustängste zu schüren. Es wird niemandem etwas weggenommen. Ganz im Gegenteil: Dort, wo die Ressourcen gebraucht werden, dort werden auch mehr Ressourcen hingelenkt. Darüber hinaus kommen, wenn es nach der SPÖ geht, sogar noch 5 000 Lehrerinnen und Lehrer mehr ins System, weil sie eben dringend gebraucht werden.

Das Bildungsreformpaket ist kein Sparpaket, aber es ist ein Effizienzsteigerungspaket, wenn es um die Verwaltung geht, denn durch die Clusterbildung kann zusätzliches Unterstützungspersonal eingesetzt werden, damit Lehrer und Lehrerinnen, Leiter und Leiterinnen von ihrer Verwaltungsarbeit entlastet werden und sich auf ihre Kern­aufgabe, das Unterrichten oder eben das Führen, die pädagogische Leitung, konzen­trieren können.

Zusätzlich erzielen wir durch die Behördenstrukturreform, indem Landes- und Bundes­verwaltung in einer Bildungsdirektion zusammengeführt werden, noch weitere Verwal­tungsvereinfachungen und natürlich auch Vereinfachungen für die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort.

Also tragen Sie dieses Bildungspaket mit! Es ist ein großer Schritt für die Weiter­entwicklung unseres Bildungssystems. Danke allen, die dazu Beiträge geleistet haben, Ministerin Hammerschmid, Minister Mahrer mit Team und natürlich die grüne Fraktion und die Regierungsfraktionen. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Walser.)

14.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann Mag. Dr. Strolz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


14.41.35

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Eltern, Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, die heute zuschauen, alle Bürgerinnen und Bürger des Landes, die sich für Bildung interessieren! Wir führen heute die Debatte zu diesem Schulreformpaket, vor allem zur Reform im Bereich der Schulverwaltung. Es war ein langer Prozess – Frau Ministerin, Sie haben ja einen laufenden Prozess übernommen. Dieses Projekt ist seit circa drei Jahren unterwegs, und es gibt bei dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, einiges an Licht und einiges an Schatten. Wir haben viel diskutiert.

Die Überschriften sind aus Sicht der NEOS durchaus die richtigen. Schulautonomie, das ist für uns natürlich ein ganz wichtiges Thema. Wir sagen: Stärken wir die Freiheit, die Verantwortung der Expertinnen und Experten vor Ort! Die Pädagoginnen und Pädagogen haben den Job gelernt, die haben jahrelang studiert und wissen, was gut für die Kinder, für die Jugendlichen ist. Die sollten eben Gestaltungsfreiraum vor Ort haben. Und geben wir auch den Schuldirektoren mehr Gestaltungsfreiraum! – Da passiert jetzt ein bisschen etwas, jawohl!

Wichtig ist für uns auch, und da sitzt der Knackpunkt, Frau Ministerin, dass wir natürlich, wenn wir die kreativen, die engagierten, die qualitätsorientierten Kräfte im System stärken wollen – und die gibt es zuhauf –, denen ein klares Signal geben müssen: Achtung, es ist nicht mehr das Parteibuch der Maßstab aller Dinge im öster­reichischen Schulsystem!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 134

Harald Walser nickt. Das ist nämlich auch den Grünen wichtig. Ich habe sogar ein Plakat der Grünen mit (eine Tafel mit der Abbildung eines Plakates der Grünen mit der Aufschrift „Wollen Sie diesem Mann die Bildung Ihrer Kinder anvertrauen?“ in die Höhe haltend, auf dem der ehemalige Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll vor einer Schultafel abgebildet ist): Wollen Sie, dass dieser Mann die Bildung Ihrer Kinder diktiert? (Abg. Schittenhelm: Das ist ja von vorgestern!) – Herr Pröll ist hier abgebildet, das stimmt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schittenhelm.) Ich habe für die besonders Aufmerksamen natürlich auch extra einen Bastelsatz dabei, damit das aktuell ist. (Der Redner überklebt auf der vorhin gezeigten Tafel das abgebildete Gesicht von Dr. Erwin Pröll mit einer Abbildung des Gesichts von Landeshauptfrau Mag. Johanna Mikl-Leitner. – Heiterkeit bei einigen Abgeordneten.) Hier kommt Frau Mikl-Leitner; basteln für Fortgeschrittene. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schittenhelm: Dass er sich nicht geniert!)

Zum ernsthaften Hintergrund: Egal welcher Landeshauptmann kommt oder geht, das Problem ist, dass es derselbe Ansatz bleibt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schittenhelm.) In der Auffassung der österreichischen Volkspartei – ob neu, alt, lila, türkis, schwarz oder sonst irgendetwas – ist es so, dass Bildungspolitik in erster Linie Machtpolitik ist. (Abg. Schittenhelm: Wo leben Sie denn!?) Wenn Sie daran denken: Was können wir mit den 120 000 Lehrerinnen und Lehrern tun, können wir sie so ausstatten, dass sie sich noch besser um die Kinder und Jugendlichen kümmern? – Da ist Ihr erster Gedanke: Wie können wir sie so umgarnen und so organisieren, dass sie sich dann an der Wahlurne für uns entscheiden? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schittenhelm.) Deswegen wird die Lehrerschaft natürlich als politisches Vorfeld betrachtet, vor allem von der Volkspartei, und deswegen sind Sie nicht bereit.

Ich habe den Strategen der Volkspartei mitgegeben: Jetzt kann der neue ÖVP-Chef beweisen, dass er keine Fußfessel der Landeshauptleute anhat, indem er nämlich nicht zulässt, dass sich die Landeshauptleute kraft Landesgesetz zum Chef dieser neuen Bildungsdirektion machen können. Das ist nämlich ein ganz grober Strickfehler in diesem neuen Gesetz. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schittenhelm.) Wenn Sie beweisen wollten, dass es Ihnen um die Kinder und Jugendlichen geht und nicht um Ihre Machtpolitik, dann würden Sie das ändern.

Daher bringe ich hier nochmals folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Matthias Strolz, Claudia Gamon, Kollegin und Kollegen

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeord­neten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen, angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Art. 113 Abs. 6 lautet:

„(6) An der Spitze der Bildungsdirektion steht der Bildungsdirektor. Der zuständige Bun­desminister bestellt den Bildungsdirektor im Einvernehmen mit dem Landes­hauptmann auf dessen Vorschlag. Die Bestellung des Bildungsdirektors ist auf fünf Jahre befristet. Wiederbestellungen sind zulässig. Kommt kein Einvernehmen zustan­de, kann der zuständige Bundesminister vorläufig eine Person mit der Funktion des Bildungsdirektors betrauen. Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz gemäß Abs. 10.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 135

In Art. 113 entfällt Abs. 8

In Art. 113 Abs. 10 entfällt der letzte Satz.

*****

Was heißt das, meine Damen und Herren? Das heißt, dass nicht der Landes­haupt­mann in der Klasse stehen soll, weil er dort mit dem Parteibuch und nicht mit dem Schulbuch steht. Er macht Machtpolitik, nicht Bildungspolitik. Es heißt auch, dass der Landeshauptmann nicht den Bildungsdirektor bestimmen können soll, so wie Sie es jetzt in diesem neuen Gesetz vorsehen.

Wenn Sie bereit sind, diese Änderungen vorzunehmen, dann sind wir bereit, von allen anderen Schmerzpunkten, die wir haben, abzusehen. Wir haben immer eine konstruk­tive Grundeinstellung an den Tag gelegt, Frau Ministerin. Wir haben hier alle anderen Dinge zurückgestellt, aber niemand kann von uns verlangen, dass wir Bildungspolitik als parteipolitische Machtpolitik zementieren. So etwas werden wir nicht mittragen.

Das ist vielleicht nur ein kleiner Sprung über Ihren Schatten. Wenn Sie diesen Sprung über Ihren Schatten nicht wagen, dann werfen Sie einen ganz großen Schatten auf die Zukunft der jungen Menschen in diesem Land. (Beifall bei den NEOS.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Matthias Strolz, Claudia Gamon, Kollegin und Kollegen

zum Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundes­verfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Trans­parenz-Gesetz, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungs­ge­richts­hofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minder­heiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichts­gesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflichtschul­abschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Schüler­ver­tretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geän­dert werden, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­ge­setz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landes­vertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertrags-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 136

lehr­personengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Unterrichtsprakti­kumsgesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017) - TOP 13

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeord­neten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen, angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Art. 113 Abs. 6 lautet:

„(6) An der Spitze der Bildungsdirektion steht der Bildungsdirektor. Der zuständige Bundesminister bestellt den Bildungsdirektor im Einvernehmen mit dem Landes­hauptmann auf dessen Vorschlag. Die Bestellung des Bildungsdirektors ist auf fünf Jahre befristet. Wiederbestellungen sind zulässig. Kommt kein Einvernehmen zustan­de, kann der zuständige Bundesminister vorläufig eine Person mit der Funktion des Bildungsdirektors betrauen. Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz gemäß Abs. 10.“

In Art. 113 entfällt Abs. 8

In Art. 113 Abs. 10 entfällt der letzte Satz.

Begründung

Solange Bildungspolitik als Partei- und Machtpolitik begriffen wird, stehen im Zentrum des Interesses nicht die Schülerinnen und Schüler, sondern der Fokus gilt einzig dem Erhalt und Ausbau der eigenen (parteipolitischen) Pfründe und Einflussmöglichkeiten. Das ist für Schüler_innen, Lehrer_innen und Eltern hochgradig dysfunktional. Die Landeshauptleute sind in diesem Zusammenhang ein besonderes Ärgernis. Sie haben sich im aktuellen Gesetzesentwurf weiterhin den machtpolitischen Zugriff auf das Schulsystem gesichert. Der größte Schwachpunkt des Gesetzesvorschlags besteht in der Neugestaltung der Behördenstruktur. Die Möglichkeit des Landeshauptleute, sich mittels Landesgesetz selbst zu Präsidenten der Bildungsdirektion zu ernennen, ist jedenfalls abzulehnen. Die Funktion dieses Präsidenten dient offensichtlich vor allem der (partei)politischen Einflussnahme.

Zudem besteht im aktuellen Gesetzesentwurf eine weitere Lücke: Ist bei der Bestellung des Bildungsdirektor kein Einvernehmen zwischen dem Landehauptmann und dem zuständigen Minister herzustellen, kann der Landeshauptmann vorläufig eine Person mit der Funktion des Bildungsdirektors betrauen. Diese Hintertüre zur Einflussnahme des Landeshauptmanns auf die Bestellung des Bildungsdirektors – und damit auf die gesamte Behörde – ist unbedingt zu schließen.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


14.47.37

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Strolz, offensichtlich ist dieses vorliegende Paket sachlich und inhaltlich so gut, dass du inhaltlich nichts hinzufügen kannst und dich darauf konzen­trieren musst, Machtpolitik aufzuzeigen, die so nicht gegeben ist. Landeshauptleute sind demokratisch gewählte Personen und nicht böswillige Menschen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strolz: ... nicht notwendig!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 137

Sehr geehrte Damen und Herren, die vorliegende Bildungsreform, die wir heute beschließen werden, ist auf der einen Seite ein Organisationspaket, denn wir führen mit der Bildungsdirektion eine vollkommen neue Behördenstruktur ein; eben weil da Bund und Land im Schulbereich aktiv sind, ist es auch eine gemeinsame Behörde. Auf der anderen Seite bedeutet das Paket auch eine Stärkung der Autonomie an den Schulstandorten und es bringt mehr Transparenz in die Schulverwaltung.

Ich versuche jetzt ein paar Dinge sachlich darzustellen und beginne mit dem Bereich der Schulverwaltung: Mit der Abschaffung der Landesschulräte und der Einführung der Bildungsdirektion als neue Bund-Länder-Behörde sichern wir eine gemeinsame Steuerung, was notwendig und wichtig ist. An der Spitze der Behörde steht der Bildungsdirektor mit einem klaren Anforderungsprofil an diese Position, also es ist eine klare sachlich-fachliche Qualität, die da verlangt wird, und es gibt eine klare Aufgabenzuteilung.

Alle Lehrerinnen und Lehrer der Bundes- und Landesschulen werden künftig gemein­sam über das Bundesrechenzentrum abgerechnet, und daher wird es zum ersten Mal auch Transparenz darüber geben, wofür denn, wie denn, wo denn Lehrpersonen eingesetzt sind. Auch das ist für eine Steuerung letztendlich notwendig und wichtig.

Die Sonderschulen bleiben selbstverständlich erhalten. Die Feststellung über sonder­pädagogischen Förderbedarf wird allerdings bei der Bildungsdirektion angesiedelt, damit auch sichergestellt ist, dass Schüler nicht Schulsysteme erhalten, sondern dass da tatsächlich objektiv entschieden wird.

Ein vierter Punkt, der im Gesetz abgebildet ist – er wurde auch vorhin schon ange­sprochen –, ist der Erhalt von Kleinschulen. Wir wollen damit nicht nur diese Schulen erhalten, sondern vor allem in den ländlichen Regionen Lebensqualität für Familien sicherstellen.

In einem abschließenden Punkt zum Bereich Behördenstruktur noch ein Wort zu den Modellregionen: Die vorgesehene Regelung ist ein Ermöglichungspaket. Das Gymna­sium wird nicht abgeschafft und wird mit uns auch in der Zukunft nicht abgeschafft werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Modellregionen können nur dann entstehen, wenn Eltern und Lehrer am Standort mit einem klar geregelten Mehrheitssystem – und da haben wir mehrere Kriterien einge­baut – so einer Modellregion auch zustimmen. Also da, wo das dann umgesetzt wird, da, wo es aktiv gewollt wird, dort wird es eine solche Möglichkeit geben.

Ein wesentlicher Teil der Bildungsreform ist aber die Stärkung der Eigenverantwortung der SchulleiterInnen und LehrerInnen im Rahmen des sogenannten Autonomiepakets. Was steckt in diesem Paket? – Es geht um die Eröffnungs- und Teilungszahlen. Diese werden künftig nicht mehr vom Ministerium per Verordnung vorgegeben, sondern die Verantwortung wird den Schulen übertragen. Der Schulleiter hat die größte Erfahrung in dieser Thematik. Er hat das Know-how, er weiß, wie solche Entscheidungen zu tref­fen sind, und er wird das selbstverständlich in Abstimmung mit den Lehrerinnen und Lehrern tun, wie das jede Führungsperson mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sonst auch tut.

Im Autonomiepaket geht es auch um die viel diskutierte und heute schon ange­sprochene Klassenschülerhöchstzahl. Der Schulleiter wird künftig die Klassenschüler­zahl unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Pädagogik und der Sicherheit, auf den Förderbedarf der Schüler, auf die räumlichen Möglichkeiten, auf die mögliche Belastung von Lehrpersonal und so weiter und so fort festlegen. Dabei muss er das Einvernehmen mit den Schulpartnern, sprich mit den Lehrern, Eltern und Schülern anstreben. Ist das nicht der Fall, ist vorgesehen, dass die Bildungsdirektion zusammen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 138

mit den Lehrerinnen und Lehrern entscheidet. Pro Bundesland darf weiterhin die durchschnittliche Klassenschülerzahl von 25 nicht überschritten werden.

Sichergestellt ist auch, dass sich an der Ressourcenzuteilung nichts ändert – das war heute schon Thema meiner Kollegin. Und das Autonomiepaket bringt mehr Flexibilität: Wir öffnen die 50-Minuten-Stunde. Wir ermöglichen Kooperationen nicht nur in gleichen Unterrichtsgegenständen, sondern auch weit darüber hinaus auf und erwarten uns dadurch eine lebendige, neue Schulstruktur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche abschließend eine kurze Zusammenfassung zu den Schulpartnern und deren Rechten, denn auch da ist die Sorge der Eltern gegeben: Ein Elternvertreter und ein Schülervertreter werden in der Kommission zur Auswahl des Schulleiters mitwirken. Die Schulpartner sind im Beirat der neuen Bildungsdirektion verankert. Die Ergebnisse des Bildungscontrollings müssen dem Schulforum und dem Schulgemeinschaftsausschuss, die beratend tätig sind, zugeführt werden und einiges mehr.

Was bringt das nun alles zusammengefasst? Für die Schüler bedeutet das, dass der Unterricht spannender, projektbezogener und individueller gestaltet wird. Für die Eltern bedeutet die Änderung bei der Ganztagsbetreuung und bei der Betreuung vor Unter­richtsbeginn eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Lehrer können ihren Unterricht künftig flexibler, auf die Bedürfnisse der Schüler abgestimmt und mit weniger bürokratischem Aufwand gestalten, weil viele Schulversuche wegfallen werden.

Zum Abschluss: Schulleiter erhalten die Möglichkeit, ihren Schulstandort pädagogisch weiterzuentwickeln, auf regionale Bedürfnisse einzugehen – welche diese besser ken­nen als das Ministerium –, und somit ein flächendeckendes, attraktives Bildungs­angebot zu gestalten.

Ich wünsche den Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern für die bevorstehenden Ferien alles Gute, viel Erholung und ein gutes neues Schuljahr, auch mit einer neuen Schulverwaltung und einer neuen Schulorganisation. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann Ing. Lugar ist nun zu Wort gemel­det. – Bitte. (Abg. Neubauer: Der Herr Lugar sieht das anders!)

 


14.54.48

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wir haben heute eine interessante Reform auf der Tagesordnung, und wenn man sich die Reform genauer anschaut, dann kann man selbstverständlich auch Gutes entdecken, keine Frage. Erstens gibt es endlich einmal die Möglichkeit, zu sehen, wohin das Geld tatsächlich fließt. Das Geld fließt in Richtung der Länder, die Lehrer anstellen, wobei der Bund nicht einmal weiß, was diese machen. Es gibt jetzt diese Transparenz, und eine Selbstverständlichkeit wird endlich umgesetzt. Das ist eine gute Sache, keine Frage.

Oder auch die Autonomie betreffend: Es wurde eine ganz kleine Autonomie gewährt, und das ist sicher begrüßenswert. Sieht man sich aber das gesamte Konvolut an und schaut man vor allem auf das Riesenproblem in der Bildung, das wir haben, mit einem Viertel von Schülern, die nach neun Jahren die Schule verlassen – eine Schule mit den höchsten Kosten in der Europäischen Union –, ohne Lesen und Schreiben zu können, dann sieht man, dass es einfach zu wenig ist, was da passiert.

Auch dass diese Reform, die doch nur eine ganz kleine Reform ist, erst in zehn Jahren greift, kann uns nicht zufriedenstellen. Das wäre ungefähr so, als wäre man unzu­frieden mit der Hausverwaltung, weil das gesamte Haus vom Keller bis zum Dach total


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desolat ist, von den elektrischen Leitungen bis hin zur Wasserinstallation, und die Hausverwaltung sich nach vielen, vielen Jahren entschließt, die Spannteppiche auszu­tauschen. – Genau das machen Sie. Natürlich ist es gescheit, neue Teppiche zu ha­ben, aber es ist zu wenig.

Es ist deshalb zu wenig – und Sie selbst haben uns ja schon gesagt, dass Sie sich nicht viel vornehmen wollen –: Ich habe Sie vor ungefähr einem Jahr gefragt, als Sie ganz frisch und motiviert waren, wie Sie denn mit den 25 Prozent, die nach der Pflichtschule nicht lesen und schreiben können, umgehen und was Ihr großes Ziel in zehn Jahren ist, was Sie als Ministerin erreichen wollen. Sie haben damals gesagt, Sie wollen diese Zahl in zehn Jahren auf 15 Prozent senken, dass nur 15 Prozent aus der Schule kommen, die nicht lesen und schreiben können. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Was Sie hier machen, ist an der Struktur herumdoktern. Sie doktern dort herum, wo sich im Endeffekt nichts verbessert.

Sie haben im Ausschuss gesagt, dass Sie hoffen, dass jetzt am Standort alles besser wird, weil ja eine gewisse Autonomie gewährt wird – aber Hoffnung ist zu wenig. Sie müssen jenen, die tatsächlich vor der Klasse stehen, auch die Möglichkeit geben, aber das tun Sie nicht. Das haben Sie auch explizit so gesagt. Sie haben gesagt: Nein, es gibt nicht mehr Geld, Sie müssen mit dem Geld auskommen, aber Sie haben jetzt die Freiheit! – So, als würde man einem Maurer auf der Baustelle die Maurerkelle weg­nehmen und sagen: Du hast jetzt die Freiheit, aber Werkzeug bekommst du keines in die Hand. – Das ist das Problem, vor dem wir stehen.

Und deshalb: Es wird sich nichts verbessern, nur weil Sie ein bisschen an der Organi­sationsschraube herumdrehen. Was wir machen müssten, ist, im Unterricht nach dem Rechten zu sehen. Wir müssen dort ansetzen, wo wir wissen, dass das die Probleme sind, und da sind wir bei den 5 000 Problemlehrern, die ja die Gewerkschaft immer wieder im Mund führt. Die Gewerkschaft sagt ja selbst, dass wir 5 000 Problem­lehrer in unserem System haben. Das heißt, diese 5 000 Lehrer stehen vor der Klasse und haben dort gar nichts verloren. – Das ist das Problem, über das wir sprechen müssen.

Es hat eine Umfrage unter Lehrern gegeben, und die haben gesagt, dass das Haupt­problem die Disziplin in den Klassen ist. Auch da gibt es keine Möglichkeit, etwas zu tun. Oder auch der hohe Bedarf an Sprachkursen: Wir wissen, wenn eine Klasse zu drei Vierteln aus Kindern besteht, die einfach kein Wort Deutsch können, dass das dann die Qualität des Lernens verschlechtern muss, das geht gar nicht anders, aber auch da wird weggeschaut, und das ist das Problem.

Das Problem hat ja Struktur. Also für all jene, die nicht wissen, wie das im Parlament funktioniert: Es kommt eine Idee, egal wie sinnvoll die ist, egal von wem sie kommt, Hauptsache sie kommt von einer Regierungspartei. In dem Fall hat die SPÖ vor einigen Jahren gesagt: Wir brauchen eine Reform. Was sagt die ÖVP? – Nein. Warum? – Weil das die Länder nicht wollen, weil das die Gewerkschaft nicht will. Und das erleben wir dann Jahre, bei der Bildungsreform schon Jahrzehnte. Dann wird so lange zwischen diesen beiden verhandelt, bis praktisch nichts mehr übrig bleibt, bis aus dieser Reform, aus diesem Ansinnen, aus der guten Idee nichts anderes wird als ein Placebo, das man hinwirft und sagt: Jetzt haben wir wieder ein paar Jahre Ruhe, weil unsere Reform ja erst wirken muss. Da warten wir jetzt einmal zehn Jahre, dann schauen wir, und dann können wir immer noch etwas verbessern. – So wird gearbeitet.

Und was die Bildung betrifft, ist hauptsächlich die ÖVP das Problem, denn die ÖVP blockiert, und das tut sie nicht nur bei der Bildung, sondern auch in vielen anderen Bereichen.

Und wenn ich mir den Basti Fantasti anschaue, den Sebastian Kurz, der von allen so hoch gelobt wird und als großer Messias, der jetzt endlich alles umsetzt, hingestellt


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wird, dann denke ich mir, wir machen einmal die Probe aufs Exempel. Der Basti Fantasti hat gesagt: Wir wollen die Islamkindergärten schließen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und jetzt werde ich gleich einen Antrag einbringen, wo genau das enthalten ist. Wir wollen aber die Islamkindergärten nicht gleich schließen, denn das ist wahr­scheinlich auch der ÖVP zu wild, also haben wir gesagt, wir brauchen Qualitäts­kriterien, nach welchen wir alle islamischen Kindergärten so behandeln wie jene, die nicht islamisch sind. Das würde de facto in allen islamischen Kindergärten, in denen tatsächlich das gemacht wird, was wir nicht wollen, nämlich hauptsächlich Koran gelehrt und Arabisch gesprochen, verbieten, das zu tun. Und wenn wir diese Qualitätskriterien einführen, dann können wir das mit einem Schlag – ohne islam­feindlich zu sein – abstellen. Ich glaube, da geben Sie mir recht. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das hat auch der Basti Fantasti so gesehen, und der ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es ist ja euer Messias, was soll ich sagen?! Sebastian Kurz ist euer Messias – oder habe ich da etwas falsch verstanden? –, der alles besser machen wird. Also werden Sie heute hier diesem Antrag (ein Schriftstück in die Höhe haltend) zustimmen, denn Sie werden doch nicht allen Ernstes dagegen stimmen, wenn Sebastian Kurz sagt, das wollen wir tun. Jetzt haben Sie die Möglichkeit, hier im Hohen Haus darüber abzustim­men, da werden Sie doch nicht gegen Ihren Parteiobmann stimmen! Oder haben Sie das vor? (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wollen Sie das? Wollen Sie gegen Ihren Parteiobmann stimmen? (Abg. Eßl: Natürlich wollen wir ...!) Wollen Sie nicht! Also.

Ich bringe jetzt unseren Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinder­garten-Bundesrahmengesetz – Fokus auf Werte und Deutschkenntnisse“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Bundesrahmengesetz-Kindergarten vorzu­legen, das unter anderem Betreiber von Kindergärten dazu verpflichtet, vorgegebene Lehraufträge vollinhaltlich zu erfüllen.“ – Eigentlich eine Selbstverständlichkeit! – „Die in diesem Gesetz definierten Qualitätskriterien stellen darüber hinaus die Werte unse­rer Gesellschaft sowie die Beherrschung der deutschen Sprache in den Vordergrund.“

*****

Eine Selbstverständlichkeit! – Da geht es nicht um das Schließen, da geht es nicht darum, was Sebastian Kurz gesagt hat: Die machen wir zu!, sondern da geht es darum, dass man eine Selbstverständlichkeit umsetzt, nämlich dass für die islamischen Kindergärten die gleichen Qualitätskriterien gelten sollen wie für die österreichischen Kindergärten – von mir aus auch für die katholischen und was es da sonst noch gibt.

Also, stimmen Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, doch zu! Werden Sie heute zustimmen? (Zwischenrufe der Abgeordneten Eßl und Rädler.) – Nein, Sie werden nicht zustimmen. Und wissen Sie, warum Sie das nicht tun werden? – Weil Sebastian Kurz in Wirklichkeit immer nur ankündigt und verspricht, nur um gewählt zu werden (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ), um Kanzler zu werden. Und nach der Wahl haben wir dann wieder genau den gleichen Schmonzes, den wir jetzt schon seit Jahren und Jahrzehnten erleben, nämlich dass man sich ge-


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gen­seitig blockiert und in Wirklichkeit nur danach trachtet, an der Macht zu bleiben – dann allerdings mit anderen Vorzeichen!

Dann haben Sie (in Richtung ÖVP) den Kanzler und die anderen (in Richtung SPÖ) den Vizekanzler, und dann erleben wir wieder das gleiche Spiel, und dann dreht sich das wieder um, und alles bleibt beim Alten. Deshalb machen wir heute diese Nagel­probe, und ich bin schon gespannt, ob Sie diesem unseren Antrag zustimmen, denn wenn Sie ihm nicht zustimmen, dann haben Sie den Beweis geliefert, dass Sebastian Kurz das gar nicht will, was er ankündigt, sondern nur gewählt werden will. In der Sache selbst will er nämlich gar nichts umsetzen. Und das ist das Problem! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.03


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kindergarten-Bundes­rahmengesetz – Fokus auf Werte und Deutschkenntnisse“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 13: „Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundes-verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwaltungsge­richts­­verfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grund­satzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgen­land, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflicht­gesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflicht-schulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schüler­beihilfengesetz 1983, das Privatschul-gesetz, das Religionsunter­richtsgesetz, das Bildungs­dokumentationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitions-gesetz geändert werden, und das Bundes-Schulaufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landes-lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrper­so­nen­gesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonen­gesetz, das Bundes-Personalvertretungs-gesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017), über den Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der VizepräsidentInnen der Landesschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 142

sowie über den Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014 geändert wird (1707 d.B.)“ in der Sitzung des Nationalrates vom 28.06.2017

Die vorgelegte Schulreform ist unzureichend und wird von allen Seiten kritisiert. So schrieb Der Standard am 26. Juni 2017:

„Eine breite Front aus Eltern-, Schüler-, Lehrer- und Direktorenvertretern kritisiert die von Regierung und Grünen vereinbarte Bildungsreform, die diese Woche im Natio­nalrat beschlossen werden soll. Bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien forderten sie eine geheime Abstimmung über die Materie und appellierten an die Abgeordneten, "ohne jeden Klubzwang" darüber zu entscheiden. Mit dem Bildungs­paket werde "kein einziges Problem gelöst", erklärte der Vorsitzende des Bundes­elternverbands an den mittleren und höheren Schulen (BEV), Gernot Schreyer. Vielmehr bestehe eine Menge ungelöster Probleme, etwa die Aufhebung der Klassen­schülerhöchstzahl, obwohl schon jetzt 40.000 Schüler der AHS-Unterstufe in Klassen mit mehr als 25 Schülern sitzen.“

Außerdem beginnt die Bildung bereits früher – schon im Kindergarten. Die Elementar­bildung bleibt bei der Schulreform unbeachtet, auch wenn der Bundesminister Kurz medienwirksam auf die Missstände in den „Islam-Kindergärten“ hinweist.

Die Kronen Zeitung vom 26.06.2017 titelte: „Kurz stellt Islam-Forderungen an Wien“ und schrieb weiter im Text: „Integrationsminister Sebastian Kurz macht ernst. Nach seiner Ansage, es solle keine islamischen Kindergärten geben, hat der ÖVP-Chef am Sonntag einen Forderungskatalog an Wien übermittelt.“

In gleichem Tenor war auch die APA-Meldung (APA0437 5 II 0630 CI) vom 22. Juni 2017 „Kurz eckt mit Forderung nach Schließung aller Islam-Kindergärten an“ und die Meldung (APA0104 5 II 0386 CI/XI) vom 25.Juni 2017: „Islam-Kindergärten: Kurz für strengere Bewilligung und Deutschpflicht“.

Die Schulbildung baut auch dem Können der Kinder, die in die erste Klasse kommen, auf. Damit die Standards, Werte und Sprachkenntnisse vergleichbar sind, ist eine Qualitätsoffensive mit diesem Fokus in den Kindergärten notwendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Bundesrahmengesetz-Kindergarten vorzu­legen, das unter anderem Betreiber von Kindergärten dazu verpflichtet, vorgegebene Lehraufträge vollinhaltlich zu erfüllen. Die in diesem Gesetz definierten Qualitäts­kriterien stellen darüber hinaus die Werte unserer Gesellschaft sowie die Beherrschung der deutschen Sprache in den Vordergrund.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


15.04.02

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ge­schätzte Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und vor den Fern­sehgeräten! Hohes Haus! Wir haben heute einen sehr interessanten Tag: Er hat begonnen mit


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einer Südtirol-Debatte. Es waren die Vertreter Südtirols da, der Lan­deshauptmann (Abg. Neubauer: Der war nicht da!), Landesräte, hohe politische Funktionäre und so weiter. Und wissen Sie, worauf die Südtiroler besonders stolz sind? – Es ist ihr Bildungssystem (Abg. Peter Wurm: Nein!), es ist ihr Schulsystem (Abg. Peter Wurm: Nein!), es ist ihre Gemeinsame Schule, die es in Südtirol seit 1962 gibt, und es ist jene Gemeinsame Schule, die den Kindern entgegenkommt und die beste Ergebnisse hat! Das ist der Punkt, auf den die Südtiroler sehr, sehr stolz sind! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Grossmann.)

Und wir waren, Frau Ministerin, geschätzte Bildungssprecherinnen und Bildungs­sprecher der anderen Parteien, in Südtirol, wir haben uns das dort angeschaut. Wir Grüne waren übrigens mehrmals mit Delegationen in Südtirol, um das System dort zu studieren. Wir haben mit den politisch Verantwortlichen gesprochen, wir haben mit den Menschen, die für die Schulverwaltung verantwortlich sind, gesprochen, wir haben mit Kindern und mit ihren Eltern gesprochen. Und glauben Sie, eine Person hätte gesagt: Ui, wir wollen zurück zum alten österreichischen System!? Gelächelt haben sie, als wir danach gefragt haben. Sie haben gesagt: Nein, also das ist es nun wirklich nicht, was man als Exportschlager Österreichs bezeichnen kann! Wir sind sehr, sehr glücklich, und wir sind vor allem sehr, sehr stolz auf unser Bildungssystem, und wir sind sehr stolz, dass viele Delegationen aus dem Ausland nach Südtirol kommen, um das zu studieren!

Wir haben uns das zu Herzen genommen, und in der vorliegenden Reform ist einiges drin – vieles fehlt noch, aber einiges ist drin –, was in Richtung des Schulsystems in Südtirol deutet.

Jetzt lassen Sie mich ein bisschen auf die Argumente eingehen, die von jenen Parteien gekommen sind, die heute dieser Reform nicht zustimmen. Wir haben uns, Matthias Strolz, zu Beginn der Legislaturperiode zusammengesetzt, wir haben gemeinsam darüber gesprochen, was wir tun müssen, wie wir kooperieren können; ich schätze das sehr. Ich schätze auch durchaus die Initiativen seitens der NEOS in den letzten vier Jahren, wir sind größtenteils – nicht immer – einer Meinung gewesen.

Das, was wir heute gehört haben, hat mich doch ein bisschen erstaunt, denn schluss­endlich kann man es auf einen Satz reduzieren. (Abg. Strolz hält eine Tafel in die Höhe, auf der über dem abgebildeten Gesicht des ehemaligen Landeshauptmannes Dr. Erwin Pröll eine Abbildung des Gesichts der Landeshauptfrau Mag. Johanna Mikl-Leitner geklebt ist. Darunter steht der Satz: Wollen Sie diesem Mann die Bildung ihrer Kinder anvertrauen?) Genau! Du hast gesagt, wenn wir eurem Abänderungsantrag zustimmen, dann würdest du dem gesamten Gesetzespaket zustimmen, da sei sehr, sehr viel Positives drin. Du hast anerkannt: Es geht in die richtige Richtung!, und du hast anerkannt: Die Weichenstellungen stimmen! Das finde ich positiv, das haben wir Grüne größtenteils in dieses Gesetz hineinverhandelt. Ich danke dafür, dass wir hier Anerkennung bekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Und dann bekommen wir von den NEOS einen Abänderungsantrag, der darauf abzielt, die Macht der Landeshauptleute zu verringern. Und in diesem Antrag steht drin, dass die Bildungsdirektorinnen und Bildungsdirektoren – also die zentralen Menschen in den jeweiligen Bundesländern – bestellt werden. Ich lese es wörtlich vor:

„Der zuständige Bundesminister“ – man könnte gendern, derzeit haben wir eine Bun­desministerin – „bestellt den Bildungsdirektor“ – auch da gibt es eventuell weibliche Bildungsdirektoren, aber das ist ein anderes Thema – „im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann“ – es gibt auch Landeshauptfrauen – „auf dessen Vorschlag.“

Das schlagen die NEOS jetzt vor, und das ist ihre Veränderung zuungunsten der Landeshauptleute. Also das ist eine Minifunktion, denn es gibt dann noch einen weite-


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ren Satz in diesem Antrag, und der geht in die Richtung, dass dann, wenn sie sich streiten, am Schluss die Ministerin entscheidet – der Minister, falls es einmal eine Änderung gibt. Und das ist, bitte – blicken wir in die österreichische Geschichte zurück, so können wir das feststellen –, wenn es um diesen Ausgleich zwischen Bundes­ländern und den Bundesministerien ging, eigentlich in anderen Bereichen nie passiert. Es wird auch in diesem Bereich nicht passieren. Also ihr stimmt wegen etwas nicht zu, was zu 99,9 Prozent nie eintreffen wird. Das ist bitte nicht mehr nachvollziehbar! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt lassen Sie mich auf einiges eingehen, was auch die Menschen bewegt, und da kann ich nur auf einen wesentlichen Punkt eingehen: Es gibt große Ängste vor der gemeinsamen Schule, und ich höre immer wieder, es gebe eine Nivellierung nach unten. Lassen Sie es mich kurz machen: Eine gemeinsame Schule hat dort, wo sie korrekt eingeführt wird, dort, wo man darauf schaut, dass die Kinder gefördert werden, die gegenteiligen Auswirkungen. Südtirol – ohne eine gymnasiale Unterstufe! – hat speziell im Spitzenbereich wesentlich mehr Spitzenschülerinnen und Spitzenschüler als beispielsweise Nordtirol – mit diesem Modell, das wir Grüne wollen!

Südtirol hat übrigens im unteren Bereich auch nur halb so viele Risikoschülerinnen und Risikoschüler. Also orientieren wir uns doch bitte nicht an Gesamtschulmodellen, die nicht funktionieren – die gibt es auch –, sondern orientieren wir uns an jenen Modellen, die funktionieren! (Beifall bei den Grünen.)

Und da kommt noch einige Arbeit auf uns zu, meine Damen und Herren, da kommt viel Arbeit auf uns zu – auch auf den künftigen Finanzminister oder die künftige Finanz­ministerin! Denn: Die Südtiroler geben natürlich auch mehr Geld in dieses System hinein, und die Südtiroler haben auch ein besseres Verhältnis zwischen Schülerinnen und Lehrern als wir in Österreich. Wir müssen diese Lehrerinnen und Lehrer besser unterstützen.

Lesen Sie bitte in der heutigen Ausgabe des „Falter“ nach, dort gibt es ein Interview des Redakteurs mit mehreren Lehrerinnen und Lehrern an Neuen Mittelschulen, und das Ergebnis ist klar: Das jetzige System ist ungerecht, es schützt die Privilegierten vor jenen, die nicht privilegiert sind. – Mit uns Grünen geht das ganz sicher nicht! Wir von den Grünen wollen mehr Bildungsgerechtigkeit, und wir haben mit diesem Gesetz einiges davon erreicht, darauf sind wir stolz.

Ich ersuche wirklich, sich das noch einmal zu überlegen. Mit den Freiheitlichen wird es nicht gehen, aber vielleicht mit den NEOS. Denn: Das ist ein Paket, das in die richtige Richtung weist, dieses Paket bringt Fortschritte. Ich ersuche um Zustimmung. (Beifall bei den Grünen.)

15.11


Präsidentin Doris Bures: Es hat sich die Frau Bundesministerin Dr. Hammerschmid zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


15.11.16

Bundesministerin für Bildung Mag. Dr. Sonja Hammerschmid: Geschätzte Frau Präsidentin! Mitglieder des Hohen Hauses! Liebe Zuseherinnen und Zuseher an den Fernsehgeräten! Glauben Sie mir, das Bildungsministerium und ich selbst wissen sehr genau, wo die Probleme in unserem Schulsystem liegen, und unser Ziel ist es, raschestmöglich auf diese zu reagieren.

Beim Thema Stärkung der Grundkompetenzen haben wir, Herr Kollege Lugar, längst reagiert, denn wir haben gemeinsam mit der Schulaufsicht und gemeinsam mit den Pädagogischen Hochschulen aufgrund der Bildungsstandarddaten, die wir endlich haben und die uns einen Einblick ins System geben, jene Schulen identifiziert, die


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wirklich besondere Herausforderungen zu bewältigen haben und somit schwächer abschneiden. Diese Schulen werden jetzt in nächster Zeit über mehrere Jahre hinweg ganz intensiv begleitet, um Hindernisse auszumerzen und genau da einzugreifen, wo es Schwächen gibt. Dazu werden unterschiedliche Maßnahmenpakete geschnürt, um diesen Schulen, diesen Pädagoginnen und Pädagogen auch jene Unterstützung zu geben, die sie brauchen, und um natürlich auch den Kindern jene Unterstützung zu geben, die sie benötigen, um voranzukommen. Das ist längst auf Schiene und kommu­niziert.

Und wir haben – und offensichtlich müssen wir auch das immer wieder kommunizieren, denn auch das scheint irgendwie nicht durchzudringen – auch bereits auf die beson­deren Herausforderungen reagiert, die wir in unserem Schulsystem haben, weil es immer mehr Kinder gibt, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Mit dem Integrations­topf II, III – der nächstes Jahr erneut gesichert ist – adressieren wir das Thema punktgenau. Wir vergeben die Mittel genau entlang dieser Herausforderungen nach klaren Kriterien und setzen Pädagoginnen und Pädagogen ein, deren Fokus darauf gerichtet ist, die Sprachkompetenz dieser Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Ich rede von Sprachstartgruppen und Sprachkursen, die begleitend und integriert im Schulunterricht stattfinden. Diese Kinder sind in der Regelschule, im Klassenverband und lernen zusätzlich zu diesen elf Stunden pro Woche, in denen sie intensiv betreut werden und Deutsch lernen, die deutsche Sprache auch dadurch, dass sie in der Regelklasse sind, wodurch sie Kolleginnen und Kollegen in der Klasse haben, bei denen Deutsch einfach immer präsent ist.

Das heißt, wir haben ein umfassendes Paket geschnürt. Dieses beinhaltet auch Psycho­logInnen und SozialarbeiterInnen, die diese Schulen ganz besonders adres­sieren. Da warten wir nicht, sondern reagieren sofort! Das ist bei diesen Themen das Gebot der Stunde!

Dass wir noch viel zu tun haben, ist auch klar, das ist überhaupt keine Frage. Wir stehen gesellschaftlich, volkswirtschaftlich und wirtschaftlich vor gewaltigen Herausfor­derungen; das brauche ich Ihnen nicht im Detail zu erklären. Die Digitalisierung und die Technologien, die ständig in unsere Gesellschaft hineinspielen, sind nur ein Teil der Herausforderungen, vor denen wir stehen. Vieles davon können wir nicht einmal absehen, wir wissen nicht, wie sich die Berufsfelder ob dieser Technologien in den nächsten zehn, 15 Jahren entwickeln werden.

Ganz viele andere Themen kommen noch auf unsere Gesellschaft zu. Was wir tun müssen – und das ist das Gebot der Stunde! –, ist, unsere jungen Menschen und unsere Kinder darauf vorzubereiten, mit diesen Herausforderungen umzugehen. Wie können wir sie vorbereiten? – Indem wir sie in ein Schulsystem schicken, das modern ist, das zukunftsweisend agiert und das zukunftsfit macht, indem wir die Pädagoginnen und Pädagogen motivieren, ihnen die Freiheit geben, ihre Arbeit so zu gestalten, wie es die Kinder brauchen. Es geht um jedes Kind. Dieser Grundsatz muss im Mittelpunkt stehen: Es geht um jedes Kind, es geht um seine/ihre Talente, und es geht um seine/ihre Potenziale! Was braucht es dazu? – Dass Pädagoginnen und Pädagogen so unterrichten können, dass sie diese Talente und Potenziale fördern und fordern können. Das sind ganz andere Lernmethoden als jene, die bisher hauptsächlich ge­braucht wurden. Da reden wir von themenspezifischem Unterricht, da reden wir von projektspezifischem Unterricht, von Lernbüros, wo der Klassenverband nicht mehr starr, sondern aufgelöst ist, mehrstufig und jahrgangsgemischt funktioniert.

Das sind ganz andere Lernmethoden – Lernmethoden, die uns die Bildungs­wissen­schaft in die Hand gibt. Das ist ein Schatz, und den sollen unsere Pädagoginnen und Pädagogen nützen können, ohne einen Schulversuchsantrag stellen zu müssen, ohne


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bürokratische Hürden dabei überwinden zu müssen. Sie sollen sofort handeln können, sie sollen ohne Hindernisse auf die Talente der Kinder eingehen können.

Das, sehr geehrte Damen und Herren, steht im Mittelpunkt unseres Autonomiepaketes! Das ist sein Kern: Freiheit! – Freiheit in der pädagogischen Gestaltung, damit auch die Organisationsthemen, die da dazugehören: Abschaffung der 50-Minuten-Einheit, Ab­schaffung von festgezurrten, einzementierten Klassenschülerhöchstzahlen, Gruppen- und Teilungszahlen.

An den Zuordnungen der Ressourcen zu den Schulen ändert sich gar nichts. Das haben wir im Gesetz mehrfach verankert: Das ist kein Sparpaket, das wollen wir selbst nicht! Aber was ich will, ist, dass die Pädagoginnen und Pädagogen – und da vertraue ich zutiefst auf sie – gestalten können. Und wenn sie es für nötig halten, in kleineren Gruppen zu arbeiten, soll das möglich sein. Es soll auch möglich sein, partiell in größeren Gruppen zu arbeiten – so, wie sie es brauchen. Das steht im Mittelpunkt unseres Autonomiepaketes!

Dazu kommen die Lernplanbestimmungen, die Schwerpunktbestimmungen an den Schulen. Die Schulen sollen das selbst bestimmen können. Sie sollen auch Fragestellungen aufnehmen, die aus der Kommune, aus der Gemeinde kommen, die von der Stadt und von der Wirtschaft definiert werden. Insbesondere in Cluster­verbün­den soll sich die Schule sehr viel stärker zur Gesellschaft hin öffnen und die ver­schiedenen Fragestellungen aufnehmen können. Das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt.

Wenn wir sagen, die Schulen sollen gestalten können, die Pädagoginnen und Päda­gogen sollen gestalten können, bedeutet das auch sehr viel mehr Eigenverantwortung am Schulstandort, sehr viel mehr Gestaltungsverantwortung am Schulstandort. Eine zentrale Bedingung dafür ist, dass die Direktorinnen und Direktoren sich ihre neuen Lehrerinnen und Lehrer aussuchen können, weil diese Teams von Lehrerinnen und Lehrern, die interdisziplinär unterrichten sollen, funktionieren müssen. Sie müssen zusam­menspielen. Sie müssen auch ganz andere Rollen einnehmen. Sie sind wahr­scheinlich auch ein Stück weit mehr Coach, BeraterIn und MentorIn von jungen Menschen und agieren stärker auf Augenhöhe. Das heißt, diese LehrerInnenteams müssen sich auf ein pädagogisches Konzept verständigen, und darum ist es so wichtig, dass der Schulleiter/die Schulleiterin die Möglichkeit hat, sich die Teams entsprechend zusammenzustellen.

Das Thema Cluster habe ich schon kurz gestreift. Es ist mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass wir Cluster insbesondere auch dazu geschaffen haben, um Kleinst­schulen abzusichern. Wir haben diesbezüglich besonders in den ländlichen Regionen riesige Herausforderungen. Diese Cluster machen es möglich, dass kleine Schulen unter einem Dach, unter dem Clusterdach quasi vereint werden, wodurch die Res­sourcen effizient genützt werden. Zudem haben Pädagoginnen und Pädagogen somit wieder mehr Austausch untereinander, und das fachfremde Unterrichten, das in unserem System ein wirkliches Problem ist, kann reduziert werden, weil es einfach mehr Pädagoginnen und Pädagogen im Cluster gibt und diese wieder das unterrichten können, was sie gelernt und studiert haben. Durch den verstärkten LehrerInnenaus­tausch können sich Pädagoginnen und Pädagogen untereinander ein Feedback geben und haben somit die Möglichkeit, die Pädagogik weiterzuentwickeln. (Abg. Walter Rosenkranz: Das hat es alles bis jetzt noch nicht gegeben?!)

Die Bildung von Mischclustern wird ebenso möglich sein – für mich eine Besonderheit, weil wir es mit dem Mischcluster möglich machen, dass die Kinder innerhalb eines Clusters ihre Bildungskarrieren von der Volkschule bis zur Matura definieren können. Damit ist die vollständige Durchgängigkeit im Cluster gewährleistet, und es wird für die


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Kinder sehr viel einfacher, wenn die Schnittstellenproblematiken zwischen den ein­zelnen Schultypen somit größtenteils wegfallen. Und im Cluster – und das wurde auch immer wieder betont, aber es ist so wichtig, dass ich es noch einmal sagen möchte – sorgen wir natürlich auch entsprechend vor, dass zusätzliches Verwaltungs­personal eingesetzt wird, denn das sind ja größere Schuleinheiten. Dadurch sollen die Päda­goginnen und Pädagogen und die Schulleiterinnen und Schulleiter von ihren Verwal­tungsaufgaben entlastet werden. Auch das ist ein ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Behörde war heute auch schon ein Thema, das ausführlich behandelt wurde. Mir ist es wichtig, einmal mehr zu betonen, dass es da vor allem um Effizienz und auch Transparenz geht. Erstmals rechnen wir alle Pädagoginnen und Pädagogen in dieser Behörde zentral über das Bundesrechenzentrum ab. Erstmals wissen wir, um wie viele Pädagoginnen und Pädagogen es geht, was sie unterrichten, wie viel sie unterrichten, wo sie unterrichten. In diesem Zusammenhang ist die Steuerung in Zukunft ganz stark Thema, welche damit endlich möglich gemacht wird.

Die Behörde ist so gebaut, dass auch der Kindergarten und die Horte mit in die Be­hörde integriert werden können. So wird es möglich sein, das gesamte Bildungssystem unter eine Behördenleitung zu stellen und vor allem das Personal auch entsprechend gestalten zu lassen. Das bringt Effizienz und Transparenz.

Einmal mehr betone ich, dass es mit der neuen Behörde und dem neuen Gesetz erstmals ganz klare Kriterien für die Leitungsfunktionen gibt (Abg. Walter Rosenkranz: Das hat es bis jetzt nicht gegeben?!) – Kriterien, die im Gesetz stehen und ganz klar besagen, dass es Auswahlkommissionen gibt, wo auch Menschen dabei sind, die von Personalagenturen kommen, die Gutachten, Assessments hinsichtlich Leadership, Füh­rungserfahrung und Führungskompetenz machen, was ganz wichtig für diese Leitungsfunktionen ist. Die Kommissionen machen entsprechende Vorschläge zur Bestellung der jeweiligen Leitung. Das gab es bisher nicht: standardisiert, transparent und objektiviert. Die Parteipolitik wird somit ein gutes und großes Stück weit Geschichte und deutlich zurückgedrängt.

Was in dieser Behörde auch verankert ist, ist der Chancenindex. Mir ist eines beson­ders wichtig: Es geht darum, die Ressourcen insbesondere dorthin zu steuern, wo wirklicher Handlungsbedarf besteht und Problemfelder liegen. Mit dem Chancenindex, der über sechs Faktoren definiert ist, wird erstmals festgeschrieben, wie die Gestaltung in der bedarfsorientierten Ressourcenverteilung der Zukunft aussehen soll. So besagt es das Gesetz, diese Vorlage, die hier im Parlament zur Abstimmung vorliegt.

Und die Kriterien, um die es geht, sind naturgemäß die Schülerinnen- und Schüler­zahlen – das ist wenig überraschend –, der Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler, der sozioökonomische Hintergrund, und auch die Sprache der Kinder ist ein Thema, die regionalen Herausforderungen und Bedürfnisse, da müssen wir natürlich differenzieren, und selbstverständlich die Schwerpunkte der Schule, das ist klar, da werden unterschiedliche Zuteilungen gebraucht. Es gibt also sechs Kriterien für den Chancenindex, der in Zukunft richtungsweisend und wegweisend sein wird.

Nun zu den Modellregionen ein paar Bemerkungen: Ja, mit diesem Gesetz schaffen wir die Möglichkeit, Modellregionen einzurichten und so gemeinsame Schulen in Österreich Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Dank dafür auch an die Grünen an dieser Stelle. Es ist ein System, das international seit Jahrzehnten Praxis ist, wo viel Erfah­rung gegeben ist. Südtirol war heute Thema, ich war damals dabei, ich habe sogar dazu eingeladen, diese Exkursion nach Südtirol zum Thema gemeinsame Schule und zum Thema Inklusion zu machen, denn beides ist dort vorbildlich gelöst. (Abg. Walser: Das habe ich erwähnt!) Diese Länder leben das meisterhaft vor, und wir müssen ihre


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Erfahrungen auch entsprechend annehmen, übernehmen, anpassen und in den künf­tigen Modellregionen entsprechend gestalten, damit wir das Gute an der gemeinsamen Schule für Österreich möglich machen.

In dem Paket sind viele weitere Punkte enthalten, die viele vielleicht übersehen, welche aber ganz wichtige Punkte sind, die ebenfalls einer Erwähnung bedürfen: Das zehnte freiwillige Schuljahr für außerordentliche Schülerinnen und Schüler wird beispielsweise möglich. Das 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind mit geregelt. Und noch ein Thema wird adressiert: Wir wissen, dass ganz viele Pädagoginnen und Pädagogen sich auch um chronisch kranke Kinder und Kinder mit Erkrankungen kümmern, und wir haben nun auch die Haftungsfragen entsprechend geregelt – und noch vieles, vieles mehr, aber das würde jetzt wohl zu weit führen.

Ich möchte explizit allen Beteiligten ganz herzlich danken: meiner eigenen Fraktion, der ÖVP, den Grünen, Ministerkollegem Mahrer und vor allem auch dir, Harald Walser, dafür, dass wir dieses Paket schnüren konnten, dass wir nie aus den Augen verloren haben, worum es tatsächlich geht, nämlich um die Kinder und ein zukunftsweisendes Schulsystem. Die Zukunft unserer Kinder definiert ganz entscheidend auch die Zukunft unseres Landes – das möchte ich noch einmal unterstreichen – und hilft dabei auch noch dem Wirtschaftsstandort. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Es wird an uns allen liegen, dieses Paket im besten Sinne umzusetzen. Das geschieht nicht von heute auf morgen. Das ist ein um­fassender Systemwechsel. Das führt uns in eine völlig neue Schulkultur und eine völlig neue Schulwelt. Das will gut begleitet sein, will ein gut gestalteter Prozess sein, qualitativ auch entsprechend flankiert, damit nichts schiefgeht. Das wird auch ein Stück weit dauern, weil wir natürlich stufenweise vorgehen wollen.

Aber eines ist auch klar: Wir sind gefordert, diese Reform gut ins Leben zu bringen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür werden mit diesem Paket heute hier ver­handelt und hoffentlich beschlossen. Es geht dann ums Ins-Leben-Bringen und Um­setzen, und gerade darauf freue ich mich ganz besonders. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

15.25


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hauser zu Wort. – Bitte.

 


15.25.42

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus und alle, die zuhören! Frau Minister! Na ja, wenn das alles so leicht wäre, wären Sie eine Zauberin. Seit 1945 machen ÖVP, SPÖ mit wech­selnden Stärkeverhältnissen Schulpolitik, und das Ergebnis ist, dass man so schlechte Ergebnisse wie jetzt noch nie hatte. Wir haben in Wahrheit ein Desaster! (Beifall bei der FPÖ.)

Und Sie glauben nun wirklich, dass Sie mit dem Bildungsreformgesetz, mit dem Sie die Schulautonomie einführen, die wir auch befürworten, und mit den Modellregionen alle Probleme beseitigen, die wir derzeit in der Schulpolitik haben. (Abg Walser: Nicht alle! Es ist eine Weichenstellung!) Sie agieren an den wesentlichen Problemen vorbei und schließen die Augen, weil Sie Parteipolitik in die Schule hineinbringen wollen, weil Sie die Schule verpolitisieren und die wesentlichen Probleme nicht beachten. Das ist das Problem! (Beifall bei der FPÖ. – Weitere Zwischenrufe des Abg. Walser.)

Kollege Walser! Als Pädagoge solltest du wissen, dass du redest, wenn du dran bist, und nicht dann, wenn du nicht dran bist. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.) Das sollte


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eigentlich die Höflichkeit voraussetzen, aber du bist eben ein Direktor, der das nicht kann. Das nehme ich zur Kenntnis.

Wenn man nun die Situation in den Schulen hier und heute betrachtet und wir die Probleme auf den Tisch legen, dann werden wir vielfach an den Pranger gestellt. (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) Deswegen zitiere ich aus einer Zeitung eine frustrierte Lehrerin, die anonym ein ORF-Interview gegeben hat und all jene Probleme auf den Punkt bringt, die wir seit Jahren ansprechen. Ich zitiere: Ein Drittel der Schüler von 25 Kindern kann dem Unterricht kaum folgen, drei von ihnen gar nicht, die anderen fünf ein bisschen. – Wir fordern die Deutschpflicht vor der Einschulung. Sie ignorieren dieses Problem. – Kinder fehlen oft tagelang unentschuldigt. – Das Prob­lem wird durch Ihr Paket auch nicht gelöst. – Das größte Problem sind die in Österreich Geborenen aus türkischen Familien. Bis zum verpflichtenden Kindergar­tenjahr kommen sie mit Deutsch überhaupt nicht in Kontakt. – Die Integration funk­tioniert ja überhaupt nicht! Der Integrationsminister Kurz hat da gänzlich versagt.

Zusammenfassend heißt es dann in diesem Artikel: Um allen Kindern gerecht zu werden, werde der Unterricht so heruntergeschraubt, dass ihn selbst die schwächsten Schüler verstehen. Dabei bleiben nicht nur begabte, sondern auch ganz normale Kinder auf der Strecke, den Eltern rät sie – und das ist ein Desaster, bitte –, diese Kinder in eine Privatschule zu schicken. – Das wollen wir nicht! Wir wollen nämlich eine Schule, die Probleme löst, Probleme für alle löst. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Entschließungsantrag betreffend Beibe­haltung der Richtwerte beziehungsweise Höchstwerte bezüglich Klassenschülerhöchst­zahl einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der Richtwerte beziehungsweise Höchstwerte bezüglich Klassenschülerzahl

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die aktuell geltende Regelung betreffend Richtwert bzw. Höchstzahl bezüglich Klassenschülerzahl in den verschiedenen Schultypen beizubehalten.“

*****

Wir diskutieren über 25. Ich darf daran erinnern, in Sonderschulen sind es derzeit im Schnitt 13 Schüler, 25 sollen die Grenze sein. Wie soll denn das Ganze funktionieren?

Vielleicht noch ein letztes Wort zu Südtirol: Sie erwähnen immer Südtirol als Vorbild. Heute hat es der Kollege Walser das erste Mal neben mir angesprochen, ich war damals auch dabei. Sagen Sie doch laut und deutlich und ehrlich, dass Südtirol 20 bis 25 Prozent des Landesbudgets in die Bildung investiert! – Frau Minister, Sie sind hier gefordert! Wenn ich das auf das österreichische Budget umlege, dann müssten Sie zukünftig 20 Milliarden € in die Bildung investieren und nicht 8,6 Milliarden €. Dabei wünsche ich Ihnen viel Glück. Bleiben wir ehrlich! Umsetzen kann ich alles. Wenn ich neben jeden Problemschüler einen Pädagogen hinstelle, dann wird das funktionieren.


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Aber Sie haben die Mittel nicht. Schaffen Sie die Mittel herbei, dann reden wir weiter! – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.29


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wendelin Mölzer, Mag. Gerald Hauser und weiterer Abgeordneter betreffend Beibehaltung der Richtwerte bzw. Höchstwerte bezüglich Klassenschüler­zahl

eingebracht in der 188. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 28. Juni 2017 im Zuge der Behandlung von TOP 13, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundes­verfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundesgesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschrei­bungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schul­gesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehr­gänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreife­prüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdoku­mentationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden, und das Bundes-Schulaufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forst­wirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundes-Personalvertre­tungs­gesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Bildungs­reform­gesetz 2017), über den Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der VizepräsidentInnen der Landes­schulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den Antrag 131/A(E) der Abgeord­neten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schul­pflichtgesetz 1985 geändert wird, sowie über den Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014 geändert wird (1707 d.B.).

Im vorliegenden Antrag „Bildungsreformgesetz 2017“ wird die Festlegung der Klas­senschülerzahl in den diversen Schulformen den jeweiligen Leitern überantwortet. Es


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gibt zwar ein Anhörungsrecht des Schulforums bzw. Schulgemeinschaftsausschusses bzw. Schulclusterbeirats, in letzter Konsequenz entscheidet jedoch die Behörde.

Auf Bedenken von Eltern und Lehrer, dass es durch die de facto Aufhebung der Klassenschülerhöchstzahl ein Sparpaket durch die Hintertür geben könnte, antwortet BM Hammerschmid in einem Kurier-Interview (24.06.2017): „Die Klassenschülerzahl  von 25  wird im Rahmen der Ressourcenverteilung verfassungsrechtlich verankert: Bei einer zu hohen Landesdurchschnittszahl der Schüler je Klasse gibt es keine Zustim­mung des Ministeriums zum Lehrerstellenplan. Also ich denke, wir haben mit Hosen­trägern und Rucksack abgesichert, dass  hier kein Sparpaket kommen wird.“

Genau diese Aussage deutet aber darauf hin, dass es sehr wohl zu massiven Einspa­rungen kommen könnte, liegt doch die durchschnittliche Klassenschülerzahl derzeit deutlich unter den 25 Schülern. So beträgt diese beispielsweise in Wien 21,7. Eine Erhöhung auf 25 würde einer Steigerung von über 15% bedeuten.

Noch dramatischer könnte sich die Aufhebung der Klassenschülerhöchstzahl in Son­derschulen auswirken, die derzeit bei 8, 10 bzw. 13 liegt.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die aktuell geltende Regelung betreffend Richtwert bzw. Höchstzahl bezüglich Klassenschülerzahl in den verschiedenen Schultypen beizubehalten.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jäger zu Wort. – Bitte.

15.30.17

 


Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Die Tinte, mit der die Eckpunkte dieser Bildungsreform unterschrieben sind, ist noch nicht trocken, da kommen schon die ersten Unkenrufe und die erste Kritik. (Abg. Peter Wurm: Unkenrufe sind das keine, Frau Kollegin!) Jeder, der einmal in die Schule gegangen ist, spielt sich als Spezialist im Bildungs­wesen auf. (Abg. Walter Rosenkranz: Ja, Androsch, Salcher! Ja, richtig! – Abg. Peter Wurm: Alle gescheiterten SPÖ-Politiker!) Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten, die zum Zustandekommen dieser Bildungsreform beigetragen haben, Danke sagen, allen voran natürlich unserer Bundesministerin Sonja Hammerschmid. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Wer weiß, wie mühsam es ist, ein kleines Reförmchen im Schulwesen durchzubringen, weiß, wie hart diese Verhandlungen waren, die stattgefunden haben. Noch einmal danke dafür. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich als Pädagogin, ich als Lehrerin begrüße sehr die Flexibilität, die Freiheit bei der Grup­penbildung – auch unsere Bundesministerin hat das speziell erwähnt –, bei der Unterrichtsdauer, bei den Öffnungszeiten, beim Lehrplan. Endlich werden die Schul­direktorinnen und Schuldirektoren befähigt, vor Ort zu entscheiden, was der Schul­standort, was die Region braucht. Sie können speziell auf die Situation vor Ort eingehen, und das ist einfach begrüßenswert.


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Ich als Kommunalsprecherin begrüße sehr, dass die Clusterbildung möglich ist. Spe­ziell im ländlichen Raum haben wir Klein- und Kleinstschulen, die ständig von der Schließung bedroht sind, und mit der Clusterbildung laufen sie nicht mehr Gefahr, geschlossen zu werden, da sie eine Gemeinschaft mit anderen Schulen bilden können.

In den nächsten Jahren wird es darum gehen, die Möglichkeiten dieser Reform aus­zutesten, auszukosten und dann die Reform zu evaluieren. Ich bin überzeugt, dass viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer diese Reform mit Leben erfüllen werden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


15.32.46

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Klubobmann Strolz hat unsere absolute Minimalforderung und unseren Vorschlag zur Änderung präsentiert, die wir brauchen würden, damit wir das akzeptieren könnten. Kollege Walser, Sie haben sich dann darüber lustig gemacht und gemeint, es wäre nicht gegendert. Na, wo haben wir denn den Text herausgenommen? – Aus der Beilage dieses Gesetzes, wo Ihr Name draufsteht, wo nicht gegendert ist.

Wir wollten damit unter anderem auch zeigen – da Sie kritisiert haben, dass wir keine Kompromissbereitschaft zeigen –, dass wir kompromissbereit sind, aber, wie Sie immer sagen, besser als vorher ist in diesem Fall einfach nicht gut genug. Es kann nicht unser Ansatz sein, dass wir akzeptieren, dass Landeshauptleute auf diese Art und Weise in diese Machtposition einzementiert werden durch dieses Gesetz. Das geht eben nicht, und deshalb ist es unser Vorschlag, diese Bestimmung heraus­zunehmen. (Abg. Walser: Das schlagt ihr vor! Das ist euer Initiativantrag!)

Wissen Sie, was wir herausnehmen wollen? – Wir wollen herausnehmen, dass sich der Landeshauptmann zum Präsidenten ernennen kann. Finden Sie das okay? (Abg. Walser: Das hat kein Mensch gesagt!) Wenn Sie dem zustimmen, sind Sie vollkom­men d’accord damit, das ist für Sie akzeptabel. Das ist ja absoluter Irrsinn! Ich finde es inakzeptabel, dass sich die Grünen hier herstellen und sagen: Das ist für uns alles total okay, wir ignorieren das einfach! Das ist so wie: nichts sehen, nichts hören und so weiter, weil Sie hier einfach mitgehen und dabei sein wollen. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Walser und Strolz.)

Es gibt noch einen weiteren Punkt, von dem wir es als sehr schmerzhaft empfinden, dass er nicht drinnen ist, und das ist die Elementarpädagogik. Die ist nämlich auf dem Weg dieser Bildungsreform verlorengegangen, die ist im Laufe dieser Verhandlungen wirklich schmerzhaft auf dem Weg liegengelassen worden. Das ist ein Vorhaben, das 2015 noch im Ministerrat präsentiert wurde, da wurde davon geredet, der Kindergarten, die erste Bildungseinrichtung, da werden wesentliche Grundlagen für die Entwicklung der Kinder gelegt – mir kommen wirklich die Tränen bei der Erinnerung an so viele Emotionen –, Potenzial-, Begabungs- und Sprachförderung beginnen dort.

Ja, das stimmt. Warum ist es dann nicht in dieser Bildungsreform drinnen? Damit geben Sie nämlich zu, dass es vielleicht doch nicht so ist oder dass es Ihnen allen egal ist. Und was davon wäre jetzt eigentlich schlimmer? – Ich glaube, dass Sie alle in diesem Bereich nicht spüren – und das ist das Schlimmste an dem Ganzen –, dass Sie nicht erkennen, dass die Reformen in der Elementarpädagogik das sind, was wir wirklich brauchen. Wenn wir hinterher die großen Probleme in der Pflichtschule lösen


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wollen, dann sind wir wirklich alle verloren, denn dort ist die Dramatik am allerspür­barsten.

Da muss man schon eines sagen: Der Bildungskompass oder was davon übrigge­blieben ist, ist vielleicht wieder besser als vorher, aber nicht gut genug. Das sind nicht die Ansprüche, die wir an das stellen, was die Kleinsten in unserem Land wirklich brauchen, das ist nicht gut genug. Das ist nicht die Qualität der Politik, die wir uns hier erwarten. Wir wissen, dass im elementaren Bildungsbereich die Investitionen nicht nur am allerwichtigsten sind, sondern nachweislich auch am wirksamsten. Deshalb können wir uns nur wünschen: Nach der Bildungsreform ist vor der Bildungsreform. Gehen wir bitte, denn das ist am allerdringlichsten, das Thema der Elementarpädagogik an! (Beifall bei den NEOS.)

15.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hofinger zu Wort. – Bitte.

 


15.36.05

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es freut mich heute ganz besonders, dass wir diese Bildungsreform umsetzen und beschließen können (Ruf bei der FPÖ: Wirklich?! Das freut dich?!), denn es ist wirklich ein großes Paket. Es stellt sich immer wieder die Frage, wieso solche Bildungspakete, solche Reformpakete so schwer umzusetzen sind. Aber es ist natür­lich eine Folge aus dem Umstand, dass sich erstens die Gesellschaft wandelt, dass die Herausforderungen immer größer werden, der Migrantenanteil in den Städten immer größer wird, sich die Arbeitswelt und die Gesellschaft ändern, aber genauso ist es das Stadt-Land-Gefälle. Also es kommen sehr viele unterschiedliche Interessen zusam­men, die man unter einen Hut bringen muss, und das ist nicht einfach. Ich bedanke mich bei allen, die sich darum bemüht haben, und es freut mich, dass wir dieses Paket jetzt beschließen können.

Als Abgeordneter aus einer ländlichen Region möchte ich drei Punkte herausgreifen, die mich besonders bewegen und berühren, worin ich, wie ich glaube, auch für unsere Region große Vorteile sehe: Das ist einerseits natürlich die Clusterbildung. Wir haben das in der Praxis zu Hause schon einmal durchgearbeitet. Eine Direktorin hat zwei oder drei Schulen mitbetreut, und das hat super funktioniert, wunderbar funktioniert. Ich sehe auch die freiwillige Clusterbildung mit Zusammenschlüssen von bis zu acht Schulen als eine sehr gute Möglichkeit, die Kleinschulen erhalten zu können.

Zweitens das Autonomie-Paket: Das ist von den Schulen selbst gekommen. Sie möchten mehr Mitbestimmung haben, und mit diesem Paket tragen wir dem Rech­nung. Künftig können sie die Klassenschülerzahlen bestimmen, Schwerpunkte setzen, bei der Lehrerbestellung mitreden, die Stundenlänge selbst bestimmen. Warum gibt es diese Forderung? – Weil natürlich die Eltern, Lehrer und Schüler am besten wissen, welche Dinge vor Ort gebraucht werden.

Drittens: Auch das Organisationspaket gefällt mir sehr gut, vor allem die Einrichtung dieser Bildungsdirektionen. Es wird mit dem Behörden-Fleckerlteppich aufgeräumt und mehr Transparenz geschaffen, ich glaube, auch das ist eine sehr moderne Qualitäts­sicherung.

Das Bildungspaket ist aber unweigerlich ein Organisationspaket, das muss uns schon bewusst sein. Ein nächster Schritt muss natürlich ein Paket sein, in dem die Pädagogik noch mehr im Vordergrund steht. Das wird Geld kosten, aber ich glaube, wir müssen es unbedingt schaffen, das umzusetzen, denn die Bildungslandschaft entwickelt sich immer weiter, und es wird sicher nicht das letzte Bildungspaket gewesen sein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 154

Ich bedanke mich abschließend bei allen Elternvertretern, Schülervertretern, der Ge­werk­schaft, beim Ministerium, natürlich auch bei den Lehrern, die immer dabei mitge­holfen haben, dieses Paket umzusetzen. In diesem Sinne: Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm zu Wort. – Bitte.

 


15.39.11

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Frau Minister Hammerschmid, ich muss Sie jetzt doch aus Ihrer Traumwelt, in der Sie lange gewesen sind, in die Realität Österreichs zurückholen und darf Ihnen auszugsweise das E-Mail einer jungen, engagierten Lehrerin aus Wien vorlesen:

Sehr geehrter Herr Wurm! Ich bin Lehrerin an einer Volksschule in 1120 Wien, hierbei handelt es sich um eine der vielzitierten Brennpunkt-Schulen mit einem beinahe 90-prozentigen Anteil an SchülerInnen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch. Bevor man zum Unterrichten kommt, muss vor allem eines seitens der Lehrperson geleistet werden: Erziehungsarbeit. Was in vielen Elternhäusern nicht mehr stattfindet – gemeinsame Zeit verbringen, das Spielen, das Miteinander-Reden, zusammen essen, dem Kind bei Hausübungen helfen, kindgerechte Ruhezeiten einhalten, für gesunde Ernährung sorgen, vorlesen; man möge die Liste vervollständigen –, muss zwangs­läufig von den schulischen Betreuungspersonen kompensiert werden.

Sie haben keine Vorstellung davon, was das in der Realität bedeutet, wenn man als Lehrerin Bildungsziele erreichen und gleichzeitig Kindern Bitte und Danke beibringen muss, wenn man Kinder alphabetisieren und gleichzeitig wegen starker Zahn­schmer­zen trösten muss, wenn man für Sattelfestigkeit bei den Malreihen sorgen und gleich­zeitig dem Geld für den Klassenausflug nachlaufen muss, und das Ganze 25 Mal.

Soziales Lernen gestaltet sich heutzutage schwieriger, als dies noch zu meiner Schulzeit der Fall war, unter den gegebenen Voraussetzungen: Kinder beherrschen die Unterrichtssprache nicht, haben besondere Bedürfnisse, sind verwahrlost. – Und so weiter und so fort. Das auf eineinhalb Seiten einer Lehrerin.

Das Fazit dieser Lehrerin zu Ihrem Reformpaket: Das von der Regierung geplante Autonomiepaket ist ein Sparpaket. Dieses wird uns bei den täglichen Herausfor­de­rungen am Schulstandort, an Brennpunktschulen oder sonderpädagogischen Einrich­tungen nicht helfen, ganz im Gegenteil. Worum geht es? Um Verbesserungen, die bei jedem einzelnen Kind ankommen sollen. Ich sehe jedoch nicht, wie das mit diesem Paket gelingen soll. – Zitatende.

Das ist der Brief einer Lehrerin, und das ist keine FPÖ-Wählerin, noch nicht, vielleicht wird sie es noch. Wenn man jetzt überlegt, dass von der Lehrerseite – und zwar vor allem von ÖVP-Lehrern, SPÖ-Lehrern, Lehrern aus den Reihen der Grünen – gegen diese Bildungsreform mobil gemacht wird, dann kann man sich leicht ausrechnen, dass das keine Bildungsreform ist, die unseren Kindern genau in diesen Problemfällen pädagogisch weiterhilft. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Ich habe sie letztes Mal auch schon bereits hergezeigt, die BIFIE-Studie 2016 über die Lesekompetenz in österreichischen Pflichtschulen: 60 Prozent der Schüler in Neuen Mittelschulen können nicht oder nur rudimentär lesen, in den AHS sind es übrigens erschreckenderweise 17 Prozent. Man könnte diese Liste vervollständigen. Leider Gottes haben wir in dem Bereich der Pflichtschulen wirklich ein desaströses Ergebnis, deshalb – nur eine Maßnahme von vielen – bringe ich folgenden Antrag ein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 155

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch-Klassen für Schüler ohne ausreichende Kenntnis der Unterrichtssprache

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden auf­gefordert, die notwendigen Maßnahmen zu setzen, sodass Schüler mit mangelnder Kenntnis der Unterrichtsprache in eigenen Klassen solange unterrichtet werden, bis sie über ausreichende Kenntnisse der Unterrichtssprache Deutsch verfügen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.42


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wendelin Mölzer, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch-Klassen für Schüler ohne ausreichende Kenntnis der Unterrichtssprache

Eingebracht in der 188. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 28. Juni 2017 im Zuge der Behandlung von TOP 13, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwaltungsgerichtsver­fahrens­gesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundes­gesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schul­zeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minder­heiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schul­unterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorberei­tungslehrgänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schüler­bei­hil­fengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz 2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden, und das Bundes-Schul­aufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehr­verpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrperso­nengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonen­ge­setz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017), über den Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Vizepräsi­den-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 156

tInnen der Landesschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird, sowie über den Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014 geändert wird (1707 d.B.).

Der Standard titelte am 28. März 2017: „Jeder sechste Jugendliche hat Leseprobleme“. Weiters war zu lesen: „17 Prozent der Jugendlichen in Österreich haben nach acht Jahren Schule Probleme beim Lesen einfacher Texte. Besonders schlecht schneiden Schüler der NMS und Hauptschulen, mit niedrig gebildeten Eltern und mit Migrations­hintergrund ab.“ (http://derstandard.at/2000054965538/Jeder-sechste-Jugendliche-hat-Leseprobleme, 19. Jun. 2017)

Die Bundesregierung hat in Ihrer Regierungsklausur im März 2015 (https://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=58976, 19. Jun. 2017) dazu Folgendes vereinbart:

„Ziel ist, dass die Schülerinnen und Schüler über ausreichende Kenntnisse der deut­schen Sprache verfügen, erst dann kann der Übertritt in das Regelschulsystem erfolgen.

Das System soll auf alle schulpflichtigen Schülerinnen und Schüler Anwendung fin­den.“

Die FPÖ fordert schon seit Jahren, dass Kinder vor dem Eintritt in das reguläre Schulwesen über ausreichende Kenntnisse der Unterrichtssprache verfügen müssen und bei Bedarf in eigenen Klassen so lange unterrichtet werden sollen, bis sie über diese Kenntnisse verfügen.

Zuletzt wurde im Zuge der Verhandlungen des ‚Bildungsreformpakets‘ diese Forderung seitens der FPÖ als wesentliches Zustimmungskriterium genannt. Noch am 7. Juni meinte ÖVP-Obmann Sebastian kurz in der ZIB2, dass er sich vorstellen könne, die FPÖ-Forderung nach "Deutsch-Klassen" umzusetzen, und er keinesfalls bereit sei, die Forderung der Grünen nach mehr Gesamtschulen zu erfüllen.

Tatsächlich wurde ab diesem Zeitpunkt nur mehr mit den Grünen verhandelt und die Tür Richtung Gesamtschule aufgemacht. Von "Deutsch vor Regelschuleintritt" war seitens der ÖVP keine Rede mehr und ist im vorgelegten Bildungsreformgesetz 2017 auch nicht enthalten.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zu setzen, sodass Schüler mit mangelnder Kenntnis der Unterrichtsprache in eigenen Klassen solange unterrichtet werden, bis sie über ausreichende Kenntnisse der Unterrichtssprache Deutsch verfügen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 157

15.43.09

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nein, es ist nicht die letzte Bil­dungsreform, die dieses Land gesehen hat, aber es ist definitiv eine gute, notwendige und wichtige Bildungsreform für dieses Land, die wir hier heute beschließen werden. Ich bin sehr froh über das Verhandlungsergebnis und dass wir zu einer Einigung gekommen sind. Ich möchte jetzt noch einmal auf die Punkte verweisen, die wir, ein Erfolg der Grünen, in diese Reform hineinverhandeln konnten. Ich habe nicht so viel Zeit, deswegen sind es nur folgende sieben Punkte.

Erstens: die Modellregionen. Wir haben schon oft genug darüber gesprochen, Sie alle kennen sich aus. Der Beton hat Risse bekommen! Es ist in Zukunft möglich, Modell­regio­nen für die gemeinsame Schule zu machen. Das ist ein ganz großer Erfolg. (Beifall bei den Grünen.)

Zweitens: Die Entparteipolitisierung der Schulleitung. Bis jetzt war es so, dass die GÖD, die Gewerkschaftszentrale in Wien, die Leute in die Begutachtungskommission geschickt hat. In Zukunft werden das die Bundesländer selber machen. Es wird in Zukunft Hearings an den betroffenen Schulen geben; das heißt, die Lehrerinnen und Lehrer können den Leuten, die ihre Direktorinnen und Direktoren werden, Fragen stellen, sie können Einsicht in die Unterlagen nehmen, et cetera. – Das ist ein großer Zugewinn an Transparenz.

Drittens: Bei den Bildungsdirektionen gibt es ebenso mehr Rechte für die Schulpartner. Es gibt mehr Transparenz, es gibt Einsicht in die Akten, es gibt Einsicht in die Bewer­bungsunterlagen, es gibt die Möglichkeit, bei den Besprechungen zu den geplanten Tagesordnungspunkten ebenfalls Akteneinsicht zu nehmen. Das ist eine Stärkung der Schulpartner vor Ort, eine Zunahme an Transparenz, die wir bisher einfach nicht hatten.

Viertens: Mischcluster. Bis jetzt war es nicht möglich, dass Bundes-, Pflicht- und Berufsschulen gemeinsam arbeiten. Das ermöglichen wir erstmals mit diesem Gesetz, ein wichtiger Erfolg. (Beifall der Abgeordneten Kogler und Walser.)

Fünftens: Chancenindex. Wir haben in den Verhandlungen sichergestellt, dass die Sondertöpfe, insbesondere was die Sprachförderung betrifft, Integrationstopf II et cetera pp., gesichert sind. Wir haben da einen Anker für den Chancenindex, der extrem wichtig ist. Wir werden weiter daran arbeiten müssen, aber die Töpfe haben wir jedenfalls verlängert.

Sechstens: Es gibt in Zukunft ein Antragsrecht der Eltern auf die Feststellung, ob ihr Kind einen sonderpädagogischen Förderbedarf hat oder nicht. Auch das ist ein großer Fortschritt.

Siebentens, wieder einer dieser Punkte, zu denen mein Kollege Harald Walser seit Jahren Anträge stellt: Es wird im Bund eine Schulombudsstelle eingerichtet, wo sich betroffene Eltern, Lehrer, Schüler mit ihren Anliegen direkt hinwenden können, wo ihnen direkt geholfen wird, wenn Probleme im Schulsystem auftauchen.

Das sind alles Punkte, die wir in den Verhandlungen zusätzlich zu den Punkten, die vorher schon alle aufgezählt wurden, sprich die bundesweite Abrechnung et cetera, erreichen konnten. Dieses Paket ist wirklich ein Fortschritt. Es tut mir nach wie vor leid, dass die NEOS das nicht sehen und nicht zustimmen wollen. Noch einmal ein Appell: Vielleicht gebt ihr euch einen Ruck, es sind sehr viele gute Dinge drinnen.

Wie gesagt, es wird nicht die letzte Reform sein, aber es ist eine gute. Bitte stimmen Sie zu! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.46



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 158

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


15.46.46

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Bildung ist einer der wichtigsten Grundsteine eines erfolgreichen beruflichen Lebensweges. Das österreichische Bildungswesen in dessen Vielfalt genießt national und international einen guten Ruf. Politische Einflussnahme ist der Bildung jedoch nicht förderlich.

Wenngleich Technik und Wirtschaft einer anhaltenden Weiterentwicklung ausgesetzt sind, werden Reformen, welche der Entwicklung angepasst sind, erforderlich. Zu be­ach­ten ist dabei, dass zahlreiche Reformen einen nicht unerheblichen Rückschritt zur Folge hatten, sodass nunmehr nicht unerhebliche finanzielle Aufwendungen erforder­lich werden, um zum Beispiel das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung wiederher­zustellen.

Die Bildung einer Gesamtschule für 10- bis 14-Jährige ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Der mögliche Wechsel in unterschiedliche Schultypen unter Berücksichtigung der Entwicklung und Eignung muss erhalten bleiben. Die Umbenennung ehemaliger Hauptschulen in nunmehr Neue Mittelschulen stellt eine reine Kosmetik dar. Entschei­dend ist das Ausbildungsziel. Seitens der Wirtschaft wird wiederholt Klage darüber geführt, dass nicht unerhebliche Defizite – in Rechtschreibung, der deutschen Sprache generell wie auch in Mathematik – diese Bildungspolitik infrage stellen. (Abg. Öllinger: Das ist eine alte … Forderung!)

Die Bildung sogenannter Cluster ist für das Lehrpersonal wie auch die Direktoren in deren Gesamtheit von acht Schuleinheiten abzulehnen. Durch vielfach ausgebranntes Lehrpersonal besteht ein Konfliktpotenzial zu den Schülern. Erinnern wir uns an unsere Schulzeit: Ein schulpsychologischer Dienst für Lehrkräfte wie auch für Schüler war nicht gegeben und vorstellbar. Das ist ein weiterer teurer Ausbau der bürokratischen Verwaltung, anstatt dieses Geld sinnvoll direkt in die Bildung zu investieren. Das ist nicht nachvollziehbar und erweckt den Anschein der Schaffung neuer Versor­gungsposten neben neuer bürokratischer Hürden für Schüler und Lehrer.

Ein konstruktives und kontinuierliches Verhältnis zwischen Schülern, Eltern und Leh­rerschaft ist Grundlage eines positiven Schulerfolges, dieses wird angesichts des zu erwartenden vielfachen Lehrerwechsels allerdings nicht gegeben sein. Erforderlich sind pädagogische Verbesserungen, einer überbordenden Verwaltung kann kein Verständ­nis entgegengebracht werden.

Kommt man nun zur universitären Ausbildung, ist festzustellen, dass deren finanzielle Absicherung eine Voraussetzung darstellt. Bezüglich Studienwerber aus dem EU-Raum sowie dem Ausland: Deren Zulassungsbegrenzungen sind einzuhalten. Darüber hinaus erscheinen Studiengebühren angebracht. Erfolgreiche Studienabgänger sind zu einer zeitlich begrenzten Tätigkeit, zum Beispiel für fünf Jahre, in Österreich zu verpflichten.

Die Politik hat die Grundlagen einer fundierten Ausbildung auf diversen Ebenen zu schaffen, eine politische Einflussnahme ist mit Nachdruck abzulehnen. – Danke.

15.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 159

15.50.21

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Aus Sicht eines ehemaligen Praktikers könnte man zu diesem Gesetz mindestens eine Stunde lang Beispiele aufzählen, was alles möglich wird, was bisher nicht oder nur ganz schwer möglich war.

Vielleicht zwei Dinge vorneweg: Ich teile betreffend Schulbehörde die Kritik des Kolle­gen Strolz, das ist keine Frage, aber ohne Kompromiss war es nicht möglich, daher ist die Formulierung betreffend die neue Schulverwaltung so gewählt worden. Das ist so, man hat es nicht anders machen können.

Dasselbe gilt für die Modellregionen: Ich bin der Meinung, wenn ein ganzes Bundes­land, wenn alle Eltern eines Bundeslandes befragt werden, alle Lehrer eines Bun­deslandes eingebunden werden, alle politischen Fraktionen eingebunden werden, alle dafür sind, die Ausbildungsstätte Pädagogische Hochschule dafür ist und eigene Lehrgänge einrichtet, dann müsste man auch so weit sein und sagen, jawohl, das ist die Hürde Großglockner, und sollte nicht noch einen Problembereich schaffen, dass eine einzelne Schule das Ganze ins Wackeln bringen kann. Das ist die große Gefahr, das sehe ich, aber das war ein Kompromiss. Ich bin froh, dass dieser Schritt gesetzt wird.

Das Zweite, und das ist für mich das Entscheidende beim ganzen Paket, das wir heute beschließen, und darum tut es mir leid, dass die FPÖ-Kollegen nicht mitgehen können: Ich höre seit Jahr und Tag in diesem Haus nur, so kann man es nicht machen, die Schule ist ein Desaster und was weiß ich alles, aber es gibt keinen einzigen Vorschlag zu einer Reform. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es gibt keinen, nur: Es soll alles so bleiben. (Beifall bei der SPÖ.) Die Ergebnisse, die verurteilen Sie, aber Sie haben keinen Vorschlag, Sie sagen nur, es soll alles so bleiben. (Abg. Hauser: … vier Anträge eingebracht!)

Und ich sage Ihnen jetzt eines ... (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)  Hören Sie einmal zu, das tut Ihnen vielleicht gut! (Abg. Hauser: Dann reden Sie nicht so einen Unsinn!) Der große Vorteil von diesem Paket ist, dass wir endlich eine Autono­miemöglichkeit am Schulstandort haben (Abg. Wöginger: Genau!), Autonomie und Individualisierung sind die Zauberworte bei diesen Reformmaßnahmen. Das sind die entscheidenden Punkte.

Geben wir die Verantwortung dorthin – und das wird damit getan –, wo sie hingehört! (Zwischenrufe des Abg. Hauser. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ohne die Ressourcen zu kürzen, kann der Schulstandort selber entscheiden, wie er die Mittel einsetzt, wie Deutsch-Förderunterricht gestaltet wird, wie schwächere Schüler voran­gebracht und Begabte gefördert werden. Das kann der Schulstandort selber entschei­den, indem er die Ressourcen zielgerichtet einsetzt. Der Schulstandort kann selber entscheiden: Wie möchten wir die ganztägige Betreuung organisieren? Was brauchen wir, welchen Bedarf haben wir, was können wir in diesem Bereich tun, damit es für die uns anvertrauten Schüler sinnvoll ist? Mit dieser Möglichkeit der Autonomie können wir individuell die Kinder betreuen.

Schwerpunkte können ohne große Ansuchen so gelegt werden, dass die Grund­kompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen so gefördert werden, dass diese hohe Quote an Schülern, die in den Grundkompetenzen nicht so gut oder schwach sind, verringert werden kann. Am Schulstandort können Ressourcen nun zielgerichtet eingesetzt werden.

Ganz entscheidend ist – und das sage ich als Betroffener, als Lehrer und ehemaliger Schulleiter , dass Schulen vom wirklich großen Verwaltungsmüll, der tagtäglich auf Lehrer und Schüler einprasselt (Abg. Mölzer: Das wird jetzt besser?), vom Bund, vom


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 160

Land, von Bezirken, befreit werden und somit zielgerichtet auf die Probleme am Schulstandort eingehen und Kinder dorthin bringen können, dass tatsächlich kein Kind mehr auf der Strecke bleibt.

Das ist unser Ziel, und dafür kämpfe ich, und dieses Gesetz ist ein wichtiger Beitrag dazu. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


15.55.00

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Bildungsreform bringt auch für behinderte Kinder wesentliche Verbesserungen. Es gibt jetzt die Möglichkeit, dass das freiwillige zehnte und elfte Schuljahr nicht nur mehr in einer Sonderschule, sondern auch an einer Regelschule besucht werden kann. Es war sehr absurd, dass ein Kind, das integriert war, dann in die Sonderschule hat gehen müssen. Das wurde jetzt geändert. Weiters findet die Elternberatung an einer neutralen Stelle, nämlich bei den Bildungsdirektionen, und nicht mehr an der Sonderschule statt. Das haben wir in Tirol erprobt, und es hat sich als sehr gut und sinnvoll erwiesen.

Eine wesentliche Maßnahme ist auch, dass LehrerInnen medizinnahe Tätigkeiten durchführen dürfen und dafür auch versichert sind. Das ist wichtig für chronisch kranke Kinder, auch wenn sie einmal auf Skiurlaub sind, dass LehrerInnen das auch freiwillig tun dürfen.

In diesem Bereich wäre mein Anliegen, dass auch Schulassistenten und Schulas­sis­tentinnen, die ja zur Unterstützung in den Klassen sind, Pflegetätigkeiten und medi­zi­nische Tätigkeiten durchführen dürfen, das müssen wir im Gesundheits- und Kran­kenpflegegesetz ändern, das ist auch ein Wunsch, der berücksichtigt werden sollte.

Und jetzt gibt es auch die Möglichkeit der Clusterbildung zwischen Sonderschulen und Regelschulen. Ich glaube, dass das auch die Möglichkeit bietet, dass die Schulen mehr zusammenarbeiten, Ressourcen bündeln, und dass dadurch eine bessere Bildung auch für behinderte Kinder möglich wird.

Was wir heute auch beschließen, ist ein Entschließungsantrag für mehr und forcierte und standardisierte Gebärdensprache in der LehrerInnenausbildung. Es ist ganz wichtig, dass gehörlose Kinder auch in ihrer Sprache, der Gebärdensprache, unterrich­tet werden.

In dem Zusammenhang ist mir besonders wichtig, dass auch LehrerInnen, die gehörlos sind, unterrichten dürfen. Wir haben die Pädagogischen Hochschulen geöffnet, wir haben die körperliche Eignung gestrichen. In Wien hat es eine Lehrerin geschafft, dass eine bilinguale Klasse, die vom Stadtschulrat aufgelöst werden sollte, jetzt doch weitergeführt wird. Das ist ein großer Erfolg, auch für die Elternbewegung. Wir sollten mehr bilinguale Klassen einrichten, in denen Gebärdensprache und Lautsprache von Native Speakern, von gehörlosen LehrerInnen unterrichtet werden.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, bin ich der Meinung, dass die Menschenwürde in der Verfassung verankert werden sollte. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 161

16.00.01

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Das vorliegende Bildungsreformgesetz wurde bereits von vielen Seiten positiv, aber auch negativ beleuchtet. Faktum ist, dass wir mit diesem Gesetz sicher einige Schritte in die richtige Richtung gehen, dass aber noch weitere Reformen werden folgen müssen.

Ein Thema, das nicht nur hier, sondern auch in den Medien im Zusammenhang mit dieser Reform auf und ab diskutiert wurde, sind natürlich immer wieder die Modell­regionen und da im Speziellen die Modellregion Vorarlberg gewesen. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen eines versichern, es war nicht so, dass die Vorarlberger Landesregierung sich gedacht hat: Ui, jetzt wollen wir eine Modellregion in Vorarl-berg! – Nein, auf Basis einer tiefgreifenden Studie, auf Basis eines intensiven For­schungsprojektes hat der Vorarlberger Landtag dieses Thema intensiv diskutiert und kam zu folgendem Beschluss:

„Der Vorarlberger Landtag bekennt sich zu den Empfehlungen des Forschungsprojekts ‚Schule der 10- bis 14-Jährigen in Vorarlberg‘ und unterstützt das Bestreben der Landesregierung diese – entsprechend einem spätestens bis Jahresende 2015 vorzu­legenden Stufenplan – Schritt für Schritt umzusetzen. Ziel ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, damit eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen in Vorarlberg landesweit eingerichtet werden kann.“ 

Meine Damen und Herren, diesem Text hat im Vorarlberger Landtag die gesamte FPÖ-Fraktion einhellig zugestimmt, was uns sehr gefreut hat. Diesem Text haben allerdings 50 Prozent der NEOS-Abgeordneten nicht zugestimmt. Offensichtlich weiß man da nicht genau, wohin man will, und vor allem dann, wenn man es wirklich nicht mehr weiß, schimpft man auf die Landeshauptleute. Das ist doch etwas kreativlos. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich möchte hier für die Möglichkeit, diese Modellregion auch in Vorarlberg möglich zu machen, und dafür, dass hier die Weichen in diese Richtung gestellt wurden, dem Verhandlungsteam, also Ihnen, Frau Ministerin, und auch unse­rem Minister Mahrer, aber auch dem Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, Danke sagen. Ich glaube, das ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Ich glaube aber auch, dass es wichtig war, dass unser Landeshauptmann Wallner und auch Bildungs­landesrätin Bernie Mennel da immer drangeblieben sind und dieses Thema für Vor­arlberg immer wieder eingefordert haben.

Es war aber genauso richtig und wichtig – und ich möchte es ausdrücklich betonen –, dass die Basisdemokratie Einzug gehalten hat und dass nun mit einer Zustimmung von Lehrern und Eltern jeder Schulstandort an der Modellregion teilnehmen kann. Ich glaube, damit sind wir auf dem richtigen Weg, wenn eben auch die Schulpartner mit eingebunden sind. Ich glaube, dass wir hier bei entsprechender Überzeugungsarbeit auch Erfolge erzielen werden. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

16.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


16.02.55

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Ich darf zu Beginn gleich einmal folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 162

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzug des Öffentlichkeitsrechtes beziehungsweise Schließung islamischer Bildungseinrichtungen

Der Nationalrat wolle beschließen: 

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und die Bundesministerin für Familien und Jugend werden aufgefordert, entsprechende Maß­nahmen zu ergreifen, damit islamische Bildungseinrichtungen geschlossen werden können bzw. ihnen das Öffentlichkeitsrecht entzogen werden kann, wenn eines der folgenden Kriterien nicht erfüllt wird:

Kopftuchverbot

Deutschgebot

keine unerlaubte Auslandsfinanzierung

keine Verbreitung des politischen Islam samt seinem frauenfeindlichen und verfas­sungs­feindlichen Weltbild“

*****

(Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Geschätzte Mitglieder von der ÖVP! Erleichtern Sie Ihr Gewissen gegenüber Ihrem zukünftigen Bundesobmann und stimmen Sie zu! Auch an alle, die sich hier besonders über die Frauenrechte Kopfzerbrechen machen: Stimmen Sie zu!

Ich habe schon sehr viel in dieser Debatte gehört; die Frau Bundesministerin hat über das Bild des Lehrers in der Zukunft gesagt, er muss mehr der Coach werden, er muss mehr der Verbündete werden, er muss mehr der Mentor werden. Was mir bei dieser gesamten Bildungsreform fehlt, das sind Punkte, die im Bildungssystem einmal ange­sprochen werden müssen, wie Leistung, Anstrengung und Disziplin. Das fehlt komplett. Und gerade das wäre am Bildungsstandort Österreich wichtig.

Wir haben über Klassenschülerhöchstzahlen und vieles andere gesprochen, aber ich komme jetzt zu einem der Kernpunkte, die drinnen sind. Ich möchte ein paar Sachen vorlesen. Kollegen Rädler sehe ich jetzt gerade nicht, er wird aber sicher allem, was aus einer niederösterreichischen Behörde kommt, die noch dazu ganz stark von der ÖVP dominiert ist, beipflichten; dieser Beschluss ist sogar einstimmig gefällt worden, wobei sogar SPÖ-Delegierte und Delegierte der Grünen in diesem Gremium sind. Ich zitiere:

„Präambel

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Reformen bzw. Reform­vor­schlägen im Bereich des Schulwesens. Neue Mittelschule, Zentralmatura, NOST, diverse Testungen und Vorgaben [...]“ – Und so weiter. – „Das Fehlen von langfristigen Zielen, Perspektiven und Klarheit führt zur Verunsicherung. Verunsicherung ist aller­dings keine gute Pädagogin. Auch das vorliegende Reformpapier wird unter diesem Aspekt bewertet.“

Es wird über die Autonomie gesprochen: „Bei näherer Betrachtung hält aber der Vorschlag diesen Vorgaben nicht stand. [...] Vieles von dem, was das Autonomiepaket verspricht, wird in vielen innovativen Schulen [...] bereits jetzt [...] umgesetzt.“

Es wird auch darüber gesprochen, dass diese ganze Reform kostenneutral sein soll. Wo steht denn das dann, wenn alle Forderungen, die wir alle hier im Schönsprech ge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 163

hört haben, die sich die Experten, die offensichtlich keine Ahnung davon haben, wie es tatsächlich in einem Klassenzimmer ausschaut, im Blauen Salon des Hauses am Minoritenplatz ausgedacht haben, umgesetzt werden? Ich glaube, eine ganz besondere Krux liegt nämlich darin, dass diese Reformen und Reförmchen von Per­sonen angedacht werden, die in Wirklichkeit keine Ahnung davon haben, wo die Probleme sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Apropos Kostenneutralität: Wo kommt denn das Geld für das Supportpersonal, die psychologische Unterstützung, das Verwaltungspersonal dann her? Wo kommt denn das alles dann her? Dieses Budget ist eines der schlechtesten, das wir im österreichi­schen Budget haben. Es klafft die Finanzierungslücke; aber wir haben jetzt endlich eine Reform gemacht.

Alles wird zerpflückt, auch die Entpolitisierung. Statt eines demokratischen Gremiums, wie es zum Beispiel das Landesschulrats- oder Bezirksschulratskollegium war, gibt es jetzt nur entsendete Vertreter. Es wird also in Wirklichkeit – wie heißt es bei der Würde des Hauses bleibend? – nicht ganz die Wahrheit gesagt, aber so, dass sich die Balken trotzdem biegen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Dieses bildungspolitische Konzept bringt uns in Österreich keinen Millimeter weiter. Es werden Klimmzüge gemacht, dass ein eigenes Gremium geschaffen werden soll, verfassungsmäßig verankert werden soll. Ein guter Tag für die österreichische Bildung ist das heute nicht. Der nächste gute Tag für die österreichische Bildung wird der 15. Oktober sein, danach können sich die Elternvereine und die Lehrer, die sich alle an uns gewandt haben, sicher sein, dass diese Reform ordentlich zurückgeschraubt wird (Beifall bei der FPÖ) – und ganz im Vertrauen sei dazugesagt: im Interesse unserer Kinder! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

16.07


Präsidentin Doris Bures: Ein weiteres Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


16.07.39

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ja, Herr Kollege Rosenkranz, Sie scheinen sich im Klassenzimmer gut aus­zukennen. Sie waren allerdings, glaube ich, noch nie als Lehrkraft in einem Klassen­zimmer. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Angerer und Belakowitsch-Jenewein.) Im Gegensatz zu mir: Ich war 30 Jahre dort; und ich darf Ihnen schon versichern: Das, was wir heute beschließen, ist im Interesse der Kinder und ist im Interesse der Schulen.

Sie haben drei zentrale Begriffe genannt. Sie haben gesagt, die Rede soll sein von Leistung, von Anstrengung und von Disziplin. – D’accord, da bin ich durchaus bei Ihnen. Wissen Sie, wann die Leistung bei Kindern am besten ist? – Wenn sie mit Freude lernen, wenn sie mit Begeisterung dabei sind. Da müssen wir hinkommen, und in diese Richtung machen wir jetzt einen Schritt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gisela Wurm. – Abg. Walter Rosenkranz: Mein Sohn freut sich schon jetzt auf den Bildungsdirektor ...! Schönsprech, reiner Schönsprech!) Anstrengung: Sie strengen sich dann an, wenn sie interessiert sind und wenn Reformen gemacht werden, wo­durch sie in Freiheit mit ihren Lehrkräften entscheiden können, wohin es geht.

Dann haben Sie einen dritten Begriff genannt: Disziplin. Ja, Disziplin ist etwas, was wichtig ist. Am besten ist es, wenn die Betroffenen Einsicht in die Regeln, die vorge­geben werden, haben. Derzeit haben wir ein System, das wir in diese Richtung verän­dern müssen. Das ist klar. Disziplin wird aber bei Kindern nicht mit dem Holzhammer herbeigeführt (Abg. Walter Rosenkranz: Wer sagt denn das?!), sondern dann, wenn


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 164

man vernünftige Regeln hat und wenn man einen Unterricht hat, der sie begeistert. Das sei dazu gesagt. (Beifall bei den Grünen.)

Und jetzt zur Entparteipolitisierung. Ich gebe Ihnen ja recht: Wir hätten da viele, viele, viele Schritte mehr gemacht, aber jetzt erklären Sie mir einmal, warum Sie da nicht zustimmen. Wenn wir ein Gesetz haben und das mit dem jetzigen Zustand vergleichen: Im jetzigen Zustand ist ein Landeshauptmann, eine Landeshauptfrau automatisch Präsidentin des Landesschulrats. Viel mehr Parteipolitik geht in dem Schulsystem nicht. (Abg. Walter Rosenkranz: Was wird es jetzt?) Jetzt ist es so, dass wir Bildungs­direktorinnen und Bildungsdirektoren bestellen (Abg. Hübner: Die vom Himmel fallen!), die die Verwaltung zentral übernehmen; der Landeshauptmann kann sich zwar als Präsident hineinoptieren, aber die zentrale Funktion wird nach einer Ausschreibung nach klaren Prinzipien transparent bestellt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist ein entscheidender Punkt. Das ist ein entscheidender Punkt. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Abg. Auer.)

Bis jetzt hatten wir an der Spitze der Landesschulräte Landeshauptleute ohne Quali­fikationskriterien, ohne alles; und das haben wir beseitigt. Jetzt gibt es klare Kriterien, nach denen das beurteilt wird. – Und das sollten Sie abwägen: besser als jetzt oder nicht besser? – Es ist eindeutig besser! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Matznetter.)

16.10


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz, ich reiche noch nach, dass der Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht wurde und somit mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Anneliese Kitzmüller, Dr. Walter Rosenkranz und weiterer Abgeordneter

betreffend Entzug des Öffentlichkeitsrechtes bzw. Schließung islamischer Bildungsein­richtungen

eingebracht in der 188. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 28. Juni 2017 im Zuge der Behandlung von TOP 13, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2254/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Brigitte Jank, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz, das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens geändert wird, das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, das Verwaltungsgerichts­verfahrens­gesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, ein Bundes­gesetz über die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern erlassen wird, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Min­derheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 420/1990, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vor­bereitungslehrgänge, das Hochschulgesetz 2005, das Schulpflichtgesetz 1985, das Berufsreifeprüfungsgesetz, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schüler­beihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Religionsunterrichtsgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das BIFIE-Gesetz


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 165

2008 sowie das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden, und das Bundes-Schul­aufsichtsgesetz aufgehoben wird und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehr­verpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Bildungsreformgesetz 2017), über den Antrag 592/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Vizeprä­siden­tInnen der Landesschulräte und des Wiener Stadtschulrates, über den Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modellregionen zur Gemeinsamen Schule, über den Antrag 1356/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird, sowie über den Antrag 1357/A der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2014 geändert wird (1707 d.B.).

Die Frage von KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter, ob Kurz die Islam-Kinder­gärten abschaffen würde, beantwortete Kurz mit: "Natürlich. Es braucht sie nicht. Es soll keine islamischen Kindergärten geben." (Kurier am 22.06.2017). Selbiges gilt wohl auch für die Islamschulen.

Mit dem vorliegenden Bildungsreformgesetz 2017 hätte die Gelegenheit genutzt werden können, die Elementarpädagogik (Kindergarten) in die neue Verwaltungs­struktur der Schulen – Bildungsdirektionen – einzugliedern. Über diese Verwaltungs­struktur hätte die Möglichkeit geschaffen werden können, islamische Kindergärten die bestimmte Qualitätskriterien nicht erfüllen, zu schließen.

Für private islamische Schulen mit Öffentlichkeitsrecht kann das Problem mit Schulen mangelnder Qualität über die Entziehung des Öffentlichkeitsrechtes gelöst werden.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und die Bundesministerin für Familien und Jugend werden aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit islamische Bildungseinrichtungen geschlossen werden können bzw. ihnen das Öffentlichkeitsrecht entzogen werden kann, wenn eines der folgenden Kriterien nicht erfüllt wird:

Kopftuchverbot

Deutschgebot

keine unerlaubte Auslandsfinanzierung

keine Verbreitung des politischen Islam samt seinem frauenfeindlichen und verfas­sungsfeindlichen Weltbild“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ein weiteres Mal zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 166

16.10.50

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Hohes Haus! Ganz kurz: Dieses Sitten­stück grüner Realitätsverweigerung, das braucht man nicht weiter zu kommentieren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steinhauser: Das ist schwach! – Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

16.10

16.11.13

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ. – Abg. Steinhauser: Moralisieren statt argumentieren! – Unruhe im Sitzungssaal.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Die Debatte darüber haben wir schon geführt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1707 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Abänderungsantrag Verfas­sungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 1 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichts.

Ich bitte auch diesbezüglich jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, tragen den Namen des Abgeordneten und die Bezeichnung „Ja“ beziehungsweise „Nein“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 167

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich zur Hinterlegung des Stimmzettels in die bereitgestellte Urne aufgerufen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf stimmen, „Ja“-Stimmzettel, und jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Achten Sie bitte darauf, dass es sich nur um einen Stimmzettel handelt!

Ich bitte nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Mag. Korun wird ihn später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Zanger beziehungsweise die Schrift­führerin Korun werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich ersuche nun die damit beauftragten Bediensteten des Hauses, die Stimmenzählung unter Aufsicht der Schriftführer vorzunehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck einige Minuten unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.18 Uhr unterbrochen und um 16.23 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 168; davon „Ja“-Stimmen: 125, „Nein“-Stimmen: 43.

Dies ist damit mehrheitlich angenommen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie bei den Grünen.)

Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aslan, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Brosz, Brunner, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Durchschlag;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 168

Ecker, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Greiner Karin, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huainigg;

Jank, Jarmer, Jarolim, Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Köchl, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Maurer, Mayer, Moser, Muchitsch, Mückstein, Muttonen;

Nachbaur Kathrin, Neuroth;

Obernosterer, Ofenauer, Öllinger, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes, Rossmann;

Schabhüttl, Schieder, Schittenhelm, Schmid Julian, Schmuckenschlager, Schönegger, Schopf, Schultes, Schwentner, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Steinhauser, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vavrik, Vetter, Vogl;

Walser, Weninger, Willi, Wimmer, Windbüchler-Souschill, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;

Yilmaz;

Zakostelsky, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brückl;

Deimek, Doppelbauer, Doppler;

Franz;

Gamon Claudia Angela;

Hable, Hagen, Haider, Hauser, Hübner;

Karlsböck, Kassegger, Kitzmüller, Klinger, Kumpitsch;

Lasar, Lausch, Lintl, Loacker, Lugar Robert;

Mölzer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Rauch Walter, Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter;

Schellenbacher, Scherak, Schimanek, Schmid Gerhard, Schrangl, Steger, Steinbichler, Strache, Strolz;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 169

Themessl;

Wurm Peter;

Zanger.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Wir haben jetzt noch weitere Abstimmungen. – Dürfte ich die Damen und Herren Abgeordneten bitten, wieder ihre Plätze einzunehmen, sonst wird es schwierig, das Abstimmungsergebnis zu erkennen. Danke vielmals.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kindergarten-Bundesrahmen­gesetz – Fokus auf Werte und Deutschkenntnisse“.

Wer ist für den Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg.  Lugar: Was ist jetzt mit der ÖVP? Da werdet ihr Schimpfer kriegen vom Basti!)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der Richtwerte beziehungs­weise Höchstwerte bezüglich Klassenschülerzahl.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch-Klassen für Schüler ohne aus­reichende Kenntnis der Unterrichtssprache.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzug des Öffentlichkeitsrechtes bezie­hungsweise Schließung islamischer Bildungseinrichtungen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

16.25.5914. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2235/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Karlheinz Töchterle, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005, das Schul­organisationsgesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert werden sowie das Hochschul-Studienberechtigungsgesetz aufgehoben wird und das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschul-Studiengesetz, das Privatuniversitätengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geän­dert werden (1705 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 170

15. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1857/A(E) der Abge­ord­neten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualität in der Ausbildung von Lehrkräften in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) (1712 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 38/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Steige­rung des Männeranteils in pädagogischen Berufen (1713 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 14 bis 16 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


16.27.16

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Das heute zur Beschlussfassung vorliegende neue Studienrecht ist eine konsequente Fortsetzung der neuen Pädagoginnen- und Pädagogenausbildung, wo­durch ja, wie Sie wissen, die Stärken der Universitäten und der Pädagogischen Hoch­schulen in eine gemeinsame Ausbildung eingebracht werden. Nun werden in einem weiteren Schritt nach den Inhalten die Rahmenbedingungen für die Studierenden harmonisiert, um hier mehr Klarheit und auch Rechtssicherheit zu schaffen.

Das betrifft beispielsweise auch die Zulassung zum Studium in der Nachfrist. Das kommt vor allem Präsenz- und Zivildienern zugute oder auch Personen, die den Herbsttermin der Matura gewählt haben oder wählen mussten. Prüfungen können dreimal wiederholt werden, und auch die akademischen Grade werden vereinheitlicht, sodass man mit einem Bachelor oder Master of Education abschließt.

Einen besonderen Mehrwert sehe ich in der Öffnung des Lehrer-/Lehrerinnenberufes für Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen, wobei es da nicht nur um einen Ausgleich eines Lehrerinnen- und Lehrermangels geht, sondern ich erwarte mir von Querein­steigern und Quereinsteigerinnen auch verstärkte Inputs für das Schulsystem. Es können mehr Aspekte aus der Berufswelt eingebracht werden, und das bringt insge­samt auch eine Bereicherung für unser Bildungswesen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch der Organisation Teach For Austria danken, die da schon jahrelang Pionierarbeit leistet.

Es ist also eine gute Sache, dieses neue Studienrecht, und ich hoffe auf eine sehr breite Zustimmung. – Vielen herzlichen Dank. Ich danke auch Herrn Minister Mahrer, der jetzt anwesend ist, für die Zusammenarbeit bei der großen Bildungsreform: Ihnen und Ihrem gesamten Team ein großes Danke. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 


16.29.34

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Regierung! Hohes Haus! Wir beschließen jetzt eine Fülle von Novellierungen in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 171

verschiedenen Gesetzen, um das Studienrecht zu vereinheitlichen, damit die neue Lehrerausbildung harmonischer und auch einheitlicher durchgeführt werden kann. Das gibt mir eingangs Anlass zu zwei grundsätzlichen Überlegungen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Gesetz, das wir 2013 be­schlossen haben, ein wegweisendes, wichtiges ist, das seine gute Wirkung erst allmäh­lich entfalten kann, weil es natürlich sehr lange Fristen gibt, bis die neu ausge­bildeten Pädagoginnen und Pädagogen in die Erziehungsinstitutionen kommen. Ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Bildungssituation in Österreich gewesen ist, vielleicht der wesentlichste überhaupt, wie uns internationale Studien vielfach zeigen.

Die zweite grundsätzliche Überlegung ist etwas kritischer. Wir beschließen heute eine Gesetzesänderung im Umfang von 150 Seiten, um Dinge in ganz ähnlichen oder ähnlich lautenden Institutionen, nämlich in Hochschulen, zu vereinheitlichen. Das hat natürlich historische Gründe, weil sich die Institutionen ganz unterschiedlich entwickelt haben – die Pädagogischen Hochschulen letztlich aus den Lehrerbildungsanstalten des Reichsvolksschulgesetzes des 19. Jahrhunderts und die universitäre Lehrer­aus­bildung aus der Fachausbildung der Institute an den Universitäten. Trotzdem finde ich es bedenklich, wenn wir dafür eine derart unglaubliche Fülle an Regelungen brauchen. Ich sehe darin schon eine Aufforderung, dass wir uns überlegen sollten, ob wir diese extreme Regelungsdichte, die uns in vielen Bereichen begegnet und die uns manchmal auch sehr in unserem Tätigsein bremst, nicht grundsätzlich stärker hinterfragen sollten.

Auf eine wichtige Neuerung möchte ich hinweisen, weil sie mich sehr freut und weil sie meiner Meinung nach paradigmatisch ist. Aufgrund der Harmonisierung der Situation an den Universitäten und an den Pädagogischen Hochschulen hat man für den Zugang zu dem Studium Eignungsfeststellungen und Motivationsfeststellungen eingebaut, und man hat auch analog zu den bereits bestehenden Regelungen an den Pädagogischen Hochschulen Kapazitätsorientierungen eingebaut – zwei Dinge, die offenbar für die Pädagogischen Hochschulen völlig selbstverständlich waren, nie hinterfragt wurden, die aber an den Universitäten extreme ideologische Kämpfe oder Proteste auslösen. Da wird dann immer noch der freie Hochschulzugang beschworen, den es in Form des ungeregelten Hochschulzuganges schon lange nicht mehr gibt. Fast 40 Prozent aller Studierenden an den Universitäten durchlaufen einen geregelten Zugang.

Ich wünsche mir, dass dieser geregelte Zugang generell an den Universitäten vorge­sehen wird – im Sinne der Qualität des Studiums, im Sinne der Studierenden. Warum sollen die Studierenden des Lehramtes bessere Bedingungen vorfinden als etwa die Studierenden der Rechtswissenschaften oder der Philologien oder der Erziehungswis­senschaften? Das ist nicht verständlich. Wir brauchen überall diese kapazitätsorien­tierten Regelungen, damit endlich eine gute Qualität im Studium möglich ist. Ich appe­lliere abschließend einmal mehr, das noch umzusetzen. Die Gesetze liegen vor, es wäre möglich umzusetzen und würde eine Gleichbehandlung aller Studierenden brin­gen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


16.33.35

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir beschließen unter diesem Tagesordnungspunkt die Vereinheitlichung des Studien­rechts, eine gegenseitige Anpassung des Studienrechts von Universitäten und Päda­gogischen Hochschulen. Es geht hier um die Verbesserung von Studienbedingungen für die Studierenden. Ein weiterer Punkt, der die Studienbedingungen der Studieren-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 172

den betrifft, ist immer die Frage der Finanzierung. Die Finanzierung entscheidet darüber, welche Betreuungsverhältnisse es an den Universitäten gibt. Sie entscheidet darüber, ob es genügend BetreuerInnen für Bachelor-, Master- und Doktoratsarbeiten gibt. Sie entscheidet darüber, ob ein Sitzplatz im Hörsaal verfügbar ist. Sie entscheidet darüber, ob man auf ein Seminar lang warten muss oder eben nicht.

Wir hatten in den vergangenen Wochen eine sehr intensive Debatte über die Frage, wie die Universitäten in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode finanziert sein werden. Der ehemalige Minister Mitterlehner hatte 1,35 Milliarden € für die Periode 2019 bis 2021 versprochen, aber bis jetzt konnten sich die Regierungsfraktionen nicht dazu durchringen, diese Finanzierungszusage zu fixieren. Ich bringe daher hier und heute einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Maurer, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 2235/A ein und erläutere ihn jetzt in den Grundzügen.

In diesem Antrag, den die SPÖ-Fraktion formuliert hat, geht es darum, genau das zu tun, nämlich die Finanzierung der Universitäten für die nächste Leistungs­vereinba­rungs­periode sicherzustellen: 1,35 Milliarden €, die die Universitäten ganz, ganz dringend benötigen. Sie brauchen diese Absicherung jetzt! Sie brauchen Planungssicherheit, sie müssen wissen, dass sie auch in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode, egal wie die Neuwahlen ausgehen, finanziert werden. (Beifall bei den Grünen.)

Im vorliegenden Antrag geht es um vier Punkte.

Der erste ist die Fixierung dieses Betrags, dass eben den Universitäten in diesem Zeitraum insgesamt 11 Milliarden € zur Verfügung stehen werden.

Der zweite Punkt ist, dass die künftige Regierung beauftragt wird, die Überarbeitung der Unifinanzierung anzugehen. Da ist festgelegt, nach welchen Kriterien die Finan­zie­rung erfolgen muss; zentral sind eben – wie bereits genannt – adäquate Betreu­ungs­verhältnisse, bessere Studienbedingungen für die Studierenden, bessere Studienberatung et cetera. Das ist alles darin verankert.

Zwei weitere Punkte sind noch die Verschiebung der Frist auf März 2018, damit das trotz Neuwahl und Regierungsbildung möglich ist, und weiters die Verschiebung der Frist für die Vorlage des Entwurfs der Leistungsvereinbarungen.

Ich möchte an dieser Stelle ganz intensiv an Sie alle appellieren, an meine Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, aber auch von der ÖVP, von der FPÖ, von den NEOS und vom Team Stronach. Wir befinden uns in einem Vorwahlkampf, das ist richtig, aber wir haben eine Verantwortung gegenüber der Republik, gegenüber den Universitäten, gegenüber den dort Studierenden. Ich appelliere ganz stark an Sie: Stimmen Sie diesem Abänderungsantrag zu, damit wir den Universitäten Rechts- und Planungs­sicherheit geben können! Jetzt haben wir schon die Bildungsreform beschlossen, machen wir auch hier noch einmal etwas Vernünftiges in diesem Parlament! Vielleicht gehen sich auch noch zwei, drei andere Dinge aus. Ich bitte Sie eindringlich: Stimmen Sie diesem Abänderungsantrag zu, und geben wir den Universitäten und den Studierenden ein positives Signal und die Finanzierung, die sie benötigen! Alles Weitere können wir in der nächsten GP diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.37


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Eckpunkten erläutert, wird zur Verteilung gebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 173

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde

zum Antrag 2235/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Karlheinz Töchterle, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schulgesetz 2005, das Schulorganisationsgesetz und das Land- und forstwirtschaft­liche Bundesschulgesetz geändert werden sowie das Hochschul-Studienberechti­gungsgesetz aufgehoben wird und das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschul-Studiengesetz, das Privatuniversitätengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungs­gesetz geändert werden in der Fassung des Berichts des Unterrichtsausschusses 1705 d.B.

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag 2235/A der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Karlheinz Töchterle, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005, das Schulorganisationsgesetz und das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz geändert werden sowie das Hochschul-Studienberech­tigungsgesetz aufgehoben wird und das Universitätsgesetz 2002, das Fachhochschul-Studiengesetz, das Privatuniversitätengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungs­gesetz geändert werden in der Fassung des Berichts des Unterrichtsausschusses 1705 d.B. wird geändert wie folgt:

1. In Artikel 5 wird in Z 1 im Inhaltsverzeichnis im VIII. Teil folgender 6a. Abschnitt samt Überschrift eingefügt:

„6a. Abschnitt

Zukünftige kapazitätsorientierte, studierendenbezogene Universitätsfinanzierung

§ 141a.              Grundsätze

§ 141b.              Leistungsvereinbarungen  für den Zeitraum 2019 bis 2021

§ 141c.              Implementierung der kapazitätsorientierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung“

2. In Artikel 5 wird nach Z 18. folgende Z 18a. eingefügt:

„18a. In Teil VIII wird nach § 141 folgender Abschnitt 6a. samt Überschrift eingefügt:

‚6a. Abschnitt

Zukünftige kapazitätsorientierte, studierendenbezogene Universitätsfinanzierung

Grundsätze

§ 141a. Ab 2019 (erstmals mit Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021) erfolgt die Finanzierung der Universitäten (§ 12) nach kapazitätsorientierten, studieren­den­bezogenen Kriterien, die folgende Ziele verfolgt:

1. Qualitätsverbesserung in Lehre und Forschung/Entwicklung sowie Erschließung der Künste,


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2. Erhöhung der Transparenz durch Teilung des den Universitäten zur Verfügung stehenden Globalbudgets in Beträge jeweils für die Teilbereiche Lehre, For­schung/Entwicklung bzw. Erschließung der Künste und Infrastruktur einschließlich strategischer Entwicklung,

3. Erhöhung der Studienqualität, vor allem durch Verbesserung der Betreuungs­rela­tionen und der Studienbedingungen, insbesondere in stark nachgefragten Studien,

4. Ausbau von Studienplätzen im Einklang mit dem österreichweiten Bedarf, insbe­sondere in den Fächern der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik („MINT-Fächer“),

5. Möglichkeit der konkreten Planung der Kapazitäten unter Nutzung der österreichweit zur Verfügung stehenden Kapazitäten durch Lenkungsmaßnahmen, insbesondere durch Information, Anreizsysteme und Maßnahmen zur Erhöhung der Verbindlichkeit der Studienwahl,

6. Verbesserung der sozialen Durchmischung und Verwirklichung der Geschlechter­gerechtigkeit,

7. Steigerung der Anzahl der prüfungsaktiven Studien und der Anzahl der abgeschlos­senen Studien;

Leistungsvereinbarungen für den Zeitraum 2019 bis 2021

§ 141b. Der Gesamtbetrag zur Finanzierung der Universitäten (§ 12 Abs. 2) beträgt für die Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021 11,07 Milliarden €. Die Verteilung auf die einzelnen Universitäten hat gem. § 141c zu erfolgen.

Implementierung der kapazitätsorientierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung

§ 141c. (1) Die Bundesregierung hat dem Nationalrat bis zum 31. Jänner 2018 eine Regierungsvorlage zur Neuregelung der Finanzierung der Universitäten im Sinne des § 141a zuzuleiten.

(2) Die Mitteilung des Gesamtbetrages für die Finanzierung der Universitäten für die Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021 nach den Grundsätzen dieses Ab­schnittes erfolgt durch die Bundesministerin oder den Bundesminister abweichend von § 12 Abs. 2 bis 31. März 2018.

(3) Den Entwurf der Leistungsvereinbarung für die Periode 2019 bis 2021 hat die Universität abweichend von § 13 Abs. 7 bis 30. Juni 2018 vorzulegen, die Stellung­nahme der Bundesministerin oder des Bundesministers dazu hat bis 30. September 2018 zu erfolgen.‘ “

3. In Artikel 5 Z 20 wird in § 143 Abs. 47 am Ende folgender Satz angefügt:

„Abschnitt 6a des Teil VIII in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 tritt mit 1. August 2017 in Kraft.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 



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16.37.35

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Änderungen, die hier am Tisch liegen, sind prinzipiell sehr zu begrüßen und in unterschiedlichen Bereichen auch schon längst überfällig. Ich möchte mich jetzt im Anschluss an die Debatte zur Bildungsreform in meiner Rede ganz besonders mit dem Thema Quereinsteiger beschäftigen.

Wir haben in den letzten Wochen sehr oft von diesem Thema des LehrerInnenmangels oder des auf uns zurollenden dramatischen LehrerInnenmangels gehört, in diversen Zeitungsberichten, Journalen und so weiter. Gerade in diesem Bereich, nämlich dass wir es vereinfachen, dass Menschen relativ flexibel die Möglichkeit haben, aus der Praxis, aus ihrem Beruf in den Beruf LehrerIn zu wechseln, geht uns dieses Gesetz absolut nicht weit genug.

Wir müssen uns auch einmal darüber unterhalten, welches Bild wir eigentlich vom Leh­rerInnenberuf haben wollen beziehungsweise welches gerade in unserer Gesellschaft vorherrscht, denn unserer Meinung nach ist es nicht mehr zeitgemäß und auch nicht mehr dem entsprechend, was junge, erfolgreiche Menschen mit einem Universitäts­abschluss dazu bringen würde, diesen Beruf aufzunehmen, für ein, zwei Jahre in diesen zu wechseln und an einer Schule zu unterrichten.

Wir glauben, dass der Beruf für QuereinsteigerInnen geöffnet werden sollte, nicht nur quasi als Notlösung, damit wir mit dem LehrerInnenmangel, auf den wir ja zugehen, der unweigerlich kommen wird und auf den wir auch nicht vorbereitet sind, weil wir keine Lösung haben, umgehen können, sondern weil wir grundsätzlich der Meinung sind, dass das Einbringen von unterschiedlichen Sichtweisen und Lebenserfahrungen in die Schulen unglaublich gut wäre, dass die Schülerinnen und Schüler wahnsinnig davon profitieren könnten, wenn sie von Menschen mit einem breit gefächerten Erfahrungsschatz unterrichtet werden können.

In diesem Gesetz geht das aber noch nicht weit genug, und es wird nicht dazu führen, dass mehr QuereinsteigerInnen die Möglichkeit haben, LehrerInnen zu werden. Das kann man auch aus diversen Stellungnahmen herauslesen, zum Beispiel von der Industriellenvereinigung oder auch von der Institution Teach For Austria, die sich genau damit beschäftigt und ihre jungen LehrerInnen, QuereinsteigerInnen ganz besonders in die Schulen schickt, in denen auch Kinder mit speziellen Bedürfnissen sind, die noch viel mehr solche LehrerInnen brauchen, die einen ganz anderen Zugang zum Leben haben, die mit beiden Beinen im Leben stehen und ihnen vielleicht auch ganz andere Erfahrungen mitgeben können.

Wir müssen, wenn wir schon von Quereinstieg reden, auch über Ausstiegs­möglich­kei­ten sprechen, denn darüber reden wir sehr selten. 99 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt an den Schulen unterrichten, haben eine Berufslaufbahn, die heißt: Schule, Lehramtsstudium und dann wieder in die Schule. Da kommen sie nicht mehr raus – einmal Lehrer, immer Lehrer. Das ist aber, glaube ich, auch für viele, die den Beruf ausüben, sehr unbefriedigend und kann, glaube ich, niemanden glücklich machen. Wir müssen versuchen, dass es ganz normal wird, dass Leute mit unter­schiedlichem Hintergrund an die Schulen gehen und dort unterrichten können, und dass wir ihnen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie ihr Lebensweg irgendwo anders hinzieht, dass sie noch gerne etwas anderes in ihrem Leben machen würden, als nur Lehrerin und Lehrer zu sein, auch die Möglichkeit dazu geben. Dafür müssen wir gemeinsam mit dem AMS ein zeitgemäßes Konzept ausarbeiten. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)


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16.40


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


16.40.59

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen jetzt einen nächsten Schritt auf dem Weg zur neuen Lehrerausbildung, eine Harmonisierung des Studienrechts, die wichtige Rechtssicherheit für die Studierenden bringt und schon in den Eckpunkten erläutert wurde.

Ich möchte jetzt zu dem anderen Punkt, der auch zur Diskussion steht, Stellung nehmen, nämlich zur Frage der Universitätsfinanzierung Neu. Wir haben in den letzten Wochen mit der ÖVP Gespräche über ein neues Konzept der Universitätsfinanzierung geführt. Wir hatten uns auf einen Zeitplan verständigt, der nicht eingehalten werden kann, weil es eben Neuwahlen gibt und wir das in dem gebotenen Zeitrahmen nicht gemeinsam bewältigen konnten. Das hat die Universitäten in eine schwierige Situation gebracht, weil im Zusammenhang mit diesem neuen Finanzierungssystem auch zu­sätz­liche Finanzmittel zugesagt worden sind, nämlich vom früheren Wissenschafts­minister Mitterlehner – Finanzmittel, die die Universitäten ganz dringend brauchen, die einerseits eine Inflationsabgeltung und andererseits zusätzliche Mittel zur Verbesse­rung der Situation in der Lehre, zur Verbesserung der Betreuungsverhältnisse und auch zum Ausbau der Kapazitäten bringen.

Wir haben heute noch intensive Verhandlungen mit der ÖVP, mit Herrn Bundesminister Mahrer geführt. Wir haben der ÖVP vor einigen Wochen einen Vorschlag, einen Initiativantrag übergeben, der vorgesehen hat, dass wir diese Mittel sicherstellen und den Zeitplan verschieben, dass wir jetzt Finanzierungssicherheit gewähren, indem wir sagen: Ihr könnt damit rechnen! Ihr braucht diese Planungssicherheit, wir gestehen sie euch in dem Ausmaß zu, in dem die Wissenschaftsminister die Mittel zugesagt haben, und das Detailgesetz verschieben wir auf Anfang nächsten Jahres, um mehr Zeit für die Verhandlungen zu haben, weil das eine komplexe Materie ist, bei der es um sehr wichtige Abwägungen geht! Es geht nämlich darum, dass wir zwar ein neues Finan­zierungssystem wollen, aber die Bildungschancen der jungen Menschen in diesem Land natürlich nicht schmälern wollen. Das heißt, wir wollen nicht, dass es parallel dazu zu einer Reduktion der Anzahl an Studierenden kommt.

Leider haben wir es heute nicht geschafft, mit der ÖVP eine entsprechende Einigung zustande zu bekommen. Unser Vorschlag war, unseren Antrag, wie er jetzt auch vorliegt, heute als Abänderungsantrag einzubringen, um eben heute die Finanzierung zu sichern, und die nächsten Schritte dann im Herbst zu machen. Es gibt jetzt ein Teamwork. Die Opposition hat uns Arbeit abgenommen und unseren Antrag einge­bracht. Wir haben es – und ich bedaure das wirklich in sehr hohem Ausmaß, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP – nicht geschafft, eine Einigung und einen gemeinsamen Weg zu finden. Wir haben aber ganz dringende Appelle seitens der Rektoren, seitens vieler Repräsentanten aus dem wissenschaftlichen Bereich und haben uns – und wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht – dazu durch­gerungen, heute zu sagen: Auch wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, diesen Weg der Absicherung der Universitäten leider nicht mit uns gehen, werden wir trotzdem unserem Antrag zustimmen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

Das bedeutet, dass wir heute in diesem Haus beschließen können, dass die finan­ziellen Mittel für die Universitäten in dem Ausmaß sichergestellt werden, in dem sie von Ihnen, von der ÖVP, von Ihren Wissenschaftsministern, in Aussicht gestellt und zuge­sichert worden sind. Es ist also nicht so, dass diesem Beschluss heute irgendeine Form von Fantasiegeldregen folgen wird. Wir hätten den Universitäten gerne mehr gegeben, aber wir haben die Beträge genommen, die Sie vorgeschlagen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Das ist ein Weg, der nicht einfach ist. Wir haben wirklich versucht, Ihnen heute noch mit Angeboten entgegenzukommen. Wir


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wären auch bereit gewesen, einen anderen Weg zu gehen, mit Ihnen einen Kom­promiss auszuhandeln. Ich bedaure das zutiefst – und das meine ich wirklich! –, dass das nicht gelungen ist, aber wir wollen heute diese Planungssicherheit für die Uni­versitäten sicherstellen, um somit die Zukunft der Jugend, die Ausbildung, das wichtigste Potenzial in Österreich zu sichern und zu unterstützen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

16.46


Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 

 


16.46.42

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Frau Kollegin Kuntzl, das ist natürlich sehr überraschend und sehr enttäuschend. Ich bin eigentlich erschüttert (Abg. Brosz: Dass es eine Mehrheit gegen die ÖVP im Parlament gibt!), ich bin erschüttert, dass Sie aus Verhandlungen aussteigen, die wir jetzt schon mehrere Wochen lang führen. Sie haben spätestens Mitte Mai den Gesetzestext gehabt. Es gibt eine jahrelange Vorbereitung dieser Materie; der Gesetzestext ist dessen ungeachtet schlank, neun Seiten lang. Die Ver­ordnungen liegen vor. Es gibt eine Fülle von Abstimmungen mit den Universitäten. Das ist ein ganz ausgereiftes Gesetz, das man mühelos in ein paar Wochen hätte diskutieren und finalisieren können. – Das haben Sie nicht gemacht.

Sie konnten offenbar nicht über Ihren dogmatischen und ideologischen Schatten des scheinbar freien Hochschulzuganges springen. Ich habe es vorhin schon gesagt: Es ist ein scheinbar freier, in der Tat ein in manchen Fächern ungeregelter Hoch­schul­zugang, der in diesen Fächern unzumutbare Bedingungen sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden bringt, der auch mit noch so viel Geld nicht behebbar ist, sondern der nur behebbar ist, wenn man die Zugänge regelt und damit erträgliche Betreuungsverhältnisse schafft. – Das wollen Sie nicht. Sie wollen nicht den Studierenden und nicht den Lehrenden, also nicht den Universitäten helfen, Sie wollen nur Ihre Ideologie bedienen, und das ist erschütternd. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt vonseiten der Universitäten eine Fülle von Appellen, auch vonseiten anderer Wissenschaftler, endlich auf unsere Vorschläge einzugehen. Das können Sie nicht, das trauen Sie sich nicht, und das ist wirklich sehr, sehr enttäuschend.

Das, was Sie da an finanzieller Sicherheit für die Universitäten vorschieben, ist in dieser Form überhaupt ohne jeden realen Hintergrund. Die Universitäten müssen nicht um ihre Finanzierung fürchten. Es gibt eine ganz genaue Regelung in § 12 des geltenden Universitätsgesetzes, in dem es heißt, dass bis zum Ende dieses Jahres, also ein Jahr bevor die nächste Leistungsvereinbarung in Kraft tritt, sich der Finanz­minister und der Wissenschaftsminister über das Budget dieser Leistungsvereinbarung einigen müssen. Dafür ist noch ausreichend Zeit, da gibt es überhaupt keine Not­situation. Was uns der Finanzminister zusätzlich an Geldern zugesagt hat, nämlich 510 Millionen €, das hat er ganz glasklar mit der Studienplatzfinanzierung verbunden.

Jetzt einfach 1,35 Milliarden € zu versprechen, ohne jede weitere klare Regelung, das ist eine typische Methode, die mich befürchten lässt, dass wir allmählich in Situationen hineinschlittern, wie wir sie schon 2008 erlebt haben (Beifall bei der ÖVP), dass einfach Geld verschwendet wird – Geld, das wir nicht haben, und das ist verantwor­tungslos. Das ist in höchstem Maße verantwortungslos, da können wir einfach nicht mittun.

Wir kämpfen wirklich für die Interessen der Universitäten, und die, glauben Sie mir, kenne ich gut; ich kenne sie so gut wie kaum ein anderer hier in diesem Hohen Haus.


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Wir kämpfen für die Interessen der Universitäten und nicht für eine nebulose Finanzie­rung über einen Blankoscheck.

Wie gesagt, ich bin entsetzt, und ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag nicht mehr­heitlich zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


16.50.41

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprachdolmetscher): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich mich bei allen Parteien für die Annahme des Antrages bedanken und ich möchte auch kurz auf ihn eingehen.

Ich habe als Lehrerin gearbeitet, ich war als Lehrerin tätig. Ich habe mir das so vorgestellt, dass ich in eine Klasse gehe und mit den SchülerInnen ganz normal arbeite, mit ihnen zusammenarbeite. Meine Eltern haben mich diesbezüglich sehr gefördert, und ich habe es geschafft, als Lehrerin tätig zu werden. Ich bin in die Gehör­losenschule gegangen und habe angefangen, zu unterrichten – und dann, in der Klasse, der Schock! In diesen Gehörloseninstitutionen, in denen die LehrerInnen, also hörende LehrerInnen mit gehörlosen Kindern arbeiten, wurde und konnte nicht in Gebärdensprache unterrichtet beziehungsweise kommuniziert werden. Das heißt, die LehrerInnen konnten mit ihren SchülerInnen nicht kommunizieren und sind dann zu mir gekommen und haben mich gefragt: Wie gebärdet man das, wie macht man das? Die Kinder haben den LehrerInnen Gebärdensprache beigebracht und nicht umgekehrt.

Diese Situation hat sich bis heute kaum geändert; kaum. Lehrer und Lehrerinnen haben aber heute mehr Bewusstsein für diese Situation und für diese Thematik und besuchen vermehrt in ihrer Freizeit Kurse für Gebärdensprache, um dann in der Klasse in Gebärdensprache unterrichten zu können. Diese Möglichkeiten gibt es derzeit in Krems und in Strebersdorf an der Pädagogischen Hochschule.

Mein Antrag bezieht sich auf die Lehrer und Lehrerinnen, die gehörlose Kinder unter­richten. Diese müssen nämlich nun eine spezielle Qualifikation nach dem Referenz­rahmen für Sprachen nachweisen. Sie müssen nachweisen, dass sie der Sprache mächtig sind, und zwar entsprechend den Niveaustufen A1, B1, C1, je nachdem, welches Niveau gebraucht wird.

In den Integrations- beziehungsweise Inklusionsschulen ist es oftmals so, dass Schüler und Schülerinnen und deren Eltern sich unter anderem auch bei uns gemeldet haben und gesagt haben, es gebe Probleme bei der Zuweisung der Lehrer und Lehrerinnen. Es ist so: Kommt ein gehörloses Kind beispielsweise in eine Klasse, wird diesem Schüler/dieser Schülerin einfach eine Lehrkraft, eine Inklusions-, Integrationslehrkraft, zugewiesen, und dann gibt es die Probleme, denn der Lehrer/die Lehrerin kann vielleicht nicht Gebärdensprache beziehungsweise ist bei diesem Schüler/bei dieser Schülerin nicht gut eingesetzt.

Der Antrag soll dazu führen, dass eine Qualifikation nachgewiesen werden kann und dass die Zuteilung der LehrerInnen zu den SchülerInnen gut funktioniert. Ich möchte mich bei den Vertretern aller Parteien dafür bedanken, die das unterstützen. Ich sage, wir haben von einem großen Ziel ein Zwischenziel erreicht. Das große Ziel ist noch nicht erreicht, das ist erst eine Zwischenstation, denn das große Ziel ist, dass Gebär­densprache auch eine Unterrichtssprache wird. Damit meine ich nicht, dass alle LehrerInnen Gebärdensprache können müssen, nein, mir geht es darum, dass es aufhören muss, dass Eltern für ihre Kinder und deren Sprachenrechte kämpfen müs-


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sen, wenn die Kinder gehörlos sind. Mir geht es darum, dass wenigstens diese Lehrerinnen und Lehrer Gebärdensprache können, denn wenn Kinder ihre Erst­sprache, also Gebärdensprache, können, können sie auch Deutsch lernen. Sie können auch Deutsch lernen, und zwar besser.

Tatsächlich haben von den 10 000 gehörlosen Personen in Österreich circa 20 Per­sonen den Zugang zur Universität erreicht, denn sie haben die Matura geschafft; alle anderen nicht. Anhand dieser Zahlen sieht man, wie es in der Bildung aussieht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


16.54.55

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Ja, geschätzte Kollegen von der ÖVP, das kommt dabei heraus, wenn man selbst ständig taktiert, siehe Bildungsreform, Prinzipien verrät und dergleichen fort. Die SPÖ hat Ihnen das vor Augen gehalten, was Sie selbst ganz gerne machen. Somit dürfte der Koalitionsbruch heute vollzogen werden.

Wir werden, was den Antrag der Kollegin Maurer betrifft, wahrscheinlich mitstimmen. Kollege Karlsböck, unser Wissenschaftssprecher, wird das dann später noch detail­lierter erörtern.

Zur gegenständlichen Gesetzesvorlage beziehungsweise den Änderungen des UG 2002 und des HG 2005 ist zu sagen, dass wir grundsätzlich natürlich erkennen oder einsehen, dass es notwendig ist, hier bürokratische und dergleichen Anpassun­gen vorzunehmen. Frau Kollegin Gamon hat es heute schon thematisiert, aber es ist mir wichtig, das auch trotz eines heraufdräuenden Koalitionsstreits, den wir gleich erleben werden, noch zu betonen, nämlich dass der Themenbereich des Quereinstiegs in den Lehrerberuf ein ganz wesentlicher ist, den auch wir voll und ganz unterstützen; wir können aber im gegenständlichen Gesetzesvorschlag ein bisschen zu wenig in diese Richtung erkennen. Mich wundert das nur insofern, als die SPÖ und die ÖVP immer wieder das sehr interessante Modell der Privatinitiative Teach For Austria ent­sprechend vor sich hertragen und es zu Recht gelobt haben, sich aber justament in dieser Gesetzesänderung dieses Teach-For-Austria-Modell, womit eben der Querein­stieg von Menschen, die nicht für ein Lehramt studiert oder kein pädagogisches Stu­dium gemacht haben, forciert werden soll, nicht wiederfindet.

Ich schließe mich meiner Vorrednerin von den NEOS an: Wir müssen da in Zukunft auf jeden Fall verstärkt ansetzen, wir müssen darauf schauen, da eine Verbesserung zu finden, denn es ist keine Frage: Der Lehrer- und Lehrerinnenmangel, der auf uns zurollt, ist jetzt schon in vielen Bereichen eklatant spürbar, wenn man etwa an Mathe­matik und andere naturwissenschaftliche Fächer denkt. Daher wird es wichtig sein, dass wir entsprechende Maßnahmen setzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


16.56.57

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Töchterle, ein Satz zur Hochschulfinanzierung: Sie wissen, dass diese sicher­gestellt werden musste, und das tun wir heute! Für die Mittel, von denen Sie sprechen, die im Übrigen vom ehemaligen Vizekanzler Mitterlehner zur Verfügung gestellt wur­den, gibt es, auch das wissen Sie haargenau, ganz klare Vorgaben, und diese sind auch Teil dieses Antrags. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich würde jetzt gerne auf den Antrag eingehen, über den Kollegin Jarmer schon gesprochen hat. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde die Österreichische Gebärdensprache oder die Gebärdensprache an sich ungemein faszinierend. In Österreich sprechen rund 15 000 Menschen die Gebärdensprache, und seit 2005 ist diese auch als Sprache in unserer Verfassung anerkannt, was ganz, ganz zentral ist. Ich bin der Meinung, sie muss noch verstärkter publik und sozusagen sichtbarer gemacht werden. Einen Teil dazu tragen natürlich auch die Dolmetscherinnen und Dolmetscher bei, die jede einzelne Rede von uns hier übersetzen. – Danke an dieser Stelle dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Zu dem Antrag, den wir heute beschließen werden: Es geht ganz klar um den Rahmen, um die Anerkennung; angehalten dazu sind die Pädagogischen Hochschulen. Ich sage Danke an die Initiative, ich finde es super, dass wir das sehr breit werden beschließen können. Ich hoffe, mit der heutigen Debatte auch Anreize für künftige Lehrerinnen und Lehrer, für bereits tätige Lehrerinnen und Lehrer zu setzen, die Gebärdensprache zu erlernen. Pädagogische Hochschulen bieten diese Möglichkeit an. Es ist, glaube ich, immer spannend, eine neue Sprache zu erlernen, auch für einen selbst. Denken wir aber an die Kinder und Jugendlichen: Das ist ganz, ganz zentral, damit sie in dieser Sprache künftig auch unterrichtet werden können, weil eben meiner Meinung nach nicht alle Kinder die Lautsprache können müssen.

Wie gesagt, ich hoffe, mit dieser Debatte einen Beitrag leisten zu können, um eben Anreize für die Österreichische Gebärdensprache im Unterricht zu setzen, und hoffe einfach, dass viele Lehrerinnen und Lehrer dem sozusagen Folge leisten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


16.59.14

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht, meine Damen und Herren von der ÖVP! Wir haben gehört – ich zähle das nur auf –, welche Anträge wir heute schon eingebracht haben, die von Ihrer Seite in Aussendungen – zumindest von Ihrem zukünftigen Parteiobmann – angekündigt und hier dann letztendlich ganz konkret abgelehnt worden sind. Das betraf das Foto auf der Versicherungskarte, das betraf die Stärkung des praktischen Arztes, das betraf den Regress bei der Pflegeversicherung, das betraf jetzt erst unlängst islamistische Kindergärten. – Das wurde alles abgelehnt, aber gestern waren die Zeitungen voll damit, was Sie alles machen wollen!

Der Herr Ex-Vizekanzler Mitterlehner hat unmittelbar vor seinem Abgang 1,35 Mil­liarden € mehr für die Hochschulen versprochen, dann ist er zurückgetreten. Bis heute ist dieses Geld von Ihrer Seite nicht freigegeben. Das ist alles in diesen Zahlen, die uns jetzt vorliegen, in Ihrem Antrag samt Abänderungsantrag eingepreist. Wie meine Vor­redner schon gesagt haben: Ja, es muss diesbezüglich eine Planungssicherheit für die Universitäten geben. Ich als Wissenschaftssprecher habe in den letzten Tagen darüber zahlreiche Gespräche mit Professoren, mit Rektoren geführt, die gesagt haben, es ist eine katastrophale Zumutung für die Universitäten, wie sie momentan im Regen stehen gelassen werden.

Jetzt gibt es diesen Antrag, eingebracht von der SPÖ, abgeändert von der anderen Oppositionspartei. Wir können uns dem anschließen, denn es ist (Abg. Prinz: Super! Vorleistung zu Rot-Blau!) eine Rahmenbedingung für die Universitäten. (Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und ÖVP.) – Ich bin ein bisschen heiser. Entschuldigung, ich kann nicht ...

 



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Präsidentin Doris Bures: Nicht nur, Herr Abgeordneter, sind Sie heiser, der Lärm­pegel ist wirklich zu hoch, sodass man dem Redner und seinen Ausführungen nicht folgen kann. Ich ersuche um mehr Aufmerksamkeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (fortsetzend): Es ist ein rechtlicher Rahmen, der hier vorgegeben wird. Die Detailarbeit wird die nächste Bundesregierung machen müssen, aber für uns steht fest: Wir wollen einen freien Studienzugang. (Beifall bei der FPÖ.) Wir sind der Meinung, dass die Matura für einen Platz an einer österreichischen Universität ausreichend sein muss.

Was uns ein bisschen fehlt und hier jetzt nicht vorkommt – aber es ist eben ein Kom­promiss –, ist, dass wir 600 Millionen € zurückfordern. Wir wollen natürlich das Herkunftslandprinzip eingefordert sehen, aber das sind Feinheiten (Heiterkeit bei der ÖVP), die wir im Falle des Falles bei den nächsten Regierungsverhandlungen mitdis­kutieren können. Das heißt, wir können mit diesem Antrag mitgehen.

Wie gesagt, meine Damen und Herren von der ÖVP, es ist ganz viel angekündigt worden – was heißt „ganz viel“? –, es ist alles angekündigt worden, tatsächlich wurde jedoch nichts umgesetzt. Alle Anträge fielen in den Ausschüssen Vertagungsorgien zum Opfer oder wurden hier im Plenum abgelehnt. Alles Schimäre! Das ist eine ganz große Wählertäuschung, die hier stattfindet.

Jetzt geht es einmal ans Eingemachte! Ich bin dankbar dafür, dass wir endlich etwas weiterbringen, vor allem in einer so wichtigen Agenda wie der Universitätsfinan­zie­rung. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter El Habbassi. – Bitte.

 


17.03.04

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Frau Präsidentin, besten Dank für die Worterteilung! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ursprünglich war der Plan, heute einen Antrag zu besprechen, den wir durchaus für wichtig erachten, den wir noch alle gemeinsam beschließen wollten, nämlich darüber zu sprechen, dass wir Maßnahmen brauchen, um den Anteil männlicher Pädagogen im Kindergarten­bereich, aber vor allem im primären und im sekundären Bereich, in der Schule gene­rell, um den Anteil von Männern in pädagogischen Berufen zu erhöhen. Das ist ein Anliegen, das uns alle eint, im Gegensatz zu der Thematik, die wir jetzt hier haben.

Es ist jetzt sehr viel gesprochen und versprochen worden. Natürlich brauchen die Universitäten eine gewisse Planungssicherheit. Wie Kollege Töchterle vorhin schon erwähnt hat, war es uns ein großes Anliegen, hier noch möglichst rasch zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. (Abg. Öllinger: Na!)

Man muss schon sagen, dass hier jetzt sehr populistisch ein Antrag eingebracht wurde, der das Problem nicht löst, denn es gibt eine fixe Zusicherung von Finanzminister Schelling, dass 510 Millionen € fix für diese Hochschulfinanzierung eingetaktet sind – aber vor allem unter der Voraussetzung, dass sie mit einer entsprechenden Studien­platzfinanzierung einhergeht, und das ist in Ihrem Antrag jetzt nicht enthalten. Wenn Sie sagen, Sie sichern den Unis die Finanzierung, dann sage ich Ihnen, Sie sichern sie nicht, sondern Sie bringen die Unis um die festgesetzte und vorher schon zugesagte finanzielle Sicherheit im Herbst, denn diese Einigung garantiert noch nicht, dass diese Mittel fließen werden.

Vor allem, weil Kollege Karlsböck hier sagte, es gehe um den freien Hochschulzugang: Uns geht es nie darum, jemanden von einem Hochschulstudium abzuhalten. (Rufe bei den Grünen: Nein, gar nicht!) Wenn wir aber wollen, dass die Studierenden, die an der Hochschule studieren, eine gewisse Qualität der Lehre vorfinden, wenn die Profes-


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sorInnen und die Vortragenden an den Universitäten Rahmenbedingungen haben wollen, unter denen sie qualitätsvoll arbeiten können, dann braucht das eben eine entsprechende Finanzierung und dann braucht das aber auch die Möglichkeit, dort, wo Studien überlaufen sind, dort, wo es einfach zu viel Nachfrage gibt, diesen Zugang auch etwas einzuschränken. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn diese Qualität nicht gewährleistet ist, wenn diese Rahmenbedingungen nicht gewährleistet sind, dann bringt auch ein sogenannter vordergründig freier Hochschul­zugang nichts. Darum appelliere ich an Sie, dass wir hier darum ringen, eine vernünf­tige Lösung zu finden, die eine Studienplatzfinanzierung, so wie das geplant war, miteinbezieht. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Liebe KollegInnen von der SPÖ, ich darf Sie daran erinnern, Sie selbst haben Ihren Plan A, da steht ganz klar – ich zitiere –: „Das ist nur mit einer Ausweitung des Hochschulbudgets und einer Steuerung der Studienplätze möglich.“ – Das ist ein Zitat aus dem Plan A des Bundeskanzlers Kern. (Abg. Krainer: Der ist gut, gell?!)

Das geht noch weiter, und zwar geht es darum: „[...] von einer Mindestzahl zu einer Maximalzahl wandeln, die sich an der aktuellen AbsolventInnenzahl zuzüglich einer Dropout-Rate orientiert. Das steigert die Studienqualität.“ – Das ist das, was Sie in Ihrem Plan A versprechen, und mit diesem Antrag würden Sie jetzt ganz klar dage­genhalten. Deswegen bitte ich Sie, dass wir hier vernünftigerweise jetzt nicht die Koalition brechen (Abg. Kassegger: Das habt ihr schon!), denn nichts anderes (Zwischenrufe bei der SPÖ) wäre eine Zustimmung.

Sie wissen ganz genau – Sie brauchen jetzt gar nicht so scheinheilig zu tun –: Wir von der ÖVP haben zugesichert, dass wir vernünftig gemeinsam um Lösungen ringen werden. (Rufe bei der SPÖ: „Scheinheilig“ ...! Scheinheiligkeit ist ...!) Wir haben heute viele Dinge gemeinsam eingebracht und wollen das auch bis zum Ende der Regie­rungsperiode so fortsetzen, weil es wichtig ist, dass die Dinge, die jetzt noch offen sind, gemeinsam und vernünftig abgehandelt werden und nicht dem populistischen Wahl­kampf und scheinbaren Wahlzuckerln geopfert werden, die dann am Ende des Tages alle bereuen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.07


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mahrer. – Bitte. (Abg. Krainer: Der würde gerne in die Zukunft schauen!)

 


17.07.40

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Spannende Fragestellung: Theaterpolitik oder Zeit für Neues? (Beifall bei der ÖVP.)

Populistische Politik oder Zeit für Neues? (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei SPÖ und Grünen.)

Links oder rechts oder Zeit für eine neue Politik der Mitte? (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Darum geht es, wenn wir über faktenbasierte Politik sprechen. Was ist denn seit Ende Jänner passiert, seit den Verhandlungen mit dem Herrn Bundeskanzler, als er davor den Plan A vorgestellt und breitenwirksam gesagt hat: Ja, ich bekenne mich zu einer neuen Form der Universitätsfinanzierung, ich bekenne mich zu Zugangsbeschrän­kungen!? Er hat das auch hineingeschrieben: Kommt zu uns, verhandelt mit uns, machen wir das im Jahresablauf!

Das haben wir im Arbeitsprogramm fixiert. Im Arbeitsprogramm steht ganz klar drinnen: Wir legen bis Ende Juni gemeinschaftlich ein Modell vor, nähern uns dem sachpolitisch


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und beschließen es. Die Beamten meines Hauses waren besonders fleißig, sie waren schneller; so gehört sich das für ein gut aufgestelltes Ressort. Wir haben ja diese Überlegungen schon seit mehreren Jahren mit den Universitäten angestellt, das Thema mit allen Rektorinnen und Rektoren durchbesprochen. Es kennen alle das Modell. Entgegen öffentlich immer wieder behaupteten Unterstellungen, muss ich ganz ehrlich sagen, war es nicht der Fall, dass es nicht bekannt war, sondern es gab ein fertiges Gesetz; auf Nachfragen sogar zwei fertige Verordnungen, was wir in anderen Bereichen ja nie so früh haben. Diese wurden vorgelegt mit klaren Berechnungs­metho­den, um den Universitäten eine neue Finanzierungssystematik mit einer klaren Auftei­lung zu geben: Lehre, Forschung und strategischer Bereich, soziale Dimensionen, Digitalisierung und weitere Projekte.

Vom ehemaligen Herrn Vizekanzler gab es auch schon sehr frühzeitig ein klares öffentliches Bekenntnis dazu, bei Umsetzung dieser Studienplatzfinanzierung Neu und bei gleichzeitiger, wie von der SPÖ ja gewünscht, Anhebung der Studienbeihilfe, was dieses Hohe Haus ja bereits beschlossen hat, 1,35 Milliarden € mehr in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode anzustreben und zur Verfügung zu stellen.

Dabei muss man sachlich zwei Dinge unterscheiden: Punkt eins ist der Teil der Infla­tionsabgeltung, der Finanzierung von bereits laufenden Projekten, der Finanzie­rung von weiteren Projekten. Der zweite Punkt sind neue, echte, frische Mittel für die Ver­besserung der Betreuungsqualität, für ein besseres Kapazitätsmanagement. Das waren die berühmten 510 Millionen €, zu denen sich der Finanzminister auch bereits bekannt hat.

Klar ist aber, dass eine reine Finanzzusage ohne eine strukturelle Veränderung des Managements dieser Mittel anhand klarer Kriterien und nicht irgendwelcher L’art-pour-l’art-Ansagen nicht zu einer Qualitätsverbesserung an den österreichischen Hoch­schulen beitragen wird (Beifall bei der ÖVP) und daher auch nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Problem bewältigen wird, von dem wir da draußen auch immer wieder sprechen – mit den Rektorinnen und Rektoren, den Rektoraten, den vielen Faculty Members und den Vertretern der Assistentenschaft und der Stu­dierenden –, nämlich eine Verbesserung im Bereich der Betreuungssituation. Ohne klare Vorgaben ist das eine klassische alte Politik der Marke: Geld ohne Strategie löst in dieser Republik keine Probleme. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wäre also sehr schön gewesen, wenn wir bei der Grundidee des Jänners bleiben und uns sogar im Zeitplan nach vorne bewegen können hätten, denn wie Sie alle wissen, gibt es eine gesetzliche Regelung für die Budgeterstellung mit den Univer­sitä­ten, ein Einvernehmen zwischen dem Wissenschaftsminister und dem Finanz­minister, bis zum Ende des Jahres, also ein Jahr vor dem Beginn der neuen Leistungs­vereinbarungsperiode. Daher ist in diesem Bereich theoretisch alle Zeit der Welt bis zum 31. Dezember dieses Jahres, um dann den Universitäten diese Budgets auch zu kommunizieren, damit diese ihre Leistungsvereinbarungsvorstellungen erarbeiten kön­nen; diese haben sie vorzulegen, um dann in den intensiven Verhandlungsprozess zu treten. – Das ist der eine Teil.

Bei dem zweiten Teil habe ich irgendwie das Gefühl, man will sich aus der konkreten Verantwortung stehlen (Abg. Rossmann: Wann wird das Budget vorgelegt? Wann wollen Sie das Budget heuer vorlegen?), eine sachorientierte Politik und keine Theaterpolitik zu machen. (Beifall bei der ÖVP.) Konkrete Verantwortungspolitik bedeutet, anhand von messbaren Kriterien und klaren strategischen Vorgaben diese Budgets auszusteuern und nicht ohne Vorgaben Geld zu geben. (Abg. Rossmann: Wann werden Sie ein Budget vorlegen? – Abg. Maurer: Haben Sie das Papier gelesen? Das ist ja lächerlich!) Das ist eine Politik, die immer wieder vom Rech­nungshof und von Ihrer Fraktion ganz besonders kritisiert wurde.


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Wo sind jetzt Ihre Vorstellungen? – L’art-pour-l’art-Vorstellungen, aber keine konkreten Kriterien, kein konkretes Modell, sondern Geld ohne Vorgaben! Da habe ich eigentlich den Herrn Bundeskanzler sehr gut verstanden, als er im Jänner gesagt und das im Plan A auch festgehalten hat, er wolle das anhand eines konkreten Modells machen. Und umso enttäuschender ist es für die Republik, dass sich der Herr Bundeskanzler in der eigenen Fraktion mit seinem Plan A nicht durchsetzen konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

Das wird halt heute offenbar, wenn in trauter Einigkeit von links und rechts alle Fraktionen wieder einen derartigen Beschluss fassen: Geld ohne Vorgaben. Das ist alte Politik und nicht Politik neuen Stils. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Das ist das Mitterlehner-Versprechen!) – Nein, das Mitterlehner-Versprechen, Herr Klubobmann Strache, war, zusätzliche 510 Millionen € für ein konkretes Modell und eine Modellumstellung, die unser Haus erarbeitet hat. Man muss halt das Kleingedruckte lesen, man darf sich nicht nur an Überschriften orientieren. Man muss die Konzepte genau studieren, und dafür steht die Volkspartei: für konkrete strategische ... (Abg. Maurer – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Haben Sie es selbst gelesen? – Abg. Brosz: Verzögern, verhindern und ...!)

Frau Maurer, ich kenne den Antrag, ich habe ihn studiert, Sie kennen hoffentlich auch das Detailkonzept, das wir Ihnen vorgelegt haben. Kennen Sie es nicht? Das interessiert Sie vermutlich nicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Maurer.) – Frau Maurer, Sie sind mit einer oberflächlichen Politik zufrieden, wir nicht. (Abg. Maurer: Nein, bin ich nicht!) Sie sind mit einer oberflächlichen Politik zufrieden, Frau Maurer. (Abg. Mayer: Haltung!)

Sie wissen ganz genau, das ist reiner Theaterdonner, es geht um keine Form der Blockade. Selbst die Universitätenkonferenz, alle Rektoren gemeinsam haben wesent­lich konkretere Vorschläge gemacht, als Sie sie jetzt für eine Übergangsgeschichte auf den Tisch legen. Das sind die Fakten. Bleiben wir also bei den Fakten, und bleiben wir dabei: Das ist Theaterpolitik und nicht eine Politik neuen Stils! – Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: ... Jugend in Geiselhaft!)

17.14


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann Mag. Steinhauser gelangt als nächster Redner zu Wort. – Bitte.

17.14.50

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sie erleben einen denkwürdigen Moment: Die Sozialdemokratie hat ihre Koalitions­disziplin ohne Koalition beendet – und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Bernhard.) Wir haben eine Chance, dass wir in den nächsten zwei Monaten etwas weiterbringen. Und mich freut es, dass die Österreichische Volkspartei ihren Humor nicht verloren hat. Sie wirft der SPÖ Koalitionsbruch vor, nachdem ihr Obmann Kurz die Koalition beendet hat. Das ist Humor! (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Zeit der Blockaden in diesem Parlament ist mit diesem Tagesordnungspunkt vorbei. Das Spiel der ÖVP funktioniert nicht mehr. Populistischer Antrag: Ja von wem sind denn die 1,35 Milliarden €, die angeblich so populistisch sind? – Von ÖVP-Minister Mitterlehner selbst vorgeschlagen! Der Vorwurf des Populismus richtet sich an den eigenen ehemaligen Wissenschaftsminister. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Aber natürlich – wir kennen ihn alle –, Herr Wissenschaftsminister Mitterlehner war kein Populist, er war ein seriöser Politiker, mit dem wir zwar nicht immer einer Meinung waren, aber Populist war er keiner. Und er hat eines gewusst, die Universitäten


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brauchen diese 1,35 Milliarden €, und daher hat er sie vorgeschlagen. Das weiß auch die Österreichische Volkspartei; deswegen hat sie ihre Blockadepolitik begonnen, sie wollte nämlich mit der Blockadepolitik Zugangsbeschränkungen gegen die Mehrheit in diesem Haus durchsetzen. Die Grünen sind gegen Zugangsbeschränkungen, die SPÖ ist gegen Zugangsbeschränkungen, die FPÖ ist gegen Zugangsbeschränkungen. Die ÖVP weiß: Es gibt keine Mehrheit für Zugangsbeschränkungen. Was macht sie daher? – Das, was sie am besten kann: Blockieren! Und das wird dieses Parlament heute durchbrechen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Seit 1986 gibt es Blockaden mit ganz wenigen kurzen Zeitfenstern, die wir nutzen konnten; zum Beispiel, indem wir damals die Studiengebühren abgeschafft haben.

Ja, nutzen wir diese Chance! Wir haben jetzt zwei Monate Zeit, die Blockadepolitik der ÖVP zu durchbrechen. Ich verspreche, wir werden verantwortungsbewusst damit um­gehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Natürlich werden wir die finanziellen Angele­genheiten bei einzelnen Gesetzesanträgen im Auge behalten, es wird nicht darum gehen, dass man das Füllhorn ausschüttet. Wir sind verantwortungsbewusst. Die 1,35 Milliarden € kommen von einem ÖVP-Minister, die haben nicht wir uns aus­gedacht. (Rufe bei der ÖVP: Ja, ja!)

Meine Damen und Herren! Es gibt viele Anliegen, die wir jetzt gemeinsam umsetzen können, etwa den Mindestlohn. Die Blockadepolitik der ÖVP ist vorbei, wenn die SPÖ das will. Bringt einen Antrag auf Mindestlohn ein; ich bin überzeugt, in diesem Haus wird sich eine Mehrheit finden! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema Abschaffung des Amtsgeheimnisses: Liebe SPÖ, geht mit! Ich weiß aus Gesprächen mit der FPÖ, es gibt hier eine Zweidrittelmehrheit gegen die Blockade­partei ÖVP. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Nutzen wir die Chance, verantwortungsbewusst, aber nutzen wir sie!

Seit 1986 blockiert die ÖVP. Es gibt kurze Zeitfenster, jetzt gibt es eines für zwei Monate. Wir sind zu seriösen Verhandlungen bereit. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


17.18.13

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich verstehe schon, dass das für Sie ein bisschen ein schwieriger Moment ist, wobei, ehrlich gestanden, ganz verstehe ich es nicht, denn was wir hier heute sicherzustellen versuchen, ist die Finanzierung der Universitäten in dem Ausmaß, in dem Sie das als notwendig in den Raum gestellt haben. Das Problem bis jetzt war, dass es diese Finanzierungszusagen immer nur als PR gegeben hat, in Pressekonferenzen, in Erklärungen, dass es bis jetzt aber eben keine verbindlichen Zusagen, auch nicht des Finanzministers, für diese dringend benötigten zusätzlichen Mittel für die Universitäten gegeben hat (Abg. Hammer: ... für Plan A und F!), und daher sehen wir uns jetzt zu diesem Schritt genötigt.

Die Situation ist, wie vorhin richtig gesagt worden ist, dadurch zustande gekommen, dass die ÖVP die Koalition aufgekündigt hat und dass wir nicht mehr die Zeit haben, die Dinge im ursprünglich vorgesehenen Ablauf, im ursprünglich geplanten Maß zu machen.

Was nicht stimmt, ist, dass mit diesem Antrag die Studienplatzfinanzierung weg wäre, dass man sich davor drückt. (Abg. Kassegger – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Lesen!) Im Gegenteil! Es sind in diesem Antrag sogar ganz konkrete Vorgaben mit der


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Zusicherung dieser Mittel verbunden, die genau auch Ihrem Entwurf für die Studien­platzfinanzierung und dem gemeinsamen Diskussionsverlauf dazu entsprechen. (Abg. Rädler: Kern in Geiselhaft von Blau und Grün!)

Was den Herrn Bundeskanzler betrifft, so möchte ich ganz ausdrücklich betonen: Der Herr Bundeskanzler hat vor kurzer Zeit, vor einigen Wochen, ein Gespräch mit den Rektoren und Rektorinnen geführt, in dem er ihnen gesagt hat, warum wir das Detail­konzept nicht mehr vor dem Sommer schaffen werden, dass er das bedauert, dass er sich aber bemühen wird, die Finanzierung sicherzustellen. Das war für uns jetzt auch ein ganz wesentlicher Grund für unsere Entscheidung, die wir uns wirklich nicht leicht gemacht haben, weil wir Wort halten und die Bildungssituation für unsere Jugendlichen sowohl im Schulbereich als auch im Hochschulbereich verbessern wollen, sicherstellen wollen. (Abg. Prinz: ... Wort halten ...!) Das verstehen wir unter politischer Verantwor­tung, und Ihr Verhalten ist da leider ganz alt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der Grünen.)

17.20


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Mahrer. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.20.53

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Man sollte halt trotzdem, Frau Kuntzl, bei den Fakten bleiben, und ich bin sehr erfreut darüber, dass Sie gesagt haben, es gab ein Gespräch vor einigen Wochen – also nicht gestern oder vorgestern, vor einigen Wochen –, wo der Bundeskanzler die Rektorinnen und Rektoren eingeladen und ihnen schon damals verkündet hat, was wir in den letzten drei Wochen nicht zusammengebracht haben.

Es gab also offensichtlich nicht nur einen Plan A, sondern auch einen Plan B, also einen Plan, das mit uns gar nicht seriös, ernsthaft besprechen zu wollen (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte! – Zwischenrufe der Abgeordneten Königsberger-Ludwig und Krainer), denn sonst hätten wir in den letzten Tagen und Wochen doch ernsthaft über diese Studienplatzfinanzierung reden können.

Wir sind immer wieder hingehalten worden, obwohl alles fertig war, obwohl die Beamten früher fertig waren, es ist alles transparent gemacht worden. Es wäre wesent­lich einfacher gewesen, schon vor einigen Wochen zu sagen, dass man das gar nicht will. Es wäre gar nicht schlecht gewesen, das so zu machen, es hätten sich alle viel Zeit erspart (Abg. Mayer: Kein Abgeordneter, der für Sie eintreten kann!), und man hätte auch nicht falsche Hoffnungen bei den Universitäten geweckt, sie würden eine Systemumstellung bekommen. (Abg. Krainer: ... Regierungsbank hat in diesem Haus nichts verloren! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn man sich ganz genau ansieht, was die Rektorinnen und Rektoren in den letzten Wochen selbst kommuniziert haben, dann war das: Sie wollen diese Systemumstellung haben (Abg. Krainer: ... ist ein Missbrauch ...!), sie wollen die Möglichkeit haben, das anders auszusteuern.

Das ist die Faktenlage, auf die muss man sich beziehen, aber das ist halt der Unter­schied zwischen einer rein inszenierungsorientierten Politik und einer Politik, die faktenorientiert ist, und daher würde ich Sie noch einmal bitten, bei den Fakten zu bleiben. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben das sehr seriös vorgelegt, aber man muss es halt auch offen sagen, wenn man nicht darüber reden will. Es wäre fein, wenn man das auch breit kommuniziert, das ist nur ehrlich, auch gegenüber den


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Universitäten, und ihnen nicht jetzt sagt: Wir beschließen zwar eine Gesamtbudget­summe, aber im Grunde genommen wollen wir keine Systemumstellung!

Da muss man eben auch den Mut haben, zu sagen: Das haben wir zwar in einen Plan reingeschrieben, aber im Grunde genommen wollen wir das gar nicht machen! (Beifall bei der ÖVP.)

17.22


17.22.50 Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich, wie immer, über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005, das Schulorganisationsgesetz und das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert werden sowie das Hochschul-Studienberechtigungsgesetz aufgehoben wird und das Universitätsge­setz 2002, das Fachhochschul-Studiengesetz, das Privatuniversitätengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden, in 1705 der Beilagen.

Hierzu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Maurer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­de­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Maurer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 5 eingebracht.

Wer für diesen Antrag ist, der möge bitte ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Rädler: Niessl hat sich durchgesetzt! – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz. – Ruf bei der ÖVP: Rot-Blau steht vor der Tür!) – Wir sind in einem Abstimmungs­vorgang!

Es folgt die Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 15, über die dem Aus­schuss­bericht 1712 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Qualität der Ausbildung von Lehrkräften in der Österreichischen Gebärdensprache.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist einstimmig angenommen. (E 211.)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16, über die dem Aus­schussbericht 1713 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Maßnah­men zur Steigerung des Männeranteils in pädagogischen Berufen.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (E 212.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 188

17.25.1817. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1665 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2018 bis 2021 (1706 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Meine Damen und Herren! Zum Ersten bitte ich um etwas mehr Ruhe im Saal, zum Zweiten mache ich darauf aufmerksam, dass nur vier Redner oder Rednerinnen zu Wort gemeldet sind und dann sogleich wieder eine Abstimmung stattfinden wird.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


17.26.15

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Herren Minister! Diese Artikel-15a-Vereinbarung ist als richtige und wichtige Maßnahme, um Menschen eine zweite beziehungsweise dritte Chance zu geben, sehr zu begrüßen.

Bis zu 1 Million Österreicherinnen und Österreicher haben leider Defizite im Lesen, Schreiben und Rechnen. Das wiederum führt zu massiven Einschränkungen in ihrem Leben, vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Die meisten von ihnen weisen nicht einmal einen positiven Pflichtschulabschluss auf. Es gibt jetzt bereits eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern für den Zeitraum 2012 bis 2017, damit Basisbildung und auch der Pflichtschulabschluss nachgeholt werden können. Die Ergebnisse waren bis jetzt sehr positiv: 13 600 Personen nahmen kostenlos an Bildungsangeboten im Be­reich der Basisbildung teil. 5 800 konnten den Pflichtschulabschluss nachholen.

Nun gibt es wieder einen Vorschlag für die Jahre 2018 bis 2021, das ist wichtig und das ist auch richtig. In der kommenden Förderperiode sollen 18 000 Menschen vom Erwerb von Basisbildung und 9 000 vom Nachholen des Pflichtschulabschlusses pro­fitieren. Dafür sind 72,6 Millionen € vorgesehen, jeweils zur Hälfte vom Bund und von den Ländern. Es gibt jetzt auch Neuerungen, das ist positiv zu bewerten; diese betreffen auf der einen Seite die Verlängerung der Förderperiode von 3 Jahren auf 4 Jahre, und andererseits wird das gesamte Fördervolumen von 75 Millionen auf 111 Mil­lionen € ausgeweitet.

Es gibt im Programmbereich Basisbildung auch die Möglichkeit, dass Kinderbetreuung als förderfähige Kosten angerechnet werden. Damit können betroffene Frauen, aber auch Männer mit Kinderbetreuungspflichten verstärkt angesprochen werden. Mir per­sönlich, das muss ich ganz ehrlich sagen, wäre natürlich lieber, man bräuchte diese Vereinbarungen, diese Maßnahmen nicht, aber daran wird ja noch gearbeitet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter El Habbassi zu Wort.

 


17.28.23

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir würden uns ja alle wünschen, dass jedes Kind in Österreich, wenn es 15 Jahre alt ist, einen Pflichtschulabschluss hat und später eine Ausbildung abschließt. Die Realität schaut leider anders aus, und daher ist es gut, dass wir uns auf


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die Ausbildungspflicht bis 18 geeinigt haben. Es ist uns allen ein Anliegen, dass diese jungen Menschen trotzdem eine Chance bekommen und ihren Abschluss nachholen können beziehungsweise dass Menschen, die eine gewisse Basisausbildung nicht haben, diese bekommen. Das ist eine Notwendigkeit.

Es geht dabei um Lernkompetenzen, um autonomes Lernen, um Lernen lernen, um Kompetenzen in der deutschen Sprache, zwar nicht für Leute, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, sondern für solche, die einfach beim Lesen und Schreiben Schwierigkeiten haben, da geht es um grundlegende Kompetenz in weiteren Sprachen, da geht es ums Rechnen, da geht es um Basiswissen in Informationstechnologie. Das alles sind Dinge, die einfach die Grundlage dafür sind, um am Arbeitsplatz Fuß fassen zu können, um ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben leben zu können. Das ist uns allen ein großes Anliegen.

Wir wissen auch, dass etwa 50 Prozent der arbeitslos gemeldeten Personen keinen Pflichtschulabschluss haben und deswegen oft nicht in der Lage sind, sich selber zu erhalten, und deswegen ist uns dieses Programm, das in der Vergangenheit schon sehr gut funktioniert hat und immerhin Tausenden Österreicherinnen und Österreichern die Möglichkeit gegeben hat, ihren Pflichtschulabschluss oder eine gewisse Basis­bildung nachzuholen, ein Anliegen. In diesem Sinne ist das, glaube ich, eine gute Sache und sollte weitergeführt werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.30


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Dr. Walser ist der nächste Redner. – Bitte.

 


17.30.36

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ja, Herr Kollege El Habbassi, es ist prinzipiell eine gute Sache, wenn wir jenen helfen, die Hilfe benötigen, da stimme ich natürlich durchaus zu.

Die Probleme, die wir in Österreich haben, sind aber weitaus dramatischer. Ich erin­nere noch einmal daran: Es handelt sich um eine Million Menschen, die Defizite in Schlüsselkompetenzen haben: Lesen, Schreiben, Rechnen, das ist festgestellt, und denen müssen wir helfen. Natürlich werden wir zustimmen, natürlich ist es gut, wenn wir so ein Förderprogramm haben, aber ich habe ein paar Rechnungen angestellt, mit denen ich Sie kurz konfrontieren will.

Bislang war es so, dass das Förderprogramm knapp 20 000 Menschen betroffen hat – 20 000 Menschen, die Basisbildung nachholen konnten, die einen Pflichtschulab­schluss nachholen konnten. Neu ist jetzt, dass das Programm aufgestockt wird, fast um die Hälfte, das ist sehr schön. Somit sind wir bei knapp 30 000 Menschen, aber, und da fangen die Probleme an, das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. (Abg. Rädler: Das wird teuer!) Es ist eigentlich auch ein Hinweis auf ein wirkliches Desaster, das wir in Österreich haben, das übrigens das alte Schulsystem, das Sie mit Zähnen und Klauen verteidigen wollen, hervorgerufen hat.

Meine kurze Rechnung: Pro Jahr sind für exakt 6 750 Menschen Budgetmittel vorge­sehen. Eine Million würde Hilfe benötigen. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann brauchen wir exakt 148 Jahre, bis alle diese Menschen ihre Basisbildung nachholen können; und der große Haken dabei ist: Das wird auch nicht funktionieren, kann es nicht, weil logischerweise die Lebenserwartung nicht so hoch ist, und außer­dem kommen jährlich 7 000 Personen hinzu. Das sind nämlich jene, die unser Schulsystem verlassen, ohne sinnerfassend lesen und schreiben zu können, und die keine weitere Ausbildung haben. Also, es kommen jährlich mehr hinzu, als wir mit diesem Programm fördern.


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Bildung, das wissen wir alle, ist der zentrale Aspekt, wenn wir jenen helfen wollen, die in unserer Gesellschaft Probleme haben. Bildung ist auch der zentrale Punkt, wenn wir weiterkommen wollen, was die Entlastung unserer Sozialsysteme anbelangt. Das wäre Prävention, meine Damen und Herren, wenn wir hier entscheidende Schritte machen würden. Das würde helfen, was die Kriminalitätsrate anlangt, das würde helfen, was Krank­heit anlangt, denn die Menschen ohne Bildung sind diejenigen, die in unserer Gesellschaft am stärksten von Krankheit bedroht sind, am stärksten von vor allem dauerhaften Krankheiten betroffen sind; und als Drittes würde es dauerhaft gegen soziale Probleme helfen. (Beifall bei den Grünen.)

Hören Sie bitte mehr auf einen Mann, der aus Ihren Reihen kommt! Es ist Johannes Kopf, der sagt: Entscheidend wird sein, ob wir im Bereich der Bildung zu den Besten gehören. – Wir müssen raus aus dieser Durchschnittsfalle, meine Damen und Herren, wir müssen ehrgeizigere Ziele haben als das, was wir hier vorliegen haben!

Ja, wir werden zustimmen, aber nein, die Probleme der betroffenen Menschen werden damit nicht gelöst, und nein, auch die Probleme unserer Gesellschaft werden damit leider nicht gelöst. (Beifall bei den Grünen.)

17.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.

 


17.35.00

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir verlängern heute die Bund-Länder-Vereinbarung über Maß­nahmen zur Basisbildung und zum Nachholen von Pflichtschulabschlüssen, um Menschen dabei zu helfen, in eine Startposition zu kommen, von der aus sie ihre eigenen Potenziale überhaupt erst einmal ausschöpfen können und nicht in Sackgas­sen zurückbleiben.

Ja, natürlich ist das nur eine nachgeschaltete Maßnahme, wie Kollege Walser bereits kritisch angemerkt hat. Wir schwächen damit ein vorherrschendes Problem selbst­verständlich nur graduell ab, aber wir haben uns die Aufgabe gesetzt, es prinzipiell abzuschaffen, auch mit dem Beschluss, der vor einiger Zeit gefasst wurde und dessen Umsetzung nun im Juli 2017 beginnen wird, nämlich die Ausbildungspflicht für Jugend­liche und junge Erwachsene. Ziel ist, die Schulausbildung nicht mit der allgemeinen Schulpflicht zu beenden, sondern danach einer Lehre nachzugehen, einer weiterfüh­ren­den Ausbildung nachzugehen. Genau das ist eine wichtige Maßnahme, um dem Problem, indem wir es gleich an der Wurzel packen, besser entgegenwirken zu kön­nen.

Unser Ziel ist es, die Dropout-Quote von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verringern. Wir wollen die soziale Isolation, die die Menschen dann trifft und in die sie abrutschen, vermeiden und verhindern. Wir wollen ihnen Qualifikationen in den Schlüs­selkompetenzen, die ebenfalls bereits aufgeführt worden sind, mitgeben und ihnen so einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen, denn durch die Budgetmittel auch aus dem Europäischen Sozialfonds können wir die Zahl der TeilnehmerInnen an diesen Kursen für Basisbildung und das Nachholen des Pflichtschulabschlusses sogar noch erhöhen.

Wie bereits gesagt worden ist, ist es möglich, das Ausmaß, das bisher in Anspruch genommen worden ist, von rund 20 000 Menschen um fast die Hälfte zu erhöhen, das heißt, rund 30 000 Menschen kann zukünftig unter die Arme gegriffen werden, und ich glaube, wir können so vielen Menschen in Österreich eine bessere Zukunft geben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 191

Ich bitte um breite Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36

17.36.54

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir stimmen über den Antrag des Unterrichtsausschusses ab, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 1665 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.37.2818. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungs­vorlage (1523 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkon­trollgesetz geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017) (1681 d.B.)

19. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Integrationsgesetz geändert wird (1682 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1709/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Fingerabdruck“ (1685 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zu den Punkten 18 bis 20 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.38.23

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Mahrer! Zur Sicherheitspolitik in Österreich liegt ein gesamtändernder Abänderungs­antrag der Regierungskoalition – wie auch immer der Zustand derzeit sein mag – mit 96 Seiten vor.

Wir haben bereits vor wenigen Wochen genau dieselben Gesetzesmaterien geändert. Erst heute habe ich eine Zuschrift bekommen: Wer kann denn so etwas noch ver­stehen?

Es ist gar nicht notwendig, es zu verstehen, denn in Wirklichkeit ist dieser Vorschlag mit seinen Möglichkeiten ein reines Placebo. Die wahren Probleme werden damit nicht gelöst, die wahren Probleme, die da lauten: Bereits mehr als 10 000 sogenannte Flüchtlinge – ich würde sagen: eigentlich illegale Massenzuwanderer – sind nach Italien gekommen, und Italien droht bereits der EU: Helft uns, sonst gibt es andere Probleme!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 192

Das sind die eigentlichen Probleme, die auf unseren Kontinent zukommen, und erst heute habe ich wieder in der „Kronen Zeitung“ gelesen: „Stunden nach Verurteilung erneut Drogen verkauft“. „Selbst eine Gerichtsverhandlung samt Verurteilung hat hier wenig genützt. Nur Stunden, nachdem zwei junge Afghanen am Dienstag in Graz wegen Suchtmittelhandels zu bedingten Haftstrafen verurteilt worden waren, sind sie erneut ins Visier der Polizei geraten, und zwar wegen desselben Deliktes! Die beiden wollten Zivilfahndern Drogen verkaufen.“

So schaut die Realität tagtäglich aus, wenn Sie die Zeitungen anschauen. – Wir wollen nicht, dass solche Zeitungsartikel mittlerweile zum Alltag der Österreicherinnen und Österreicher gehören. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen nicht, dass sexuelle Belästigung, dass Vergewaltigung von Frauen in Österreich zum Alltagsgeschehen wird. (Abg. Yılmaz: Wer will das schon!) Wir wollen nicht, dass es zu Szenen kommt, wo der 17-jährige Afghane seine Lebensgefährtin aus Afghanistan aus dem Fenster wirft, die noch dazu schwanger ist. Das ist nicht unsere Sicht, wie man sich eine multikulturelle Gesellschaft vorstellen kann. Wir wollen das nicht! (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Sie aber tun nichts, außer dafür Gesetze zu machen. Mit dem bringen Sie nichts weiter. Da ist der Herr Justizminister, aber genauso der Herr Innenminister gefragt, dass endlich Gesetze gemacht werden, die Zähne haben, die nicht zahnlos sind und nur zu mehr Verwaltungsaufwand führen. Diese Gesetze, so wie viele Ankündigungen, die derzeit von den Regierungsparteien hier gemacht werden, dienen nur dazu, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man eine Veränderung der tatsächlichen Situation in der Sicherheit Österreichs und unserer Landsleute sehen und umsetzen möchte, gibt es wirklich nur eines: eine Veränderung in Rot-Weiß-Rot, und die wird erst am 15. Oktober passieren, wenn die FPÖ gestärkt ist! (Beifall bei der FPÖ.)

17.41


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.41.41

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Mit der vorliegenden Änderung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes wird ein weiterer Teil des Regierungsprogramms, welches im Jänner 2017 aktualisiert wurde, konsequent umgesetzt.

Beim vorigen Tagesordnungspunkt ist das leider nicht gelungen, nachdem die SPÖ die Koalition gebrochen hat. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Aber hier wird das umgesetzt, was auch entsprechend vereinbart wurde.

Es geht uns darum, ein geordnetes Fremdenwesen aufrechtzuerhalten und sicher­zustellen und vor allem – darauf legen wir das Augenmerk bei dieser Novelle – die freiwillige und zwangsweise Außerlandesbringung von Personen, deren internationaler Schutz rechtskräftig abgelehnt wurde, zu forcieren.

Wir haben in den Jahren 2015 und 2016 immens hohe Zahlen an Asylwerbern zu verzeichnen gehabt. (Zwischenruf bei der FPÖ. – Abg. Mayer: Spaßvogel!) Ich glaube, wenn man das System aufrechterhalten will, muss man darauf schauen, dass Fremde, die hier keinen Schutz mehr genießen, das Land verlassen.

Wir haben mit dieser Novelle einen weiteren wichtigen Schritt gesetzt. Nach Asyl auf Zeit, nach der Beschränkung des Familiennachzugs, nach der Schließung der West­balkanroute durch Außenminister Kurz – sehr wesentlich (Abg. Yılmaz: Wer hat die


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geschlossen?!)  ist mit der Einführung einer kapazitätsorientierten Obergrenze ein weiterer Mosaikstein gesetzt worden, die illegale Migration einzudämmen. Nun steht als weitere wichtige Maßnahme das Schließen der Mittelmeerroute auf dem Pro­gramm, und auch da ist es Außenminister Kurz, der voranschreitet. Es wäre Bundes­kanzler Kern aufgerufen, dem zu folgen und nicht von Holler oder Ähnlichem zu sprechen, sondern sich dafür einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bringe zu dieser Novelle folgenden gesamtändernden Abänderungsantrag ein, nämlich den Abänderungsantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017), in der Fassung des Berichts des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1681 der Beilagen). Ich werde nun den Inhalt dieses Antrags auszugsweise erläutern.

Die wesentlichsten Punkte sind, um Rückführungen und Abschiebungen zu erleichtern, die Ausweitung der Schubhaft und dass abgewiesene Asylwerber ohne gültigen Aufenthaltstitel in Hinkunft mit Verwaltungsstrafen bis zu 15 000 € zu rechnen haben, dass es keine aufschiebende Wirkung bei negativen Entscheidungen des Bundes­verwaltungsgerichtes mehr geben wird, sodass Asylverfahren rascher und effizienter gewährleistet werden können.

Weiters werden freiwillige Rückkehrmöglichkeiten geschaffen. Darüber hinaus kann eine Wohnsitzbeschränkung verhängt sowie die Unterkunftnahme in einem bestimmten Quartier angeordnet werden. Es wird festgelegt, dass die Rückkehreinrichtungen des Bundes in Anspruch zu nehmen sind, wenn das Asylverfahren und die Wohnsitz­auflage nicht mehr greifen, damit die Ausreise entsprechend stattfindet.

Die gemeinnützigen Hilfstätigkeiten werden auf weitere Gebietskörperschaften, Ge­meindeverbände und NGOs ausgeweitet, und es werden die ICT-Richtlinie und die Saisonarbeiter-Richtlinie geändert.

Des Weiteren darf ich folgenden zweiten Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen zum Ausschussbericht 1682 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„In der 3. Novellierungsanordnung (§ 27 Abs. 4) wird die Wortfolge ,BGBl. I Nr. 68/2017‘ durch die Wortfolge ,BGBl. I Nr. XX/2017‘ ersetzt.“

*****

Damit wird ein redaktionelles Versehen behoben. Ich bitte, dem zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.45


Präsident Karlheinz Kopf: Ich darf zum Bundesgesetzblatt, dessen Nummer Herr Abgeordneter Hammer als römisch XX verlesen hat, Folgendes ergänzen: Das „XX“ steht für keine Zahl, sondern dient als Platzhalter für eine noch nicht vorhandene Zahl. – Damit das seine Ordnung hat.


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Die Abänderungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen somit mit in Ver­handlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, Kolleginnen und Kollegen

Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremden­polizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundver­sorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden (Frem­den­rechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis werden nach dem Eintrag zu § 43 folgende Einträge eingefügt:

„§ 43a. „Niederlassungsbewilligung – Künstler“

§ 43b.  „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“

§ 43c.  „Niederlassungsbewilligung – Forscher“

§ 43d.  Aufnahmevereinbarung“

2. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 58:

„§ 58.   Unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer („ICT“)“

3. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 58 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 58a. Drittstaatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitglied­staates“

4. Im Inhaltsverzeichnis entfallen die Einträge zu §§ 61, 67 und 68.

5. In § 1 Abs. 1 wird nach dem Wort „Aufenthaltsrechts“ die Wortfolge „und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates (§ 58a)“ eingefügt.

6. In § 2 Abs. 1 Z 15 entfällt die Wortfolge „einer alle Risken abdeckenden Kran­kenversicherung,“.

7. In § 2 Abs. 3 und in § 45 Abs. 2 wird jeweils das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 10“ durch das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 12“ ersetzt.

8. In § 3 Abs. 1 entfällt die Wendung „in seinem Namen“.

9. § 8 Abs. 1 Z 9 und 10 lauten:

„9. Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Künstler“, der zur befristeten Nie­derlassung und zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20d Abs. 1 Z 6 AuslBG erstellt wurde, oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt;


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10. Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbs­tätigkeit“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. b, c, d, f, g oder i AuslBG oder § 1 Z 1, 2, 4, 7, 8, 9 oder 12 Ausländerbeschäftigungsverordnung (AuslBVO), BGBl. Nr. 609/1990, vom Anwen­dungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, berechtigt;“

10. Nach § 8 Abs. 1 Z 10 werden folgende Z 11 und 12 angefügt:

„11. Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Forscher“, der zur befristeten Nieder­lassung und zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit für eine For­schungseinrichtung berechtigt;

12. „Aufenthaltsbewilligung“ für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bun­desgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69).“

11. In § 8 Abs. 3 wird das Zitat „Abs. 1 Z 10“ durch das Zitat „Abs. 1 Z 12“ ersetzt.

12. In § 10 wird in Abs. 3 Z 1 die Wortfolge „eine weitere Aufenthalts- oder Nieder­lassungsberechtigung“ durch die Wortfolge „ein weiterer Aufenthaltstitel oder eine weitere Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts“ ersetzt.

13. § 10 Abs. 3 Z 8 entfällt.

14. In § 11 Abs. 2 wird in Z 5 die Wendung „, und“ durch einen Strichpunkt ersetzt und in Z 6 der Punkt durch die Wendung „, und“ ersetzt sowie folgende Z 7 angefügt:

„7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.“

15. In § 11 Abs. 3 wird das Zitat „Abs. 2 Z 1 bis 6“ durch das Zitat „Abs. 2 Z 1 bis 7“ ersetzt.

16. In § 11 Abs. 4 lautet Z 2:

„2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Grup­pierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzu­nehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demo­kratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.“

17. In § 11 Abs. 5 entfällt der Beistrich nach dem Klammerzitat „(§ 2 Abs. 1 Z 15)“.

18. In § 11 Abs. 6 wird das Zitat „Abs. 2 Z 2 bis 4“ durch das Zitat „Abs. 2 Z 2 und 4“ ersetzt.

19. In § 12 Abs. 7 wird nach dem Wort „ausgeschöpft“ die Wortfolge „oder – wenn auch nicht rechtskräftig – zugeteilt“ eingefügt.

20. § 19 Abs. 10 lautet:

„(10) Erteilt ein Verwaltungsgericht des Landes einen Aufenthaltstitel, so hat die Behörde die Herstellung einer Aufenthaltstitelkarte zu beauftragen und diese auszu­folgen.“

21. In § 20 Abs. 1a wird das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8“ durch das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9, 10 oder 11“ ersetzt.

22. In § 21 Abs. 2 lauten Z 4 und Z 5:


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„4. Kinder im Fall der Familienzusammenführung binnen sechs Monaten nach der Geburt, soweit der Zusammenführende, dem die Pflege und Erziehung zukommt, rechtmäßig aufhältig ist;

5. Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;“

23. In § 21 Abs. 2 Z 6 wird die Wortfolge „Aufenthaltsbewilligung als Forscher (§ 67)“ durch die Wortfolge „ „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ (§ 43c)“ ersetzt.

24. § 21 Abs. 2 Z 8 bis 10 lautet:

„8. Drittstaatsangehörige, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. i oder j AuslBG oder § 1 Z 5, 7 oder 9 AuslBVO vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind oder die unter § 1 Z 4 Personengruppenverordnung 2014 – PersGV 2014, BGBl. II Nr. 340/2013, fallen und die eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbs­tätigkeit“, eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ oder eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ beantragen, nach rechtmäßiger Ein­reise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

9. Drittstaatsangehörige, die über ein österreichisches Reife-, Reifeprüfungs- oder Diplomprüfungszeugnis einer in- oder ausländischen Schule verfügen, nach recht­mäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts und

10. Drittstaatsangehörige, die über einen gültigen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates (§ 58a) verfügen.“

25. In § 21 Abs. 6 wird das Zitat „Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 10, Abs. 3 und 5“ durch das Zitat „Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5“ ersetzt.

26. Nach § 21 Abs. 6 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Abs. 2 bis 6 gelten nicht für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeit­nehmer (§ 58) beantragen.“

27. In § 21a Abs. 1 wird das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8“ durch das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10“ ersetzt und entfallen die Wortfolgen „oder Kurszeugnisses“ und „oder das Kurszeugnis“.

28. In § 21a Abs. 2 wird das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6 oder 8“ durch das Zitat „§ 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10“ ersetzt.

29. § 21a Abs. 3 lautet:

„(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn

1. die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrations­verein­barung (§§ 9 und 10 IntG) vorliegen oder

2. der Drittstaatsangehörige die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungs­bewil­ligung – Künstler“ gemäß § 43a für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte anstrebt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.“

30. In § 21a Abs. 4 Z 2 wird nach der Wortfolge „einer österreichischen Berufs­vertretungsbehörde nachzuweisen“ die Wortfolge „; steht kein oder kein geeigneter Vertrauensarzt zur Verfügung, hat der Drittstaatsangehörige diesen Nachweis durch ein Gutachten eines sonstigen von der österreichischen Berufsvertretungsbehörde


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bestimmten Arztes oder einer von dieser bestimmten medizinischen Einrichtung zu erbringen“ eingefügt und entfällt am Ende der Ziffer das Wort „oder“.

31. In § 21a Abs. 4 Z 3 wird das Zitat „§§ 41 Abs. 1, 42 oder 45 Abs. 1“ durch das Zitat „§§ 41 Abs. 1, 42, 43c oder 45 Abs. 1“, die Wortfolge „einen Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ innehatte, sind.“ durch die Wortfolge „einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 41 Abs. 1, 42 oder 43c innehatte, sind,“ ersetzt und folgende Z 4 und 5 angefügt:

„4. die Familienangehörige von Asylberechtigten sind und einen Aufenthaltstitel „Rot–Weiß–Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c beantragen oder

5. die gemäß § 9 Abs. 5 Z 3 IntG auf die Stellung eines weiteren Verlängerungs­antrages nach dem ersten Verlängerungsantrag unwiderruflich verzichten.“

32. In § 21a Abs. 6 und 7 entfällt jeweils die Wortfolge „und Kurszeugnisse“.

33. § 23 Abs. 4 entfällt.

34. § 24 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Stellt der Fremde entgegen § 9 Abs. 5 Z 3 IntG einen weiteren Verlängerungs­antrag, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.“

35. In § 28 Abs. 6 wird das Zitat „§§ 41 und 42“ durch das Zitat „§§ 41, 42, 43a Abs. 1 Z 1, 58 und 58a“ und das Zitat „§§ 12 bis 12c“ durch das Zitat „§§ 12 bis 12c, 14 oder 18a“ ersetzt sowie folgender letzter Satz angefügt:

„Im Falle der Entziehung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 58 oder 58a ist der Be­scheid auch der aufnehmenden Niederlassung gemäß § 2 Abs. 13 AuslBG zuzu­stellen.“

36. In § 30 Abs. 1 wird nach dem Wort „Ehe“ das Wort „oder“ eingefügt.

37. In § 33 Abs. 2 wird das Zitat „§§ 20d Abs. 2 oder 20e Abs. 1 AuslBG“ durch das Zitat „§§ 20d Abs. 1, 20e Abs. 1 oder 20f Abs. 1 oder 2 AuslBG“ ersetzt sowie folgender letzter Satz angefügt:

„Dies gilt auch in den Fällen des § 20f Abs. 4 AuslBG, sofern durch den Antragsteller ein Zugang zum Arbeitsmarkt beantragt wird.“

38. Nach § 33 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Der Eintrag auf dem Aufenthaltstitel zum Zugang zum Arbeitsmarkt zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit für Familienangehörige von Drittstaatsan­gehö­rigen mit einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitneh­mer (§ 58) oder einer Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern trans­ferierter Arbeitnehmer (§ 58a) richtet sich nach der schriftlichen Mitteilung der regio­nalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 AuslBG. Eine Beschwerde hinsichtlich der Berechtigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ist ausschließlich gegen die Entscheidung der regionalen Geschäfts­stelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 iVm § 20d Abs. 1 AuslBG zulässig. Wird ein Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 iVm § 20g Abs. 1 AuslBG nachträglich im Rechtsweg aufgehoben und ergeht daraufhin eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeits­marktservice gemäß § 20f Abs. 4 AuslBG, ist von Amts wegen ohne weiteres und gebührenfrei ein Aufenthaltstitel gemäß § 69 mit entsprechendem Zweckumfang bis zum Ende der Gültigkeitsdauer des ursprünglich ausgestellten Aufenthaltstitels auszustellen.“

39. In § 34 Abs. 2 wird das Wort „zehn“ durch das Wort „fünfzehn“ ersetzt und nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:


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„Dies gilt insofern nicht, als es für die Feststellung der Gesamtzahl der diesen Dritten betreffenden Datensätze erforderlich ist.“

40. In § 36 Abs. 1 wird nach der Wortfolge „Die Behörden nach diesem Bundesgesetz“ die Wortfolge „und die Verwaltungsgerichte der Länder“ eingefügt sowie die Wendung „für die Behörden“ durch die Wortfolge „für die Behörden und die Verwaltungsgerichte der Länder“ ersetzt und nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Die Verarbeitung und Benützung der Verfahrensdaten durch die Verwaltungsgerichte der Länder erfolgt im Rahmen der Justizverwaltung.“

41. In § 36 Abs. 2 wird nach der Wortfolge „Die Behörden nach diesem Bundesgesetz“ die Wortfolge „und die Verwaltungsgerichte der Länder“ eingefügt sowie nach der Wendung „erforderlich ist.“ folgender Satz angefügt:

„Die Ermittlung der Verfahrensdaten durch die Verwaltungsgerichte der Länder erfolgt im Rahmen der Justizverwaltung.“

42. In § 36 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die Behörden nach diesem Bundesgesetz sind ermächtigt, die in der Zentralen Verfahrensdatei verarbeiteten Daten zum Wohnsitz des Fremden durch regelmäßigen und automatischen Abgleich mit den im Zentralen Melderegister verarbeiteten Daten zu aktualisieren. Dabei ist nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten das Verfahren gemäß § 16c Meldegesetz 1991 anzuwenden.“

43. In § 40 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „des Zielstaats,“.

44. In § 41 Abs. 2 entfällt in Z 3 das Wort „oder“, in Z 4 wird das Zitat „§ 24 AuslBG“ durch das Zitat „§ 24 Abs. 1 iVm Abs. 3 AuslBG, oder“ ersetzt und wird nach Z 4 folgende Z 5 angefügt:

„5. ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 Abs. 2 iVm Abs. 3 AuslBG“

45. Dem § 41 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ ist für die Dauer von zwei Jahren auszustellen. Weist der Arbeitsvertrag im Falle des Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3 eine kürzere Dauer auf, ist der Aufenthaltstitel für einen um drei Monate über die Dauer des Arbeitsvertrags hinausgehenden Zeitraum, längstens jedoch für zwei Jahre aus­zustellen.“

46. Im § 41a Abs. 1 Z 1 wird der Ausdruck „zwölf Monate“ durch den Ausdruck „zwei Jahre“ und das Zitat „gemäß § 41 Abs. 1 oder 2“ durch das Zitat „gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 Z 1 bis 3“ ersetzt.

47. In § 41a wird in Abs. 1, 2 und 7 jeweils nach dem Zitat „§ 24 Abs. 4“ die Wendung „oder § 26“ eingefügt und in Abs. 11 das Zitat „Abs. 1 und 7“ durch das Zitat „Abs. 1, 2, 7 und 7a“ ersetzt.

48. In § 41a Abs. 4 Z 2 wird die Wendung „Aufenthaltsbewilligung gemäß § 67“ durch die Wendung „Niederlassungsbewilligung gemäß § 43c“ ersetzt.

49. In § 41a wird nach Abs. 7 folgender Abs. 7a eingefügt:

„(7a) Drittstaatsangehörigen kann in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn

1. sie bereits zwei Jahre einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 5 besitzen,

2. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und


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3. eine schriftliche Mitteilung der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 Abs. 4 AuslBG vorliegt.“

50. § 41a Abs. 10 lautet:

„(10) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 bis 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn es sich um einen unbegleiteten minder­jährigen Fremden handelt und sich der Minderjährige auf Grund eines Gerichtsbe­schlusses, kraft Gesetzes oder einer Vereinbarung der leiblichen Eltern mit dem Jugendwohlfahrtsträger zum Schutz des Kindeswohles nicht bloß vorübergehend in Obhut von Pflegeeltern oder des Jugendwohlfahrtsträgers befindet. Die Pflegeeltern gelten diesfalls als gesetzliche Vertreter im Sinne des § 19. Dieser Aufenthaltstitel ist gebührenfrei zu erteilen.“

51. In § 43 Abs. 1 Z 2 wird der Ausdruck „12 Monaten“ durch den Ausdruck „zwei Jahren“ und das Zitat „§ 24 AuslBG“ durch das Zitat „§ 24 Abs. 1 AuslBG“ ersetzt.

52. In § 43 Abs. 4 wird das Zitat „§ 41 Abs. 1 oder 2 Z 1, 2 oder 3“ durch das Zitat „§ 41 Abs. 1 oder 2 Z 1 bis 3 oder 5“ und in Z 2 das Zitat „§ 41a Abs. 1“ durch das Zitat „§ 41a Abs. 1 oder 7a“ ersetzt.

53. In § 43 Abs. 4 Z 3 wird der Ausdruck „12 Monaten“ durch den Ausdruck „zwei Jahren“ und das Zitat „§§ 12 bis 12b“ durch das Zitat „§§ 12 bis 12b oder 24 Abs. 2“ ersetzt.

54. Nach § 43 werden folgende §§ 43a bis 43d samt Überschriften eingefügt:

„„Niederlassungsbewilligung – Künstler“

§ 43a. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1. im Fall der Unselbständigkeit eine schriftliche Mitteilung der regionalen Ge­schäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 6 AuslBG vorliegt oder

2. im Fall der Selbständigkeit deren Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, sofern ihr Unterhalt durch das Einkommen gedeckt wird, das sie aus ihrer künstlerischen Tätigkeit beziehen.

(2) Eine Haftungserklärung ist zulässig. § 47 Abs. 5 gilt sinngemäß.

„Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“

§ 43b. Drittstaatsangehörigen kann eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbs­tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber ausgestellt werden, wenn

1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,

2. eine Tätigkeit, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. b, c, d, f, g oder i AuslBG oder § 1 Z 1, 2, 4, 7, 8, 9 oder 12 AuslBVO vom sachlichen Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, ausüben und

3. die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei begründeten Zweifeln auf Anfrage der Behörde das Vorliegen einer Tätigkeit gemäß Z 2 festgestellt hat.


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„Niederlassungsbewilligung – Forscher“

§ 43c. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ mit bis zu zweijähriger Gültigkeitsdauer ausgestellt werden, wenn

1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,

2. eine Tätigkeit, die vom sachlichen Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, für eine Forschungseinrichtung ausüben und

3. sie eine mit einer Forschungseinrichtung (§ 71 Abs. 1) abgeschlossene Aufnahme­vereinbarung (§ 43d) nachweisen.

Aufnahmevereinbarung

§ 43d. Die Forschungseinrichtung hat vor Abschluss einer Aufnahmevereinbarung die Qualifikation des Forschers für das konkrete Forschungsprojekt zu prüfen. Diese hat jedenfalls zu enthalten:

1. die Vertragspartner;

2. den Zweck, die Dauer, den Umfang und die Finanzierung des konkreten For­schungs­projektes;

3. Angaben über das monatliche Bruttoentgelt oder diesem gleichzusetzende Einkünfte.“

55. In § 44 Abs. 2 wird die Wortfolge „Drittstaatsangehörigen, die Träger von Pri­vilegien und Immunitäten waren (§ 95 FPG), kann“ durch die Wortfolge „Dritt­staatsangehörigen kann im unmittelbaren Anschluss an ihren Aufenthalt als Träger von Privilegien und Immunitäten (§ 95 FPG)“ersetzt.

56. In § 44a wird die Wendung „ist § 24 Abs. 1 und 2“ durch die Wendung „sind § 24 Abs. 1 und 2 sowie § 20 Abs. 2“ ersetzt.

57. In § 45 Abs. 1 wird die Wendung „zur Niederlassung berechtigt waren“ durch die Wendung „tatsächlich niedergelassen waren“ ersetzt.

58. In § 45 Abs. 2 entfällt im ersten Satz der Beistrich nach dem Wort „oder“.

59. In § 46 Abs. 1 lautet Z 1:

„1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Nieder­lassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,“

60. In § 46 Abs. 1 wird nach der Z 1 folgende Z 1a angefügt:

„1a. der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Dauer­aufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,“

61. In § 46 Abs. 1 Z 2 wird in lit. b das Zitat „§ 41a Abs. 1 oder 4“ durch das Zitat „§ 41a Abs. 1, 4 oder 7a“ ersetzt und entfällt das Wort „oder“.

62. In § 46 Abs. 1 Z 2 wird in lit. c der Punkt am Ende durch die Wendung „, oder“ ersetzt sowie folgende lit. d angefügt:

„d. als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufent­haltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.“


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63. In § 46 Abs. 4 Z 3 wird das Wort „oder“ durch einen Beistrich ersetzt, nach der Wortfolge „eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger““ die Wortfolge „, eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine „Niederlassungsbewilligung – Son­der­fälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, es sei denn der „Niederlassungs­bewilli­gung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ liegt eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zu Grunde,“ eingefügt.

64. In § 54 Abs. 5 wird das Zitat „§ 51 Abs. 1 Z 1 und 2“ durch das Zitat „§ 51 Abs. 1 Z 1 oder 2“ ersetzt.

65. In § 55 Abs. 3 wird die Wortfolge „nicht mehr vorliegen“ durch die Wortfolge „nicht oder nicht mehr vorliegen“ ersetzt.

66. § 58 samt Überschrift lautet:

„Unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer („ICT“)

§ 58. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) zu erteilen, wenn

1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und

2. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG vorliegt.

(2) Entscheidungen über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als unter­neh­mensintern transferierter Arbeitnehmer sind von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde und der zuständigen Behörde gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag

1. wegen eines Formmangels oder Fehlens einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis 24 zurück- oder abzuweisen ist oder

2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist.

(3) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeits­marktservice gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG über die Zulassung zur Beschäftigung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen.

(4) Die Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer kann bei Führungskräften und Spezialisten bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von längstens drei Jahren im Gebiet der Mitgliedstaaten und bei Trainees bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von längstens einem Jahr im Gebiet der Mitgliedstaaten verlängert werden.

(5) Nach Ablauf der zulässigen Gesamtaufenthaltsdauer im Gebiet der Mitgliedstaaten gemäß Abs. 4 ist eine Ausreise in einen Drittstaat erforderlich, es sei denn, dem Drittstaatsangehörigen wurde ein anderer Aufenthaltstitel nach diesem Bundesgesetz erteilt.“

67. Nach § 58 wird folgender § 58a samt Überschrift eingefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 202

„Drittstaatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates

§ 58a. (1) Drittstaatsangehörigen, die einen gültigen Aufenthaltstitel „ICT“ eines ande­ren Mitgliedstaates besitzen, ist eine Aufenthaltsbewilligung als mobiler unterneh­mensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) zu erteilen, wenn

1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen,

2. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 2 AuslBG vorliegt und

3. die Gesamtaufenthaltsdauer im Gebiet der Mitgliedstaaten gemäß § 58 Abs. 4 nicht überschritten wird.

(2) Entscheidungen über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als mobiler unter­nehmensintern transferierter Arbeitnehmer sind von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde und der zuständigen Behörde gemäß § 20f Abs. 2 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag

1. wegen eines Formmangels oder Fehlens einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis 24 zurück- oder abzuweisen ist oder

2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist.

(3) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeits­marktservice gemäß § 20f Abs. 2 AuslBG über die Zulassung zur Beschäftigung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer in Rechtskraft, ist das Verfah­ren ohne weiteres einzustellen.

(4) Die Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeit­nehmer ist grundsätzlich mit der Dauer des im Bundesgebiet erfolgenden Transfers, längstens jedoch mit der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels „ICT“ des anderen Mitgliedstaates zu befristen.“

68. In § 59 Z 2 wird nach der Wortfolge „eine Beschäftigungsbewilligung als Betriebsentsandter“ die Wortfolge „oder ein Fall des § 18 Abs. 3 Z 2 oder 3, Abs. 3a oder Abs. 12 AuslBG“ eingefügt.

69. Die §§ 61, 67 und 68 samt Überschriften entfallen.

70. In § 62 Z 2 wird nach der Wortfolge „eine Tätigkeit, die“ das Zitat „gemäß § 1 Abs. 2 lit. e oder j AuslBG oder § 1 Z 3, 5, 10 oder 15 AuslBVO“ eingefügt und entfällt das Zitat „(§ 1 Abs. 2 bis 4 AuslBG)“.

71. In § 63 Abs. 1 wird in Z 4 die Wendung „oder“ durch einen Strichpunkt ersetzt, in Z 5 das Zitat „Z 1 oder 2“ durch das Zitat „Z 1, 2 oder 6“ ersetzt, der Punkt durch die Wendung „, oder“ ersetzt sowie folgende Z 6 angefügt:

„6. Schüler einer Privatschule sind, für die im vorangegangenen Schuljahr das Öffentlichkeitsrecht verliehen und nicht gemäß § 16 Abs. 1 des Privatschulgesetzes entzogen worden ist sowie für das laufende Schuljahr um die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes angesucht wurde.“

72. In § 63 Abs. 3 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Wurde die Aufnahme als außerordentlicher Schüler gemäß § 4 Abs. 3 zweiter Satz des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, von der Schulbehörde um weitere zwölf Monate verlängert, kann in den Fällen des Abs. 1 Z 5 trotz fehlendem Nachweis


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 203

über die Aufnahme als ordentlicher Schüler die Aufenthaltsbewilligung einmalig verlängert werden.“

73. § 64 Abs. 4 und 5 lauten:

„(4) Drittstaatsangehörigen, die ein Studium gemäß Abs. 1 Z 2 erfolgreich abge­schlossen haben und die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41 anstreben, kann die Aufenthaltsbewilligung für Studierende im Rahmen eines Verfahrens nach § 24 Abs. 1 einmalig zum Zweck der Arbeitssuche für die Dauer von zwölf Monaten (§ 20 Abs. 1) verlängert werden, sofern die Voraussetzungen des 1. Teils weiter vorliegen.

(5) Die Änderung des Aufenthaltszwecks als Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende gemäß Abs. 4 im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens (§ 26) oder eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 ist nur in den Fällen des § 41 oder § 47 Abs. 2 zulässig.“

74. § 64 Abs. 6 entfällt.

75. In § 66 Abs. 1 wird in Z 4 die Wendung „, und“ durch einen Strichpunkt ersetzt, in Z 5 der Punkt am Ende durch die Wendung „, und“ ersetzt sowie folgende Z 6 angefügt:

„6. der Fremde in den letzten drei Jahren vor der Antragstellung keine Aufenthalts­bewilligung Sozialdienstleistende innegehabt hat.“

76. In § 69 Abs. 2 wird das Wort „oder“ durch die Wortfolge „, für Sonderfälle unselb­ständiger Erwerbstätigkeit (§ 62), sofern der Aufenthaltsbewilligung für Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit eine Tätigkeit gemäß § 1 Z 10 AuslBVO zu Grunde liegt, oder“ ersetzt.

77. Nach § 69 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Entscheidungen über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an Familienan­gehörige von Drittstaatsangehörigen mit einer Aufenthaltsbewilligung als unterneh­mens­intern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) oder einer Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58a) sind von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen zu treffen.“

78. In § 71 Abs. 1 wird in Z 1 der Strichpunkt durch das Wort „und“ ersetzt und entfallen Z 2 und Z 3.

79. In § 77 Abs. 1 Z 5 wird das Zitat „“§ 27 Abs. 4,““ durch das Zitat „27 Abs. 4,“ ersetzt.

80. In § 77 Abs. 2 Z 4 entfällt die Wortfolge „oder Kurszeugnisse“ und wird in Z 6 das Zitat „§ 68“ durch das Zitat „§ 43d“ ersetzt.

81. Der Inhalt des § 80 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und es wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Soweit in diesem Bundesgesetz auf die AuslBVO oder die PersGV 2014 verwiesen wird, bezieht sich dies auf die Rechtsnorm zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verweises nach diesem Bundesgesetz.“

82. § 81 werden folgende Abs. 41 bis 45 angefügt:

„(41) Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 erteilte Aufenthalts­bewilligungen gemäß § 58 gelten innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Berechti­gungsumfanges weiter.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 204

(42) Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 erteilte Aufent­halts­bewilligungen gemäß §§ 61, 62, 67 und 69 gelten innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer wie folgt weiter:

1. Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ als „Niederlassungsbewilligung – Künstler“,

2. Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern der Aufenthaltsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. b, c, d, f, g oder i AuslBG oder § 1 Z 1, 2, 4, 7, 8, 9 oder 12 AuslBVO zu Grunde liegt, als „Niederlassungs­bewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“,

3. Aufenthaltsbewilligung „Forscher“ als „Niederlassungsbewilligung – Forscher“,

4. Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ als „Niederlassungsbewilligung“, sofern der Zusammenführende eine Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ innehat,

5. Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ als „Niederlassungsbewilligung“, sofern der Zusammenführende eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbstän­diger Erwerbstätigkeit“ und dieser eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. b, c, d, f oder g AuslBG oder § 1 Z 1, 2, 4, 7, 8, 9 oder 12 AuslBVO zu Grunde liegt, innehat,

6. Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ als Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, sofern der Zusammenführende eine Aufenthaltsbewilligung „Forscher“ oder eine Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern letzterer eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zu Grunde liegt, innehat.

(43) Fremde, deren Aufenthaltstitel gemäß Abs. 42 Z 1, 2 und 4 bis 6 als Aufent­haltstitel, der zur Niederlassung berechtigt, weitergilt, sind mit erstmaliger Verlänge­rung der nunmehr als Niederlassungsbewilligung weitergeltenden Aufenthaltsbewilli­gung zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. § 9 Abs. 1 letzter Satz IntG gilt.

(44) Abweichend von § 45 Abs. 2 erster Satz ist die Zeit eines unmittelbar voran­gehenden rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet auf Grund eines gemäß Abs. 42 zur Niederlassung berechtigenden Aufenthaltstitels zur Gänze auf die Fünfjahresfrist gemäß § 45 Abs. 1 anzurechnen.

(45) Vor dem 1. Oktober 2017 ausgestellte Bestätigungen gemäß § 64 Abs. 4 gelten innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Berechtigungsumfanges als Bestätigungen gemäß § 64 Abs. 4 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. XX/2017 bis 31. März 2018 weiter. § 21 Abs. 2 Z 8 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 gilt für Inhaber solcher Bestätigungen bis 31. März 2018 weiter.“

83. § 82 werden folgende Abs. 23 bis 25 angefügt:

„(23) Die §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Z 15 und Abs. 3, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 9 bis 12 und Abs. 3, 10 Abs. 3 Z 1, 11 Abs. 2 Z 5 bis 7, Abs. 3, Abs. 4 Z 2, Abs. 5 und 6, 19 Abs. 10, 20 Abs. 1a, 21 Abs. 2 Z 4 bis 6 und 8 bis 10, Abs. 6 und 7, 21a Abs. 1 bis 4 und 6 bis 7, 24 Abs. 5, 28 Abs. 6, 30 Abs. 1, 33 Abs. 2 und 3, 34 Abs. 2, 36 Abs. 1, 2 und 5, 40 Abs. 1, 41 Abs. 2 und 5, 41a Abs. 1, 2, 4 Z 2, Abs. 7, 7a und 10, 43 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4, 43a bis 43d samt Überschriften, 44 Abs. 2, 44a, 45 Abs. 1 und 2, 46 Abs. 1 Z 1 und 1a, Z 2 lit. b bis d, Abs. 4 Z 3, 54 Abs. 5, 55 Abs. 3, 58 und 58a samt Überschriften, 59 Z 2, 62 Z 2, 63 Abs. 1 Z 4 bis 6 und Abs. 3, 64 Abs. 4 und 5, 66 Abs. 1 Z 4 bis 6, 69 Abs. 2 und 3, 71 Abs. 1 Z 1, 77 Abs. 1 Z 5, Abs. 2 Z 4 und 6, 80 Abs. 1 und 2, 81 Abs. 41 bis 45 sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zu §§ 43a bis 43d, 58 und 58a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. Oktober 2017 in Kraft. §§ 10 Abs. 3 Z 8, 23 Abs. 4, 61 samt Überschrift, 64 Abs. 6, 67 und 68 samt Überschriften und 71 Abs. 1 Z 2 und 3 sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 205

zu §§ 61, 67 und 68 treten mit Ablauf des 30. September 2017 außer Kraft. § 12 Abs. 7 tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft.

(24) Die §§ 14 bis 17 samt Überschriften, 83 Z 3 und 4 sowie die Einträge im Inhalts­verzeichnis zu §§ 14 bis 17 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 68/2017, treten rückwirkend mit 9. Juni 2017 in Kraft und mit Ablauf des 30. September 2017 außer Kraft. § 77 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 5 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 68/2017, treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft und mit Ablauf des 30. September 2017 außer Kraft.

(25) Die Anordnungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 sind so zu verstehen, dass sie sich auf jene Fassung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beziehen, die sie durch das Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichts­verhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, erhalten.“

Artikel 2

Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005

Das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 11a folgender Eintrag eingefügt:

„§ 11b. Verfahren vor den Landespolizeidirektionen in Visaangelegenheiten gemäß § 5 Abs. 1 Z 2“

2. Der Eintrag zu § 12 im Inhaltsverzeichnis lautet:

„§ 12.   Sonderbestimmungen für Minderjährige für das 3. bis 8. und 11. bis 15. Haupt­stück“

3. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 22 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 22a. Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen“

4. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zum 5. Abschnitt des 4. Hauptstücks:

„5. Abschnitt: Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt und die rechtmäßige Ausreise“

5. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 35 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 35a. Durchsuchungsauftrag“

6. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 52 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 52a. Gebietsbeschränkung“

7. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 56 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 57.   Wohnsitzauflage“

8. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 122 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 122a. Unterbrechung des Vollzugs von Freiheitsstrafen oder Ersatzfreiheits­strafen gemäß §§ 120 und 121“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 206

9. § 2 Abs. 2 Z 3 entfällt.

10. § 2 Abs. 4 Z 13 lautet:

„13. Saisonier: ein Drittstaatsangehöriger, der im Bundesgebiet einer Tätigkeit nach­geht, zu deren Ausübung eine Beschäftigungsbewilligung nach § 5 Bundesgesetz vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Auslän­derbeschäftigungsgesetz – AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, für Saisonarbeitskräfte oder Erntehelfer Voraussetzung ist;“

11. § 2 Abs. 4 Z 17 lautet:

„17. eine bloß vorübergehende unselbständige Tätigkeit: eine solche, bei der eine Berechtigung oder sonstige Bestätigung nach dem AuslBG mit einer sechs Monate nicht übersteigenden Gültigkeit vorhanden ist oder innerhalb von zwölf Monaten nicht länger als sechs Monate eine Tätigkeit auf Grund einer Ausnahme nach dem AuslBG (§ 1 Abs. 2 und 4 AuslBG) ausgeübt wird oder bei der eine Tätigkeit im Rahmen der vorgesehenen Dauer gemäß § 1 Z 14 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 19. September 1990 über Ausnahmen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (Ausländerbeschäftigungsverordnung – AuslBVO), BGBl. Nr. 609/1990, ausgeübt wird;“

12. In § 2 Abs. 4 wird nach Z 17 folgende Z 17a eingefügt:

„17a. Verlängerungsantrag: der Antrag eines Saisoniers auf Erteilung eines weiteren Visums für die Tätigkeit als Saisonier im Bundesgebiet, innerhalb der Gültigkeitsdauer eines für das Bundesgebiet ausgestellten Visums für die Tätigkeit als Saisonier;“

13. In § 2 Abs. 4 wird nach Z 22 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und fol­gende Z 23 angefügt:

„23. ICT-Richtlinie: die Richtlinie 2014/66/EU über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmens­internen Transfers, ABl. Nr. L 157 vom 27.05.2014 S. 1 in der geltenden Fassung.“

14. § 5 Abs. 1 Z 2 lautet:

„2. die Besorgung folgender Visaangelegenheiten:

a. die Verlängerung von Visa gemäß § 11b Abs. 2 oder Art. 33 Visakodex;

b. die Erteilung von Visa gemäß § 22a nur mit Zustimmung des Bundesministers für Inneres;

c. die Erteilung von Visa an der Außengrenze gemäß Abs. 2 nur mit Zustimmung des Bundesministers für Inneres;

d. die Annullierung von Visa; soweit es sich um nationale Visa handelt, nur jener, die von Österreich erteilt wurden;“

15. In § 5 entfallen in Abs. 2 die Wortfolge „und zu verlängern“ sowie in Abs. 3 der erste und der zweite Satz.

16. § 5 Abs. 4 entfällt.

17. In § 6 Abs. 3 entfällt die Wortfolge „oder Verlängerung“ und wird nach dem Wort „Grenzübergangsstelle“ der Verweis „gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 lit. c“ eingefügt.

18. In § 6 Abs. 9 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Abweichend von Satz 1 richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 121 Abs. 1a nach dem Gebiet der Bezirks­ver­waltungsbehörde, auf den der Aufenthalt des Fremden gemäß § 52a beschränkt ist,


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nach dem Ort der Unterkunft, die der Fremde gemäß § 57 oder § 15b AsylG 2005 zu nehmen hat oder nach dem Bundesland, in dem der Asylwerber seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 15c AsylG 2005 zu begründen hat.“

19. In § 7 Z 4 wird der Verweis „§§ 22 und 26a“ durch den Verweis „§ 21a iVm § 20 Abs. 2 Z 3, §§ 22 und 26a“ ersetzt.

20. In §§ 8 Abs. 1, 16 Abs. 1, 17 Abs. 3, 24a Abs. 6, 30 Abs. 3, 95, 102 Abs. 4 und 127 wird die Wendung „für europäische und internationale Angelegenheiten“ jeweils durch die Wendung „für Europa, Integration und Äußeres“ ersetzt.

21. In § 9 Abs. 4 wird der Verweis „§ 5 Abs. 3 und 4“ durch den Verweis „§ 5 Abs. 1 Z 2“ ersetzt.

22. In § 11 Abs. 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden.“

23. In § 11 wird in Abs. 4 Satz 3 das Wort „ist“ durch das Wort „sind“ ersetzt und nach dem Wort „Rechtsmittelinstanz“ die Wortfolge „und die Rechtsmittelfrist“ eingefügt sowie entfällt in Abs. 7 der Verweis „FPG“.

24. In § 11 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.“

25. Nach § 11a wird folgender § 11b samt Überschrift eingefügt:

„Verfahren vor den Landespolizeidirektionen in Visaangelegenheiten
gemäß § 5 Abs. 1 Z 2

§ 11b. (1) § 11 Abs. 1, 2, 4 und 6 bis 9 gelten sinngemäß in Verfahren vor den Lan­despolizeidirektionen in Visaangelegenheiten gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 mit der Maßgabe, dass bei Erteilung oder Verlängerung eines Visums die Zustellung durch Übergabe an den Empfänger in der Landespolizeidirektion erfolgt.

(2) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 4 Z 17a) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums für Saisoniers bei der örtlich zuständigen Landespolizeidirektion im Inland einzubringen. Dem Verlängerungsantrag ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 stattzugeben.“

26. In § 12 Abs. 3 wird die Wortfolge „der Hauptstadt des Bundeslandes, in dem“ durch die Wortfolge „, in dessen Sprengel“ ersetzt.

27. In § 13 Abs. 2 wird im ersten Satz das Wort „zu“ durch das Wort „zur“ ersetzt.

28. In § 13 Abs. 3 wird das Zitat „3. bis 6“ durch das Zitat „3. bis 6.“ ersetzt.

29. In § 15 Abs. 4 wird in Z 3 das Wort „oder“ durch einen Strichpunkt ersetzt, in Z 4 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und danach das Wort „oder“ sowie folgende Z 5 angefügt:

„5. wenn der Fremde Inhaber eines Aufenthaltstitels für unternehmensintern trans­ferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines Mitgliedstaates ist, der das SDÜ nicht vollständig anwendet.“

30. In § 20 Abs. 1 wird in Z 7 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 8 und 9 angefügt:

„8. Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen;


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9. Visum für Saisoniers.“

31. § 20 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur in den Fällen des § 24 zulässig. Visa D werden für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt und berechtigen zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als 90 Tagen, und zwar von längstens

1. sechs Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1 bis 8;

2. neun Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 9;

3. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1, sofern dies aus Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen notwendig ist; oder

4. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 3, sofern dies auf Grund internationaler Vereinbarungen zur Ausübung einer Tätigkeit, die vom AuslBG gemäß § 1 Z 14 AuslBVO ausgenommen ist, notwendig ist.“

32. In § 20 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Visa gemäß Abs. 1 Z 8 und 9 können mit einer Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen ausgestellt werden, sofern ein Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a) oder ein Antrag gemäß § 22a gestellt wurde und der durchgehende Aufenthalt im Bun­desgebiet insgesamt 90 Tage übersteigt.“

33. In § 21 Abs. 1 erster Halbsatz wird der Verweis „§ 20 Abs. 1 Z 1 und 3 bis 5“ durch den Verweis „§ 20 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5, 8 und 9“ ersetzt.

34. In § 21 Abs. 2 Z 4 wird der Verweis „§ 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7“ durch den Verweis „§ 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 bis 9“ ersetzt.

35. In § 21 Abs. 2 Z 12 wird die Wendung „oder“ durch einen Strichpunkt ersetzt, in Z 13 die Wendung „dafür wirbt.“ durch die Wendung „dafür wirbt oder“ ersetzt und folgende Z 14 angefügt:

„14. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Grup­pierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzu­nehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demo­kratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeu­gen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.“

36. § 21a Abs. 2 entfällt.

37. Nach § 22 wird folgender § 22a samt Überschrift eingefügt:

„Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen

§ 22a. Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, kann vor Ablauf des rechtmäßigen Aufenthalts auf Antrag im Inland ein Visum aus besonders berück­sichtigungswürdigen Gründen erteilt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 21 Abs. 1 vorliegen und dies

1. aus humanitären Gründen,


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2. aus Gründen des nationalen Interesses oder

3. auf Grund internationaler Verpflichtungen

notwendig ist.“

38. In § 24 Abs. 1 wird in Z 3 nach dem Wort „Tätigkeit“ die Wortfolge „als Saisonier (§ 2 Abs. 4 Z 13)“ eingefügt.

39. § 24 Abs. 2 entfällt.

40. In § 24 Abs. 3 wird der Verweis „§ 18 Abs. 12 AuslBG“ jeweils durch „§ 18 Abs. 12 oder 13 AuslBG“ ersetzt und werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

„(4) Abs. 1 findet ferner auf Fremde während des Aufenthaltes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung gemäß § 18 Abs. 13 AuslBG keine Anwendung, wenn sie Inhaber eines Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeit­nehmer eines Mitgliedstaates gemäß ICT-Richtlinie sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen.

(5) Teilt die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der örtlich zuständigen Landespolizeidirektion die erneute Beantragung einer Beschäftigungs­be­willigung gemäß § 5 AuslBG auf Basis eines Visums C mit mehrjähriger Gültig­keitsdauer (Art. 24 Visakodex) mit, hat die Landespolizeidirektion unverzüglich zu prüfen, ob Annullierungs- oder Aufhebungsgründe oder eine Gegenstandslosigkeit des Visums vorliegen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist über das Ergebnis der Prüfung und gegebenenfalls über die Annullierung, Aufhebung oder Gegenstandslosigkeit des Visums zu verständigen.“

41. In § 26 wird die Wortfolge „dem Fremden“ durch die Wortfolge „dem Familien­angehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005“ ersetzt.

42. In § 27 Abs. 3 Z 5 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 6 angefügt:

„6. eine Beschäftigungsbewilligung nach § 5 AuslBG des Fremden gemäß § 9 AuslBG rechtskräftig widerrufen wurde.“

43. In § 27 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Abweichend von Abs. 3 sind Visa D für Saisoniers auf Grund des Abs. 3 Z 3 zu annullieren; diesfalls gelten Abs. 1 und 2 sinngemäß.“

44. Die Überschrift des Abschnitts 3a des 4. Hauptstücks lautet:

„3a. Abschnitt

Besondere Bewilligungen“

45. In § 27a Abs. 1 wird das Wort „Visumspflicht“ durch das Wort „Visumpflicht“ ersetzt.

46. In § 31 Abs. 1 wird nach Z 4 folgende Z 5 eingefügt:

„5. bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;“

47. § 31 Abs. 1 Z 6 entfällt.

48. § 31 Abs. 2 und 3 entfallen.

49. Nach § 35 wird folgender § 35a samt Überschrift eingefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 210

„Durchsuchungsauftrag

§ 35a. (1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass sich ein Fremder, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 39 Abs. 5b) erlassen worden ist, in bestimmten Räumlichkeiten aufhält, kann die Landespolizeidirektion, sofern es zur Durchsetzung des Festnahmeauftrages erforderlich erscheint, den Organen des öffentlichen Sicher­heitsdienstes den Auftrag erteilen, die Räumlichkeiten zu betreten und zu durch­suchen.

(2) Der Auftrag gemäß Abs. 1 ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls­gewalt. Die erfolgte Durchsuchung ist vom einschreitenden Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes dem Betroffenen auf Verlangen so bald wie möglich, jedenfalls binnen 24 Stunden, schriftlich zu bestätigen.“

50. § 36 Abs. 1 Z 2 bis 4 lauten:

„2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass dies not­wendig ist, um eines Fremden, an dem Schlepperei begangen wird (Geschleppter) oder der gegen Vorschriften verstößt, mit denen die Prostitution geregelt ist, habhaft zu werden;

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass darin mindestens drei Fremde aufhältig sind und sich darunter ein Fremder befindet, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält;

4. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass dies notwen­dig ist, um einen Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, bei einer unerlaubten Erwerbstätigkeit zu betreten; oder“

51. In § 36 Abs. 1 wird nach Z 4 folgende Z 5 angefügt:

„5. ein Durchsuchungsauftrag (§ 35a) vorliegt und dies zur Durchsetzung dieses Auftrages notwendig ist.“

52. In § 39 Abs. 1 Z 1 wird das Wort „oder“ durch einen Beistrich ersetzt, in Z 2 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. er eine Gebietsbeschränkung nach § 52a, eine Wohnsitzauflage nach § 57, eine Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005 oder eine Wohnsitzbe­schränkung nach § 15c AsylG 2005 missachtet.“

53. In § 39 Abs. 5b wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind bei Vorliegen eines Fest­nahme­auftrages ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor die Landespoli­zeidirektion festzunehmen.“

54. Die Überschrift des 6. Hauptstücks lautet:

„6. Hauptstück

Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung“

55. Die Überschrift des 7. Hauptstücks lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 211

„7. Hauptstück

Abschiebung und Duldung“

56. § 46 Abs. 2 lautet:

„(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vor­behaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Doku­mentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nach­weislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundes­amt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Frem­den gemäß § 46a geduldet ist.“

57. In § 46 erhält der bisherige Abs. 2a die Absatzbezeichnung „(2b)“ und wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbeson­dere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedoku­ment für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzu­nehmen.“

58. § 46 Abs. 2b (neu) lautet:

„(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlan­gung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen auslän­dischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.“

59. In § 46 Abs. 3 wird nach der Wortfolge „insbesondere hat es“ die Wortfolge „allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und“ eingefügt.

60. § 46a Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.“

61. In § 46a werden in Abs. 1 Z 1 nach dem Zitat „52 Abs. 9“ das Zitat „Satz 1“ und in Abs. 3 nach dem Wort „Gründe“ der Klammerausdruck „(Abschiebungshindernisse)“ eingefügt.

62. In § 52 Abs. 2 entfällt im Schlussteil die Wendung „und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt“.

63. § 52 Abs. 9 lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 212

„(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Dritt­staatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.“

64. Nach § 52 wird folgender § 52a samt Überschrift eingefügt:

„Gebietsbeschränkung

§ 52a. (1) Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, der gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt wird, ist ab Aufnahme in die Betreuungseinrichtung und solange ihm die Versorgung zur Verfügung gestellt wird, bis zur Ausreise auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich die Betreuungseinrichtung befindet, beschränkt.

(2) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Gebietsbeschrän­kung gemäß Abs. 1 ruhen, wenn und solange

1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 vorübergehend nicht durchführbar,

2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder

3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(3) Dem Drittstaatsangehörigen sind bei Aufnahme in die Betreuungseinrichtung gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 die Gebietsbeschränkung gemäß Abs. 1, die Grenzen des Gebietes und die Folgen einer allfälligen Missachtung der Gebietsbeschränkung nachweislich zur Kenntnis zu bringen.“

65. In § 53 Abs. 3 Z 1 und Z 5 wird jeweils die Wendung „mehr als“ durch das Wort „mindestens“ ersetzt.

66. In § 53 Abs. 3 wird das Zitat „Z 5 bis 8“ durch das Zitat „Z 5 bis 9“ ersetzt, in Z 8 wird der Punkt durch die Wendung „oder“ ersetzt und folgende Z 9 angefügt:

„9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroris­tischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund be­stimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.“

67. In § 56 Abs. 6 entfällt das Anführungszeichen nach dem letzten Satz.

68. Nach § 56 wird folgender § 57 samt Überschrift eingefügt:

„Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 213

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehr­entscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreisever­pflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Anordnung zur Außerlandes­brin­gung rechtskräftig erlassen wurde, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn be­stimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige der Ausreise nicht nachkommen wird. Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

1. der Drittstaatsangehörige die Durchführung einer Anordnung zur Außerlandes­brin­gung bereits vereitelt hat,

2. die Überstellungsfrist aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen verlängert werden musste,

3. der Drittstaatsangehörige während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandes­bringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist oder

4. der Drittstaatsangehörige im Asylverfahren über seine Identität, seinen Herkunfts­staat oder seine Reiseroute getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange

1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlan­desbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,

2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder

3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 214

69. In § 58 entfallen Abs. 2 und in Abs. 3 die Wendung „und 2“ sowie erhält Abs. 3 die Absatzbezeichnung „(2)“.

70. In § 67 Abs. 4 lautet Satz 2:

„Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.“

71. In § 76 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Ab­schiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.“

72. In § 76 Abs. 3 wird nach Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;“

73. In § 76 Abs. 3 Z 8 wird die Wortfolge „Gebietsbeschränkungen oder Melde­verpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005“ durch die Wortfolge „Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnun­gen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005“ ersetzt.

74. In § 80 Abs. 2 wird nach dem Wort „vorbehaltlich“ die Wendung „des Abs. 5 und“ eingefügt, das Wort „zwei“ durch das Wort „drei“, das Wort „vier“ durch das Wort „sechs“ und die Wendung „verhängt“ jeweils durch die Wendung „angeordnet“ ersetzt.

75. § 80 Abs. 4 lautet:

„(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, ge­fährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.“

76. § 80 Abs. 5 lautet:

„(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.“

77. In § 80 erhält Abs. 8 die Absatzbezeichnung „(7)“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 215

78. In § 99 Abs. 3 Z 5 wird der Punkt am Ende der Ziffer durch die Wendung „, oder“ ersetzt.

79. In § 104 Abs. 2 wird nach dem Wort „Landespolizeidirektionen“ die Wortfolge „und der Bundesminister für Inneres“ und nach dem Wort „ermächtigt“ ein Beistrich eingefügt.

80. In § 106 wird nach der Wortfolge „einer Maßnahme nach dem“ die Wendung „4.,“ eingefügt.

81. In § 114 Abs. 6 wird die Wortfolge „Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB)“ durch die Wortfolge „Konfiskation (§ 19a StGB)“ und der Verweis „§ 20b StGB“ durch „§§ 20 bis 20c StGB“ ersetzt.

82. In § 120 werden nach Abs. 1a folgende Abs. 1b und 1c eingefügt:

„(1b) Wer als Fremder aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachkommt, nachdem eine gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar geworden ist, und ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG in Anspruch genommen oder bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht in Anspruch genommen hat, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 5 000 bis 15 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlas­sen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungs­unter­nehmens möglich ist.

(1c) Wer als Fremder entgegen einem rechtskräftigen Einreiseverbot oder Aufenthalts­verbot unrechtmäßig in das Bundesgebiet einreist, begeht eine Verwaltungs­über­tretung und ist mit einer Geldstrafe von 5 000 bis 15 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, kann an Stelle der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft werden. Als Tatort gilt der Ort der Betretung, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächst­gelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmens möglich ist.“

83. In § 120 Abs. 2 Z 1 wird die Wortfolge „eines Einreisetitels oder eines Aufent­haltstitels“ durch die Wortfolge „eines Einreisetitels, eines Aufenthaltstitels oder einer Dokumentation“ ersetzt und nach der Wortfolge „berufenen Behörde“ die Wortfolge „oder im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einreise oder des Aufent­halts gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes“ eingefügt.

84. In § 120 Abs. 5 wird das Zitat „Abs. 1a“ durch das Zitat „Abs. 1a und 1b“ ersetzt.

85. In § 120 Abs. 6 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Bestrafung nach Abs. 1b schließt eine solche wegen der zugleich gemäß Abs. 1 und 1a begangenen Verwaltungsübertretung aus; eine Bestrafung nach Abs. 1c schließt eine solche wegen der zugleich gemäß Abs. 1 und 1a begangenen Verwaltungsübertretungen aus.“

86. In § 120 Abs. 7 wird das Zitat „Abs. 1 oder 1a“ durch das Zitat „Abs. 1 bis 1c“ ersetzt.

87. In § 120 wird in Abs. 10 die Wendung „Abs. 2 und 3“ durch die Wendung „Abs. 1, 1c, 2 und 3“ ersetzt und folgender Abs. 11 angefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 216

„(11) Wird einem Fremden während eines anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 120 Abs. 1, 1a, 1b oder 1c der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, ein Aufenthaltstitel gemäß dem AsylG 2005 oder dem NAG rechtskräftig erteilt oder eine Dokumentation gemäß dem NAG aus­gestellt, so ist dieses Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. § 45 Abs. 2 VStG gilt.“

88. In § 121 Abs. 1 wird nach dem Zitat „§§ 56 Abs. 3“ das Wort „oder“ durch einen Beistrich ersetzt und nach dem Zitat „71 Abs. 3“ das Zitat „oder 120 Abs. 5 Z 4“ eingefügt.

89. § 121 Abs. 1a lautet:

„(1a) Wer eine Wohnsitzauflage gemäß § 57, eine Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005 oder eine Wohnsitzbeschränkung nach § 15c AsylG 2005 missachtet oder sich als Fremder außerhalb des Gebietes, auf das sein Aufenthalt gemäß § 52a beschränkt ist, aufhält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen. Dies gilt nicht, wenn ein Fall des §§ 56 Abs. 3 oder 120 Abs. 5 Z 4 vorliegt.“

90. In § 121 Abs. 6 wird nach der Wendung „Nach Abs. 1“ das Zitat „, 1a“ und nach der Wendung „verhängte Strafen“ die Wortfolge „oder deren Unterbrechungen nach § 122a“ eingefügt.

91. Nach § 122 wird folgender § 122a samt Überschrift eingefügt:

„Unterbrechung des Vollzugs von Freiheitsstrafen oder Ersatzfreiheitsstrafen gemäß §§ 120 und 121 zur Ermöglichung der Ausreise

§ 122a. (1) Der Vollzug einer Freiheitsstrafe oder Ersatzfreiheitsstrafe gemäß §§ 120 und 121 kann unterbrochen werden, wenn

1. gesichert erscheint, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung gemäß § 52 Abs. 8 binnen einer festgelegten Frist nachkommen wird oder die Abschiebung zeitnah erfolgen wird, und

2. der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen.

(2) Die Zeit der Unterbrechung des Strafvollzugs ist nicht in die Strafzeit einzurechnen.

(3) Die Unterbrechung des Strafvollzugs ist mit Aktenvermerk festzuhalten. Das Bundesamt ist von der Unterbrechung zu informieren.

(4) Kommt der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung nicht binnen der gemäß Abs. 1 Z 1 festgelegten Frist nach oder reist er nach Verlassen des Bundesgebiets unrechtmäßig ein, gilt die Unterbrechung des Strafvollzugs als widerrufen. Darüber ist der Fremde bei Unterbrechung des Strafvollzugs nachweislich zu informieren.“

92. In § 124 Abs. 1 wird nach Satz 2 folgender Satz angefügt:

„Soweit in diesem Bundesgesetz auf die AuslBVO verwiesen wird, bezieht sich dies auf die Rechtsnorm zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verweises nach diesem Bundesgesetz.“

93. Dem § 125 wird folgender Abs. 30 angefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 217

„(30) Der Beginn und der Ablauf der Frist von vor dem 1. November 2017 erlassenen und durchsetzbar gewordenen Aufenthaltsverboten richten sich nach § 67 Abs. 4 Satz 2 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017.“

94. Dem § 126 werden folgende Abs. 19 und 20 angefügt:

„(19) Die §§ 2 Abs. 4 Z 13, Z 17, Z 17a, Z 22 und Z 23, 5 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und 3, 6 Abs. 3, 7 Z 4, 9 Abs. 4, 11 Abs. 1, 4, 7 und 9, 11b samt Überschrift, 15 Abs. 4 Z 3, 4 und 5, 20 Abs. 1 Z 7 bis 9, Abs. 2 und 3a, 21 Abs. 1 und 2 Z 4, 22a samt Überschrift, 24 Abs. 1 Z 3, Abs. 3 bis 5, 27 Abs. 3 Z 5 und 6 sowie Abs. 5, 31 Abs. 1 Z 5, 106, 124 Abs. 1 sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zu §§ 11b und 22a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. Oktober 2017 in Kraft. Die §§ 6 Abs. 9, 8 Abs. 1, 12 Abs. 3, 13 Abs. 2 und 3, 16 Abs. 1, 17 Abs. 3, 21 Abs. 2 Z 12, 13 und 14, 24a Abs. 6, 26, die Überschrift des Abschnittes 3a des 4. Hauptstückes, §§ 27a Abs. 1, 30 Abs. 3, 35a samt Überschrift, 36 Abs. 1 Z 2 bis 5, 39 Abs. 1, 39 Abs. 5b, die Überschriften des 6. und 7. Hauptstückes, 46 Abs. 2, 2a und 2b, 46 Abs. 3, 46a Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 und 9, 52a samt Überschrift, 53 Abs. 3, 56 Abs. 6, 57 samt Überschrift, 58 Abs. 2, 67 Abs. 4, 76 Abs. 2a und 3 Z 1a und Z 8, 80 Abs. 2, 4, 5 und 7, 95, 99 Abs. 3 Z 5, 102 Abs. 4, 104 Abs. 2, 114 Abs. 6, 120 Abs. 1b bis 1c, Abs. 2 Z 1, Abs. 5 bis 7, 10 und 11, 121 Abs. 1, 1a und 6, 122a samt Überschrift, 125 Abs. 30, 127 sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zu §§ 12, 35a, dem 5. Abschnitt des 4. Hauptstückes, §§ 52a, 57 sowie 122a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. November 2017 in Kraft. Die §§ 2 Abs. 2 Z 3, 21a Abs. 2, 24 Abs. 2 sowie 31 Abs. 1 Z 6 und Abs. 2 bis 3 treten mit Ablauf des 30. September 2017 außer Kraft. Die §§ 5 Abs. 4 und 58 Abs. 2 treten mit Ablauf des 31. Oktober 2017 außer Kraft.

(20) Die Anordnungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 sind so zu verstehen, dass sie sich auf jene Fassung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beziehen, die sie durch das Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Ge­sichtsverhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, erhalten.“

Artikel 3

Änderung des Asylgesetzes 2005

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch die Kundmachung BGBl. I Nr. 10/2016 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis werden nach dem Eintrag zu § 15a folgende Einträge eingefügt:

„§ 15b  Anordnung der Unterkunftnahme

§ 15c   Wohnsitzbeschränkung“

2. In § 2 Abs. 1 werden in Z 22 die Wendungen „im Herkunftsstaat“ jeweils durch die Wortfolge „vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asyl­berech­tigten“ ersetzt.

3. In § 4a entfällt die Absatzbezeichnung „(1)“.

4. § 7 Abs. 2 lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 218

„(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraus­setzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen.“

5. In § 8 Abs. 3a zweiter Satz wird nach der Wortfolge „Abweisung mit der“ die Wortfolge „Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der“ eingefügt.

6. In § 9 Abs. 2 wird im Schlussteil nach der Wortfolge „Schutzberechtigten mit der“ die Wortfolge „Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der“ eingefügt.

7. In § 10 Abs. 1 entfällt die Wendung „sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt“.

8. In § 12a Abs. 1 Z 3 wird die Wendung „haben., und“ durch die Wendung „haben, und“ ersetzt.

9. In § 12a Abs. 3 Z 2 entfällt der Klammerausdruck „(§ 58 Abs. 2 FPG)“.

10. § 15 Abs. 1 Z 3 lautet:

„3. ihm zur Verfügung stehende ärztliche Befunde und Gutachten, soweit diese für die Beurteilung des Vorliegens einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychi­schen Störung (§ 30) oder besonderer Bedürfnisse (§ 2 Abs. 1 GVG-B) relevant sind, vorzulegen;“

11. Nach § 15a wird folgender § 15b samt Überschrift eingefügt:

„Anordnung der Unterkunftnahme

§ 15b. (1) Einem Asylwerber kann nach Zulassung zum Verfahren mittels Verfahrens­anordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Ver­fügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrens­anordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(2) Bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

1. Voraussetzungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 2 oder für eine Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 vorliegen,

2. der Antrag auf internationalen Schutz sich auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht oder

3. vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde.

(3) Bei der Beurteilung, ob aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz die Unterkunftnahme anzuord­nen ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Asylwerber seinen Mitwirkungs­verpflichtungen gemäß § 15 nachgekommen ist.


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(4) Die Anordnung der Unterkunftnahme gilt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, solange dem Asylwerber das Quartier zur Verfügung gestellt wird.

(5) Dem Asylwerber sind die Anordnung gemäß Abs. 1 und die Folgen einer allfälligen Missachtung nachweislich zur Kenntnis zu bringen.“

12. Nach § 15b wird folgender § 15c samt Überschrift eingefügt:

„Wohnsitzbeschränkung

§ 15c. (1) Ein Asylwerber darf seinen Wohnsitz oder, in Ermangelung eines solchen, seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht außerhalb des Bundeslandes begründen, das ihm Grundversorgung gemäß der Grundversorgungsvereinbarung gewährt oder zur Verfügung stellt. Die Wohnsitzbeschränkung bleibt im Falle des Entzugs der Grund­versorgung unberührt, es sei denn, dem Asylwerber wird von einem anderen Bundes­land Grundversorgung gewährt oder zur Verfügung gestellt. Diesfalls gilt Satz 1.

(2) Die Verpflichtung ruht, wenn und solange eine Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b gilt.

(3) Dem Asylwerber sind die Wohnsitzbeschränkung nach Abs. 1 und die Folgen einer allfälligen Missachtung nachweislich zur Kenntnis zu bringen.“

13. In § 34 wird in Abs. 2 Z 1 der Strichpunkt durch das Wort „und“ ersetzt und entfällt in Abs. 2 und 3 jeweils Z 2.

14. In § 34 Abs. 6 wird in Z 2 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt sowie wird nach Z 2 folgende Z 3 angefügt:

„3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“

15. In §§ 35 Abs. 3 und 72 Z 5 und Z 7 lit. a wird die Wendung „für europäische und internationale Angelegenheiten“ jeweils durch die Wendung „für Europa, Integration und Äußeres“ ersetzt.

16. In § 35 Abs. 5 werden die Wendungen „im Herkunftsstaat“ jeweils durch die Wort­folge „vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten“ ersetzt.

17. Dem § 58 wird folgender Abs. 14 angefügt:

„(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsfor­mulare, enthalten.“

18. In § 60 Abs. 3 lautet Z 1:

„1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines euro­päischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder


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Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder“

19. Dem § 73 werden folgende Abs. 18 und 19 angefügt:

„(18) Die §§ 2 Abs. 1 Z 22, 4a, 7 Abs. 2, 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2, 10 Abs. 1, 12a Abs. 1 Z 3 und Abs. 3 Z 2, 15 Abs. 1 Z 3, 15b und 15c samt Überschriften, 34 Abs. 2, 3 und 6 Z 2 und 3, 35 Abs. 3 und 5, 58 Abs. 14, 60 Abs. 3 Z 1, 72 Z 5 und Z 7 lit. a sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zu §§ 15b und 15c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. November 2017 in Kraft.

(19) Die Anordnungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 sind so zu verstehen, dass sie sich auf jene Fassung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beziehen, die sie durch das Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichts­verhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, erhalten.“

Artikel 4

Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes

Das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 25/2016, wird wie folgt geändert:

1. In §§ 4 Abs. 2, 29 Abs. 2 Z 4 und 57 Z 3 wird die Wendung „für europäische und internationale Angelegenheiten“ jeweils durch die Wendung „für Europa, Integration und Äußeres“ ersetzt.

2. In § 11 Abs. 1 wird die Wendung „Asylwerber versorgt wird“ durch die Wendung „Asylwerber oder Fremde versorgt wird“ ersetzt.

3. § 11 Abs. 3 lautet:

„(3) Zustellungen an Fremde können, soweit sie nicht durch eigene Organe des Bundesamtes oder des Bundesverwaltungsgerichtes vorgenommen werden, durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder durch Organe der Betreuungs­ein­richtungen des Bundes (§ 1 Z 7 GVG-B) erfolgen. Eine allenfalls notwendige Hinter­legung hat diesfalls bei der nächsten Dienststelle der Landespolizeidirektion oder bei der Betreuungseinrichtung des Bundes zu erfolgen. § 17 Abs. 3 Satz 1 bis 3 ZustG gilt sinngemäß.“

4. § 11 Abs. 4 entfällt.

5. § 11 Abs. 6 lautet:

„(6) Zustellungen an Fremde können durch Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes auch im Zuge der Erfüllung einer Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005, §§ 56 Abs. 2 Z 2, 71 Abs. 2 Z 2 oder 77 Abs. 3 Z 2 FPG oder § 13 Abs. 2 erfolgen. Kommt der Empfänger seiner Meldeverpflichtung nach Veranlassung der Zustellung nicht nach, ist das Dokument bei der Dienststelle der Landespolizeidirektion zu hinterlegen. § 17 Abs. 3 Satz 1 bis 3 ZustG gilt sinngemäß mit der Maßgabe, dass das hinterlegte Dokument von der Dienststelle der Landespolizeidirektion zur Abholung bereitzuhalten ist. Wurde eine Verletzung der Meldeverpflichtung dem Bundesamt vor Veranlassung der Zustellung mitgeteilt, ist die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch vorzunehmen, solange der Fremde seiner Meldever­pflichtung nicht nachgekommen ist. § 23 ZustG gilt sinngemäß mit der Maßgabe, dass


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an die Stelle der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes die Dienststelle der Landespolizeidirektion tritt und eine Hinterlegung beim Gemeindeamt nicht in Betracht kommt.“

6. In §§ 17 Abs. 1 und 18 Abs. 5 werden nach der Wendung „Vorlage der Beschwerde“ jeweils die Wendung „von Amts wegen“ und nach dem letzten Satz jeweils folgende Sätze angefügt:

„In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.“

7. In § 21 Abs. 2a wird nach dem Zitat „§ 34 Abs. 1 VwGVG.“ folgender Satz angefügt:

„Abweichend von Satz 1 erkennt das Bundesverwaltungsgericht binnen zwei Monaten über Beschwerden gegen Entscheidungen, mit denen der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt wurde, ohne den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.“

8. In § 21 Abs. 2a Z 3 wird die Wortfolge „eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen“ durch die Wortfolge „die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt“ ersetzt.

9. In § 21 wird nach Abs. 2a folgender Abs. 2b eingefügt:

„(2b) Abweichend von § 34 Abs. 1 VwGVG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes über Anträge auf inter­nationalen Schutz binnen zwölf Monaten, sofern in diesem Bundesgesetz oder im AsylG 2005 nichts anderes bestimmt ist.“

10. In § 21 Abs. 6 wird das Wort „Wochen“ durch das Wort „Woche“ ersetzt.

11. In § 27 Abs. 1 Z 18 wird das Wort „und“ durch einen Beistrich ersetzt, in Z 19 ein Beistrich und nach Z 19 folgende Z 20 und Z 21 angefügt:

„20. Auflagen, Gebietsbeschränkungen, Anordnungen der Unterkunftnahme oder Wohn­sitzbeschränkungen nach §§ 46a Abs. 2, 52a, 56, 57, 71 oder 71 FPG, §§ 12 Abs. 2, 15b oder 15c AsylG 2005 und,

21. das bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK)“

12. In § 28 wird in Abs. 1 die Wortfolge „Verfahrensinformationen über Anträge, Ent­scheidungen und Rechtsmittel“ durch die Wortfolge „Informationen zum Verfahrens­stand, insbesondere über Anträge, Entscheidungen, Rechtsmittel, Abschiebungen und freiwillige Rückkehren“ und in Abs. 3 der Verweis „Art. 148 ff B-VG“ durch den Verweis „Art. 148a ff B-VG“ ersetzt.

13. In § 29 Abs. 2 wird im Einleitungsteil das Zitat „§ 27 Abs. 1 Z 1 bis 11“ durch das Zitat „§ 27 Abs. 1 Z 1 bis 11 und Z 19“ ersetzt.

14. § 30 Abs. 5 lautet:

„(5) Im Fall von Strafverfahren gegen Fremde wegen vorsätzlich begangener Straftaten sowie Auslieferungs- und Übergabeverfahren haben

1. das Strafgericht über die Verhängung und die Aufhebung der Untersuchungs-, Auslieferungs- oder Übergabehaft sowie über die rechtskräftige Entscheidung im Straf-, Auslieferungs- oder Übergabeverfahren unter Anschluss der das Verfahren ab­schließenden Entscheidung,

2. die Staatsanwaltschaft über die Einbringung der Anklage, den Rücktritt von der Verfolgung und die Einstellung des Ermittlungsverfahrens und


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3. die Justizanstalt über den Antritt und die Entlassung aus der Freiheitsstrafe

das Bundesamt zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verständigen. Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten hat diese Mitteilung durch elektronische Übermittlung dieser Daten an das Bundesamt zu erfolgen (§ 15b Abs. 1 StVG). Dem Bundesamt obliegt die Weiterleitung der Information an eine allenfalls zuständige weitere Instanz.“

15. In § 33 Abs. 3 wird die Wendung „eines Ersatzreisedokumentes“ durch die Wendung „einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG oder zur Überprüfung der Erfüllung einer Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2b FPG“ ersetzt.

16. In § 33 Abs. 4 lautet der zweite Satz:

„Daten, die zur Beschaffung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG oder zur Überprüfung der Erfüllung einer Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2b FPG erfor­derlich sind, dürfen jedoch übermittelt werden, wenn der Antrag – wenn auch nicht rechtskräftig – ab- oder zurückgewiesen worden ist oder dem Asylwerber ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.“

17. § 34 Abs. 3 Z 4 lautet:

„4. wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Voll­streckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne aus­reichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.“

18. In § 36 Abs. 2 wird das Wort „dessen“ durch das Wort „deren“ ersetzt.

19. Dem § 52a Abs. 2 werden folgende Sätze angefügt:

„Darüber hinaus sind Rückkehrberatungsstellen ermächtigt, Fremden, gegen die eine – wenn auch nicht rechtskräftige – Rückkehrentscheidung erlassen wurde, weitere Rückkehrberatungsgespräche anzubieten. Fremde sind im Falle eines nachweislich angebotenen Rückkehrberatungsgesprächs verpflichtet, dieses in Anspruch zu nehmen.“

20. In § 52a Abs. 3 wird nach der Wendung „auf Nachfrage“ die Wendung „der zuständigen Landespolizeidirektion im Verwaltungsstrafverfahren nach § 120 Abs. 1b FPG,“ eingefügt.

21. Dem § 56 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Die §§ 4 Abs. 2, 11 Abs. 1, 3 und 6, 17 Abs. 1, 18 Abs. 5, 21 Abs. 2a, 2b und 6, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 3, 29 Abs. 2, 30 Abs. 5, 33 Abs. 3 und 4, 34 Abs. 3 Z 4, 36 Abs. 2 sowie 52a Abs. 2 und 3, 57 Z 3 und 58 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. November 2017 in Kraft. § 11 Abs. 4 tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2017 außer Kraft. § 21 Abs. 2b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 tritt mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft.“

22. Dem § 58 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 21 Abs. 2b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 gilt für Beschwerdeverfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“


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Artikel 5

Änderung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005

Das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 (GVG-B 2005), BGBl. Nr. 405/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 70/2015, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 wird in Z 6 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt sowie folgende Z 7 angefügt:

„7. Organ der Betreuungseinrichtungen des Bundes: ein nachgeordnetes Organ ge­mäß Art. 20 Abs. 1 B-VG, das einer Betreuungseinrichtung gemäß Z 5 zur Dienst­leistung zugewiesen ist.“

2. § 2 Abs. 7 lautet:

„(7) Ein Fremder ohne Aufenthaltsrecht, dessen Asylantrag im Zulassungsverfahren abgewiesen wurde, verliert im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG den Anspruch auf Versorgung durch den Bund gemäß Abs. 1, sofern das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung mit Beschluss gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkennt. Wirkt der Fremde an der freiwilligen Ausreise mit, lebt der Anspruch auf die Versorgung durch den Bund nach Abs. 1 für die Dauer der Mitwirkung bis zum Zeitpunkt der freiwilligen Ausreise wieder auf.“

3. In § 5 werden nach Abs. 3 folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

„(4) Den Organen der Betreuungseinrichtungen des Bundes obliegt die Überwachung der Einhaltung der Verordnung gemäß Abs. 1 und der Hausordnung gemäß Abs. 3.

(5) Die Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes sind ermächtigt,

1. Personen am unbefugten Betreten einer Betreuungseinrichtung des Bundes oder eines Bereiches einer solchen Betreuungseinrichtung (§ 10 Abs. 1) zu hindern und Personen, die unbefugt eine Betreuungseinrichtung des Bundes oder einen Bereich einer solchen Betreuungseinrichtung betreten haben, von der Betreuungsstelle zu weisen, und

2. Personen, die eine Betreuungseinrichtung des Bundes betreten haben oder betreten wollen, einer Kontrolle zu unterziehen, ob sie gemäß der Hausordnung (Abs. 3) untersagte Gegenstände bei sich haben.“

4. Nach § 6 Abs. 2 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und deren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a FPG) ist, können zur Vorbereitung und Unterstützung ihrer Ausreise in den in einer Verordnung gemäß § 5 Abs. 1 genannten Betreuungseinrichtungen des Bundes im unbedingt erforderlichen Aus­maß versorgt werden, wobei jedenfalls Unterbringung, Verpflegung und medizi­nische Versorgung geleistet werden. Dem Fremden ist formlos mitzuteilen, in welcher Betreuungseinrichtung ihm künftig die Grundversorgung gewährt wird, und es ist ihm die kostenlose Anreise zu dieser zu ermöglichen.“

5. In § 7 Abs. 3 wird im Anfangsteil die Wendung „Asylwerbern und Fremden“ durch die Wendung „Asylwerber und Fremde“ ersetzt sowie in Z 2 nach dem Wort „Gemeinde“ die Wendung „und Gemeindeverbände“ eingefügt und die Wendung „Landschafts­pflege und gestaltung“ durch die Wendung „Landschaftspflege und -gestaltung“ ersetzt.

6. Nach § 7 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:


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„(3a) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, nach Anhörung der Länder mit Verordnung festzulegen,

1. unter welchen Voraussetzungen bei unter dem bestimmenden Einfluss einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes stehenden Organisationen und

2. unter welchen Voraussetzungen bei Nichtregierungsorganisationen

Asylwerber und Fremde gemäß Abs. 3 mit ihrem Einverständnis für gemeinnützige Hilfstätigkeiten im Sinne des Abs. 3 Z 2 herangezogen werden können.“

7. In § 7 Abs. 4 wird das Zitat „Abs. 3“ durch das Zitat „Abs. 3 und 3a“ ersetzt.

8. In § 7 Abs. 5 wird nach Satz 2 folgender Satz angefügt:

„Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, nach Anhörung der Länder mit Verordnung betragliche Höchstgrenzen für den gemäß Satz 1 zu leistenden Aner­kennungsbeitrag festzulegen.“

9. In § 8 Abs. 4 wird nach der Wortfolge „an beauftragte Rechtsträger nach § 4,“ die Wortfolge „an die für die Gewährung von Leistungen der Bedarfsorientierten Min­destsicherung zuständigen Stellen,“ eingefügt und wird nach dem Wort „übermitteln“ die Wendung „, soweit diese sie zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigen“ angefügt.

10. In § 8 werden nach Abs. 7 folgende Abs. 8 und 9 angefügt:

„(8) Die Organe der Betreuungseinrichtungen haben der Behörde grobe Verstöße gegen die Hausordnung (§ 5 Abs. 3) zu melden.

(9) Daten zur und die Änderung der Wohnanschrift im Betreuungsinformationssystem werden automationsunterstützt der Zentralen Verfahrensdatei gemäß § 28 BFA-VG zur Verfügung gestellt und aktualisiert.“

11. § 9 Abs. 3a lautet:

„(3a) Der Bundesminister für Inneres kann Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt für die Durchsetzung der Befugnisse gemäß § 5 Abs. 5 ermächtigen, sofern diese dafür geeignet und besonders geschult sind. Für diese Organe gilt die Verordnung des Bundesministers für Inneres, mit der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen werden – RLV, BGBl. Nr. 266/1993. § 47 BFA-VG gilt sinngemäß.“

12. Dem § 16 werden folgende Abs. 20 und 21 angefügt:

„(20) Die §§ 1 Z 6 und 7, 2 Abs. 7, 5 Abs. 4 und 5, 6 Abs. 2a, 7 Abs. 3 und 4, 8 Abs. 4, 8 und 9 sowie 9 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. November 2017 in Kraft. § 7 Abs. 3a und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. April 2018 in Kraft.

(21) Verordnungen auf Grund des § 7 Abs. 3a und Abs. 5 Satz 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 können bereits ab dem auf seine Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen jedoch frühestens mit dem 1. April 2018 in Kraft treten.“


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Artikel 6

Änderung des Grenzkontrollgesetzes

Das Grenzkontrollgesetz (GrekoG), BGBl. Nr. 435/1996, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 25/2016, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Abs. 3 wird die Wortfolge „Artikel 23 ff der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), ABl. Nr. L 105 vom 13.04.2006, S. 1“ durch die Wortfolge „Artikel 25 ff der Verordnung (EU) 2016/399 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (Kodifizierter Text), ABl. Nr. L 77 vom 09.03.2016, S. 1“ ersetzt.

Allgemeiner Teil

Mit vorliegendem Entwurf werden die fremdenrechtlichen Materiengesetze vorrangig an die Vorgaben zweier EU-Richtlinien, einerseits der Richtlinie 2014/36/EU über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer, ABl. Nr. L 94 vom 28.3.2014 S. 375 (im Folgenden: „Saisonier-RL“), und andererseits der Richtlinie 2014/66/EU über die Be­dingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers, ABl. Nr. L 157 vom 27.05.2014 S. 1 (im Folgenden: „ICT-RL“), angepasst.

Die Saisonier-RL legt die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt zum Zwecke der Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer sowie die damit zusammen­hän­genden Rechte von Saisonarbeitnehmern fest. Gemäß Art. 3 lit. b Saisonier-RL ist ein „Saisonarbeitnehmer“ ein Drittstaatsangehöriger, der sich – unter Beibehaltung seines Hauptwohnsitzes in einem Drittstaat – rechtmäßig und vorübergehend im Hoheits­gebiet eines Mitgliedstaats aufhält, um im Rahmen eines oder mehrerer befristeter Arbeitsverträge, den bzw. die dieser Drittstaatsangehörige direkt mit dem in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Arbeitgeber geschlossen hat, eine saisonabhängige Tätigkeit auszuüben. Die Einreise und der Aufenthalt von Saisonarbeitnehmern werden dabei weiterhin im Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) im Rahmen der Erteilung eines Visums C oder D geregelt.

Darüber hinaus wird im FPG das Visum D „aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" eingeführt und vorgesehen, dass Visa D für längerfristige Aufenthalte im Bundesgebiet sowie Visa D zu Erwerbszwecken unter Einhaltung bestimmter Bedingungen für bis zu 12 Monate ausgestellt werden können.

Das Hauptziel der ICT-RL ist die Schaffung von Regelungen für die Einreise von Drittstaatsangehörigen und ihren Familienangehörigen für den Aufenthalt von mehr als 90 Tagen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers, die Bedingungen für deren Aufenthalt und Beschäftigung sowie die Mobilitätsrechte innerhalb der EU-Mitgliedstaaten, die Inhabern eines Aufenthaltstitels für unternehmensintern transfe­rierte Arbeitnehmer, der von einem Mitgliedstaat auf Grundlage dieser Richtlinie erteilt wurde, zukommen. Dies wird durch Einführung zweier neuer Aufenthaltstitel haupt­sächlich im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) umgesetzt.

Die ICT-RL sieht vor, dass Drittstaatsangehörige, die in einem außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten ansässigen, multinationalen Unternehmen oder einer solchen Unternehmensgruppe tätig sind, für Aufenthalte von mehr als 90 Tagen in einen Mitgliedstaat vorübergehend entsandt werden können, sofern in diesem Mit-


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gliedstaat eine Niederlassung desselben Unternehmens oder derselben Unterneh­mens­gruppe existiert und der Drittstaatsangehörige (i) Führungskraft, (ii) Spezialist oder (iii) Trainee in dem Unternehmen (der Unternehmensgruppe) ist, wobei die Höchstdauer des unternehmensinternen Transfers für Führungskräfte und Spezialisten drei Jahre und für Trainees ein Jahr beträgt (siehe §§ 18a und 20f Aus­länderbeschäftigungsgesetz [AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2017]). Ferner sieht die ICT-RL vor, dass solchen Drittstaats­ange­hörigen ein Aufenthaltstitel (zum Zwecke des unternehmensinternen Transfers) aus­gestellt wird, mit welchem Mobilitätsberechtigungen in sämtlichen Mitgliedstaaten verbunden sind (siehe § 58a NAG). Diese Mobilitätsberechtigungen erfordern auch Anpassungen im FPG, da alle Drittstaatsangehörigen, die Inhaber eines Aufent­haltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer („ICT“) eines Mitgliedstaa­tes sind, berechtigt sein müssen, visumfrei in das Bundesgebiet einzureisen und sich hier kurzfristig (bis zu 90 Tage) aufzuhalten, sofern die Bestimmungen des AuslBG entsprechend eingehalten werden.

Mit den Erkenntnissen vom 19.04.2016, Ro 2015/22/0010, vom 07.06.2016, Ro 2016/22/0008, und vom 20.07.2016, Ro 2016/22/0011, hielt der Verwaltungs­gerichts­hof (VwGH) im Zusammenhang mit der Aufenthaltsbewilligung für Künstler fest, dass die innerstaatliche Ausgestaltung der Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ den Dritt­staatsangehörigen nicht daran hindere, langfristig ansässig zu werden. Entgegen der Systematik und dem Wortlaut des NAG sei daher dem betroffenen Künstler unmittelbar aufgrund der Richtlinie 2003/109/EG betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufent­haltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, ABl. Nr. L 016 vom 23.01.2004 S. 44 (im Folgenden: „Daueraufenthalts-RL“), ein direkter Umstieg von einer Aufent­halts­bewilligung „Künstler“ auf einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ zu ermög­lichen. Anlässlich dieser Judikatur bedarf es der Umgestaltung einiger Aufenthaltsbe­willigungen im NAG. In diesem Sinne sind bestimmte Aufenthaltszwecke, für die bislang eine Aufenthaltsbewilligung vorgesehen war, in Niederlassungs­bewilligungen überzuleiten.

Im FPG werden für bestimmte qualifizierte Formen des rechtswidrigen Aufenthalts bzw. der rechtswidrigen Einreise eigene Straftatbestände mit jeweils erhöhtem Strafrahmen vorgesehen. Zudem wird bei der Schubhaft nunmehr ausdrücklich eine allfällige Straffälligkeit des betroffenen Fremden berücksichtigt. Darüber hinaus wird im FPG das Visum D „aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen“ eingeführt und vorgesehen, dass Visa D für längerfristige Aufenthalte im Bundesgebiet sowie Visa D zu Erwerbszwecken unter Einhaltung bestimmter Bedingungen für bis zu 12 Monate ausgestellt werden können.

Schließlich wird durch die Änderung des § 80 FPG einerseits die Regelung der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft den Vorgaben des Unionsrechts auf Grund der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitglied­staaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98 (im Folgenden: „Rückführungs-RL“), angepasst. Aus diesem Grund sollen die bisher in § 80 Abs. 4 und 5 normierten Durch­rech­nungs­zeiträume von einem Jahr bzw. von 18 Monaten, innerhalb derer die Aufrechterhaltung der Schubhaft für die jeweilige Höchstdauer zulässig ist, solange ein Schubhaftgrund bzw. ein Siche­rungsbedarf gemäß § 76 Abs. 2 FPG vorliegt, ersatzlos entfallen. Andererseits sollen die von der Rückführungs-RL gebotenen Möglichkeiten – nach dem Vorbild anderer EU Mitgliedstaaten – dahingehend ausgeschöpft werden, dass die Höchstdauer der Schubhaft mit nunmehr – entsprechend Art. 15 Abs. 5 Satz 2 Rückführungs RL – sechs bzw. – in den in Art. 15 Abs. 6 Rückführungs RL genannten Fällen – mit 18 Monaten festgelegt wird.


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Darüber hinaus wird im AsylG 2005 festgelegt, dass bei straffälligen Asylberechtigten nach dem Vorbild der bewährten Regelung des § 27 AsylG 2005 bereits bei Ankla­geerhebung, Betreten auf frischer Tat bei Begehung eines Verbrechens sowie Anordnung der Untersuchungshaft das Aberkennungsverfahren einzuleiten und beschleunigt – binnen einem Monat – zu führen ist.

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen zudem auch jene Maßnahmen umgesetzt werden, die im „Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 für Österreich (Jänner 2017)“ zur Eindämmung der Migration beschlossen wurden. Die Maßnahmen, welche insgesamt zu einer effizienteren Verfahrensführung, einer verstärkten Rückkehr­beratung und -vorbereitung sowie zu einer Steigerung der Ausreisen unrechtmäßig aufhältiger Fremder führen sollen, umfassen zum einen Auflagen während des Asylverfahrens und zum anderen Auflagen und Beschränkungen im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandes­bringung nach negativem Abschluss des Asylverfahrens. So ist es Asylwerbern nach Zulassung zum Verfahren und ab Aufnahme in eine Betreuungseinrichtung des Landes untersagt, in einem anderen Bundesland als jenem, durch welches ihnen Grundver­sorgung gewährt wird, ihren Wohnsitz bzw. ihren Aufenthalt zu begründen. Weiters kann Asylwerbern künftig gemäß § 15b AsylG 2005 aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder der zügigen Verfahrensführung mittels Verfah­rensanordnung des Bundesamtes aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier Unterkunft zu nehmen. Diese Anordnung der Unterkunftnahme kann nur in bestimmten Fällen, nach einer individuellen Prüfung, angeordnet werden und gilt sodann bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, dh. bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens, solange dem Asylwerber das Quartier zur Verfügung gestellt wird. Zudem sieht § 57 FPG – als Ergänzung zu den in § 56 FPG geregelten Auflagen – nunmehr eine Wohnsitzauflage vor, welche im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in zwei Konstellationen zum Tragen kommen kann: einerseits wenn ein Drittstaatsangehöriger seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise nicht innerhalb der festgesetzten Frist (§ 55 FPG) nachkommt und bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er auch weiterhin seiner Ausreisever­pflichtung nicht nachkommen wird, und andererseits, wenn aus Gründen der öffent­lichen Ordnung oder Sicherheit mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung von vornherein keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wird. Ebenso kann eine Wohnsitzauflage erlassen werden, wenn gegen den Drittstaatsangehörigen eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig erlassen wurde und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. In diesen Fällen wird dem Drittstaatsangehörigen mittels Mandats­bescheid aufgetragen, bis zur Ausreise in einem vom Bundesamt bestimmten Quartier des Bundes Unterkunft zu nehmen. Bei diesem handelt es sich um eine Betreuungs­einrichtung des Bundes gemäß dem neu geschaffenen § 6 Abs. 2a Grundversor­gungsgesetz – Bund 2005, in welchem künftig eine verstärkte Rückkehrberatung (ins­besondere Rückkehrberatungsgespräche zur Abklärung der Perspektiven) und Rück­kehrhilfe (insbesondere in Form von Geldleistungen zur Unterstützung der freiwilligen Ausreise und allenfalls der Wiedereingliederung im Herkunftsstaat) stattfinden sollen. Der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen soll dabei ab Aufnahme in die Grund­versorgung – und solange ihm diese zur Verfügung gestellt wird – ex lege auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich die Betreuungseinrichtung befindet, beschränkt sein (Gebietsbeschränkung gemäß § 52a FPG).

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich bezüglich des Art. 1 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B VG (Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen), be-


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züg­lich des Art. 2 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B VG (Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, Aufenthaltsverbot, Aus-weisung und Abschiebung) und Art. 10 Abs. 1 Z 7 B VG (Fremdenpolizei), bezüglich des Art. 3 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B VG (Asyl, Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen), be­züglich des Art. 4 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B VG (Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Aufent­haltsverbot, Ausweisung und Abschiebung, Asyl), bezüglich des Art. 5 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B VG (Asyl) und des Art. 6 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B VG (Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm).

Zu den Änderungen im Einzelnen:

Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer

Ein inhaltlicher Schwerpunkt dieses Entwurfs ist die innerstaatliche Umsetzung der ICT-RL. Durch die Einführung eines vereinfachten Zulassungsverfahrens für die Erteilung einer speziellen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für unternehmensintern transferierte Führungskräfte, Spezialisten und Trainees sollen für Arbeitnehmer aus Drittstaaten, die in multinationalen Unternehmen oder Unternehmensgruppen tätig sind, attraktivere Bedingungen für eine vorübergehende Verlegung in innerhalb der Europäischen Union angesiedelte Niederlassungen geschaffen werden. Unterneh­mensinterne Transfers von in Schlüsselpositionen beschäftigten Mitarbeitern erschließen den aufnehmenden Unternehmensteilen neue Fertigkeiten und Fachkenntnisse, Inno­vationen und ökonomische Möglichkeiten, wodurch die wissensbasierte Wirtschaft in der Europäischen Union vorangebracht und Investitionsströme innerhalb der Euro­päischen Union gefördert werden. Die mit dem Entwurf vorgesehenen Änderungen können daher als Instrument gesehen werden, um die Wirtschaft in der Europäischen Union und damit auch den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Weiters wird die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern innerhalb der Euro­päischen Union durch ein vereinfachtes Zulassungsverfahren begünstigt.

Der Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer nach der ICT RL erleichtert seinem Inhaber den Zugang zum Arbeitsmarkt, schafft günstigere Bedin­gungen für die Familienzusammenführung und erleichtert ebenso die Mobilität inner­halb der Europäischen Union. Unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer, die bereits über einen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates verfügen und in einem Unternehmensteil, der in einem zweiten Mitgliedstaat angesiedelt ist, für bis zu 90 Tage eingesetzt werden sollen, können ihre Tätigkeit nach entsprechender Notifizierung an den zweiten Mitgliedstaat auf Basis des vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels „ICT“ auch im zweiten Mitgliedstaat ausüben. Sollen unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer für mehr als 90 Tage in dem im zweiten Mitgliedstaat angesiedelten Unternehmensteil eingesetzt werden, kann der zweite Mitgliedstaat dies entweder auf Basis des Aufenthaltstitels „ICT“ des ersten Mitglied­staates zulassen oder die erforderliche Beantragung eines Aufenthaltstitels für mobile unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer („mobile ICT“) vorsehen. Österreich hat sich bei der Umsetzung der ICT-RL dafür entschieden, im Falle der langfristigen Mobilität von mehr als 90 Tagen ein Antragsverfahren vorzusehen. Unternehmens­intern transferierte Arbeitnehmer erhalten daher für ihren Aufenthalt und ihre Be­schäftigung im Falle der langfristigen Mobilität bei Vorliegen der Voraus­setzungen den Aufenthaltstitel „mobile ICT“ in Österreich.

In Umsetzung dieser Vorgaben der Richtlinie werden innerhalb des NAG sohin zwei neue Aufenthaltsbewilligungen (Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transfe-


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rierter Arbeitnehmer [„ICT“] und Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer [„mobile ICT“]) eingeführt. Des Weiteren finden sich spezifische Bestimmungen hinsichtlich der Familienzusammenführung im Gesetzes­text.

Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Künstler“, „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ und „Niederlassungsbewilligung – For­scher“

Das NAG differenziert in seiner Systematik zwischen Aufenthaltsbewilligungen, die zum bloß vorübergehenden befristeten Aufenthalt berechtigen (z.B. Betriebsentsandte, Studierende, Schüler), und Aufenthaltstiteln, die zur Niederlassung berechtigen (z.B. Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“, „Niederlassungsbewilligung“, „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“). Anknüpfend an diese Differenzierung sind Bestimmungen wie „Deutsch vor Zuzug“ oder die Erfüllung der Integrationsvereinbarung – nunmehr nach den Bestimmungen des bereits beschlossenen Integrationsgesetzes – nur für Drittstaatsangehörige vorgesehen, die einen Aufenthaltstitel, der zur Niederlassung berechtigt, beantragen oder innehaben.

Die Erteilung eines Daueraufenthaltstitels (Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“) ist in Fortführung dieser Systematik gemäß § 45 ebenfalls auf Drittstaatsangehörige beschränkt, die innerhalb der letzten fünf Jahre zur Niederlassung in Österreich be­rechtigt waren. Ein direkter Umstieg von einer Aufenthaltsbewilligung auf einen Daueraufenthaltstitel ist demnach nicht möglich.

Die dargestellte unterschiedliche Qualifizierung von Aufenthaltszwecken steht grund­sätzlich in Einklang mit den Vorgaben der durch die Einführung des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ umgesetzten Daueraufenthalts-RL, da auch diese in Art. 3 Abs. 2 lit. e Drittstaatsangehörige, deren Aufenthaltsgenehmigungen förmlich begrenzt wurden, von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt.

Mit den Erkenntnissen vom 19.04.2016, Ro 2015/22/0010, vom 07.06.2016, Ro 2016/22/0008, und vom 20.07.2016, Ro 2016/22/0011, sprach der VwGH im Zusam­menhang mit der bisherigen Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ allerdings aus, dass die innerstaatliche Ausgestaltung der Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ als Aufenthaltstitel für einen bloß vorübergehenden befristeten Aufenthalt den Drittstaatsangehörigen nicht daran hindere, langfristig ansässig zu sein, und es dem Beschwerdeführer daher aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit der Daueraufenthalts-RL offenstehe, direkt von einer Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ auf einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ umzusteigen. Aufgrund dieser Judikatur ist eine Überarbeitung des NAG unter der Prämisse größtmöglicher Beibehaltung der bisherigen Systematik erforderlich. Es wird daher vorgeschlagen, die bisherigen Aufenthaltsbewilligungen „Künstler“ und „Forscher“ in Niederlassungsbewilligungen überzuleiten. Die Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, die an Drittstaatsangehörige, die vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind, erteilt wird, muss auf Grund der erfassten, sehr unterschiedlichen Tatbestände neu geordnet werden.

Da künftig für diese Personengruppe eine Niederlassung ermöglicht wird, fällt sie auch in den Anwendungsbereich von „Deutsch vor Zuzug“ und ist sie zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung – nunmehr nach den Bestimmungen des bereits beschlos­senen Integrationsgesetzes – verpflichtet, soweit nicht im Einzelfall (auf Grund unions­rechtlicher Vorgaben) etwas anders vorgesehen wird.

Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für Gründer von Start-up-Unternehmen, Verlän­gerung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte“ und Verlän­ge­rung des Aufenthaltsrechts für Studienabsolventen zum Zwecke der Arbeitssuche


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Im Sinne des Ministerratsbeschlusses vom 05.07.2016 wird in Umsetzung des Maß­nahmenpakets zur Stärkung der Start-up-Unternehmen (kurz „Start-ups“) in Österreich die Regelung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für selbständige Schlüs­selkräfte um eine eigene Regelung für Start-up-Gründer erweitert.

Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte“ soll zudem von zwölf auf 24 Monate verlängert werden, um im Hinblick auf einen längeren Zeitraum überprüfen zu können, ob die zugelassenen Arbeitskräfte auch tatsächlich unter den qualifizierten Zulassungsvoraussetzungen beschäftigt werden. Auch für den Inhaber einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ ist es von Vorteil, erst nach knapp zwei Jahren den Folgetitel beantragen zu müssen. Wie bisher erhalten die Inhaber einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ in der Folge eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang.

Weiters soll künftig für Drittstaatsangehörige, die in Österreich erfolgreich ein Studium abgeschlossen haben, anstelle der bisher sechsmonatigen Bestätigung zum Zwecke der Arbeitssuche die einmalige Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ um zwölf Monate möglich sein. Die damit einhergehende Verlängerung der Frist für die Arbeitssuche von einem halben Jahr auf ein Jahr soll die Möglichkeit für Studien­absolventen, nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums in Österreich eine ihrer Qualifikation und Ausbildung entsprechende Beschäftigung zu finden, weiter ver­bessern.

Fremdenpolizeigesetz 2005

Visa für Saisonarbeitskräfte

Bisher erhielten Saisoniers gemäß § 24 FPG ein Visum C oder D (je nach Aufent­haltsdauer) oder konnten visumfrei einreisen, sofern sie visumbefreit waren, ent­sprechend der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, ABl. Nr. L 81 vom 21.03.2001 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 509/2014, ABl. Nr. L 149 vom 20.05.2014 S. 67 (im Folgenden: „Visumpflicht VO“). Zwingend vorgesehen war bisher die Vorlage einer Un­bedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 31 Abs. 2 FPG für all jene drittstaats­angehörigen Saisoniers, die visumbefreit waren.

Die Saisonier-RL erfordert nun eine Neugestaltung der Systematik des FPG betreffend die Erteilung von Visa für Saisoniers. Die Erteilung von Unbedenklichkeits­beschei­nigungen entfällt in Zukunft, da diese in der Saisonier-RL nicht vorgesehen ist. Statt­dessen müssen in Hinkunft auch visumbefreite Drittstaatsangehörige (korrespon­dierend mit den Bestimmungen betreffend drittstaatsangehörige Erwerbstätige) ein Visum C oder D, je nach Aufenthaltsdauer, beantragen. Insbesondere bedingt die Umsetzung der Saisonier-RL auch die Erweiterung der Visa-D-Kategorien, die in Hinkunft in bestimmten Fällen länger als sechs Monate gültig sein können. So ist gemäß Art. 14 Abs. 1 Saisonier-RL eine maximale Aufenthaltsdauer für Saisoniers festzulegen, die mindestens fünf und höchstens neun Monate innerhalb eines Zwölf­monatszeitraums beträgt. Unter Einhaltung der maximalen Aufenthaltsdauer muss dem Drittstaatsangehörigen außerdem gemäß Art. 15 Saisonier-RL die Verlängerung seines Visums im Inland ermöglicht werden. Nach Ablauf der maximalen Aufenthaltsdauer muss der Drittstaatsangehörige hingegen das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verlas­sen.

Visa D aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen


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Mit dem neu geschaffenen Visum D aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 22a) sowie der Verlängerung eines Visums für Saisoniers ist es nunmehr möglich, bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise auch ein Visum D im Inland zu erlangen.

Ausstellung von Visa mit einer längeren als sechsmonatigen Gültigkeitsdauer

Nach geltender Rechtslage werden Visa D grundsätzlich mit einer Gültigkeitsdauer von mehr als 90 Tagen und längstens bis zu sechs Monaten ausgestellt. Es wird nun die Möglichkeit eröffnet, Visa D für längerfristige Aufenthalte im Bundesgebiet sowie Visa D zu Erwerbszwecken unter Einhaltung bestimmter Bedingungen – etwa im Falle eines Visums betreffend Saisoniers einerseits und zur Erteilung von Visa D aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 22a) im Rahmen der sogenannten „Working-Holiday-Programme“ andererseits – für bis zu 9 bzw. 12 Monate auszustellen.

Anordnung von Beugehaft

Unabhängig davon, ob mit Erlassung der Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde oder nicht, haben ausreisepflichtige Fremde über­dies an der Erlangung der für die Ausreise erforderlichen Dokumente mitzuwirken. Dabei soll sowohl die bereits nach geltender Rechtslage vorgesehene Mitwirkung an Maßnahmen des Bundesamts umfasst sein, die zwecks Erlangung von für die Abschie­bung erforderlichen Bewilligungen gesetzt werden, als auch – gemäß der neuen Bestimmung des § 46 Abs. 2 FPG – Handlungen des Fremden selbst, die zur Vorbereitung für eine eigenständige Ausreise zu treffen sind, wie insbesondere die eigenständige Beantragung eines allenfalls erforderlichen Reisedokumentes und die insoweit notwendige Erstattung von Angaben gegenüber der zuständigen aus­län­dischen Behörde (Botschaft oder Konsulat). Kommt der Fremde seiner Mitwir­kungs­verpflichtung nicht nach und konterkariert er damit – trotz verstärkter Rückkehr­beratung und –vorbereitung – jegliche Bemühungen, die für die Ausreise erforderlichen Dokumente zu beschaffen, kann zur Erzwingung jener zur Beschaffung der erfor­derlichen Dokumente gebotenen Handlungen, die nur der Fremde höchstpersönlich setzen kann und die damit nicht substituierbar bzw. einer Ersatzvornahme seitens des Bundesamtes zugänglich sind, die Beugehaft angeordnet werden (vgl. § 46 Abs. 2 FPG).

Die Bestimmungen zur oben angesprochenen Mitwirkungspflicht des Fremden und die Folgen einer Nichtmitwirkung sollen im vorliegenden Entwurf ferner konkretisiert und erweitert werden (§ 46 FPG): So soll zunächst klargestellt werden, dass die Ver­pflichtung des Fremden, an der Beschaffung von für die Abschiebung erforderlichen Dokumenten mitzuwirken, nicht nur die Beschaffung von Ersatzreisedokumenten um­fasst, sondern auch die Mitwirkung an der Beschaffung jeglicher für die Abschiebung erforderlicher Bewilligungen. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass verschiedene Herkunftsstaaten jeweils unterschiedliche Anforderungen für die Ausstellung entsprechender Bewilligungen aufstellen und die Benennung dieser Bewilligungen auch je nach Herkunftsstaat variieren kann.

Weiters soll die Befugnis des Bundesamtes, die für die Abschiebung erforderlichen Bewilligungen bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde zu beschaffen, als Ermächtigung statt als Verpflichtung ausgestaltet werden. Unbescha­det der Befugnis des Bundesamtes soll nämlich künftig auch der Fremde selbst explizit der Verpflichtung unterliegen, sich ein für die Ausreise erforderliches Reisedokument bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus eigenem zu beschaffen und bei dieser Behörde sämtliche für diesen Zweck erforderlichen Handlungen zu setzen, wobei hier insbesondere die Beantragung des Reisedokuments, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erken­nungs-


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dienstlicher Daten umfasst sein sollen. Die Erfüllung dieser höchstpersönlichen Pflichten soll dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden können. Die Nichtbefolgung eines solchen Bescheides soll zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem Ver­waltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), einschließlich der Beugehaft, führen können. Zur Gewährleistung einer möglichst effizienten Durchsetzung von Vollstreckungs­verfügungen, die in diesem Zusammenhang erlassen wurden, soll ein Festnahme­auftrag erlassen werden können, wenn der erstmalige Versuch, eine gegen den Fremden angeordnete Zwangsstrafe zu vollstrecken, gescheitert ist (§ 34 Abs. 3 Z 4 BFA Verfahrensgesetz).

Trotz nunmehr explizit vorgesehener Möglichkeit zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG soll die Möglichkeit zur Anordnung einer Schubhaft unberührt bleiben, zumal die Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG gänzlich anderen Voraus­setzungen unterliegt und anderen Zwecken dient als die Verhängung der Schubhaft. Während nämlich die Verhängung der Schubhaft vom Vorliegen eines Sicherungs­bedarfs bzw. von Fluchtgefahr abhängt und der Verfahrenssicherung oder Sicherung der Abschiebung dient, wird mit der Verhängung von Zwangsstrafen die Erzwingung der Erfüllung von konkreten Mitwirkungspflichten bezweckt, welche zwar im Zusam­menhang mit der Abschiebung bzw. der freiwilligen Ausreise stehen, dieser jedoch vorgelagert sind. Der Umstand, dass ein Fremder einen Bescheid des Bundesamtes, womit ihm die Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten auferlegt wurde, nicht nachge­kommen ist, soll allerdings aufgrund seiner Indizwirkung im Hinblick auf das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs in die Liste der für die Prüfung der Schubhaft maßgeblichen Umstände aufgenommen werden (§ 76 Abs. 3 Z 1a und Z 8 FPG).

Wohnsitzauflage

Bei Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung soll das Bundesamt darüber hinaus durch Änderungen im Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Möglichkeit erhal­ten, Drittstaatsangehörigen mit Bescheid aufzutragen, bis zur Ausreise in vom Bun­desamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt wurde oder nach fruchtlosem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird (Wohnsitzauflage nach § 57 FPG).

Mit Aufnahme in die vom Bundesamt bestimmte Unterkunft, bei der es sich um eine Betreuungseinrichtung des Bundes gemäß dem neuen § 6 Abs. 2a Grundversor­gungsgesetz – Bund 2005 handelt, soll der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen überdies bis zur Ausreise auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde beschränkt sein, solange ihm die Versorgung zur Verfügung gestellt wird (Gebietsbeschränkung nach § 52a FPG).

Anpassung der Schubhaftregelung in Übereinstimmung mit unionsrechtlichen Vorga­ben und höchstgerichtlicher Judikatur

Nach geltender Rechtslage (§ 80) ist die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft bis zu einer Höchstdauer von – je nachdem, ob es sich bei dem betroffenen Fremden um einen mündigen Minderjährigen oder einen Volljährigen handelt – vier bzw. sechs Monaten bzw. in Ausnahmefällen von 12 Monaten zulässig. In einigen Fällen ist ein – die jeweilige Höchstdauer regelmäßig überschreitender – Durchrechnungszeitraum zu beachten, bis zu dessen Ablauf die Schubhaft, wenn sie die jeweilige Höchstdauer bereits erreicht hat, nicht neuerlich angeordnet werden darf. Dies kann dazu führen, dass die Schubhaft zwingend aufzuheben ist, obwohl nach wie vor ein Sicherungs­bedarf (Fluchtgefahr) vorliegt. Die vorgeschlagene Neuregelung des § 80 vereinfacht einerseits die Regelung der Schubhaftdauer, indem sie die Maßgeblichkeit der Durch-


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rechnungszeiträume entfallen lässt, und schöpft andererseits die von der Rückführungs RL gebotenen Möglichkeiten deutlicher aus, indem sie die zulässige Höchstdauer der Schubhaft auf sechs bzw. – in den in § 80 Abs. 4 definierten Ausnahmefällen – auf 18 Monate anhebt.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es zulässig, ein schwer wiegendes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten eines Fremden bei der Prüfung der Verhält­nismäßigkeit der Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung soll durch den vorgeschlagenen § 76 Abs. 2a in den Gesetzestext übernommen wer­den. Darüber hinaus wird vorgesehen, dass die Missachtung von Anordnungen der Unterkunftnahme, Gebietsbeschränkungen, Wohnsitzauflagen bei der Prüfung der Anordnung von Schubhaft zu berücksichtigen ist (§ 76 Abs. 3 Z 8 FPG).

Einführung neuer Verwaltungsstraftatbestände

Die Verletzung der neu eingeführten Gebietsbeschränkung, Wohnsitzauflage, Wohn­sitz­beschränkung oder Anordnung der Unterkunftnahme soll eine Verwaltungsüber­tretung darstellen, wobei hiervon sowohl jene Fälle umfasst sein sollen, in denen ein Fremder eine Gebietsbeschränkung, Wohnsitzauflage, Wohnsitzbeschränkung oder Anordnung der Unterkunftnahme verletzt, indem er deren Geltungsgebiet verlässt oder diese nicht mehr erfüllt, als auch jene Fälle, in denen der Fremde den angeordneten Beschränkungen von vornherein nicht nachkommt. Zur entsprechenden Ahndung einer solchen Verwaltungsübertretung sowie zur Effektuierung des dahinterstehenden Zwecks (effiziente Verfahrensführung, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) soll eine zusätzliche Organbefugnis für die Organe des öffentlichen Sicher­heitsdienstes eingeführt werden. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sollen demnach ermächtigt werden, einen Fremden zum Zwecke einer für die Siche­rung des Verwaltungsstrafverfahrens unerlässlichen Vorführung vor die Landespolizei­direktion festzunehmen und bis zu 24 Stunden anzuhalten, wenn dieser eine Gebiets­beschränkung, Wohnsitzauflage, Wohnsitzbeschränkung oder Anordnung der Unter­kunftnahme missachtet (§§ 121 Abs. 1a und 39 Abs. 1 Z 3 FPG).

Als Maßnahme zur Förderung der Rückkehr von ausreisepflichtigen Fremden soll überdies vorgesehen werden, dass der Vollzug von Freiheitsstrafen oder Ersatzfrei­heitsstrafen nach den Bestimmungen des FPG unterbrochen werden kann, wenn gesichert erscheint, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung binnen einer festgelegten Frist nachkommen wird und dem keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen (§ 122a FPG).

Die weiteren Änderungen im FPG dienen entweder der Klarstellung oder betreffen Anpassungen bei der Speicherung der neu eingeführten Auflagen und Beschränkun­gen von Fremden sowie deren Übertretungen.

Asylgesetz 2005

In Hinblick auf straffällige Asylberechtigte wird nunmehr ausdrücklich vorgesehen, dass ein Verfahren zur Asylaberkennung nicht erst bei rechtskräftiger Verurteilung, sondern bereits bei Anklagerhebung bzw. Betreten auf frischer Tat bei Begehung eines Ver­brechens einzuleiten ist. Dieses Verfahren ist diesfalls beschleunigt, dh. nach Möglich­keit binnen einem Monat, zu erledigen. Die Mitwirkungspflichten von Asylwerbern werden in Bezug auf die Vorlage zur Verfügung stehender ärztlicher Gutachten und medizinischer Befunde, die im weiteren Verfahren oder für die Grundversorgung von Belang sind, ergänzt. In Hinblick auf das Familienverfahren im Inland und Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden erfolgen vor dem Hintergrund unionsrechtlicher Vorgaben geringfügige Anpassungen.


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In Umsetzung der im „Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 für Österreich (Jänner 2017)“ vorgesehenen Maßnahmen hinsichtlich einer intensivierten Rückkehr­beratung und Rückkehrvorbereitung wurde im AsylG 2005 die Möglichkeit geschaffen, Asylwerbern nach Zulassung zum Verfahren aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz mittels Verfahrensanordnung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „Bundesamt“) aufzutragen, in von den für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellten Quartieren Unterkunft zu nehmen. Eine solche Anordnung der Unterkunftnahme nach dem vorgeschlagenen § 15b AsylG 2005 soll bereits während des Asylverfahrens und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gelten, solange dem Asylwerber das Quartier zur Verfügung gestellt wird (Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005).

Nach Zulassung zum Verfahren soll – unbeschadet der Möglichkeit zur Erlassung einer Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG 2005 – ferner ab Gewährung von Grundversorgung durch das zuständige Bundesland eine Wohnsitzbeschränkung für Asylwerber gelten: So dürfen Asylwerber gemäß dem vorgeschlagenen § 15c AsylG 2005 während der Gewährung von Grundversorgung gemäß der Grundver­sorgungs­vereinbarung durch ein Bundesland ihren Wohnsitz (oder in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt) nicht außerhalb des Bundeslandes, das ihnen Grundversorgung gewährt, begründen. Diese Verpflichtung gilt ex lege ab Gewährung der Grundversorgung und ruht, wenn und solange eine Anordnung der Unterkunft­nahme gemäß dem neuen § 15b AsylG 2005 gilt.

BFA-Verfahrensgesetz

Aufgrund der erfahrungsgemäß hohen Beschwerdequote bei Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz und der zu erwartenden Auswirkung, die die im Jahr 2015 einsetzende außerordentliche Mehrbelastung des Bundesamtes nunmehr auch auf das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) haben wird, wird vorgeschlagen, die Entschei­dungsfrist des BVwG betreffend Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundes­amtes über Anträge auf internationalen Schutz durch Änderung der Bestimmungen des BFA VG von sechs auf zwölf Monate zu verlängern. Die Verlängerung der Entschei­dungsfrist auf zwölf Monate soll befristet bis Ende Mai 2018 bzw. für bis Ende Mai 2018 anhängig gemachte (eingebrachte) Beschwerden gelten (§§ 21 Abs. 2b und 58 Abs. 5 BFA VG).

Bei den weiteren vorgeschlagenen Änderungen handelt es sich um eine Anpassung der Zustellungsvorschriften (§ 11) und der Regelungen über die Zuerkennung der auf­schiebenden Wirkung im Beschwerdeverfahren (§§ 17 und 18), geringfügige Verweis­anpassungen, Anpassungen des 6. Hauptstücks (Erkennungs- und Ermittlungsdienst) sowie redaktionelle Anpassungen oder Änderungen zur Speicherung der neu einge­führten Auflagen und Beschränkungen von Fremden im Zentralen Fremdenregister (§ 27 BFA VG).

Grundversorgungsgesetz – Bund 2005

Geeignete und besonders geschulte Mitarbeiter der Betreuungsstellen sollen nach dem Vorbild bewährter Regelungen des BFA-VG, BFA-G und FPG zur Durchsetzung des Betretungsverbotes und der Hausordnung zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt werden können. Im Hinblick auf die für Asylwerber beste­hende Möglichkeit der Ausführung gemeinnütziger Hilfstätigkeiten für Bund, Land oder Gemeinde wird die Möglichkeit geschaffen, durch Verordnung vorzusehen, dass auch Hilfstätigkeiten für von Bund, Ländern und Gemeinden verschiedene Rechts­träger, die nicht auf Gewinn gerichtet sind und nicht im allgemeinen Wettbewerb stehen, umfasst


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sind, sofern sie ausschließlich im direkten oder indirekten Eigentum einer oder mehre­rer dieser Gebietskörperschaften stehen, sowie für bestimmte Nichtregierungsorgani­sationen umfasst sind. Darüber hinaus wird vorgesehen, dass gemeinnützige Hilfs­tätigkeiten auch für Gemeindeverbände ausgeführt werden können.

Darüber hinaus soll klargestellt werden, dass Fremde, gegen die eine Rückkehr­ent­scheidung rechtskräftig erlassen wurde und deren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet ist, im unbedingt erforderlichen Ausmaß in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden können (§ 6 Abs. 2a GVG-B 2005). Weiters sollen Daten über Personen, die sich in der Grundversorgung des Bundes befinden, auch an jene Stellen übermittelt werden dürfen, die für die Gewährung von Leistungen der Bedarfs­orien­tierten Mindestsicherung zuständig sind.

Grenzkontrollgesetz

Im GrekoG werden nur geringfügige terminologische Anpassungen vorgenommen.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes)

Zu Z 1 bis 4 (Inhaltsverzeichnis)

Die Änderungen stellen notwendige Adaptierungen des Inhaltsverzeichnisses dar.

Zu Z 5 (§ 1 Abs. 1):

In Umsetzung des Art. 22 ICT-RL – insbesondere dessen Abs. 4, welcher im Falle einer zustimmenden Entscheidung über den Antrag auf langfristige Mobilität durch den zweiten Mitgliedstaat die Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaats­ange­hörige, ABl. Nr. L 157 vom 15.06.2002 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 380/2008, ABl. Nr. L 115 vom 29.04.2008 S. 1 (im Folgenden: „Einheitliche Aufent­haltstitel VO“) vorsieht – sind vom Geltungsbereich des NAG nunmehr auch Aufent­halte von weniger als sechs Monaten umfasst. Dies betrifft Fälle, in denen ein Dritt­staatsangehöriger über einen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaats verfügt und von seinem Recht auf Mobilität von mehr als 90 Tagen Gebrauch macht. In diesen Fällen wird bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) für die Dauer des Transfers in Österreich ausgestellt.

Zu Z 6 (§ 2 Abs. 1 Z 15):

Erfahrungen in der Praxis haben gezeigt, dass in mehreren Fällen eine Haftungs­erklärung zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 (Kran­kenversicherungsschutz) vorgelegt wurde, aber nach Erteilung des Aufenthaltstitels keine Krankenversicherung für den betroffenen Fremden abgeschlossen wurde, was zu Problemen im Erkrankungsfall des Fremden geführt hat. Da das Vorliegen eines Krankenversicherungsschutzes eine zentrale allgemeine Voraussetzung für die Erteilung eines jeden Aufenthaltstitels darstellt, wird durch Adaptierung der §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 11 Abs. 6 sichergestellt, dass derartige Fälle nicht mehr auftreten können. Dementsprechend ist ein Krankenversicherungsschutz jedenfalls für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auch in den Fällen, bei denen die Vorlage einer Haftungserklärung zulässig ist, erforderlich. Da die Kosten für die Krankenversicherungsbeiträge regel­mäßige Aufwendungen im Sinne von § 11 Abs. 5 darstellen, können diese jedoch durch die Haftungserklärung nach wie vor im Rahmen der Zurverfügungstellung entsprechender Unterhaltsmittel vom Haftenden übernommen werden.


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Zu Z 7, 11, 18, 28 und 52 (§ 2 Abs. 3, § 8 Abs. 3, § 11 Abs. 6, § 21a Abs. 2 und § 43 Abs. 4):

Es handelt sich dabei lediglich um Zitatanpassungen.

Zu Z 8 (§ 3 Abs. 1):

Vor dem Hintergrund der zu § 3 Abs. 1 zweiter Satz ergangenen Judikatur der Höchstgerichte (VwGH 13.09.2016, Ra 2016/22/0026, sowie VfGH 08.10.2009, G 173/08) dient die vorgeschlagene Änderung der Klarstellung insbesondere für den Vollzug, dass in Konstellationen, in denen der Landeshauptmann durch Erlassung einer auf § 3 Abs. 1 gestützten Verordnung Zuständigkeiten auf die Bezirksver­wal­tungsbehörden überträgt, diesen ab diesem Zeitpunkt die Durchführung der Verfahren und deren Entscheidung alleine obliegen. Die einschreitenden Bezirkshauptmann­schaften und Magistrate (Bürgermeister) der Städte mit eigenem Statut werden an der Stelle des Landeshauptmannes tätig, der sich mit Erlassung der Ermächtigungs­verordnung seiner Zuständigkeit begibt.

Zu Z 9 und 10 (§ 8 Abs. 1 Z 9 bis 12):

Die Anpassung von § 8 ist in Folge der neuen Niederlassungsbewilligungen für Künstler, Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit und Forscher erforderlich.

Zu Z 12 (§ 10 Abs. 3 Z 1):

Die Klarstellung in Abs. 3 dient der Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 13 (§ 10 Abs. 3 Z 8):

Nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums in Österreich ist künftig für den weiteren Verbleib von Studienabsolventen zum Zwecke der Arbeitssuche anstelle einer Bestä­tigung nach § 64 Abs. 4 die einmalige Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Stu­die­rende“ vorgesehen. Durch die einmalige Verlängerung wird die ursprüngliche Auf­ent­haltsbewilligung „Studierende“ gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 gegenstandslos. § 10 Abs. 3 Z 8 hat vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 3 Z 1 daher gänzlich zu entfallen.

Zu Z 14 und 15 (§ 11 Abs. 2 Z 5 bis 7 und Abs. 3):

Die Änderung erfolgt in Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 ICT-RL, wonach die Mitglied­staaten verlangen können, dass zwischen dem Ende der Höchstdauer eines Transfers von drei Jahren für Führungskräfte und Spezialisten bzw. einem Jahr für Trainees und der Einreichung eines neuen Antrags für denselben Drittstaatsangehörigen in dem­selben Mitgliedstaat ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten liegen muss. Es wird dabei der maximal zulässige Zeitraum nicht ausgenutzt, sondern eine „Sperrfrist“ von lediglich vier Monaten vorgesehen. Eine Aufenthaltsbewilligung als unternehmens­in­tern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) oder als mobiler unternehmensintern transfe­rierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) kann daher grundsätzlich nicht erteilt werden, wenn zwischen der Ausreise in einen Drittstaat nach Ablauf der Höchstaufenthaltsdauer von einem bzw. drei Jahren und der neuerlichen Antragstellung nicht bereits vier Monate vergangen sind.

Um den Vorgaben des Art. 7 Abs. 5 ICT-RL zu entsprechen, wonach vor der Ableh­nung eines Antrags aus Gründen des Art. 12 Abs. 2 die konkreten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten ist, wurde in § 11 Abs. 3 ein Verweis auf § 11 Abs. 2 Z 7 aufgenommen. Eine Prüfung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ist dadurch entsprechend gewährleistet, da eine Einzelfallprüfung nach § 11 Abs. 3 NAG stets auch eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer allfälligen Antragsablehnung mitumfasst (vgl. z.B. VwGH vom 10.11.2009, 2008/22/0750).


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 237

Zu Z 16 (§ 11 Abs. 4 Z 2):

Abs. 4 verdeutlicht, in welchen Fällen der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse entgegensteht. Bereits nach geltender Rechtslage steht es der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen, wenn der Fremde ein Naheverhältnis zu einer terroristischen oder extremistischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren beste­hende Strukturen und auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extre­mistische oder terroristische Aktivitäten nicht ausgeschlossen werden können. Der Begriff des Naheverhältnisses zu einer terroristischen oder extremistischen Gruppie­rung ist laut ständiger Rechtsprechung des VwGH weit auszulegen und umfasst etwa die Sympathiewerbung und die Verteilung von Propagandamaterial ebenso wie die – wenn auch bloß geringfügige – finanzielle Unterstützung, ohne eine formelle Mitglied­schaft in der Gruppierung vorauszusetzen (VwGH 26.05.2015, Ro 2014/01/0035; 11.10.2016, Ra 2016/01/0124).

Die vorgeschlagene Änderung sieht vor, dass der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse auch dann entgegensteht, wenn auf Grund von Äußerungen, die der Fremde getätigt und durch Kommunikation in Wort, Bild oder Schrift auch einem größeren Personenkreis bekannt oder zugänglich gemacht hat, anzunehmen ist, dass er den Wertvorstellungen eines europäischen, demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gegenüber ablehnend oder feindlich eingestellt ist und zudem entweder andere Personen oder Organisationen von seiner Einstellung zu überzeugen versucht oder andere Personen oder Organisationen, die ein vergleichbares Gedankengut pfle­gen und zu verbreiten suchen, unterstützt. Damit wird ein Auffangtatbestand geschaf­fen, der jene Fälle abdeckt, in denen noch kein Naheverhältnis des Fremden zu einer terroristischen oder extremistischen Gruppierung vorliegt – dieser somit keiner konkre­ten terroristischen oder extremistischen Organisation zugeordnet werden kann –, die von ihm getätigten  Äußerungen jedoch eindeutig auf eine gegenüber den Wertvor­stel­lun­gen eines europäischen demokratischen Staates feindselige bzw. ablehnende Haltung schließen lassen und darin eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erblickt werden kann.

Wesentlich ist, dass der Fremde diese Anschauungen und Denkweisen verbreiten möchte, indem er seine Zustimmung dazu nach außen hin zum Ausdruck bringt, wobei jegliche Form der Kommunikation, insbesondere auch über soziale Medien, erfasst sein soll. Die bloße innere Überzeugung des Fremden genügt daher nicht. Die Wert­vorstellungen eines europäischen demokratischen Staates manifestieren sich insbe­son­dere in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) samt Zusatzproto­kollen, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie den verfassungs­rechtlichen Grundsätzen der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, aber auch im Gebot der Gleichstellung von Mann und Frau und in den damit zusammenhängenden Rechtsinstituten, etwa der Einehe und der Strafbarkeit von Gewalt in der Familie. An das Kriterium, andere Personen zu überzeugen, wird kein zu hoher Maßstab anzu­legen sein. Vielfach wird schon die offene Darstellung der eigenen Überzeugung ein propagandistisches Element enthalten und damit das Element, jemand anderen von dieser Einstellung überzeugen zu wollen, in sich tragen.

Zu Z 17 und 58 (§§ 11 Abs. 5 und 45 Abs. 2):

Hiebei handelt es sich jeweils um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 19 (§ 12 Abs. 7):

Die vorgeschlagene Änderung dient der Klarstellung, dass auf die Anzahl der Quotenplätze zu einem bestimmten Zeitpunkt auch jene Erteilungen quotenpflichtiger Aufenthaltstitel, die noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind, anzurechnen sind; bzw.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 238

umgekehrt, dass Quotenplätze, deren Zuteilung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, nicht (mehr) im Sinne des Satzes 1 „vorhanden“ sind.

Zu Z 20 und 57 (§§ 19 Abs. 10 und 45 Abs. 1):

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH haben Verwaltungsgerichte in der Sache selbst zu entscheiden und – ungeachtet dessen, dass bei positiver Erledigung eines Antrages auf Titelerteilung durch die Verwaltungsbehörde der Aufenthaltstitel gemäß § 1 NAG-DV als Karte ausgestellt wird – den beantragten Aufenthaltstitel selbst in konstitutiver Weise zu erteilen (VwGH vom 15.12.2015, Ra 2015/22/0125 und Ra 2015/22/0121). Es wird vorgeschlagen, nun auch im Gesetz ausdrücklich entsprechend der bisherigen Vorgangsweise festzuhalten, dass die Behörde nach der Erteilung eines Aufenthaltstitels durch ein Verwaltungsgericht der Länder eine Aufenthaltstitelkarte beauftragt und ausfolgt. Damit soll dem Bedürfnis Fremder nach zusätzlicher Aus­folgung einer Aufenthaltstitelkarte sowie den sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen nach der Einheitlichen Aufenthaltstitel VO Rechnung getragen werden.

Erteilt das Verwaltungsgericht konstitutiv einen Erstaufenthaltstitel, besteht zwischen der Berechtigung zur Niederlassung und der tatsächlichen Niederlassung auf Grund des erteilten Aufenthaltstitels in Österreich bei Auslandsantragstellung notwendiger­weise eine gewisse Divergenz. Auf Grund der Vorgaben der Daueraufenthalts RL wird vorgeschlagen, in sachgerechter Weise – wie schon in § 20 Abs. 1a – auf den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet abzustellen, sodass die Zeitspanne zwischen der im Ausland erfolgenden Antragstellung auf Erteilung des Aufenthaltstitels und der nachfolgenden Einreise in Österreich zum Zweck der Niederlassung auf Grund des mittlerweile erteilten Aufenthaltstitels nicht mehr in die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 einzurechnen ist.

Zu Z , 21 (§ 20 Abs. 1a):

Für jene Drittstaatsangehörigen, die in Umsetzung der Rechtsprechung des VwGH (Ro 2015/22/0010 vom 19.04.2016, Ro 2016/22/0008 vom 07.06.2016 und Ro 2016/22/0011 vom 20.07.2016 – Näheres hiezu siehe Erläuterungen zu §§ 43a bis 43d) künftig anstatt einer Aufenthaltsbewilligung eine Niederlassungsbewilligung und damit Zugang zum Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erhalten, soll – unabhängig davon, ob sie zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung verpflichtet sind oder nicht – auch das Anreizsystem des § 20 Abs. 1a gelten. In diesem Sinne kann nunmehr auch Künstlern, Forschern und bestimmten vom Anwendungsbereich des AuslBG ausge­nom­menen Personengruppen, die mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eine Nie­der­lassungsbewilligung erhalten, nach zweijähriger Niederlassung und Erfüllung der Integrationsvereinbarung ein Aufenthaltstitel für drei Jahre erteilt werden (1+1+3).

Zu Z 22, 33 und 50 (§§ 21 Abs. 2 Z 4 und Z 5, 23 Abs. 4 und 41a Abs. 10):

Die Adaptierung von § 21 Abs. 2 Z 5 soll gewährleisten, dass für die Frage der zulässigen Inlandsantragstellung der Grund der Visumbefreiung des Fremden unbeachtlich ist (visumfreier Aufenthalt gemäß Anhang II zur Visumpflicht VO oder aufgrund der Innehabung eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates des Schengenraums). Dementsprechend ist ein grundsätzlich visumpflichtiger Fremder, der beispielsweise auf Grund des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) kein Visum benötigt, genauso wie ein an sich zur visumfreien Einreise berechtigter Frem­der, der im Einzelfall aber über ein Visum C oder Visum D verfügt, berechtigt, im Inland einen Antrag zu stellen.

Die einschränkende Regelung des § 23 Abs. 4 entspricht nicht mehr den Bedürfnissen der Praxis und ist nicht mehr zeitgemäß, weshalb sie aufzuheben ist. Durch die Adaptierung von § 21 Abs. 2 Z 4 wird dem Entfall des § 23 Abs. 4 Rechnung getragen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 239

Auf Grund des Entfalls von § 23 Abs. 4 muss § 41a Abs. 10 Z 2 ebenso entfallen.

Zu Z 23 (§ 21 Abs. 2 Z 6):

Auf Grund der neuen Niederlassungsbewilligung für Forscher hat eine Anpassung zu erfolgen.

Zu Z 24 (§ 21 Abs. 2 Z 8 bis 10):

Zu Abs. 2 Z 8:

Vor dem Hintergrund der Änderung des § 64 Abs. 4 wird der Inhalt des § 21 Abs. 2 Z 8 obsolet. Siehe dazu die Erläuterungen zu § 64 Abs. 4.

Der besseren Lesbarkeit wegen wird beginnend mit Z 8 eine neue Bezifferung vorgenommen.

Zu Abs. 2 Z 8 (neu):

Die Anpassung ist in Folge der Rechtsprechung des VwGH und der dadurch bedingten Schaffung neuer Niederlassungsbewilligungen erforderlich. Fremde, die nunmehr an Stelle einer „Aufenthaltsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ bean­tragen können, sollen weiterhin zur Inlandsantragstellung berechtigt sein.

Zu Abs. 2 Z 9:

Der Inhalt der Z 9 entspricht jenem der Z 10 nach geltender Rechtslage.

Zu Abs. 2 Z 10:

Gemäß Art. 22 Abs. 2 lit. c ICT-RL ist unternehmensintern transferierten Arbeitneh­mern, die über einen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaats verfügen, eine Inlandsantragstellung zu ermöglichen. Dementsprechend werden Drittstaatsange­örige, die über einen Aufenthaltstitel „ICT“ eines anderen Mitgliedstaates verfügen, in den Katalog der Ausnahmebestimmungen des Abs. 2 aufgenommen.

Zu Z 25 (§ 21 Abs. 6):

Dem unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer ist nach den Vorgaben der ICT-RL überdies bei Vorliegen der in Art. 22 Abs. 2 lit. d der Richtlinie genannten Voraus­setzungen zu gestatten, im zweiten Mitgliedstaat bis zur Entscheidung über den Antrag zu arbeiten. In diesem Sinne ist bis zur Entscheidung über den Antrag auch ein ent­sprechendes Aufenthaltsrecht einzuräumen und der Antragsteller daher bis zur rechts­kräftigen Entscheidung über den Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, solange der Aufenthaltstitel des ersten Mitgliedstaats Gültigkeit besitzt. Dies wurde durch eine Verweisanpassung klargestellt.

Zu Z 26 (§ 21 Abs. 7):

Gemäß Art. 2 Abs. 1 ICT-RL gilt die Richtlinie für Drittstaatsangehörige, die zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Aufenthalt außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten haben und im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers als Führungskraft, Spezialist oder Trainee gemäß der Richtlinie einen Antrag auf Zulas­sung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellen oder die Zulassung erhalten haben. Gemäß Art. 11 Abs. 2 ICT-RL ist in diesem Sinne der Antrag auf einen Auf­ent­haltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer zu stellen, solange der Drittstaatsangehörige seinen Aufenthalt außerhalb des Hoheitsgebiets des Mitglied­staats hat, für den eine Zulassung beantragt wird. Um diesen Vorgaben der Richtlinie zu entsprechen, ist im Falle der erstmaligen Erteilung einer Aufenthalts­bewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) zwingend eine Auslandsantrag-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 240

stellung vorgesehen und finden die Ausnahmebestimmungen des Abs. 2 bis 6 auf diese Personengruppe keine Anwendung.

Zu Z 27, 29, 32 und 80 (§ 21a Abs. 1 bis 3, 6 und 7 sowie § 77 Abs. 2 Z 4 und 6):

Die Bezeichnung „Kurszeugnis“ wurde ausschließlich für den Nachweis des Abschlus­ses eines Deutsch Integrationskurses nach Modul 2 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14 ff NAG idF BGBl. I Nr. 100/2005 (somit der „alten“ Integrationsver­ein­barung) verwendet. Auf Grund des Auslaufens der Übergangsfristen kann die Be­zeichnung entfallen.

Da in Umsetzung der Rechtsprechung des VwGH künftig Künstler und bestimmte vom AuslBG ausgenommene Personen eine Niederlassungsbewilligung und damit Zugang zum Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erhalten, ist es geboten, diese Drittstaats­angehörigen und ihre Familienangehörigen in den Anwendungsbereich der Regelung „Deutsch vor Zuzug“ aufzunehmen. Damit wird der Grundstein für die im Hinblick auf die nunmehr mögliche dauerhafte Niederlassung erforderliche Integration der Drittstaatsangehörigen in Österreich gelegt. Forscher und deren Familienangehörige können in Umsetzung der Forscher-RL nicht zum Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache vor Zuzug nach Österreich verpflichtet werden (vgl. Art. 26 Abs. 3 Forscher-RL). Beabsichtigt ein Drittstaatsangehöriger von Beginn an keinen längeren Aufenthalt, hat er die Möglichkeit, durch Verzicht auf einen zweiten Verlängerungs­antrag sich bis zu 24 Monate in Österreich aufzuhalten, ohne Grundkenntnisse der deutschen Sprache zur elementaren Sprachverwendung nachweisen zu müssen (siehe Erläuterungen zu § 21a Abs. 4 Z 5).

Die Anpassung der Zitate war somit in Folge der neuen Niederlassungsbewilligungen für Künstler und bestimmte Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit und der da­durch erforderlichen Aufnahme in den Anwendungsbereich des § 21a erforderlich.

Im Bewusstsein der wertvollen Leistungen, die die Kunst erbringt, und zur Förderung des künstlerischen Schaffens in all seiner Vielfalt soll jedoch gemäß Abs. 3 Z 2 für Drittstaatsangehörige, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungs­bewilli­gung – Künstler“ gemäß § 43a für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparten anstreben, der Nachweis für „Deutsch vor Zuzug“ gemäß Abs. 1 als erfüllt gelten (sog. „Erfüllungsfiktion“). Davon sollen das künstlerische Schaffen der Literatur, der darstellenden Kunst, der Musik, der bildenden Künste, der Fotografie, des Films und der Videokunst sowie neuer experimenteller oder die Grenzen der ge­nannten Kunstsparten überschreitender Kunstformen sowie die Veröffentlichung, Präsentation und Dokumentation von Werken und die Erhaltung von Werkstücken und Dokumenten umfasst sein.

Bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit in einer Kunstsparte gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz und damit über das Vorliegen der Erfüllungs­fiktion hat die zuständige NAG Behörde eine diesbezügliche Stellungnahme des – für Kunst und Kultur – zuständigen Bundesministers einzuholen.

Zu Z 30 (§ 21a Abs. 4 Z 2):

Die Änderung trägt der Tatsache Rechnung, dass nicht in allen Wohnsitzstaaten von Antragstellern Vertrauensärzte der österreichischen Berufsvertretungsbehörden vor­han­den sind und dass Vertrauensärzte nicht immer über die nötige Spezialisierung verfügen, ein Gutachten im Sinne des § 21a Abs. 4 Z 2 zu erstellen. Die Bestimmung dient damit der Flexibilisierung im Sinne des Antragstellers, da nunmehr die Botschaft beispielsweise dann einen sonstigen Arzt zu bestimmen hat, wenn kein oder kein geeigneter Vertrauensarzt im Staat des Wohnsitzes des Antragstellers zur Verfügung


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steht. Damit sollen lange Reisewege für den Antragsteller möglichst vermieden werden.

Die Berufsvertretungsbehörde hat in solchen Fällen geeignete und vertrauenswürdige Ärzte oder medizinische Einrichtungen namhaft zu machen, die ihr von einem öster­reichischen Honorarkonsulat, von ihrem Vertrauensarzt, einer anderen diplomatischen Vertretungsbehörde, einer internationalen Organisation oder von anderer vertrauens­würdiger Quelle empfohlen wurde.

Zu Z 31 (§ 21a Abs. 4 Z 3, 4 und 5):

Zu Z 3:

In Z 3 wird lediglich eine Zitatanpassung vorgenommen.

Zu Z 4:

Die neue Z 4 dient der Umsetzung des Art. 7 Abs. 2 2. Unterabsatz der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung, ABl. Nr. L 251 vom 03.10.2003 S. 12 (im Folgenden: „Familienzusammenführungs-RL“).

Zu Z 5:

Durch Z 5 wird klargestellt, dass Fremde, die keine längere Niederlassung in Öster­reich beabsichtigen, auch von der Verpflichtung zum Nachweis von elementaren Deutschkenntnissen befreit sind. Siehe auch § 9 Abs. 5 Z 3 IntG.

Zu Z 34 (§ 24 Abs. 5):

Die Bestimmung dient der Klarstellung, dass nach vorangegangenem unwiderruflichem Verzicht des Drittstaatsangehörigen auf einen zweiten Verlängerungsantrag ein dennoch gestellter Verlängerungsantrag ohne weiteres Verfahren abzuweisen ist.

Zu Z 35 (§ 28 Abs. 6):

Die Erweiterung dieses Entzugstatbestands auf Aufenthaltstitel gemäß §§ 58 und 58a resultiert aus der Einführung der Aufenthaltsbewilligungen als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) und als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) in Umsetzung der ICT RL. Teilt das Arbeitsmarktservice mit, dass die jeweiligen Voraussetzungen nach dem AuslBG nicht mehr vorliegen, hat die Niederlassungsbehörde den jeweiligen Titel zu entziehen. Mit der Erweiterung des Entzugstatbestands auf § 43a Abs. 1 Z 1 (nunmehrige „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ im Falle der Unselbständigkeit, für die bereits seit Inkrafttreten des FNG-Anpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 68/2013, am 01.01.2014 in Umsetzung der Richtlinie 2011/98/EU über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats auf­zuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, ABl. Nr. L 343 vom 23.12.2011 S. 1, ein „One-Stop-Shop“-Verfahren vorgesehen ist) wurde ein redaktionelles Versehen beseitigt. Die Aufnahme des letzten Satzes, wonach im Falle der Entziehung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 58 oder 58a der Bescheid auch der aufnehmenden Niederlassung zuzustellen ist, ergeht in Umsetzung des Art. 15 Abs. 3 ICT-RL.

Zu Z 36, 47, 56, 64, 78 und 79 (§§ 30 Abs. 1, 41a Abs. 1, 2, 7 und 11, 44a, 54 Abs. 5, 71 Abs. 1 und 77 Abs. 1 Z 5):

Hiebei handelt es sich jeweils um die Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 37 (§ 33 Abs. 2):


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In Umsetzung des Art. 11 Abs. 5 ICT-RL hat der Antragsteller das Recht, einen Antrag in einem einheitlichen Antragsverfahren zu stellen. Für die Erteilung eines Aufent­haltstitels gemäß §§ 58 oder 58a wird daher ebenso wie bei der „Rot-Weiß-Rot – Karte“ und der „Blauen Karte EU“ ein „One-Stop-Shop“-Verfahren vorgesehen und § 33 Abs. 2 dahingehend ergänzt, dass auch Mitteilungen gemäß § 20f Abs. 1 oder 2 AuslBG gegebenenfalls von der Behörde von Amts wegen einzuholen sind. In den Fällen des § 20f Abs. 4 AuslBG – dh. im Rahmen der Erteilung eines Aufenthaltstitels an Familienangehörige von Inhabern eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 58 oder 58a – gilt dies jedoch nur dann, wenn der Antragsteller auch einen Zugang zum Arbeitsmarkt beantragt.

Mit der Änderung des Verweises auf § 20d Abs. 1 AuslBG wird ein redaktionelles Versehen beseitigt.

Zu Z 38 (§ 33 Abs. 3):

Gemäß Art. 19 Abs. 6 ICT-RL haben Familienangehörige des unternehmensintern transferierten Arbeitnehmers, denen eine Familienzusammenführung gewährt wurde, abweichend von Art. 14 Abs. 2 Familienzusammenführungs-RL und unbeschadet des in den einschlägigen Bestimmungen der Beitrittsakten niedergelegten Grundsatzes der Präferenz für Unionsbürger Anspruch auf Zugang zu einer unselbständigen oder selb­ständigen Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der den Aufenthaltstitel für den Familienangehörigen ausgestellt hat. Um eine Prüfung und Anwendung des in den einschlägigen Bestimmungen der Beitrittsakten niedergelegten Grundsatzes der Präferenz für Unionsbürger gewährleisten zu können, wird in dem neuen Abs. 3 des § 33 vorgesehen, dass sich die Berechtigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit für Familienangehörige von Inhabern einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) oder einer Aufenthalts­bewilli­gung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58a) nach der schriftlichen Mitteilung des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 AuslBG richtet. Die Eintragung betreffend den Zugang zum Arbeitsmarkt am Aufenthaltstitel ist somit rein deklarativ.

Kommt das Arbeitsmarktservice im Rahmen seiner Prüfung gemäß § 20f Abs. 4 AuslBG zu dem Ergebnis, dass dem antragstellenden Familienangehörigen vor dem Hintergrund der oben angeführten Präferenz für Unionsbürger kein Anspruch auf Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit zukommt, hat es die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der Niederlassungsbehörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Drittstaatsangehörigen zu übermitteln (vgl. § 20f Abs. 4 iVm § 20d Abs. 1 AuslBG). Liegen die sonstigen Voraussetzungen des NAG vor, wird durch die Niederlassungsbehörde eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 69 ohne Eintrag über die Berechtigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbs­tätigkeit ausgestellt. Eine Beschwerde hinsichtlich des Umfangs der Berechtigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ist ausschließlich gegen die Ent­scheidung des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 iVm § 20d Abs. 1 AuslBG zulässig. Der Instanzenzug gegen die Verweigerung des Arbeitsmarktzugangs richtet sich daher nach den Bestimmungen des § 20f AuslBG an das Bundesverwal­tungsgericht (BVwG).

Wird ein Bescheid des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 iVm § 20d Abs. 1 AuslBG nachträglich im Rechtsweg aufgehoben und ergeht daraufhin eine schriftliche Mitteilung des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 4 AuslBG, wonach nunmehr doch die Berechtigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit vorliegt, ist von der Niederlassungsbehörde ohne weiteres von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 69 mit entsprechendem Zweckumfang bis zum Ende der ursprünglichen Gültigkeits­dauer an den antragstellenden Familienangehörigen auszustellen. Der Aufenthaltstitel


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ist diesfalls gebührenfrei zu erteilen. Jener Aufenthaltstitel, der zuvor aufgrund der negativen Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ohne Zugang zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ausgestellt wurde, wird gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 aufgrund der amtswegigen Erteilung des neuen Aufenthaltstitels mit über­schnei­dender Gültigkeitsdauer gegenstandslos und ist gemäß § 10 Abs. 5 an die Niederlassungsbehörde abzuliefern.

Die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ist – unbeschadet des Erfor­der­nisses zusätzlicher Berechtigungen nach anderen Bundes- oder Landesgesetzen – in jedem Fall möglich (vgl. § 32).

Zu Z 39 (§ 34 Abs. 2):

Verfahrensdaten sind derzeit, sobald sie nicht mehr benötigt werden, spätestens jedoch nach zehn Jahren zu löschen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Frist vor dem Hintergrund des Erwerbstatbestands des § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b StbG, wonach Fremde nach mindestens 15 Jahren rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet die Staatsbürgerschaft erwerben können, zu kurz bemessen ist. Um Schwierigkeiten bei der Prüfung des Tatbestands gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b StbG, die sich letztlich zu Ungunsten des Fremden auswirken, zu vermeiden, wird eine längere Speicherdauer von Verfahrensdaten nach dem NAG vorgeschlagen.

Durch den eingefügten Satz 2 wird die bewährte Regelung des § 98 Abs. 2 FPG ins NAG übernommen. Konsequenterweise wird auch für die niederschwelligere Daten­anwendung gemäß § 36 die Möglichkeit zur Feststellung der Gesamtzahl der Datensätze eines Dritten vorgesehen.  Damit wird die Behörde in die Lage versetzt, die von einem Dritten im Verfahren abgegebene Haftungserklärung auf ihre Tragfähigkeit hin zu überprüfen. Derzeit muss der Dritte der Behörde zwar all seine Verpflichtungen – und damit auch bereits früher abgegebene Haftungserklärungen – zur Kenntnis bringen, doch sind die Angaben des Dritten zum Bestehen einer oder mehrerer weiterer Haftungserklärungen mangels Auswählbarkeit des Datensatzes nicht über-prüfbar.

Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit der Abfrage der Gesamtzahl der einen Dritten betreffenden Datensätze im Zusammenhang mit der Erteilung der „Aufent­haltsbewilligung – Schüler“ (§ 63) auch aus § 8 Z 6 lit. b NAG DV. Diese Bestimmung sieht zum Schutz des Kindes vor, dass für minderjährige Schüler ein Nachweis über Pflege und Erziehung des Schülers durch eine volljährige, in Österreich wohnhafte natürliche Person vorzulegen ist. Damit soll verhindert werden, dass eine volljährige Person für eine große Anzahl Minderjähriger die Verantwortung für Pflege und Erziehung übernimmt, ohne diese dann tatsächlich auszuüben. Die vorgeschlagene Änderung dient damit auch der Wahrung des Kindeswohls.

Zu Z 40 und 41 (§ 36 Abs. 1 und 2):

Durch die vorgeschlagene Bestimmung wird die rechtliche Grundlage für eine Einbindung der Verwaltungsgerichte der Länder in die Zentrale Verfahrensdatei nach dem NAG geschaffen. Dies ist auf Grund der Einführung der Verwaltungsgerichts­barkeit erforderlich. Um zu vermeiden, dass die Verarbeitung, Benützung und Ermitt­lung der Verfahrensdaten insoweit, als sie durch die Verwaltungsgerichte der Länder im Beschwerdeverfahren erfolgt, der nachprüfenden Kontrolle seitens der Daten­schutzbehörde entzogen ist, wird in Abs. 1 und 2 klargestellt, dass die Verwaltungs­gerichte der Länder an der Zentralen Verfahrensdatei im Rahmen der Justizverwaltung teilnehmen. Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass eine allfällige Rechts­widrigkeit der Verarbeitung, Benützung oder Ermittlung von Verfahrensdaten durch ein Verwaltungsgericht des Landes keinen Einfluss auf die inhaltliche Richtigkeit der von ihm zu treffenden Entscheidung hat.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 244

Zu Z 42 (§ 36 Abs. 5):

Der vorgeschlagene Abs. 5 gewährleistet die Aktualität der Wohnsitzdaten und die Datenrichtigkeit. Es ist eine datenschutzrechtliche Notwendigkeit, dass die richtigen Daten zu den in der Zentralen Verfahrensdatei erfassten Fremden verarbeitet werden. Ein wesentliches Hilfsmittel zur Gewährleistung der Datenrichtigkeit ist das Zentrale Melderegister. Durch die Regelung ist sichergestellt, dass die Wohnsitzdaten jederzeit richtig sind und aktuell bereit stehen. Diese sind letztlich auch entscheidend für die örtliche Zuständigkeit im NAG-Verfahren. Um einen möglichst hohen Grad an Über­einstimmung zwischen den in der Zentralen Verfahrensdatei verarbeiteten Wohn­sitzdaten des Fremden und den Daten des Zentralen Melderegisters zu gewährleisten, ist es zweckmäßig, den Datenabgleich unter Inanspruchnahme des Änderungsdienstes gemäß § 16c Meldegesetz 1991 – MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992, durchzuführen. Dies soll „nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten“ gelten, weil hierzu die zum gegen­wärtigen Zeitpunkt zwar geplante, aber noch nicht umgesetzte Ausstattung der Zentralen Verfahrensdatei mit dem bereichsspezifischen Personenkennzeichen (bPK) gemäß § 9 E GovG, BGBl. I Nr. 10/2004, erforderlich ist. Solange die Ausstattung der Zentralen Verfahrensdatei mit dem bPK noch nicht umgesetzt ist, soll der Daten­abgleich daher auch an Hand anderer Suchparameter, insbesondere des Vor- und Nachnamens sowie des Geburtsdatums des Fremden, erfolgen können.

Zu Z 43 (§ 40 Abs. 1):

Die Erhebung des Zielstaats bei einer weiteren Migration aus Österreich schon bei Antragstellung hat sich in der Praxis nicht bewährt. Künftig wird diese Information daher nicht mehr erhoben, was auch der Verwaltungsvereinfachung dient.

Zu Z 44 und 49 (§§ 41 Abs. 2 sowie 41a Abs. 7a):

In Übereinstimmung mit dem im Beschluss der Bundesregierung im Ministerrat vom 05.07.2016 enthaltenen Maßnahmenpaket zur Stärkung von Start-up-Unternehmen in Österreich werden im AuslBG die Voraussetzungen für die Zulassung von Gründern von Start-ups verbessert und insbesondere die derzeit geltende restriktive Regelung des § 24 AuslBG für selbständige Schlüsselkräfte überarbeitet. Dabei wird ein eigenes Regelungsregime für die Zulassung von Start-up-Gründern (siehe § 24 Abs. 2 AuslBG) geschaffen.

Basierend auf diesen Regelungen werden die korrespondierenden Regelungen im NAG angepasst, indem Start-up-Gründer als qualifizierte Zuwanderer in das seit Juli 2011 bestehende System der kriteriengeleiteten Zuwanderung, welches sich bewährt hat, aufgenommen werden. Dementsprechend wird in der Aufzählung in § 41 Abs. 2 die „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für Start-up-Gründer in einer separaten Ziffer aufge­nom­men.

Ebenso wie beim derzeit geltenden Zulassungsmodell für selbständige Schlüsselkräfte wird auch in Bezug auf Start-up-Gründer ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeholt. Sollte dieses mangels Erfüllung der ausländerbe­schäfti­gungsrechtlichen Voraussetzungen negativ ausfallen, ist der Antrag seitens der NAG-Behörde abzuweisen (§ 41 Abs. 4). Liegen die Voraussetzungen vor, ist der Aufent­haltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für die Dauer von zwei Jahren zu erteilen. Hinsichtlich der zweijährigen Gültigkeitsdauer der „Rot-Weiß-Rot – Karte“ siehe die Erläuterungen zu § 41 Abs. 5, § 41a Abs. 1 Z 1, § 43 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 Z 3.

Nach zwei Jahren können Start-up-Gründer auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ um­steigen, sofern die in § 24 Abs. 4 AuslBG genannten Voraussetzungen erfüllt sind, wobei diesbezüglich eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice eingeholt wird. Seitens des Arbeitsmarktservice wird im Zusammenhang mit der Zweckänderung im Wege


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eines neuerlichen Gutachtens überprüft, ob der Antragsteller mindestens zwei Vollzeit­arbeitskräfte beschäftigt, weiterhin eine aktive Rolle in der Geschäftsführung des Start-ups einnimmt, entweder einen Jahresumsatz von zumindest € 200.000 erreicht hat oder sich eine weitere Finanzierung von zumindest € 100.000 sichern konnte und das Start-up auch tatsächlich ein innovatives Produkt oder eine innovative Dienstleistung anbietet.

Die in § 41a Abs. 7a Z 1 vorgesehene Bedingung, wonach Drittstaatsangehörige vor einem Umstieg auf einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ bereits zwei Jahre über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 5 verfügen müssen, entspricht dem Ministerratsbeschluss vom 05.07.2016, welcher eine Überprüfung zwei Jahre nach Unternehmensgründung vorsieht. Durch die Regelung wird auch sichergestellt, dass die Gründung und Führung des Start-ups nachhaltig erfolgt und nicht durch kurzfristige Vollzeitbeschäftigung von zwei Personen und umsatzsteigernde Maßnahmen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mit freiem Arbeitsmarktzugang erlangt werden kann.

Mit dem Umstieg auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erhält der Start-up-Gründer sodann auch einen dreijährigen Aufenthaltstitel, da er das Modul 1 der Integrations­vereinbarung ex lege erfüllt hat (§ 9 Abs. 4 Z 4 IntG) und er auf Grund der „Rot-Weiß-Rot – Karte“ in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war (§ 20 Abs. 1a).

Der Familiennachzug zu Start-up-Gründern ist im Wege einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ möglich (vgl. § 46 Abs. 1 Z 1).

Zu Z 45, 46, 51 und 53 (§ 41 Abs. 5, § 41a Abs. 1 Z 1, § 43 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 Z 3):

Der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für Schlüsselkräfte soll künftig für zwei Jahre und erst danach der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mit unbe­schränktem Arbeitsmarktzugang ausgestellt werden. Dadurch sollen ein Anreiz für qualifizierte Drittstaatsangehörige sowie eine Angleichung an die Rechtslage für den Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ geschaffen werden. Weiters bietet die längere Gültigkeitsdauer eine Möglichkeit zur besseren Evaluierung der Beschäftigungs­bedin­gungen neu zugelassener qualifizierter Arbeitskräfte, die sich dauerhaft in Österreich niederlassen wollen. Weist jedoch der Arbeitsvertrag eine kürzere Dauer auf, ist der Aufenthaltstitel für die Dauer des Arbeitsvertrags zuzüglich einer Dauer von drei Monaten, längstens jedoch für zwei Jahre auszustellen. Dies entspricht der diesbezüglichen Regelung für die „Blaue Karte EU“ (vgl. § 42 Abs. 4).

Auch die „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für selbständige Schlüsselkräfte soll künftig für zwei Jahre ausgestellt werden. Wie bisher können Inhaber danach als Folgetitel die Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 beantragen oder, sollten sie in das System der unselbständig Beschäftigten wechseln wollen, eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ nach § 41 Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen.

Mit der Erweiterung des § 43 Abs. 4 auf bisherige Inhaber einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 5 wird auch für Start-up-Gründer die Möglichkeit geschaffen, nach zwei Jahren auf einen Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung“ umzusteigen, sofern sie die Voraussetzungen für den Erhalt einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 7a nicht erfüllen.

Zu Z 48 (§ 41a Abs. 4 Z 2):

Auf Grund der neuen Niederlassungsbewilligung für Forscher war eine Anpassung erforderlich.

Zu Z 54, 69 und 70 (§§ 43a bis 43d, 61, 62 Z 2, 67 und 68):


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In Umsetzung der Daueraufenthalts-RL unterscheidet das NAG seit seiner Stamm­fassung zwischen Aufenthaltstiteln für den bloß vorübergehenden befristeten Auf­enthalt ohne Daueraufenthaltsperspektive (Aufenthaltsbewilligungen) und Aufenthalts­titeln, die zur befristeten Niederlassung und in weiterer Folge zum Erwerb des Daueraufenthalts (also einer unbefristeten Niederlassung) berechtigten (vgl. § 2 Abs. 2 und 3 sowie § 8). Nur Inhaber eines Aufenthaltstitels, der zur Niederlassung berechtigt, können daher direkt auf einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, für den ua. eine vorangegangene fünfjährige Niederlassung erforderlich ist, wechseln. Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung gilt entsprechend § 2 Abs. 3 nicht als Niederlassung. Aufgrund der Daueraufenthaltsperspektive ist vor erstmaliger Erteilung von Aufenthaltstiteln, die zur Niederlassung berechtigen, die Erfüllung von „Deutsch vor Zuzug“ sowie binnen zwei Jahren nach erstmaliger Erteilung die Erfüllung von Modul 1 der Integrationsvereinbarung erforderlich. Dazu hat der Drittstaatsangehörige Deutschkenntnisse auf dem entsprechenden Niveau in erster Linie durch Vorlage eines Zeugnisses nachzuweisen. Drittstaatsangehörige mit einem höheren Bildungsniveau (zumindest ein Schulabschluss, der der allgemeinen Univer­sitätsreife entspricht) erfüllen jedoch schon damit die Anforderungen von „Deutsch vor Zuzug“ und Modul 1 der Integrationsvereinbarung. Inhaber von Aufenthalts­bewilli­gungen müssen hingegen vor dem Hintergrund ihres bloß vorübergehenden Aufent­halts ohne Daueraufenthaltsperspektive diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können jedoch auch nicht unmittelbar auf einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ umsteigen. In ständiger Rechtsprechung (Ro 2015/22/0010 vom 19.04.2016, Ro 2016/22/0008 vom 07.06.2016, Ro 2016/22/0011 vom 20.07.2016) judiziert der VwGH, dass die innerstaatliche Ausgestaltung der Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ als Auf­ent­haltstitel für einen bloß vorübergehenden befristeten Aufenthalt den Drittstaatsan­gehörigen nicht daran hindere, langfristig ansässig zu sein, und es dem Beschwer­deführer daher entgegen dem Gesetzeswortlaut aufgrund der unmittelbaren Anwend­barkeit der Daueraufenthalts-RL zustehe, direkt von einer Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ auf einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ umzusteigen.  Diese Rechtsprechung des VwGH ist im Zusammenhang mit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Singh (C-502/10) vom 18.10.2012 zu sehen, in dem auch dieser festhielt, dass jene Aufenthaltstitel, deren Aufenthaltszweck per se nicht bloß vorübergehender Natur ist und die immer wieder verlängert werden können, nicht vom Anwendungs­bereich der Daueraufenthalts-RL ausgeschlossen werden können (sofern nicht ein spezifischer Ausschlussgrund anwendbar ist, wie z.B. für Studenten). Aufgrund dieser Judikatur ist eine Überarbeitung des NAG unter der Prämisse der weitestgehenden Beibehaltung der Systematik des NAG (Unterscheidung zwischen Aufenthaltsbewilli­gungen für den bloß vorübergehenden befristeten Aufenthalt ohne Daueraufenthalts­perspektive einerseits und zur Niederlassung berechtigenden Aufenthaltstiteln  mit der Möglichkeit des Erwerbs eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ andererseits) erforderlich.

Es wird daher vorgeschlagen, die bisherigen Aufenthaltsbewilligungen für Künstler (§ 61) und für Forscher (§ 67) als „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ (§ 43a) und „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ (§ 43c) in die bestehende Systematik des NAG zu überführen. Die bisherige Aufenthaltsbewilligung für Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit musste auf Grund der erfassten unterschiedlichen Personengruppen aufgesplittet werden. Für jene Personen, deren Aufenthalt nicht als bloß vorüber­gehend angesehen werden kann, wird eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ geschaffen. Jene Personen, deren Aufenthaltsge­neh­migung schon durch den mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck einer zeitlichen Beschränkung unterliegt, zB. Au-Pairs oder Drittstaatsangehörige, die im Rahmen eines Austauschprogramms nach Österreich kommen, sowie Fremde, die als Besat­zungs­mitglieder in der grenzüberschreitenden See- und Binnenschifffahrt arbeiten,


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können unverändert eine Aufenthaltsbewilligung beantragen. Diese Personen sind vom Anwendungsbereich der Daueraufenthalts-RL nach deren Art. 3 Abs. 2 lit. e aus­genommen.

Keinen Anpassungsbedarf gab es bei den Aufenthaltsbewilligungen Betriebsentsandte (§ 59), Selbständige (§ 60) und Sozialdienstleistende (§ 66), da diese Personen­gruppen von ihrem Aufenthaltszweck her explizit von der Daueraufenthalts-RL aus­genommen sind bzw. in zeitlicher Hinsicht eine förmliche Begrenzung aufweisen und damit vom Anwendungsbereich der Daueraufenthalts-RL ausgenommen sind (Art. 3 Abs. 2 lit. e Daueraufenthalts RL). Selbständige, die einen dauerhaften Aufenthalt in Österreich anstreben und Niederlassungsabsicht haben, können eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 beantragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH darf eine Aufenthaltsbewilligung „Selbständige“ nicht erteilt werden, wenn der Betroffene die Absicht hat, sich in Österreich niederzulassen (vgl. dazu VwGH 22.12.2009, 2008/21/0452, 09.11.2011, 2011/22/0006; 13.10.2011, 2009/22/0341).

Schüler (§ 63) und Studierende (§ 64) sind vom Anwendungsbereich der Dauer­aufenthalts-RL explizit ausgenommen (Art. 3 Abs. 2 lit. a Daueraufenthalts-RL).

Zu Z 55 (§ 44 Abs. 2):

Fremden, die im aktiven Berufsstand keine Niederlassungsbewilligung benötigen (zB. Angehörigen internationaler Organisationen), soll in sachgerechter Weise – sofern sie die sonstigen fremdenrechtlichen Parameter erfüllen – eine „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ erteilt werden können, wenn sie im direkten Anschluss an ihr Berufsleben auch während ihres Ruhestandes in Österreich nieder­gelassen bleiben wollen. Normiert wird nunmehr, dass eine quotenfreie „Niederlas­sungs­bewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ nur im unmittelbaren Anschluss an den Aufenthalt als Träger von Privilegien und Immunitäten erteilt werden kann. Bei der Beurteilung, ob der Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – aus­genommen Erwerbstätigkeit“ „im unmittelbaren Anschluss“ an den Aufenthalt als Träger von Privilegien und Immunitäten gestellt wurde, ist die Fristenregelung des § 21 Abs. 2 Z 2 zu beachten. Das Unmittelbarkeitserfordernis ist daher erfüllt, wenn die Antragstellung innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des aktiven Berufsstandes erfolgt.

Zu Z 59, 60, 61, 62 und 63 (§ 46 Abs. 1 Z 1, 1a, 2 lit. b, c und d sowie Abs. 4 Z 3):

Der Anpassungsbedarf in § 46 ergibt sich aus der Schaffung der neuen Niederlas­sungs­bewilligungen für Künstler, Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit und Forscher. Die Neuregelung orientiert sich dabei am bestehenden System von Familien­zusammenführungen für Inhaber von Aufenthaltstiteln, die zur Niederlassung berech­tigen. Dementsprechend wird durch die Gewährung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ der freie Arbeitsmarktzugang für Angehörige von Forschern auch dann sicher­gestellt, wenn diese eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ oder eine „Niederlas­sungs­bewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, die auf Grund einer Forschungstätigkeit iSd § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG erteilt wird, innehaben. Damit wird auch den Vorgaben von Art. 26 Abs. 6 Forscher-RL Rechnung getragen. In allen anderen Fällen kann Familienangehörigen eine Niederlassungsbewilligung erteilt werden. Der Arbeitsmarktzugang richtet sich diesfalls nach § 15 AuslBG.

Zumal durch die nunmehrigen Niederlassungsbewilligungen für Künstler oder Sonder­fälle unselbständiger Erwerbstätigkeit der Zusammenführende ein Daueraufenthalts­recht erwerben kann, ist es sachgerecht, den Familiennachzug, der nunmehr ebenso zu einem dauerhaften Aufenthalt in Österreich führen kann, quotenpflichtig zu machen. Die Quotenpflicht der erstmaligen Zuwanderung für Familienangehörige stellt ein wichtiges Steuerungselement dar, wenngleich es in den letzten Jahren dadurch auch


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kaum zu einer verzögerten Zuwanderung gekommen ist. Familienangehörige von Forschern unterliegen nicht der Quotenpflicht, um für Forscher, die durch ihre Tätigkeit einen Beitrag zum Wirtschaftsstandort Österreich liefern, einen weiteren Anreiz zum Zuzug nach Österreich zu schaffen.

Familienangehörige, die sich schon bisher auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ als Familienangehörige eines Künstlers oder eines Inhabers einer Aufenthaltsbewilligung „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ in Öster­reich aufgehalten haben, unterliegen für ihren weiteren Aufenthalt nicht der Quoten­pflicht, da sie keinen Erstantrag, sondern einen Verlängerungsantrag stellen.

Durch die Ergänzung in § 46 Abs. 1 Z 1 wird ein Redaktionsversehen beseitigt. Der Angehörige des Inhabers einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für Selbständige gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 erhält nach geltender Rechtslage eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“. Im Verlängerungsfall kann ihm jedoch nur eine „Niederlassungsbewilligung“, die nur zu einer selbständigen Tätigkeit berechtigt, erteilt werden. Durch die vorgeschlagene Anpassung kann dem Familienangehörigen nunmehr auch im Verlängerungsfall eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden. Weiters wurden Familienangehörige von Inhabern eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ aufgenommen, die zuvor als Start-up-Gründer einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 5 innehatten.

Mit der neuen Z 1a in § 46 Abs. 1 wird der Grundsatz „einmal Schlüsselkraft – immer Schlüsselkraft“ für nachziehende Familienangehörige von höchstqualifizierten Dritt­staats­angehörigen umgesetzt. Regelungen, die Familienangehörigen von hochquali­fizierten Personen zu Gute kommen, sollten nicht davon abhängen, ob der Familien­angehörige zugleich mit dem Hochqualifizierten mitzieht oder erst später nach Österreich zuwandert, wenn der Zusammenführende bereits einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erworben hat.

Durch die Ergänzung in § 46 Abs. 1 Z 2 lit. d soll die langjährige Praxis, wonach die Familienzusammenführung von Drittstaatsangehörigen zu Inhabern einer Aufenthalts­karte oder Daueraufenthaltskarte unter § 46 fällt, festgeschrieben werden. Eine derartige Konstellation fällt jedenfalls nicht unter die Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/369/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. Nr. L 158 vom 30.04.2004 S. 77, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 204 vom 04.08.2007 S. 28, bzw. das 4. Hauptstück.

Zu Z 65 (§ 55 Abs. 3):

Die vorgeschlagene Regelung dient der Klarstellung. Ein Verfahren gemäß § 55 ist jedenfalls auch dann zu führen, wenn die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bei einer Person, die grundsätzlich in den Anwendungsbereich des 4. Hauptstücks fällt, von Anfang an nicht vorgelegen haben. Dies gilt unbeschadet der Rechtsprechung des VwGH (15.12.2015, Ra 2015/22/0114), wonach der Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte abzuweisen ist, wenn die Voraussetzung des § 57, nämlich dass der zusammenführende Österreicher sein unionsrechtliches Aufenthalts­recht in Anspruch genommen hat, nicht vorliegt. Gemäß dem Wortlaut des § 57 gelten die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 nämlich nur dann sinngemäß, wenn der Österreicher sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen hat.

Zu Z 66 und 67 (§§ 58 und 58a):


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Zum Entfall der Aufenthaltsbewilligung „Rotationsarbeitskräfte“:

Mit Einführung der Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeit­nehmer („ICT“) in Umsetzung der ICT-RL entfällt aufgrund der nahezu identischen Zielgruppe die Aufenthaltsbewilligung „Rotationsarbeitskräfte“. Die vom Anwendungs­bereich der ICT-RL nicht umfassten Personengruppen, die bislang vom Anwendungs­bereich der Aufenthaltsbewilligung „Rotationsarbeitskräfte“ umfasst waren, werden als Betriebsentsandte in den Anwendungsbereich des § 59 (Aufenthaltsbewilligung „Be­triebs­entsandte“) aufgenommen.

Zu § 58 neu:

§ 58 stellt eine der Kernbestimmungen der Umsetzung der ICT-RL dar. Der ange­sprochene Personenkreis umfasst Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf Zulas­sung zu einem befristeten Aufenthalt und zu einer befristeten Beschäftigung in Österreich als Führungskraft, Spezialist oder Trainee im Rahmen eines unternehmens­internen Transfers im Sinne der Richtlinie stellen.

Im vorgeschlagenen Abs. 1 sind die kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitneh­mer („ICT“) geregelt. Wie die Wortfolge „ist zu erteilen“ impliziert, hat der Antragsteller bei Erfüllung aller Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf die Erteilung des Aufenthaltstitels.

Abs. 1 Z 1 bestimmt, dass die Voraussetzungen des 1. Teils, die in den §§ 11 ff. geregelt sind, zu erfüllen sind. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie umfasst der Verweis auf den 1. Teil jedoch nicht die Z 2 des § 11 Abs. 2. Auf das Vorliegen eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft kann somit nicht abgestellt werden. Von der Möglichkeit des Art. 6 ICT-RL, eine Quotenpflicht für die vom Anwen­dungsbereich der Richtlinie umfassten Drittstaatsangehörigen vorzusehen, wird im NAG nicht Gebrauch gemacht, es findet sich jedoch im neuen § 18a Abs. 3 AuslBG eine entsprechende Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz.

Als besondere Erteilungsvoraussetzung normiert Abs. 1 Z 2, dass eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG vorliegen muss. Eine solche Mitteilung wird dann ausgestellt, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung als unternehmensintern transferierter Arbeitneh­mer gemäß § 18a AuslBG erfüllt sind, und ist gemäß § 33 Abs. 2 von der Nieder­lassungsbehörde gegebenenfalls von Amts wegen einzuholen.

Abs. 2 stellt eine – neben den allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach §§ 19 ff. geltende – Verfahrensbestimmung für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) dar. Es wird bestimmt, dass die Entscheidung über die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen zu treffen ist. Dies ist eine für den Antragsteller noch günstigere innerstaatliche Bestimmung als die in Art. 15 Abs. 1 ICT-RL vorgesehene Verfahrenshöchstfrist von 90 Tagen. Das Vorliegen einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG über das Vorhandensein der Zulassungskriterien gemäß § 18a AuslBG gilt als notwendige Erteilungsvoraussetzung, ändert aber nichts an der abschließenden Entscheidungs­kompetenz der Niederlassungsbehörde. Der Antragsteller benötigt bei Antragstellung keine weitere beschäftigungsrechtliche Bewilligung. Die Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) beinhaltet neben dem Recht auf Aufenthalt auch das Recht zur Ausübung jener konkreten Erwerbstätigkeit, für die die schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice erstellt wurde, die von der zuständigen Niederlassungsbehörde nach Antragstellung


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einzuholen ist, wenn keine Gründe des Abs. 2 Z 1 oder 2 einschlägig sind. Nach diesen Gründen ist der Antrag bei Vorliegen eines Formmangels bzw. Fehlen einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis 24 zurück- oder abzuweisen, bei Vorliegen zwingender Erteilungshindernisse zurückzuweisen. In diesen Fällen ist von der Einholung einer Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice abzusehen. Dieses Verfahren trägt den Vorgaben der ICT RL Rechnung, die für Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer ein beschleunigtes „One-Stop-Shop“-Verfahren vorsieht.

Der vorgeschlagene Abs. 3 regelt den Fall der Einstellung des Verfahrens aufgrund einer rechtskräftigen negativen Entscheidung des Arbeitsmarktservice. Ergeht im Prüfungsverfahren über die Zulassung als Führungskraft, Spezialist oder Trainee nach § 20f Abs. 1 AuslBG durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine negative Entscheidung, kann dieser Bescheid vom Antragsteller gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG mit Beschwerde an das BVwG angefochten werden. Die negative Ent­scheidung erwächst in Rechtskraft, wenn auch die Beschwerde ab- oder zurück­gewiesen wird. Dann ist das Verfahren zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) ohne weiteres einzustellen.

In Einklang mit den Vorgaben des Art. 13 Abs. 2 ICT-RL kann die Aufent­halts­bewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“) gemäß Abs. 4 bei Führungskräften und Spezialisten bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von längstens drei Jahren im Gebiet der Mitgliedstaaten und bei Trainees bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von längstens einem Jahr im Gebiet der Mitgliedstaaten verlängert werden. Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels richtet sich in Einklang mit der ICT-RL nach den allgemeinen Bestimmungen des § 20 Abs. 1 und beträgt damit grundsätzlich ein Jahr, es sei denn die Dauer des Transfers in Österreich ist kürzer, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die jeweils genehmigte Beschäftigung als Füh­rungskraft, Spezialist oder Trainee bei der oder den im Antrag angegebenen aufneh­menden Niederlassung(en) (vgl. § 20f Abs. 3 AuslBG). Der Inhaber der Aufenthalts­bewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ist daher während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels an die im Antrag angegebene aufnehmende Niederlassung gebunden (§ 20f Abs. 1 AuslBG). Ein Wechsel der aufnehmenden Niederlassung im Rahmen eines Zweckänderungsverfahrens, bei dem auch erneut eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f AuslBG einzuholen ist, ist nur dann möglich, wenn diese ebenfalls zum gleichen Unternehmen oder zur gleichen Unternehmensgruppe gehört (andernfalls würde der betreffende Drittstaatsangehörige auch die erforderlichen „Vorbeschäftigungszeiten“ im Sinne des § 18a Abs. 1 Z 1 AuslBG nicht erfüllen).

In Umsetzung des Art. 12 Abs. 1 ICT-RL ist gemäß Abs. 5 nach Ablauf der zulässigen Gesamtaufenthaltsdauer im Gebiet der Mitgliedstaaten von längstens drei Jahren bei Führungskräften und Spezialisten und längstens einem Jahr bei Trainees eine Ausreise in einen Drittstaat erforderlich, es sei denn, dem Drittstaatsangehörigen wurde ein anderer Aufenthaltstitel nach dem NAG ausgestellt. Es reicht daher nicht aus, wenn der Drittstaatsangehörige in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausreist und dort neuerlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der ICT-RL beantragt, sondern es ist vielmehr eine Ausreise außerhalb des Gebiets der Europäischen Union erforderlich. Zum erforderlichen Ablauf der 4-Monatsfrist zwischen Ausreise in einen Drittstaat und neuerlicher Beantragung eines Aufenthaltstitels nach der ICT-RL siehe § 11 Abs. 2 Z 7.

Zu § 58a neu:


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Der neue § 58a stellt neben der Änderung des § 58 die zweite Kernbestimmung der Umsetzung der ICT RL dar. In den Anwendungsbereich des neuen § 58a fallen in Um­setzung des Art. 22 ICT RL Drittstaatsangehörige, die über einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer verfügen und beabsichtigen, sich für mehr als 90 Tage in Österreich aufzuhalten und in einer in Österreich ansässigen aufnehmenden Niederlassung zu arbeiten.

Grundvoraussetzung für den Erhalt eines Aufenthaltstitels gemäß § 58a ist demnach ein gültiger Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer im Sinne der ICT-RL, der von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde. Aufenthaltstitel, die von einem anderen Mitgliedstaat nach den Bestimmungen der ICT-RL ausgestellt wurden und deren Inhaber damit unter den Anwendungsbereich des § 58a fallen, sind daran zu erkennen, dass sie die Bezeichnung „ICT“ im Feld „Art des Titels“ gemäß Buchstabe a Nummer 6.4 des Anhangs zur Einheitlichen Aufenthaltstitel VO tragen (vgl. Art. 13 Abs. 4 ICT-RL).

Abs. 1 Z 1 bestimmt, dass die Voraussetzungen des 1. Teils, die in den §§ 11 ff. gere­gelt sind, zu erfüllen sind. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie umfasst der Verweis auf den 1. Teil jedoch nicht die Z 2 des § 11 Abs. 2. Auf das Vorliegen eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft kann somit nicht abgestellt werden. Als besondere Erteilungsvoraussetzung normiert Abs. 1 Z 2, dass eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 2 AuslBG vorliegen muss. Eine solche Mitteilung wird dann ausgestellt, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung als unternehmensintern transferierter Arbeitneh­mer gemäß § 18a AuslBG erfüllt sind, und ist gemäß § 33 Abs. 2 von der Niederlas­sungsbehörde gegebenenfalls von Amts wegen einzuholen.

Aus Abs. 1 Z 3 ergibt sich, dass Voraufenthalte des unternehmensintern transferierten Arbeitnehmers im Gebiet der Mitgliedstaaten bei der Bemessung der erlaubten Gesamtaufenthaltsdauer im Sinne des Art. 12 Abs. 1 ICT-RL mit zu berücksichtigen sind. Ergibt sich der Voraufenthalt im ersten Mitgliedstaat nicht aus dem Antrag und den vorzulegenden Dokumenten, ist im Zweifelsfall an die nationale Kontaktstelle (in diesem Fall das Bundesministerium für Inneres, Abteilung III/4) heranzutreten, damit diese Rücksprache mit den Behörden des ersten Mitgliedstaats halten kann.

Abs. 2 stellt eine – neben den allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach §§ 19 ff. geltende – Verfahrensbestimmung für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) dar. Es wird bestimmt, dass die Entscheidung über die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen zu treffen ist. Dies ist eine für den Antragsteller noch günstigere innerstaatliche Bestimmung als die in Art. 22 Abs. 2 lit. b ICT-RL vorgesehene Verfahrenshöchstfrist von 90 Tagen. Das Vorliegen einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20f Abs. 2 AuslBG über das Vorhandensein der Zulassungskriterien gemäß § 18a AuslBG gilt als notwendige Erteilungsvoraussetzung, ändert aber nichts an der abschließenden Entscheidungskompetenz der Niederlassungsbehörde. Der Antrag­steller benötigt bei Antragstellung keine weitere beschäftigungsrechtliche Bewilligung. Die Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) beinhaltet neben dem Recht auf Aufenthalt auch das Recht zur Ausübung jener konkreten Erwerbstätigkeit, für die die schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice erstellt wurde, die von der zuständigen Niederlassungsbehörde nach Antragstellung einzuholen ist, wenn keine Gründe des Abs. 2 Z 1 oder 2 einschlägig sind. Nach diesen Gründen ist der Antrag bei Vorliegen eines Formmangels bzw. Fehlen einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis


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24 zurück- oder abzuweisen, bei Vorliegen zwingender Erteilungshindernisse zurück­zuweisen. In diesen Fällen ist von der Einholung einer Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice abzusehen. Dieses Verfahren trägt den Vorgaben der ICT RL Rechnung, die für Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für mobile unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer ein beschleunigtes „One-Stop-Shop“-Verfahren vorsehen.

Der vorgeschlagene Abs. 3 regelt den Fall der Einstellung des Verfahrens aufgrund einer rechtskräftigen negativen Entscheidung des Arbeitsmarktservice. Erfolgt im Prü­fungsverfahren über die Zulassung als Führungskraft, Spezialist oder Trainee nach § 18a AuslBG durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine negative Entscheidung, kann dieser Bescheid vom Antragsteller gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG mit Beschwerde an das BVwG angefochten werden. Die negative Entschei­dung erwächst in Rechtskraft, wenn auch die Beschwerde ab- oder zurückgewiesen wird. Dann ist das Verfahren zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung als mobiler unter­nehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“) ohne weiteres einzustellen.

Grundvoraussetzung für die Ausübung der Mobilitätsrechte nach Art. 22 ICT-RL ist, dass der betreffende Drittstaatsangehörige über einen vom ersten Mitgliedstaat aus­gestellten gültigen Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer verfügt. In diesem Sinne wird in Abs. 4 bestimmt, dass die Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer grundsätzlich mit der Dauer des im Bundesgebiet erfolgenden Transfers, längstens jedoch mit der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels „ICT“ des anderen Mitgliedstaates zu befristen ist. Darüber hinaus gelten die allgemeinen Bestimmungen des § 20 Abs. 1. Läuft der durch den anderen Mitgliedstaat ausgestellte Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeit­nehmer während des Verfahrens ab, ist der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 58a in Einklang mit Art. 22 Abs. 3 lit. c ICT-RL abzuweisen.

Zu Z 68 (§ 59 Z 2):

Jene Personengruppen, die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes als „Rotations­arbeitskräfte“ eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 58 erhalten haben, jedoch nicht vom Anwendungsbereich der ICT RL umfasst sind (und daher keine Aufent­haltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer gemäß § 58 neu erhalten können), werden nunmehr als Betriebsentsandte in den Anwendungsbereich des § 59 aufgenommen. Konkret erhalten daher nunmehr Drittstaatsangehörige auch in den Fällen des § 18 Abs. 3 Z 2, Z 3, Abs. 3a oder Abs. 12 AuslBG eine Aufent­haltsbewilligung „Betriebsentsandte“ gemäß § 59, soweit sie sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten wollen (§ 1 Abs. 1).

Zu Z 71 (§ 63 Abs. 1 Z 4, 5 und 6):

In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei Privatschulen, welche sich im Anfangsstadium ihres Bestehens befinden, eine Diskrepanz zwischen Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz und Privatschulgesetz besteht. Gemäß § 15 Privatschulgesetz kann nämlich Privatschulen vor ihrem lehrplanmäßigen vollen Ausbau jeweils nur für ein Schuljahr das Öffentlichkeitsrecht verliehen werden. Diese Verleihung kann jedoch erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu welchem mit höchstmöglicher Wahrscheinlichkeit eine für das gesamte Schuljahr gültige und abschließende Beurteilung möglich ist. Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellt hingegen auf das bereits verliehene Öffentlichkeitsrecht ab, was dazu führt, dass Privatschulen bis zum lehrplanmäßigen vollen Ausbau keine Schüler aus Drittstaaten aufnehmen können. Damit auch Privat­schulen, die noch über kein mehrjähriges Öffentlichkeitsrecht verfügen, Dritt­staats­angehörige aufnehmen können, soll in § 63 Abs. 1 eine neue Z 6 eingeführt und Z 5 entsprechend adaptiert werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 253

Zu Z 72 (§ 63 Abs. 3):

Durch die vorgeschlagene Adaptierung des § 63 Abs. 3 soll eine Angleichung mit § 4 Abs. 3 Schulunterrichtgesetz erfolgen, da sich in der Praxis gezeigt hat, dass Schüler oftmals länger als nur ein Schuljahr für die Aneignung der deutschen Sprache benö­tigen. Aus diesem Grund wird schulpflichtigen Schülern der außerordentliche Status oftmals für zwei Jahre zuerkannt. Da bisher außerordentliche Schüler nur einmalig eine „Aufenthaltsbewilligung – Schüler“ erhalten konnten, soll nun sichergestellt werden, dass schulpflichtige Kinder im Fall der Zuerkennung des außerordentlichen Status für ein zweites Schuljahr eine weitere Aufenthaltsbewilligung erhalten können. Bei der darauffolgenden Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung muss jedoch die Aufnahme als ordentlicher Schüler nachgewiesen werden.

Zu Z 73 und 74 (§ 64 Abs. 4 bis 6):

Zu Abs. 4:

Studienabsolventen sollen künftig länger Zeit haben, nach Abschluss ihres Studiums in Österreich eine ihrer Qualifikation und Ausbildung entsprechende Beschäftigung zu finden, für die sie den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ beantragen können. Dementsprechend soll ihr weiteres Aufenthaltsrecht nach erfolgreichem Abschluss des Studiums von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. Statt der bisherigen Aus­stellung einer Bestätigung wird bei Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraus­set­zungen die Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ einmalig um zwölf Monate verlängert. Durch den Verweis auf die allgemeine Bestimmung des § 20 Abs. 1 ist klargestellt, dass die Ausstellung für zwölf Monate eine entsprechend äquivalente Gültigkeitsdauer des Reisepasses voraussetzt. Im Falle der Beantragung eines Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4 handelt es sich daher nunmehr um einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierende“, welcher gemäß § 24 Abs. 1 während der Gültigkeitsdauer des bisher innegehabten Aufenthaltstitels im Inland zu stellen ist. Vor dem Hintergrund, dass der Verlängerungsantrag gemäß § 64 Abs. 4 ohnehin im Inland einzubringen ist, wird die in § 21 Abs. 2 Z 8 festgelegte Möglichkeit zur Inlands­antrag­stellung für Inhaber eines verlängerten Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ beantragen, obsolet und hat diese Bestimmung zu entfallen.

Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht wird aber darauf zu achten sein, dass sich Studien­absolventen, die in dieser Zeit keine ihrem Qualifikationsniveau entsprechende Be­schäfti­­gung finden, nicht mit unqualifizierten Teilzeitbeschäftigungen und ohne Aussicht auf eine ausbildungsadäquate Anstellung am Arbeitsmarkt verfestigen. Insofern soll ihr weiterer Aufenthalt mit einem auf Dauer ausgerichteten Arbeitsmarkt­zugang nur mit einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ möglich sein.

Zu Abs. 5:

Die Änderung erfolgt in Zusammenschau mit Abs. 4. Wie bisher soll ein Umstieg für Studienabsolventen, die sich zum Zwecke der Arbeitssuche weiterhin in Österreich aufhalten, nur auf einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ oder „Familienangehö­riger“ möglich sein.

Zu Abs. 6:

Künftig kommt die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 64 Abs. 4 nicht mehr in Betracht, weshalb § 64 Abs. 6 ins Leere läuft und die Bestimmung zu entfallen hat.

Zu Z 75 (§ 66 Abs. 1 Z 4, 5 und 6):

Durch diese Ergänzung sollen Umgehungsfälle verhindert werden. Entsprechend der geltenden Rechtslage ist eine Aufenthaltsbewilligung für Sozialdienstleistende nicht


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verlängerbar. In der Praxis traten jedoch vermehrt Fälle auf, in denen Drittstaats­ange­hörige etwa entweder nach kurzem Auslandsaufenthalt vom Ausland aus eine weitere Aufenthaltsbewilligung für Sozialdienstleistende beantragten oder im Anschluss an die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsbewilligung visumfrei im Inland aufhältig blieben, um sogleich erneut einen „Erstantrag“ auf (neuerliche) Erteilung einer Aufenthaltsbewilli­gung „Sozialdienstleistende“ zu stellen. Derartige Fälle laufen auf eine vom Gesetz­geber nicht gewollte „De facto Verlängerung“ des Aufenthaltstitels hinaus. Künftig kommt daher eine solche Aufenthaltsbewilligung nur mehr in Betracht, wenn der An­trag­steller in den letzten drei Jahren vor Antragstellung keinen derartigen Aufenthalts­titel innehatte.

Zu Z 76 (§ 69 Abs. 2):

Ziel eines Au Pair Aufenthalts in Österreich ist es neben einer Verbesserung von Kenntnissen der deutschen Sprache, auch die österreichische Kultur durch das Leben mit der Gastfamilie kennen zu lernen. Das Au-Pair wird in die Gastfamilie integriert. Es ist daher sachgerecht, im Fall des Aufenthalts als Au-Pair einen Familiennachzug nicht zu ermöglichen.

Zu Z 77 (§ 69 Abs. 3):

Neben den geltenden allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach §§ 19 ff. wird ge­mäß dem neuen Abs. 3 bestimmt, dass Entscheidungen über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen mit einer Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (§ 58) oder einer Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitneh­mer (§ 58a) unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen zu treffen sind. Dies ist – analog zu der für den Zusammenführenden geltenden verkürzten Entscheidungs­frist – für den Antragsteller eine noch günstigere innerstaatliche Bestimmung als die in Art. 19 Abs. 4 ICT-RL vorgesehene Verfahrenshöchstfrist von 90 Tagen.

Zu Z 81 (§ 80 Abs. 1 und 2):

Die Klarstellung ist erforderlich, um eine verfassungsrechtlich unzulässige dynamische Verweisung auf Regelungsinhalte der AuslBVO und der PersGV 2014 auszuschließen.

Zu Z 82 (§ 81 Abs. 41 bis 45):

Gemäß Abs. 41 gelten vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ausgestellte Auf­enthaltsbewilligungen „Rotationsarbeitskräfte“ auch nach dem 1. Oktober 2017 innerhalb ihres Geltungsumfanges und ihrer Gültigkeitsdauer als solche weiter.

Der neue Abs. 42 bestimmt, dass bereits vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthaltsbewilligungen gemäß §§ 61 und 67 sowie bestimmte Fälle von nach §§ 62 und 69 erteilten Aufenthaltsbewilligungen in das nunmehr geltende System der Niederlassungsbewilligungen übergeleitet werden. In allen anderen Fällen des § 62 besteht weiterhin eine Aufenthaltsberechtigung. Da diese Aufenthaltsbewilligungen als Niederlassungsbewilligungen weitergelten, sind deren Inhaber zur Stellung eines Verlängerungsantrags berechtigt. Dementsprechend müssen sie das Erfordernis „Deutsch vor Zuzug“ nicht erfüllen und besteht im Fall des Familiennachzugs auch keine Quotenpflicht, da es sich gerade nicht um einen Erstzuzug handelt.

Der neue Abs. 43 sieht vor, dass Drittstaatsangehörige auch im Überleitungsfall das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllen müssen. Die Verpflichtung beginnt mit der ersten originären Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem NAG, so­dass diesen Drittstaatsangehörigen jedenfalls auch volle zwei Jahre zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung zur Verfügung stehen. Im Zuge der Stellung des Verlängerungsantrags sowie bei Erteilung des neuen Aufenthaltstitels in Form


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einer Niederlassungsbewilligung wird der Fremde durch die zuständige Behörde auf die nunmehr bestehende Verpflichtung zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung hinzuweisen sein.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnisse vom 19.04.2016, Ro 2015/22/0010, 07.06.2016, Ro 2016/22/0008, und 20.07.2016, Ro 2016/22/0011) ist Inhabern einer Aufenthaltsbewilligung für Künstler oder Forscher und in den in Abs. 42 genannten Fällen der Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit mangels formaler Beschrän­kung des Aufenthaltsrechts ein direkter Umstieg auf einen Aufenthaltstitel „Dauer­aufenthalt – EU“ zu ermöglichen. Dementsprechend wird in Abs. 44 für die Über­gangs­fälle eine volle Anrechnung des unmittelbar vorangehenden rechtmäßigen Aufenthalts auf Grund einer dieser Aufenthaltsbewilligungen vorgesehen. Die allgemeinen Ertei­lungs­voraussetzungen des 1. Teils und den Nachweis über die Erfüllung des Moduls 2 der Integrationsvereinbarung muss diese Personengruppe selbstverständlich erbrin­gen.

Um Inhabern einer vor Inkrafttreten dieser Novelle ausgestellten Bestätigung gemäß § 64 Abs. 4 den Umstieg auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ weiterhin zu ermöglichen, tritt diese Bestimmung erst mit 31. März 2018 außer Kraft.

Zu Z 83 (§ 82 Abs. 23 bis 25):

Abs. 23 regelt das Inkrafttreten.

Durch Abs. 24 wird ein redaktionelles Versehen beseitigt, welches sich im Rahmen der Erlassung des Bundesgesetzes, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichts­verhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, bei Normierung der Bestimmungen zum Außerkrafttreten der §§ 14 bis 17, 77 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 5 sowie 83 Z 3 und 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bun­des­gesetzes, BGBl. I Nr. 68/2017, ergeben hat.

Abs. 25 legt im Hinblick auf das bereits beschlossene Integrationsgesetz fest, dass die Anordnungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 so zu verstehen sind, dass sie sich auf jene Fassung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beziehen, die sie durch das Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichts­verhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, erhalten.

Zu Artikel 2 (Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005)

Zu Z 1 bis 5 (Inhaltsverzeichnis):

Aufgrund der Änderung der Regelungen der §§ 11b, 12, 22a und 35a hat eine Anpas­sung des Inhaltsverzeichnisses zu erfolgen. Es wird auf die erläuternden Bemerkungen zu den entsprechenden Bestimmungen verwiesen.

Die Änderung des Eintrags zum 5. Abschnitt des 4. Hauptstücks dient der Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 6 bis 8 (Inhaltsverzeichnis):

Die Änderungen stellen notwendige Adaptierungen des Inhaltsverzeichnisses dar.

Zu Z 9, 39 und 48 (§§ 2 Abs. 2 Z 3, 24 Abs. 2 und 31 Abs. 2 und 3):


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 256

In Umsetzung der Saisonier-RL hat die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu entfallen, da sie in der Richtlinie selbst nicht vorgesehen ist: Bei einem kurzfristigen Aufenthalt für die Tätigkeit als Saisonarbeitnehmer von nicht mehr als 90 Tagen ist künftig auch bei an sich visumbefreiten Drittstaatsangehörigen ein Visum C erforderlich. Dies ergibt sich daraus, dass Österreich Art. 4 Abs. 3 Visumpflicht VO anwendet (dies entspricht Art. 12 Abs. 1 lit. c Saisonier RL). Danach können die Mitgliedstaaten für Personen, die während ihres Aufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen, Ausnahmen von der Visumbefreiung gemäß Art. 1 Abs. 2 Visumpflicht VO vorsehen. Da es sich bei den Saisoniers um erwerbstätige Personen handelt, wird von dieser Ausnahme Gebrauch gemacht. Somit bedürfen visumbefreite Drittstaatsangehörige für einen kurzfristigen Aufenthalt als Saisonier eines Visums. Die Ausstellung einer Unbedenklichkeits­be­schei­nigung, deren Zweck insbesondere die Überprüfung des Vorliegens einer Gefähr­dung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit war, entfällt daher. Sicherheitsaspekte sind in Hinkunft im Rahmen der Erteilung des Visums zu beurteilen.

Zu Z 10, 12 und 13 (§ 2 Abs. 4 Z 13, 17a und 23):

Der Begriff des Saisoniers wird einheitlich definiert. Angelehnt an die Diktion des § 5 AuslBG ist darunter sowohl eine Saisonarbeitskraft als auch ein Erntehelfer gemeint, da beide eine saisonabhängige Tätigkeit im Sinne des Art. 3 lit. b Saisonier RL ausüben.

Grundsätzlich sind Visa nach dem bisherigen System des FPG bei den Vertretungs­behörden im Ausland zu beantragen. Der Verlängerungsantrag stellt davon eine Aus­nahme dar und wird daher ausdrücklich definiert, um klarzustellen, dass die Stellung eines solchen Antrags nur für die Tätigkeit als Saisonier möglich ist. Außerdem kann nur dann ein Verlängerungsantrag gestellt werden, wenn der antragstellende Saisonier im Zeitpunkt der Antragstellung Inhaber eines Visums zur Ausübung einer Tätigkeit als Saisonier ist und dieses Visum noch gültig ist. Nach Ablauf der Gültigkeit ist eine solche Inlandsantragstellung bzw. Verlängerung nicht mehr möglich.

Zur besseren Verständlichkeit wird die ICT-RL definiert.

Zu Z 11 (§ 2 Abs. 4 Z 17):

In § 2 Abs. 4 Z 17 wird die Definition der vorübergehenden unselbständigen Tätigkeit insofern angepasst, als eine solche ua. dann vorliegt, wenn eine Tätigkeit im Rahmen der sogenannten „Working-Holiday-Programme“ gemäß Ausnahmebestimmung des § 1 Z 14 AuslBVO vorgenommen wird. Die erlaubte Dauer der Tätigkeit ergibt sich dabei aufgrund des Verweises direkt aus § 1 Z 14 AuslBVO iVm § 20 Abs. 2 Z 4.

Im Zusammenhang damit wird in § 20 Abs. 2 Z 4 in Abweichung von der Grundregel eines maximal sechsmonatigen Visums D festgehalten, dass ein Visum zu Erwerbs­zwecken zur Umsetzung bilateraler Abkommen gemäß Ausnahmebestimmung in § 1 Z 14 AuslBVO (das sind „Working-Holiday-Programme“) bis zu einer maximalen Gültig­keitsdauer von 12 Monaten ausgestellt werden kann. Diese „Working-Holiday-Pro­gramme“ sehen die gegenseitige Gewährung von „Visa für Arbeitsurlauber“ vor.

Zu Z 14 und 15 (§ 5 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und 3):

Abs. 1:

Da die Landespolizeidirektionen in Folge der Umsetzung der Saisonier-RL und der Neuschaffung des Visums aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 22a) weitere Zuständigkeiten erhalten, ist Abs. 1 Z 2 zu ergänzen. Außerdem werden in Z 2 auch die Zuständigkeitstatbestände des Abs. 3 aufgenommen:

Z 2 lit. a betrifft zum einen die Zuständigkeit für Verlängerungen von Visa für Sai­so­niers (gemäß § 11b Abs. 2) sowie zum anderen für Verlängerungen nach Art. 33 der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 257

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex), ABl. Nr. L 243 vom 15.9.2009 S 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2016/399, ABl. Nr. L 77 vom 23.03.2016 S. 1 (im Folgenden: „Visakodex“), welche bisher an den Grenzübergangsstellen im Rahmen der Ermächtigung nach Abs. 2 vorgenommen werden mussten.

Z 2 lit. b betrifft die Erteilung des neu geschaffenen Visums D aus besonders berück­sichtigungswürdigen Gründen (§ 22a), welche durch die Landespolizeidirektion im Inland erfolgen kann. Die Erteilung solcher Visa kann nur mit Zustimmung des Bun­desministers für Inneres erfolgen, da dieses Visum nur unter bestimmten Voraus­setzungen zu erteilen ist (§ 22a). Insbesondere muss ein besonders berücksichti­gungs­würdiger Grund vorliegen, aufgrund dessen eine Verlängerung des Aufenthaltes im Inland (über 90 Tage hinaus) im Ausnahmefall notwendig ist, wobei die Zustimmung des Bundesministers für Inneres im Rahmen der Fachaufsicht zur abschließenden Beurteilung der Erfüllung der Voraussetzungen einzuholen ist.

Z 2 lit. c betrifft die Erteilung von Visa an der Außengrenze gemäß Abs. 2, dh. die Erteilung von Visa an Grenzübergangsstellen. Diese war bisher in Abs. 3 geregelt, wobei die Ausnahme betreffend Flugtransitvisa nun entfällt, da die Erteilung eines Flug­transitvisums ohnehin im Visakodex geregelt ist und daher eine nationale Bestimmung zu entfallen hat. Darüber hinaus entfällt der Verweis, dass auch Verlän­gerungen im Rahmen des Abs. 2 umfasst sind, da die Landespolizeidirektion für Verlängerungen künftig entsprechend Z 2 lit. a zuständig sein wird.

Die Erteilung eines Visums an der Außengrenze darf nur in den gesetzlich vor­geschriebenen Ausnahmefällen und nur mit Zustimmung des Bundesministers für Inneres im Rahmen der Fachaufsicht zur abschließenden Beurteilung der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen erfolgen, da die zeitlichen und praktischen Möglichkeiten der Überprüfung an der Außengrenze gegenüber dem normalen Visumverfahren naturgemäß gering sind. So werden den Schengen-Mitgliedstaaten zum Beispiel bei der Erteilung von Visa C durch den Visakodex zur Überprüfung des Antrages, der Echtheit der Dokumente, des Reisezweckes, der Personenangaben und der Beur­teilung sonstiger sicherheitsrelevanter Aspekte teils mehrwöchige Fristen zugestanden. An der Außengrenze können diese Überprüfungen teilweise nur eingeschränkt und teilweise gar nicht durchgeführt werden. Es besteht daher ein erhöhtes Risiko, einem Antragsteller an der Außengrenze ein Visum zur Einreise zu gewähren, obwohl dessen Antrag einem ordentlichen Visumverfahren nicht standgehalten hätte, und dies könnte auch zu Zwecken der unrechtmäßigen Migration missbraucht werden. Um dies hintan­zuhalten, soll es sich zum einen um eine ausnahmsweise Visumerteilung bei Vorliegen bestimmter Umstände handeln und zum anderen eine eingehendere Kontrolle durch die Notwendigkeit der Zustimmung des Bundesministers für Inneres ermöglicht werden, da dieser im Vergleich zur Außengrenzkontrollstelle über umfangreichere Prüfinstrumente verfügt. Die ausdrückliche Normierung des Erforder­nisses einer Zustimmung des Bundesministers für Inneres zur Erteilung eines Visums in lit. c ist ungeachtet der in Abs. 2 bereits vorgesehenen Verordnungsermächtigung erforderlich, weil sich aus einer Verordnung gemäß Abs. 2 nur in generell abstrakter Weise ergibt, ob und an welchen Grenzübergangsstellen Visa erteilt werden können, aber nichts darüber ausgesagt wird, ob zur Erteilung solcher Visa auch die Zustim­mung des Bundesministers für Inneres in jedem Einzelfall erforderlich ist. Letzteres ergibt sich vielmehr erst aus dem in der vorgeschlagenen lit. c normierten Zustim­mungserfor­dernis.

Z 2 lit. d betrifft die Annullierung von Visa und entspricht der bisherigen Regelung des Abs. 3 zweiter Satz.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 258

Abs. 2:

Die Ermächtigung zur Verlängerung von Visa bei bestimmten Grenzübergangsstellen kann entfallen, da die Verlängerung von Visa C gemäß Art. 33 Visakodex künftig gemäß Abs. 1 Z 2 lit. a bei der jeweils zuständigen Landespolizeidirektion durch­zufüh­ren ist.

Abs. 3:

Die ersten beiden Sätze haben zu entfallen, da dies nun unter Abs. 1 Z 2 lit. c, Abs. 1 Z 2 lit. d und Abs. 2 geregelt wird.

Zu Z 16 (§ 5 Abs. 4):

§ 5 Abs. 4 regelte bisher die Zuständigkeit des Bundesministers für Inneres zur Ertei­lung und Annullierung von Dienstvisa. Diese Kompetenz erscheint im Hinblick auf die Neuregelung des § 22a nicht mehr zweckmäßig. Insbesondere kann die Ausstellung von Visa, welche als Dienstvisa gemäß § 20 Abs. 6 gekennzeichnet werden, sofern Bedarf besteht, künftig gemäß § 22a erfolgen.

Zu Z 17 (§ 6 Abs. 3):

Grundsätzlich richtet sich die örtliche Zuständigkeit im Inland gemäß Abs. 1 nach dem Hauptwohnsitz. Dies gilt insbesondere auch für die neu geschaffenen Zuständigkeiten nach § 5 Abs. 1 Z 2. Davon abweichend stellt Abs. 3 weiterhin klar, dass sich die Erteilung von Visa an den Grenzübergangsstellen, welche gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 lit. c nur im Rahmen einer Ermächtigung nach § 5 Abs. 2 und mit Zustimmung des Bundesministers für Inneres erteilt werden können, nach dem Aufenthalt richtet. Eine Verlängerung von Visa an den Grenzübergangsstellen entfällt in Hinkunft, da dies gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 lit. a durch die Landespolizeidirektionen wahrgenommen wird und in diesem Fall gemäß Abs. 1 der Hauptwohnsitz zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit heranzuziehen ist.

Zu Z 18 (§ 6 Abs. 9):

Nach der vorgeschlagenen Ergänzung in § 6 Abs. 9 soll sich im Falle einer Verwal­tungsübertretung gemäß dem neuen § 121 Abs. 1a – dh. bei Missachtung einer Anordnung der Unterkunftnahme, einer Wohnsitzbeschränkung, einer Wohnsitzauflage oder Gebietsbeschränkung – die örtliche Zuständigkeit zur Durchführung des Ver­waltungsstrafverfahrens nicht nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) bzw. im Falle des Abs. 7 nach der Ausstiegstelle richten, sondern nach dem Gebiet der Bezirks­verwaltungsbehörde, auf den der Aufenthalt des Fremden gemäß § 52a beschränkt ist,  nach dem Ort der Unterkunft, die der Fremde gemäß § 57 oder § 15b AsylG 2005 zu nehmen hat oder nach dem Bundesland, in dem der Asylwerber seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 15c AsylG 2005 zu begründen hat.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a verwiesen.

Zu Z 19 und 31 (§§ 7 Z 4, 20 Abs. 2 Z 1 bis 4):

Grundsätzlich galt bisher, dass Visa D für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten bis zu längstens sechs Monaten ausgestellt werden. Von diesem Grundsatz wird nunmehr in einzelnen Fällen abgewichen. Es wird hinsichtlich der Mindestdauer (bisher „drei Monate“) klargestellt, dass dies eine Frist von mehr als 90 Tagen darstellt, womit man sich an der Diktion des Visakodex orientiert, wonach bei einer Aufenthaltsdauer von bis zu 90 Tagen ein Visum C zu erteilen ist. Wie bisher gilt, dass die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nur in den Fällen des § 24 zulässig ist und Visa D für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt werden.

Zu § 20 Abs. 2 Z 1:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 259

Grundsätzlich werden Visa D mit einer Gültigkeitsdauer von mehr als 90 Tagen bis zu längstens sechs Monaten ausgestellt. Dies gilt somit für alle Visa D Kategorien gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 bis 9.

Von diesem System wird grundsätzlich in drei Fällen abgewichen, und zwar im Fall des § 20 Abs. 2 Z 2, 3 und 4.

Zu § 20 Abs. 2 Z 2:

Entsprechend Art. 14 Abs. 1 Saisonier-RL sind Visa für Saisoniers bis zu einem Maximalzeitraum von neun Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten zu erteilen, weshalb für diese Personengruppe von dem bisherigen Grundsatz des FPG (Erteilung von Visa D bis zu einem Maximalzeitraum von sechs Monaten) abgewichen wird.

Zu § 20 Abs. 2 Z 3:

Visa für den längerfristigen Aufenthalt gemäß § 21a können grundsätzlich mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu sechs Monaten erteilt werden (siehe Z 1). Künftig können diese Visa in Ausnahmefällen auch mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu einem Jahr erteilt werden, sofern dies aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund inter­nationaler Verpflichtungen (dh. beispielsweise aufgrund internationaler Abkommen) notwendig ist. Durch dieses Visum kann auch dann ein rechtmäßiger Aufenthalt gewährt werden, wenn die Erteilung eines Visums nach anderen Bestimmungen des FPG nicht erfolgen kann und die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß NAG schei­tern würde. Die Beurteilung, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, dh. ob der Bedarf aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen besteht, erfolgt durch den Bundesminister für Inneres im Rahmen der Fachaufsicht, weshalb § 7 Z 4 vorsieht, dass die Vertretungsbehörden im Fall der Anwendung des § 20 Abs. 2 Z 3 die Zustimmung des Bundesministers für Inneres einzuholen haben.

Zu § 20 Abs. 2 Z 4:

Betreffend den Fall des § 20 Abs. 2 Z 4 siehe Erläuterung zu § 2 Abs. 4 Z 17.

Zu Z 20 (§§ 8 Abs. 1, 16 Abs. 1, 17 Abs. 3, 24a Abs. 6, 30 Abs. 3, 95, 102 Abs. 4 und 127):

Durch die Änderung erfolgt eine Anpassung an die seit 1. März 2014 geltende offizielle Bezeichnung des Bundesminister(ium)s für Europa, Integration und Äußeres (vgl. BMG 1986 idF BGBl. I Nr. 11/2014).

Zu Z 21 (§ 9 Abs. 4):

Über Beschwerden gegen Entscheidungen der Landespolizeidirektion in Visaangele­genheiten gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 hat das BVwG zu entscheiden, weshalb der Verweis angepasst wird.

Zu Z 22 (§ 11 Abs. 1):

Art. 12 Abs. 1 und 2 Saisonier-RL, zählt verschiedene Typen von Genehmigungen auf, denen die Mitgliedstaaten die Erwerbstätigkeit drittstaatsangehöriger Saisonarbeit­neh­mer in ihrem Hoheitsgebiet unterstellen können. Der vorliegende Entwurf entscheidet sich für die Variante „Visum und Arbeitserlaubnis für Saisonarbeitnehmer“ (vgl. Art. 12 Abs. 1 lit. b Saisonier-RL für kurzfristig und Abs. 2 lit. c leg. cit. für längerfristig auf­hältige Saisonarbeitnehmer). Zusätzlich zu einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG benötigen Saisonarbeitnehmer daher – je nachdem, ob sie sich zu diesem Zweck kurz- oder langfristig in Österreich aufhalten wollen – entweder ein Visum für den kurzfristigen Aufenthalt nach den Vorschriften des Visakodex oder ein Visum D nach dem 3. Abschnitt des 4. Hauptstücks. Soweit die neu eingeführte Visumpflicht


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sich auch auf an sich visumbefreite Drittstaatsangehörige gemäß Anhang II zur Visumpflicht VO erstreckt, ist sie mit Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung vereinbar.

Im Interesse einer möglichst einheitlichen und effizienten Umsetzung der Saisonier-RL soll es grundsätzlich möglichst wenig Unterschied bedeuten, ob der Drittstaats­ange­hörige einen kurzfristigen oder einen längerfristigen Aufenthalt als Saisonarbeitnehmer beabsichtigt. Der vorliegende Entwurf sieht daher nicht nur die Möglichkeit vor, von einem Visum für den kurzfristigen Aufenthalt auf ein nationales Visum D umzusteigen und das Verfahren zu dessen Erteilung im Inland abzuwarten, sondern – zu Gunsten sogenannter „bona fide“-Saisoniers bzw. „Stammsaisoniers“ – auch die sinngemäße Anwendbarkeit bestimmter Erleichterungen, die der Visakodex bei der Erteilung von Visa für den kurzfristigen Aufenthalt unter anderem für solche Antragsteller vorsieht, die ihre Integrität und Zuverlässigkeit durch ihr früheres Verhalten, unter anderem hinsichtlich der vorschriftsmäßigen Verwendung früher erteilter Visa, ausreichend nachgewiesen haben.

Art. 14 Abs. 6 Visakodex sieht im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa C vor, dass für „bona fide“ Antragsteller, dh. für Antragsteller, die für ihre Integrität und Zuver­lässigkeit bekannt sind, insbesondere hinsichtlich der vorschriftsmäßigen Verwendung früher erteilter Visa, von einem oder mehreren der Erfordernisse nach Art. 14 Abs. 1 Visa­kodex abgesehen werden kann. Diese Regelung findet im Visakodex allgemein Anwendung und gilt somit auch für die Erteilung von Visa C an Saisoniers.

Für sogenannte Stammsaisoniers, dh. Saisoniers, die bereits mehrfach ein Visum zum Zwecke der Ausübung einer Saisonarbeit erhalten haben bzw. mehrfach visumbefreit eingereist sind und sich bisher vorschriftsgemäß als Saisoniers im Bundesgebiet aufgehalten haben (zB. zeitgerechte Ausreise bei Ablauf des Visums), ist es vor die­sem Hintergrund sachgerecht, bei erneuter Antragstellung gewisse Erleichterungen gleichermaßen im Hinblick auf die Erteilung von Visa D vorzusehen. Daher wird die sinngemäße Geltung der „bona fide“ Regelung auch für diese Fälle vorgesehen.

Bei Drittstaatsangehörigen, die nach bisheriger Rechtslage visumfrei in das Bundes­gebiet einreisen konnten und – neben der Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG – nur eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 31 Abs. 2 benötigten, kann sich die nachzuweisende Integrität und Zuverlässigkeit – neben anderen rele­vanten Faktoren – auch aus dem vorschriftsgemäßen Umgang mit früheren visum­freien Aufenthalten und früher erteilten Beschäftigungsbewilligungen ergeben. Diese Auslegung geht zwar über den Wortlaut des Art. 14 Abs. 6 und Art. 24 Abs. 2 lit. b Visakodex, der auf früher erteilte Visa und nicht auf früher erteilte Beschäftigungs- oder sonstige Bewilligungen abstellt, hinaus. Sie ist jedoch gerechtfertigt, denn bei wörtlicher Auslegung der Vorschrift bzw. des Verweises darauf könnten an sich visumbefreite Drittstaatsangehörige nicht oder erst nach längerer Zeit in den Genuss der „bona fide“-Regelung kommen. Eine derartige Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die sich in der Vergangenheit als Saisonarbeitnehmer gleichermaßen bewährt haben, ist insbesondere vor dem Hintergrund der Richtlinie jedoch zu vermeiden.

Durch die sinngemäße Anwendbarkeit des Art. 9 Abs. 1 Visakodex ist nunmehr auch im Falle von Visa D eine frühzeitige Visaantragstellung vorgesehen: So können An­träge auf Erteilung eines Visums D bereits drei Monate vor der Einreise nach Österreich gestellt werden. Auf diese Weise sind die rechtzeitige Einreise der Saison­arbeitskraft und deren Beschäftigungsantritt zur vereinbarten Zeit jedenfalls gewähr­leistet.

Zu Z 23 (§ 11 Abs. 4 und 7):


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Diese Ergänzung dient der Klarstellung und entspricht somit auch § 61 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG). Außerdem erfordert Art. 18 Abs. 5 Saisonier-RL, dass die Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs bekannt gegeben wird. Zudem wird ein legistisches Versehen bereinigt.

Zu Z 24 und 38 (§§ 11 Abs. 9, 24 Abs. 1):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung wird nun ausdrücklich klargestellt, dass sich § 24 Abs. 1 Z 3 auf Tätigkeiten eines Saisoniers gemäß § 2 Abs. 4 Z 13 bezieht, wofür wie bisher die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer gemäß § 5 AuslBG Voraussetzung ist. Saisoniers können bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Visum C oder D, je nach Aufenthaltsdauer, erhalten.

Die Erteilung von Visa C oder D für Saisoniers hat gemäß Art. 18 Abs. 1 Saisonier-RL innerhalb einer Frist von längstens 90 Tagen ab Einbringung des Visumantrags zu erfolgen. Als günstigere Regel wird stattdessen auf die Verfahrensfristen nach Art. 23 Visakodex verwiesen. Daher sind Verfahren betreffend Visa für Saisoniers grund­sätzlich innerhalb von längstens 15 Kalendertagen abzuschließen. Die Entscheidungs­frist beginnt mit der Vorlage des vollständigen Antrages und der arbeitsmarkt­behörd­lichen Bewilligung oder Bescheinigung zu laufen.

Bei den Fristen handelt es sich klarerweise um Höchstfristen, dh. Verfahren sind nach Möglichkeit noch rascher zu führen. Bereits nach den bisherigen Erfahrungswerten beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer bei der Ausstellung von Visa C ohnehin nur wenige (drei bis fünf) Tage. Im Zusammenhang mit der künftigen Ausstellung von Visa an Saisonarbeitskräfte wird besonders darauf zu achten sein, sicherzustellen, den Visaausstellungsprozess zusätzlich zu beschleunigen und die Verfahrensdauer kurz zu halten.

Auch ist es denkbar und zulässig, dass der Antrag auf ein Visum bereits gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung eingebracht wird, sodass das Visumverfahren inklusive der Prüfung, ob der Antragsteller eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit darstellt, bereits früher beginnen kann. Somit kann das Visum idealerweise bereits äußerst kurzfristig nach Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ausgestellt werden. Im Falle einer schriftlichen Antragstellung kann die persönliche Vorsprache mit der Ausfolgung des Visums verbunden werden, sodass die Saison­arbeitskraft nur einmal persönlich bei der Botschaft erscheinen muss.

Durch diese Maßnahmen – insbesondere die parallele Verfahrensführung betreffend Beschäftigungsbewilligung und Visum – wird somit insgesamt sichergestellt, dass durch das Visumverfahren kaum eine zeitliche Verzögerung für die Saisonarbeitskraft entsteht, sondern das Visum bereits kurzfristig nach Erteilung der Beschäftigungs­be­willigung ausgefolgt wird.

Zu Z 25 (§ 11b):

Abs. 1:

Grundsätzlich hat die Landespolizeidirektion das AVG anzuwenden, weshalb dies auch betreffend Visaangelegenheiten gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 zu gelten hat. Das Verfahren auf Erteilung oder Verlängerung eines Visums stellt jedoch ein Verfahren sui generis dar. So richtet sich die Erteilung eines Visums C zwingend nach den Bestimmungen des unmittelbar anwendbaren Visakodex und werden diese gleichermaßen von den Vertretungsbehörden wie von den Landespolizeidirektionen angewendet. Bereits nach geltender Rechtslage sieht § 11 für das von den Vertretungsbehörden im Ausland zu führende Verfahren zur Erteilung von Visa von den Verwaltungsverfahrensgesetzen ab­weichende Sonderbestimmungen vor, die unter anderem den Inhalt des ver­fahrenseinleitenden Antrags, die Verpflichtung zur Vorlage bestimmter Urkunden, die


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Definition der Parteistellung, den Umfang bzw. bestimmte Einschränkungen der Be­gründungspflicht bei Vorliegen zwingender außenpolitischer Rücksichten oder von Gründen der nationalen Sicherheit sowie die gegenüber allgemeinen Grundsätzen weiter reichende Prozessfähigkeit mündiger Minderjähriger betreffen. Diese von den Verwaltungsverfahrensgesetzen abweichenden Sonderbestimmungen haben ihren Grund nicht in dem Umstand, dass Verwaltungsverfahren vor Vertretungsbehörden im Ausland und solche vor Behörden im Inland unter jeweils unterschiedlichen Rahmen­bedingungen erfolgen, sodass für erstere die volle Anwendung der Verwaltungs­verfah­rensgesetze nicht angemessen wäre, sondern beruhen allesamt auf Besonderheiten der Visumerteilung als solcher. Zwar wird in den Angelegenheiten des § 5 Abs. 1 Z 2 die Landespolizeidirektion zur Erteilung oder Verlängerung der Visa zuständig, jedoch handelt es sich hiebei um denselben Gegenstand wie im Verfahren vor den Vertre­tungsbehörden, und zwar um die Ermöglichung der rechtmäßigen Einreise durch Erteilung eines Visums. Somit muss sich aus Sachlichkeitserwägungen auch das Visumverfahren der Landespolizeidirektion an jenen – gleichen – Grundsätzen orien­tieren, die für die Vertretungsbehörden im Ausland gelten, damit für den gleichen Sach­verhalt und Gegenstand auch dieselben verfahrensrechtlichen Regelungen gelten.

Dementsprechend erfolgt ein Verweis auf § 11 Abs. 1, 2, 4 und 6 bis 9, die sinngemäß zur Anwendung kommen. Damit wird klargestellt, dass auch im Verfahren vor der Landespolizeidirektion bei Verfahren zur Erteilung eines Visums D Art. 19 Visakodex sinngemäß angewandt wird und der Antragssteller über Verlangen der Landespoli­zeidirektion vor dieser persönlich zu erscheinen hat (§ 11 Abs. 1); dass ausschließlich der Antragsteller Partei im Verfahren ist (§ 11 Abs. 2); dass vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen schriftlich auszufertigen und dem Betroffenen die Gründe der Ableh­nung nur dann nicht umfassend mitzuteilen sind, wenn Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen (§ 11 Abs. 4); dass, wenn dem Antrag auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden kann, sich die Begründung auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe beschränken kann (§ 11 Abs. 6); dass die Ablehnungsgründe des § 11 Abs. 7 und die Sonderbestimmungen im Verfahren betreffend Minderjährige (§ 11 Abs. 8) und Saisoniers (§ 11 Abs. 9) sinn­gemäß anzuwenden sind.

Abs. 2:

Abs. 2 regelt das Verlängerungsverfahren betreffend Visa für Saisoniers. Entsprechend Art. 15 Saisonier RL muss auch im Inland die Möglichkeit bestehen, das Visum eines Saisoniers zu verlängern. Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Stellung des Verlängerungsantrages, dh. noch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums. Zu be­rück­sichtigen ist auch, dass nur solche Visa verlängert werden können, die aus­drücklich für die Ausübung einer Tätigkeit als Saisonier im Rahmen des § 24 erteilt wurden. War der betreffende Fremde hingegen Inhaber eines Visums, das anderen Zwecken diente, ist keine Verlängerung im Inland möglich. Einzubringen ist der Verlän­gerungsantrag bei der örtlich zuständigen Landespolizeidirektion. Die Verlängerung ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Z 3 zu gewähren, sofern die Höchstdauer des Aufenthaltes, dh. neun Monate innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten (siehe § 20 Abs. 2 Z 2), im Bundesgebiet noch nicht überschritten wurde. Diese Höchstdauer entspricht den Vorgaben des Art. 15 Abs. 7 iVm Art. 14 Abs. 1 Saisonier-RL.

Zu Z 26 (§ 12 Abs. 3):

Bisher war in § 12 Abs. 3 die Vertretung im Verfahren für unbegleitete Minderjährige (nach dem 3. – 6. und dem 12. – 15. Hauptstück, insbesondere in Verfahren betreffend die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt sowie die Maßnahmen der Zurückweisung und


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Zurückschiebung) dem Jugendwohlfahrtsträger der Landeshauptstadt zugewiesen. Diese Regelung führte aufgrund der hohen Anzahl an unbegleiteten Minderjährigen pro Bundesland in den letzten Jahren zu Vollzugsproblemen bei den Magistraten der Landeshauptstädte. Die Regelung fußte ursprünglich darauf, dass die Bezirks­haupt­mannschaften vor Inkrafttreten des Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetzes (FNG), BGBl. I Nr. 87/2012, RV 1803, XXIV. GP, gleichzeitig auch Fremdenpolizei­be­hörden erster Instanz gewesen waren und ein möglicher Interessenkonflikt innerhalb der Magistrate durch diese Regelung vermieden werden sollte. Aufgrund des FNG ist ein solcher Interessenkonflikt nunmehr ausgeschlossen. Nun soll die Rechtslage korres­pondierend zu § 10 Abs. 4 BFA-VG (Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach dem FPG) adaptiert werden, sodass einheitlich der Jugendwohl­fahrtsträger, in dessen Sprengel sich der Minderjährige aufhält, für die gesetzliche Vertretung zuständig ist.

Zu Z 27 und 28 (§§ 13 Abs. 2 und 3):

Hiebei handelt es sich jeweils um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 29 (§ 15 Abs. 4):

Fremde, die Inhaber eines Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeit­nehmer gemäß ICT-RL eines Mitgliedstaates sind, sind entsprechend Art. 20 ICT-RL (unter Einhaltung der Mobilitätsbestimmungen gemäß Art. 21 und 22 ICT-RL) berech­tigt, in das Bundesgebiet einzureisen, sich hier aufzuhalten und hier zu arbeiten. Dies muss unabhängig davon gelten, ob der Mitgliedstaat, welcher den ICT-Aufenthaltstitel ausgestellt hat, das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), BGBl. III Nr. 90/1997, vollständig anwendet oder nicht. Aus diesem Grund wird den betroffenen Dritt­staatsangehörigen künftig die visumfreie Einreise gewährt. Somit muss beispiels­weise einem Inder, der einen Aufenthaltstitel „ICT“ aus Großbritannien innehat, die visumfreie Einreise gewährt werden.

Zu Z 30, 33 und 34 (§§ 20 Abs. 1 Z 7, 8 und 9, 21 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4):

Die neu geschaffene Visumkategorie für besonders berücksichtigungswürdige Gründe (§ 22a) stellt ein nationales Visum D dar, weshalb die Liste der Visa D um diese Visumkategorie zu ergänzen ist.

Die Umsetzung der Saisonier-RL erfordert außerdem die Schaffung eines Visums D für Saisoniers, welches als solches zu bezeichnen ist (siehe Art. 12 Abs. 5 Saisonier-RL).

Aufgrund der zwei neuen Visumkategorien müssen auch die Verweise in den allge­meinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 21 Abs. 1 und die Versagungsgründe nach § 21 Abs. 2 entsprechend adaptiert werden.

Zu Z 32 (§ 20 Abs. 3a):

Entsprechend Art. 1 Abs. 1 Visakodex sind Visa für den Aufenthalt von höchstens 90 Tagen als Visa C gemäß dem Visakodex auszustellen. Entsprechend diesem Grund­satz sind Visa D erst bei einer Gültigkeitsdauer von über 90 Tagen auszustellen. Aus den folgenden Gründen ist es jedoch erforderlich, dass Visa D gemäß Abs. 1 Z 8 (Visum D aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen) und Z 9 (Visum D für Saisoniers) mit einer Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen ausgestellt werden können:

Die Saisonier-RL sieht vor, dass Visa für Saisoniers auch im Inland verlängert werden, sofern die Höchstdauer (§ 20 Abs. 2 Z 2) noch nicht überschritten wurde. In dieser Fallkonstellation kann es vorkommen, dass die Verlängerung für eine Dauer von maximal 90 Tagen notwendig ist. Trotz der kurzen Dauer des verlängerten Visums muss in diesem Fall zwingend ein Visum D ausgestellt werden, da die gesamte Auf-


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enthaltsdauer (dh. jene des ersten und jene des verlängerten Visums) 90 Tage über­schreitet. Aus diesem Grund wird klargestellt, dass in diesem Fall ein Visum D ausnahmsweise eine Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen aufweisen kann unter der Voraussetzung, dass rechtzeitig ein Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a) einge­bracht wurde.

Dasselbe gilt für Visa D aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, da dieses neu geschaffene Visum nur bei der zuständigen Landespolizeidirektion im Inland beantragt werden kann (§ 5 Abs. 1 Z 2 lit. b) und, wie zB. im Falle eines unerwarteten Krankenhausaufenthaltes, die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes herstellen soll. Auch in diesem Fall gilt, dass das Visum D ausnahmsweise eine Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen aufweisen kann unter der Voraussetzung, dass ein Antrag gemäß § 22a eingebracht wurde.

Zu Z 35 (§ 21 Abs. 2):

Die vorgeschlagene Neuregelung erfolgt in Übereinstimmung mit dem – nunmehr erweiterten –Tatbestand des § 11 Abs. 4 Z 2 NAG. § 11 Abs. 4 Z 1 und 2 NAG legt jene Fälle fest, in denen der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse widerstreitet. Zur Vermeidung von Systemwidrigkeiten hat im Regelungsbereich des FPG und des AsylG 2005 eine Adaptierung jener Bestimmungen zu erfolgen, deren Zweck die Festlegung der Voraussetzungen für die Erteilung von Visa bzw. von Aufent­haltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen ist. Aus diesem Grund wurde der neue Tatbestand in die Liste der Versagungsgründe hinsichtlich der Erteilung eines Visums D gemäß § 21 Abs. 2 FPG sowie der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 aufgenommen.

Sowohl § 21 Abs. 2 Z 14 als auch § 60 Abs. 3 AsylG 2005 definiert daher zwei Kategorien von Fremden, die aufgrund der von ihnen ausgehenden Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit vom Erwerb eines Aufenthaltsrechts ausgeschlos­sen sind. Erfasst sind dabei Fremde, die ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung haben, wenn vor diesem Hintergrund die Planung und Durchführung von extremistischen oder terroristischen Aktivitäten nicht ausgeschlos­sen werden kann, sowie Fremde, die Gedankengut gutheißen, das den Wertvor­stellun­gen eines europäischen, demokratischen Staates und seiner Gesellschaft widerspricht, und bestrebt sind, andere Personen oder Organisationen von diesem Gedankengut zu überzeugen oder aber solche Organisationen oder Personen zu unterstützen, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördern oder gutheißen.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 11 Abs. 4 NAG verwiesen.

Zu Z 36 (§ 21a Abs. 2):

Abs. 2 kann entfallen, da bereits gemäß § 21 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 10 klargestellt ist, dass eine Erwerbstätigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 24 ausgeübt werden darf.

Zu Z 37 (§ 22a):

Das neu geschaffene Visum D aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann Fremden erteilt werden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, sofern die allgemeinen Visumerteilungsvoraussetzungen (§ 21 Abs. 1) vorliegen und die Visumerteilung entweder aus humanitären Gründen, Gründen des nationalen Interes­ses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen notwendig ist. In einem solchen Fall kann die Landespolizeidirektion im Inland unter Zustimmung des Bundesministers für Inneres (§ 5 Abs. 1 Z 2 lit. b) ein Visum D erteilen.


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Durch die vorgeschlagene Adaptierung wird eine Harmonisierung mit dem ver­gleich­bare Fälle erfassenden Art. 33 Visakodex in Entsprechung von Art. 20 Abs. 2 SDÜ erreicht. Dies soll nur in Ausnahmefällen gelten und besonders berücksichtigungs­würdige Gründe, in denen eine Ausreise aus dem Bundesgebiet (vor Ablauf der Gültigkeitsdauer eines bestehenden Visums oder vor Ablauf des visumfreien Aufent­halts) nicht möglich ist, und längerfristige Aufenthalte erfassen, unabhängig davon, ob der Fremde gemäß dem einschlägigen Unionsrecht der Visumpflicht unterliegt oder von dieser befreit ist.

Können Fremde das Bundesgebiet aus unerwarteten Notfällen nicht verlassen und müssen sie ihren visumfreien oder visumpflichten rechtmäßigen Aufenthalt über­schreiten, beispielsweise aufgrund plötzlicher Krankenhausaufenthalte oder aufgrund unvorhergesehener Verpflichtungen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen, wie etwa der Teilnahme an internationalen Sitzungen und Verhandlungen, kann in Hinkunft ein Visum D gemäß § 22a erteilt werden. Zur Erteilung ist in diesem Fall die Landespolizeidirektion zuständig (§ 5 Abs. 1).

Da der Aufenthalt nach einer Verlängerung gemäß § 22a insgesamt über 90 Tage beträgt, liegt ein langfristiger Aufenthalt gemäß Art. 18 SDÜ vor, weshalb mit der Erteilung eines Visums D vorzugehen ist (§ 20 Abs. 3a).

Zu Z 40 (§ 24 Abs. 3, 4 und 5):

Zu Abs. 3:

Da Drittstaatsangehörige entsprechend Art. 20 ICT-RL (unter Einhaltung der Mobili­tätsbestimmungen gemäß Art. 21 und 22 ICT-RL) berechtigt sind, in das Bundesgebiet einzureisen, sich hier aufzuhalten und hier zu arbeiten, erfolgt eine Ergänzung des Abs. 3 für die Fälle des unternehmensinternen Transfers, für welche eine EU-Entsen­debestätigung gemäß § 18 Abs. 13 AuslBG erforderlich ist.

All jene Drittstaatsangehörigen, die einen Aufenthaltstitel „ICT“ eines Mitgliedstaats innehaben, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet, und die Vorausset­zun­gen gemäß § 18 Abs. 12 oder 13 AuslBG erfüllen, sind somit für den Zeitraum von maximal 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen von der Visumpflicht befreit.

Zu Abs. 4:

Korrespondierend zu der Einreisegewährung gemäß § 15 Abs. 4 und parallel zu Abs. 3 wird in Abs. 4 entsprechend der ICT-RL auch der visumfreie Aufenthalt für den Zeit­raum von maximal 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen gewährt, sofern die betroffenen Drittstaatsangehörigen § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen und einen Aufenthaltstitel „ICT“ eines Mitgliedstaats innehaben, der den Schengen-Besitzstand nicht vollständig an­wen­det. Damit wird Art. 21 Abs. 1 ICT-RL entsprochen.

Zu Abs. 5:

Für sogenannte „bona fide“-Saisoniers bzw. „Stammsaisoniers“ besteht im Hinblick auf das Visum C bei kurzfristiger Saisonarbeit die Möglichkeit, das Visum für eine bis zu fünfjährige Rahmengültigkeit auszustellen, dh. die Rahmengültigkeit des Visums kann auch mehrere Saisonen erfassen, unbeschadet der maximalen Aufenthaltsdauer von 90 Tagen pro 180-Tages-Zeitraum. Wird nach Ablauf einer Saison und der dies­bezüglichen Beschäftigungsbewilligung gemäß § 5 AuslBG auf Basis eines solchen mehrjährigen Visums erneut eine Beschäftigungsbewilligung beantragt, hat das Arbeits­marktservice dies der örtlich zuständigen Landespolizeidirektion mitzuteilen, damit geprüft wird, ob inzwischen – seit Ausstellung des Visums kann bereits ein mehrjähriger Zeitraum vergangen sein – Annullierungsgründe, Aufhebungsgründe oder eine Gegenstandslosigkeit des Visums vorliegen. Über das Ergebnis der Prüfung so-


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wie die allfällige Annullierung, Aufhebung oder Gegenstandslosigkeit des Visums ist das Arbeitsmarktservice zu informieren. Diese Regelung soll auf der einen Seite für einen möglichst geringen Verwaltungsaufwand bei den betroffenen Saisonarbeits­kräften und Arbeitgebern sorgen, da die „bona fide“-Saisonarbeitskraft somit nur einmal in einem Fünf-Jahres-Zeitraum bei der Botschaft ein Visum beantragen muss, und auf der anderen Seite sicherstellen, dass auf seit der Ausstellung des Visums eingetretene Sachverhaltsänderungen – wenn etwa die Saisonarbeitskraft inzwischen zur Einreise­ver­weigerung ausgeschrieben ist – entsprechend reagiert werden kann.

Eine analoge Anwendung des Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 und Abs. 2 lit. b Visakodex im Verfahren zur Erteilung von Visa D an Saisonarbeitnehmer ist vor dem Hintergrund des Art. 18 Abs. 2 SDÜ ausgeschlossen. Art. 18 Abs. 2 SDÜ sieht nämlich für Visa für den längerfristigen Aufenthalt (dh. Visa D) eine maximale Gültigkeitsdauer von einem Jahr vor.

Die Anfrage des Arbeitsmarktservice an die Landespolizeidirektion, ob hinsichtlich des Visums mittlerweile Annullierungsgründe, Aufhebungsgründe oder eine Gegenstands­losigkeit vorliegen, beeinträchtigt im Übrigen nicht die dem Drittstaatsangehörigen offenstehenden Rechtsschutzmöglichkeiten. Entscheidet nämlich die Landespolizei­direktion nach Befassung durch das Arbeitsmarktservice, das Visum zu annullieren oder aufzuheben, steht dem Saisonier gegen diese Entscheidung das ungeschmälerte Beschwerderecht an das BVwG (§ 9 Abs. 4) in derselben Weise offen wie gegen eine Annullierungs- oder Aufhebungsentscheidung, der keine Anfrage des Arbeitsmarkt­service nach dem vorgeschlagenen Abs. 5 vorangegangen ist. Die Rückantwort der Landespolizeidirektion an das Arbeitsmarktservice, ob mittlerweile Annullierungs­gründe, Aufhebungsgründe oder eine Gegenstandslosigkeit hinsichtlich des Visums vorliegen, wiederum ist ein Beweismittel, das vom Arbeitsmarktservice im Verfahren zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung neben anderen Beweismitteln zu berück­sichtigen ist. Auch im Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice stehen dem Drittstaats­angehörigen die vollen Parteienrechte und – insbesondere wenn die Beschäftigungs­bewilligung aufgrund der Rückantwort der Landespolizeidirektion nicht erteilt wird – das Recht zu, gegen den abweisenden Bescheid Beschwerde an das BVwG gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG zu erheben. Da der Informationsaustausch zwischen dem Arbeitsmarkt­service und der Landespolizeidirektion somit die Rechtsschutzposition des Drittstaats­angehörigen in keiner Weise beeinträchtigt, ist es nicht erforderlich, die Auskunft der Landespolizeidirektion als einen einer Beschwerde zugänglichen – und dem Dritt­staats­angehörigen gegebenenfalls vom Arbeitsmarktservice zuzustellenden – Be­scheid auszu­gestalten.

Zu Z 41 (§ 26):

Die Begriffspräzisierung („dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005“) stellt klar, dass nur einem tatsächlichen Familienangehörigen das Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer erteilt und ausgestellt werden kann.

Zu Z 42 und 43 (§ 27 Abs. 3 und 5):

Gemäß Art. 18 Abs. 4 und 5 Saisonier-RL sind bei der Entziehung einer Berechtigung zur Ausübung der Saisonier-Tätigkeit (sogenannte „Genehmigung zum Zwecke der Saisonarbeit“) zwingende Verfahrensgarantien zu berücksichtigen: Zum einen muss der Saisonier über die Entziehung (Art. 18 Abs. 4) und zum anderen über die Möglichkeit der Anfechtung mittels eines Rechtsbehelfs und die Modalitäten der Einbringung sowie die einzuhaltenden Beschwerdefristen (Art. 18 Abs. 5) informiert werden. Ist der Drittstaatsangehörige Inhaber eines Visums C, richtet sich die Annul­lierung oder Aufhebung des Visums gemäß Art. 9 Abs. 6 Saisonier-RL nach den einschlägigen Bestimmungen des Visakodex (siehe Art. 34 Visakodex). In Bezug auf


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die Annullierung bzw. Gegenstandslosigkeit von Visa D für Saisoniers bedarf es hin­gegen einiger Anpassungen:

Zu Abs. 3:

Art. 9 Abs. 1 Saisonier-RL sieht zwingende Gründe vor, nach welchen eine Entziehung der sogenannten „Genehmigung zum Zwecke der Saisonarbeit“ gemäß Art. 3 lit. h Saisonier-RL (das ist die Beschäftigungsbewilligung nach § 5 AuslBG bzw. das Visum gemäß § 24 Abs. 1) stattzufinden hat. Grundsätzlich muss gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. a Saisonier-RL zwingend die Annullierung eines Visums erfolgen, wenn die Unterlagen, welche zur Erteilung des Visums vorgelegt wurden, in betrügerischer Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden. Dieser Tatbestand wird betreffend das Visum D über § 27 Abs. 1 iVm § 21 Abs. 2 Z 2 abgedeckt.

Ein weiterer zwingender Grund liegt vor, wenn der Aufenthalt anderen Zwecken dient als jenen, für die die Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde (siehe Art. 9 Abs. 1 lit. b Saisonier-RL). Wird die Beschäftigungsbewilligung des Saisoniers rechtskräftig wider­rufen (§ 9 AuslBG), muss korrespondierend dazu auch das Aufenthaltsrecht entfallen, weshalb die neue Z 6 aufgenommen wird. Nach Benachrichtigung eines rechts­kräf­tigen Widerrufs durch das Arbeitsmarktservice (§ 106) wird das Visum D somit gegen­standslos.

Der betroffene Fremde kann gegen den Widerruf der Beschäftigungsbewilligung eine Beschwerde erheben, weshalb das Visum D erst nach einer rechtskräftigen Ent­scheidung als gegenstandslos zu erklären ist. Da sich der betroffene Fremde gegen den Widerruf der Beschäftigungsbewilligung beschweren kann, bedarf es keines sepa­raten Rechtsweges zur Beschwerde gegen die Gegenstandslosigkeitserklärung.

Zu Abs. 5:

Anders als die Annullierung gemäß Abs. 1 tritt die Gegenstandslosigkeit gemäß Abs. 3 ex lege ein, weshalb auch keine Beschwerdemöglichkeit dagegen offen steht. Ent­sprechend Art. 18 Abs. 4 und 5 Saisonier-RL müssen die in Art. 9 Saisonier-RL aufgezählten Entziehungstatbestände einem Beschwerdeverfahren zugänglich sein. Da der Grund des Abs. 3 Z 3 dem Tatbestand des Art. 9 Abs. 4 Saisonier-RL ent­spricht, ist für diesen Fall, abweichend von Abs. 3, eine Annullierung entsprechend den Bestimmungen des Abs. 1 und 2 vorzunehmen.

Zu Z 45, 44, 54 und 55 (§ 27a Abs. 1, Überschrift des Abschnitts 3a des 4. Haupt­stücks, des 6. und 7. Hauptstücks):

Hiebei handelt es sich jeweils um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 46 (§ 31 Abs. 1 Z 5):

Art. 18 Abs. 2 Saisonier-RL sieht vor, dass der Inhaber eines Visums für Saisoniers das Verfahren zur Verlängerung im Bundesgebiet abwarten kann, bis die zuständigen Behörden über den Antrag entschieden haben, sofern der Antrag während der Gültigkeitsdauer des Visums eingebracht wurde und der Höchstzeitraum gemäß Art. 14 Abs. 1 Saisonier-RL nicht überschritten wurde. Dieser Bestimmung wird durch Abs. 1 Z 5 Rechnung getragen. Mit dem Verweis auf § 2 Abs. 4 Z 17a wird klargestellt, dass dies nur für solche Verlängerungsanträge gilt, die rechtzeitig, dh. noch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums, eingebracht wurden.

Zu Z 47 (§ 31 Abs. 1 Z 6):

Vor dem Hintergrund der Umsetzung der Saisonier-RL sowie des § 24 hat diese Ziffer zu entfallen, da sich der rechtmäßige Aufenthalt in den von dieser Bestimmung bisher erfassten Fällen ohnehin direkt aus § 24 ergibt.


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Zu Z 49, 51 und 53 (§§ 35a, 36 Abs. 1 Z 5 und 39 Abs. 5b):

Durch die mit 1. Juni 2016 in Kraft getretene Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 wurde in § 39 Abs. 5b die Möglichkeit geschaffen, die Festnahme eines Fremden mittels Festnah­meauftrags bei einem späteren Eintreffen der Zustimmung zu einer Rückübernahme anzuordnen, wenn dieser aufgrund der Ausschöpfung der maximalen Anhaltedauer vor Eintreffen der Zustimmung zur Rückübernahme zu aus der Haft zu entlassen war. Diesfalls ist entsprechend der geltenden Rechtslage eine Anhaltung von bis zu 72 Stunden zulässig. Die damit verbundene Befugnis zur Festnahme des Fremden im Falle des Vorliegens eines solchen Festnahmeauftrags war bis dato jedoch nicht ausdrücklich festgeschrieben. In diesem Zusammenhang bedarf es zur praktischen Wirksamkeit dieser Regelung auch der korrespondierenden Möglichkeit eines Durch­suchungsauftrages und einer darauf basierenden Betretungsbefugnis. Es ist daher sachgerecht, derartige Bestimmungen nunmehr nach dem bewährten Vorbild der §§ 35 und 37 BFA VG ins FPG aufzunehmen.

Zu Z 50 (§ 36 Abs. 1 Z 2 bis 4):

Der Wortlaut des § 36 Abs. 1 Z 2 bis 4 verunmöglichte bisher in vielen Fällen die Anwendung der Betretungsbefugnisse, weil ein konkreter Verdacht betreffend den Aufenthalt oder die unrechtmäßige Beschäftigung nur in Bezug auf einen Fremden vorlag. Nachdem durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 121/2015 auch in § 114 Abs. 3 Z 2 die Zahl der erforderlichen Fremden für eine qualifizierte Straftat von zehn auf drei reduziert wurde, ist eine entsprechende Herabsetzung in den damit korrespon­dieren­den Bestimmungen zu den Betretungsbefugnissen angemessen. Entsprechend § 28c Abs. 2 Z 1 und 2 AuslBG ist die illegale Beschäftigung nur eines Fremden bereits straf­bar, weshalb auch in dieser Hinsicht eine Betretungsbefugnis vorliegen muss, sodass der Verdacht in Bezug auf einen Fremden ausreichend sein muss.

Zu Z 52 (§ 39 Abs. 1 Z 3):

Vor dem Hintergrund der neuen Verwaltungsstrafbestimmung in § 121 Abs. 1a soll mit Aufnahme der neuen Z 3 in § 39 Abs. 1 eine zusätzliche Organbefugnis für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes eingeführt werden. Demnach sollen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt sein, einen Fremden zum Zwecke einer für die Sicherung des Verwaltungsstrafverfahrens unerlässlichen Vorführung vor die Landespolizeidirektion festzunehmen und bis zu 24 Stunden anzuhalten, wenn er eine Gebietsbeschränkung nach § 52a, eine Wohnsitzauflage nach § 57, eine Anord­nung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005 oder eine Wohnsitzbeschränkung nach § 15c AsylG 2005 missachtet.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a verwiesen.

Zu Z 56 (§ 46 Abs. 2):

Ein Fremder, gegen den eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wurde, ist grundsätzlich mit dem Eintritt von deren Durchsetzbarkeit zur Ausreise verpflichtet (§§ 52 Abs. 8, 70 Abs. 1). War er hingegen – wie regelmäßig in den Fällen des § 52 Abs. 1 – vor Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme unrechtmäßig im Bun­desgebiet aufhältig, folgt die Ausreiseverpflichtung bereits aus der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes (§ 31 Abs. 1a) und wird durch die aufenthaltsbeendende Maß­nahme bloß nachträglich festgestellt, nicht aber konstitutiv auferlegt; dies ergibt sich aus § 52 Abs. 6, wonach einem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaats­angehörigen, der einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung innehat, zunächst die Möglichkeit einzu­räumen ist, das Bundesgebiet in Richtung dieses Mitgliedstaates zu verlassen und solcherart nachweislich seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, und erst bei


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Fortsetzung des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet eine Rückkehrent­schei­dung gemäß § 52 Abs. 1 zu erlassen ist. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rück­kehrentscheidung hat in den Fällen des § 52 Abs. 1 daher nur die Wirkung, dass die – bereits zuvor bestehende – Ausreiseverpflichtung gemäß § 46 vollstreckbar wird.

Das Gesetz setzt es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreisever­pflich­tung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahmen seitens des Bundesamtes bzw. – in dessen Auftrag – der Landespolizeidirektion (§ 5 BFA VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehin­dernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehinder­nisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also zB. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs )Behörde zu beantragen. Der vorgeschlagene Abs. 2 trägt dem Rechnung und sieht daher vor, dass ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen. Die Neuregelung ist erforderlich, weil der Wortlaut des bisherigen Abs. 2 auf die Mitwirkung des Fremden an den Maßnahmen bzw. Amtshandlungen des Bundesamtes zum Zwecke der Erlangung der für die Abschiebung erforderlichen Bewilligung(en) eingeschränkt ist und daher die Pflicht des Fremden, Vorbereitungen für seine Ausreise eigenständig – und somit außerhalb einer Amtshandlung des Bundesamtes – zu treffen, nicht umfasst (VwGH 23.03.2017, Ro 2017/21/0005 und Ra 2017/21/0035). Die Pflicht des Fremden nach dem vorge­schlagenen neuen Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbe­sondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Da je nach Herkunftsstaat die zuständigen ausländischen Behörden unterschiedliche Anforderungen für die Ausstellung von Reisedokumenten aufstellen, ist eine abschließende Aufzählung der diesbezüglich vom Fremden zu setzenden Einzelschritte nicht zweckmäßig. Trägt das Bundesamt dem Fremden die Erfüllung der Pflicht gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2 mit Bescheid auf – wozu es bloß ermächtigt, keineswegs aber verpflichtet ist –, sind die vom Frem­den konkret zu setzenden Schritte im Spruch des Bescheides genau zu bezeichnen. Bei der Bezeichnung dieser Einzelschritte werden die Anforderungen, welche die zuständige ausländische (Vertretungs )Behörde für die Ausstellung von Reisedoku­menten jeweils vorsieht, entsprechend zu berücksichtigen sein.

Wie auch in den Erläuterungen zu Abs. 2a festgehalten, besteht zwischen der Pflicht des Fremden zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes und seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Vorbereitung der Abschiebung durch das Bundesamt (Abs. 2a) insofern ein Rangverhältnis, als die zuerst genannte Pflicht nur dann zu erfüllen ist – und dem Fremden nur dann mit Bescheid gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2b auferlegt werden kann –, wenn das Bundesamt von seiner Ermächtigung gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2a nicht Gebrauch gemacht hat. Dies soll mit der Wortfolge „vorbehaltlich des Abs. 2a“ zum Ausdruck gebracht werden.

Satz 2 sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusam­menwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde


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(Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflich­tung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zuläs­sigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit wird auf die Erläuterungen zu dem vorgeschlagenen § 76 Abs. 3 Z 1a verwiesen).

Satz 3 sieht vor, dass Fremde, deren Aufenthalt gemäß § 46a Abs. 1 geduldet ist, von der Verpflichtung gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2 ausgenommen sind. Gegen solche Fremde kann daher auch kein Mitwirkungsbescheid gemäß dem vorge­schlagenen Abs. 2b erlassen werden. Eine solche Ausnahme ist erforderlich, um zu verhindern, dass auf solche Fremden durch die bescheidmäßige _Auferlegung der Mitwir­kung und – in weiterer Folge – die Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Art. 2 und 3 EMRK) ein mittelbarer Zwang zur Ausreise ausgeübt wird.

Zu Z 57 (§ 46 Abs. 2a)

Die vorgeschlagene Änderung dient einer sprachlich klareren Fassung der schon bisher in Abs. 2 normierten Verpflichtung des Fremden, an sämtlichen Amtshand­lungen des Bundesamtes zum Zweck der Erlangung einer für die Abschiebung in den Zielstaat notwendigen Bewilligung im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken. Zu diesem Zweck wird der bisherige Begriff des „Ersatzreisedokumentes“ durch den weiteren Begriff der „für die Abschiebung erforderlichen Bewilligung“ ersetzt. Es wird dadurch dem Umstand Rechnung getragen, dass verschiedene Herkunftsstaaten jeweils unter­schiedliche Anforderungen an die Ausstellung solcher Bewilligungen stellen und die Bezeichnung dieser Bewilligungen auch je nach Herkunftsstaat variieren kann. Die weitere Anpassung des ersten Satzes dahingehend, dass das Bundesamt nicht ver­pflichtet, sondern ermächtigt ist, die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde zu beschaffen, erfolgt vor dem Hintergrund des vorgeschlagenen neuen Abs. 2, auf dessen Erläuterungen ver­wiesen wird. Nach geltender Rechtslage ist es ausschließlich die Aufgabe des Bundes­amtes, um die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes bei der ausländischen Be­hörde anzusuchen und die hierfür notwendigen Daten zu übermitteln; eine daneben beste­hende Verpflichtung des Fremden, außerhalb einer Amtshandlung des Bundes­amtes aus Eigenem bei der ausländischen Behörde ein (Ersatz )Reisedokument zu beschaf­fen, ist vom geltenden Abs. 2 nicht gedeckt (VwGH 23.03.2017, Ro 2017/21/0005, Rz. 13). Demgegenüber sieht die vorgeschlagene Neufassung des Abs. 2 nunmehr vor, dass der Fremde – vorbehaltlich der Ermächtigung des Bundesamtes nach Abs. 2a – verpflichtet ist, sich eine für die (freiwillige) Ausreise erforderliche Bewilligung, insbesondere ein taugliches Reisedokument, selbst zu beschaffen und sämtliche dafür erforderliche Handlungen aus Eigenem zu setzen. Um insoweit keine einander widersprechenden Pflichten des Fremden – einerseits zur Mitwirkung an einer Amts­handlung des Bundesamtes zur Beschaffung der für die Abschiebung erforderlichen Bewilligung und andererseits zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes außerhalb einer solchen Amtshandlung – zu normieren, wird die bisherige (aus­schließliche) Pflicht des Bundesamtes als Ermächtigung ausgestaltet.

Die Ermächtigung des Bundesamtes gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2a besteht grundsätzlich neben der eigenständigen Verpflichtung des Fremden gemäß Abs. 2. Dabei darf das Bundesamt jederzeit an die zuständige ausländische Behörde zum Zweck der Beschaffung einer Bewilligung für die Abschiebung herantreten; insbeson­dere ist es nicht erforderlich, dass der der Fremde zunächst selbst gemäß Abs. 2 tätig wird, um sich ein Reisedokument zu beschaffen, und die Bemühungen des Fremden


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ergebnislos verlaufen sein müssen. Vielmehr steht es jederzeit im Ermessen des Bundesamtes, dem Fremden entweder die eigenständige Beschaffung eines Reise­doku­mentes aufzutragen oder aber (sofort) gegenüber der ausländischen Behörde gemäß Abs. 2a tätig zu werden. Dies wird durch das Wort „jederzeit“ in Satz 1 des vorgeschlagenen Abs. 2a klargestellt.

Die im bisherigen Abs. 2 Satz 2 enthaltene Anordnung, dass für die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen durch das Bundesamt § 97 Abs. 1 und die darin genannten Ausstellungsvoraussetzungen sinngemäß anzuwenden sind, wird im Interesse einfacherer Lesbarkeit durch einen Klammerausdruck im ersten Satz ersetzt.

Satz 2 des vorgeschlagenen Abs. 2a schreibt einerseits den bereits in Abs. 2 enthal­tenen Grundsatz fort, dass der Fremde zur eigenständigen Beschaffung eines Reise­dokumentes gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2 nicht (mehr) verpflichtet ist, wenn und sobald das Bundesamt von seiner Ermächtigung, die für die Abschiebung notwen­dige Bewilligung bei der ausländischen (Vertretungs )Behörde einzuholen, Gebrauch macht. Darüber hinaus stellt Satz 2 nunmehr klar, dass die Mitwirkungspflicht des Fremden auch für den Fall der Ausstellung eines Reisedokumentes für die Rück­führung von Drittstaatsangehörigen gemäß § 97 gilt. Schließlich konkretisiert Satz 2 die den Fremden treffenden Pflichten durch eine nicht abschließende Aufzählung von Einzelschritten, an denen er Fremde mitzuwirken bzw. die er zu setzen hat. Dies betrifft insbesondere die Mitwirkung an der Feststellung der Identität und – allenfalls – der Herkunft. Während sich der Begriff der Identität aus § 36 Abs. 2 BFA VG ergibt und demnach (nur) den oder die Namen, das Geburtsdatum, die Staatsangehörigkeit und die Wohnanschrift beinhaltet, umfasst der Begriff der Herkunft darüber hinausgehende Informationen, wie etwa die Feststellung der Heimatregion und den dortigen früheren Wohnsitz bzw. Aufenthalt des Fremden sowie die Frage, ob im Herkunftsstaat Familienangehörige verblieben sind und wo sich diese gegebenenfalls aufhalten. Die Feststellung oder nähere Eingrenzung der Herkunft kann insbesondere in jenen Fällen erforderlich sein, in denen eine zweifelsfreie Feststellung sämtlicher in § 36 Abs. 2 BFA VG genannter Identitätsdaten nicht gelingt; dabei stehen dem Bundesamt sämt­liche verfahrensrechtlich zulässigen Beweismittel, einschließlich des Sachverständi­genbeweises (etwa die Einholung eines Sprachgutachtens, dazu VwGH 19.03.2009, 2008/01/0020), offen.

Zu Z 58 (§ 46 Abs. 2b):

Satz 1 der vorgeschlagenen Änderung erstreckt die schon bisher bestehende Möglichkeit, dem Fremden die Erfüllung der im geltenden Abs. 2 (und vorgeschlagenen Abs. 2a) genannten Pflichten mit Bescheid aufzuerlegen, auf die Pflicht des Fremden, die einer (freiwilligen) Ausreise entgegenstehenden Hindernisse innerhalb seiner Möglichkeiten zu beseitigen, gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2. Das Bundesamt wird daher ermächtigt, dem Fremden auch die selbständige Antragstellung auf Aus­stellung eines Reisedokumentes durch die zuständige ausländische Behörde (Bot­schaft oder Konsulat) aufzutragen. Die Möglichkeit der Auferlegung der Erfüllung solcher Pflichten mit Bescheid ist erforderlich, um die Verletzung dieser Pflichten gegebenenfalls zur Grundlage der Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Fall VVG, machen zu können. Satz 1 der vorgeschlagenen Änderung dient somit der effizienteren Sicherstellung der Erfüllung bestimmter Mitwirkungspflichten und, insoweit sich diese Mitwirkungspflichten auf die Vorbereitung der Abschiebung bzw. der freiwilligen Ausreise beziehen, auch der Steigerung der Effizienz im Vollzug des österreichischen Asyl- und Fremden­we­sens.


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Satz 2 schreibt die sinngemäße Anwendung der für den Ladungsbescheid geltenden Bestimmungen (§§ 19 Abs. 1 bis 4 und 56 AVG) auf den Mitwirkungsbescheid und die Möglichkeit, diesen mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes vor der zuständigen ausländischen Behörde zu verbinden, in sprachlich deutlicherer Fassung fort. Dabei ist nunmehr jedoch danach zu differen­zieren, ob die Verpflichtung zur Mitwirkung an Amtshandlungen des Bundesamtes zur Erlangung einer für die Abschiebung erforderlichen Bewilligung (Abs. 2a) oder die Verpflichtung zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes außerhalb einer Amtshandlung des Bundesamtes auferlegt (Abs. 2) wird. Da eine Ladung bzw. ein Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG stets eine Amtshandlung einer (österreichischen) Behörde, auf die sich die Ladung bezieht, voraussetzt und für eine solche Amts­hand­lung die Leitung durch ein Organ der Behörde unverzichtbar ist (zB. VwGH 21.12.2010, 2010/21/0401; 05.07.2011, 2010/21/0316), die eigenständige Beschaffung des Reise­dokumentes jedoch im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der auslän­dischen (Vertretungs )Behörde, also außerhalb einer Amtshandlung des Bundesamtes erfolgt, kann die Verpflichtung gemäß Abs. 2 – anders als jene gemäß Abs. 2a – nicht mit Ladungsbescheid auferlegt werden. Freilich ist es auch im Fall des Abs. 2 möglich, bei Gefahr im Verzug einen Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu erlassen.

Satz 3 stellt durch den Verweis auf § 3 Abs. 3 BFA VG, der seinerseits auf das VVG und damit auch auf die Möglichkeit zur Verhängung von Zwangsstrafen nach § 5 leg cit verweist, klar, dass aufgrund der Nichterfüllung der in Abs. 2 und 2a genannten Pflichten, sofern sie dem Fremden zuvor mit Bescheid gemäß Abs. 2b auferlegt wur­den, Zwangsstrafen nach § 5 VVG durch das Bundesamt als Vollstreckungs­be­hörde verhängt werden können, wie es seit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 in §§ 3 Abs. 3 und 5 BFA VG explizit vorgesehen und in den Erläuterungen 582 d.B. (XXV. GP) dargelegt wurde. Bei den in Abs. 2 und 2a genannten Pflichten handelt es sich ausnahmslos um höchstpersönliche Handlungen, die ihrer eigentümlichen Be­schaf­fenheit nach nicht durch Dritte, sondern ausschließlich durch den Fremden erfüllt werden können und daher auch keiner Ersatzvornahme (§ 4 VVG) seitens der Voll­streckungsbehörde zugänglich sind. Als Zwangsmittel nach dem VVG kommen für den Fall der Nichterfüllung daher die Geldstrafe und die Haft gemäß § 5 Abs. 1 VVG in Betracht. Aufgrund der in Satz 1 vorgesehenen sinngemäßen Anwendbarkeit des § 19 Abs. 3 AVG ist zu beachten, dass mit Bescheid auferlegte Verpflichtungen des Fremden dann nicht mit Zwangsstrafen durchgesetzt werden können, wenn deren Erfüllung – insbesondere die Kontaktaufnahme mit der zuständigen ausländischen Behörde – dem Fremden wegen Krankheit, Behinderung oder eines sonstigen begrün­deten Hindernisses, mithin aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht möglich ist (§ 19 Abs. 3 AVG). Ein Indiz für das Vorliegen eines „sonstigen begründeten Hindernisses“, das den Fremden an der Erfüllung seiner Verpflichtung hindert, kann dabei in der Feststellung eines Abschiebungsverbotes oder Abschiebungshindernisses und einer infolgedessen verfügten Duldung (insbesondere gemäß § 46a Abs. 1 Z 4) liegen.

Entsprechend dem VVG ist die Verhängung von Zwangsstrafen aufgrund der vorge­schlagenen Änderungen das Ergebnis eines stufenweisen Vorgehens. Grundvoraus­setzung ist die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a durch Bescheid. In diesem ist die zu erfüllende Pflicht, etwa die Beantragung eines Reisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde, genau zu bezeichnen. Darüber hinaus ist eine angemessene Frist zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtung (Paritionsfrist) zu definieren. In jenen Fällen, in denen die für Ladungsbescheide geltenden Bestimmun­gen der §§ 19 Abs. 2 bis 4 und 56 AVG sinngemäß anzuwenden sind, also im An­wendungsbereich des vorgeschlagenen Abs. 2a, ist für den Fall der Nichterfüllung innerhalb der Paritionsfrist bereits im Verpflichtungsbescheid die Zwangsstrafe anzu-


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drohen. Ansonsten ist das Zwangsmittel nach fruchtlosem Ablauf der Paritionsfrist mittels Vollstreckungsverfügung anzuordnen. Die Vollstreckungsverfügung ist ein Bescheid, gegen den Beschwerde an das BVwG erhoben werden kann. Da dieser Beschwerde gemäß § 10 Abs. 3 VVG keine aufschiebende Wirkung zukommt, kann die Vollstreckungsverfügung sofort vollzogen werden. Für den Fall, dass der Fremde in der Nichterfüllung der ihm auferlegten Verpflichtung verharrt, ist jeweils ein schärferes Zwangsmittel anzudrohen (§ 5 Abs. 2 Satz 3 VVG). Dabei ist zu beachten, dass Zwangsstrafen, einschließlich der Haft, auch mehrmals hintereinander angeordnet bzw. so oft wiederholt werden können, bis der im Bescheid konkret auferlegten Verpflichtung tatsächlich entsprochen ist (zB. VwGH 09.10.2014, 2013/05/0110). Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungsvollstreckungs­recht (§ 2 Abs. 1 VVG) ist jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist im Zusammenhang mit der Vollstreckung unvertretbarer Leistungen die Geldstrafe im Verhältnis zur Haft grund­sätzlich das gelindere Zwangsmittel (VwGH 19.12.1996, 96/11/0323), wobei jedoch bei vermögenslosen und besonders uneinsichtigen Personen sogleich auf die Haft zurückgegriffen werden kann (VwGH 25.09.1990, 87/05/0086).

Die Verhängung von Zwangsstrafen wegen der Nichterfüllung von Pflichten gemäß Abs. 2 und 2a lässt die Möglichkeit der Anordnung von Schubhaft im Übrigen unberührt. Die Anordnung der Schubhaft ist von gänzlich anderen Voraussetzungen als die Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, nämlich vom Vorliegen eines Sicherungsbedarfes bzw. von Fluchtgefahr (§ 76 Abs. 2 und 3), abhängig; sie dient auch einem anderen Zweck (§ 76 Abs. 2), nämlich der Verfahrenssicherung oder der Sicherung der Abschiebung. Demgegenüber setzt die Verhängung von Zwangsstrafen einen Sicherungsbedarf im Sinn des § 76 Abs. 1 nicht voraus und dient lediglich der Erzwingung der Erfüllung von Mitwirkungspflichten, die zwar mit der Abschiebung bzw. der freiwilligen Ausreise in einem sachlichen Zusammenhang stehen, dieser jedoch vorgelagert sind. Es ist daher denkbar, Zwangsstrafen nach dem VVG zum Zweck der Erfüllung von Pflichten nach Abs. 2 oder 2a zu verhängen, obwohl die Anordnung der Schubhaft im Einzelfall nicht zulässig wäre, etwa weil deren zulässige Höchstdauer gemäß § 80 bereits ausgeschöpft ist, Fluchtgefahr im Einzelfall nicht vorliegt oder der ausländische Staat bzw. dessen Behörde zwar bekanntermaßen keine Ersatzreise­dokumente für die Abschiebung ausstellt (und es daher am Sicherungsbedarf mangelt), wohl aber zur Aufnahme freiwilliger Rückkehrer bereit ist und der Fremde daher – ungeachtet der faktischen Unmöglichkeit der Abschiebung – zur eigenstän­digen Beschaffung eines Reisedokumentes gemäß Abs. 2 verpflichtet ist. Umgekehrt sind auch der für die Anordnung der Schubhaft erforderliche Sicherungsbedarf und die Fluchtgefahr – grundsätzlich – unabhängig davon zu beurteilen, ob der Fremde seinen Pflichten gemäß Abs. 2 oder 2a nachkommt und allenfalls die Voraussetzungen für die Anordnung von Zwangsstrafen nach dem VVG erfüllt sind.

Zu Z 59 (§ 46 Abs. 3):

Diese Ergänzung stellt vor dem Hintergrund des diesbezüglich langjährigen Vollzugs klar, dass etwaige Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchführung einer Abschiebung durch die Behörden des Staates, in welchen der Fremde abzuschieben ist, anfallen, durch das Bundesamt zu entrichten sind. Ebenso kann es zur Entrichtung allfälliger Aufwandersatzleistungen kommen, wenn der ausländischen Behörde durch die Rückübernahme im Zusammenhang mit der Abschiebung Kosten entstanden sind (zB. Kosten durch Verwaltungsaufwand, die im Zusammenhang mit der Identifizierung der Fremden als Staatsbürger des jeweils betroffenen Staates oder bei der Ausstellung von Heimreisezertifikaten entstehen).


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Zu Z 60 (§ 46a Abs. 1):

Die vorgeschlagene Änderung hat lediglich klarstellende Funktion. Schon bisher ergibt sich aus § 31 Abs. 1a Z 3, dass ein Fremder, dessen Aufenthalt geduldet ist, unrecht­mäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, und zwar unabhängig davon, auf welcher Ziffer des § 46a Abs. 1 die Duldung jeweils beruht. Kehrseite eines unrechtmäßigen Aufent­haltes im Bundesgebiet ist jedoch regelmäßig die Ausreiseverpflichtung des Fremden, mag diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch nicht mittels Abschiebung vollstreckt werden können. Die vorgeschlagene Änderung soll diesen Zusammenhang deutlicher zum Ausdruck bringen, als dies bisher der Fall war. Sie ist zum Zwecke der Klarstellung auch insofern angezeigt, als nach der jüngeren Rechtsprechung be­stimmte Fälle der Duldung (bzw. das der Duldung zugrunde liegende Abschiebungs­verbot) hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Fortbestand einer bestehenden aufent­haltsbeendenden Maßnahme bzw. auf die Zulässigkeit der Erlassung einer solchen Maßnahme, insbesondere einer Rückkehrentscheidung, den Aufenthaltstiteln aus be­rücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 gleich­gestellt bzw. angenähert werden (zB. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0101; 04.08.2016, Ra 2016/21/0209). Insofern wird auf die Erläuterungen zu den vorgeschlagenen Ände­rungen in §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, § 21 Abs. 2a Z 3 BFA VG sowie § 52 Abs. 2 und 9 verwiesen.

Die durch die Duldung unberührt bleibende Ausreiseverpflichtung des Fremden fällt selbstverständlich dann weg, wenn die aufenthaltsbeendende Maßnahme, aus der sich die Ausreiseverpflichtung ergibt, gegenstandslos wird oder außer Kraft tritt. Dies ist nach geltendem Recht etwa der Fall, wenn dem Fremden nachträglich der Status eines Asylberechtigten zuerkannt (§§ 60 Abs. 3 Z 1 und 69 Abs. 3) oder ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 erteilt wird (§ 60 Abs. 3 Z 2).

Zu Z 61 (§ 46a Abs. 1 und 3):

Bei der vorgeschlagenen Änderung in Abs. 1 Z 3 handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung vor dem Hintergrund der Neugestaltung des § 52 Abs. 9.

Die vorgeschlagene Änderung in Abs. 3 erfolgt im Hinblick auf die Neufassung des § 80 Abs. 4. Dessen Z 4 führt erstmals den Begriff des (faktischen, nicht rechtlichen) „Abschiebungshindernisses“ in das FPG ein. Es ist daher zweckmäßig, diesen Begriff zu definieren, wobei es sich anbietet, hierfür auf den bereits aus der Duldungsregelung bekannten Begriff des tatsächlichen Grundes, aus welchem die Abschiebung vorüber­gehend als unmöglich erscheint, zu verweisen.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu §§ 52 Abs. 9 und 80 Abs. 4 verwiesen.

Zu Z 62 (§ 52 Abs. 2):

Die vorgeschlagene Änderung erfolgt vor dem Hintergrund der Neufassung der §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, des § 21 Abs. 2a Z 3 BFA VG sowie der §§ 46a Abs. 1 und 52 Abs. 9, auf deren Erläuterungen verwiesen wird.

Zu Z 63 (§ 52 Abs. 9):

Satz 1 der vorgeschlagenen Änderung dient durch die im Vergleich zur geltenden Fassung („Das Bundesamt hat … festzustellen“) behördenneutrale Formulierung der Klarstellung, dass auch das BVwG im Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit oder allfällige Unzulässigkeit der Abschiebung abzusprechen hat. Darüber hinaus regelt Satz 1 den mit der Rückkehrentscheidung zu verbindenden Abspruch dahingehend neu, dass eine Rückkehrentscheidung nicht zwangsläufig mit einer positiven Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung bzw. mit dem vollständigen Fehlen


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von Abschiebungsverboten einhergehen muss, sondern vielmehr trotz eines Abschie­bungsverbotes erlassen werden und gemeinsam mit einem solchen bestehen kann. Satz 2 schließlich definiert in deutlicherer Weise als die bisherige Fassung, wann eine vom Drittstaatsangehörigen zu vertretende Unmöglichkeit des Abspruchs über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Abschiebung vorliegt und die hierüber zu treffende Feststellung daher ausnahmsweise unterbleiben kann.

Nach der geltenden Fassung des § 52 Abs. 9 darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn die Abschiebung gemäß § 50 oder aus einem sonstigen Grund unzulässig ist. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung setzt also das vollständige Fehlen von Abschiebungsverboten voraus (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0101; 04.08.2016, Ra 2016/21/0209). Dies führt dazu, dass bei Vorliegen bestimmter Duldungsgründe eine Rückkehrentscheidung entweder von vornherein nicht erlassen werden kann oder – wie anzunehmen ist – nachträglich außer Kraft tritt, wenn die Ab­schiebung zunächst für zulässig erkannt, zu einem späteren Zeitpunkt aber – auf Grund einer wesentlichen Verschlechterung der im Zielstaat vorherrschenden Ver­hältnisse – ein Abschiebungsverbot festgestellt und dementsprechend die Duldung ausgesprochen wird. Die Wirkung, welche die mit dem Abschiebungsverbot einher­gehende Duldung auf eine Rückkehrentscheidung hat, ähnelt damit der Sperrwirkung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 BFA VG und der Gegenstandslosigkeit gemäß § 60 Abs. 3 Z 2. Erstere setzt jedoch eine umfassende und zu Gunsten des Fremden bzw. seines Verbleibs im Bundesgebiet ausschlagende Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK voraus, während letztere ausschließlich die Folge der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 und somit eines rechtmäßigen Aufenthaltes sein kann. Der Duldung (und damit einem unrechtmäßigen Aufenthalt, vgl. § 31 Abs. 1a Z 3) bzw. dem der Duldung zugrunde liegenden Abschiebungsverbot werden also Rechtswirkungen beigelegt, die ihr nach der Absicht des Gesetzgebers nicht zukom­men sollten, weil sie ausdrücklich den in § 9 Abs. 3 Satz 2 BFA VG und § 60 Abs. 3 Z 2 genannten Fällen vorbehalten sind.

Der Zweck der im Falle eines Abschiebungsverbotes zu verfügenden Duldung liegt darin, die Abschiebung vorübergehend auszusetzen und dabei die Ausreisever­pflich­tung unberührt zu lassen. Zur Verwirklichung dieses Zwecks ist es nicht geboten, die Rückkehrentscheidung von vornherein nicht entstehen oder nachträglich außer Kraft treten bzw. gegenstandslos werden zu lassen, denn eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gemäß § 50 Abs. 1 iVm Art. 3 EMRK oder aus einem anderen gesetzlich anerkannten Grund ist lediglich dann zu erwägen, wenn zumindest ein in abstrakter Hinsicht tauglicher Abschiebetitel, hier: eine Rückkehrentscheidung, vorliegt. Fehlt es hingegen bereits an einem Abschiebetitel (Rückkehrentscheidung), ist die Abschiebung an sich unzulässig, ohne dass es auf das Vorliegen eines explizit nor­mierten Abschiebungsverbotes, insbesondere eines solchen gemäß § 50 Abs. 1 iVm Art. 3 EMRK, noch ankommt. Satz 1 der vorgeschlagenen Änderung trägt diesem Zusammenhang Rechnung und sieht daher vor, dass die mit einer Rückkehr­ent­scheidung zu verbindende Feststellung künftig der Frage zu gelten hat, „ob“ die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere Drittstaaten zulässig ist. Damit ist klargestellt, dass das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes oder Abschiebungshindernisses nicht mehr die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder, wenn es nachträglich festgestellt wird, deren Außerkrafttreten zur Folge hat, sondern Gegenstand eines eigenen Spruchpunktes im Bescheid über die Erlassung der Rückkehrentscheidung ist. Ergibt zB. die Gefährdungsprognose nach Art. 3 EMRK, dass dem – ausreisepflichtigen – Drittstaatsangehörigen im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat die Gefahr lebensbedrohender Verhältnisse drohen würde, ist künftig eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und in einem eigenen Spruchpunkt die


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Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 50 Abs. 1 festzustellen sowie die Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 auszusprechen.

Abgesehen von der Regelung der Duldung in § 46a sprechen für die vorgeschlagene Änderung auch die Vorgaben des Unionsrechts und die Regelung der Gegenstands­losigkeit in § 60 Abs. 3 Z 2:

Gemäß Art. 6 Abs. 4 Rückführungs RL ist eine Rückkehrentscheidung entweder von vornherein nicht zu erlassen oder aber nachträglich „auszusetzen“ bzw. „zurückzu­nehmen“, wenn die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht vorsehen, „illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen wegen Vorliegen eines Härte­falls oder aus humanitären oder sonstigen Gründen einen eigenen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung zu erteilen“. Weitere Ausnahmefälle, in denen eine Rückkehrentscheidung unterbleiben oder aufzuschieben sein kann, betreffen unrechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige, die Inhaber eines gültigen Aufenthalts­titels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates sind (Art. 6 Abs. 2 Rückführungs RL) oder zu deren Wiederaufnahme ein anderer Mitglied­staat aufgrund eines zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rückführungs RL geltenden bilateralen Abkommens verpflichtet ist (Art. 6 Abs. 3 leg. cit.), sowie Drittstaatsange­hörige, deren Aufenthalt wegen Ablaufs der Gültigkeitsdauer ihres Aufenthaltstitels unrechtmäßig geworden ist und die sich in einem Verfahren zur Verlängerung dieses Aufenthaltstitels oder zur Erteilung eines neuen Aufenthaltstitels befinden (Art. 6 Abs. 5 leg. cit.).

Das österreichische Recht macht von dem Umsetzungswahlrecht gemäß Art. 6 Abs. 4 Rückführungs RL insofern in differenzierter Weise Gebrauch, als es bei Vorliegen eines Abschiebungsverbotes (§§ 46a Abs. 1 Z 1 iVm 50) zunächst bloß eine Duldung vorsieht und daher von der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts (§ 31 Abs. 1a Z 4 FPG) sowie dem Fortbestand der Ausreiseverpflichtung ausgeht, also entgegen Art. 6 Abs. 4 Satz 1 Rückführungs RL nicht die sofortige Erteilung eines Aufenthaltstitels ermöglicht. Erst nach Ablauf eines Jahres ist die Überführung der Duldung in einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, also die Legalisierung des bis dahin unrechtmäßig bleibenden Aufenthaltes, möglich. Auf Grund der Erteilung dieses Aufenthaltstitels wird auch die Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 Z 2 gegenstandslos. Damit wird dem Erfordernis gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 Rückführungs-RL, bei Erteilung eines „eigenen Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung“ eine bereits bestehende Rückkehrentscheidung „zurückzu­neh­men“ oder „auszusetzen“, Rechnung getragen. Nach der Systematik der Rück­führungs RL ist es also nicht geboten, bereits aus dem Vorliegen eines bloßen Ab­schiebungsverbotes die Unzulässigkeit bzw. die Gegenstandslosigkeit der Rückkehr­entscheidung abzuleiten, solange dieses Abschiebungsverbot noch nicht zur Zuerken­nung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) geführt hat.

Schließlich spricht für die vorgeschlagene Änderung Art. 9 Rückführungs RL. Dieser sieht in seinem Abs. 1 lit. a einen Aufschub der Abschiebung vor, „wenn diese gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen würde“, und stellt es in Abs. 2 den Mitgliedstaaten frei, einen solchen unter Berücksichtigung der „besonderen Umstände des Einzelfalls“ in ihrem nationalen Recht zu verankern; im österreichischen Recht entsprechen diesen Fällen die Duldungstatbestände gemäß § 46a Abs. 1. Art. 3 Nr. 6 Rückführungs RL wiederum definiert die Abschiebung als die „Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung, d.h. die tatsächliche Verbringung aus dem Mitgliedstaat“, wobei die Rückkehrverpflichtung zuvor mittels Rückkehrentscheidung festgestellt oder auf­erlegt worden sein muss (Art. 8 Abs. 1 Rückführungs RL). Der Aufschub der Abschie­bung erschöpft sich also im vorübergehenden Absehen von der Vollstreckung der


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Rückkehrentscheidung und lässt schon deshalb die Rückkehrentscheidung in ihrem rechtlichen Bestand unberührt. Da die Gründe, die einen Aufschub der Abschiebung erfordern, keinem der in Art. 6 Abs. 2 bis 5 Rückführungs RL genannten Ausnahme­fälle entsprechen, in denen vorübergehend oder dauerhaft von der Erlassung der Rückkehrentscheidung abzusehen wäre, ist in den Fällen des Art. 9 Rückführungs RL zwingend eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (Art. 6 Abs. 1 Rückführungs RL).Die geltende Fassung des § 52 Abs. 9 ist mit dieser Vorgabe nicht vereinbar und daher entsprechend anzupassen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung eines Abschie­bungsverbotes in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung es nicht ausschließt, zu einem späteren Zeitpunkt die Voraussetzungen für dessen Fortbestand neu zu bewerten und gegebenenfalls die nunmehrige Zulässigkeit der Abschiebung festzu­stellen. Ändern sich zB. im Zielstaat der Abschiebung die für die Feststellung des seinerzeitigen Abschiebungsverbotes (§ 50 Abs. 1) maßgeblich gewesenen Umstände, sodass fortan von dessen Wegfall auszugehen ist, ist gemäß Satz 1 der vorge­schlagenen Änderung festzustellen, dass die Abschiebung (nunmehr) zulässig ist. Diese nachträgliche Feststellung kann gemäß § 59 Abs. 5 ohne neuerliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfolgen. Als von der Rechtskraft des seinerzeitigen Zulässigkeitsausspruchs nicht umfasste neue Sache erfordert eine nachträgliche wesentliche Änderung der im Zielstaat vorherrschenden Umstände in rechtlicher Hinsicht bloß eine neuerliche Bewertung der Zulässigkeit gemäß § 52 Abs. 9, nicht aber eine neuerliche Bewertung der Rückkehrentscheidung bzw. der mit dieser verbun­denen Ausreiseverpflichtung, Die Notwendigkeit der Erlassung einer Rückkehrent­scheidung bzw. die Ausreiseverpflichtung  ergibt sich lediglich aus der Unrecht­mäßig­keit des Aufenthaltes im Bundesgebiet (§ 52 Abs. 1), der Zurück- oder Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz oder der Aberkennung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten (Abs. 2), der Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 (Abs. 3) oder dem Hervorkommen der in Abs. 4 und 5 genannten Umstände, nicht aber aus der Entwick­lung der im Herkunfts- oder sonstigen Zielstaat vorherrschenden Umstände; die Umstände im Herkunfts- oder sonstigen Zielstaat lassen die Ausreisepflicht vielmehr gänzlich unberührt (siehe dazu die Erläuterungen zu dem vorgeschlagenen § 46a Abs. 1 Satz 2). Kommen daher nachträglich neue Tatsachen hervor, die für eine Neube­wertung der Ausreiseverpflichtung und damit der Notwendigkeit einer Rückkehr­entscheidung (Abs. 1 bis 5) nicht maßgeblich sind, es andererseits aber erfordern, die Zulässigkeit der Abschiebung abweichend zu bewerten, ist nur über diese Zulässigkeit erneut abzusprechen, nicht aber die Rückkehrentscheidung neuerlich zu erlassen.

Der Fall, dass der Abspruch über die Zulässigkeit bzw. die allfällige Unzulässigkeit der Abschiebung aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, wird im Interesse besserer Lesbarkeit in einem eigenen Satz 2 angesprochen. Darüber hinaus wird klarer als nach der geltenden Fassung definiert, wann eine Unmöglichkeit in diesem Sinne vorliegt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Abspruch über die Zulässigkeit oder allfällige Unzulässigkeit der Abschiebung – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Länderinformationen der Staatendokumen­tation des Bundesamtes (§ 5 BFA G) oder sonstiger Quellen – immer dann möglich ist, wenn der Herkunftsstaat oder ein sonstiger Drittstaat, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, feststeht oder glaubhaft ist. Lediglich dann, wenn – regelmäßig infolge einer schwerwiegenden Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Drittstaatsangehörigen – der Herkunftsstaat bzw. ein sonstiger Zielstaat der Ab­schiebung mit verfahrensrechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln nicht einmal er­mittelt werden kann, ist davon auszugehen, dass auch der Abspruch über die Zulässig­keit oder Unzulässigkeit der Abschiebung nicht möglich ist.


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Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, § 21 Abs. 2a Z 3 BFA VG sowie §§ 46a Abs. 1 und 52 Abs. 2 verwiesen.

Zu Z 64 (§ 52a):

Zu Abs. 1:

Die Gebietsbeschränkung gemäß dem vorgeschlagenen § 52a auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde) tritt ex lege mit jenem Zeitpunkt ein, in dem der Dritt­staats­angehörige in einer Betreuungseinrichtung des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 aufgenommen wird. Erfasst sind all jene Drittstaatsangehörigen, welche in dieser Betreuungseinrichtung versorgt werden. Die Gebietsbeschränkung gilt für das Gebiet jener Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich die betreffende Betreuungsein­richtung befindet, und so lange, als dem Drittstaatsangehörigen die Versorgung zur Verfügung gestellt wird, längstens aber bis zur Ausreise. Dies soll der intensiven Rückkehr­beratung, -vorbereitung und –unterstützung der freiwilligen Ausreise dienen. Klarzu­stellen ist, dass es für das Bestehen der Gebietsbeschränkung nicht erheblich sein kann, ob der Drittstaatsangehörige die ihm angebotene Versorgung in der Betreuungs­einrichtung des Bundes verweigert oder tatsächlich in Anspruch nimmt. Nach dem Wortlaut des vorgeschlagenen Abs. 1 kommt es daher ausschließlich darauf an, ob die Versorgung dem Drittstaatsangehörigen „zur Verfügung gestellt“ wird, die Betreuungs­einrichtung also zur Leistung bereit ist. Dies bedeutet, dass für den Fall, dass dem Drittstaatsangehörigen die Versorgung nicht mehr zur Verfügung gestellt wird, auch die Gebietsbeschränkung gemäß § 52a erlischt. Sollte der Drittstaatsangehörige zu einem späteren Zeitpunkt erneut in einer Betreuungseinrichtung gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 aufgenommen werden, ist zu diesem späteren Zeitpunkt auch wieder sein Aufenthalt auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde beschränkt.

Zu Abs. 2:

Abs. 2 zählt taxativ jene Fälle auf, in denen eine Gebietsbeschränkung gemäß Abs. 1 keine Rechtswirkung entfaltet. Es sind dies jene Fälle, in denen die Rückkehr­entscheidung gemäß § 59 Abs. 6 – also wegen der nachträglichen Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz – vorübergehend nicht durchführbar ist,  Fälle einer Duldung gemäß § 46a sowie Fälle einer Freiheitsentziehung nach dem FPG, insbesondere einer Beugehaft oder Schubhaft, oder nach anderen Materiengesetzen.

Wird die erlassene Rückkehrentscheidung aus den Gründen des § 59 Abs. 6 vorüber­gehend nicht durchführbar, entfaltet auch die Gebietsbeschränkung keine Wirkung, solange der Grund für die vorübergehende Undurchführbarkeit andauert. Fällt dieser Grund weg, weil die Rückkehrentscheidung wieder durchführbar ist, keine Duldung nach § 46a mehr vorliegt oder dem Drittstaatsangehörigen nicht mehr die Freiheit entzogen wird, lebt auch die Gebietsbeschränkung – ex lege – wieder auf, sofern dem Drittstaatsangehörigen in einer Betreuungseinrichtung des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 die Versorgung zur Verfügung gestellt wird.

In Fällen, in denen die Rückkehrentscheidung –  wegen der nachträglichen Zuer­kennung des Status des Asylberechtigen oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 – gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos wird oder die Anordnung zur Außerlandesbringung außer Kraft tritt, weil das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird, sind die Tatbestandsvoraussetzungen – nämlich eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrent­scheidung bzw. eine aufrechte Anordnung zur Außerlandesbringung und eine hierauf basierende Wohnsitzauflage – nicht mehr erfüllt (hierzu wird auf die Erläuterungen zu § 57 Abs. 5 verwiesen). Somit kann die Gebietsbeschränkung keine Wirkung entfalten und erlischt ex lege.


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Zu Abs. 3:

Dem Drittstaatsangehörigen sind bei der Aufnahme in die Betreuungseinrichtung des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 die Grenzen der Gebietsbeschränkung sowie die Folgen einer allfälligen Missachtung nachweislich zur Kenntnis zu bringen. Eine Missachtung stellt eine Verwaltungsübertretung nach § 121 Abs. 1a dar und kann bei der Prüfung der Verhängung der Schubhaft als eines von mehrerer Kriterien berück­sichtigt werden.  Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 8 verwie­sen. Befindet sich der Drittstaatsangehörige außerhalb des Gebiets der Bezirksver­waltungsbehörde, auf welches sein Aufenthalt beschränkt ist, um gesetzlichen Pflich­ten, Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden nach­zukommen oder um medizinische Versorgung oder Behandlung in Anspruch zu nehmen, liegt keine Missachtung der Gebietsbeschränkung vor und ist somit auch keine Verwaltungsübertretung nach § 121 Abs. 1a gegeben. Ebenso liegt im Falle einer freiheitsentziehenden Maßnahme keine Verwaltungsübertretung vor und es wird hiezu auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a verwiesen. Ergänzend wird angeführt, dass in diesen Fällen mangels Vorliegen einer Verwaltungsübertretung eine Fest­nahme gemäß § 39 Abs. 1 Z 3 nicht zulässig ist und wird auf die Erläuterungen zu § 39 Abs. 1 Z 3 verwiesen.

Zu Z 65 (§ 53 Abs. 3 Z 1 und 5):

Durch diese Änderung werden von der Regelung nunmehr auch jene straffälligen Dritt­staats­angehörigen erfasst, die von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten bzw. fünf Jahren sowie zu einer bedingt oder teilbedingt nachge­sehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt wurden.

Zu Z 66 (§ 53 Abs. 3 Z 8 und 9):

Durch die neue Z 9 wird klargestellt, dass der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, der ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat, sofern vor diesem Hintergrund die Planung und Durchführung von extremistischen oder terroristischen Aktivitäten nicht ausgeschlossen werden kann, sowie eines Dritt­staatsangehörigen, der Gedankengut gutheißt, das den Wertvorstellungen eines europäischen, demokratischen Staates und seiner Gesellschaft widerspricht, und die Intention hat, dieses zu verbreiten, um auch andere Personen von diesem zu über­zeugen, eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar­stellt, weshalb eine gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung mit einem unbefristet gültigen Einreiseverbot zu verbinden ist. Die neue Z 9 ergänzt dadurch die Tat­bestände der Z 6, 7 und 8. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 11 Abs. 4 NAG verwiesen.

Zu Z 67, 77 und 78 (§§ 56 Abs. 6, 80 Abs. 7 und 99 Abs. 3 Z 5):

Hiebei handelt es sich jeweils um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 68 (§ 57):

Die Wohnsitzauflage gemäß § 57 kann in zeitlicher Hinsicht als Anschlussstück zur Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG sowie als Ergänzung zur Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG und allfällig damit verbundene Auflagen gemäß § 56 gesehen werden. Da eine Wohnsitzauflage erst nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung oder der Anordnung zur Außerlandesbringung – und sofern kein Fall einer Duldung vorliegt – ergehen kann, gehören die in Betracht kommenden Personen nicht zur Zielgruppe der GVV (Art. 1 Abs. 1 GVV). In die GVV greift der vorgeschlagene § 57 somit naturgemäß nicht ein; insbesondere die Kostentragung zwischen Bund und Ländern richtet sich weiterhin unverändert nach den dies­bezüg­lichen Regelungen der GVV.


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Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK – insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt – zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.

Zu Abs. 1:

Die Wohnsitzauflage kann für Fälle, in denen eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde, in zwei Konstellationen angeordnet werden. Für beide Konstellationen ist die rechtskräftige Erlassung einer Rückkehrentscheidung Voraussetzung. Dies sorgt für eine deutliche Abgrenzung zur Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG 2005, welche nur bis zur Rechtskraft der Entscheidung Gültigkeit besitzen kann. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 15b Abs. 4 AsylG 2005 verwiesen.

Die erste Konstellation umfasst jene Fälle, in denen eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 nicht gewährt wurde. Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfas­sen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Dritt­staatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.

Bei der Wohnsitzauflage handelt es sich um die Verpflichtung, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen. Hinsichtlich der Bedeutung der Unterkunftnahme wird auf die Erläuterungen zu § 15b Abs. 1 AsylG 2005 verwiesen. Bei derartigen Unterkünften handelt es sich um Betreuungs­ein­richtungen des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005, in denen vor Ort verstärkt Rückkehrberatungen und Rückkehrvorbereitungen angeboten und durchgeführt werden. Mit Aufnahme in eine solche Einrichtung soll der Aufenthalt des Drittstaats­ange­hörigen überdies bis zur Ausreise auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde beschränkt sein, solange ihm die Versorgung zur Verfügung gestellt wird (§ 52a). Hinsichtlich der Versorgung in einer solchen Betreuungseinrichtung wird auf die Erläu­te­rungen zu § 6 Abs. 2a GVG B 2005 verwiesen.

Zu Abs. 2:

In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gege­ben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwil­ligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Dritt­staatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausge­gangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt.


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Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereit­schaft zur Ausreise auszugehen sein.

Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaats­angehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorlie­gen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen bei­spiels­weise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Ehe­schließung) oder Gerichten solche vorlegen.

Zu Abs. 3:

Eine Wohnsitzauflage kann ebenso in Fällen ergehen, in denen eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig erlassen wurde. Wesentliches Kriterium ist hier, dass aus den Umständen die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass der Drittstaats­angehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkommen wird. Solche Umstände können typischerweise vorliegen, wenn er bereits eine Überstellung in den nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaats­angehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf inter­nationalen Schutz zuständig ist, ABl. Nr. L 180 vom 29.06.2013 S. 31 (im Folgenden: „Dublin-Verordnung“) zuständigen Mitgliedstaat vereitelt hat oder die Frist für die Überstellung aus von ihm zu vertretenden Gründen verlängert werden musste. Weiters kann davon ausgegangen werden, dass der Drittstaatsangehörige nicht gewillt ist der Anordnung zur Außerlandesbringung nachzukommen, wenn bereits einmal eine Über­stellung erfolgt ist und er – während aufrechter Anordnung zur Außerlandesbringung – neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist. Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige bereits während des Verfahrens zur Prüfung auf internationalen Schutz falsche Angaben insbesondere über seine Identität seinen Herkunftsstaat oder die Reiseroute – welche vor allem für die Prüfung einer allfälligen Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung relevant ist¬ –  getätigt hat, können ebenfalls die Erlassung einer Wohn­sitzauflage rechtfertigen. Gerade in Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige fälsch­licher­weise angibt in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der ebenfalls die Dublin-Verordnung anwendet, einen Asylantrag gestellt zu haben, kann daraus geschlossen werden, dass dies in der Absicht erfolgt eine Überstellung in diesen nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern.

Zu Abs. 4:

Abs. 4 zählt taxativ jene Fälle auf, in denen eine Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 ruht. Es sind dies Fälle, in denen die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 – also wegen der nachträglichen Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz – vorübergehend nicht durchführbar ist, die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 – somit wegen der Zuerkennung des faktischen Abschie­beschutzes aufgrund der nachträglichen Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz – vorübergehend nicht durchführbar ist, Fälle einer Duldung gemäß § 46a sowie Fälle einer Freiheitsentziehung nach dem FPG – insbesondere einer Beugehaft oder Schubhaft – oder nach anderen Materiengesetzen.


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Wird die erlassene Rückkehrentscheidung oder die Anordnung der Außerlandes­bringung vorübergehend nicht durchführbar, entfaltet auch die Wohnsitzauflage keine Wirkung, solange der Grund für die vorübergehende Undurchführbarkeit andauert. Bei Wegfall der Gründe nach Abs. 4, weil die Rückkehrentscheidung oder die Anordnung der Außerlandesbringung wieder durchführbar ist, keine Duldung nach § 46a mehr vorliegt oder dem Drittstaatsangehörigen nicht mehr die Freiheit entzogen wird, lebt auch die Wohnsitzauflage – ex lege – wieder auf, ohne dass die Erlassung eines neuerlichen Bescheides notwendig ist.

Zu Abs. 5:

Fälle, in denen die Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 wegen der nach­träglichen Zuerkennung des Status des Asylberechtigen oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 gegenstandslos wird oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft tritt, weil das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelas­sen wird, sind von der Ruhensbestimmung nicht erfasst. In diesen Fall ist die Rück­kehr­entscheidung oder die Anordnung zur Außerlandesbringung aufgrund der Gegen­standslosigkeit bzw. aufgrund des Umstandes, dass der entsprechende Bescheid außer Kraft getreten ist, nicht mehr im Rechtsbestand und kann eine auf eine rechts­kräftige Rückkehrentscheidung basierende Wohnsitzauflage keine Gültigkeit mehr erfahren und tritt – ex lege – außer Kraft. Sofern sich die Wohnsitzauflage in diesen Fälle auf eine Betreuungseinrichtung des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a GVG-B 2005 bezieht, tritt ebenso die Gebietsbeschränkung gemäß § 52a außer Kraft und es wird auf die diesbezüglichen Erläuterungen verwiesen.

Zu Abs. 6:

Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vor­schreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand „Gefahr in Verzug“ maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nicht­gewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig.

Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Dritt­staats­angehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefäh­rdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die


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Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verblei­ben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffent­lichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwick­lung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.

Gleiches ist gerechtfertigt anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige Handlungen setzt oder gesetzt hat, welche den Schluss zulassen, dass er seiner Ausreise­verpflichtung nicht nachkommen wird, er über seine Identität, Herkunft oder Reiseroute getäuscht oder zu täuschen versucht hat oder eine Überstellung bereits verhindert hat. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen in Abs. 2 und 3 verwiesen.

Missachtet der Drittstaatsangehörige die Wohnsitzauflage, liegt eine Verwaltungsüber­tretung gemäß § 121 Abs. 1a vor. Eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nicht vor, wenn der Drittstaatsangehörige die Wohnsitzauflage zum Zwecke der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, der Folgeleistung einer Ladung von Gerichten, Staatsanwalt­schaf­ten oder Verwaltungsbehörden, zur Inanspruchnahme medizinischer Versorgung sowie medizinischer Behandlung oder aufgrund einer freiheitsentziehenden Maßnahme missachtet. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a FPG verwie­sen. Ergänzend wird angeführt, dass in diesen Fällen mangels Vorliegen einer Verwal­tungsübertretung eine Festnahme gemäß § 39 Abs. 1 Z 3 nicht zulässig ist und wird auf die Erläuterungen zu § 39 Abs. 1 Z 3 verwiesen. Gleichzeitig kann die Missachtung der Wohnsitzauflage bei der Prüfung der Verhängung der Schubhaft – unter Berück­sichtigung weiterer Gründe – herangezogen werden.  Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu §§ 76 Abs. 3 Z 8 und 121 Abs. 1a verwiesen. Es erscheint daher geboten, eine Pflicht zur Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung im Man­dats­bescheid vorzusehen.

Zu Z 69 (§ 58 Abs. 2 und 3):

In Abs. 2 ist bisher ausdrücklich festgeschrieben, dass ein Fremder, dessen Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abgewiesen und gegen den eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde, nachweislich über den festgelegten Abschiebetermin zu informieren ist. Wurde bereits einmal ein angekündigter Abschie­betermin aus dem Fremden zurechenbaren Gründen versäumt, ist er erst im Zuge der Festnahme über den nächsten Abschiebetermin zu informieren. Für Abschie­bungen außerhalb dieser Fallkonstellationen, insbesondere die Abschiebung von Fremden ohne vorangegangenes Asylverfahren, gibt es keine solche Verpflichtung.

In unionsrechtlicher Hinsicht besteht keine Notwendigkeit für eine derartige Infor­mationsverpflichtung. Die Ankündigung des konkreten Abschiebetermins hat sich zudem in der Praxis für die effektive Durchsetzung einer Abschiebung oftmals als hin­derlich erwiesen. Sie ist zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes zu Gunsten des Fremden, der abgeschoben werden soll, auch dann nicht geboten, wenn die aufenthaltsbeendende Maßnahme in Verbindung mit der Zurück- oder Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz erlassen wurde. Soweit nämlich der vorge­schlagenen Aufhebung des Abs. 2 im Rahmen des Begutachtungsverfahrens ver­schiedentlich entgegengehalten wurde, dass es dem Fremden ohne vorherige Kenntnis des Abschiebetermins oftmals nicht mehr möglich wäre, dringende persön­liche Angelegenheiten – etwa die Auflösung seines Haushalts oder die Beendigung


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und Abwicklung vertraglicher Beziehungen – zu regeln, dem Entfall der Ankündigung daher das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) entge­genstehe oder gar eine Abschiebung, deren Termin nicht im Vorhinein angekündigt wurde, gegen § 50 FPG bzw. Art. 3 EMRK verstoßen könne, wird übersehen, dass die gesetzlich vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55), die bei Überwiegen besonderer Umstände auf begründeten Antrag des Fremden auch über 14 Tage hinaus verlängert werden kann, und – im Falle der Ausweisung oder des Aufent­haltsverbotes – der Durchsetzungsaufschub (§ 70 Abs. 3) sowie gegebenenfalls die Duldung (§ 46a Abs. 1 Z 4) ausreichende Möglichkeiten bieten, um auf besondere, in der Person des Fremden gelegene Umstände Bedacht zu nehmen und den Abschie­betermin entsprechend festzusetzen. Die Ankündigung des konkreten Abschiebe­termins ist vor dem Hintergrund dieser Rechtslage nicht erforderlich, um schutzwür­digen persönlichen Belangen des abzuschiebenden Fremden Rechnung zu tragen. Vielmehr hat ein Fremder, gegen den eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht, nach Ablauf der – in Berücksichtigung besonderer Umstände allenfalls über 14 Tage hinaus verlängerten – Frist für die freiwillige Ausreise bzw. nach Ablauf des Durchsetzungsaufschubs jederzeit damit zu rechnen, abgeschoben zu werden. Aus diesen Gründen entfällt Abs. 2.

Die in Abs. 1 vorgesehene Verpflichtung, den Fremden bei Erlassung einer Rück­kehrentscheidung über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise zu informieren und auf Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung hinzu­weisen, bleibt unverändert im Rechtsbestand. Der Entfall der gesetzlichen Verpflich­tung zur Information über den Abschiebetermin hindert die Behörde naturge­mäß nicht daran, wenn es zweckmäßig erscheint, betroffene Fremde weiterhin über den anste­henden Abschiebetermin zu informieren. Im Übrigen siehe auch die Erläuterungen zu § 12a Abs. 3 Z 2 AsylG 2005.

Aufgrund des Entfalls des Abs. 2 ist Abs. 3 entsprechend anzupassen.

Zu Z 70 (§ 67 Abs. 4):

Bisher sieht § 67 Abs. 4 vor, dass die Frist eines Aufenthaltsverbotes bereits mit Eintritt der Durchsetzbarkeit, also regelmäßig nach Eintritt der Rechtskraft und Ablauf des Durchsetzungsaufschubs (§ 70 Abs. 3), zu laufen beginnt. Dies führt in jenen Fällen, in denen sich eine Abschiebung als unmöglich erweist oder die Ausreise – nach Ablauf des Durchsetzungsaufschubs gemäß § 70 Abs. 3 – aus sonstigen Gründen verzögert wird, zu einer faktischen Verkürzung der Frist, weil diese zwar bereits zu laufen begonnen hat, der aus dem Aufenthaltsverbot verpflichtete Fremde sich aber noch im Bundesgebiet befindet und dementsprechend auch seiner Ausreisepflicht noch nicht nachgekommen ist. Um derartige Fälle künftig zu vermeiden, wird vorgeschlagen, die Frist des Aufenthaltsverbotes erst ab dem Zeitpunkt der Ausreise laufen zu lassen und insofern eine Gleichbehandlung mit der Regelung des Fristenlaufs bei Einreise­verboten (§ 53 Abs. 4) herzustellen.

Zu Z 71 und 72 (§ 76 Abs. 2a und 3 Z 8):

Zu Abs. 2a:

Nach geltender Rechtslage ist eine Anordnung der Schubhaft zwecks Sicherstellung einer Außerlandesbringung bzw. zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung zulässig, sofern dies wegen Fluchtgefahr notwendig ist, außerdem die Haft verhältnismäßig ist und sich der Haftzweck mit einem gelinderen Mittel nicht wirksam verwirklichen lässt.


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Eine „Fluchtgefahr“ gemäß § 76 Abs. 3 sowie eine Fluchtgefahr im Sinne der Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder die Abschiebung wesentlich erschweren wird. In § 76 Abs. 3 Z 1 bis 9 werden in einer auf der Judikatur des VwGH basierenden demonstrativen Aufzählung jene Kriterien aufgezählt, die bei der Prüfung des Vorliegens von Fluchtgefahr zu berücksichtigen sind. Auch wenn die Verhängung von Schubhaft gemäß höchstgerichtlicher Judikatur nicht der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten oder ihrer Sanktionierung dient, sondern der Erfül­lung eines administrativen Sicherungszweckes (vgl. VwGH 30.08.2007, 2006/21/0107; 22.11.2007, 2006/21/0189; 17.03.2009, 2007/21/0542; 20.10.2011, 2008/21/0191; 22.12.2009, 2009/21/0185 uvw. sowie VfGH 08.03.1994, G 112/93 = VfSlg. 13715), erhöht ein allfälliges strafrechtliches Fehlverhalten des Fremden in der Vergangenheit das öffentliche Interesse an der Überwachung der Ausreise (vgl. § 46 Abs. 1 Z 1) bzw. der baldigen Durchsetzung der Abschiebung und ist daher mittelbar auch für die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Schubhaft von Bedeutung. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; 23.09.2010, 2009/21/0280; 22.12.2009, 2009/21/0185).

Auf eine etwaige Straffälligkeit des Fremden wird nach dem bisherigen Gesetzes­wortlaut nicht ausdrücklich abgestellt. Es ist daher angezeigt, nunmehr in Überein­stimmung mit der Rechtsprechung des VwGH explizit zu normieren, dass im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung neben anderen Faktoren auch das bisherige strafrechtliche Fehlverhalten des Fremden zu berücksichtigen ist, insbesondere, ob sich aufgrund der Schwere der Straftaten das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößert. Klarzustellen ist, dass der vorgeschlagene Abs. 2a ein strafrechtliches Fehlverhalten des Fremden nicht zu einer notwendigen Voraussetzung für die Anordnung der Schubhaft macht. Vielmehr ergibt sich aus dem Wort „auch“ und der Bezugnahme auf ein „allfälliges“ strafrechtliches Fehlverhalten, dass bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur einem strafrechtlichen Fehlverhalten, sondern auch anderen Faktoren Bedeutung zukommen kann. Ebenso wenig ist aus Abs. 2a ein Umkehrschluss des Inhalts zu ziehen, dass über einen Fremden, dem keine strafrechtlich relevanten Verhaltens­weisen zur Last liegen, anstelle der Schubhaft nur mehr ein gelinderes Mittel ange­ordnet werden dürfte.

Zu Abs. 3 Z 8:

§ 76 Abs. 3 Z 8 stellt klar, dass die Verletzung von Meldepflichten ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Fluchtgefahr sein kann. Dies gilt nicht nur für die Verletzung der bisher ausdrücklich genannten Meldepflichten, sondern auch für die Missachtung des § 38b SPG. Es ist daher sachgerecht, diese Bestimmung in die Aufzählung aufzu­nehmen.

Zu Z 72 und 73 (§ 76 Abs. 3 Z 1a und Z 8):

Die vorgeschlagene Änderung ergänzt die Liste der für die Prüfung und Feststellung der Fluchtgefahr bzw. des Sicherungsbedarfs maßgeblichen Umstände um den Fall, dass der Fremde einen Bescheid des Bundesamtes, womit ihm die Erfüllung von Verpflichtungen gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a auferlegt wurde, nicht nachkommt. Schon bisher (Z 8) gilt der Grundsatz, dass die Verletzung von Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen bei der Prüfung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen ist. Dies muss in gleicher Weise für die Verletzung von Pflichten gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a gelten, zumal diese mit der Vorbereitung der Abschiebung und damit auch dem Sicherungszweck der Schubhaft in engem Zusammenhang steht.


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Die Z 8 soll überdies um die Missachtung von Auflagen, Gebietsbeschränkungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a oder 57 oder § 15b AsylG 2005 erweitert werden. Diese kann künftig bei der Prüfung der Anordnung einer Schubhaft als ein weiteres Kriterium herangezogen werden. Nicht in die Aufzählung aufge­nommen wurde hingegen eine Verletzung der Wohnsitzbeschränkung, weil eine Flucht­gefahr (noch) nicht ersichtlich ist, wenn der Fremde zwar unter Verstoß gegen § 15c AsylG 2005, jedoch entsprechend den Anforderungen des MeldeG und insoweit ordnungsgemäß gemeldet ist.

Zu Z 74 (§ 80 Abs. 2):

Durch die vorgeschlagenen Änderungen in Abs. 2 wird – entsprechend den dies­bezüglich von der Rückführungs-RL gebotenen Möglichkeiten – die Höchstdauer der gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordneten Schubhaft allgemein von vier auf insgesamt sechs Monate angehoben. Die Anwendbarkeit der Höchstdauer von sechs Monaten ist daher – anders als nach der geltenden Rechtslage (Abs. 3) – nicht mehr auf den Fall beschränkt, dass über einen Antrag auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist und der Fremde aus diesem Grund vorerst nicht abgeschoben werden darf. Zugleich wird die Höchstdauer der gegen einen mündigen Minderjährigen verhängten Schubhaft in verhältnismäßiger Weise von zwei auf drei Monate erhöht.

Die vorgeschlagenen Änderungen entsprechen – auch insoweit, als sie mündige minderjährige Fremde betreffen – den Vorgaben gemäß Art. 15 Abs. 5 Rückführungs RL. Die praktische Erfahrung zeigt, dass  die Höchstdauer von derzeit vier Monaten mitunter zu kurz bemessen ist, um nicht nur ein Ersatzreisedokument erlangen, sondern auch die Abschiebung effektuieren zu können. Dies hat seinen Grund darin, dass mehrere Herkunftsstaaten ihr Botschaftspersonal nicht laufend für die Anfor­derung und Ausstellung von Ersatzreisedokumenten zur Verfügung stellen, sondern bloß in regelmäßigen, jedenfalls aber mehrmonatigen Abständen Kommissionen nach Österreich entsenden, denen gegenüber die Antragstellung auf Erteilung des Ersatz­reisedokumentes erfolgen und Beweismittel vorgelegt werden können. Die Anhebung der Höchstdauer auf sechs Monate zumindest für die Schubhaft, die gegen einen volljährigen Fremden angeordnet wird, dient daher der Steigerung der Effizienz im Vollzug des Asyl- und Fremdenwesens.

Die Bezugnahme auf die „angeordnete“ statt – wie bisher – die „verhängte“ Schubhaft dient der Angleichung an die Terminologie des § 76 und bezweckt keine Änderung der Rechtslage.

Da die Dauer einer während des laufenden Asylverfahrens angeordneten Schubhaft bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit der – im Falle einer zurück- oder abweisenden asylrechtlichen Entscheidung gemäß § 10 AsylG 2005 zu erlassenden bzw. gemäß § 59 Abs. 5 bereits existierenden – aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 5 einem eigenen Fristenregime unterliegt, ist Abs. 2 dahin­gehend zu ergänzen, dass die darin normierten Höchstdauern nur „vorbehaltlich des Abs. 5“ gelten sollen.

Zu Z 75 (§ 80 Abs. 4):

Der vorgeschlagene Abs. 4 dient einer Anpassung des Schubhaftregimes an unions­rechtliche Vorgaben. Die geltende Fassung des Abs. 4 sieht – für die darin ent­sprechend Art. 15 Abs. 6 Rückführungs RL definierten Ausnahmefälle – Durchrech­nungszeiträume von einem Jahr (Satz 1) bzw. 18 Monaten (Satz 2 und 4) vor, innerhalb derer die Aufrechterhaltung der Schubhaft wegen desselben Sachverhaltes für einen Zeitraum von sechs bzw. zehn Monaten (Höchstdauer) zulässig ist. Dies führt dazu, dass nach Ablauf des alten und Beginn eines neuen Durchrechnungszeitraums


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die sechs- oder zehnmonatige Höchstdauer abermals – wenn auch erst nach einer zeitlichen Unterbrechung, während derer der Fremde unter keinen Umständen in Schubhaft genommen werden durfte – zur Gänze zur Verfügung steht (in diesem Sinne VwGH 31.03.2008, 2008/21/0053, zur vergleichbaren Vorgängerregelung des § 69 Abs. 3 FrG 1997). Dadurch kann äußerstenfalls sogar die von Art. 15 Abs. 6 Rückführungs RL ermöglichte Höchstdauer von 18 Monaten überschritten werden. Um diesen Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben zu beseitigen, wird vorgeschlagen, die Durchrechnungszeiträume von einem Jahr bzw. 18 Monaten ersatzlos entfallen zu lassen, zugleich aber den von Art. 15 Abs. 6 Rückführungs RL vorgegebenen Rahmen auszuschöpfen und die höchstzulässige Dauer der Schubhaft auf 18 Monate anzuheben.

Abgesehen von den vorgenannten unionsrechtlichen Bedenken ist festzuhalten, dass die in Abs. 4 vorgesehenen Durchrechnungszeiträume auch nicht geeignet sind, die gemäß Abs. 1 erforderliche Minimierung der Schubhaftdauer zu gewährleisten, weil die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung gemäß Abs. 6 bzw. – bei einer länger als vier Monate dauernden Anhaltung – gemäß § 22a Abs. 4 BFA VG ohnehin in regelmäßigen Abständen von vier Wochen zu überprüfen ist. Die vorgeschlagene Änderung bewirkt zudem keine Verschlechterung der Rechtslage zu Lasten des betroffenen Fremden, weil es bereits nach der geltenden Fassung des Abs. 4 grundsätzlich möglich ist, die Schubhaft – wenn auch infolge der Durchrechnungszeiträume mit einer gewissen zeitlichen Unterbrechung – für einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten aufrecht­zuerhalten. Auch unter diesen Gesichtspunkten können die Durchrechnungszeiträume entfallen.

Zu Z 76 (§ 80 Abs. 5):

Abs. 5 sieht nach geltender Rechtslage vor, dass die gegen einen Asylwerber zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (§ 76 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall) oder unter den Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 der Dublin Verordnung (§ 76 Abs. 2 Z 2) angeordnete Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung aufrechterhalten werden darf. Wird in den Fällen gemäß § 17 Abs. 1 BFA VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des BVwG und, wenn dieses die Beschwerde zurück- oder abweist, auch darüber hinaus aufrechterhalten werden. In all diesen Fällen darf die Schubhaft nicht länger als zehn Monate innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten betragen.

Die grundsätzliche Zulässigkeit der Anordnung von Schubhaft gegen einen Asylwerber – und zwar selbst dann, wenn das BVwG seiner Beschwerde in den Fällen des § 17 BFA VG die aufschiebende Wirkung zuerkennt – ergibt sich bereits aus § 76 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall, der die „Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme“ als zulässigen Haftzweck normiert, und aus § 76 Abs. 2 Z 2, der die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung eines Überstellungsverfahrens im Sinn der Dublin-Verord­nung ermöglicht, wovon nicht nur die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat aufgrund einer bereits durchsetzbar gewordenen Überstellungsentscheidung, sondern auch die dieser Entscheidung vorgelagerten Maßnahmen wie insbesondere die Durch­führung der Konsultationen umfasst sind.

Es wird daher vorgeschlagen, Abs. 5 in sprachlicher Hinsicht dahingehend zu vereinfachen, dass er nur mehr darauf abstellt, dass gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, während des laufenden Asylverfahrens die Schubhaft angeordnet  wird, und die Höchstdauer einer solchen Schubhaft bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit der gemäß § 10 AsylG 2005


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zu erlassenden oder gemäß § 59 Abs. 5 bereits bestehenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme mit 10 Monaten festlegt. Dies ist unionsrechtlich zulässig, weil die Anord­nung der Schubhaft gegen Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf inter­nationalen Schutz gestellt haben, nicht der Rückführungs-RL, sondern der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die inter­nationalen Schutz beantragen (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013 S. 96 (im Folgenden: „Aufnahme RL“), deren Art. 8 bis 11 im Gegensatz zu Art. 15 Abs. 5 und 6 Rückführungs RL keine Höchstdauer vorsehen, bzw. der Dublin-Verordnung unterliegt. In Anlehnung an die geltende Rechtslage behält der vorgeschlagene Abs. 5 Satz 1 die Höchstdauer von 10 Monaten bei; abweichend von der geltenden Rechtslage ist jedoch in allgemeiner Weise vorgesehen, dass die während des laufenden Asylverfahrens angeordnete Schubhaft die Höchstdauer von 10 Monaten bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit der (gemäß § 10 AsylG 2005 zu erlassenden oder gemäß § 59 Abs. 5 bereits bestehenden) aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht überschreiten darf, während in die Höchstdauer von zehn Monaten nach der geltenden Fassung (Abs. 5 Satz 1) auch die während der ersten vier Wochen nach rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens vollzogene Schubhaft einzurechnen ist.

Festzuhalten ist, dass die im vorgeschlagenen Abs. 5 normierte Höchstdauer von zehn Monaten sich ausschließlich auf die während des laufenden Asylverfahrens ange­ordnete Schubhaft und die bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit der aufenthalts­beendenden Maßnahme vollzogene Anhaltung bezieht. Sie sagt daher nichts darüber aus, ob die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet werden darf. Eine Aufrechterhaltung oder neuerliche Anordnung der Schubhaft ist vielmehr nach § 76 Abs. 2 zu beurteilen und setzt daher insbesondere das (weitere oder neuerliche) Vorliegen eines Sicherungsbedarfs und die mangelnde Eignung gelinderer Mittel voraus. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Aufrechterhaltung einer bereits während des laufenden Asylverfahrens angeordneten und vollzogenen Schubhaft über dessen rechtskräftig negativen Abschluss hinaus folgt im Übrigen aus § 76 Abs. 5, wonach eine zur Sicherung des Verfahrens verhängte Schubhaft ab dem Eintritt der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme als zur Sicherung der Abschiebung verhängt gilt. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer neuerlichen Anordnung der Schubhaft nach Vorliegen einer vollstreckbaren negativen, mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 10 AsylG 2005 verbundenen Asylentscheidung wiederum ergibt sich aus § 76 Abs. 2 Z 1 dritter Fall, wonach die Sicherung der Abschiebung unabhängig davon, ob der Abschiebetitel (§ 46 Abs. 1) von einem vorangehenden Asylverfahren oder einem vorangehenden Verfahren zur Erlas­sung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG herrührt, ein eigenständiger Haftzweck ist.

Zu beachten ist außerdem, dass ab dem Eintritt der Durchsetzbarkeit der entweder bereits bestehenden (§ 59 Abs. 5) oder mit der zurück- bzw. abweisenden Ent­scheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zu verbindenden (§ 10 AsylG 2005) aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Schubhaft (nur mehr) der Sicherung der Abschiebung dient. Durch den mit der Durchsetzbarkeit einhergehenden Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 gilt der (bisherige) Asylwerber zudem als unrechtmäßig aufhältig (§ 31 Abs. 1a). Ab dem Eintritt der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme (§ 10 AsylG 2005) hat die Schubhaft daher den Vorgaben des Art. 15 Abs. 5 und 6 Rückführungs RL bzw. Abs. 1 und 4 zu ent­sprechen. Der vorgeschlagene Abs. 5 Satz 2 sieht daher vor, dass die bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme verstrichene Schub­haftdauer (maximal 10 Monate) zur Gänze auf die Höchstdauer gemäß Abs. 1 oder gegebenenfalls Abs. 4 – die bei Aufrechterhaltung der Schubhaft über den Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit hinaus ab diesem Zeitpunkt, bei einer nach diesem


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Zeitpunkt neuerlich erfolgenden Anordnung der Schubhaft hingegen ab dem Beginn der hierauf beruhenden Anhaltung zu bemessen ist – anzurechnen ist.

Zum Entfall des auch in Abs. 5 vorgesehenen Durchrechnungszeitraums von 18 Monaten wird auf die Erläuterungen zu § 80 Abs. 4 verwiesen.

Zu Z 79 (§ 104 Abs. 2):

Es handelt sich um die Beseitigung eines redaktionellen Versehens, da neben den Landespolizeidirektionen auch der Bundeminister für Inneres zur Ermittlung verar­beiteter Verfahrensdaten ermächtigt ist. Entsprechend dem FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, RV 1803, XXIV. GP, wurden die fremdenpolizeilichen Angelegenheiten durch die Lan­despolizeidirektionen übernommen, weshalb damals in mehreren Bestim­mungen des FPG, unter anderem in § 104 Abs. 2, das Wort „Fremdenpolizeibehörde“ durch das Wort „Landespolizeidirektion“ ersetzt wurde. Ursprünglich wurde die Zustän­dig­keit des Bundesministers für Inneres über den Begriff „Fremdenpolizeibehörde“ miterfasst; dies entfiel auf Grund eines redaktionellen Versehens. Es bedarf jedoch nach wie vor einer Grundlage für diese Zuständigkeit, weshalb das Versehen nun bereinigt wird.

Zu Z 80 (§ 106):

Diese Ergänzung ist notwendig, um § 27 Abs. 3 Z 6 Rechnung zu tragen, sodass die Landespolizeidirektion vom Arbeitsmarktservice informiert wird, wenn einem Fremden eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 9 AuslBG rechtskräftig widerrufen wurde und infolgedessen die Annullierung des Visums zu erfolgen hat.

Zu Z 81 (§ 114 Abs. 6):

Der Gesetzestext wird dem Wortlaut der §§ 19a bis 20c StGB, novelliert durch BGBl. I Nr. 108/2010, RV 918, XXIV. GP, angepasst.

Zu Z 82, 84 bis 86 und 87 (§ 120 Abs. 1b und 1c sowie Abs. 5 bis 7, 10 und 11):

Nach geltender Rechtslage begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Fremder nicht rechtmäßig einreist oder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 120 Abs. 1 und Abs. 1a FPG). Darunter fallen verschiedenste Sachverhalte. Ein Fremder, der seinen visumfreien Aufenthalt versehentlich um einen Tag überschreitet, fällt gleicher­maßen unter diese Regelung wie jener Fremde, der trotz eines rechtskräftigen und durchsetzbaren Einreiseverbotes, also trotz einer bereits rechtskräftigen behördlichen Feststellung der Ausreisepflicht, nicht zeitgerecht ausreist.

Es ist daher sachgerecht, für jene qualifizierten Sachverhalte einen eigenen Straf­tatbestand mit erhöhtem Strafrahmen vorzusehen.

Zu Abs. 1b:

Nach Abs. 1b ist strafbar, wer als Fremder nicht ausreist – und sich folglich unrecht­mäßig im Bundesgebiet aufhält –, obwohl die gegen ihn erlassene Rückkehrent­scheidung rechtskräftig und durchsetzbar geworden ist, sofern er seiner Pflicht zur Inanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgesprächs gemäß § 52a Abs. 2 BFA VG nachgekommen ist oder ein solches Rückkehrberatungsgespräch bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung aus von ihm zu ver­tretenden Gründen nicht stattgefunden hat. Von der Strafbarkeit des (bloßen) unrechtmäßigen Aufenthaltes unterscheidet sich der Tatbestand gemäß dem vorge­schlagenen Abs. 1b dadurch, dass zu der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes die Zuwiderhandlung gegen eine durchsetzbare, vom Bundesamt oder BVwG rechtskräftig festgestellte, damit grundsätzlich endgültig gewordene und auch dem Betroffenen unmissverständlich zur Kenntnis gebrachte Ausreisepflicht und – im Falle des bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung unterblie-


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benen Rückkehrberatungsgesprächs (§ 52a Abs. 2 BFA VG) – auch die Missachtung der Pflicht zur Inanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgesprächs gemäß § 52a Abs. 2 BFA VG hinzutreten. Es ist daher unter dem Gesichtspunkt der Verhältnis­mäßigkeit gerechtfertigt, diesen Fall, wie vom vorgeschlagenen Abs. 1b beabsichtigt, mit einer strengeren Strafe zu belegen als den „schlicht“ unrechtmäßigen Aufenthalt – wie etwa eine geringfügige Überschreitung des visumpflichtigen oder des erlaubten visumfreien Aufenthalts – gemäß Abs. 1a.

Der vorgeschlagene Verwaltungsstraftatbestand hat zwei Anwendungsvoraussetzun­gen, die kumulativ erfüllt sein müssen. Dies ist zunächst der Eintritt der Rechtskraft und der Durchsetzbarkeit der gegen den Fremden bestehenden Rückkehrentscheidung, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese „isoliert“ erlassen wurde oder mit einem Einreiseverbot gemäß § 53 verbunden ist. Die Rückkehrentscheidung wird gemäß § 52 Abs. 8 Satz 1 grundsätzlich mit dem Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar. In den meisten Fällen wird daher der Eintritt der Rechtskraft mit jenem der Durchsetzbarkeit zeitlich zusammenfallen. Rechtskraft und Durchsetzbarkeit können allerdings auch zu verschiedenen Zeitpunkten eintreten. So kann die Durchsetzbarkeit in dem – auch in § 52 Abs. 8 Satz 1 genannten – Fall des § 16 Abs. 4 BFA VG bereits vor der Rechtskraft eintreten, wenn der Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung, die mit einer abweisenden Entscheidung des Bundesamtes über einen Antrag auf internationalen Schutz verbunden ist, die aufschiebende Wirkung nicht zukommt, oder – auch in anderen als den in § 16 Abs. 4 BFA VG genannten Fällen – danach, wenn etwa der Revision gegen ein über die Rückkehrentscheidung ergangenes Erkenntnis des BVwG gemäß § 30 Abs. 2 VwGG oder der hiergegen erhobenen Beschwerde gemäß § 85 Abs. 2 VfGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird. Für jene Fälle, in denen Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung in zeitlicher Hinsicht auseinanderfallen, stellt Abs. 1b klar, dass beide Wirkungen kumulativ vorliegen müs­sen.

Die zweite Voraussetzung stellt auf die Pflicht zur Inanspruchnahme eines Rückkehr­beratungsgesprächs gemäß § 52a Abs. 2 BFA VG ab. Dabei kann es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung keinen Unterschied bedeuten, ob der Fremde dieser Pflicht von vornherein nicht nachkommt oder aber ihr zwar nachkommt, sich aber im Wissen um die beim Rückehrberatungsgespräch regelmäßig angebotene Rückkehrhilfe und Perspektivenabklärung für den unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet entscheidet. Ein Unterschied besteht in zeitlicher Hinsicht nur insofern, als es in der Variante der unterlassenen Inanspruchnahme des Rückkehrberatungs­gesprächs darauf ankommt, dass dieses bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetzbarkeit aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht stattgefunden hat.

Der Begriff der „vom Fremden zu vertretenden Gründe“ findet sich bereits jetzt in § 15 Abs. 2 AsylG 2005, §§ 46a und 52 Abs. 9 FPG sowie § 10 Abs. 1 Z 7 StbG 1985. Im vorgeschlagenen Abs. 1b findet er sich sowohl in Bezug auf das Unterbleiben der unverzüglichen Ausreise als auch in Bezug auf das Unterbleiben des Rückkehr­bera­tungsgesprächs. Im Zusammenhang mit der nicht rechtzeitigen Ausreise ist zu beach­ten, dass § 55 Abs. 2 ohnehin bereits im Verfahren zur Erlassung der Rückkehr­entscheidung eine Verlängerung der grundsätzlich 14 Tage dauernden Frist zur freiwilligen Ausreise ermöglicht, sofern der Fremde das „Überwiegen besonderer Umstände“ aus Eigenem vorbringt. Wurden derartige Gründe im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht vorgebracht, so kann dies grundsätzlich ein Anhaltspunkt dafür sein, dass das Unterbleiben der Ausreise vom Fremden auch zu vertreten ist. Gründe, die vom Fremden nicht zu vertreten sind und zum Entfall einer Strafbarkeit nach Abs. 1b führen, können etwa eine schwere, kurz vor oder nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise eintretende Erkrankung, die eine akute Behandlung noch in Österreich erfordert, oder die Regelung sonstiger, eine vorüber-


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gehende Anwesenheit des Fremden in Österreich erfordernder Angelegenheiten, auf die im Rahmen der Bemessung der Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55) nicht mehr Rücksicht genommen werden konnte, sein, etwa die Erstattung einer Zeugenaussage in einem (anderen) gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren.

Im Zusammenhang mit dem Unterbleiben des Rückkehrberatungsgesprächs sollen Sachverhalte erfasst sein, bei denen das Unterbleiben in der Einflusssphäre des Fremden liegt bzw. diesem zurechenbar ist, der Fremde es also zu verantworten hat. Nicht zu vertreten hätte ein Fremder das Unterbleiben des Rückkehrberatungs­gesprächs etwa dann, wenn ihm dessen Inanspruchnahme aufgrund einer schwer wiegenden Erkrankung nicht zeitgerecht möglich war oder er sich um die Vereinbarung und Wahrnehmung eines Gesprächstermins zwar bemüht hat, die zuständige Rückkehrberatungsstelle (§ 52a Abs. 3 BFA VG) einen solchen aber wegen Überlastung oder aus Personalmangel – und somit aus einem vom Fremden nicht zu verantwortenden bzw. außerhalb seiner Einflusssphäre gelegenen Grund – nicht rechtzeitig anbieten konnte. Hat der Fremde freilich einen ihm angebotenen Gesprächstermin ohne triftigen Grund ungenutzt verstreichen lassen und ist die zuständige Rückkehrberatungsstelle bis zum Eintritt der Rechtskraft und Durchsetz­barkeit der Rückkehrentscheidung nicht mehr in der Lage, einen Ersatztermin zu finden, wäre dies von ihm zu vertreten, weil er es selbst in der Hand gehabt hätte, das Rückkehrberatungsgespräch zum ursprünglichen Termin in Anspruch zu nehmen.

Da sämtliche Tatbestandsmerkmale eines schlicht rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß Abs. 1a auch in dem vorgeschlagenen Verwaltungsstraftatbestand gemäß Abs. 1b mit­enthalten sind, schließt die Strafbarkeit nach Abs. 1b jene nach Abs. 1a aus. Dabei wird davon auszugehen sein, dass eine Strafbarkeit nach Abs. 1a jedenfalls endet, sobald sämtliche Voraussetzungen gemäß Abs. 1b erstmals kumulativ verwirklicht sind. Solange daher zB. Rechtskraft und Durchsetzbarkeit in zeitlicher Hinsicht aus­einanderfallen und noch nicht beide Wirkungen eingetreten sind, läge bloß eine Strafbarkeit nach Abs. 1a vor.

In Zusammenschau mit Abs. 5 ergibt sich zudem, dass eine Strafbarkeit nach Abs. 1b auch dann, wenn zwar eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht, aber die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung aufgrund des Art. 2 oder 3 EMRK unzulässig wäre, in Duldungsfällen, während der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 oder für die Dauer eines Entzugs der persönlichen Freiheit nicht vorliegt.

Zu Abs. 1c :

Gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 1c unterliegt die unrechtmäßige Einreise eines Fremden trotz gültigen Einreiseverbotes künftig einem im Vergleich zur „schlicht“ rechtswidrigen Einreise (Abs. 1) erhöhten Strafrahmen.

Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einer strengeren Bestrafung der rechtswidrigen Einreise unter Verstoß gegen ein aufrechtes Einreiseverbnot ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 eine Prüfung und Bejahung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch den Fremden voraussetzt, andererseits, dass im Falle einer maßgebenden Änderung der für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblich gewesenen Um­stände gemäß § 60 dessen Aufhebung oder Verkürzung über begründeten Antrag des Fremden möglich ist, und schließlich, dass der Fremde gemäß § 27a aus humanitären Gründen (zB. Begräbnis von Verwandten, notwendige medizinische Behandlung im Inland etc) ein Visum bzw. eine besondere Bewilligung zur Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes beantragen kann. Reist er daher während der Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes ein, ohne von den Möglichkeiten gemäß §§ 27a


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oder 60 Gebrauch gemacht zu haben, ist davon auszugehen, dass die für die Erlassung des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblich gewesenen Umstände, insbesondere die vom Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, nach wie vor gegeben sind. Da sich dieser Fall von einer „schlicht“ rechtswidrigen Einreise maßgebend unterscheidet, ist es gerechtfertigt, einen ent­sprechend höheren als den in Abs. 1 vorgesehenen Strafrahmen vorzusehen. Verfügt der Fremde freilich über eine Bewilligung zur Wiedereinreise gemäß § 27a, ist der Tatbestand nicht erfüllt, weil diesfalls die Einreise ungeachtet des aufrechten Ein­reiseverbotes rechtmäßig wäre. Sollte der Fremde zwar trotz Vorliegens eines Einreiseverbotes und einer Rückkehrentscheidung unrechtmäßig einreisen, aber einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und in weiterer Folge einen asylrechtlichen Status erhalten, liegt ebenfalls keine Strafbarkeit nach Abs. 1c vor (Abs. 5). Während des Asylverfahrens ist das Verfahren zu unterbrechen und der Ausgang des Asylverfahrens abzuwarten.

Im Falle der abermaligen unrechtmäßigen Einreise unter Verletzung eines gültigen Einreiseverbotes erscheint es sachgerecht, dass anstelle der Geldstrafe ein Primär­arrest verhängt wird.

Im Hinblick auf das Unionsrecht ist anzumerken, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, Strafmaßnahmen nach einzelstaatlichem Strafrecht gegen Drittstaatsangehörige zu verhängen, auf die das Rückkehrverfahren nach Maßgabe der Rückführungs-RL ange­wandt wurde und die sich ohne einen Rechtfertigungsgrund für ihre Nichtrückkehr illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten. In diesen Fällen ist die voll­ständige Einhaltung der Grundrechte zu garantieren, insbesondere derjenigen, die durch die EMRK und die Grundrechtecharta garantiert sind (EuGH Rs. C-329/11, Achughbabian, Rz. 48-49). Die Rückführungs-RL steht einer nationalen strafrechtlichen Sanktion nicht entgegen, wenn der Fremde nach Erlassung einer Rückkehrent­scheidung samt Einreiseverbot erneut in das Bundesgebiet einreist (EuGH Rs. C 290/14), oder auf den Fremden das Rückkehrverfahren angewandt wurde und sich dieser ohne einen Rechtfertigungsgrund für seine Nichtrückkehr illegal in dem genannten Hoheitsgebiet aufhält, sofern sich die Vollstreckung der Rückkehrent­scheidung dadurch nicht zu verzögern droht. (EuGH Rs. C-329/11; siehe auch Rs. C-61/11).

Zu Abs. 5 bis 7:

Die Abs. 5 bis 7 sind aufgrund der Einführung der beiden neuen Straftatbestände entsprechend anzupassen.

Zu Abs. 10:

Durch die Ergänzung in Abs. 10 wird klargestellt, dass der Versuch der unrecht­mäßigen Einreise in das Bundesgebiet, auch in der gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 1c qualifizierten Form, strafbar ist.

Zu Abs. 11:

Im neuen Abs. 11 wird bestimmt, dass anhängige Verwaltungsstrafverfahren, die gegen Fremde wegen der rechtswidrigen Einreise oder dem rechtswidrigen Aufenthalt gemäß § 120 Abs. 1, 1a, 1b oder 1c geführt werden, einzustellen sind, sofern diesen während des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, ein Aufenthaltstitel nach dem AsylG 2005 oder NAG rechtskräftig erteilt oder eine Dokumentation nach dem NAG ausgestellt wird. Nicht umfasst sind folglich jene Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 120 Abs. 1, 1a, 1b oder 1c, die vor der Statuszuerkennung oder Erteilung eines Aufent­haltstitels oder einer Dokumentation nach dem NAG oder AsylG 2005 bereits


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abgeschlossen sind und erwächst dem Fremden aus dieser Bestimmung jedenfalls kein Regressanspruch hinsichtlich bereits geleisteter Strafzahlungen. Durch den Ver­weis auf § 45 Abs. 2 VStG wird klargestellt, dass im Falle der Einstellung des Ver­waltungsstrafverfahrens grundsätzlich ein Aktenvermerk mit Begründung genügt, es sei denn es liegt eine der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 VStG vor.

Zu Z 83 (§ 120 Abs. 2 Z 1):

Nach bisheriger Rechtslage sind wissentlich falsche Angaben nur strafbar, wenn sie im Verfahren zur Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels vor der zur Ausstellung eines solchen Titels berufenen Behörde erfolgen. Da die Anzahl an Drittstaaten, gegenüber welchen die Visumpflicht aufgehoben wurde, immer größer wird (siehe Anhang II zur Visumpflicht-VO), greift die bisherige Regelung oft ins Leere. Straffrei ist nach geltender Rechtslage auch die Vortäuschung der Staatsangehörigkeit eines EWR-Staats oder der Schweiz, um so eine Dokumentation nach dem NAG zu erlangen. In Hinkunft werden auch wissentlich falsche Angaben im Rahmen der Über­prüfung der Rechtmäßigkeit der Einreise oder des Aufenthaltes sowie gegenüber der Behörde im Verfahren zur Ausstellung einer Dokumentation strafbar sein und wird somit eine Gleichbehandlung ähnlicher Sachverhalte hergestellt.

Zu Z 88 (§ 121 Abs. 1):

Hiebei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Z 89 (§ 121 Abs. 1a):

Mit Aufnahme des neuen Abs. 1a in § 121 sollen die Missachtung einer Wohn­sitz­auflage nach § 57, die Missachtung einer Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005, die Missachtung einer Wohnsitzbeschränkung nach § 15c AsylG 2005 oder der unzulässige Aufenthalt eines Fremden außerhalb des Gebietes, auf das sein Aufenthalt nach § 52a beschränkt ist, eine Verwaltungsübertretung darstellen und mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen sein. Wurde ein Fremder wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft, soll er mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen bestraft werden.

Der Strafvollzug soll sich dabei nach den Bestimmungen des VStG und VVG richten.

Nicht vorliegen soll eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1a in Fällen des § 56 Abs. 3, dh. wenn sich der Fremde zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten, zur Befolgung einer Ladung von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden oder zur notwendigen Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung oder Behandlung gerechtfertigter Weise außerhalb des Gebietes, auf das die Gebietsbeschränkung lautet, aufhält. Darüber hinaus soll eine Strafbarkeit auch nicht vorliegen, solange dem Fremden die persönliche Freiheit entzogen ist (§ 120 Abs. 5 Z 4). Dies gilt sowohl für das Grunddelikt als auch die Qualifikation.

Vor dem Hintergrund dieser neuen Verwaltungsstrafbestimmung soll – zur ent­sprechen­den Ahndung einer Verletzung der Gebietsbeschränkung, Wohnsitzauflage oder Anordnung der Unterkunftnahme sowie zur entsprechenden Effektuierung des dahinterstehenden Zwecks – mit Aufnahme der neuen Z 3 in § 39 Abs. 1 eine zusätzliche Organbefugnis für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einge­führt werden. Demnach sollen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes er­mäch­tigt sein, einen Fremden zum Zwecke einer für die Sicherung des Verwaltungs­strafverfahrens unerlässlichen Vorführung vor die Landespolizeidirektion festzunehmen und bis zu 24 Stunden anzuhalten, wenn er eine Gebietsbeschränkung nach § 52a,


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eine Wohnsitzauflage nach § 57, eine Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005 oder eine Wohnsitzbeschränkung nach § 15c AsylG 2005 missachtet.

Davon soll beispielsweise folgender Fall umfasst sein: Der Aufenthalt eines Dritt­staatsangehörigen wird gemäß § 52a auf den Bezirk Salzburg-Stadt beschränkt. In Missachtung dieser Gebietsbeschränkung verlässt dieser Salzburg und wird in Wien von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen. Diese sind nunmehr ermächtigt, ihn nach § 39 Abs. 1 Z 3 festzunehmen und der zuständigen Landespoli­zeidirektion vorzuführen.

Um in diesen Fällen so rasch wie möglich den rechtlich angeordneten Zustand wiederherzustellen, soll jedoch abweichend von der Zuständigkeitsbestimmung des § 6 Abs. 9 erster Satz gemäß dem vorgeschlagenen letzten Satz in § 6 Abs. 9 nicht jene Landespolizeidirektion zuständig sein, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung festgestellt wurde, sondern jene Landespolizeidirektion, auf deren Sprengel der Aufenthalt des Fremden nach § 52a beschränkt wurde oder in deren Sprengel eine Wohnsitzauflage nach § 57 oder eine Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005 angeordnet wurde. Sieht man nämlich eine solche Abweichung nicht vor, würde durch Amtshandlungen der Landespolizeidirektionen und deren Organe eine Sachlage geschaffen werden, die den rechtswidrigen Zustand (Verletzung der Gebiets­beschränkung, der Wohnsitzauflage oder der Anordnung der Unterkunftnahme) nicht beendet, sondern vielmehr unverhältnismäßig verlängert.

In dem oben genannten Beispiel soll daher nicht die Landespolizeidirektion Wien, son­dern die Landespolizeidirektion Salzburg zur Führung des Verwaltungsstrafverfahrens zuständig sein. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind in diesem Fall ermächtigt und verpflichtet, den Drittstaatsangehörigen der Landespolizeidirektion Salz­burg vorzuführen.

Von der Bestimmung des § 121 Abs. 1a sollen sowohl jene Fälle umfasst sein, in denen ein Drittstaatsangehöriger eine Gebietsbeschränkung, Wohnsitzauflage, Wohn­sitz­beschränkung oder Anordnung der Unterkunftnahme missachtet, als auch jene Fälle, in denen der Drittstaatsangehörige den angeordneten Beschränkungen von vorn­herein nicht nachkommt.

Zu Z 90 (§ 121 Abs. 6):

Durch die vorgeschlagenen Ergänzungen in § 121 Abs. 6 sollen auch Verwaltungs­übertretungen nach § 121 Abs. 1a oder bewilligte Unterbrechungen nach § 122a samt den erforderlichen personenbezogenen Daten in der Verwaltungsstrafevidenz der Landespolizeidirektion (§ 60 SPG) verarbeitet werden. Dies soll unabhängig davon gelten, dass eine solche Speicherung auch in den Verfahrensdatenbanken der Lan­despolizeidirektionen zu erfolgen hat. Rechtsgrundlage für die Speicherung in den Verfahrensdatenbanken der Landespolizeidirektionen bildet § 104.

Zu Z 91 (§ 122a):

Um Fremde nicht daran zu hindern, ihrer Ausreiseverpflichtung gemäß § 52 Abs. 8 nachzukommen, soll der Vollzug einer Freiheitsstrafe oder Ersatzfreiheitsstrafe gemäß §§ 120 und 121 nach der neuen Bestimmung des § 122a unterbrochen werden können, wenn gesichert erscheint, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung nach § 52 Abs. 8 binnen einer festgelegten Frist nachkommen wird. Weiters dürfen der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen.

Die Neubestimmung soll nicht nur die Rückkehr von ausreisepflichtigen Fremden unterstützen, sondern auch zu einer Entlastung des Staatshaushalts führen, indem Kosten für den Strafvollzug reduziert werden. Eine solche Unterbrechung soll sowohl


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bei zwangsweiser Außerlandesbringung als auch bei freiwilliger bzw. eigenständiger Ausreise möglich sein.

Ob im Sinne des § 122a Abs. 1 Z 1 gesichert erscheint, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung nach § 52 Abs. 8 nachkommen wird, ist im Einzelfall zu prüfen. Es wird insbesondere dann davon auszugehen sein, dass die Ausreise des Fremden gesichert erscheint, wenn dieser seine Ausreisebereitschaft beispielsweise durch Vorlage von Flugbuchungen oder sonstigen Nachweisen über entsprechende Veran­las­sungen im Zielstaat glaubhaft gemacht hat (Anmietung einer Wohnung im Zielstaat, Zurverfügungstellung einer Unterkunft im Zielstaat durch Verwandte, Arbeitsplatz­angebot im Zielstaat usw.). Weiters werden bereits im Bundesgebiet getroffene Maß­nahmen zu berücksichtigen sein, welche auf eine tatsächlich beabsichtigte Ausreise schließen lassen (Auflösung des Hausrats, Aufkündigung eines allenfalls abgeschlos­senen Mietvertrags usw.). Die Frist zur Ausreise nach Abs. 1 Z 1 ist im Einvernehmen mit dem Fremden festzulegen und in einer Niederschrift festzuhalten.

Die Zeit einer Unterbrechung des Strafvollzugs ist gemäß Abs. 2 nicht in die Strafzeit einzurechnen.

Nach dem Vorbild des § 76 Abs. 6, wonach die Aufrechterhaltung der Schubhaft eines Fremden, der während seiner Anhaltung zur Verzögerung der Vollstreckung einer auf­ent­haltsbeendenden Maßnahme einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, mit Aktenvermerk festzuhalten ist, ist gemäß Abs. 3 eine Unterbrechung nach Abs. 1 ebenfalls mittels Aktenvermerk zu dokumentieren. Ferner ist das Bundesamt von der Unterbrechung zu informieren.

Kommt der Fremde nach Unterbrechung des Strafvollzugs seiner Ausreisever­pflich­tung nicht nach oder reist er nach Verlassen des Bundesgebiets wieder unrechtmäßig in dieses ein, gilt die Unterbrechung des Strafvollzugs gemäß Abs. 4 ex lege als widerrufen und ist die restliche Strafe zu verbüßen. Über diese Rechtsfolgen ist der Fremde bereits bei Unterbrechung nachweislich zu informieren. Im Falle eines Widerrufs der Unterbrechung sind die Zeiten der Unterbrechung nicht in die Frist der Vollstreckungsverjährung einzurechnen (vgl. § 31 Abs. 3 Z 2 VStG).

Die Daten zu Unterbrechungen nach Abs. 1 werden in den Verfahrensdatenbanken der Landespolizeidirektionen gespeichert (vgl. § 121 Abs. 6).

Zu Z 92 (§ 124 Abs. 1):

Die Klarstellung ist erforderlich, um eine verfassungsrechtlich unzulässige dynamische Verweisung auf Regelungsinhalte der AuslBVO auszuschließen.

Zu Z 93 (§ 125 Abs. 30):

Die vorgeschlagene Übergangsvorschrift sieht vor, dass, wenn ein Aufenthaltsverbot vor dem 1. November 2017 sowohl erlassen worden als auch durchsetzbar geworden ist, seine Frist also auch vor diesem Stichtag gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 in geltender Fassung zu laufen begonnen hat, sich der Beginn und der Ablauf der Frist weiterhin nach der bisherigen Rechtslage richten. Die neue Fassung des § 67 Abs. 4 Satz 2 bewirkt in Bezug auf die Frist dieser Aufenthaltsverbote daher keine Fortlaufshemmung in dem Sinne, dass die zwischen dem Eintritt der Durchsetzbarkeit und dem 1. Novem­ber 2017 abgelaufene Zeitspanne in die Frist des Aufenthaltsverbotes einzurechnen ist, deren restlicher Teil jedoch erst ab der – nach dem 1. November 2017 erfolgenden – Ausreise des Fremden abzulaufen beginnt. Unter dem Gesichtspunkt der Vermei­dung einer Rückwirkung der neuen Fassung des § 67 Abs. 4 Satz 2 wäre es zwar zulässig gewesen, eine solche Fortlaufshemmung vorzusehen. Dies wäre jedoch mit einem beträchtlichen Verwaltungsaufwand verbunden gewesen, weil das Bun­desamt in Bezug auf jedes durchsetzbare Aufenthaltsverbot, dessen Frist zum Stichtag 1.


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November 2017 noch nicht vollständig abgelaufen ist, individuelle Aufzeichnungen über den bis zu diesem Stichtag abgelaufenen Zeitraum und den Zeitpunkt der später erfolgenden Ausreise des Fremden hätte führen müssen. Die vorgeschlagene Über­gangsvorschrift vermeidet diesen Aufwand und dient damit auch der Verwaltungsöko­nomie.

Umgekehrt erfasst die vorgeschlagene Übergangsvorschrift jene Aufenthaltsverbote nicht, die vor dem 1. November 2017 zwar bereits erlassen, aber noch nicht durchsetz­bar geworden sind. Beginn und Lauf der Frist richten sich bei diesen Aufenthalts­ver­boten nach der neuen Rechtslage und beginnen daher erst ab dem Tag der Ausreise des Fremden.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 67 Abs. 4 verwiesen.

Zu Z 94 (§ 126 Abs. 19 und 20):

Abs. 19 regelt das Inkrafttreten.

Abs. 20 legt im Hinblick auf das bereits beschlossene Integrationsgesetz fest, dass die Anordnungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 so zu verstehen sind, dass sie sich auf jene Fassung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beziehen, die sie durch das Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichts­verhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, erhalten.

Zu Artikel 3 (Änderung des Asylgesetzes 2005)

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Die Änderung stellt eine notwendige Adaptierung des Inhaltsverzeichnisses dar.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 1 Z 22):

Die vorgeschlagene Änderung dient der Anpassung an die Änderung des § 35 Abs. 5, auf die verwiesen wird.

Zu Z 3 (§ 4a):

Es handelt sich hierbei um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 4 (§ 7 Abs. 2):

Nach der geltenden Fassung des § 7 Abs. 2 ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn ein Fremder gemäß § 2 Abs. 3 straffällig geworden ist. Eine Straffälligkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 setzt das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung des Fremden voraus. In den Fällen gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 1 iVm 6 Abs. 1 Z 3 setzt die Aberkennung des Status des Asylbe­rechtigten eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung indessen nicht voraus; das Bundesamt hat daher das Vorliegen von Aberkennungsgründen in diesen Fällen unabhängig vom Gang eines allfälligen parallel laufenden Strafverfahrens zu beur­teilen. Es ist daher sachgerecht, ein Aberkennungsverfahren bereits vor einer rechts­kräftigen Verurteilung einzuleiten, sofern gleichwohl Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Asylberechtigte eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt und der Status des Asylberechtigten daher gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 1 iVm 6 Abs. 1 Z 3 abzuerkennen sein könnte. Durch den nunmehrigen Verweis auf § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 werden neben der rechtskräftigen Verurteilung (Z 1) weitere Fälle, in denen zwar (noch) keine strafgerichtliche Verurteilung vorliegt, aber ein Aberkennungsverfahren


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einzuleiten ist (Z 2 bis 4), erfasst. Bei diesen Fällen handelt es sich um die Einbringung einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft wegen einer gerichtlich strafbaren Hand­lung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, die Verhängung einer Unter­suchungs­haft sowie die Betretung auf frischer Tat bei der Begehung eines Ver­brechens. Für die amtswegige Einleitung des Aberkennungsverfahrens bestehen – den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechts entsprechend – keine Formvorschriften. Da eine auf den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 2 bis 4 beruhende Verfahrenseinleitung den einmonatigen Zeitraum, innerhalb dessen nach Möglichkeit das Verfahren abzuschließen ist, auslöst, wird es jedoch angezeigt sein, die Verfahrenseinleitung intern, etwa durch Aktenvermerk, zu dokumentieren. Beruht die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens also etwa auf der Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft (§ 27 Abs. 3 Z 2) oder der Betretung auf frischer Tat bei der Begehung eines Verbrechens (Z 4 leg. cit.), so wird sich eine allfällige spätere Aberkennung nicht auf § 6 Abs. 1 Z 4, sondern allenfalls auf Abs. 1 Z 3 leg. cit. stützen können, sofern mittlerweile keine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung und damit Straffälligkeit gemäß § 2 Abs. 3 und § 6 Abs. 1 Z 4 vorliegt.

Der zweite Satz des § 7 Abs. 2 sieht für jene Fälle, in denen sich die Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf §§ 7 Abs. 1 Z 1 iVm 6 Abs. 1 Z 4 stützt und damit eine strafgerichtliche Verurteilung voraussetzt, vor, dass ein Abschluss des Aberkennungsverfahrens innerhalb von einem Monat ab Einlangen der Mitteilung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung (§ 30 Abs. 5 BFA VG) anzustreben ist. Für all jene Fälle, in denen die Aberkennung keine strafgerichtliche Verurteilung voraussetzt, sieht Satz 2 vor, dass ein Abschluss des Aberken­nungs­verfahrens längstens innerhalb eines Monats ab seiner Einleitung anzustreben ist. Dadurch soll es zu einer wesentlichen Beschleunigung bei der Aberkennung und Außerlandesbringung von entsprechend schwerwiegend straffällig gewordenen oder in sonstiger Weise eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellenden Asylberechtigten kommen. Dies ist einerseits aus Gründen der Sicherheit im öffentlichen Interesse erforderlich, und andererseits steht diesfalls bereits zu einem früheren Zeitpunkt für den betroffenen Fremden sein weiteres aufenthaltsrechtliches Schicksal fest.

Trotz des besonderen öffentlichen Interesses an einer beschleunigten Verfahrens­führung ist auch in einem nach dem vorgeschlagenen § 7 Abs. 2 Satz 1 eingeleiteten Aberkennungsverfahren eine umfassende Ermittlung des Sachverhalts und einge­hende Prüfung der Aberkennungsvoraussetzungen zu gewährleisten. Selbstver­ständ­lich kann auch in einem solchen Verfahren der Fall eintreten, dass für eine ange­mes­sene und vollständige Überprüfung des Vorliegens der Aberkennungs­voraus­setzungen umfangreiche Ermittlungen zu führen sind und daher eine Überschreitung des einmonatigen Zeitraums erforderlich ist. Die vorgeschlagene Änderung trägt dem Rechnung, indem sie in Satz 2 den Einmonatszeitraum nur insoweit für maßgeblich erklärt, als bis zu dessen Ablauf bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht, und in Satz 3 klarstellt, dass eine Überschreitung des Einmonatszeitraums es nicht ausschließt, das Aberkennungsverfahren zu einem späteren Zeitpunkt abzuschließen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass das Aberkennungsverfahren gemäß § 7 nicht auf Antrag, sondern ausschließlich von Amts wegen einzuleiten ist. Auch die Information gemäß § 30 Abs. 5 BFA VG ist kein Antrag der übermittelnden Stelle (Staatsanwaltschaft, Strafgericht oder Justizanstalt) auf Einleitung eines solchen Verfahrens. Mangels verfahrenseinleitenden Antrags (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 VwGVG) wird durch das Einlangen der Information gemäß § 30 Abs. 5 BFA VG oder die Einleitung des Aberkennungsverfahrens daher keine Entscheidungspflicht des Bundes­amtes ausgelöst, welche die übermittelnde Stelle gemäß § 30 Abs. 5 BFA VG, den


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Asylberechtigten oder andere Personen zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde nach Ablauf des Einmonatszeitraums berechtigt.

Diese neue Regelung des § 7 Abs. 2 ist ausschließlich verfahrensrechtlicher Natur; sie bestimmt, in welchen Fällen ein Aberkennungsverfahren beschleunigt zu führen ist; eine Erweiterung der Asylaberkennungstatbestände erfolgt hingegen nicht. Die inhalt­lichen – völkerrechtlich sowie unionsrechtlich vorgegebenen – Voraussetzungen für eine Aberkennung des § 7 Abs. 1 iVm § 6 bleiben unverändert.

Zu Z 5, 6 und 7 (§§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1):

Die vorgeschlagenen Änderungen erfolgen vor dem Hintergrund der Neufassung des § 52 Abs. 9 FPG, die in Übereinstimmung mit unionsrechtlichen Vorgaben vorsieht, dass über die Rückkehrentscheidung und das allfällige Vorliegen von Abschie­bungs­verboten in einem Bescheid abzusprechen ist. Die Unzulässigkeit der Abschiebung soll der Erlassung einer Rückkehrentscheidung demnach nicht (mehr) entgegenstehen. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sollte dies auch in jenen Fällen gelten, in denen einem Fremden wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes (§ 9 Abs. 2 AsylG 2005) der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen oder von vornherein nicht zuzuerkennen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig ist.

Das Unionsrecht steht der vorgeschlagenen Änderung nicht entgegen. Art. 4 Abs. 2 Rückführungs RL lässt zwar jede im gemeinschaftlichen Besitzstand auf dem Gebiet Asyl und Einwanderung festgelegte Bestimmung, die für Drittstaatsangehörige güns­tiger sein kann, unberührt. Die Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerken­nung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 (im Folgenden: „Status RL“) äußert sich zu der Frage, inwieweit gegen Fremde, denen der Status eines Asyl- oder subsidiär Schutz­berechtigten abzuerkennen oder nicht zuzuerkennen ist (Art. 12 und 14 Status RL), eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen werden darf, indessen nicht. Soweit Art. 14 Abs. 5 Status RL bestimmte Garantien der Genfer Flüchtlingskonvention auf solche Fremde sinngemäß für anwendbar erklärt, wird diesen Garantien dadurch Rechnung getragen, dass in den Fällen der §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 weiterhin zwingend die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat festzustellen ist. Auch wenn die Rückführungs RL auf Asylwerber nicht anwendbar ist (vgl. EuGH 30.05.2013, Rs. C 534/11 – Arslan), steht es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 6 Abs. 6 Rückführungs RL frei, mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthaltes – hier: des Aufenthaltsrechts des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 2 Abs. 1 Z 16 bzw. des Aufenthaltsrechts des Asyl­werbers gemäß § 13 – sowie eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Davon wird für die Fälle der auf einem Ausschlussgrund beruhenden Aberkennung und Nichtzu­erkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten Gebrauch gemacht.

Der vorgeschlagenen Änderung steht auch die jüngere Rechtsprechung des Euro­päischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nicht entgegen. Im Urteil vom 13.12.2016, Zl. 41738/10 – Paposhvili, hielt der EGMR fest, dass eine Ausweisungs­verfügung – und nicht erst deren zwangsweise Vollstreckung – gegen Art. 3 EMRK verstoße, wenn in dem Verfahren, das zu ihrer Erlassung geführt hat, Vorbringen des Beschwerdeführers über seinen schlechten Gesundheitszustand zu keinem Zeitpunkt auf seine Abschiebungsrelevanz unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK hin überprüft worden ist (EGMR, aaO Rz. 201 und 222). Unter solchen Umständen genügt es den Anforderungen der EMRK auch nicht, wenn diese Gründe erst inzident, nämlich


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unmittelbar vor der Vollstreckung, aber nach Erlassung der Ausweisungsverfügung, auf ihre Abschiebungsrelevanz hin geprüft werden, sofern nicht klar ist, welchen Umfang diese Prüfung hat und inwieweit sie sich auf die Vollstreckbarkeit der Ausweisungs­verfügung auswirkt (EGMR, aaO Rz. 202). Dass ein konventionsrechtliches Abschie­bungsverbot eine Sperrwirkung im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeen­denden Maßnahme entfaltet, lässt sich diesem Urteil hingegen nicht entnehmen. Die vorgeschlagene Änderung trägt der vorgenannten Judikatur des EGMR Rechnung, weil auch im Anwendungsbereich der §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 sämtliche Gründe, die nach der EMRK gegen eine Abschiebung sprechen können, bereits im Verfahren zur Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme und nicht erst im Vorfeld eines allfälligen Abschiebungsversuches geprüft und umfassend gewürdigt werden.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu §§ 46a Abs. 1, 52 Abs. 2 und 9 FPG sowie § 21 Abs. 2a Z 3 BFA VG verwiesen.

Zu Z 8 (§ 12a Abs. 1 Z 3):

Hiebei handelt es sich um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 9 (§ 12a Abs. 3 Z 2):

Vor dem Hintergrund des Entfalls des § 58 Abs. 2 FPG hat der Verweis auf diesen in § 12a ebenfalls zu entfallen. Naturgemäß bleibt es dem Bundesamt unbenommen, auch trotz des Entfalls der gesetzlichen Informationsverpflichtung einen betroffenen Fremden über den festgelegten Abschiebetermin zu informieren. Sollte ein Fremder einen Folgeantrag binnen 18 Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin stellen und zudem eine der Voraussetzungen des Abs. 3 Z 3 lit. a bis c vorliegen (Haft, Anhaltung oder gelinderes Mittel), besteht weiterhin kein faktischer Abschiebeschutz, sofern der Fremde zuvor über den Abschiebetermin nachweislich informiert wurde. In einem solchen Fall kann nämlich entsprechend Art. 41 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABl. Nr. L 180 vom 29.06.2013 S. 60, angenommen werden, dass der Folgeantrag nur der Verzögerung oder Behinderung der Abschiebung dient. Diese im Gesetz festgelegten Kriterien stellen somit die innerstaatliche Konkretisierung der „Antragstellung nur zur Verzögerung oder Behinderung der Abschiebung“ dar. Die Information des Fremden über den festgelegten Abschiebetermin muss diesfalls im Akt entsprechend dokumentiert sein.

Zu Z 10 (§ 15 Abs. 1 Z 3):

Nach § 2 GVG-B ist bei der Aufnahme in die Grundversorgung auf etwaige besondere Bedürfnisse der Asylwerber Bedacht zu nehmen. Opfer von Gewalt, die aufgrund von Folter, durch Anwendung schwerer Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt oder durch ein gleichwertiges Ereignis an einer belastungsabhängigen krank­heitswertigen Störung leiden, werden verfahrensrechtlich durch die Regelung des § 30 insofern geschützt, als der Antrag im Zulassungsverfahren nicht abzuweisen und im Verfahren auf die besonderen Bedürfnisse Bedacht zu nehmen ist. Damit die Behörden dieser Verpflichtung nachkommen können, ist es aber erforderlich, dass ihnen entsprechende ärztliche bzw. medizinische Befunde und Gutachten zukommen. Ohne Kenntnis der Behörde über die besonderen Bedürfnisse ist es ihr nicht möglich, entsprechende Maßnahmen im Interesse des Fremden zu setzen bzw. können besondere Bedürfnisse bei dessen Versorgung nur bedingt berücksichtigt werden. Durch die Vorlagepflicht des Asylwerbers hinsichtlich der ihm zur Verfügung stehenden ärztlichen Befunde und Gutachten ist zudem gewährleistet, dass dieser bereits ab dem Zulassungsverfahren und während der gesamten Dauer der Grundversorgung (dh. auch nach einem Wechsel in eine Betreuungseinrichtung eines Bundeslandes) eine besondere Behandlung aufgrund seiner besonderen Schutzbedürftigkeit erfährt.


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Darüber hinaus ist im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen (§ 18 Abs. 3 AsylG 2005, § 13 Abs. 5 BFA-VG). Auch können etwaige besondere Bedürfnisse bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme (§ 10 AsylG 2005) von der Behörde nicht berücksichtigt werden, wenn sie weder bekannt noch entsprechend nach­gewiesen wurden. Daher ist es sachgerecht und zweckmäßig, dass Asylwerber, die bereits über derartige Befunde verfügen, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht diese auch vorzulegen haben. Durch die Einschränkung „soweit“ wird klargestellt, dass ärztliche Befunde und Gutachten nur insoweit vorzulegen sind, als sie für die Beur­teilung des Vorliegens einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychi­schen Störung oder besonderer Bedürfnisse tatsächlich relevant sind. Werden daher Gutachtens- oder Befundteile, die über das Vorliegen einer belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung oder besonderer Bedürfnisse nichts aussa­gen, nicht vorgelegt, liegt keine Verletzung der Mitwirkungspflicht vor.

Zu Z 11 (§ 15b):

Zu Abs. 1:

Mit dem vorgeschlagenen § 15b soll die Möglichkeit geschaffen werden, einem Asyl­werber bereits während des Asylverfahrens, jedoch erst nach Zulassung zu diesem, mittels Verfahrensanordnung aufzutragen, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen. Dieses Quartier ist in der Verfahrensanordnung des Bundesamtes zu bezeichnen. Da es sich bei dem betroffenen Personenkreis um Asylwerber im laufenden Verfahren handelt, ist Art. 7 der Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, ABl. L 180 S. 96 (im Folgenden: „Aufnahme-RL“), zu berücksichtigen. Eine Beschränkung des Aufenthalts­ortes ist dementsprechend nur aus den in Art. 7 Abs. 2 Aufnahme RL genannten Gründen – dh. aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz – zulässig. In Einklang mit der Aufnahme RL soll die Anordnung der Unter­kunftnahme daher nur bei Vorliegen der in Abs. 2 und 3 normierten Voraussetzungen ergehen. Da § 15b als unionsrechtskonform angesehen werden kann, ist davon auszugehen, dass er auch in Einklang mit Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (4. ZPEMRK) steht.

Liegen die Tatbestandsmerkmale des § 15b vor, hat somit – nach entsprechender Ver­hältnismäßigkeitsprüfung und unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse Minderjähriger auch im Sinne der Jugendwohlfahrt – eine Anordnung der Unterkunft­nahme zu erfolgen. Dabei sind jedoch – vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK – die konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen, unter anderem ist das Bestehen fami­liärer Strukturen zu berücksichtigen. Die Anordnung darf daher nur unter Berück­sichtigung und möglichster Wahrung der Familieneinheit ergehen, sofern dies nicht dem Zweck der Anordnung oder dem Wohl bzw. der körperlichen Unversehrtheit eines Familienmitgliedes – hier ist etwa an Fälle eines Betretungsverbotes nach § 38a Sicher­heitspolizeigesetz (SPG) zu denken – zuwiderlaufen würde. Verfügt der Asyl­werber zu diesem Zeitpunkt bereits über eine private Unterkunft und befindet sich somit in geordneten Wohnverhältnissen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass eine weitere Gefährdung der öffentlichen Interessen bzw. der öffentlichen Ordnung sowie eine weitere Verfahrensverzögerung nicht (mehr) anzunehmen ist. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit kann in derart gelagerten Fällen von einer Anordnung der Unter­kunftnahme Abstand genommen oder die Anordnung in Bezug auf diese Unterkunft erlassen werden. Wesentlich ist, dass die Anordnung der Unterkunftnahme – anders als die Wohnsitzbeschränkung nach § 15c – nicht auf alle Asylwerber Anwendung


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finden soll, sondern nur nach einer individuellen Prüfung nur bei Vorliegen bestimmter Umstände angeordnet werden kann.

Die Anordnung der Unterkunftnahme ergeht mittels Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) des Bundesamtes, über deren Fortdauer im verfahrensabschließenden Be­scheid abzusprechen ist. Eine Verfahrensanordnung ist in diesem Fall insofern rechtlich zulässig, als sie keine materiell-rechtliche Entscheidung beinhaltet, die einer unmittelbar anknüpfenden Rechtsschutzmöglichkeit bzw. einer selbständigen Anfecht­barkeit für den Betroffenen bedarf, da darin weder über den Ausgang des Asylver­fahrens entschieden wird noch Leistungen wie jene nach dem GVG-B 2005 ein­geschränkt oder entzogen werden. Ebenso wenig handelt es sich um eine Ent­scheidung, mit der eine Freiheitsbeschränkung oder -entziehung verbunden ist, zumal der Asylweber sich weiterhin im gesamten Bundesgebiet frei bewegen darf. Eine unmittelbar an die Anordnung der Unterkunftnahme anknüpfende Rechtsschutz­mög­lichkeit ist somit nicht erforderlich. Vielmehr ist dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen mit der Beschwerdemöglichkeit gegen den verfahrensabschließenden Bescheid, in dem auch über die Fortdauer der Verfahrensanordnung abzusprechen ist, Genüge getan. Daher ist Art. 26 Aufnahme-RL nicht verletzt, nach welchem die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs im Falle einer individuellen Entscheidung nach Art. 7 leg. cit. gegeben sein muss.

Mit dieser Bestimmung wird im Übrigen nicht in die Zuständigkeitsverteilung nach der Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG (GVV) eingegriffen. Bei den  zur Verfügung gestellten Quartieren handelt es sich um solche eines Landes, einer (ausgegliederten) privaten Einrichtung des Landes, einer sonstigen humanitären oder kirchlichen Einrichtung oder um eine durch eine Privatperson bereitgestellte Unterkunft, deren sich das Land gemäß Art. 4 Abs. 2 GVV bedient.  Somit hat das Bundesamt vor Anordnung der Unterkunftnahme die Information , für welches Quartier die Anordnung der Unterkunftnahme erfolgen soll bzw. erfolgen kann, einzuholen, sofern diese Information nicht bereits automationsunterstützt vorliegt (Näheres dazu in den Erläuterungen zu § 8 Abs. 9 GVG-B 2005). Die tatsächliche Bestimmung eines konkreten Quartiers kann dabei sinnvollerweise erst ab Zulassung zum Verfahren erfolgen, da sich vor diesem Zeitpunkt aufgrund der konkreten Umstände des Einzel­falls regelmäßig noch notwendige Verlegungen ergeben können (insbesondere von einer Betreuungseinrichtung des Bundes in eine der Länder). Eine Anordnung der Unterkunftnahme noch vor Zulassung zum Verfahren wäre daher in der Regel nur von vorübergehender Dauer und entspräche daher gerade nicht dem Gebot der Verfahrensökonomie. In diesem Sinne knüpft die Anordnung der Unterkunftnahme an den Zeitpunkt der Zulassung zum Verfahren an, wobei sie nicht zwingend gleichzeitig mit der Zulassung erfolgen muss. Treten die relevanten Umstände erst nach dem Zeitpunkt der Zulassung ein, kann eine Anordnung auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Nach § 1 Abs. 1 MeldeG sind Unterkünfte Räume, die zum Wohnen oder Schlafen ge­nutzt werden. Nachdem mit einer Anordnung der Unterkunftnahme keine Gebiets­be­schränkung einhergeht und sich  der Asylwerber weiterhin im gesamten Bundesgebiet frei bewegen darf, wird auf das Erfordernis der Anwesenheit während der Nacht­stunden abgestellt. Der VwGH äußerte sich in seinem Erkenntnis vom 23.11.2006, 2003/20/0519, zu dem Begriff „Unterkunft“ und lässt sich aus diesem ableiten, dass das Faktum der bloßen Übernachtung ein Quartier als (sonstige) „Unterkunft“ zu begründen vermag. Daher ist die Wortfolge „durchgängig Unterkunft zu nehmen“ jeden­falls so zu verstehen, dass die Anwesenheit des Asylwerbers in dem zuge­wiesenen Quartier während den Nachstunden erforderlich ist. Da es sich hier anders als bei der Wohnsitzbeschränkung nach § 15c um die Verpflichtung einer „Unterkunft­nahme“ handelt und nicht auf die Begriffe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen


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Aufenthalts abgestellt wird (siehe dazu die Erläuterungen zu § 15c), ist die Abwe­senheit für einige Tage bzw. Nächte zu Besuchszwecken nicht gestattet, sofern kein Fall des § 56 Abs. 3 FPG oder eine freiheitsentziehende Maßnahme vorliegt (hierzu wird auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a FPG verwiesen).

Zu Abs. 2:

Die Umstände, die zu einer Anordnung der Unterkunftnahme führen können, werden demonstrativ in Abs. 2 und 3 aufgezählt und spiegeln die rechtlich zulässigen Gründe gemäß der Aufnahme-RL wider. In Abs. 2 handelt es sich um Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung. Gemäß Z 1 und 2 kann insbesondere dann davon ausgegangen werden, dass derartige Umstände vorliegen, wenn die Voraus­setzungen für den Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 2 oder Umstände, die eine Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 begründen können, vorliegen. Sein Recht auf Aufenthalt verliert ein Asylwerber gemäß § 13 Abs. 2 unter anderem dann, wenn er straffällig geworden ist, gegen ihn wegen einer gerichtlich strafbaren und vorsätzlich begangenen Handlung Anklage durch die Staatsanwaltschaft einge­bracht wurde oder gegen ihn die Untersuchungshaft verhängt wurde. Aufgrund des strafrechtlichen Fehlverhaltens des Asylwerbers kann in diesen Fällen davon ausge­gangen werden, dass eine Anordnung der Unterkunftnahme aus Gründen des öffent­lichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt und erforderlich ist. Das öffentliche Interesse oder die öffentliche Ordnung kann ferner dann betroffen sein, wenn der Asylwerber Handlungen setzt, die eine Einschränkung oder den Entzug bestimmter Leistungen nach § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 bzw. deren Gewährung unter Auflage ermöglichen. Eine solche Einschränkung oder Entziehung wiederum knüpft an verschiedene Tatbestände nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) – insbesondere einen gefährlichen Angriff im Sinn des § 16 Abs. 2 und 3 SPG oder ein Betre­tungsverbot gemäß § 38a leg. cit. – oder an Verletzungen der Hausordnung gemäß § 5 Abs. 3 GVG-B 2005 an. Wesentliches Kriterium ist nicht die Erlassung einer Entschei­dung gemäß § 5 Abs. 3 GVG-B 2005, sondern das Vorliegen der Umstände, die eine solche Entscheidung begründen können. Aufgrund der Tatsache, dass eine Anordnung der Unterkunftnahme frühestens nach Zulassung erfolgen kann, wird die Grundver­sorgung zu diesem und einem späteren Zeitpunkt meist gemäß der GVV durch ein Bundesland gewährt. Eine allfällige Entscheidung über den Entzug oder die Ein­schränkung der Grundversorgung würde diesfalls nach Art 6 Abs. 3 GVV seitens der Länder ergehen. Es wurde im vorgeschlagenen § 15b jedoch bewusst nicht auf Art. 6 Abs. 3 GVV Bezug genommen, da – wie weiter oben erörtert – entscheidendes Kriterium nicht die tatsächliche Erlassung einer solchen Entscheidung über den Entzug oder die Einschränkung der Grundversorgung ist, sondern das Vorliegen der Gründe, die eine solche Entscheidung rechtfertigen können. Die in Art. 6 Abs. 3 GVV normierten Gründe sind gänzlich von § 5 Abs. 3 GVG-B 2005 erfasst.

Fälle, in denen sich der Antrag auf internationalen Schutz auf einen sicheren Her­kunfts­staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht und daher geringe Aussicht auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten besteht, können eine Anordnung der Unterkunft­nahme im öffentlichen Interesse begründen, zumal in solchen Konstellationen eine möglichst rasche Entlastung des Asylsystems geboten ist, um ein geordnetes Asyl- und Fremdenwesen gewährleisten zu können.

Ebenso kann in jenen Fällen, in denen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz bereits eine Rückkehrentscheidung – allenfalls zugleich mit einem Einreise­verbot – rechtskräftig erlassen worden ist, eine Anordnung der Unterkunftnahme im öffentlichen Interesse sowie im Interesse der öffentlichen Ordnung liegen. Dies insbe­sondere, wenn ein zeitliches Naheverhältnis zwischen der Erlassung der Rück­kehr­entscheidung und der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz gegeben ist,


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sofern die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz der Verzögerung der Durchsetzung einer aufenthaltsbeen­den­dem Maßnahme, insbesondere einer zwangsweisen Außerlandesbringung, dient.

Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch andere Umstände in Betracht, die eine Anordnung der Unterkunftnahme aus Gründen des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung rechtfertigen oder erfordern können.

Zu Abs. 3:

In Einklang mit der Aufnahme-RL können – neben Gründen des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung (Abs. 2) – auch Gründe der Verfahrensökonomie die Erlassung einer Anordnung nach Abs. 1 rechtfertigen. In diesem Fall erfolgt die Anordnung der Unterkunftnahme – angelehnt an den Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 Auf­nahme-RL – zum Zweck einer zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz. Gemäß Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013 S. 60 (im Folgenden: „Verfahrens RL“), sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Verfahren – unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung – so rasch als möglich zum Abschluss gebracht wird. In diesem Sinne muss es der Behörde gerade im Falle verfahrens­verzögernder Handlungen seitens des Asylwerbers möglich sein, durch entsprechende Maßnahmen eine wirksamere Überwachung und somit zügige Bearbeitung des Antra­ges gewährleisten zu können. Da vor allem dann, wenn der Asylwerber seinen Mitwirkungsverpflichtungen nach § 15 AsylG 2005 nicht nachkommt, vielfach eine Verfahrensverzögerung eintritt und das Verfahren daher aus Gründen, die dem Asylwerber zuzurechnen sind, nicht mit der von der Verfahrens RL geforderten Rasch­heit abgeschlossen werden kann, soll in diesen Fällen eine Anordnung der Unter­kunftnahme möglich sein. Eine Anordnung der Unterkunftnahme soll somit insbe­sondere dann erlassen werden können, wenn sie aus Gründen der Verfahrensöko­nomie und zur Beschleunigung des Verfahrens zweckmäßig bzw. erforderlich erscheint. Dadurch soll erreicht werden, dass der Asylwerber dem Bundesamt bzw. dem BVwG nunmehr regelmäßig für die jeweiligen Verfahrensschritte zur Verfügung steht und keine weiteren Verzögerungen eintreten können.

Da es sich bei Abs. 3 ebenfalls um eine demonstrative Aufzählung handelt, können auch hier weitere Umstände in Betracht kommen, die eine Anordnung der Unterkunft­nahme zwecks zügiger Bearbeitung und wirksamer Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz rechtfertigen oder erfordern können.

Zu Abs. 4:

Um den entsprechenden Zweck verfolgen zu können – sei es aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz –, ist es zweckmäßig, dass die Anordnung der Unterkunftnahme bis zur Rechtskraft der Entscheidung, mit welcher über den Antrag auf internationalen Schutz entschieden wird, Gültigkeit be­sitzt, solange das Quartier zur Verfügung gestellt wird. Wird das konkrete Quartier nicht mehr zur Verfügung gestellt oder erweist sich die bereits bestehende Verfahrens­anordnung aus anderen Gründen als nicht mehr zulässig, so ist die Verfahrens­anordnung aufzuheben.  Kommt es zu einer Änderung der Unterkunft und soll die Anordnung der Unterkunftnahme beibehalten werden, jedoch Wirkung für das neu zugewiesene Quartier entfalten, hat dies durch eine Änderung der Verfahrensanord­nung – lautend auf das neu zugewiesene Quartier – zu erfolgen, zumal in der Verfahrensanordnung das bestimmte Quartier, in welchem der Asylweber Unterkunft


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zu nehmen hat, zu bezeichnen ist. Wesentliches Kriterium hinsichtlich der Gültig­keits­dauer einer Verfahrensanordnung ist, ob und bejahendenfalls wie lange dem Asyl­werber das Quartier zur Verfügung gestellt wird. Eine Beeinflussung der Gültigkeits­dauer einer Verfahrensanordnung durch Verzicht des Asylwerbers auf ein Quartier kommt daher nicht in Betracht.

Sollten entsprechende Gründe vorliegen, kann nach rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens mit einer Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG vorgegangen werden. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 57 FPG verwiesen.

Zu Abs. 5:

Missachtet der Asylwerber die Anordnung der Unterkunftnahme, liegt eine Verwal­tungsübertretung gemäß § 121 Abs. 1a FPG vor. Eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nicht vor, wenn der Asylwerber die Anordnung der Unterkunftnahme zum Zwecke der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, der Folgeleistung einer Ladung von Gerichten, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden, zur Inanspruchnahme medizinischer Versorgung und Behandlung oder aufgrund einer freiheitsentziehenden Maßnahme missachtet. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a FPG verwiesen. Ergänzend wird angeführt, dass in diesen Fällen mangels Vorliegens einer Verwaltungsübertretung eine Festnahme gemäß § 39 Abs. 1 Z 3 nicht zulässig ist und wird auf die Erläuterungen zu § 39 Abs. 1 Z 3 verwiesen.

Im Falle der Missachtung der Anordnung gemäß § 15b sowie bei Vorliegen der sons­tigen Voraussetzungen kann die Anordnung der Schubhaft erfolgen (hiezu wird auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 8 verwiesen). Die Anordnung der Unterkunftnahme und die Folgen einer allfälligen Missachtung der Anordnung sind dem Asylwerber nach­weislich zur Kenntnis zu bringen.

Zu 12 (§ 15c):

Zu Abs. 1:

Nach Zulassung und ab Aufnahme in die Grundversorgung des zuständigen Bundes­landes soll künftig ex lege eine Wohnsitzbeschränkung gelten, die es Asylwerbern untersagt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Bundesland als jenem, durch welches ihnen Grundversorgung gewährt wird, zu begründen. Gemäß § 1 Abs. 6 MeldeG begründet eine Person ihren Wohnsitz, wenn sie sich in einer Unterkunft, an der sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorge­henden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt ihrer Lebensbeziehungen zu haben. Dem gegenüber ist der gewöhnliche Aufenthalt – entsprechend dem in der ständigen Rechtsprechung des VwGH entwickelten, an § 66 Abs. 2 Jurisdiktionsnorm orientierten und auch hier maßgeblichen Verständnis – von den tatsächlichen Umständen abhängig (VwGH 14.09.2016, Ra 2016/18/0077). Die Umstände müssen dafür sprechen, dass eine Anwesenheit nicht nur vorübergehend sein soll, dass also eine gewisse sachlich räumliche Beziehung zum Aufenthaltsort bestehen soll (VwGH 31.03.1992, 87/14/0096). Dabei sind unter anderem Umstände persönlicher oder sonstiger Art, die eine dauerhafte Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen, zu berücksichtigen (VwGH 25.08.1994, 94/19/0380). Die Absicht, sich dauernd an einem Ort niederzulassen, ist – anders als beim Wohnsitz – nicht erforderlich. Ein bloß kurzfristiger Aufenthalt an einem Ort ohne die Absicht, dort Wohnung zu nehmen (etwa zu Besuchszwecken), reicht hingegen weder zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts (VwGH 16.06.1992, 92/11/0031) noch zur Begründung eines Wohnsitzes aus. Als ein bloß kurzfristiger Aufenthalt kann ein solcher bis zu drei Tagen angesehen werden, zumal nach § 3 MeldeG die Verpflich­tung besteht, sich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden. Sollte der Asylwerber sich an einer anderen Unterkunft, die sich außerhalb des zulässigen


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Bundeslandes befindet, anmelden, kann davon ausgegangen werden, dass dies in der Absicht erfolgt, dort länger zu verweilen und seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Wohnsitz zu begründen. Die Wohnsitzbeschränkung hindert den Asylwerber jedoch nicht an kurzfristigen und vorübergehenden Aufenthalten (insbesondere zu Besuchs­zwecken oder zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten) außerhalb des Bundes­landes, in welchem ihm die Grundversorgung gewährt wird und auf das sich die Wohn­sitzbeschränkung bezieht, sofern dadurch weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird. Vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 1 Aufnahme-RL ist die vorliegende Regelung somit unionsrechtskonform.

Mit der vorgeschlagenen Neuregelung soll der eigenmächtigen Verlegung des Wohn­sitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes eines Asylwerbers in ein anderes als das für die Grundversorgung zuständiges Bundesland entgegen gewirkt werden. In der Praxis sollen dadurch insbesondere Abwanderungen von Asylwerbern während ihres laufenden Asylverfahrens in andere Bundesländer hintangehalten werden.

Zielgruppe des § 15c sind Asylwerber gemäß § 2 Abs. 1 Z 14. Die vorgeschlagene Wohnsitzbeschränkung gilt daher längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Asylverfahrens.

Die Wohnsitzbeschränkung entfaltet ihre Wirkung ab dem Zeitpunkt, in dem Leistungen nach Art. 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung (GVV) gewährt oder zur Verfü­gung gestellt werden. Es kommt daher nicht auf den Zeitpunkt an, in welchem dem Asylwerber ein Quartier seitens des Bundeslandes zur Verfügung gestellt wird, sondern es wird auf den Zeitpunkt der Gewährung oder Zurverfügungstellung jedweder von Art. 6 und 7 GVV erfassten Leistung abgestellt. Unbeachtlich ist, ob der Asylwer­ber in einem durch ein Bundesland zur Verfügung gestellten oder in einem privat organisierten Quartier Unterkunft genommen hat, solange er im letzteren Fall auch (darüber hinausgehende) sonstige Leistungen aus der Grundversorgung bezieht. Wesentliches Kriterium hinsichtlich der Gültigkeitsdauer der Wohnsitzbeschränkung ist, dass dem Asylwerber die Grundversorgung durch das jeweilige Bundesland tatsächlich gewährt oder bloß zur Verfügung gestellt wird. Eine Beeinflussung der Gültigkeitsdauer der Wohnsitzbeschränkung durch einen Verzicht des Asylwerbers auf die Grund­versorgung kommt daher nicht in Betracht. Gleiches gilt, wenn der Asylwerber Handlungen setzt, welche den Entzug der Grundversorgung rechtfertigen. Die Wohn­sitz­beschränkung bleibt nämlich explizit auch im Falle des Entzugs der Grund­versorgung unberührt, es sei denn, dem Asylwerber wird von einem anderen Bun­desland Grundversorgung gewährt oder zur Verfügung gestellt. In diesem Fall endet die Wohnsitzbeschränkung in jenem Bundesland, das die Grundversorgung entzogen hat und gilt in jenem Bundesland weiter, das nunmehr Grundversorgung gewährt oder zur Verfügung stellt.

Im Interesse einer beschleunigten Verfahrensführung ist die vorliegende Neuregelung angezeigt, zumal nach erfolgter Zulassung des Asylwerbers zum Verfahren in der Regel die Regionaldirektion des Bundesamtes (§ 2 Abs. 2 BFA G) in jenem Bun­desland für die weitere Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist, in welchem dem Asylwerber Grundversorgung gewährt wird. Mit der Wohnsitz­beschränkung ist eine Wahlmöglichkeit für den Asylwerber hinsichtlich des für die Grundversorgung zuständigen Bundeslandes und der für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz zuständigen Regionaldirektion und – damit einhergehend durch den Asylwerber verursachte Verfahrensverzögerungen – ausgeschlossen.

Die Wohnsitzbeschränkung steht der Möglichkeit einer Verlegung in ein anderes Bundesland, insbesondere unter Berücksichtigung einer unverhältnismäßigen Mehr­belas­tung des betroffenen (bislang für die Gewährung der Grundversorgung zustän­digen) Bundeslandes gemäß Art. 4 Abs. 3 GVV, nicht entgegen. In diesem Fall gilt die


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Wohnsitzbeschränkung in Bezug auf jenes Bundesland, in das der Asylwerber verlegt wurde, weiter. Im Zusammenhang mit einer bundeslandübergreifenden Verlegung wird auf die Erläuterungen zu § 8 Abs. 9 GVG-B 2005 sowie § 27 Abs. 1 Z 20 BFA-VG verwiesen.

Zu Abs. 2:

Die Wohnsitzbeschränkung gilt für Asylwerber, sobald sie in die Grundversorgung durch ein Bundesland aufgenommen sind. Nach Zulassung zum Asylverfahren kann im Einzelfall – bei Vorliegen der in § 15b demonstrativ aufgezählten Voraussetzungen – eine Anordnung der Unterkunftnahme erfolgen. Hinsichtlich des Verhältnisses zwi­schen § 15b und § 15c wird vorgesehen, dass die Wohnsitzbeschränkung ruht, sobald eine Unterkunftnahme gemäß § 15b angeordnet wurde und solange dieser Geltung zukommt. Sollte die Anordnung der Unterkunftnahme vor Rechtskraft der Entschei­dung, mit der über den Antrag auf internationalen Schutz entschieden wird, widerrufen werden, lebt die Wohnsitzbeschränkung nach § 15c wieder auf. Die Wohnsitz­beschränkung besteht solange, als einem Asylwerber Grundversorgung gemäß GVV durch ein Bundesland gewährt wird, längstens jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz.

Zu Abs. 3:

Die Missachtung der neu geschaffenen Wohnsitzbeschränkung stellt eine Verwal­tungsübertretung gemäß § 121 Abs. 1a dar und es wird auf die diesbezüglichen Erläuterungen verwiesen. Analog zu § 15b sowie §§ 52a und 57 FPG ist auch im Falle der Wohnsitzbeschränkung nach § 15c eine Informationspflicht gegenüber dem Asylwerber vorgesehen.

Der Asylwerber missachtet die Wohnsitzbeschränkung, wenn er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Bundeslandes, durch das ihm Grundversor­gung gewährt wird, begründet. Eine Missachtung der Wohnsitzbeschränkung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Asylwerber sich an einer Unterkunft außerhalb des zuläs­sigen Bundeslandes anmeldet. Die Meldung nach dem MeldeG stellt jedoch keine zwingende Notwendigkeit für die Feststellung einer Missachtung der Wohnsitz­beschränkung dar. Ein Asylweber kann sich der Verpflichtung bzw. der Strafbarkeit der Missachtung daher nicht allein dadurch entziehen, indem er eine entsprechende Meldung nach dem MeldeG unterlässt. Nach der oben dargelegten Terminologie bedeutet dies, dass eine Missachtung dann nicht vorliegt, wenn er sich lediglich kurzfristig – etwa zu Besuchszeiten (bis zu drei Tage) oder zur Erfüllung einer ge­setzlichen Pflicht – in einem anderen Bundesland aufhält, ohne seinen Wohnsitz in diesem zu begründen. Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn der Asyl­werber die Wohnsitzbeschränkung zum Zwecke der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht, der Folgeleistung einer Ladung von Gerichten, Staatsanwaltschaften oder Ver­waltungsbehörden, zur Inanspruchnahme medizinischer Versorgung sowie medizini­scher Behandlung oder aufgrund einer freiheitsentziehenden Maßnahme missachtet. Hierzu wird auf die Erläuterungen zu § 121 Abs. 1a FPG verwiesen.

Zu Z 13 (§ 34 Abs. 2 und 3):

Vor dem Hintergrund der Bestimmungen der  Familienzusammenführungs RL, hat die Z 2 jeweils zu entfallen.

Zu Z 14 (§ 34 Abs. 6 Z 3):

Die neue Z 3 sieht vor, dass sich Angehörige in den in § 30 NAG (Aufenthaltsehe, Aufenthaltsadoption und Aufenthaltspartnerschaft) genannten Fällen nicht auf den 4. Abschnitt des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 berufen können. Der Verweis auf die Fälle des § 30 NAG bedeutet, dass sich Fremde auf eine Ehe, eingetragene Part-


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nerschaft oder Adoption nicht berufen dürfen, wenn ein gemeinsames Eheleben nicht geführt wird oder die Annahme an Kindes statt ausschließlich oder vorwiegend der Erlangung eines Aufenthaltsrechts dient.  Die vorgeschlagene Regelung steht somit in Übereinstimmung mit Art. 16 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. b der Familienzusam­menführungs-RL. Sie nähert zudem die Familienzusammenführung im Asylrecht an die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, RV 330, XXIV. GP, im NAG für die Erteilung der dort geregelten Aufenthaltstitel eingefügten Regelungen an. Kommt daher im Verfahren über die Erteilung eines Einreisetitels vor der Vertretungsbehörde hervor, dass zwischen dem Einreisewerber und dem in Öster­reich befindlichen Asyl- bzw. subsidiär Schutzberechtigten eine Aufenthaltsehe, Aufent­haltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption vorliegt, hat das Bundesamt davon auszugehen, dass die Stattgabe des Antrags auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich ist, und folglich eine negative Wahr­scheinlichkeitsprognose gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzugeben. Kommt dies erst während des Asylverfahrens hervor, kann der Antragsteller den Status eines Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht von seinem Angehörigen ableiten. Der Vollständig­keit halber ist festzuhalten, dass es dem Angehörigen auch dann freisteht, eigenstän­dige, also über die bloße Angehörigeneigenschaft hinausgehende Fluchtgründe geltend zu machen, wenn er sich wegen Abs. 6 Z 3 nicht auf die Bestimmungen des Familienverfahrens berufen kann.

Zum Verhältnis zwischen dem vorgeschlagenen Abs. 6 Z 3 und den allgemeinen Anwen­dungsvoraussetzungen des § 34 ist festzuhalten, dass Z 3 nur dann eigen­ständige Bedeutung zukommt, wenn grundsätzlich ein von § 35 Abs. 5 erfasstes Angehörigenverhältnis vorliegen würde. Hat etwa eine Ehe nicht schon vor der Einreise des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten in das Bundesgebiet bestanden, ist der 4. Abschnitt des AsylG 2005 bereits aus diesem Grund nicht anzuwenden, ohne dass die Frage, ob diese Ehe auch unter § 34 Abs. 6 Z 3 iVm § 30 NAG fällt, gesondert zu prüfen wäre.

Zu Z 15 (§§ 35 Abs. 3 und 72 Z 5 und 7 lit. a):

Durch die Änderung erfolgt eine Anpassung an die seit 1. März 2014 geltende offizielle Bezeichnung des Bundesminister(ium)s für Europa, Integration und Äußeres (vgl. BMG 1986 idF BGBl. I Nr. 11/2014).

Zu Z 16 (§ 35 Abs. 5):

Es handelt sich hiebei um eine sprachliche Anpassung der Definition des Familien­angehörigen für die Anwendung des § 35 vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Familienzusammenführungs RL zum Recht auf Familienzusammenführung.

Im Hinblick darauf, welche Personen als Familienangehörige gelten, sind betreffend Ehegatten und eingetragene Partner, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft im Ausland geschlossen wurde, §§ 16 iVm 6 IPRG und die diesbezügliche OGH Judikatur zu berücksichtigen.

Zu Z 17 (§ 58 Abs. 14):

Mit dem FNG wurden die Regelungen über Aufenthaltstitel aus berücksichtigungs­würdigen Gründen inklusive des § 19 NAG in das AsylG 2005 transferiert, wobei die Absätze 4, 6 und 10 des § 19 NAG zusammengefasst wurden, ohne dass in der Sache etwas anderes vorgesehen wurde, als (davor) im NAG angeordnet war (vgl. VwGH Ra 2015/21/0039 vom 30.06.2015). Die unterbliebene Vorlage von Identitätsurkunden wie etwa des Reisepasses wird seither einheitlich von § 58 Abs. 11 AsylG 2005 geregelt, sodass diesbezüglich im Antragsverfahren nicht auf § 13 Abs. 3 AVG zurückgegriffen


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werden muss (vgl. VwGH Ra 2015/21/0039 vom 30.06.2015). Nunmehr wird auch die Verordnungsermächtigung des § 19 Abs. 3 NAG ins AsylG 2005 übernommen.

Zu Z 18 (§ 60 Abs. 3 Z 1):

Die vorgeschlagene Neuregelung erfolgt in Übereinstimmung mit dem – nunmehr erweiterten –Tatbestand des § 11 Abs. 4 Z 2 NAG. § 11 Abs. 4 Z 1 und 2 NAG legt jene Fälle fest, in denen der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse widerstreitet. Zur Vermeidung von Systemwidrigkeiten hat im Regelungsbereich des FPG und des AsylG 2005 eine Adaptierung jener Bestimmungen zu erfolgen, deren Zweck die Festlegung der Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln ist. Aus diesem Grund wurde der neue Tatbestand in die Liste der Versagungsgründe hinsichtlich der Erteilung eines Visums D gemäß § 21 Abs. 2 FPG sowie der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 aufgenommen.

Sowohl § 21 Abs. 2 Z 14 als auch § 60 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 definiert daher zwei Kategorien von Fremden, die aufgrund der von ihnen ausgehenden Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit vom Erwerb eines Aufenthaltsrechts ausge­schlossen sind. Erfasst sind dabei Fremde, die ein Naheverhältnis zu einer extre­mistischen oder terroristischen Gruppierung haben, sofern vor diesem Hintergrund die Planung und Durchführung von extremistischen oder terroristischen Aktivitäten nicht ausgeschlossen werden kann, sowie Fremde, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen von ihrer gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demo­kratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versuchen oder versucht haben oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützen, die die Verbreitung von solchem Gedankengut fördert oder gutheißt. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 11 Abs. 4 NAG verwiesen.

Zu Z 19 (§ 73 Abs. 18 und 19):

Abs. 18 regelt das Inkrafttreten.

Abs. 19 legt im Hinblick auf das bereits beschlossene Integrationsgesetz fest, dass die Anordnungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 so zu verstehen sind, dass sie sich auf jene Fassung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beziehen, die sie durch das Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichts­ver­hüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asyl­gesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, BGBl. I Nr. 68/2017, erhalten.

Zu Artikel 4 (Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes)

Zu Z 1 (§§ 4 Abs. 2, 29 Abs. 2 Z 4 und 57 Z 3):

Durch die Änderung erfolgt eine Anpassung an die seit 1. März 2014 geltende offizielle Bezeichnung des Bundesminister(ium)s für Europa, Integration und Äußeres (vgl. BMG 1986 idF BGBl. I Nr. 11/2014).

Zu Z 2 (§ 11 Abs. 1):

Die vorgeschlagene Änderung erfolgt im Hinblick auf die Einfügung des § 6 Abs. 2a GVG B 2005. Dieser sieht vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch Fremde, die keine Asylwerber (§ 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005) sind, in Betreuungseinrichtungen des Bundes versorgt werden können. Es ist daher auch bei solchen Fremden, die


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keine Asylwerber sind, zweckmäßig, die Möglichkeit einer Zustellung in der Betreu­ungseinrichtung, in der sie versorgt werden, vorzusehen.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 6 Abs. 2a GVG B 2005 verwiesen.

Zu Z 3 (§ 11 Abs. 3):

§ 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 geht auf § 23 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 zurück. Zweck dieser Vorschrift war es, den Organen des öffentlichen Sicherheits­dienstes möglichst zeitnah, nämlich bereits anlässlich der Zustellung der mit einer zurück- oder abweisenden asylrechtlichen Entscheidung verbundenen aufenthalts­beendenden Maßnahme, die Anordnung der Schubhaft zu ermöglichen. Zu diesem Zweck war, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt war, abweichend von § 9 Abs. 3 ZustG nicht dieser, sondern der Asylwerber als Empfänger zu bezeichnen und außerdem die Zustellung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorzuneh­men. Eine solche Vorschrift ist grundsätzlich nicht mehr erforderlich, seitdem das Bun­desamt sowohl für die Entscheidung über Anträge auf internationalen Schutz und die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen als auch für die Anordnung der Schub­haft und der Abschiebung zuständig ist. Im Sinne größtmöglicher Flexibilität des Bun­des­amtes bei der Vornahme von Zustellungen soll jedoch die bewährte Möglichkeit, auf Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zurückzugreifen, beibehalten werden.

Zudem soll – für Zustellungen im Asylverfahren – die Möglichkeit geschaffen werden, Zustellungen auch durch Organe der Betreuungseinrichtung des Bundes, in welcher der Asylwerber versorgt wird, vornehmen zu lassen. Zur Auslegung des Begriffs „Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes“ wird auf die Erläuterungen zu §§ 5 Abs. 4 und 5 sowie 9 Abs. 3a GVG B verwiesen.

Zu Z 4 (§ 11 Abs. 4):

Durch die Aufhebung von § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 kann die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 4 entfallen.

Zu Z 5 (§ 11 Abs. 6):

In § 11 Abs. 6 kann die bisherige Z 1 entfallen, da sie bereits in der neuen Fassung des Abs. 3 erfasst ist. Die bisherige Z 2 kann sich auf die Klarstellung beschränken, dass, wenn die Zustellung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes anläss­lich der Erfüllung einer periodischen Meldeverpflichtung bei der Dienststelle einer Lan­despolizeidirektion vorgenommen werden soll und der Fremde dieser Meldeverpflich­tung nicht nachkommt, das Dokument an der Dienststelle dieser Landespolizeidirektion in sinngemäßer Anwendung der §§ 17 bzw. 23 ZustG zu hinterlegen ist. In Anbetracht der nunmehr allgemein bestehenden Möglichkeit, Zustellungen durch Organe des öffent­lichen Sicherheitsdienstes vornehmen zu lassen, soll sich der Anwendungs­be­reich des Abs. 6 nicht mehr auf die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 beschränken, sondern alle Fälle erfassen, in denen ein Fremder zur periodischen Mel­dung an die Dienststelle einer Landespolizeidirektion verpflichtet ist (§§ 56 Abs. 2 Z 2, 71 Abs. 2 Z 2 und 77 Abs. 3 Z 2 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG).

Zu Z 6 (§ 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 5):

Die vorgeschlagenen Änderungen dienen der Anpassung an die Rechtsprechung des VwGH zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß §§ 17 und 18 BFA VG.

Mit Beschluss vom 21.02.2017, Fr 2016/18/0024, hielt der VwGH zu § 17 BFA VG fest, dass im Anwendungsbereich dieser Bestimmung weder ein Antragsrecht des Asylwer­bers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorgesehen sei noch das BVwG einen Beschluss fassen müsse, wenn es die aufschiebende Wirkung mangels Vorlie-


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gens der Voraussetzungen nicht zuerkennt; im zuletzt genannten Fall genügt es vielmehr, die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung intern mit Aktenvermerk festzuhalten (VwGH, aaO Rz. 17). Dies entspricht dem Modell des Art. 27 Abs. 3 lit. b Dublin Verordnung, der es den Mitgliedstaaten freistellt, die Zuerkennung der aufschie­benden Wirkung gegen Überstellungsentscheidungen der Asylbehörde dahingehend zu regeln, dass die Überstellung automatisch ausgesetzt wird und diese Aussetzung nach Ablauf einer angemessenen Frist endet, innerhalb derer ein Gericht – von Amts wegen, keinesfalls aber auf Antrag des Asylwerbers – darüber entschieden hat, ob eine aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung gewährt wird. Für ein gesondertes Antragsrecht des Asylwerbers besteht in diesem Modell kein Raum. Eine Entscheidungspflicht des BVwG besteht hier somit nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung objektiv erfüllt sind. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht kann in diesem Fall – ausschließlich – mit Fristsetzungsantrag (§ 38 VwGG) an den VwGH geltend gemacht werden. Dem wird durch die Klarstellung Rechnung getragen, dass die aufschiebende Wirkung bei Vorliegen der Voraussetzungen vom Amts wegen zuzuerkennen ist. Um glaubhaft zu machen, dass überhaupt eine Entscheidungspflicht des BVwG besteht und ein Fristset­zungsantrag daher in Betracht kommt, ist es erforderlich, die Gründe, aus denen sich die Notwendigkeit einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und damit eine Entscheidungspflicht des BVwG ergeben, jedenfalls im Fristsetzungsantrag an den VwGH substantiiert darzulegen (§ 38 Abs. 3 Z 4 VwGG und VwGH, aaO Rz. 22). Der vorgeschlagene vorletzte Satz in § 17 Abs. 1 ändert an diesem Grundsatz nichts, sieht aber vor, dass derartige Gründe nicht erst im Fristsetzungsantrag, sondern bereits in der Beschwerde an das BVwG substantiiert darzulegen sind. Dies soll – in Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ob­jektiv erfüllt sind – nicht nur dem BVwG eine möglichst rasche Entscheidung anhand einer umfassenden Tatsachengrundlage ermöglichen, sondern ist auch im Hinblick auf die allgemeine Mitwirkungspflicht des Fremden (§ 13 BFA VG iVm § 17 VwGVG) und die Sicherheitsvermutung gemäß § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sachlich gerechtfertigt. Der vorgeschlagene letzte Satz stellt entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung des VwGH klar, dass der Asylwerber eine allfällige Verletzung der Entscheidungspflicht durch das BVwG mit Fristsetzungsantrag an den VwGH geltend machen kann. Unberührt bleibt der Grundsatz, dass der Beschwerde gegen die von §§ 16 Abs. 2 bzw. 17 Abs. 1 erfassten Entscheidungen des Bundesamtes die aufschiebende Wir­kung ex lege nicht zukommt, sofern das BVwG sie nicht im Einzelfall von Amts wegen zuerkennt.

Mit Beschluss vom 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, hielt der VwGH unter Rz. 17 fest, dass es im Anwendungsbereich des § 18 BFA VG – anders als nach der allgemeinen Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 2 VwGVG – nicht zulässig sei, einen gesonderten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu stellen. Ein in diesem Sinne unzulässiger Antrag ist innerhalb der sechsmonatigen Frist gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen (VwGH, aaO Rz. 30). Gründe, aus denen sich die Notwendigkeit einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ergibt, sind daher bereits in der Beschwer­de gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid substantiiert darzulegen. Die vorgeschlagene Änderung im ersten Satz des Abs. 5 sieht damit in Übereinstimmung – und entsprechend der vorgeschlagenen Änderung in § 17 Abs. 1 – vor, dass das BVwG die aufschiebende Wirkung bei Vorliegen der Voraussetzungen von Amts we­gen zuzuerkennen hat. Der vorgeschlagene vorletzte Satz sieht vor, dass die Gründe, die für die Notwendigkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. gegen deren vom Bundesamt verfügten Ausschluss sprechen, bereits in der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid darzulegen sind. Außerdem wird im letzten Satz entsprechend dem vorgenannten Beschluss die Möglichkeit des Be­schwer­deführers statuiert, nach Ablauf der einwöchigen Frist einen Fristsetzungsantrag


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an den VwGH gemäß § 38 VwGG zu richten und darin die für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechenden Gründe substantiiert darzulegen (siehe dazu auch VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024, Rz. 21).

Unberührt bleibt die Möglichkeit gemäß §§ 17 Abs. 4 und 18 Abs. 6, die aufschiebende Wirkung auch nach Ablauf der einwöchigen Frist zuzuerkennen. Dies ist insbesondere in jenen Fällen von Bedeutung, in denen beispielsweise die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer maßgeblichen Änderung der Lage im Zielstaat erst nachträglich eingetreten sind. Da in den zuletzt genannten Fällen die einwöchige Frist gemäß §§ 17 Abs. 1 bzw. 18 Abs. 5 bereits abgelaufen ist und somit nicht mehr zur Verfügung steht, ist die aufschiebende Wirkung bei Vorliegen der Voraussetzungen hier ausnahmsweise unverzüglich zuzuerkennen.

Zu Z 7 (§ 21 Abs. 2a):

Vor dem Hintergrund, dass in den in §§ 7 Abs. 2 iVm 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 AsylG 2005 normierten Fällen  das Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten vor dem Bundesamt beschleunigt, dh. längstens binnen einem Monat, zu führen ist, wird – korrespondierend zu dieser Regelung – für den Fall der Beschwerdeerhebung gegen eine solche erstinstanzliche Entscheidung eine verkürzte Entscheidungsfrist für Verfahren vor dem BVwG vorgesehen.

Zu Z 8 (§ 21 Abs. 2a Z 3):

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung vor dem Hintergrund der Neuge­staltung des § 52 Abs. 2 FPG sowie der §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 AsylG 2005. Die verkürzte Entscheidungsfrist gemäß Z 3 bezieht sich auf jene Fälle, in denen wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen oder von vornherein nicht zuzuer­kennen ist, der Abschiebung des Fremden in rechtlicher Hinsicht (§ 50 Abs. 1 FPG iVm Art. 3 EMRK) jedoch die im Herkunftsstaat vorherrschenden Verhältnisse entgegen­stehen und der unrechtmäßige Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet daher gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG zu dulden ist. Tritt nun nachträglich eine maßgebliche Änderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat ein, sodass fortan von der Zulässigkeit der Abschie­bung bzw. vom Wegfall des zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes ausgegangen werden kann, besteht wegen des verwirklichten Ausschlussgrundes (§ 9 Abs. 2 AsylG 2005) und der damit in der Regel verbundenen persönlichen Gefährlichkeit des Fremden ein besonderes öffentliches Interesse daran, die für die Abschiebung erfor­derlichen Voraussetzungen, insbesondere die Schaffung eines durchsetzbaren Ab­schie­betitels (§ 46 Abs. 1 FPG), möglichst rasch herzustellen. Deshalb verkürzt Z 3 die grundsätzlich sechsmonatige Entscheidungsfrist des BVwG (§ 34 Abs. 1 VwGVG) auf drei Monate, wenn der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens eine aufenthaltsbeen­dende Maßnahme ist, die gegen einen im Besitz einer Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG befindlichen Fremden erlassen wurde.

Nach bisheriger Rechtslage kann die Rückkehrentscheidung erst in Verbindung mit der nachträglichen Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung erlassen werden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0209). Nach künftiger Rechtslage ist anlässlich der Feststellung des Abschiebungsverbotes bereits die Rückkehrentscheidung zu erlassen und bei einer nachträglich eintretenden, maßgeblichen Änderung der für die Feststellung des seinerzeitigen Abschiebungsverbotes maßgeblich gewesenen Um­stände lediglich über die Zulässigkeit der Abschiebung neu abzusprechen, nicht aber die Rückkehrentscheidung neuerlich zu erlassen (vgl. § 59 Abs. 5 FPG). Um neben der bisherigen auch die künftige Rechtslage abzudecken, ist der Wortlaut der Z 3 ent­sprechend anzupassen.


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Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 AsylG 2005 sowie zu §§ 46a Abs. 1 und 52 Abs. 2 und 9 FPG verwiesen.

Zu Z 9 und 22 (§§ 21 Abs. 2b und 58 Abs. 5):

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 (RV 996, XXV. GP) wurde § 22 Abs. 1 AsylG 2005 dahingehend geändert, dass das Bundesamt über Anträge auf internationalen Schutz abweichend von § 73 Abs. 1 AVG innerhalb von 15 Monaten zu entscheiden hat. Dem lag zugrunde, dass im Jahr 2015 knapp 90.000 Anträge auf internationalen Schutz eingebracht wurden, was einer Verdreifachung gegenüber dem Vorjahr entsprach und es für das Bundesamt in vielen Fällen unmöglich machte, das Asylverfahren innerhalb der sechsmonatigen Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG abzuschließen. Die Verlängerung der für das Bundesamt im Asylverfahren einzuhaltenden Entscheidungsfrist von sechs auf 15 Monate steht in Einklang mit Art. 31 Abs. 3 UAbs. 2 lit. b Verfahrens-RL. Diese Neuregelung soll befristet bis einschließlich 31.05.2018 gelten (§ 73 Abs. 15 Satz 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016).

Auch der VwGH hat mit den Erkenntnissen vom 24.05.2016, Ro 2016/01/0001 bis 0004, und vom 29.07.2016, Ra 2016/18/0078, erkannt, dass die durch den massiven Zustrom von Schutzsuchenden in der jüngeren Vergangenheit bewirkte Ausnahme­situation, die auch für das Bundesamt eine extreme Belastung darstellt, sich in ihrer Exzeptionalität von sonst allenfalls bei (anderen) Behörden auftretenden, herkömm­lichen Überlastungszuständen ihrem Wesen nach und sohin grundlegend unter­scheide. Die Verpflichtung der Behörde, dafür Sorge zu tragen, dass durch organisato­rische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung möglich ist, müsse in einer solchen Ausnahmesituation zwangsläufig an Grenzen stoßen. Eine Säumnis des Bundes­amtes, die alleine auf eine derartige Belastungssituation zurückzuführen sei, könne eine Abweisung der Säumnisbeschwerde mangels überwiegenden Verschuldens der Behörde an der Säumnis nach § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG begründen.

Aufgrund der erfahrungsgemäß hohen Beschwerdequote bei Verfahren über interna­tionalen Schutz ist davon auszugehen, dass sich die im Jahr 2015 einsetzende außer­ordentliche Mehrbelastung des Bundesamtes nunmehr auch – über den laufenden Verfahrensanfall im Asyl- und Fremdenrechtsbereich hinaus – auf das BVwG auswir­ken wird, weshalb vorgeschlagen wird, in Abweichung von § 34 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungsfrist betreffend Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes über Anträge auf internationalen Schutz von sechs auf 12 Monate zu verlängern. Die Verlängerung der Entscheidungsfrist für das BVwG ist vor dem Hintergrund von Art. 46 Abs. 10 Verfahrens RL unionsrechtskonform, da keine Höchst- oder Minimaldauer für die Entscheidung der Gerichte im Rechtsmittelverfahren vorgegeben ist. Die Wendung „sofern … nichts anderes bestimmt ist“ bezieht sich etwa auf die in § 21 Abs. 2 und 2a vorgesehenen verkürzten Entscheidungsfristen.

Gleichermaßen wie die das Bundesamt betreffende Verlängerung der Entschei­dungs­frist gilt die zwölfmonatige Entscheidungsfrist des BVwG befristet bis Ende Mai 2018 bzw. für bis Ende Mai 2018 anhängig gemachte (eingebrachte) Beschwerden.

Zu Z 10 und 18 (§§ 21 Abs. 6 und 36 Abs. 2):

Hiebei handelt es sich jeweils um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 11 (§ 27 Abs. 1):

Mit Aufnahme der neuen Z 20 und 21 sollen auch Anordnungen der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG 2005, Wohnsitzbeschränkungen nach § 15c AsylG 2005, Wohnsitz­auflagen nach § 57 FPG oder Gebietsbeschränkungen nach § 52a FPG sowie das bereichsspezifische Personenkennzeichen (bPK) im Zentralen Fremdenregister ge­speichert und gemeinsam verarbeitet werden. Durch die Aufnahme des bPK ist die


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eindeutige Identifikation eines Fremden im Rahmen eines Abgleichs zwischen IZR bzw. IFA und anderen Systemen wie PAD-NG und dem Zentralen Melderegister gewährleistet. Dadurch kann unter anderem die missbräuchliche Verwendung ver­schie­dener Datensätze, vor allem verschiedene Namen und Geburtsdaten, zu einer Person hintangehalten werden.

Zu Z 12 (§ 28 Abs. 1 und 3):

Durch die Anpassung im Wortlaut des Abs. 1 soll – entsprechend dem schon bisher vorherrschenden Verständnis – klargestellt werden, dass der Begriff der Verfahrens­informationen auch Angaben zu Abschiebungen und zur freiwilligen Rückkehr – ein­schließlich darauf gerichteter Anträge des Fremden – umfasst. Eine Änderung oder Erweiterung der in der Zentralen Verfahrensdatei verarbeiteten Datenarten ist damit nicht verbunden.

Bei der Änderung des Abs. 3 handelt es sich um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Z 13 (§ 29 Abs. 2):

Mit dieser Änderung soll Bedürfnissen aus der Praxis, insbesondere im Zusammen­hang mit der Integrationshilfe, nachgekommen werden.

Zu Z 14 (§ 30 Abs. 5):

Die Neufassung dient einerseits der besseren Übersicht, indem die den Strafgerichten, den Staatsanwaltschaften und den Justizanstalten obliegenden Verständigungspflich­ten jeweils in einer eigenen Ziffer angeführt werden. Andererseits sollen diese Verstän­digungspflichten zwischen Strafgerichten, Staatsanwaltschaften und Justizanstalten neu aufgeteilt werden. Künftig soll das Strafgericht das Bundesamt in Strafverfahren wegen vorsätzlich begangener Straftaten sowie Auslieferungs- und Übergabeverfahren gegen Fremde nicht nur über die rechtskräftige Entscheidung, sondern – anstelle der Staatsanwaltschaft – auch über die Verhängung bzw. Aufhebung einer Untersuchungs-, Auslieferungs- oder Übergabehaft verständigen. Der Staatsanwaltschaft soll künftig nur noch die Verständigung über die Einbringung der Anklage, den Rücktritt von der Ver­folgung und die Einstellung des Ermittlungsverfahrens obliegen, der Justizanstalt wiederum die Verständigung über den Antritt und die Entlassung aus der Freiheits­strafe. Indem künftig das Strafgericht unmittelbar aus Anlass der von ihm getroffenen Entscheidung im Straf-, Auslieferungs- oder Übergabeverfahren das Bundesamt verständigt und der Umweg über die Staatsanwaltschaft entfällt, soll sichergestellt werden, dass das Bundesamt zu einem möglichst frühen Zeitpunkt von diesen Ent­scheidungen Kenntnis erlangt. Dadurch kann auch eine Beschleunigung des Ver­fahrens vor dem Bundesamt erzielt werden. Schließlich enthält die Neufassung termi­no­logische Anpassungen gegenüber der geltenden Fassung: Die Bezugnahme auf die Ausfertigung der „das Verfahren abschließenden Entscheidung“ (Z 1) statt – wie bisher – der „Urteilsausfertigung“ dient der Klarstellung, dass die Verständigungspflicht nicht nur Urteile, sondern auch Beschlüsse im Straf-, Auslieferungs- oder Übergabe­verfah­ren umfasst. Die Bezugnahme auf die „Entlassung aus der Freiheitsstrafe“ (Z 3) statt – wie bisher – auf das „Ende der Freiheitsstrafe“ dient der Anpassung an die Termi­nologie des Strafvollzugsgesetzes (StVG).

Zu Z 15 und 16 (§ 33 Abs. 3 und 4):

Die vorgeschlagenen Änderungen tragen einerseits der terminologischen Anpassung in § 46 Abs. 2 FPG Rechnung, ohne die Befugnis des Bundesamtes zur Übermittlung personenbezogener Daten an den Herkunftsstaat insoweit zu modifizieren oder zu erweitern. Andererseits wird das Bundesamt – über die derzeit geltende Rechtslage hinaus – ermächtigt, personenbezogene Daten an den Herkunftsstaat zu übermitteln,


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um zu überprüfen, ob ein Fremder seiner in § 46 Abs. 2a FPG normierten Pflicht, sich zum Zwecke der Ermöglichung und Vorbereitung seiner (freiwilligen) Ausreise ein Reisedokument zu beschaffen, tatsächlich nachkommt. Dies ist unter anderem erforderlich, um dem Bundesamt die zuverlässige Feststellung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG erfüllt sind. Die Kontaktaufnahme mit der ausländischen (Vertretungs )Behörde und die in diesem Zusammenhang unvermeidliche Bekanntgabe personenbezogener Daten werden sich auf die Frage, ob der Fremde tatsächlich ein Reisedokument beantragt hat, sowie allenfalls auf den Umstand, dass gegen den Fremden eine vollziehbare aufent­halts­beendende Maßnahme vorliegt, zu beschränken haben. Unberührt bleibt dabei der letzte Satz des Abs. 4, wonach der Umstand, dass ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, bei der Datenübermittlung keineswegs hervorkommen darf.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 46 Abs. 2 bis 2b FPG verwiesen.

Zu Z 17 (§ 34 Abs. 3 Z 4):

Die vorgeschlagene Änderung dient der Gewährleistung einer möglichst effizienten Durchsetzung von Vollstreckungsverfügungen, die im Zusammenhang mit der An­drohung von Zwangsstrafen nach dem VVG aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassen wurden. Die praktische Erfahrung zeigt, dass eine angeordnete Zwangsstrafe, insbesondere die Beugehaft (§ 5 Abs. 1 VVG), oftmals nicht sofort in Vollzug gesetzt werden kann, weil der Fremde an seiner der Behörde bekannt gegebenen Wohnadresse nicht angetroffen wird oder untergetaucht ist. In einem solchen Fall reicht es unter dem Gesichtspunkt der effizienten Vollziehung von Zwangsstrafen nach dem VVG nicht aus, die Vollstreckungsverfügung bloß in Evidenz zu halten. Vielmehr ist auch eine Handhabe erforderlich, die es dem Bundesamt als der zuständigen Vollstreckungsbehörde (§ 3 Abs. 3) und den für die Vollziehung des Zwangsmittels der Haft zuständigen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 5 Satz 1) ermöglicht, proaktiv den Aufenthalt des Fremden auszuforschen, diesen gegebenenfalls festzunehmen und anlässlich der Festnahme sofort die Beugehaft in Vollzug zu setzen. Zu diesem Zweck bieten sich das Instrument des Festnahme­auftrags gemäß § 34 und die Nutzung der damit korrespondierenden Organbefugnis gemäß § 40 sowie die dadurch ermöglichte Ausschreibung zur Fahndung im Zentralen Fremdenregister (§ 27 Abs. 1 Z 12) an. Es wird daher vorgeschlagen § 34 Abs. 4 Z 4 dahingehend zu erweitern, dass ein Festnahmeauftrag auch dann erlassen werden kann, wenn der erstmalige Versuch, eine gegen den Fremden angeordnete Zwangs­strafe gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 iVm § 5 VVG zu vollstrecken, gescheitert ist.

Die vorgeschlagene Änderung bewirkt keine Abweichung von den Vorgaben des VVG und werden insbesondere die für die Anordnung einer Beugehaft geltenden Vor­aussetzungen nicht modifiziert. Diese richten sich vielmehr weiterhin ausschließlich nach dem VVG.

Die übrigen Änderungen in § 34 Abs. 3 Z 4 erfolgen vor dem Hintergrund der Än­derungen in § 46 Abs. 2 bis 2b FPG, auf deren Erläuterungen verwiesen wird.

Zu Z 19 (§ 52a Abs. 2):

Die vorgeschlagene Änderung sieht vor, dass Rückkehrberatungsstellen dem Fremden ein Rückkehrberatungsgespräch auch wiederholt anbieten können. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Fremde, die ihre Ausreiseunwilligkeit bereits klar zum Ausdruck gebracht haben – insbesondere, indem sie im Verfahren vor dem Bundesamt Mitwirkungspflichten verletzt oder erklärt haben, ihrer Ausreiseverpflichtung gegebe­nenfalls nicht nachkommen zu wollen –, einen erhöhten Bedarf an Rückkehrberatung haben, und verfolgt den Zweck, im Wege verstärkter Rückkehrberatung auch bei solchen Fremden die Ausreisebereitschaft zu erhöhen. Zur Sicherstellung der Effekti-


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vität der bei solchen Fremden gebotenen verstärkten Rückkehrberatung ist vorge­sehen, dass Fremde zur Inanspruchnahme eines ihnen von der Rückkehrberatungs­stelle nachweislich angebotenen Rückkehrberatungsgesprächs verpflichtet sind.

Zu Z 20 (§ 52a Abs. 3):

Der vorgeschlagene neue Verwaltungsstraftatbestand des § 120 Abs. 1b FPG stellt auf die Inanspruchnahme bzw. die vorwerfbare Nichtinanspruchnahme eines Rückkehr­beratungsgesprächs durch den gemäß § 52 Abs. 8 FPG ausreisepflichtigen Drittstaats­angehörigen ab. Es ist daher für die Landespolizeidirektion als zur Führung des Verwaltungsstrafverfahrens nach dieser Bestimmung zuständige Behörde erforderlich, über den Umstand der Nichtinanspruchnahme oder Inanspruchnahme des Rückkehr­beratungs­gesprächs unterrichtet zu sein. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, die Rückkehrberatungsstelle auch gegenüber der zuständigen Landespolizeidirektion im Verwaltungsstrafverfahren nach § 120 Abs. 1b FPG zur Auskunft über die Nichtinan­spruchnahme oder Inanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgesprächs sowie – letzterenfalls – dessen Ergebnis zu verpflichten.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 120 Abs. 1b FPG verwiesen.

Zu Z 21 (§ 56 Abs. 10):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Zu Artikel 5 (Änderung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005)

Zu Z 1 (§ 1 Z 7):

Die vorgeschlagene Legaldefinition dient der Klarstellung, dass der Begriff „Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes“ ausschließlich Bundesbedienstete gemäß Art. 20 Abs. 1 B VG umfasst, die unter der Leitung des Bundesministers für Inneres mit der Vollziehung des GVG B bzw. mit Aufgaben zur Erfüllung der Grundversor­gungs­vereinbarung betraut sind. Bedienstete von humanitären, kirchlichen oder privaten Einrichtungen, die gemäß § 4 Abs. 2 zur Durchführung der Versorgung herangezogen werden, sind daher keine Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes im Sinn des GVG B. Dies ist von Bedeutung für die in §§ 5 Abs. 4 und 9 Abs. 3a vorgesehenen Zwangsbefugnisse und die Vornahme von Zustellungen im Asylverfahren gemäß § 11 Abs. 3 BFA VG.

Zu Z 2 (§ 2 Abs. 7):

Satz 1 der vorgeschlagenen Änderung soll den personellen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 7 und die Voraussetzungen, unter denen der Anspruch auf Versorgung durch den Bund gemäß Abs. 1 verloren geht, deutlicher zum Ausdruck bringen, als dies bisher der Fall war, ohne allerdings eine Änderung der Rechtslage zu bezwecken. Im Wortlaut der Bestimmung wird daher einerseits klargestellt, dass sich die Bestimmung nur auf jene Fremden ohne Aufenthaltsrecht bezieht, deren Antrag auf internationalen Schutz bereits im Zulassungsverfahren abgewiesen wurde, und andererseits, dass das BVwG in Übereinstimmung mit der vom Bundesamt gemäß § 18 Abs. 1 BFA VG verfügten Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß Abs. 5 leg. cit. Be­schlossen haben muss, die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen; solange also bloß das Bundesamt die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA VG aber­kannt und das BVwG hierüber noch keine Entscheidung getroffen hat (zur Entschei­dungs­pflicht des BVwG in diesen Fällen vgl. VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, Rz. 25), besteht der Anspruch auf Versorgung gemäß Abs. 1 weiter. Fremde, deren Antrag auf internationalen Schutz nach Verfahrenszulassung zurück- oder abgewiesen wurde und die daher in der Regel zumindest vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt ge-


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wesen sind (vgl. § 13 AsylG 2005), fallen demgegenüber nicht in den Anwen­dungsbereich des GVG B 2005 bzw. in die Versorgung durch den Bund und sind daher von § 2 Abs. 7 nicht betroffen. Insbesondere ist § 2 Abs. 7 auf Fremde, die in Übereinstimmung mit der GVV von den Ländern versorgt werden, nicht anwendbar.

Satz 2, wonach der Anspruch auf Versorgung durch den Bund nach einem gemäß Satz 1 eingetretenen Verlust wieder auflebt, wenn der Fremde an der freiwilligen Ausreise mitwirkt, kann unverändert im Rechtsbestand verbleiben.

Der vorgeschlagene Entfall des letzten Satzes soll die Übereinstimmung mit dem per­sonellen Anwendungsbereich der Aufnahme RL herstellen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Aufnahme-RL ist diese nur anwendbar, solange der Drittstaatsangehörige oder Staa­tenlose als Antragsteller auf internationalen Schutz im Hoheitsgebiet des Mitglied­staates verbleiben darf. Erfüllt er diese Voraussetzung nicht mehr, fällt er gänzlich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie und verliert auch den Anspruch auf Grund­versorgung entsprechend dieser Richtlinie. Auf die von Abs. 7 erfasste Personen­gruppe der Fremden ohne Aufenthaltsrecht ist die Aufnahme RL daher von vornherein nicht anwendbar. Insofern hat der letzte Satz, der auf die Versorgung im Sinne des Art. 20 Abs. 5 letzter Satz Aufnahme RL verweist, zu entfallen. Auch bezüglich des vor­geschlagenen Entfalls des letzten Satzes gilt, dass hiervon jene Fremden nicht betroffen sind, die entsprechend der GVV von einem Land versorgt werden.

Zu Z 3 und 11 (§ 5 Abs. 4 und 5 und § 9 Abs. 3a):

Entsprechend dem geltenden § 5 Abs. 2 Z 1 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes bei der Überwachung der Einhaltung einer Verordnung nach Abs. 1 (Betreuungseinrichtungen-Betretungsverordnung 2005, BGBl. II Nr. 2/2005) zu unterstützen. Aus systematischen Gründen ist es angebracht, die in dieser Bestimmung bereits zum Ausdruck gebrachte Aufgabe der Organe der Betreuungseinrichtung des Bundes auch in einer separaten Regelung festzuhalten und um die Überwachung der Einhaltung der Hausordnung zu ergänzen.

Erfahrungen in der Praxis haben nämlich gezeigt, dass Unbefugte versuchen, die Betreu­ungseinrichtungen des Bundes zu betreten, bzw. Personen in den Betreuungs­einrichtungen angetroffen werden, die nach der Betreuungseinrichtungen-Betretungs­ver­ordnung 2005 nicht zum Aufenthalt darin berechtigt sind, und darüber hinaus diese sowie in der Betreuungseinrichtung betreute Personen Behältnisse oder Gegenstände (zB. Alkohol, Waffen….) mit sich führen, deren Verbringung in die Betreuungsein­richtung nach der Hausordnung untersagt ist. Den Organen der Betreuungs­einrich­tungen des Bundes fehlen jedoch derzeit entsprechende Befugnisse, um die Aufrecht­erhaltung der Ordnung und Sicherheit in den Betreuungsstellen entsprechend sicher­stellen zu können. Auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit scheint es sachgerecht, den Organen der Betreuungseinrichtungen des Bundes zu ermöglichen, ein unbe­fugtes Betreten solcher Betreuungseinrichtungen von vornherein zu verhindern und nicht das Eintreffen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Anzeigen­aufnahme gemäß § 10 Abs. 1 und Unterstützung nach § 5 Abs. 2 abwarten zu müssen. Zur Wahrung der erforderlichen Ordnung in den Betreuungseinrichtungen des Bundes und des Hausfriedens ist es daher angezeigt, den Organen der Betreuungseinrichtung des Bundes maßhaltende und eingeschränkte Befugnisse zu erteilen und zwar die Möglichkeit, Personen am unbefugten Betreten zu hindern bzw. Personen, die sich unbefugt in Betreuungsstellen aufhalten, von der Betreuungseinrichtung zu weisen sowie Bewohner und Besucher einer solchen Betreuungseinrichtung einer Kontrolle dahingehend zu unterziehen, ob sie nach der Hausordnung untersagte Gegenstände bei sich haben.


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Die dazu korrespondierende Regelung des § 9 Abs. 3a ist jener der § 2 Abs. 5 BFA-G sowie des § 45 Abs. 1 BFA-VG nachgebildet, die die Ermächtigung zur Durchsetzung von Befugnissen mit Befehls- und Zwangsgewalt betreffend Bedienstete des Bun­desamtes und der Landespolizeidirektionen vorsehen. Ebenso wie bei den genannten Bestimmungen muss es sich dabei um Organe handeln, die dafür geeignet und besonders geschult sind. Durch die sinngemäße Geltung des § 47 BFA-VG wird überdies gewährleistet, dass die Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt anzu­drohen und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren ist sowie die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beizuziehen sind, wenn die Überwindung eines Widerstandes erforderlich ist. Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes sind Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres und – da es sich um staatlich bestellte Organe, die mit der Aufsicht über die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Ordnung betraut sind, handelt – auch Organe der öffentlichen Aufsicht. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 1 Z 7 verwiesen.

Im Hinblick auf den Rechtsschutz ist in Bezug auf die Ausübung der Befugnisse durch die Organe der Betreuungseinrichtungen des Bundes gemäß §§ 5 Abs. 5 iVm 9 Abs. 3a auch die Erhebung von Maßnahmenbeschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beim BVwG zulässig.

Zu Z 4 (§ 6 Abs. 2a):

Bereits nach geltender Rechtslage können Fremde, deren Grundversorgung nach der GVV nicht dem Bund obliegt und die daher nicht vom GVG-B 2005 erfasst wären, aufgrund anderer Rechtsvorschriften oder aus faktischen Gründen in einer Betreuungs­ein­richtung des Bundes betreut werden. Darunter fallen schon in der bisherigen Praxis mitunter Fremde nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens, die zur Vorbereitung der Rückkehr bis zur tatsächlichen Ausreise in einer Betreuungsstelle des Bundes versorgt werden, da dies der Sicherstellung der tatsächlichen Ausreise förder­lich ist. Diese Praxis wird nunmehr aus Gründen der Transparenz und Rechtssicherheit durch Aufnahme eines separaten Abs. 2a deutlicher als bisher zum Ausdruck gebracht. Fremde, deren Aufenthalt gemäß § 46a FPG geduldet ist, sind nach dem klaren Wortlaut nicht Zielgruppe für diese Versorgung in den Betreuungseinrichtungen des Bundes. In die GVV greift der vorgeschlagene § 6 Abs. 2a nicht ein; insbesondere die Kostentragung zwischen Bund und Ländern richtet sich weiterhin unverändert nach den diesbezüglichen Regelungen der GVV.

Durch Einführung des Abs. 2a soll klargestellt werden, dass Fremden, gegen die eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und deren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet ist, die Grundversorgung nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß geleistet wird und insbesondere Sachleistungen wie Unterbringung, Verpfle­gung und medizinische Versorgung, nicht aber Geldleistungen wie etwa Taschengeld, Bekleidungsgeld und Schulgeld umfasst

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Aufnahme RL ist diese nur anwendbar, solange der Drittstaats­ange­hörige bzw. Staatenlose als Antragsteller auf internationalen Schutz im Hoheits­gebiet des Mitgliedstaates verbleiben darf. Erfüllt ein Fremder diese Voraussetzung nicht mehr, fällt er gänzlich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie und verliert auch den Anspruch auf Grundversorgung entsprechend dieser Richtlinie. Auf die von Abs. 2a erfasste Personengruppe – Fremde mit rechtskräftiger Rückkehrentscheidung und daher jedenfalls ohne Aufenthaltsrecht – ist die Aufnahme RL damit von vornherein nicht anwendbar. Somit unterliegt diese Regelung – wie jene des § 2 Abs. 7 – jedenfalls nicht dem Unionsrecht.

Der Wortlaut „Fremde … können… versorgt werden“ bringt zum Ausdruck, dass ge­rade kein Rechtsanspruch auf Versorgung durch den Bund eingeräumt wird. Dies ist


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systemkonform, da Personen ohne Aufenthaltsrecht bzw. mit einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung, solange sie nicht geduldet sind, ohnehin nicht Zielgruppe der GVV sind.

Wird einem Drittstaatsangehörigen nach § 57 Abs. 1 FPG mit Bescheid aufgetragen, in einem vom Bundesamt bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen, bei dem es sich um eine Betreuungseinrichtung des Bundes gemäß § 6 Abs. 2a handelt, ist der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen ab Aufnahme in die Betreuungseinrichtung des Bundes und solange ihm die Versorgung zur Verfügung gestellt wird bis zur Ausreise ex lege auf das Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde beschränkt (siehe Erläuterungen zu §§ 52a und 57 FPG).

Zu Z 5, 6 und 7 (§ 7 Abs. 3, 3a und 4):

Abs. 3:

Die vorgeschlagene Änderung stellt klar, dass auch Gemeindeverbände Asylwerber und Fremde gemäß § 1 Abs. 2 zu gemeinnützigen Hilfstätigkeiten heranziehen können. Ansonsten handelt es sich lediglich um die Bereinigung redaktioneller Versehen.

Abs. 3a:

Der neue Abs. 3a ermächtigt den Bundesminister für Inneres, nach Anhörung der Bundesländer mit Verordnung vorzusehen, dass Asylwerber mit ihrem Einverständnis auch von anderen, im bisherigen Abs. 3 nicht genannten Trägerorganisationen für gemeinnützige Hilfstätigkeiten herangezogen werden können. Der infolgedessen größere Kreis der in Betracht kommenden Trägerorganisationen ermöglicht im Ver­gleich zur geltenden Rechtslage ein höheres Maß an Flexibilität bei der Heranziehung von Asylwerbern für gemeinnützige Hilfstätigkeiten, denn künftig kann eine solche Tätigkeit, wenn eine Verordnung gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 3a erlassen wird, auch bei privaten bzw. in Formen des Privatrechts organisierten Trägerorganisationen, auf die einer Gebietskörperschaft ein bestimmender Einfluss zukommt, und bei Nicht­regierungsorganisationen verrichtet werden.

In der Verordnung nach Abs. 3a sind die Voraussetzungen zu definieren, unter denen eine Nichtregierungs- oder eine sonstige, unter dem bestimmenden Einfluss einer Gebietskörperschaft stehende Organisation Asylwerber mit deren Einverständnis für gemeinnützige Hilfstätigkeiten heranziehen kann. Hier liegt es nahe, vorzusehen, dass die jeweilige Organisation ein Mindestmaß an Seriosität im Umgang mit Spenden, Förder- und sonstigen Finanzmitteln aufweisen muss; darüber hinaus ist es denkbar, den Adressatenkreis auf solche Organisationen einzuschränken, die ihrer Rechts­grund­lage (Gesellschaftsvertrag, Satzung etc.) oder zumindest ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nach nicht auf Gewinn gerichtet sein dürfen. Schließlich kann die Verordnung nach Abs. 3a auch den Begriff des bestimmenden Einflusses näher konkretisieren. Hier ist es denkbar, auf das Eigentum an der Mehrheit der Anteile des betreffenden Rechtsträgers oder auch auf der Gebietskörperschaft zustehende Ein­fluss­rechte wie die Befugnis, die Geschäftsführung zu bestellen oder abzuberufen, abzustellen. Aufgrund der bisherigen tragenden Rolle der Bundesländer in der Praxis scheint es sachgerecht, diesen nunmehr auch ein gesetzliches Anhörungsrecht hin­sicht­lich der Festlegung des Anerkennungsbeitrages einzuräumen. Dieses Anhörungs­recht ist im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens sicherzustellen, an dem sich – über die Länder hinaus – auch eine breitere Öffentlichkeit, einschließlich der von der vorgeschlagenen Änderung unmittelbar betroffenen Nichtregierungsorganisationen sowie der unter dem bestimmenden Einfluss von Bund, Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden stehenden Organisationen, beteiligen kann.


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Die Verordnungsermächtigung nach dem vorgeschlagenen Abs. 3a lässt die in Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit, Asylwerber und Fremde im Sinn des § 2 Abs. 1 zu Hilfs­tätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen, und zu gemeinnützigen Hilfstätigkeiten für Bund, Land, Gemeinde oder – nunmehr auch – Gemeindeverbände heranzuziehen, unberührt. Die nach Abs. 3 in Betracht kommen­den Rechtsträger können Asylwerber und Fremde nach § 1 Abs. 2 daher auch dann für solche Tätigkeiten heranziehen, wenn eine Verordnung nach Abs. 3a noch nicht erlas­sen worden ist.

Aufgrund des vorgeschlagenen Abs. 3a hat eine Verweisanpassung in Abs. 4 zu erfolgen.

Zu Z 8 (§ 7 Abs. 5):

Der vorgeschlagene Satz 3 ermächtigt den Bundesminister für Inneres, betragliche Höchstgrenzen für den Anerkennungsbeitrag mit Verordnung festzulegen. Aufgrund der bisherigen tragenden Rolle der Bundesländer in der Praxis scheint es sachgerecht, diesen nunmehr auch ein gesetzliches Anhörungsrecht hinsichtlich der Festlegung des Anerkennungsbeitrages einzuräumen. Zur Sicherstellung des Anhörungsrechts im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens wird auf die Erläuterungen zu § 7 Abs. 3a verwiesen.

Wegen der grundsätzlichen Vergleichbarkeit liegt es nahe, sich hinsichtlich der Höchst­grenzen an den Vergütungssätzen, die nach § 25a Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) bzw. der gemäß § 26 Abs. 1 ZDG zu erlassenden Verordnung gebühren, als Vergleichs­maßstab zu orientieren. Zu berücksichtigen ist freilich, dass der Anerkennungsbeitrag weder ein Entgelt im Sinn des § 49 Abs. 1 und 2 ASVG begründet noch der Einkom­menssteuerpflicht unterliegt (vgl. Abs. 5 Satz 2) und durch die Hilfstätigkeit auch kein Dienstverhältnis begründet wird, das einer Erlaubnis nach dem AuslBG unterliegt (vgl. Abs. 6).

Die Erlassung einer Verordnung nach § 7 Abs. 5 stellt nach dem klaren Gesetzes­wortlaut keine Bedingung für die Zulässigkeit, Asylwerber gemäß § 7 Abs. 3 für gemeinnützige Hilfstätigkeiten heranzuziehen, dar. Dh. auch bis zur Erlassung einer Verordnung oder auch ohne Erlassung einer Verordnung nach § 7 Abs. 5 besteht die in § 7 Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit.

Zu Z 9 (§ 8 Abs. 4):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung in § 8 Abs. 4 sollen Daten nach Abs. 1 auch an jene Stellen übermittelt werden dürfen, die für die Gewährung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zuständig sind. Subsidiär Schutzberechtigte und Asylberechtigte bis zu vier Monate ab Zuerkennung des Asylstatus können sowohl Zielgruppe der Grundversorgung als auch der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sein. Der Bezug von Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gebührt jedoch diesfalls nur insoweit, als sie über die Leistungen aus der Grundversorgung hinausgehen. Die vorgeschlagene Änderung in § 8 Abs. 4 dient somit insbesondere dazu, einen unzulässigen parallelen Bezug von Leistungen sowohl aus der Grund­versorgung als auch aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in voller Höhe hintanzuhalten. Weiters wird nun klargestellt, dass nur solche Daten übermittelt werden dürfen, die erforderlich sind, um den entsprechenden Zweck zu erreichen. Im Falle der Übermittlung an jene Stellen, die für die Gewährung von Leistungen der Bedarfsorien­tieren Mindestsicherung zuständig sind, handelt es sich um alle jene Daten, die notwendig sind, um einen unzulässigen parallelen Bezug von Leistungen sowohl aus der Grundversorgung als auch aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hintan­zuhalten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 320

Zu Z 10 (§ 8 Abs. 8 und 9):

Abs. 8:

Im Hinblick auf die in § 2 Abs. 4 Z 1 vorgesehene Möglichkeit der Einschränkung oder Entziehung der Grundversorgung durch das Bundesamt im Falle einer fortgesetzten oder nachhaltigen Gefährdung der Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Ver­stöße gegen die Hausordnung wird nunmehr klargestellt, dass die Organe der Be­treuungseinrichtungen grobe Verstöße gegen die Hausordnung dem Bundesamt auch zu melden haben.

Abs. 9:

Um das neu vorgeschlagene System betreffend die Wohnsitzbeschränkung und die Anordnung der Unterkunftnahme effektiv umsetzen zu können, bedarf es eines sofortigen Datentransfers vom Betreuungsinformationssystem an die Zentrale Verfah­rensdatei nach § 28 BFA VG (IFA). Dies ist notwendig, da einerseits mit der Miss­achtung der jeweiligen Beschränkung bzw. Anordnung eine Verwaltungsübertretung einhergeht, andererseits muss im Rahmen einer Anordnung der Unterkunftnahme jede Änderung der Wohnanschrift unmittelbar an das BFA übermittelt werden. Ändert sich das Quartier eines Asylwerbers, für den eine Anordnung der Unterkunftnahme besteht, aufgrund einer notwendigen Verlegung durch das Bundesland, hat diese Information unmittelbare Auswirkungen auf die Anordnung der Unterkunftnahme und muss daher das Bundesamt als Fremden und Asylbehörde unmittelbar hiervon verständigt werden, um entscheiden zu können, ob die Anordnung der Unterkunftnahme weiterhin bestehen soll und gegebenenfalls eine neuerliche Anordnung der Unterkunftnahme für das neu zugewiesene Quartier zu erfolgen hat

Zu Z 12 (§ 16 Abs. 20 und 21):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Zu Artikel 6 (Änderung des Grenzkontrollgesetzes)

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 3)

Die Verordnung (EU) 2016/399 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), ABl. Nr. L 77 vom 23.03.2016 S. 1, in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/1624, ABl. Nr. L 251 vom 16.09.2016 S. 1, wurde neu kodifiziert, weshalb der Verweis auf diese anzupassen ist.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, Kolleginnen und Kollegen

zum Ausschussbericht 1682 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integra­tionsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

In der 3. Novellierungsanordnung (§ 27 Abs. 4) wird die Wortfolge „BGBl. I Nr. 68/2017“ durch die Wortfolge „BGBl. I Nr. XX/2017“ ersetzt.


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Begründung

Ein redaktionelles Versehen wird behoben.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Korun. – Bitte.

 


17.46.08

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! – Er steht gerade hinter mir. – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich möchte mit ein paar Stichworten aus diesem großen Verschärfungspaket beginnen: Wohnsitz­beschränkung, Anordnung der Unterkunftnahme, Wohnsitzauflage, Gebietsbeschrän­kung, verdreifachte Geldstrafen für Menschen ohne Aufenthaltstitel, Rückführung, verlängerte Schubhaft bis zu 18 Monaten, eine Beugehaft, die für bestimmte Fälle eingeführt wird, und so weiter und so fort.

Was dieses Paket uns beziehungsweise potenziell schutzsuchenden Menschen sagen will, ist: Wir wollen euch nicht, kommt möglichst nicht hierher, und wenn ihr da seid, werden wir versuchen, euch so schnell wie möglich loszuwerden! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was wäre stattdessen sinnvoll? Was wäre stattdessen nachhaltig? – Es wäre zum Beispiel viel nachhaltiger, statt schutzsuchende Menschen und Flüchtlinge Fluchtur­sachen zu bekämpfen. Es wäre zum Beispiel viel nachhaltiger, Waffenhandel massiv einzuschränken, denn mit den Waffen, die auch hier bei uns produziert werden, wer­den woanders Flüchtlinge gemacht. Es wäre viel nachhaltiger, Klimamaßnahmen ge­meinsam mit anderen Ländern umzusetzen, damit es nicht zu mehr Klimaflücht­lingen kommt, denn wenn es zu stärkerer Klimaflucht kommt und die Menschen dastehen, werden auch Verschärfungspakete wie dieses nichts bringen, weil Schutzsuchende sich nicht in Luft auflösen werden. Was wäre nachhaltiger? – Es wäre nachhaltiger, raschere und bessere Asylverfahren zu erreichen.

Das Personal für Asylangelegenheiten wurde in den letzten Jahren sehr stark erhöht. Das ist zu begrüßen, das unterstützen wir auch. Gleichzeitig verändern Sie das Asyl­gesetz aber mindestens alle sechs Monate, und dieses zusätzliche Personal, das angestellt wurde, damit Asylverfahren schneller und besser abgewickelt werden, muss sich alle paar Monate in neue Schulungen begeben, weil das Gesetz schon wieder geändert wurde. Das letzte Verschärfungspaket – ich möchte daran erinnern – ist nicht einmal ein halbes Jahr her, und schon kommen Sie mit dem neuen. Warum? (Abg. Rädler: Wir leben in einer schnelllebigen Zeit!) – Um Ihre Symbolpolitik zu machen, um zu sagen, wir haben jetzt die Strafen verdreifacht. Sie müssen sich aber schon den Gedanken gefallen lassen: Wenn jemand eine Geldstrafe von bisher 5 000 € nicht zahlen kann, dann wird er auch die verdreifachte Strafe von 15 000 € nicht zahlen.

Somit war das nur eine Show seitens der Regierung, um zu sagen: Ja, wir gehen da mit eiserner Faust vor, wir beschränken, verschärfen und schmeißen die Leute raus! Die Realität spielt sich nicht so ab. Wenn man Fluchtursachen nicht bekämpft, wenn man sich nicht konsequent für eine andere internationale Handelspolitik einsetzt, mit der wir nicht den Lebensmittelmarkt zum Beispiel in afrikanischen Ländern mit unseren geförderten Produkten aus der Europäischen Union kaputtmachen und Tausende afrikanische Bauern und Bäuerinnen arbeitslos werden (Abg. Eßl: Welche geförderten Produkte? Sagen Sie mir ein gefördertes Produkt!), die sich dann in Bewegung setzen, zuerst einmal in die nächste Stadt, dann vielleicht in das Nachbarland und später viel-


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leicht auch Richtung Europäische Union ... (Abg. Eßl: Welche geförderten Pro­dukte?!) – Ja, das berichte ich Ihnen im Detail, wenn ich mit meiner Rede fertig bin, Herr Kollege. Sie scheinen das nicht zu wissen, und das wundert mich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Nachhaltige Politik würde bedeuten, dass man Fluchtursachen und die Ursachen von erzwungener Migration bekämpft und nicht Scheinmaßnahmen setzt, Strafen verdop­pelt und verdreifacht, wo schon die jetzige Strafe nicht gezahlt werden kann und in den allermeisten Fällen auch nicht gezahlt wird.

In diesem Sinne freut es mich, dass jetzt ins Parlament und in den Parlamentarismus Bewegung gekommen ist, dass die SPÖ sich offensichtlich überlegen kann, anders im Parlament zu handeln. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Geben Sie sich einen Ruck für eine nachhaltige Asyl- und Migrationspolitik! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.51.31

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Wie immer, wenn es um sensible Themen geht, vor allem was das Fremdenrecht oder gleichgelagerte Rechtsmaterien betrifft, gibt es immer Aufregung.

Ich möchte aber eingangs, Frau Kollegin Korun, ich weiß nicht zum wie vielten Mal – bei allem Verständnis für die globalen Schwierigkeiten, die es auf diesem Planeten gibt – feststellen, dass alle unsere Anstrengungen immer in die Richtung gehen: Wir brauchen eine Lösung, dass jene zu uns kommen, die berechtigt zu uns kommen, und dass man jene, die bei uns nach einem rechtsstaatlichen Verfahren negativ be­schie­den worden sind, einlädt und auch unterstützt, Herr Minister – da gibt es ja mehrere Verfahren und Abläufe –, dass sie wieder in ihre Heimatländer kommen. Um nichts anderes geht es.

Jetzt kann ich das alles immer in Grund und Boden reden, es wird aber nicht besser. (Abg. Scherak: Genau!) Wir haben vielmehr die Verpflichtung, diese Fragen im Interesse des Gesamtstaates und der Bürgerinnen und Bürger zu lösen.

Ich weiß schon, dass wir schon im Wahlkampf sind. Da könnte ich es mir auch leicht machen und zu einigen sagen: Na ja, wenn jemand die Koalition gebrochen hat, dann war es euer Außenminister. Wenn einer die Rückführungsabkommen in den letzten Jahren nicht zustande gebracht hat … (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na, es ist aber trotzdem eine Außenamtssache und nicht eine Innenministeriumssache. (Ruf bei der ÖVP: Das hat mit dem nichts zu tun!) Ich habe drei Innenminister eurer Partei ver­teidigt, weil es nicht deren Angelegenheit war, sondern immer eine des Außenamts, und dort haben sie es nicht gemacht. Lassen wir die Kirche im Dorf! – Ich tue es eh nicht. Ich sage nur, man könnte es. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber um eines bitten: Ich glaube, dass die Kolleginnen und Kollegen im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und auch bei den Polizeibehörden, unsere Polizistinnen und Polizisten, wirklich Hervorragendes leisten. Ich stehe nicht an, dass ich persönlich und namens meiner Fraktion Danke sage. Es sei mir gestattet, dass ich mich auch bei allen NGOs, die sich in diesen Fragen immer einsetzen, ebenfalls bedanke, denn ich glaube, dass wir ein gutes Miteinander gehabt haben, Herr Minister, und in den schwierigen Situationen geschaut haben, dass wir sie lösen.


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Zum Kollegen Rosenkranz – er ist jetzt nicht da, ich werde es ihm dann nach der Sitzung sagen –: Ich habe vieles in diesen Jahren, in denen ich die Ehre gehabt habe, diesem Haus anzugehören, erlebt. Ich schaue mir an – wenn wir dieses Gesetz neu verhandeln, was ich durchaus wirklich positiv sehe –, was sich hier an Diskussionen und Gegensätzen abspielen wird, bis man da zu einem Gesetz kommt. Das sind ja gewachsene Strukturen, das muss man schon wissen, und es zeigt ja nur, wie rasch wir als Gesetzgeber und auch die Verwaltung auf die sich permanent verändernden Abläufe der Welt reagieren. Wir müssen reagieren! Daher gibt es sehr viele Novellen und Anpassungen.

Ich stehe auch nicht an, mich bei allen Experten zu bedanken. Die Geschichte ist ja nicht neu. Wir haben teilweise beim FrÄG 1 Monate diskutiert, beim FrÄG 2, ich weiß nicht, wie lange. Stichworte: Hearing, Fachleute, Experten. Ich glaube, am Ende ist es ein guter Beschluss geworden, und ich lade Sie alle ein, im Interesse der Sache – lassen wir den Wahltag, der kommt eh von allein! –, im Interesse unseres Österreich diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scherak. – Bitte.

 


17.55.32

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Innenminister! Ja, wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Das hilft aber immer noch nichts, wenn man dann Scheinlösungen präsentiert. (Bundesminister Sobotka: Na ja!) – Warten Sie, Herr Minister, es kommen auch positive Dinge, die ich noch ansprechen werde! Es ist aber beim Asyl- und Fremdenrecht leider oft so, dass wir es erstens sehr oft novellieren und es im Endeffekt kaum jemand mehr vollziehen kann. Darüber sind sich Korun, Rosenkranz und Scherak einig – was normalerweise im Zusammenhang mit dem Asyl- und Fremdenrecht eine quasi unheilige Allianz ist. Fakt ist, dass es de facto nicht mehr vollziehbar ist. Zweitens stellt sich die Frage, ob neue Lösungen, die vorgebracht werden, zu irgendeinem Ziel führen werden.

Jetzt haben Sie in diesem Fremdenrechtsänderungsgesetz auch einige Dinge, denen wir zustimmen können, weil es sinnvolle Maßnahmen sind, wie wenn es um die Anordnung zur Unterkunftnahme, um die Wohnsitzbeschränkung und um die Wohnsitzauflage geht. Ob sie groß weiterhelfen, ist eine andere Frage. In Wirklichkeit wissen wir aus vielen Stellungnahmen, dass es nicht so ist, dass sich viele Asylwerber in der Grundversorgung in ein anderes Bundesland bewegen. Okay, man kann es so regeln, dass es in Zukunft gar nicht mehr erlaubt sein soll, aber es ist jetzt schon so, dass sich in der Regel niemand weiterbewegt. Problematisch in diesem Punkt ist, dass wir keinen Rechtsschutz haben, weil es eine Auflage ist, die ohne Bescheid sein soll – nichtsdestotrotz, es ist ein Teil, dem man jedenfalls zustimmen kann.

Was wir kritisiert haben beziehungsweise immer schon gefordert haben, ist eine sinnvolle Residenzverpflichtung für anerkannte Flüchtlinge, und zwar dort, wo sie Sozialleistungen bekommen. Damit könnten wir die großen integrationspolitischen Fragen in den Griff bekommen, denn das Hauptproblem ist ja, dass sich anerkannte Flüchtlinge, wenn sie in der Mindestsicherung sind, sehr schnell in der Regel in Richtung Wien bewegen, weil dort die Mindestsicherung höher ist, wodurch wir eine Binnenwanderung haben, die integrationspolitisch natürlich nicht sonderlich sinnvoll ist.

Überhaupt keinen Sinn macht – wenn man sich die Stellungnahmen durchliest – das automatische Aberkennungsverfahren im Fall einer Anklageerhebung, das Sie jetzt haben wollen. Es ist aus zwei Gründen problematisch: Erstens widerspricht es der Unschuldsvermutung, was Rechtsanwälte und die Richtervereinigung auch angemerkt haben. Zweitens ist es natürlich auch volkswirtschaftlich nicht sonderlich sinnvoll, weil


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wir dadurch die Verwaltungsgerichte mit ordentlich viel Arbeit zuschütten werden, und wenn es am Schluss zu keiner Verurteilung kommt, hat es ein langes und kostspieliges Aberkennungsverfahren gegeben – was übrigens auch der Rechnungshof angemerkt hat –, und geholfen ist uns damit in Wirklichkeit gar nicht.

Was die Strafdrohungen betrifft, ist es ähnlich, nicht nur, weil die Begleichung äußerst unwahrscheinlich ist. Ich verstehe die Intention, sagen zu wollen, dass jemand, der Falschangaben macht, auch entsprechend bestraft werden muss. Diese Intention kann man teilen. Ob es hilft, die Strafandrohungen auf 10 000 € bis zu 15 000 € anzuheben, und ob Leute, die geflüchtet sind und keine finanziellen Mittel zur Verfügung haben, das wirklich zahlen werden können, wage ich zu bezweifeln. (Bundesminister Sobotka: Ersatzfreiheitsstrafen!)

Was aber viel schlimmer ist und wieder zu einer höheren finanziellen Belastung führt, sind Ersatzfreiheitsstrafen – danke, Herr Minister, dass Sie mir das Stichwort geben. Wer zahlt denn Ersatzfreiheitsstrafen? – Das zahlt am Schluss auch wieder der Steuerzahler, die Steuerzahlerin. Es wird uns höchstwahrscheinlich wieder mehr kosten, und ob uns damit gedient ist, wage ich zu bezweifeln.

Zum Schluss kommend: Nicht sinnvoll geregelt und noch immer nicht klar ist, was mit denen passiert, die keine aufschiebende Wirkung bekommen haben, die aus der Grundversorgung herausfallen. Auch da verstehe ich, dass Sie grundsätzlich sagen wollen, wir müssen hier ein klares Zeichen setzen. Wenn sie aus der Grundversorgung ausscheiden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in die Obdachlosigkeit abgleiten, sehr hoch. Ob das wiederum das Ziel des Ganzen sein soll und uns damit gedient ist, wage ich ebenfalls zu bezweifeln.

Was wir wirklich brauchen würden – und das haben auch die meisten Oppositions­vorredner schon angesprochen –, ist eine umfassende Novellierung des Asyl- und Fremdenrechts, damit es endlich wieder vollziehbar ist und die Leute, die damit beschäftigt sind, es ernsthaft vollziehen können, sodass es auch den Behörden leichter gemacht wird. – Das tun Sie nicht, Sie ändern es alle sechs Monate!

Wir werden Teilen zustimmen, da ich ein paar Dinge für sinnvoll erachte. In dritter Lesung können wir nicht zustimmen, weil auch Scheinlösungen enthalten sind und der große Wurf, den wir endlich bräuchten, um ein sinnvolles Asyl- und Fremdenrecht zu haben, wieder nicht angegangen worden ist. (Beifall bei den NEOS.)

17.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 


17.59.30

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem Rechtsstaat, und in so einem leben wir, muss Recht nicht nur gesprochen, sondern auch umgesetzt werden. Der Asylstatus wird in einem aufwendigen, langwierigen, mehrstufigen und damit auch kostspieligen Verfahren individuell für jede einzelne Person geprüft. Ergibt so ein Asylverfahren einen negativen Bescheid, dann müssen die daraus resultierenden Konsequenzen auch umgesetzt werden. Passiert das nicht, verliert der Rechtsstaat seine Glaubwürdigkeit.

Meine Damen und Herren! Das Fremdenrechtsänderungsgesetz soll und wird ein starker Motor sein, um die eigenständige Ausreise von abgewiesenen Asylwerbern in Zukunft wieder zu beschleunigen, denn in der Vergangenheit hat leider ein entge­gengesetzter Trend eingesetzt. Das ist eine fatale Entwicklung, die wir so sicherlich


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nicht hinnehmen können. Ich bin mir sicher, dass wir mit dem Fremdenrechts­ände­rungsgesetz die Außerlandesbringung beschleunigen werden.

Wie lauten die wichtigsten Punkte dieser Novelle? – Wir haben es heute schon gehört: Um Rückführungen und Abschiebungen zu erleichtern, ist eine Ausweitung der Schubhaft vorgesehen. Wer sich rechtswidrig im Land aufhält und Österreich nicht verlässt, muss mit Verwaltungsstrafen von bis zu 15 000 € rechnen. Wirkt ein abge­lehnter Asylwerber nicht an seiner Ausreise mit, dann verliert er die Grundversorgung, und während des Asylverfahrens kann eine Wohnsitzbeschränkung geltend für jenes Bundesland verhängt werden, das für die Grundversorgung zuständig ist. Und abschließend: Wer bei der Einreise falsche Angaben macht, wird ebenfalls härter bestraft.

Das sind meiner Meinung nach alles sinnvolle Maßnahmen, die dabei helfen werden, abgewiesene Asylwerber wieder rückzuführen. Eines, meine Damen und Herren, müssen wir uns schon vor Augen halten. Frau Kollegin Korun, schön, dass Sie noch hier sind. Sie brauchen nur nach Italien zu schauen, Frau Kollegin Korun, wo in den letzten 48 Stunden 10 000 Flüchtlinge aus Afrika gelandet und aufgegriffen worden sind. Die italienischen Behörden stöhnen unter der Last, meine Damen und Herren! (Abg. Korun: Das sind Menschen! – Abg. Weninger: Viele sind gestorben!) Viele sind gestorben dabei. Allein seit Jahresbeginn sind in Italien 80 000 Migranten eingetroffen. Das sind um knapp 15 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2016. Jetzt davon zu sprechen, dass die Schließung der Mittelmeerroute ein Vollholler ist, meine Damen und Herren, dafür fehlt mir jedes Verständnis, aber absolut jedes Verständnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Bitte wo leben Sie? In welchem Land leben Sie? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Korun.) Wir müssen die notwendigen Schritte setzen, und Innenminister Sobotka ist für dieses engagierte Fremdenrechtsgesetz großer Dank auszusprechen. Es ist höchste Zeit, die Mittelmeerroute zu schließen, denn der hohe Migrationsdruck wird nicht geringer werden – im Gegenteil! (Abg. Korun: Das habe ich ja gesagt!) Er wird nicht geringer. Mit dieser Novelle machen wir den Gesetzesvollzug effizienter. Nach Asyl auf Zeit, nach der Beschränkung des Familiennachzugs, nach der Einführung der kapazitätsorientierten Obergrenze ist genau dieses Fremdenrechtsänderungsgesetz ein weiterer unverzichtbarer Mosaikstein, um die illegale Migration nach Österreich zu dämpfen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rädler: Ja genau!)

18.02


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


18.02.49

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Ich glaube, zu diesem Thema muss man ein bisschen etwas aufklären. Ich gebe meinen Vorrednern recht, dass das Fremdenrecht in Österreich mittlerweile so kompliziert und komplex ist, dass es auch für Experten nicht mehr wirklich lesbar ist. Wenn wir uns jetzt diese Änderung des Fremdenrechts anschauen: Das sind wieder 96 Seiten, die da dazu­kommen oder geändert werden, das ist also schon ein ordentliches Packerl und äußerst schwer zu vollziehen und zu deuten. Es gehört sicherlich reformiert, das muss man einmal ganz klar sagen, und da wären wir vom Team Stronach natürlich auch dafür.

Zum Thema Fremdenrecht beziehungsweise zu diesen Änderungsvorschlägen möchte ich hier jetzt einmal anders anfangen: Wir hatten zu diesem Thema im Innenausschuss vor eineinhalb oder zwei Wochen – die Zeit vergeht schnell! – ein Hearing mit Exper-


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ten. Da habe ich einen Experten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl gefragt, ob er glaubt, dass dieses Gesetz jetzt besser zu vollziehen sei, das heißt, ob er glaubt, dass jetzt mehr Menschen, die unrechtmäßig in Österreich sind, infolge dieser Gesetzesänderung abgeschoben werden könnten.

Er hat etwas Interessantes geantwortet, nämlich dass zwei Chefs von ihm da seien, Herr Mag. Taucher, das ist der Chef des BFA, und der Herr Innenminister, und dass er jetzt nicht für seine Arbeitsstelle spreche, aber der Punkt ist, dass er glaubt, dass kein Einziger mehr abgeschoben werden wird, und zwar aus folgendem Grund – und da muss man einmal die Ohren spitzen –: weil niemand, der nicht abgeschoben werden will oder da nicht einwilligt, abgeschoben wird. Das heißt, dass nur eine freiwillige Rückkehr, mit Lockmitteln, funktioniert, sonst gar nichts. Es gibt keine Zwangsab­schiebungen; die gibt es nicht, und das muss man einmal klar sagen. Das heißt also, dass jeder, der unrechtmäßig nach Österreich kommt und hier bleiben will, egal, was er verbrochen hat, auch in Österreich bleibt. Ich glaube, da läuft im Gesetz etwas gewaltig falsch, meine Damen und Herren, und das muss man auch einmal ansprechen.

Da ich jetzt gerade bei diesem Thema bin: Herr Innenminister, liebe ÖVP! Ihr habt euch vorhin heftig aufgeregt, weil die SPÖ anscheinend die Koalition gebrochen hat. (Abg. Weninger: Ist ja nicht wahr!) Jetzt reden wir immer vom freien Spiel der Kräfte, und dann gibt es euren künftigen Parteiobmann, Herrn Kurz, der ja viele Dinge aufgenommen hat, die von mir in verschiedenen Ausschüssen eingebracht worden sind – auch Anträge. (Abg. Weninger: Jetzt wissen wir, woher er das alles hat!) Den folgenden Antrag will er auch umsetzen, ich zitiere aus einer Pressemeldung vom 6. Jänner 2017, worin Folgendes ganz klar steht – ich lese Ihnen das kurz vor –:

„Kurz: Rückführungen in Aufnahmelager in Afrika

Kurz schärfte unterdessen seinen im Vorjahr gemachten ‚Australien‘-Vorschlag zur Rückführung von Migranten in Aufnahmelager außerhalb der EU nach. Der ‚Bild‘-Zeitung (Donnerstagsausgabe) sagte er, dass in diese ‚Aufnahmezentren‘ in Nordafrika und dem Nahen Osten auch abgelehnte Asylbewerber zurückgebracht werden sollen. Es handle sich um eine ‚Weiterentwicklung‘ der schon länger bekannten Pläne des Ministers, bestätigte ein Sprecher der APA auf Nachfrage.“

Meine Damen und Herren! Seit über zwei Jahren bringe ich einen Antrag ein, und ich werde ihn jetzt wieder einbringen. Jetzt hat die ÖVP die Gelegenheit, sozusagen auch die Koalition zu brechen, um eine Aussage ihres künftigen Parteiobmanns Kurz umzusetzen, indem diese Auffanglanger, die ich immer gefordert habe, verwirklicht werden, sodass man Menschen, die in Österreich einen negativen Asylbescheid bekommen haben, also deren Verfahren abgeschlossen ist und die hier in Österreich nichts mehr zu suchen haben, auch außer Landes bringen kann.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 327

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für die Errich­tung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid einzusetzen.“

*****

Also jetzt werden wir die Kurz-Probe machen, meine Damen und Herren. Wenn Sie, die neue ÖVP, Wort halten, dann müssen Sie dem, was Ihr künftiger Parteiobmann in der Presseaussendung gesagt hat – Sie können es im Entschließungsantrag noch einmal nachlesen, und in meinem Entschließungsantrag steht ja nichts anderes drin­nen –, und damit diesem Antrag zustimmen. Ich glaube, Sie bekommen eine Mehrheit, denn mit der FPÖ, mit dem Team Stronach und mit der ÖVP wird sich das ausgehen, und dann hat man wirklich einmal etwas gemacht, was Sinn hat und umsetzbar ist. Das ist, glaube ich, wichtig.

Zum Gesetzestext oder zum Gesetz, das von Ihnen vorgeschlagen worden ist: Ja, wir werden zustimmen, weil gewisse Maßnahmen drinnen sind, die meiner Ansicht nach eine Verbesserung darstellen, und alle Verbesserungen in diesem Bereich – in dem die Bundesregierung in der letzten Zeit sehr, sehr nachlässig war, was den Menschen in Österreich auf den Kopf fällt – sind gut, und die werden wir deshalb auch unterstützen.

Jetzt möchte ich noch auf einen weiteren Punkt eingehen – es werden ja drei Tages­ordnungspunkte behandelt –, und zwar auf den Antrag der Kollegin Schenk zur DNA-Feststellung für männliche Asylwerber.

Meine Damen und Herren! Im Ausschuss haben gewisse Kollegen gesagt, es sei ein populistischer Antrag. Jetzt erkläre ich Ihnen etwas! Es gab vor Kurzem in Linz wieder eine Vergewaltigung, vermutlich durch mehrere Asylwerber; es waren dement­sprechend aussehende Personen. Diese Personen haben ein Mädchen in eine Asylunterkunft, in den Keller verschleppt und dort mehrfach vergewaltigt. Die Asylwerber sind davonge­kommen, denn in diesem Gebäude war keiner der Täter aufhältig, aber man geht davon aus, dass sie früher darin gewohnt haben. Wir haben keine Daten, nichts von denen! Hätte man aber einen DNA-Abdruck, könnte man sehr wohl feststellen, wer diese Personen sind. Die laufen heute noch frei herum und können sich wieder bedienen, meine Damen und Herren, und dem gehört ein Riegel vorgeschoben. Da muss man mit aller Härte vorgehen. Sie kennen die Zeitungsberichte, Sie kennen die Medienberichte, es gibt laufend Vergewaltigungsversuche, laufend Vergewaltigungen, beim Donauinselfest und, und, und.

Ich muss ganz klar sagen, dass man auch einmal über Mindeststrafen in diesem Bereich nachdenken muss, meine Damen und Herren, und zwar sollte man nicht nur darüber nachdenken, sondern es machen. Diese muss man dann auch vollziehen, und dafür sind die Gerichte zuständig, das will ich auch einmal deponieren. Wenn Men­schen mit irgendwelchen Abmahnungen oder mit Minimalstrafen davonkommen, dann hat die Strafe die abschreckende Wirkung verloren, und dann kann jeder lustig drauflosmachen.

Meine Damen und Herren! So stelle ich mir einen Rechtsstaat nicht vor, und ich appelliere an die Verantwortlichen, da rasch zu handeln, um die Zustände zu ver­bessern, damit wir wieder in einem freien, sorgenfreien, schönen Österreich leben kön­nen und uns nicht fürchten müssen, wenn wir vor die Haustüre gehen. Ich glaube, da ist einiges zu tun, und jetzt ersuche ich Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu, dann haben Sie einen Riesenschritt in Richtung besseres Österreich getan! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.11



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 328

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Hagen eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit ne-gativem Asylbescheid“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1523 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asyl­gesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017) (1681 d.B.)

Die Asylfrage ist weiterhin ein schwieriges und umfangreiches Thema, da sich, aufgrund aktueller Entwicklungen in benachbarten und auch entfernteren Staaten, neue Situationen und Zusammensetzungen von Flüchtlingsströmen ergeben. Nicht nur jene Flüchtlinge, die aktuell aus den Krisengebieten nach Europa kommen, sondern auch jene Flüchtlinge, die zum „regelmäßigen Betrieb“ an den europäischen Grenzen gehören, mehren sich.

Es ist fraglich, wie man diesen Flüchtlingsstrom in den Griff bekommen kann. Derzeit werden insbesondere mehrere kurzfristig wirkende Maßnahmen gesetzt, jedoch fehlen nachhaltige Lösungen.

In dieser Situation muss schnell gehandelt werden. Besonderes Augenmerk muss dabei auf die Dauer der Asylverfahren und auf die Abschiebung von Personen gelenkt werden, die einen negativen Asylbescheid erhalten.

Aufgrund der weiterhin zu erwartenden Menge an Flüchtlingen müssen Personen, die keinen Asylgrund vorweisen (wie z.B. reine Wirtschaftsflüchtlinge), möglichst schnell wieder außer Landes gebracht werden können, um dadurch Platz für nachkommende Flüchtlinge zu schaffen, die tatsächlich vor Krieg und Elend fliehen mussten.

Ein großes Problem im Bereich der Abschiebungen besteht u.a. darin, dass z.B. Länder wie Marokko, Algerien oder Tunesien abgeschobene Flüchtlinge nicht zurück­nehmen. Die Menschen, die - aus welchen formalen Gründen auch immer - nicht von ihrem Heimatland aufgenommen werden, belasten entweder unser Sozialbudget, oder sie tauchen in die Illegalität ab. Aus diesem Grund ist es notwendig, EU-Wartecamps - ähnlich Schutzzonen - in Nordafrika einzurichten, bis bilaterale Abkommen die reguläre Rücknahme garantieren.

Am 6. Jänner dieses Jahres war auf oe24.at zu lesen, dass sich Außenminister Kurz ebenfalls für eine derartige Vorgehensweise aussprach:

„[…]

Kurz: Rückführungen in Aufnahmelager in Afrika

Kurz schärfte unterdessen seinen im Vorjahr gemachten „Australien“-Vorschlag zur Rückführung von Migranten in Aufnahmelager außerhalb der EU nach. Der „Bild“-Zeitung (Donnerstagsausgabe) sagte er, dass in diese „Aufnahmezentren“ in Nord­afrika und dem Nahen Osten auch abgelehnte Asylbewerber zurückgebracht werden sollen. Es handle sich um eine „Weiterentwicklung“ der schon länger be­kannten Pläne des Ministers, bestätigte ein Sprecher der APA auf Nachfrage.


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Kurz sagte der „Bild“-Zeitung, dass Europa verlassen müsse, wer kein Recht habe, sich in der EU aufzuhalten. Eine Abschiebung ins Heimatland sei allerdings oft nicht möglich. „Deshalb wollen wir nach dem Vorbild Australiens sogenannte Asylzentren außerhalb der EU einrichten, in die wir jene Menschen bringen, die wir nicht ab­schieben können“, betonte der Außenminister, der zugleich ankündigte, der Euro­päischen Union einen Forderungskatalog für eine strenge Flüchtlingspolitik vorlegen zu wollen.

[…]“ (Quelle: http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Fluechtlinge-Doskozil-will-europaweite-Obergrenze/264586021)

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für die Errich­tung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid einzusetzen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


18.11.16

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Das Fremdenrechtsänderungsgesetz ist für die einen ein Placebo, für die anderen ein Verschärfungspaket. Deshalb ist es mir ein Anliegen, dass wir vielleicht zwei Grundsätze außer Streit stellen, nämlich einerseits, dass all diejenigen Menschen, die vor Krieg, Bürgerkrieg, Verfolgung nach Österreich flüchten, bei uns im Rahmen unserer Möglichkeiten Schutz und Hilfe bekommen, und dass sich diejenigen, die bei uns Schutz und Hilfe bekommen, an den Integrationsmaßnahmen beteiligen und sich auch tatsächlich an unsere demokratische, rechtsstaatliche und weltoffene Lebensweise halten. Wenn wir diese beiden Punkte außer Streit stellen, können wir die Diskussion auf ein anderes Niveau heben.

Damit komme ich jetzt zu den Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Hagen. Was uns das Team Stronach da als Abschiedsvorstellung gibt, das geht ja gar nicht. Wir haben das im Ausschuss ausführlich diskutiert. Glaubt ihr tatsächlich, dass man mit Mauern, mit Anhaltelagern, mit irgendwelchen Barrieren Menschen, die flüchten, weil sie in ihren Ländern keine Möglichkeit haben, wirtschaftlich und sozial zu existie­ren, aufhalten kann? Ganz im Gegenteil! Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen, wir müssen solidarisch die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in diesen Ländern verändern. Da gibt es viele Aufgaben, vor allem für die österreichische Außen­politik, und dann wären manche Dinge, die uns jetzt belasten, nicht notwendig.

Bitte – ich gebe euch vom Team Stronach noch einmal die Chance, ich habe euch das auch im Ausschuss gesagt – zieht doch diesen Antrag zurück! Ihr könnt doch nicht eine Menschengruppe unter Pauschalverdacht stellen, alle männlichen Asylwerber, Flüchtlinge über 14 Jahre unter Pauschalverdacht stellen. Das widerspricht jeder Rechtsordnung, das widerspricht unserer Verfassung. Wir haben ein Rechtssystem, in dem man Gruppen nicht pauschal verurteilen kann. Noch einmal der Appell an das


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Team Stronach – ihr kommt ohnehin nicht mehr ins Parlament, ihr habt das auch nicht notwendig –: Zieht diesen unseligen Antrag zurück!

Aber abschließend, weil immer wieder Italien erwähnt wird: Ich habe vor ein paar Wochen Gelegenheit gehabt, den EU-Hotspot in Pozzallo zu besuchen. Was dort die Gemeinde, die Region Ragusa, der italienische Staat mithilfe der europäischen Institu­tionen leistet, ist vorbildhaft. Bevor wir alle das nachplappern, was wir in irgendwelchen Medien lesen, wie Italien mit den Flüchtlingen umgeht: Hochachtung vor den Italienern, die dort wirklich vor enormen Herausforderungen stehen und gerne die europäische Unterstützung annehmen. Österreich ist dort auch aktiv vertreten. Ich glaube, dass man dieses System der Flüchtlingsbetreuung, der Registrierung, so wie es in Sizilien mit Unterstützung der EU funktioniert, weiter ausbauen muss. – In diesem Sinne herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

18.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kumpitsch. – Bitte.

 


18.14.47

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich auf die Ausführungen des Kollegen Weninger replizieren. Wir wären halt froh, wenn er und die SPÖ sich in dieser Weise auch für die Not leidende österreichische Bevölkerung interessieren würden. Zu dem, was Kollege Ertlschweiger gesagt hat: Eines stimmt, circa 80 000 Migranten sind in Italien seit Anfang des Jahres gerettet worden, nachdem sie zuvor vor der afrikanischen Küste abgeholt worden sind. In meinen Augen ist das ein eklatantes Versagen der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Somit ist es nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Migrationswelle über uns hin­wegschwappen wird. Und da stelle ich mir die Frage: Was macht die Regierung? – In Wirklichkeit nichts Brauchbares. Warum? – Seit zehn Jahren haben wir jetzt die 20. Fremdenrechtsnovelle. Das Gesetz ist unübersichtlich, nicht vollziehbar und es wird vor allem weder schnellere Verfahren noch mehr Außerlandesbringungen bringen. Ich sage Ihnen, warum, Herr Minister: Das Problem ist nicht die Minderheit derjenigen Asylwerber, die tatsächlich verfolgt sind, denn es ist ja in deren Interesse, dass sie sich an die gesetzlichen Vorschriften halten – sie werden demgemäß auch erreichbar sein und für die Behörde wird eine Zugriffsmöglichkeit bestehen –, das Problem ist vielmehr die Mehrzahl jener, die so lange flüchten, bis sie endlich im gelobten Land Österreich angelangt sind und unter Vortäuschung falscher Tatsachen: Asyl!, rufen, damit sie in die soziale Hängematte fallen. Das ist das Problem! (Beifall bei der FPÖ.)

Uns muss bewusst sein, dass sie zur Verwirklichung dieses Ziels jedes Rechtsmittel nutzen und davon exzessiv Gebrauch machen, vielfach mithilfe unserer Gutmenschen und auch der Grünen, Kollegin Korun. Die sind sehr gut beraten, was ihnen alles zur Verfügung steht, auch wenn sie illegal da sind. Jetzt gebe ich Ihnen ein Beispiel aus der Praxis, denn Sie sollen auch einmal sehen, wie die Polizei, das BFA arbeitet. Wie Kollege Pendl meine ich: Man muss wirklich Danke sagen, dass sie das auch unter diesen Bedingungen tun.

Was ist die Wirklichkeit? – Das BFA will einen Ladungsbescheid zustellen; der Adres­sat ist nicht greifbar. Der Brief kommt zurück. Der Betroffene ist nicht da. Die Polizei lässt neuerlich einen Zustellversuch machen. – Er ist wieder nicht anzutreffen. Anfrage beim zentralen Melderegister: Müsste da sein. Die Polizei wird persönlich hingeschickt. Er ist nicht da, ist untergetaucht. Der Akt geht zurück.


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Nehmen wir jetzt an, derjenige wird nach ein paar Monaten angetroffen und behauptet nach guter Beratung: Na ja, da muss ein Zustellmangel vorliegen. Die Behörde beginnt wieder von vorn, prüft den Zustellmangel und ist keinen Schritt weiter. Was wird er dann machen, wenn es dann irgendwann nach Jahren der Einsprüche gelingt, ob jetzt im fremdenpolizeilichen Verfahren oder im Asylverfahren, dass man wirklich einen Bescheid hat, der rechtskräftig und vollstreckbar ist? – Na ja, er wird untertauchen und für die Behörde nicht greifbar sein, und das Spiel fängt wieder von vorne an.

Dass man mit einer Gebietsbeschränkung oder mit der Erteilung einer Wohnsitzauflage oder gar mit höheren Strafen, die der Betreffende sowieso nicht zahlen kann, etwas erreichen wird, ist nicht der Fall. Ein kleiner Tipp, Herr Minister: Würden Sie den Asylwerbern Sachleistungen gewähren und diese zum Beispiel nur örtlich einlösbar machen, hätten Sie das Problem gar nicht. Wir haben keinen Zustellmangel, wir brauchen das nicht. Das könnten Sie machen. Wenn Sie die Schubhaftgründe wegen Fluchtgefahr nach § 76 Fremdenpolizeigesetz erweitern würden, wenn wir zum Beispiel jemanden, der nicht bereit ist, Angaben über seine Identität zu machen, gleich in Schubhaft nehmen, dann haben wir ihn für das Verfahren. (Bundesminister Sobotka: Das geht nach dem Gesetz nicht!)  Ja, dann müssen wir es ändern. Dafür sind wir da.

Und deswegen sage ich: Das Gesetz ist ein Versuch, der unvollständig ist, und es wäre schön gewesen, endlich einmal Nägel mit Köpfen zu machen und das Fremden­wesen neu zu regeln. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


18.19.32

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass es beim vorliegenden Fremden­rechtsgesetz sehr gut gelingt, den notwendigen Kompromiss und Mittelweg zu finden, um bestehende Rechte und Pflichten von Fremden auch in Zukunft effizient durch­setzen zu können.

Nach Abschluss eines fairen Asylverfahrens geht es eben darum, dass auch die Umsetzung entsprechend gewährleistet wird und wir hier die Mitwirkungspflicht der Fremden entsprechend besser und neu definieren, denn es gibt ja in diesem Bereich nicht nur Rechte, sondern es gibt auch Pflichten, die eingehalten werden müssen. Es geht darum, im Sinne der heimischen Rechtsprechung notwendige Rückführungen auch entsprechend rasch durchführen zu können; denn wie sollen wir den Menschen hierzulande erklären, dass Gesetze einzuhalten sind, wenn es auf der anderen Seite vielleicht einer kleinen Gruppe gelingt, sich mit irgendwelchen unlauteren Mitteln davon distanzieren zu können?

Ich glaube, wichtig sind die Mitwirkungspflicht und die dazugehörigen Sanktions­mög­lichkeiten, wie beispielsweise die Wohnsitzbeschränkung. Das sind einfach Maßnah­men, die auch über die Grenzen von Österreich hinaus verstanden werden, und das ist ein ganz wesentlicher Punkt in diesem Bereich.

Lieber Kollege Christoph Hagen, aus diesem Grund können wir der Formulierung des Entschließungsantrages auch nicht zustimmen, denn wenn solche Auffanglager außerhalb der EU nur für Personen mit einem negativen Asylbescheid sein sollen, dann ist das zu wenig. Entscheidend ist, dass wir den Schleppern das Handwerk legen! (Beifall bei der ÖVP.) Den Schleppern kann man nur das Handwerk legen, wenn es gelingt, die Mittelmeerroute tatsächlich dichtzumachen, dass die Menschen sozu­sagen südlich entsprechend versorgt werden. Das wird uns alle Geld kosten, das wir in


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die Hand nehmen müssen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Es kostet uns auch Geld, wenn sie herkommen!) Das heißt: nicht im Mittelmeer auffangen, sondern schon vorher entsprechend versorgen und unterbringen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin guter Dinge: Wie schon des Öfteren in der Vergangenheit wird Herr Bundeskanzler Kern auch in der Frage der Schließung der Mittelmeerroute in einigen Wochen oder Monaten sehr schnell auf der richtigen Linie von Sebastian Kurz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

18.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


18.21.47

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Kollegen Weninger, der jetzt hinausgegangen ist, hätte ich nur noch einen Satz gesagt: Wissen Sie – in Richtung SPÖ –, der Erste, der diesen Vorschlag im Jahr 2004 gebracht hat, war der deutsche SPD-Innenminister Otto Schily – nur, damit wir uns einmal richtig verstehen. Der ist Ihnen ja nicht ganz unbekannt. Also so unmenschlich, wie Sie tun, und so fürchterlich, wie Sie tun, ist es nicht, zu sagen: Außerhalb der EU braucht es Auffanglager. Genau das bräuchte es auch, und wenn man es ernst nehmen würde, dann hätten wir das auch schon. (Beifall bei der FPÖ.)

Egal, wer da hinten als Innenminister sitzt – (in Richtung Bundesminister Sobotka) das ist nichts gegen Sie persönlich, das betrifft auch Ihre Vorgänger –: Wir doktern seit zehn Jahren hier herum! Mehrmals im Jahr gibt es irgendwelche Novellen. Ein bisschen reparieren wir da, ein bisschen reparieren wir dort. Wir erwecken den Anschein, als machten wir irgendetwas strenger – ändern tut sich in Wirklichkeit über­haupt nichts!

Wissen Sie, Herr Bundesminister, das erinnert mich an ein anderes Gesetz, das wir hier herinnen haben, nämlich das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz. Das ist ganz genau das Gleiche: Auch da wird ein bisschen herumgedoktert, man versucht hier, den Anschein zu erwecken, als würde man Reformen durchführen – mitnichten geschieht das!

Mit Ihrem neuen Gesetz machen Sie ja nichts anderes, als dass Sie jetzt versuchen, die Personen durch die Hintertüre in den Arbeitsprozess zu schieben. Die haben für das Verfahren zur Verfügung zu stehen! Nicht die Asylwerber haben am Arbeitsmarkt zu sein, da werden wir nicht dafür sein. Die Öffnung für die Asylwerber ist ja schon teilweise gegeben. Das ist der völlig falsche Ansatz.

Herr Kollege Prinz, Sie haben vor mir gesprochen, ich weiß nicht, wo Sie jetzt sind. (Abg. Prinz: Da bin ich!) – Okay, ja. Sie haben gesagt, es braucht ein rechtskonformes Asylverfahren – ja, da sind wir bei Ihnen –, aber auf der anderen Seite machen Sie alles auf. Sie machen das Integrationsjahr auf, ohne Asylverfahren, da geht es um Asylwerber – und das steht wörtlich im Gesetzestext – mit guter Aussicht auf Asyl. Na, wo ist denn da das Rechtsverfahren? – Also das ist ja alles nur Schein, was Sie hier machen! Sie gehen nach dem Motto vor: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! (Beifall bei der FPÖ.)

Es bräuchte jetzt endlich einmal ein Umdenken in diesem Fremdenrecht! Wir brauchen ein neu aufgesetztes Gesetz, und zwar ein völlig neues, denn in Wirklichkeit kann das keiner mehr lesen. Dieses Gesetz ist auch für die Beamten nicht mehr vollziehbar. (Bundesminister Sobotka: Nein!) Das ist schon so kompliziert durch die vielen Re­formen.


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Das heißt, man müsste auch einmal den Mut haben, ein ordentliches Fremden­rechts­gesetz neu aufzusetzen. Ich habe nur den Eindruck, Sie beide wollen das nicht, weil Sie nichts anderes als Klientelpolitik betreiben. Sie wollen weiterhin den Zuzug, denn Sie brauchen ja für Ihre NGOs die Flüchtlinge, und Sie wollen weiterhin den unge­zügelten Zuzug, denn Sie brauchen die Billigstarbeitskräfte für die IV. Das ist der Hauptgrund, warum es nicht weitergeht! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Wort noch, Herr Bundesminister, zu den Abschiebungen und den Außerlandesbrin­gungen: Ich stelle Ihnen mit einer gewissen Regelmäßigkeit jeden Monat die Frage, wie viele Außerlandesbringungen wir hatten. Dort lese ich dann im Abschnitt Außer­landesbringungen und freiwillige Ausreisen bei den freiwilligen Ausreisen – Ergebnisse geordnet nach Nationalitäten –: An oberster Stelle finden sich Serben, dann Rumänen, dann kommen Ungarn, Mazedonier und so weiter vor.

Seien Sie mir nicht böse, aber: Was hat ein EU-Bürger mit einer freiwilligen Ausreise zu tun? – Jeden Monat haben wir EU-Bürger, die Sie in die Statistik geben, damit Sie dann sagen können: Wir haben so viele freiwillige Ausreisen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


18.25.13

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Sehr geehrte Kollegin! Geschätzter Kollege! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Am 13. Juni haben wir im Innenausschuss ein Hearing durchgeführt, in dem wir vom Fremdenrechtsänderungsgesetz den ersten Teil behandelt haben; aber auch den von meinem Kollegen Hammer jetzt einge­brachten gesamtändernden Abänderungsantrag, Teil zwei der Fremdenrechtsän­de­rung, haben wir dort besprochen und mit den Fachleuten diskutiert. Es hat heute schon viele Meldungen gegeben, dass das nicht lesbar ist, dass es nicht in Ordnung wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist enorm wichtig, dass, wenn man Adap­tierungen durchführt, diese gesetzlichen Grundlagen von Höchstgerichten überprüft wer­den. Es gibt somit höchstgerichtliche Entscheidungen, warum solche Entschei­dungen von der Behörde getroffen wurden. Wir haben im Hearing ganz klar die Aus­kunft erhalten, dass Verfassungskonformität bei dem Gesetz gegeben ist. Wir haben gleichzeitig auch höchstgerichtliche Judikatur und unionsrechtliche Vorgaben ent­sprechend angepasst.

In gewissen Bereichen – ja, meine sehr geehrten Damen und Herren – haben wir eine Erleichterung für Studierende und Start-ups durchgeführt, indem wir statt sechs Mona­ten auf ein Jahr verlängert haben. Wir haben aber gleichzeitig im Ausländer­beschäfti­gungsgesetz auch genau die Voraussetzungen definiert, wann das möglich ist. – Das war uns sehr wichtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben aber auch die Befugnisse bei der Polizei erweitert: Betretungsbefugnis für ein Grundstück, für Betriebsstätten, Arbeits­stätten und so weiter. Wir haben auch einzelne Verschärfungen durchgeführt – Ein­schränkung der Grundversorgung –, aber auch die Möglichkeit geschaffen, künftig gemeinnützige Arbeit durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagen, wenn du das Gesetz durchgelesen hast – und du hast jetzt ein Beispiel aus Linz gebracht –, dann weißt du auch, dass mit dieser Novelle Vorkehrungen getroffen wurden, um eine Asylaberken­nung einzuleiten und durchzuführen, wenn die Person bei einem Verbrechen auf frischer Tat ertappt oder eine Anklageerhebung durchgeführt wurde. Das zeigt, dass wir in die richtige Richtung gehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 334

Betreffend Beugehaft ist auch schon vieles gesagt worden. Ich möchte nur ein Beispiel erwähnen, warum wir da gewisse Zwangsmaßnahmen – Gebietsbeschränkung, Mitwir­kungsverpflichtung und so weiter – gesetzt haben: Beim Hearing hat uns der Fach­mann, Direktor Mag. Taucher, berichtet, wie schwer es ist, wenn eine Person außer Landes gebracht werden muss, dass diese dazu animiert wird, einen Antrag zu stellen, um ein Reisedokument zu bekommen. Da sieht man schon, dass Maßnahmen nötig sind, um dies dementsprechend rechtskonform durchführen zu können.

Ich ersuche um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lasar. – Bitte.

 


18.28.14

Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht ein Wort noch zu meinem Vorredner: Sie wissen aber ganz genau, dass wir im Hearing im Ausschuss Experten geladen hatten. Auch Ihr Experte und der Experte der Grünen, alle Experten haben uns eigentlich einstimmig nichts anderes versichert, als dass das Stückwerk ist, das nicht mehr handelbar ist. (Abg. Plessl: Alle nicht!) – Alle haben das gesagt, Sie können es nachlesen. Alle haben es einstimmig gesagt: Dieses Gesetz gehört zurück an den Start, neu novelliert, weil sich in Wirklichkeit niemand mehr auskennt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es kennen sich weder Richter noch Juristen und Rechtsanwälte aus, und das wissen Sie ganz genau. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt kommen Sie damit daher, dass sich jeder auskennt – es kennt sich einfach niemand aus! (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Ich habe es Ihnen gesagt. Vielleicht sollte ich Ihnen noch Mag. Thomas Gruber zitieren, der Richter am Bundesver­wal­tungs­gericht ist: Er hat eindeutig gesagt, dieses wichtige Gesetz muss klare und deutliche Aussagen liefern. – Das heißt, zurück an den Start zu kompletten Neu­verhandlungen und damit zu einer Neufassung des Fremdenrechts. Sonst kennt sich einfach niemand mehr aus. Das sind die Tatsachen.

Ich möchte Ihnen noch eine weitere Aussage wiedergeben, auch von Herrn Mag. Tho­mas Gruber, bezüglich Neuschaffung des Visums aus besonders berück­sichtigungs­würdigen Gründen nach § 22a. Was hat er uns da erklärt? – Herr Bundesminister, das ist ja wichtig: Hier soll ohne Grund und ohne objektive Not­wendigkeit eine weitere Möglichkeit geschaffen werden, Personen unter dem Titel, dass humanitäre Gründe vorlägen, die Einreise und das Asylverfahren zu ermöglichen.

Jetzt sagen Sie mir: Was haben Sie verbessert? – Sie haben ja das Gesetz maximal verschlechtert, und sonst nichts anderes. Ich kann Ihnen nur sagen, es ist Flickwerk, es ist genau das. Draußen kündigen Sie immer an – so wie Herr Bundesminister Kurz –, was Sie jetzt alles zum Besten ändern wollen, aber es passiert einfach nichts, hier herinnen beschließen Sie nämlich genau das Gegenteil! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Abschluss möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Um­setzung der Ankündigungspolitik im Fremdenrecht von Bundesminister Kurz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, keine EZA-Leistungen mehr an Entwicklungs­länder zur Verfügung zu stellen, die entweder keine Abkommen zur Rücknahme ihrer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 335

Staatsbürger nach den Wünschen Österreichs abschließen oder bei der Rücknahme nicht kooperativ sind und dem Nationalrat ehestmöglich Regierungsvorlagen im Sinne der Umsetzung folgender Themen vorzulegen:

1. Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst.

2. Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU/EWR-Raum an die jeweiligen Lebenshaltungskosten.

3. Auszahlung von Sozialhilfeleistungen an nicht österreichische Staatsbürger erst nach 5 jähriger Einzahlung ins System.

4. Deutschklassen für Flüchtlinge.

Darüber hinaus werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung aufgefordert sich auf EU- und internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass

5. die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abgebrochen werden,

6. Bootsflüchtlinge nach dem Vorbild Australiens rigoros im Mittelmeer abgefangen, zurückgeschickt beziehungsweise in einem Asylzentrum auf einer Insel untergebracht werden.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, jetzt haben Sie die Möglichkeit, Herrn Kurz bei diesem Gesetz zu unter­stützen. Machen Sie das nicht, sind Sie genauso wie Herr Kurz ein Ankündigungs­minister, der in Wirklichkeit draußen etwas sagt und hier herinnen genau das Gegenteil macht. Ich glaube, im Sinne dessen kann ich nur sagen: Ich hoffe auf breite Unter­stützung, auch von Ihrer Partei. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Den Kollegen Pendl haben Sie vergessen!)

18.32


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Lasar eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Kickl, Dr. Rosenkranz, Lasar und weiterer Abge­ord­neter betreffend Umsetzung der Ankündigungspolitik im Fremdenrecht von Bundes­minister Kurz,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 18, Bericht des Aus­schusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1523 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizei­gesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversor­gungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden (Fremden­rechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017) (1681 d.B.), in der 188. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 28. Juni 2017

Im Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 ist die fortgesetzte Harmonisierung der Migrationspolitik in der Europäischen Union betreffend die Einwanderung und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die sich zu Erwerbszwecken im Bundesgebiet aufhalten als Ziel definiert. Mit der vorliegenden Regierungsvorlage samt gesamtän­dernden Abänderungsantrag sollen zudem auch jene Maßnahmen umgesetzt werden,


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die im „Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 für Österreich (Jänner 2017)“ zur Eindämmung der Migration beschlossen wurden. Die Maßnahmen, welche insgesamt zu einer effizienteren Verfahrensführung, einer verstärkten Rückkehr­beratung und -vorbereitung sowie zu einer Steigerung der Ausreisen unrechtmäßig aufhältiger Fremder führen sollen, umfassen zum einen Auflagen während des Asyl­verfahrens und zum anderen Auflagen und Beschränkungen im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbrin­gung nach negativem Abschluss des Asylverfahrens.

Diese Änderungen gehen leider zu wenig weit und halten nicht den medialen Ansagen, die Attraktivität Österreichs als Aufnahmeland senken und gleichzeitig den Druck auf die Herkunftsländer erhöhen, von Bundesminister Kurz stand.

1. EZA-Leistungen an Rückübernahmeabkommen koppeln

In die Hauptherkunftsländer des Asylwerberstroms werden so gut wie keine Ab­schiebungen durchgeführt.

In den meisten Fällen scheiterten außereuropäische Abschiebungen auch an der man­gelnden Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer, die größtenteils Empfänger (oder sogar Schwerpunktempfänger) internationaler Entwicklungshilfe sind. Auch Österreich trägt (bilateral und multilateral) zu den Entwicklungsbemühungen bei.

Die Entwicklungshilfe an sich sollte angesichts dieser Zahlen dringend an die Bereitschaft der Entwicklungsländer (insbesondere der afrikanischen Staaten) zu koppeln sein, ihre Staatsbürger, die illegal nach Europa einzuwandern versuchen, die in Europa strafrechtlich verurteilt wurden oder denen kein Asylstatus oder subsidiärer Schutz zugestanden wurde, unverzüglich und bedingungslos zurückzunehmen.

In der Sitzung des Unterausschusses Entwicklungszusammenarbeit des Außen­politi­schen Ausschusses am 13.4.2016 äußerte sich BM Sebastian Kurz zu dieser Forde­rung positiv und meinte, er könne sich eine Streichung vorstellen.

2. Kopftuchverbot öffentlicher Dienst

FPÖ; Kurier Online: 06.04.2016

FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer sprach sich für ein Burka- und Kopftuchverbot aus „"Die Burka ist für mich ein Symbol der Unterdrückung der Frau und das Kopftuch ebenso." Die Verbote sollten "im öffentlichen Raum" gelten.“ Des weiteren berichtet der Kurier, dass diese Forderung von der FPÖ schon seit 2006 bestehe „Die Position ist freilich nicht neu. Die Blauen fordern schon seit Jahren ein Kopftuchverbot. Heinz-Christian Strache hat schon 2006, als er noch Wiener FP-Chef war, ein solches gefordert. 2007, als Strache bereits Bundesparteichef war, erläuterte er, das Kopftuchverbot sei einerseits zum Schutz der österreichischen Kultur und andererseits zur "Befreiung jener Mädchen, die von ihren archaischen Kulturen gezwungen sind, ein Kopftuch zu tragen", notwendig. Im öffentlichen Dienst, in Schulen oder in Universitäten habe das Kopftuch daher nichts verloren. Was jemand in seiner Freizeit tue, bleibe aber jedem unbenommen.“

Auch ein unselbständiger Antrag wurde am 13.09.2016 diesbezüglich im Nationalrat von Klubobmann Strache mit folgender Entschließung eingebracht: „Die Bundes­regierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die ein Verbot des Tragens von Kopftüchern als Ausdruck muslimischen Glaubens für öffentlich Bedienstete, Studentinnen und Schülerinnen in Amtsgebäuden, Universitäten und Schulen zum Inhalt hat.“

Zwei selbständige Anträge (23.10.2014 und 25.11.2016) und ein unselbständiger Antrag (13.09.2016) betreffend Vorlage eines Gesetzes, analog der französischen


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Regelung, welches die Gesichtsverschleierung verbietet, und betreffend Kopftuch­ver­bot an Schulen, Universitäten und im öffentlichen Raum wurden von der FPÖ einge­bracht, welche schließlich von den Regierungsfraktionen aber abgelehnt oder vertagt wurden.

Minister Kurz hat die FPÖ-Vorschläge aufgenommen, sie als positiv bewertet und drängt auf die Umsetzung.

DiePresse Online 06.01.2017: „Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) will den Vorschlag des Integrationsexperten und Regierungsberaters Heinz Faßmann für ein Kopftuch-Verbot im öffentlichen Dienst in das Integrationsgesetz aufnehmen. Dies erklärte Kurz am Freitag. Vor allem für den Schulbereich kann sich Kurz ein solches Kopftuchverbot vorstellen. "Weil es dort um Vorbildwirkung ein Einflussnahme auf junge Menschen geht. Österreich ist zwar ein religionsfreundlicher, aber auch ein säkulärer Staat", so Kurz. Kreuze in den Klassenzimmern würden dadurch nicht infrage gestellt.“

3. Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU/EWR-Raum

Dazu hat die FPÖ bisher 7 Anträge eingebracht, welche durch die Regierungs­fraktionen entweder vertagt oder abgelehnt wurden. Wobei der erste vor mehr als 6 Jahren am 22.12.2010 einbracht wurde.

Auch die EU, darunter auch Ungarn, fand diese Möglichkeit der Anpassung der Familienbeihilfe als einen gangbaren Weg für alle Mitgliedsstaaten und legte in Hinblick auf das Referendum und den Verbleib Großbritanniens in der EU folgende Verein­barung fest: „Nach Inkrafttreten dieses Beschlusses wird die Kommission Vorschläge zur Änderung des bestehenden Sekundärrechts der EU vorlegen, und zwar einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, damit die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Ausfuhr von Leistungen für Kinder in einen anderen als den Mitgliedstaat, in dem der Arbeitnehmer wohnt, die Möglichkeit erhalten, die Höhe dieser Leistungen an den Lebensstandard des Mitgliedstaats, in dem das Kind wohnt, zu koppeln.“(…)“

Anmerkung: Dieser Beschluss erfolgte beim Europäischen Rat am 18. / 19. Februar 2016 mit Zustimmung aller 28. Staats- und Regierungschefs

Aus einer Anfragebeantwortung von HBMF Schelling vom 20.02.2017 geht hervor, dass Österreich allein 2015 249 Mio. EURO Familienbeihilfe an im EU/EWR-Raum­lebende Kinder ausbezahlt hat. Bei Anpassung der Familienleistungen an die durch­schnittlichen Lebenshaltungskosten der einzelnen Mitgliedstaaten würde sich 2015 aufgrund einer Hochrechnung ein Einsparungspotenzial von rund 100 Mio. Euro ergeben.

Diese Vielzahl an eingebrachten FPÖ-Anträge brachte Minister Kurz nun dazu, der Realität ins Gesicht zu sehen. Zumindest äußerte er sich medial dazu.  Kurier-Online 21.02.2017: „Die Bundesregierung will weniger Familienbeihilfe für Kinder im Ausland zahlen. Dem KURIER liegt die Novelle zur Kürzung der Familienbeihilfe vor, sie soll noch vor Sommer im Parlament beschlossen werden, erklärte dazu Außenminister Sebastian Kurz: "Wir setzen damit dem Unsinn ein Ende, Familienbeihilfe in voller Höhe zu bezahlen an Kinder, die nicht einmal in Österreich leben.““

4. Auszahlung von Sozialhilfeleistungen an nicht österreichische Staatsbürger erst nach 5 jähriger Einzahlung ins System.

Der erste Antrag der FPÖ, der genau auf dieses Problem abzielte, wurde am 02.04.2014 im Sozialausschuss verhandelt und von den Regierungsfraktionen abge­lehnt. Der zweite Antrag dahingehend wurde unselbstständig am 25.02.2015 zur na-


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mentlichen Abstimmung gebracht und ebenfalls von den Regierungsfraktionen abge­lehnt. Am 17.06.2015 wurde neuerlich ein unselbständiger Antrag der FPÖ zu diesem Thema abgelehnt. Eben dieses Schicksal ereilte auch die Anträge vom 15.12.2016 und vom 02.03.2017.

Auch die ÖVP, insbesondere Minister Kurz, erkannte nach 7 jähriger Ablehnung frei­heitlicher Anträge, dass es in diesem Bereich einen Verbesserungsbedarf gibt und nahm die Vorschläge der FPÖ schließlich auf. OTS0032 19.März 2017: „Blümel zu Kurz: Systemumstellung bei Sozialhilfe ist Frage der Gerechtigkeit

Gerechtigkeit für Leistungswillige statt Sozialanreize – Zuwanderung ins Sozialsystem verhindern - Rot-Grün muss endlich aufwachen

Wien (OTS) - “Bereits seit über einem Jahr fordern wir, dass erwerbsfähige Personen für die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung auch eine bestimmte Zeit lang in das System eingezahlt haben müssen. Deshalb unterstützen wir auch klar den Vorstoß von Außenminister Sebastian Kurz, wonach Sozialhilfeleistungen erst ausbezahlt werden sollen, nachdem fünf Jahre ins System einbezahlt wurde”, betont heute der Landesparteiobmann der ÖVP Wien, Stadtrat Gernot Blümel, zu den Aus­sagen des Außenministers in der ORF-“Pressestunde”.(…)”

5. Deutschklassen für Flüchtlinge

Die FPÖ hat zu diesem Thema am 10.04.2013 einen Antrag eingebracht, der von ÖVP und SPÖ vertagt wurde. Ein weiterer Antrag wurde am 06.10.2015 abgelehnt und jener vom 23.03.2017 vertagt.

Auch hier hat Minister Kurz nicht nur Anleihe bei FPÖ-Anträgen genommen, sondern sich inhaltlich voll angeschlossen:

Die Presse-Online 13.08.2015: „(...)Aufgrund der erwarteten zusätzlichen Schüler ohne Deutsch-Kenntnisse durch die wachsende Zahl an Asylwerbern und Flüchtlingen erneuert Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) seine Forderung nach eigenen Klassen für diese Kinder. Den Wunsch der Bildungsministerin nach zusätzlichen Mitteln für die Sprachförderung unterstütze er nur bei solch einer Systemumstellung, so Kurz im Ö1-"Mittagsjournal".“

6. Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei

Am 06.03.2006 brachte die FPÖ eine Petition im Nationalrat ein, mit der sie die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verhindern wollte.

Es gab in der Folge eine Vielzahl an Initiativen der FPÖ, die EU-Beitrittsverhandlungen zu beenden. So zum Beispiel am 15. 03. 2016 ein unselbständiger Antrag, der keine Zustimmung fand.

Kurz sieht es heute auch so; DiePresse-Online 15.03.2017: Sebastian Kurz drängt auf einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Stattdessen strebt Öster­reichs Außenminister einen neuen europäisch-türkischen Nachbarschaftsvertrag an. Das geht aus einem Positionspapier hervor, welches das Außenamt zur Vorbereitung für den österreichischen EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018 ausarbeitet.(...)“

7. Bootsflüchtlinge nach dem Vorbild Australiens rigoros im Mittelmeer abgefangen, zurückschicken beziehungsweise in einem Asylzentrum auf einer Insel unterbringen.

Während der Nationalratssitzung am 04.05.2015 sprach Klubobmann Strache genau dieses Thema an:„(…)"Furchtbare menschliche Tragödien" spielten sich derzeit im Mittelmeer ab, konstatierte auch FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache (F) in Referenz auf die unzähligen ertrunkenen Bootsflüchtlinge. Wie sein Parteikollege Harald Kickl riet er der EU, dem Beispiel Australiens zu folgen, das mit der Initiative


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"Stop the boats" Flüchtende daran hindert, ihr Leben bei gefährlichen Überfahrten zu riskieren. Generell müsse das Ziel der EU sein, verfolgten Menschen vor Ort zu helfen, zunächst gemeinsam mit der UNO in Auffanglagern vor Ort, langfristig mit einem nachhaltigen Entwicklungsplan für afrikanische Regionen, wobei Strache und Kickl auch die USA und reiche arabische Länder in die Pflicht nahmen.(…)“

Die ÖVP, insbesondere Minister Kurz, hat auch hier nachgezogen und die Vorschläge der FPÖ gut geheißen. Die Presse berichtete (Online von 04.06.2016) folgendes: “„(...)Österreichs Außenminister Sebastian Kurz plädiert im Interview mit der "Presse am Sonntag" für einen härteren Kurs in der europäischen Flüchtlingspolitik. Teile der Genfer Flüchtlingskonvention hält Kurz offenbar für unzeitgemäß.(...)“

Auch über das Australische Modell betreffend Bootsflüchtlinge konnte er einiges in dem Interview abgewinnen: „(...)In Australien kamen zwischen 2012 und 2013 insge­samt fast 40.000 Bootsflüchtlinge an. Mehr als 1000 Menschen ertranken. Mittlerweile hat es Australien geschafft, dass keine illegalen Migranten mehr kommen und auch niemand mehr ertrinkt. Warum? Die australische Marine startete eine Grenzschutz­operation, fing Flüchtlingsboote vor der Küste ab, brachte die Menschen zurück in ihre Ursprungsländer oder in Zentren nach Nauru und Papua-Neuguinea.(...)

Konkret: Was soll mit Menschen passieren, die aus dem Mittelmeer gefischt werden?

Sie müssen im Idealfall sofort in ihr Herkunftsland zurückgebracht werden. Im Fall von Libyen ist es möglich, mit der entstehenden Regierung zu vereinbaren, Schlepper schon vor der libyschen Küste an der Überfahrt nach Europa zu hindern. Wenn diese Kooperation nicht möglich ist, dann müssen die Menschen in einem Asylzentrum untergebracht und versorgt werden, idealerweise auf einer Insel. Von dort muss dann ihre Rückkehr organisiert und finanziell unterstützt werden.“

Wie man erkennen kann, sind in der vergangenen Zeit von Bundesminister Kurz, einige Vorschläge zu oben angeführten Themen artikuliert worden. Auf konkrete Maß­nahmen zur Umsetzung der Ankündigungspolitik von Bundesminister Kurz wartet man aber vergebens.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, keine EZA-Leistungen mehr an Entwick­lungsländer zur Verfügung zu stellen, die entweder keine Abkommen zur Rücknahme ihrer Staatsbürger nach den Wünschen Österreichs abschließen oder bei der Rück­nahme nicht kooperativ sind und dem Nationalrat ehestmöglich Regierungsvorlagen im Sinne der Umsetzung folgender Themen vorzulegen:

1. Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst.

2. Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU/EWR-Raum an die jeweiligen Lebenshaltungskosten.

3. Auszahlung von Sozialhilfeleistungen an nicht österreichische Staatsbürger erst nach 5 jähriger Einzahlung ins System.

4. Deutschklassen für Flüchtlinge.

Darüber hinaus werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung aufgefordert sich auf EU- und internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass

5. die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abgebrochen werden,


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6. Bootsflüchtlinge nach dem Vorbild Australiens rigoros im Mittelmeer abgefangen, zurückgeschickt beziehungsweise in einem Asylzentrum auf einer Insel untergebracht werden.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


18.32.48

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die aktuelle Diskussion zeigt: Den einen ist der Maßnahmenkatalog zu wenig, den anderen in einem gewissen Maß zu viel. Fakt ist: Wir brauchen in der ganzen Flüchtlingsthematik Konsequenz und Ord­nung, wir brauchen aber auch Fairness und Schutz.

Mit diesem heute vorliegenden Fremdenrechtsänderungspaket lassen wir praktische Erfahrungen aus den vergangenen Wochen und Monaten einfließen. Es braucht eben neue Befugnisse, es braucht neue Möglichkeiten, um einerseits für den aktuellen Fall vorbereitet zu sein und dass wir andererseits zukünftige Herausforderungen in diesem Bereich gemeinsam bewältigen können. Gerade bei der Rückführung, ob freiwillig oder von rechtskräftig abgelehnten Personen, braucht es mehr Möglichkeiten, und diese gibt es mit dem neuen Paket. Auch bei der Polizei braucht es Befugnisse, was die Be­tretung von Gebäuden, Grundstücken und Betriebsstätten betrifft, und auch bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten.

Insgesamt hat der Herr Bundesminister hier ein Gesetz, eine Novelle vorgelegt, um die Fremdenrechtspolitik in den Griff zu bekommen, die illegale Migration hintanzustellen. Wir müssen für den Ernstfall vorbereitet sein. Wir brauchen einen rascheren und effizienten Vollzug, und mit diesem Paket wird das möglich sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


18.34.24

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das neue Gesetz – Herr Kollege Gahr hat es angesprochen –: Für den einen ist es zu viel, für den anderen ist es zu wenig. Ich glaube, für die Sicherheit der Bevölkerung von Österreich kann es nicht streng genug sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Weninger hat angesprochen, dass dieser DNA-Fingerabdruck aus dem Entschließungsantrag von, glaube ich, Kollegin Schenk einfach nicht der richtige Ansatz ist. Er ist notwendig, Herr Kollege Weninger, denn das subjektive Sicherheitsgefühl der österreichischen Bevölkerung ist im Sinken, Herr Kollege! (Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Gerade Vergewaltigungen hinterlassen bei den Betroffenen nicht nur körperliche Beeinträchtigungen, sondern schwere psychische Verletzungen, die nicht wieder­gut­zumachen sind. Das kannst auch du nicht gutheißen! Diese Täter gehören auf das Härteste bestraft, und da darf es keinen Millimeter Spielraum geben. Daher ist es ganz wichtig und notwendig, dass Präventionsmaßnahmen zur Verbrechensbekämpfung gesetzt werden. Es ist vollkommen richtig, was in diesem Entschließungsantrag steht: Prävention – und zur Prävention gehört auch ein DNA-Fingerabdruck bei der Einreise von männlichen Asylwerbern nach Österreich.


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Ich habe dazu eine andere Meinung als du, lieber Herr Kollege Weninger. (Abg. Weninger: Auf das bin ich stolz!) Dieses Vorgehen hätte nämlich abschreckende Wirkung, und das würden wir dringend brauchen: abschreckende Wirkung! Wir alle wissen, dass es bei einem normalen Fingerabdruck Probleme gibt. Bei einer Verlet­zung oder gewollten Veränderung an der Fingerkuppe, Herr Kollege Weninger, können vorhandene Daten nicht mehr verglichen und eingesetzt werden. (Abg. Weninger: Und die Asylwerber haben alle keine Finger?) – Das habe ich nicht gesagt.

Zum Schutz der heimischen Bevölkerung, Herr Kollege Weninger, vor allem vieler Frauen und junger Frauen, wäre eine solche Vorgangsweise ein richtiger Schritt für die Sicherheit. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

18.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


18.36.54

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist unbestritten, dass uns das Thema Migration auch in Zukunft begleiten wird. Es ist aber auch klar: Wenn alles so bleibt, wie es jetzt ist, dann werden noch mehr über das Mittelmeer kommen, dann werden noch mehr sterben. Das wollen wir auf keinen Fall, das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen muss diese Mittelmeerroute geschlossen werden, und unser großes Ziel muss es sein, die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen. Die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen (Abg. Weninger: Macht einen Vorschlag!), dazu brauchte es kooperative Staaten, dazu braucht es Entwicklungszusammenarbeit, möglicherweise auch Druck auf diese Staaten, was sicherlich nicht leicht ist. Das muss man aber angehen, daran muss man arbeiten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es heißt aber auch: Auch diese Probleme, die es vor Ort und hier bei uns gibt, müssen wir lösen. Dieser Tatsache muss man ins Auge sehen. Da gibt es nichts zu beschö­nigen, aber auch nichts zu dramatisieren.

Bisher gab es in vielen Bereichen keine Notwendigkeit, über gewisse Themen nach­zudenken und zu diskutieren, auch grundsätzlich, wie zum Beispiel darüber: Müssen alle Gesetze der Republik Österreich eingehalten werden, und auf welche Weise werden sie durchgesetzt? – Wenn der Staat seine Gesetze nicht mehr durchsetzen kann, dann wird es problematisch.

Kann es sein, dass man mit Nichtstun der Durchsetzung eines Gesetzes entkommt? Wenn jemand zum Beispiel, damit man seine Herkunft nicht feststellen kann, nichts redet oder nicht daran mitwirkt, ein Heimreisezertifikat, einen Pass zu erlangen, wenn es nicht möglich ist, seine Identität festzustellen, weil er falsche Angaben macht, dann stellt sich natürlich die Frage: Gibt es Gesetze, bei denen es sich der Staat leisten kann, dass er nicht auf deren Durchsetzung drängt? – Gerade die Frage, wer im Staats­gebiet aufhältig ist, wer aufhältig sein darf und wer nicht, und vor allem, wer das ist, ist eine ganz grundsätzliche – auch und vor allem im Interesse derjenigen, die ein Aufenthaltsrecht bekommen haben.

Mit diesem Fremdenrechtsänderungsgesetz werden die Voraussetzungen für die Durchsetzung geschaffen. Es gibt Konsequenzen, wenn abgelehnte Asylwerber nicht an der Ausreise mitwirken. Es gibt Konsequenzen, wenn ein Asylwerber bei der Sprach­feststellung einfach nicht spricht. Das Ziel ist es letzten Endes, die Rück-


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kehrquote zu erhöhen. Dieses Gesetz schließt entsprechende Lücken, weshalb ich auch um Zustimmung ersuche. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

18.39

18.39.23

 


Präsident Karlheinz Kopf: Es ist niemand mehr dazu zu Wort gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin oder der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die wie immer über jeden Ausschussantrag getrennt erfolgt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 in 1523 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen einen gesamt­ändernder Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Scherak hinsichtlich des genannten gesamtändernden Abänderungsantrages vor.

Daher gelangen wir zunächst zur Abstimmung über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des vorliegenden Gesetzentwurfes, jeweils dann in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 2 Z 82 bis 90, Art. 3 Z 4 sowie Art. 5 Z 2.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wer sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1523 der Beila­gen in der Fassung der restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des gesamtän­dern­den Abänderungsantrages der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Abstimmungsvorgang bedarf keiner Kommentierung zwischendurch.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ankündigungspolitik im Fremdenrecht von Bundesminister Kurz.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist wiederum die Minderheit, der Antrag ist ab­ge­lehnt.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz geändert wird, in 1682 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend § 27 Abs. 4 eingebracht.

Wer stimmt diesem zu? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer stimmt hier zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1685 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

18.43.1921. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (1612 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die interna­tionale polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG) geändert wird (1683 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (1674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das EU-Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG) und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK-G) geändert werden (1684 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Somit kommen wir zu den Punkten 21 und 22 der Tagesordnung, die unter einem debattiert werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nur drei Redner zu Wort gemeldet sind und hernach gleich wieder eine Abstimmung stattfinden wird.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


18.44.02

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bei diesen beiden Gesetzesvorlagen geht es vor allem um zwei Punkte. Der erste Punkt bringt eine Erleichterung für die Polizei: Die Kriminal­polizei muss nicht mehr täglich 100 Personenfahndungsanfragen händisch in den


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Fahn­dungsevidenzen, die wir in Österreich haben, im Fremdenregister und im Zen­tralen Melderegister, überprüfen, sondern in Zukunft kann das automationsunterstützt abgefragt werden. Der Kriminalpolizist muss erst dann tätig werden, wenn ein Treffer vorliegt, und kann dann konkret seiner Arbeit nachgehen. Damit kommt es zu einer Effizienzsteigerung bei der österreichischen Kriminalpolizei.

Der zweite Punkt, den wir heute beschließen, bezieht sich auf den Kampf gegen den Terrorismus. Es geht hierbei vor allem um die Foreign Terrorist Fighters. Wir schaffen nunmehr einen internationalen Informationsverbund, auch im Bereich des Staats­schutzes, in dessen Datenbanken die Gefährder der öffentlichen Sicherheit aufgenom­men werden können. Damit schaffen wir die Möglichkeit, terroristische Anschläge in Zukunft leichter oder eher vermeiden zu können, weil die Daten unter den Staats­schützern in Europa, sprich in allen europäischen Unionsstaaten plus Norwegen und der Schweiz, nun automatisationsunterstützt verarbeitet werden und zur Verfügung stehen.

Vielen Dank für diese Arbeit. Vielen Dank der österreichischen Polizei, die sich diesem Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus stellt. Vielen Dank dem Innenminister für diese Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

18.45


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schabhüttl. – Bitte.

 


18.45.53

Abgeordneter Jürgen Schabhüttl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Der Kampf gegen den Terrorismus und der Kampf gegen die Verunsicherung und Destabilisierung unserer Demokratien in Europa sind nicht nur jetzt ein Gebot der Stunde, sondern werden es auch in den nächsten Jahren sein.

Eines haben die Anschläge in den letzten Jahren gezeigt: Wäre der Informations­aus­tausch zwischen den Polizeibehörden und auch den Geheimdiensten ein besserer oder ein einfacherer gewesen, hätten wir den einen oder anderen Terroristen schon vorher aus dem Verkehr ziehen können. Da bin ich mir sicher, und deshalb bin ich sehr froh, dass wir heute mit dieser Novellierung zum Polizeikooperationsgesetz einen Schritt in die richtige Richtung machen und ausdrücklich eine gesetzliche Grundlage für die Teilnahme österreichischer Sicherheitsbehörden an internationalen Informa­tions­verbundsystemen schaffen.

Bis jetzt gab es ja nur das Schengener Informationssystem als Austauschmöglichkeit. Mit dieser Novelle gehen wir einen Schritt weiter. Im Speziellen geht es um die Zusammenführung von Daten und Analysen zur leichteren Identifizierung sogenannter Gefährder, also von Personen, von denen eine ernste Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Ziel dieser intensivierten Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern und anderen europäischen Staaten sind die Vorbeugung und Abwehr terroristischer Akte.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wird für die Beteiligung an der Datenbank verantwortlich sein und wird dafür auch Planstellen zur Verfügung gestellt bekommen. Ich denke, dass diese personellen Ressourcen richtig und auch effizient zum Wohle unserer Bürger eingesetzt werden.

Noch ein Punkt wäre in diesem Zusammenhang sehr wichtig: Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, wie schwierig und zeitaufwendig der Daten- und Informations­aus­tausch zwischen den Polizeibehörden ist. Die Gesetzesnovelle schafft die Möglichkeit, bei Einlangen von Personenfahndungsinformationen aus dem Ausland automatisierte Abfragen in Fahndungsevidenzen, im Zentralen Melderegister und im Fremdenregister,


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durchzuführen. Wir wissen, dass es schon jetzt mehr als 100 diesbezügliche Anfragen pro Tag gibt und diese in Zukunft auch nicht weniger werden. Daher ist diese Novelle schon mehr als notwendig.

Wie immer, wenn es um den Austausch von Daten geht, muss auch hierbei eine genaue Kontrolle im Hinblick auf den Datenschutz weiterhin gegeben sein und auch in Zukunft sichergestellt werden.

Ich hoffe auf eine breite Zustimmung und erwarte mir diese auch von diesem Hohen Haus im Interesse der Sicherheit in unserer Republik Österreich. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

18.48


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


18.48.52

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Vorredner haben schon angesprochen, dass eine wesentliche Notwendigkeit im Kampf gegen den Terrorismus natürlich der Datenaustausch auf europäischer Ebene ist. Wir wissen, dass die meisten der terroristischen Attentäter in den letzten Monaten und Jahren immer schon polizeilich bekannt waren und dass das größte Problem war, dass der Austausch der entsprechenden Informationen nicht funktioniert hat.

Kollege Schabhüttl hat es schon richtig angesprochen: Was dabei nie untergehen darf, ist natürlich das Grundrecht auf Datenschutz. Ich sehe in der hier vorliegenden Regierungsvorlage einige Probleme. Wir haben das im Ausschuss auch schon besprochen. Herr Bundesminister, ich denke, dass wir, was den Datenschutz betrifft, noch nicht dort sind, wo wir hinkommen sollten. Nichtsdestotrotz werden wir jetzt, anders als im Ausschuss, zustimmen, weil ich denke, dass wir ganz großes Augen­merk auf diesen Austausch der entsprechenden Informationen legen müssen, damit wir in Zukunft solche grauenhaften terroristischen Attentate verhindern können.

Ich gebe Ihnen aber trotzdem mit, dass wir ein ganz wesentliches Augenmerk auf das Grundrecht auf Datenschutz auch in diesem Zusammenhang haben müssen. Darauf müssen wir noch intensiver schauen. (Beifall bei den NEOS.)

18.50

18.50.04

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die internationale polizeiliche Kooperation geändert wird, samt Titel und Eingang in 1612 der Beilagen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit, der Gesetz­entwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Polizeikooperationsgesetz und das Gesetz über das


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Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden, samt Titel und Eingang in 1674 der Beilagen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit. Auch dieser Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

18.51.1823. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1621 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geän­dert werden (Strafgesetznovelle 2017) (1737 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1671/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (1738 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1941/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Radikalisierung von Mithäftlingen im Gefängnis (1739 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2048/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Strafobergrenzen für junge Erwachsene an jene bei Erwachsenen (1740 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zu den Punkten 23 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


18.52.24

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus und vor den Fernsehgeräten! Es wird hier mehreres unter einem verhandelt, einerseits eine Regierungsvorlage, mit der im Strafrecht Änderungen durchgeführt werden sollen. Das ist insofern ganz interessant, weil wir erst vor sehr kurzer Zeit eine große Straf­rechtsnovelle gemacht haben, die eine jahrelange Vorlaufzeit hatte. Man konnte eigentlich davon ausgehen, dass damit jetzt einmal für einige Zeit im Strafrecht nichts zu ändern ist, aber es gibt offenbar Änderungsbedarf.

Die Regierung schlägt ein paar Punkte vor: Einerseits soll die sexuelle Integrität ein notwehrfähiges Rechtsgut sein. Das ist etwas, das wir mittragen, völlig richtig finden und das auch Anträgen entspricht, die wir bereits gestellt haben.


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Die sexuelle Belästigung in der Gruppe ist leider ein Phänomen, das in den letzten Jahren aufgrund der massiven Zuwanderung aus bestimmten Gegenden dieser Erde zugenommen hat. Daher ist es auch eine notwendige Konsequenz, darauf zu reagie­ren und das als besonders verwerflich mit einer höheren Strafe zu bedrohen.

Auch für Körperverletzung gegen Bedienstete im öffentlichen Verkehr soll es eine erhöhte Strafdrohung geben. Auch das unterstützen wir, weil das leider auch ein Phä­nomen ist, das zunimmt und mit dem diese Personen in besonderem Ausmaß kon­frontiert sind; meistens ist es schlicht und einfach Gewalt.

Letztlich wird ein neuer Paragraf eingeführt, in dem sogenannte staatsfeindliche Bewe­gungen unter Strafe gestellt werden sollen. Das klingt zwar sehr gut, es ist meines Erachtens aber auch so ein bisschen das, was man oft unter Populismus versteht, man reagiert also auf etwas und sagt: Ja, wir machen etwas, wir machen einen neuen Straftatbestand, denn wenn man im Strafrecht etwas ändert, dann ist man auf jeden Fall immer auf der sicheren Seite, denn dann hat man sozusagen die härteste Drohung gesetzt, die ein Staat setzen kann!

Tatsache ist aber, dass das ein politisches Delikt und damit ein Gesinnungsdelikt ist, und das ist per se schon einmal sehr heikel. Meines Erachtens ist es sehr unklar formuliert und trifft nicht ins Schwarze – wie soll man sagen? –, es trifft jedenfalls sehr unklar eine Personengruppe. Wir haben festgestellt, es gibt etwa 1 000 Personen, die man als Reichsbürger oder Freemen oder wie auch immer bezeichnen kann. Diese Personen haben zweifellos sehr abstruse Gedanken, hängen sehr abstrusen Dingen, Verschwörungstheorien und so weiter an, das ist alles kaum nachvollziehbar. Die Frage ist aber: Muss ich das im Strafrecht sanktionieren?

Ich zitiere jetzt nur: Die Bewegung muss den Zweck haben, „fortgesetzt auf eine Weise, durch die sich die staatsfeindliche Ausrichtung eindeutig manifestiert, gesetz­widrig die Vollziehung von Gesetzen, Verordnungen oder sonstigen hoheitlichen Ent­schei­dungen der Behörden zu verhindern oder die angemaßten oder behaupteten Hoheitsrechte durchzusetzen.“ Und so weiter. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Da ist, glaube ich, schon einmal jeder ausgestiegen. Das ist der Straftatbestand; es ist eben, wie gesagt, ein Gesinnungsdelikt.

Wir haben Gott sei Dank genug Möglichkeiten, gegen diese Personen vorzugehen: Sie drohen, sie begehen Körperverletzungen, sie machen alles Mögliche, das im normalen Strafrecht bereits sanktioniert ist. Nicht zuletzt gab es bereits in den letzten Monaten Hausdurchsuchungen und etliche Festnahmen, weil man gegen diese Menschen eben auch mit den normalen Strafbestimmungen vorgehen kann, ohne dass man ins Gesinnungsstrafrecht geht.

Eigenartig ist auch noch, dass der Einzelrichter zuständig sein soll, obwohl ganz klar festgelegt ist, dass, wenn es schon politische Delikte sind, Geschworenengerichte zuständig sind. Auch das ist also systematisch nicht in Ordnung, das lehnen wir jedenfalls ab.

Ganz kurz, leider ist die Zeit heute sehr knapp, zu einem Antrag im Zusammenhang mit dem Strafrecht, den ich selbst eingebracht habe, der leider auch aktuell und notwendig ist: Bei dieser letzten Strafrechtsnovelle wurde unter anderem eingeführt, dass es junge Erwachsene gibt, das sind die Menschen zwischen 18 und 21 Jahren, die geringer bestraft werden sollen, weil sie in einer Adoleszenzkrise sind. Sie werden gerade erst erwachsen, da gibt es zum Teil wahrscheinlich noch einen großen Hormonstau, sie sind also übermütig und sollen daher geringer bestraft werden. Da gab es eine lange Diskussion, wir waren dagegen, wir haben das abgelehnt, Richter und Staatsanwälte haben sich massiv dagegen ausgesprochen.


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Jetzt haben wir das, jetzt stellt sich aber heraus, dass natürlich viele der sehr unan­genehmen und besonders auffälligen Straftaten von genau diesen Personen begangen werden. Die Terroristen in Paris zum Beispiel waren fast alle unter 21, die wären also nach diesem Strafrecht geringer zu bestrafen, mit maximal 15 Jahren etwa für die meisten Delikte, die sie begangen haben. Das ist in der Gesellschaft, wie ich glaube, nicht nachvollziehbar.

Oder: Der Vergewaltiger, der vor einigen Jahren im Bad einen jungen Burschen vergewaltigt hat, wurde ursprünglich mit acht Jahren bestraft. Dessen Strafe wurde jetzt vom Obersten Gerichtshof auf vier Jahre herabgesetzt, mit der Begründung: Na ja, junger Erwachsener, daher ist die Strafdrohung geringer, und daher bleibt man im unteren Drittel. (Abg. Walter Rosenkranz: Unerhört!)

Man braucht hier also die Justiz nicht zu kritisieren, wenn der Gesetzgeber selbst die Voraussetzungen dafür schafft. Das ist leider unter den gegebenen gesetzlichen Bestimmungen nachvollziehbar, und daher bin ich überzeugt, dass wir hier etwas ändern müssen.

Oder jetzt wieder: versuchte Vergewaltigung auf der Donauinsel. Zuerst einmal gab es keine Festnahme, weil geringe Strafdrohung, junger Erwachsener. Auch da wieder: junger Erwachsener, man kann ihn nicht festnehmen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft reagiert, weil sie merkt, dass das in der Bevölkerung nicht verstanden wird, das versteht kein Mensch mehr.

Das ist der Grund für meinen Antrag, dass man die Strafdrohung für die jungen Erwachsenen sehr wohl wieder an jene der Erwachsenen angleicht. Ich weiß, wir würden nach sehr kurzer Zeit die Strafrechtsänderung revidieren, aber meines Erach­tens ist das aufgrund der gegebenen Verhältnisse notwendig. Die Bevölkerung hat ein Anliegen, das ist wichtig, und bei all dieser Prävention muss man immer darauf schau­en, was wirklich in der Bevölkerung verankert ist, was die Bevölkerung versteht, was die Bevölkerung will. Das wäre insofern eine ganz sinnvolle Änderung, und ich hoffe daher, dass hier im Plenum vielleicht doch noch die – leider – Ablehnung im Aus­schuss umgedreht wird. In diesem Sinne bitte ich, meinem Antrag zuzustimmen.

Wir werden über das andere Strafrecht eine getrennte Abstimmung verlangen, damit wir den Teilen, die wir unterstützen, auch zustimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)

18.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


18.59.31

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine der zentralen Aufgaben des Strafrechts, bedenklichen Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft unerwünscht sind, entgegenzuwirken. Zu diesen bedenklichen Entwicklungen zählen heute auch die vermehrt auftretenden staatsfeindlichen Bewegungen, weiters das Phänomen, dass öffentliche Veranstaltungen von Gruppen für sexuelle Übergriffe auf Frauen genützt werden, sowie zunehmende Aggressionsakte gegenüber Beamten und gegenüber Mitarbeitern von Verkehrsunternehmen. Auf all diese Entwicklungen wird mit der gegenständlichen Strafgesetznovelle reagiert. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Bei den staatsfeindlichen Bewegungen handelt es sich um Bewegungen, die die Hoheitsrechte der Republik Österreich ablehnen; denken Sie etwa an Freemen, Sou­veräne Bürger, Reichsbürger et cetera. Diese Bewegungen, denen sich österreichweit aktuell bereits über 1 100 Personen angeschlossen haben, versuchen, die Vollziehung von Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Entscheidungen der Behörden zu verhin-


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dern und bestehende staatliche Strukturen zu lähmen. Sie lehnen zum Beispiel die Entrichtung von Steuern, die Einhaltung von Gesetzen wie beispielsweise der Straßen­verkehrsordnung oder auch verschiedener zivilrechtlicher Vorschriften ab. Hingegen nehmen sie ihre Rechte wie zum Beispiel auf Bezug von Sozialleistungen sehr vehe­ment in Anspruch. Da ist die Ablehnung gegenüber dem Staat wenig überraschend weniger stark ausgeprägt. Um die weitere Ausbreitung dieser Bewegungen zu verhin­dern, wird der neue Tatbestand „Staatsfeindliche Bewegungen“ in das Strafgesetzbuch aufgenommen.

Herr Kollege Stefan hat vorhin gerade kritisiert, dass dieser Tatbestand zu unklar definiert ist. Dazu sei darauf hingewiesen, dass ja auch den im Begutachtungs­ver­fahren vorgebrachten Bedenken Rechnung getragen wurde und eine eigene, präzi­sierte Definition der staatsfeindlichen Bewegungen vorgenommen wurde. Eine solche Bewegung liegt nunmehr nur dann vor, wenn die Hoheitsrechte „rundweg“ abgelehnt werden und das Ziel die fortgesetzte gesetzwidrige Verhinderung der Vollziehung beziehungsweise die Durchsetzung angemaßter Hoheitsrechte ist. Es genügt nicht, einzelne Entscheidungen nicht anzuerkennen oder sich kritisch mit politischen Fragen auseinanderzusetzen, vielmehr müssen die Hoheitsrechte in ihrer Gesamtheit nicht anerkannt werden.

Wie Sie den Gesetzesmaterialien entnehmen können, fallen daher zum Beispiel ge­waltfreie Proteste, Demonstrationen oder sonstige Aktionen, die eine kritische Aus­einandersetzung mit Politik, dem Staat, Politikern oder auch einzelnen Entschei­dungen der Behörden zum Gegenstand haben oder versuchen, ein Überdenken der Entschei­dungen zu erreichen, nicht unter diesen Tatbestand.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ermöglichen Sie mit Ihrer Zustimmung eine maßvolle Reaktion auf unerwünschte Entwicklungen im Bereich der Kriminalität! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Feichtinger.)

19.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann Mag. Steinhauser ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.03.00

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Diese Strafgesetznovelle umfasst ja mehrere Punkte, das haben schon einige Vorrednerinnen und Vorredner gesagt. Ich möchte auch getrennt Stellung nehmen, denn manches davon teilen wir, anderes nicht. Dass wir am Ende dagegenstimmen, ist halt so, wenn manches enthalten ist, das wir nicht teilen.

Es sind zwei Punkte enthalten, die wir teilen: Das eine ist, dass Angriffe auf die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung notwehrfähig werden; das heißt, wenn jemand sexuell belästigt wird und sich wehrt – vorausgesetzt natürlich: verhältnis­mäßig, das ist klar –, dann ist das straffrei. Das ist richtig, das teilen wir. Wir waren beim Thema sexuelle Belästigung immer konsequent und bleiben auch konsequent, daher werden wir auch den Regelungen betreffend Gruppenbelästigung zustimmen, weil wir schon glauben, dass die Rechtsgutverletzung höher ist, wenn eine Person von einer Gruppe belästigt und bedroht wird als von nur einer Person. Es ist natürlich immer abzulehnen und es ist immer schlimm, aber klar ist, dass die Betroffenheit natürlich noch einmal höher ist, wenn man einer Gruppe gegenübersteht, und daher der Rechtsunwert strenger zu bestrafen ist.

Zum Thema Reichsbürger: Sie wissen, Herr Minister, dass uns diese Gruppe nicht nahe steht und wir da keinerlei Sympathie haben; trotzdem stehen wir diesem Teil der Novelle ablehnend gegenüber. Für uns ist Rechtskultur ein hohes Gut, und Sie haben


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einmal in einem anderen Zusammenhang in einem Interview etwas gesagt, was mich damals nicht gefreut hat, was ich aber grundsätzlich teile. Sie haben gesagt, das Strafrecht könne nicht speziell auf eine Gruppe zugeschnitzt werden. –Genau das machen Sie jetzt, indem Sie einen eigenen Reichsbürger-Paragrafen einführen.

Das wäre aber nicht notwendig, weil das Strafrecht schon jetzt eine Vielzahl von Strafparagrafen kennt, die auf Reichsbürger angewendet werden, und es kommt auch zu Prozessen. Ich nenne nur ein paar Tatbestände – was haben wir alles? –: schwerer Betrug, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Erpressung, Urkundenfälschung, gefähr­liche Drohung, Nötigung, Amtsanmaßung, beharrliche Verfolgung. – All das sind Straftatbestände, die im Zusammenhang mit Reichsbürgern angewendet werden. Wir brauchen kein auf einzelne Gruppen speziell zugeschnitztes Strafrecht.

Ich gestehe Ihnen auch noch zu, dass Sie durchaus auf unsere Kritik reagiert haben. Der Erstentwurf barg eine gewisse Missbrauchsgefahr; diese haben Sie insofern eingeschränkt – da gebe ich Kollegin Karl recht –, als jetzt eine fortgesetzte Ablehnung von staatlichem Handeln notwendig ist. Damit ist ziviler Ungehorsam im Einzelfall nicht von diesem Paragrafen erfasst; ich hoffe, dass das weitgehend genug ist, um Missbrauch auszuschließen.

Es bleibt aber ein Punkt, und der ist für mich entscheidend: Das ist eine Form von Gesinnungsstrafrecht, weil schon die Einstellung strafbar wird. Das sagen die Erläuterungen relativ klar: „Es reicht aus, wenn eine Person beispielsweise Eingaben an Behörden richtet, welche auf dieser staatsfeindlichen Gesinnung beruhen, erfun­dene Ausweise oder Kennzeichen verwendet oder sich auf die Theorien dieser Bewe­gungen beruft bzw. diese [...] vertritt.“ – Das heißt, eine Einstellung, eine Sympathie, natürlich gepaart mit einem gewissen Handeln, führt zur Strafbarkeit.

In einer Demokratie ist der Einstieg in ein Gesinnungsstrafrecht immer ein heikler Punkt, egal, ob einem diese Gesinnung passt oder nicht passt. Meiner Meinung nach gibt es eine Gesinnung, die vom Strafgesetz verboten gehört, und das ist Wieder­betätigung, Relativierung von Holocaustverbrechen nach dem Verbotsgesetz. Das ist diese Republik seiner Geschichte schuldig, dass sie da eine rote Linie zieht. Alle anderen Gesinnungen sind mit politischem Gegenargument zu bekämpfen, und wenn sie den Rahmen des Strafgesetzbuches, so wie Straftatbestände es allgemein formu­lieren, überschreiten, dann greift das Strafrecht. Meinung alleine ist, auch wenn man sie ablehnt, nicht strafbar.

Ich denke, wenn man mit dem Gesinnungsstrafrecht beginnt, dann ist immer die Frage: Wo ist das Ende? Einmal sind es die Reichsbürger, dann ist es eine andere Gruppe. Ich denke, dass da ein Stück Rechtskultur verfällt, auch wenn ich verstehe, dass Beamtinnen und Beamte von diesen Reichsbürgern belästigt werden, keine Frage; aber dann ist das Strafrecht in der Form, wie es besteht, in Stellung zu bringen. Diese Verfahren und Prozesse werden auch geführt, und ich würde diese rote Linie gerne eingehalten wissen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bernhard und Scherak.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


19.07.11

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! An sich ist es eine Tradition, kann man fast sagen, dass wir die meisten Materien insbe­sondere im Bereich des Strafrechts hier im Plenum nahezu einstimmig beschließen. Wir gehen heute davon ab, ich bin auch nicht wahnsinnig glücklich darüber. Ich denke,


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dass es eine Reihe von Materien ist, die insbesondere eigentlich den Staat, die Beamten unterstützen und mehr schützen sollen, da es Vorkommnisse gibt, die sich gegenüber der Vergangenheit abheben, weil es auch neue Strömungen gibt, neue Verhaltensweisen; das betrifft etwa – vielfach belächelt – die Schaffner, die zusätzliche Unterstützung bekommen sollen, und das gilt natürlich auch im Zusammenhang mit der Diskussion über das Gesinnungsstrafrecht, den Freeman.

Wir haben lange herumdiskutiert, wir haben das Gesetz, glaube ich, drei Mal geändert. Es gibt ja jüngst auch einen Kommentar aus dem Haus, wonach nicht klar ist, ob es in Zukunft wirklich ohne Weiteres durchsetzbar ist, dass wir abseits eines Gesin­nungs­strafrechts in diesem Tatbestand vor Erreichen von Tatbeständen, die es bereits jetzt gibt, Handlungen feststellen; ich gehe davon aus, der Herr Bundesminister wird dies­bezüglich auch noch ein paar Worte dazu sagen.

Es ist, würde ich sagen, eine Herausforderung. Wir sind davon überzeugt, dass wir hier eine Verbesserung schaffen – nicht mit der allergrößten Sicherheit; gewünscht hätte ich mir, dass wir eine Lösung finden, die von einer breiteren Mehrheit im Haus getragen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


19.09.02

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Problem mit doch sehr häufigen StGB-Novellen ist, dass wir in letzter Zeit immer wieder das Gefühl bekommen – oder zumindest ich das Gefühl bekomme –, dass das Strafrecht nicht mehr dafür verwendet wird, wofür es eigentlich da ist, nämlich als Ultima Ratio. Dort, wo wir heute bei dieser Novelle die sexuelle Integrität in den Katalog der notwehrfähigen Güter hineinnehmen, dort, wo wir die Regelungen betref­fend Gruppenbelästigung verschärfen, dort, glaube ich, ist es richtig so, und das machen wir auch entsprechend dem Ultima-Ratio-Prinzip.

Es gibt aber Teile in dieser Novelle, die aus offensichtlich anderen Gründen gemacht werden, teilweise weil es sich vielleicht medial gut verkaufen lässt. Weil Kollege Jarolim gerade vorhin die Schaffner angesprochen hat: Dazu hat Frau Kollegin Karl im Ausschuss etwas sehr Spannendes gesagt; sie hat nämlich gesagt, dass es wissen­schaftlich quasi bewiesen ist, dass eine höhere Strafandrohung keine große Präventiv­wirkung hat beziehungsweise gar keine Präventivwirkung hat.

Das ist genau das Problem bei der Verschärfung der Regelungen betreffend tätliche Angriffe auf Schaffner und Polizeibeamte: dass wir eigentlich – wissenschaftlich fundiert – wissen, und Kollege Jarolim weiß das ja auch, dass wir den Schaffnern und den Polizeibeamten durch eine höhere Strafandrohung nicht helfen werden. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen entsprechend besser geschützt werden, aber in der Wissenschaft ist klar, dass die höhere Strafandrohung nicht dazu führt, dass solche Angriffe nicht mehr passieren.

Was wir tun, ist Folgendes: Wir stellen das gesamte System, die Gewichtung des Systems komplett auf den Kopf und verschärfen halt etwas, weil es medial gut klingt. – Das halte ich nicht für sinnvoll.

Zu dem wirklich gefährlichen Teil, zur berühmten Lex Reichsbürger, zu den Freemen: Da machen wir etwas in der österreichischen Rechtsordnung, was hochgefährlich ist. Wir implementieren damit Gesinnungsstrafrecht in das österreichische Strafgesetz, und das ist etwas, was in entwickelten Demokratien eigentlich keinen Platz haben sollte. In Zukunft wird sich jemand strafbar machen, der eine Handlung setzt, die an und für sich


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nicht strafbar ist, die ganz rechtmäßig ist, in der sich aber, weil er sich einer Bewegung angeschlossen hat, die zum Beispiel die Republik Österreich nicht anerkennt, diese Gesinnung manifestiert. Das heißt, er tut an und für sich nichts Rechtswidriges, aber er ist deswegen strafbar, weil wir sagen, dass seine Gesinnung uns nicht passt. – Das halte ich für hochgefährlich.

Natürlich müssen wir diesen teilweise sehr aggressiven Staatsverweigerern entgegen­treten, und dafür gibt es genügend Tatbestände, die vorhin auch schon angesprochen wurden: Das geht von der Nötigung über Körperverletzung, über Amtsanmaßung – da ist schon genügend da – bis hin zur terroristischen Vereinigung.

Was wir aber wirklich nicht machen sollten, ist, etwas zu tun, was in einer entwickelten Demokratie keinen Platz hat, nämlich jemanden zu bestrafen, weil er eine Gesinnung hat, die uns nicht passt, die wir ablehnen – die man sicher ablehnen kann, und ich lehne sie genauso ab –; jemanden nur deswegen zu bestrafen, weil sich diese Gesin­nung, die er als Angehöriger einer Gruppe hat, in irgendeiner an und für sich recht­mäßigen Handlung manifestiert. Das ist Gesinnungsstrafrecht, und Gesinnungsstraf­recht hat in einer entwickelten Demokratie ganz sicher nichts verloren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

19.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich ist der nächste Redner. – Bitte schön.

 


19.12.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! In letzter Zeit hat es etliche bedenkliche Entwicklungen gegeben, dem versucht man mit der Novellierung des Strafrechts Rechnung zu tragen. Es stimmt schon, die Ausführungen der Vorredner haben etwas für sich, dass man da sehr genau abwägen muss. Die Argumente, die sie vorbringen, haben schon etwas für sich, aber ich denke mir, die Aggression und die Vehemenz, mit der diese Gruppie­rungen auftreten, sind es schon wert, sich damit zu befassen und sozusagen den Anfängen zu wehren und Einhalt zu gebieten.

Bei all den berechtigten Argumenten, die Sie hier nennen – und das ist natürlich eine Gratwanderung –, ist es aber trotzdem so: Wenn man sieht, wie das Auftreten ist, wie stark die Untergrabung ist, wie aggressiv gegen Polizisten und andere Beamte, die den Staat repräsentieren, vorgegangen wird, dann muss ich sagen, ich finde es richtig, dass da Schritte gesetzt werden. Es sollen ja auch die Gründung von derartigen staatsfeindlichen Bewegungen, die führende Beteiligung oder eben die Ausführung von staatsfeindlichen Handlungen unter Strafe gestellt werden. – Also ich finde, es ist richtig und auch notwendig, dieses Signal zu geben.

Was die Attacken auf Schaffner oder jene, die in Öffis ihren Dienst tun, betrifft: Da geht es auch darum, diesen Menschen ein Signal zu geben, zu sagen: Wir, der Staat, sind bereit, euch, die ihr täglich Arbeit für uns leistet, zu schützen! Daher soll da das Straf­ausmaß erhöht werden. Man kann darüber streiten, ob das sinnvoll ist, aber es ist ein Signal für diese Leute, damit sie nicht das Gefühl haben, sie hängen in der Luft.

Letzter Punkt: Ich finde es richtig, was betreffend die sexuelle Belästigung durch Grup­pen gemacht wird. Es kann nicht sein, dass junge Mädchen, Frauen bei Veranstal­tungen, etwa zu Silvester, bei Konzerten von Männern in Gruppen belästigt werden. – Das darf nicht sein, das kann nicht sein. Österreich ist ein sicheres Land, wir müssen das aufrechterhalten, und daher ist es richtig, dass das Strafrecht diesbezüglich novel­liert wird und in dieser Hinsicht einschreitet, damit Frauen derartige Veranstaltungen, Events unbelästigt besuchen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.14



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 353

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte schön.

 


19.14.30

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich nehme es gleich vorweg: Wir werden diesem Gesetz auch zustim­men, weil doch einige Maßnahmen enthalten sind, die eine Verbesserung bringen. Das Antanzen ist angesprochen worden, wir alle kennen die Schlagzeilen. Da brauchen wir nicht nach Köln zu schauen, das gab es in Österreich auch, zu Silvester in Innsbruck und in verschiedenen anderen Städten. Wir werden also diesem Gesetz zustimmen.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, den Antrag des Kollegen Stefan, der meiner Ansicht nach absolut seine Berechtigung hat. Wenn wir jetzt schauen, was aufgrund der geringen Strafdrohungen, der halben Strafdrohungen bei jungen Erwachsenen beziehungsweise „Jugendlichen“ – unter Anführungszeichen – passiert, sehen wir: Die Polizisten haben es immer wieder mit 17-Jährigen zu tun, das erzählen sie. Jeder Afghane, der nach Österreich kommt, ist 17 Jahre alt, ob er schon weiße Haare und einen Bart hat, das ist wurscht, er ist 17 Jahre alt; da können Sie mit Polizeibeamten reden, das ist gang und gäbe. Im Zweifel bekommen die dann recht, und irgendwann später kommt man dann drauf, dass sie schon viel, viel älter sind, aber sie kommen mit den geringfügigeren Strafen davon, weil sie sich als Jugendliche ausgegeben haben.

Herr Bundesminister beziehungsweise Herr Vizekanzler – ich muss mich noch daran gewöhnen –, im Allgemeinen wird bei den Strafen oft mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um Österreicher beziehungsweise ausländische Staatsbürger geht, und ich möchte Ihnen ein Beispiel bringen, das mir ziemlich aufgestoßen ist; ein Artikel auf „Vorarlberg online“, vom 29. Mai dieses Jahres: „Mit Gewalt gegen Abschiebung“.

Ich lese das kurz vor: „Ein fünffacher Familienvater, Staatsbürger der russischen Föde­ration,“ – also Tschetschene –, „wollte im März verhindern, dass seine Mutter in das Polizeianhaltezentrum Wien gebracht wird.“ – Das hat in Bregenz stattgefunden. Weiter heißt es da: „Als die Polizeibeamten die Frau zuhause abholen wollten, führte sich der Sohn wild auf und verletzte einen Beamten. Die Geldstrafe wegen versuchten Widerstandes“ gegen die Staatsgewalt „und schwerer Körperverletzung“: 480 € und weitere 480 € bedingt.

Herr Bundesminister! Wir haben gerade vor Kurzem mit dem Herrn Innenminister darüber gesprochen, dass wir keine beziehungsweise nicht mehr viele Polizeibeamte bekommen, kaum Leute für den Job begeistern können. Wenn der Staat die Beamten so schützt, dann dürfen wir uns nicht wundern!

Jetzt kommt noch das Beste – das habe ich vorzulesen vergessen –, das war nämlich ein Abwesenheitsurteil: „Der Mann wurde in Abwesenheit verurteilt. Die Ladung hat er zwar bekommen“, den Verhandlungstermin hat er geschwänzt.

Meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, wenn wir unsere Gerichte von Straftätern so behandeln lassen und unsere Polizei so schützen, dann läuft irgend­etwas falsch in diesem Staat! (Abg. Walter Rosenkranz: ... Milderungsgrund!) Das möchte ich Ihnen mitgeben, da ich ja nicht mehr zum Nationalrat kandidieren werde, aber weiterhin im Polizeidienst tätig bin; ich möchte meinen Kollegen sagen können, dass sie von ihrem Arbeitgeber und vom Staat geschützt werden, so wie es sich gehört, und dass der Staat hinter ihnen steht. Solche Urteile zeigen mir, dass der Staat nicht hinter seinen Beamten steht.

Übrigens wundere ich mich eh darüber, dass das nur versuchter Widerstand war – vielleicht ist das schlecht recherchiert worden –, meiner Ansicht nach ist es vollendeter Widerstand gegen die Staatsgewalt, wenn ein Beamter verletzt wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 354

Herr Bundesminister, es gibt viel zu tun! Sie kandidieren, glaube ich, auch nicht mehr, was ich so gehört habe (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Brandstetter), aber geben Sie es weiter, geben Sie es in Ihrem Ministerium und in Ihrer Partei weiter, damit da etwas geschieht, denn sonst schauen wir arm aus. – Danke. (Beifall beim Team Stronach, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

19.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte schön.

 


19.18.31

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zur Verschärfung des Strafrechts: Faktum ist, wir erleben eine steigende Gewaltbereitschaft in der Öffentlichkeit, Faktum ist, dass jetzt schon fast jeden zweiten Tag ein Zugbegleiter attackiert wird; das sind Zahlen der Österreichi­schen Bundesbahnen. Die Gewalttaten gegen Mitarbeiter im öffentlichen Verkehr werden nun ein eigener Tatbestand. Ich denke, das ist sehr, sehr sinnvoll, dass wir jene, die für uns da sind, die für den öffentlichen Verkehr da sind, unter einen beson­deren Schutz stellen.

Zweiter Punkt, das sogenannte Antanzen, Antanzen mit Belästigung: Das ist leider ein Delikt, das ein öffentliches Thema, ein öffentliches Ärgernis geworden ist. Meist wer­den Frauen, manchmal einzelne Frauen von Männergruppen umringt, das erzeugt enorme Angst; es kommt nicht nur zu sexuellen Belästigungen, das geht bis zur Vergewaltigung. Mit diesem Tatbestand wird es in Zukunft auch leichter Verurteilungen geben.

Das Strafrecht regelt nun aber auch Delikte im Zusammenhang mit sogenannten Staatsverweigerern: Ich denke, gegen Menschen, die das Gemeinwesen in Österreich „rundweg“, wie es im Gesetz heißt, also völlig infrage stellen, darf sich ein demokra­tischer Rechtsstaat wehren.

Zu den praktischen Auswirkungen: Zielscheibe dieser Gruppen sind insbesondere Vertreter des österreichischen Staates – Gerichtsvollzieher, Richter, Staatsanwälte, Justizbeamte, Polizisten. Es kommt zu Körperverletzungen, Widerstand.

Eine besondere Geschichte ist das Eintragen von österreichischen Beamten in das internationale Schuldenregister im US-Bundesstaat Washington. Am österreichischen Konsulat in San Francisco ist schon ein Beamter abgestellt, der österreichische Beamte berät, wie sie hier gegensteuern und wieder aus diesem Schuldenregister herauskommen. Das ist Mobbing auf höchster Ebene, und es ist wirklich angesagt, dass sich die Republik Österreich hier wehrt. Sollen unsere Gesetze vollzogen werden, dann müssen jene – und das sind Beamte und Beamtinnen – hier besonders geschützt werden, und das machen wir mit dieser Novelle des Strafrechts.

Das heißt, es geht um aggressive Akte gegen Beamte, es geht um existenz­bedro­hende Aktionen dieser Staatsverweigerer, und hier ist einfach Handeln angesagt. Ich verstehe daher wirklich nicht, warum FPÖ und Grüne da nicht mitkönnen, ich finde, das ist sehr schade. Ich möchte aber Bundesminister Brandstetter gratulieren, aber auch dem Justizausschusses für die Arbeit zu dieser Gesetzesvorlage. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz gelangt nun zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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19.21.29

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Berlakovich hat gesagt, dass es mittlerweile einfach schon bedenkliche Ent­wicklungen in dieser Republik gibt und das Strafrecht antworten muss. Frau Kollegin Karl von der ÖVP hat gesagt, dass es einfach gesellschaftliche Dinge gibt, die unerwünscht sind, und das Strafrecht darauf reagieren muss. Und Kollege Troch hat gesagt, dass es eine steigende Kriminalität gibt.

Und was machen wir Freiheitliche? – Wir sagen, dass es bedenkliche Entwicklungen, gesellschaftlich unerwünschte Dinge und steigende Kriminalität gibt, nämlich dort, wo Asylwerber am Werk sind. (Beifall bei der FPÖ.) Jeden Tag gibt es diese Meldungen, ich habe heute schon ein paar zitiert. Die Vergewaltigungsgeschichte: Zuerst sieben Jahre, dann kippt das auf vier Jahre hinunter, weil das Gesetz diesen Rahmen eben auch so hergibt. Und was machen wir Freiheitliche? – Wir stellen den Antrag, dass wir die Begehung unter dem Missbrauch des Gastrechtes – denn nichts anderes ist das, wenn ein Asylwerber oder jemand, der abgelehnt ist, eine Straftat begeht –, weil gesellschaftlich so erwünscht, als besonderen Erschwerungsgrund sehen.

Es gibt viele besondere Erschwerungsgründe. Zum Beispiel wird jemand, der etwas aus Fremdenfeindlichkeit, aus Rassismus begeht, dann schwerer bestraft. Das Gastrecht ist offensichtlich nicht so heilig – für uns Freiheitliche schon –, aber uns wundert es insbesondere, dass dieser Punkt im Ausschuss nicht einmal vertagt wurde, sondern dass die ÖVP-Neu sogar eigentlich die Hauptattacke gegen diesen Antrag geritten hat und das wissenschaftlich begründet hat. Bei uns geht es nicht um die Wissenschaft und um die Lehre, sondern um das, was die Bevölkerung will! So sind Gesetze zu machen und nicht anders! Ich bin gespannt, wie sich diese Vorgangsweise in der ÖVP-Neu dann fortsetzen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Feichtinger gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.23.25

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Zu den vorliegenden Regelungen der Strafgesetznovelle 2017 wurde insbesondere zum Tatbestand der staatsfeindlichen Bewegungen schon etliches ausgeführt. Wir können dieser Neuregelung guten Gewissens zustimmen, sie ist in ihrer Formulierung für uns akzeptabel und nicht als Gesinnungsstrafrecht zu deuten.

Ich möchte aber noch ein paar Worte zu den anderen Tatbeständen verlieren. Neben der Schaffung einzelner neuer Qualifikationen beziehungsweise der Erhöhung von Strafdrohungen im Bereich der Körperverletzung gibt es vor allem Neuregelungen im Bereich der sexuellen Integrität, die nunmehr als notwehrfähiges Gut anerkannt wird. Das begrüßen wir ausdrücklich und auch das bereits angesprochene Delikt der Begehung der sexuellen Belästigung als Gruppendelikt. Ich finde – und da schließe ich mich Kollegen Berlakovich an –, dass das Strafrecht das richtige Instrument ist, um auf diese Entwicklung zu reagieren. Wir werden daher dieser Vorlage auch guten Gewis­sens zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

19.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lausch zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.24.59

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich auf den Antrag 1941/A(E), der im


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 356

Ausschuss abgelehnt wurde. Das ist mir nicht ganz verständlich, denn ich glaube, dieser Antrag wäre wichtig und richtig.

Worum geht es in diesem Antrag? – Die Bundesregierung, insbesondere der zustän­dige Bundesminister für Justiz, wird aufgefordert, „schnellstmöglich gesetzliche Rah­menbedingungen zu schaffen, um sicherzustellen, dass islamistisch radikalisierte Häftlinge in eigens dafür ausgelegten Sicherheitsabteilungen räumlich getrennt von anderen Häftlingen untergebracht werden, um eine drohende Radikalisierung von Mit­häftlingen zu unterbinden“.

Ich denke mir, das ist nichts Schlechtes, das ist sogar etwas sehr, sehr Gutes, das blickt in die Zukunft. Das ist keine Realitätsverweigerung, das ist die Realität. Von SPÖ-Seite ist im Ausschuss gekommen: Na, so ein Blödsinn! Ganz anders soll man es machen. Man soll sie nicht konzentrieren, man soll sie verteilen. – Das würde ja den ganzen Strafvollzug konterkarieren, weil wir das ja bei besonders gefährlichen Insas­sen auch machen. Die sind auf Sicherheitsabteilungen, denn sonst könnten wir auch sagen, dass wir in der Justizanstalt Stein den „West E“ sofort auflösen und alle durch die ganze Anstalt mischen. Das will man ja nicht. Man hat ja Anstalten, die einen gewissen Zweck im Vollzug haben, und dort natürlich auch Abteilungen. Es wäre etwas komplett Gutes, so etwas zu machen.

Herr Bundesminister, Sie haben ja nicht einmal Maßnahmen. Wenn der Verdacht besteht, dass eine Person islamistisch radikalisiert ist – das sieht man ja schon am Delikt –, dann müsste zu Beginn ein standardisiertes Risikoscreening erfolgen. Das erfolgt nicht, das macht man eigentlich nicht. Dann müsste man natürlich den Kontakt nach außen und innen speziell überwachen, die Arbeit, den Besuch und, und, und. Man müsste sich da schon mit der Materie auseinandersetzen und bei der Entlassung aus der Haft die Behörden vorwarnen und ein sogenanntes Abschlussscreening machen. Das alles passiert nicht.

Man sagt: Dieses Problem haben wir nicht, das gibt es nicht!, obwohl es 250 Inhaftierte gibt, die sehr wohl in Verdacht stehen, sogenannte Gefährder zu sein. Und die lässt man dann auf die Menschen draußen los. Sie wissen ja ganz genau, Herr Bundes­minister, dass sehr viele dieser Personen Jugendliche und junge Erwachsene sind. Und die hält man in Österreich, weil es ja so etwas nicht gibt, man so etwas ja nicht will und so etwas ja nicht braucht, auch noch im gelockerten Vollzug an. Das heißt, die haben verringerte Einschlusszeiten, die haben alle Möglichkeiten, mit der Außenwelt in Kontakt zu treten, und, und, und. Wie gesagt, Jugendliche und junge Erwachsene sind im gelockerten Vollzug angehalten, da schaut man nicht so genau hin, und genau da droht die Gefahr.

Hier zu handeln, davor schreckt man zurück, das will man nicht. Das nehmen wir so zur Kenntnis. Ich hoffe, dass sich diesbezüglich bei der Nationalratswahl am 15. Okto­ber etwas ändert, denn wir sehen das für absolut wichtig an. Das ist auch Schutz für die Bevölkerung, und dafür sind wir gewählt und dafür sind wir da. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Vizekanzler Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


19.28.30

Bundesminister für Justiz Vizekanzler Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich beginne vielleicht mit einer kurzen Stellungnahme zu dem zuletzt vom Herrn Abgeordneten Lausch ange­sprochenen Punkt. Da kann ich mich kurz halten:


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Selbstverständlich sehen wir die Gefahr einer Radikalisierung in der Haft, und selbstverständlich tun wir auch schon seit langer Zeit alles dagegen, was man vor allem auch mit Hilfe von externen Experten dagegen tun kann, in ständiger intensiver Abstimmung mit dem BVT und selbstverständlich unter Einsatz aller Möglichkeiten, die wir haben. Wir haben derzeit aktuell 63 Inhaftierte, die diesem terroristischen Bereich von der Gefährdung oder auch von der Verurteilung her zuzuordnen sind. Diese 63 Personen wurden von Anfang an natürlich so behandelt, dass man dieses Gefahrenpotenzial entsprechend berücksichtigt hat – mit speziellen Vollzugsplänen von Anfang an.

Ich möchte nur eines klarstellen: Wir haben – das darf ich schon auch für uns in Anspruch nehmen – diese Gefahr von Anfang an sehr ernst genommen und haben wirklich unter Beiziehung auch externer Experten alles dagegen unternommen, was man dagegen unternehmen kann. Bis jetzt ist es offenbar auch Gott sei Dank gelun­gen, dieses Gefährdungspotenzial in Österreich jedenfalls zu beherrschen. – Das nur dazu.

Jetzt zur kleineren StGB-Novelle an sich: Mein Gott, wissen Sie, das hat eine allge­meine und eine spezielle Komponente. Ich bleibe einmal bei der allgemeinen. Natürlich muss man schon eines festhalten: Es geht offenbar speziell um den Tatbestand gegen die Reichsbürger, die sogenannten Reichsbürger, gegen die deklarierten Staatsfeinde, die wirklich ganz gezielt gegen den Staat und seine Institutionen vorgehen. Da haben wir es uns nicht leicht gemacht.

Ich möchte die Gelegenheit auch nützen, allen Justizsprechern, auch der Justiz­sprecherin der ÖVP wirklich meinen Dank für dieses konstruktive Zusammenwirken auch im Justizausschuss auszusprechen, das dazu geführt hat, dass wir eigentlich weitgehend – wenn auch nicht hundertprozentig, aber doch weitgehend – Konsens erzielt haben. In einem Punkt waren wir uns ja einig: Man muss schon etwas unter­nehmen, wenn eine doch größere Gruppe von Personen – das BVT spricht von jeden­falls mehr als tausend Personen, die dieser Gruppierung der Staatsverweigerer, Staatsfeinde zuzuordnen sind – durch aktives Tun darangeht, den Staat und seine Organe in jeder Form zu behindern, sozusagen Sand ins Getriebe zu streuen, auch wirklich zu verhindern, dass die Rechtsordnung auch durchgesetzt werden kann, denn dann gibt es ein allgemeines Problem.

Der Rechtsstaat lebt auch von seiner Durchsetzbarkeit, er lebt auch davon, dass er als solcher ernst genommen werden kann und dass auch jeder weiß: Wenn man gegen Gesetze verstößt, dann wird gleichermaßen jeder die entsprechenden Konsequenzen tragen müssen. Das Recht ist für alle gleich, hat für alle gleich zu sein. Das ist der allgemeine Aspekt. Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht nur einen Satz zitieren, den ich in diesem Zusammenhang für sehr, sehr treffend halte. Mein Sektions­chef der zuständigen Fachabteilung, Dr. Pilnacek, hat das kürzlich in der „Wiener Zeitung“ so formuliert, und das ist sehr, sehr treffend:

„Es geht vor allem darum, wie eine demokratische Gesellschaft mit der grundsätzlichen und vollständigen Ablehnung ihrer Gesellschaftsform umgeht, umso mehr als sich diese Ablehnung auch in der Schaffung eigener Exekutivbefugnisse materialisiert, die auch durch selbsternannte Sheriffs durchgesetzt werden sollen.

Muss hier tatsächliche Zurückhaltung geübt werden? Muss hier gewartet werden, bis es tatsächlich zu einem Angriff auf Exekutivorgane, Gerichtsvollzieher, Rechtspfleger oder Richter gekommen ist?“

Nein, natürlich nicht, und das ist der entscheidende Punkt. Wir müssen einfach zur Kennt­­nis nehmen, dass es Menschen gibt, die ganz gezielt – ich sage noch einmal: durch


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aktive Handlung, das geht weit über eine Gesinnung hinaus – gegen Staatsorgane vorgehen.

Jetzt komme ich zur individuellen Komponente: Ich gehe natürlich schon immer von der Perspektive der Betroffenen aus, von der Perspektive derjenigen, die tatsächlich Opfer von solchen Aktionen geworden sind und immer noch werden. Wir haben eine Menge Aufwand, den wir selbstverständlich treiben müssen, um Beamten zu helfen, die von solchen Staatsverweigerern in irgendeiner Form gemobbt werden, sei es durch Eintragung in dubiose Schuldenregister im Ausland oder sonst irgendwelche Aktivi­täten. Es kann nicht sein, dass diejenigen, die sich wirklich rechtstreu verhalten, in gewisser Weise die Dummen sind, weil sie erkennen müssen, dass diejenigen, die den Staat und seine Rechtsordnung total negieren und alles nur tun, um die Durchsetzung der Gesetze zu verhindern, einfach ohne Sanktionen davonkommen. Das geht nicht, und das ist der für mich entscheidende Punkt, das ist mehr als Gesinnungsstrafrecht.

Ich habe diese Bedenken natürlich von Anfang an ernst genommen. Ich verstehe das schon, Herr Abgeordneter Steinhauser, was Sie an Bedenken geäußert haben. Ich bin ja, wenn Sie so wollen, vom Fach, ich weiß das schon. Damit Sie uns aber vielleicht auch verstehen und damit Sie auch sehen, dass wir uns das mit diesem Tatbestand nicht leicht gemacht haben, möchte ich als Beleg dafür nur an eines erinnern.

Wir haben unter meiner Ägide mit der größeren StGB-Novelle aufgrund eines Gut­achtens von zahlreichen Experten einen Tatbestand abgeschafft, das ist vielleicht schon in Vergessenheit geraten, nämlich den Tatbestand der Aufforderung zum Unge­hor­sam gegen Gesetze. – So hieß der. Das war ein Straftatbestand, gerichtet gegen diejenigen, die öffentlich zum generellen Ungehorsam gegen Gesetze auffordern. Diesen Tatbestand haben wir nicht zuletzt auf Betreiben der Grünen, und das habe ich auch verstanden, mit Wirkung vom 1. Jänner 2016 abgeschafft, weil wir gesagt haben: Nein, das ist eigentlich Gesinnungsstrafrecht. Das geht zu weit. Und davon war ich auch überzeugt. Ich bin immer noch überzeugt davon, dass es richtig war, diesen Tatbestand abzuschaffen.

Dann kamen die Staatsverweigerer, dann kam dieses neue Phänomen, durchaus mit aktiven Handlungen, gezielt gegen unsere Beamten gerichtet, um diese zu behindern, um deren auf demokratischer Grundlage beruhende Tätigkeit zu behindern. Und da war mir klar: Da brauchen wir etwas, das aber eben mehr ist als Gesinnungsstrafrecht, da muss eine aktive Handlung da sein, in der sich genau diese generell ablehnende Haltung gegen den Staat und gegen die demokratisch legitimierte Rechtsordnung manifestiert. Das war der Punkt.

Ich glaube, dass wir – nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der Einwände, die es gab – eine Formulierung gefunden haben, die genau das sicherstellt. Das ist mehr als Gesinnungsstrafrecht. Das haben wir früher gehabt, das haben wir abgeschafft, keine Frage. Jetzt muss man aber wirklich sagen: Jeder, der gegen unsere Beamten in der Form vorgeht, dass er sie behindert, wo er nur kann, muss halt schon auch mit einer entsprechenden Konsequenz rechnen. Das ist im Sinn einer wehrhaften Demokratie notwendig, und letztlich – wie ich schon sagte – lebt der Rechtsstaat auch von seiner Durchsetzbarkeit.

Ich bleibe noch auf der individuellen Ebene. Ich glaube, die Verschärfungen im Bereich des Sexualstrafrechts stehen außer Streit. Das ist für mich keine Frage. Ich freue mich auch darüber, dass das eigentlich nur auf Zustimmung stößt. Was aber die Erweite­rungen hinsichtlich eines Schutzes für Beamte gegen tätliche Attacken betrifft, so möchte ich schon sagen, Herr Abgeordneter Hagen: Gerade mit dieser Novelle haben wir jetzt eine höhere Strafdrohung für Attacken gegen Beamte, die wird ja heute hier auch beschlossen.


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Insbesondere was die Bediensteten von Massenverkehrsmitteln – Schaffner, Kontroll­organe, Lenker – betrifft, muss ich Ihnen auch sagen, dass ich tagtäglich die Sicht der Betroffenen sehe. Ich bin heute mit meinem Pendlerzug nach Wien gefahren, vorges­tern auch. Ich spreche mit meinen Schaffnern. Bei der Gelegenheit: Liebe Grüße an alle meine Schaffner auf meiner Pendlerstrecke! Wissen Sie – ich brauche nicht mehr zu sagen –, wenn man mit denen spricht, dann weiß man, was zu tun ist. Und ich habe mich an dem orientiert, was aus der Sicht der Betroffenen notwendig ist, und glauben Sie mir, das ist notwendig! Daher bitte ich darum, dass dieser Novelle auch die Zustimmung erteilt wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.37.05

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Herr Vizekanzler, Sie sind nicht der Einzige, der mit dem Zug fährt, auch ich pendle sehr oft nach Linz. Auch ich spreche mit den Schaffnern, und gerade am Wochenende bin ich von Graz nach Wien zurückgefahren, und dort habe ich es hautnah miterlebt. Sie sagen auf der einen Seite, dass Sie denen helfen – und ja, Sie helfen ihnen, denn die Dinge, die wir jetzt umsetzen, sind genau jene, die wir 2015 im Prozess der Novellierung des Strafgesetz­buches schon einmal eingefordert haben, nämlich die höheren Strafen. Die Mindest­strafen, die ich damals schon gefordert habe, sind noch nicht gekommen, aber ich bin guten Mutes, dass sie spätestens in zwei Jahren dann wahrscheinlich auf dem Tapet sind.

Mir ist auf jeden Fall aufgefallen – das muss man einfach einmal so ehrlich sagen, Kollege Rosenkranz hat es schon angesprochen –, dass es schon um eine bestimmte Gruppe geht, die genau diese Dinge macht. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass das erst seit ein paar Jahren auffällig wird und dass es erst seit ein paar Jahren dieses Problem gibt. 2015 hat es das offensichtlich noch nicht gegeben, denn da wollten wir genau das, und damals haben Sie gesagt, wir brauchen das nicht. Es ist eben jetzt so weit, dass wir genau diese Gruppen haben, die diese Dinge machen, die Schaffner in den Öffis bedrängen, dort nicht zahlen wollen und dann, wenn man ihnen sagt, dass sie den Zug verlassen müssen – so war es eben in Graz in dem von mir ange­sprochenen Fall –, rabiat und gewalttätig werden.

Ich habe damals, befeuert von Zeitungsartikeln, die ich in Deutschland gefunden habe, eben genau diese Dinge gefordert, nämlich Angriffe auf Exekutivbeamte mit Mindest­strafen zu ahnden. Damals haben Sie das nicht gemacht, und das finde ich schade. Und man muss schon einmal auch ehrlich sagen: Wir haben heute probiert, hier einen Antrag einzubringen, um dieses Problem ehrlich anzugehen und gewisse Gruppen, die eben bekannt sind, diese Straftaten zu begehen, auch unter Strafe zu stellen. Da sind Sie leider nicht mitgegangen.

Die ÖVP hat von unerwünschten Entwicklungen im Strafrecht gesprochen und davon, diesen unerwünschten Entwicklungen entgegenwirken zu wollen. Es gibt eine uner­wünschte Entwicklung, die ist so eklatant, dass der Deutsche Bundestag sogar ein Gesetz dagegen beschlossen hat. Sie wissen, zu welchem Antrag ich spreche, denn ich habe ihn eingebracht, und auch da haben Sie uns beschieden, es sei nicht notwendig, dass wir das machen. Ich finde das schon traurig, denn der deutsche Justiz­minister hat dem Deutschen Bundestag ganz schnell sagen können, dass in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 360

Deutschland über 1 475 Personen eingetragen sind, die minderjährig und in einer Ehe sind.

Sie und alle Ministerien in Österreich können uns hingegen nicht mitteilen, wie viele Minderjährige, vielleicht auch unter 14-Jährige, zwangsverheiratet wurden und in einer Ehe leben.

Daher bringe ich heute noch einmal diesen Antrag ein, da uns auch die SPÖ im Aus­schuss beschieden hat, dass es sinnvoll ist, dass wir einmal erheben, ob diese unerwünschte Entwicklung auch in Österreich gegeben ist und stattfindet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstel­lung einer Statistik über Kinderehen in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter schnellstmöglicher Setzung aller dafür notwendigen Schritte, eine detaillierte Statistik über in Österreich bestehende Ehen, bei denen beide Ehegatten minderjährig sind oder zumindest ein Ehegatte unter 16 Jahre alt ist, zu erstellen und diese dem Nationalrat zuzuleiten.“

*****

Dies ist unsere Forderung, damit wir unerwünschten Entwicklungen zeitgerecht entge­gen­wirken können! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeord­neter betreffend Erstellung einer Statistik über Kinderehen in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 23, Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1621 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (Strafgesetznovelle 2017) (1737 d.B.), in der 188. Sitzung des Nationalrates, 28.06.2017, XXV. GP

Einen Schwerpunkt der vorliegenden Regierungsvorlage bildet der Schutz der sexuel­len Integrität und Selbstbestimmung. Das genannte Rechtsgut hat im Wandel der Werthaltung der Gesellschaft einen deutlich höheren Stellenwert als noch zur Zeit der Stammfassung des StGB im Jahr 1975. Diesem Umstand wurde im Rahmen der in den letzten Jahren erfolgten Novellierungen des StGB zum Teil Rechnung getragen. Eine problematische Entwicklung in diesem Bereich stellen zu frühe Eheschließung dar, die das Wohl eines Minderjährigen und seine Entwicklungschancen stark beeinträchtigen können. Medienberichten zufolge wurde mit der Einreise von Migranten aus Herkunfts­ländern, in denen Kinderehen verbreitet sind, dieses Phänomen nach Österreich importiert (vgl. etwa https://kurier.at/chronik/oesterreich/kinderehe-viele-u-boote-bei-denen-nicht-bekannt-ist-dass-sie-verheiratet-sind/262.899.251).


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 361

Hinsichtlich der Anzahl der in Österreich bestehenden Kinderehen liegen im Vergleich zu Deutschland keine Zahlen vor. Die dort veröffentlichte Statistik ist alarmierend, sodass diesem Problemfeld auch in Österreich größere Beachtung geschenkt werden muss.

Der Bundestagsdrucksache 18/9595 ist zu entnehmen:

„Zum Stichtag des 31. Juli 2016 waren im Ausländerzentralregister (AZR) 1.475 in Deutschland lebende minderjährige ausländische Personen mit dem Familienstand „verheiratet“ gespeichert. Detaillierte Angaben nach den wichtigsten Herkunftsstaaten, zum Aufenthaltsstatus, zum Geschlecht und nach Altersgruppen können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden, wobei Angaben zum Ehepartner im AZR nicht gespeichert werden:“

nach Hauptherkunftsstaaten

Anzahl

Syrien

664

Afghanistan

157

Irak

100

Bulgarien

65

Polen

41

Rumänien

33

Griechenland

32

Ungeklärt

31

Türkei

26

Iran

22

 

nach Aufenthaltsstatus

Anzahl

Gestattung

388

Duldung

97

befristete Aufenthaltsrechte

516

unbefristete Aufenthaltsrechte

26

sonstiges (Antrag auf Titel gestellt/kein Aufenthaltsrecht)

448

 

nach Geschlecht

Anzahl

männlich

317

weiblich

1.152

unbekannt

6

 

nach Altersgruppen

Anzahl

0 bis unter 14 Jahre

361

14 bis unter 16 Jahre

120

16 bis unter 18 Jahre

994

Der Justizminister führte auf einer Sitzung der UN-Kommission für Verbrechens­ver­hütung und Strafrechtspflege (CCPCJ), die sich auch der Rolle des Justizsystems bei der Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche widmete, wie folgt aus: „Das Recht ist vor allem dazu da, die Schwächsten in unserer Gesell­schaft zu schützen. Kinder und Jugendliche, die Opfer von Gewaltverbrechen oder sexueller Gewalt geworden sind, brauchen besonders schnelle und professionelle Hilfe


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 362

vor, während und nach dem Verfahren. Unser Augenmerk muss aber auch auf der Prävention durch strenge strafrechtliche Sanktionen liegen, denn Gewalt gegen Kinder ist eine der größten kriminalistischen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.“

Die österreichische Bundesregierung hat über die Anzahl der in Österreich beste­henden Kinderehen Kenntnis zu erlangen, um bestmögliche Maßnahmen – gegebe­nen­falls auch strafrechtliche Sanktionen – zum Schutze und zur Wahrung des Kindes­wohls entwickeln zu können.

Aus den dargelegten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter schnellstmöglicher Setzung aller dafür notwendigen Schritte, eine detaillierte Statistik über in Österreich bestehende Ehen, bei denen beide Ehegatten minderjährig sind oder zumindest ein Ehegatte unter 16 Jahre alt ist, zu erstellen und diese dem Nationalrat zuzuleiten.“

*****

 


19.40.21Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend Strafgesetznovelle 2017 in 1621 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Scherak, ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolle­ginnen und Kollegen sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeord­neten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Verlangen auf getrennte Ab­stim­mung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zunächst zum Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 1 Z 1 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diesen Teil des Gesetz­entwurfes aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Nun gelangen wir zum Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Scherak betreffend Artikel 1 Z 3 und Z 5 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 363

Wir kommen zum Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 1 Z 11 bis 15 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zu den Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Scherak und Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen, die jeweils Artikel 1 Z 16 in der Fassung der Regierungsvorlage betreffen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Nunmehr gelangen wir zu jenem Teil des Verlangens auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Scherak, der Artikel 1 Z 17 in der Fassung der Regierungsvorlage beinhaltet.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diese Bestimmungen aus­sprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zu den Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Scherak und Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen, die jeweils Artikel 2 Z 1 bis 3 in der Fassung der Regierungsvorlage betreffen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zum restlichen Teil des Verlangens auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Artikel 2 Z 4 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes aussprechen, um ein Zeichen der Bejahung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Statistik über Kinder­ehen in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1738 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Justizaus­schusses, seinen Bericht 1739 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 364

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Justiz­aus­schusses, seinen Bericht 1740 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

19.45.3427. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1588 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Insol­venz-Entgeltsicherungsgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017) (1741 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Lettenbichler steht vor der Regierungsbank und unterhält sich mit Vizekanzler Brandstetter.)

Einen Moment noch, Herr Abgeordneter! Wir warten noch, bis die Gespräche an der Regierungsbank abgeschlossen sind. (Abg. Lettenbichler entfernt sich von der Regierungsbank.) Besten Dank. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.45.50

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Änderung des Insolvenzrechtes ist eine schwierige Geschichte. Das haben wir im Ausschuss schon gesehen, denn es spricht einiges dafür und einiges dagegen. Wir haben lange überlegt, ob wir zustimmen sollen, aber die nachteiligen Punkte haben dann doch überwogen. Ich werde Ihnen erklären, warum ich diesem Insolvenzrechtsänderungsgesetz nicht mit gutem Gewissen zustimmen kann, warum ich zu großes Bauchweh dabei habe.

Auf der einen Seite hört man von den Befürwortern, dass Frauen, die für den ehe­maligen Gatten und für ein Haus oder was auch immer gebürgt haben, nach einer gescheiterten Ehe quasi aus einer Situation entschuldet werden sollen, aus der sie wahrscheinlich aus eigener Kraft nicht herauskommen.

Das ist für mich alles einleuchtend, dass man diesen Menschen helfen will und helfen soll. Das kann man klar mit Ja beantworten. Nur, die Problematik ergibt sich dann, wenn man sich das Gesetz ein wenig genauer anschaut. Ich habe mir das wirklich nicht leicht gemacht und möchte Ihnen Folgendes dazu mitteilen:

Im ersten Moment klingt das recht gut, dass man Menschen hilft, damit sie aus ihrer Schuldensituation herauskommen, damit sie wieder Fuß fassen können. Da ist im Ausschuss auch mit den Selbständigen argumentiert worden, dass man eigentlich darauf schaut, dass viele Menschen selbständig werden und dass diese dann oft in die Pleite schlittern und aus der Spirale nicht mehr herauskommen. – Das ist alles ein­leuch­tend, aber befasst man sich genau mit der Materie, dann kommt man doch auf ein paar Sachen, die vielleicht das Bild in ein anderes Licht rücken.

Laut Schuldnerberatung wird in Österreich gegen 700 000 Personen eine Fahrnis­exekution geführt, gegen zirka 800 000 Personen eine Gehaltsexekution. Durch das bisherige Verfahren sind zirka 92 Prozent aller Schuldner restschuldbefreit worden.


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85 Prozent der Befragten geben als Hauptursache der Schulden verantwortungslosen Konsum an.

Meine Damen und Herren! 85 Prozent sind in dem Bereich nicht wenig. Da kann man schon von einer selbst verschuldeten Situation sprechen. Da schaut das Bild schon wieder ganz anders aus. Bei besonderen Umständen, Erkrankung zum Beispiel, gab es bei Billigungsgründen eine Restschuldbefreiung unter 10 Prozent. (Abg. Steinhauser: Von wem ist die Statistik?)

Nach Abschluss des Verfahrens wird keine Prüfung der Vermögenszuwächse vorge­nommen. Das heißt, wenn jemand sein Haus oder sein Auto irgendeinem Verwandten gegeben hat, es ihm „geschenkt“ hat – unter Anführungszeichen –, und dieser über­schreibt es ihm dann wieder zurück, so wird das nicht mehr überprüft. – Das sind für mich schon einige wesentliche Punkte.

Dann wird auch immer wieder argumentiert, dass es so etwas in der Schweiz und in Deutschland gibt. Der Vergleich mit den Insolvenzverfahren in der Schweiz und in Deutschland, wo, wie man immer sagt, ähnliche Begünstigungen bestehen, hinkt ein bisschen, weil es in diesen Ländern ein umfassendes Schuldenregister gibt, das es in Österreich nicht gibt.

Das heißt, wenn sich zum Beispiel jemand bewusst einmietet und fünf, sechs „Einmiet­betrüge“ – unter Anführungszeichen – macht, nicht zahlen kann und das Geld schuldig bleibt, dann wird er irgendwann entschuldet. Und wenn derjenige sich jetzt bei mir einmietet, habe ich mit dem jetzigen Gesetzesänderungsvorschlag keine Möglich­keit, nachzusehen, ob schon einmal etwas gegen ihn vorgelegen ist. Ich glaube, das stellt dann doch eine Gefahr dar.

Das betrifft auch Firmen, denn wenn ich eine Firma beauftrage und nicht zahlen kann und ich das mehrmals mache und das nachher getilgt wird, dann kann man nicht mehr in dieses Schuldenregister einsehen. Man kann nicht nachsehen, ob das schon jemand gemacht hat, und das kann eine kleine Firma in den Ruin treiben. Das sind für mich Maßnahmen, die so nicht in Ordnung sind.

Ich möchte das Ganze vielleicht noch mit einem Beispiel aus einer ein bisschen anderen Sicht beleuchten: Laut meinen Informationen ist es diesem Gesetz nach zukünftig sogar möglich, sich durch ein Insolvenzverfahren zu entschulden, wenn man Alimente nicht bezahlt hat, wenn man den Unterhalt über Jahre nicht bezahlt hat. Diese offenen Forderungen werden – auf Deutsch gesagt – gelöscht. Das ist für mich ein Punkt, bei dem ich mir denke, okay, das hat jetzt mit dem, was man da beabsichtigt hat, nämlich Frauen zu entschulden oder Ähnliches, nichts zu tun.

Und wer trägt dann die Rechnung? – Diese negativen Veränderungen würden die Banken treffen, die Betriebe, Kleinbetriebe – wie gesagt, da wird es gefährlich – oder auch Institute wie Sozialversicherung, Finanzamt, Gebietskrankenkasse, Gemeinden, Bezirkshauptmannschaften und so weiter. Die ehrlichen, fleißigen Steuerzahler hätten dann die Rechnung zu zahlen.

Ich glaube, da kann man nicht mit gutem Gewissen zustimmen; deswegen werden wir vom Team Stronach diesen Gesetzesvorschlag ablehnen, auch wenn es mir für gewisse Leute im Herzen sicher wehtut. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 366

19.51.32

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Scheitern ist ein Umweg und keine Sackgasse. US-amerikanische Motivationstrainer sagen das vielen, denn es gibt eine Kultur des Scheiterns in den USA. Wir wollen mit diesem Gesetz ein bisschen nachhelfen, dass das bei uns auch besser möglich und akzeptierter wird.

Scheitern, gescheitert sein muss aber auch gleichzeitig für diejenigen, die dann durch den Privatkonkurs entschuldet sind, bedeuten – das ist etwas, das wir von ihnen ver­langen –, dass sie auch gescheiter werden müssen im Sinne von sorgsamem Umgang mit ihrem täglichen Handeln.

Wir wollen daher, und das ist ganz entscheidend, dem redlichen Schuldner eine Chance auf wirtschaftlichen Neustart geben. Die vor allem insolventen Unternehmer haben es in der Vergangenheit aufgrund der Verschuldenslage – im Schnitt waren das 290 000 € – oft nicht geschafft, die entsprechende Mindestquote zu erbringen.

Das Ziel, weshalb wir uns dann tatsächlich – ich sage es jetzt einmal ganz bewusst – dazu durchgerungen haben, dieses Gesetz mit unserem Koalitionspartner ernsthaft zu verhandeln und zu versuchen, es auf den Weg zu bringen, war, dass wir dem redlichen Schuldner eine Chance geben wollen, den zahlreichen Start-ups in Österreich, die beim ersten Mal gescheitert sind, diese zweite faire Chance geben wollen.

Wir haben im Ausschuss eine sogenannte Ausschussbegutachtung gemacht, und 51 Stellungnahmen sind eingelangt. Wir haben uns wirklich der Mühe unterzogen, diese sorgsam zu durchforsten, zu evaluieren.

Lieber Kollege Hagen, es sei dir gesagt: Schau dir die Stellungnahme des KSV an, da sind Zahlen, Daten und Fakten dazu, wer aus welchem Grund verschuldet ist, sehr genau drinnen. Was du gesagt hast, war nicht ganz korrekt.

Die bisher angedachten – und das war ein entscheidender Punkt – drei Jahre Null­quote waren zu kurz. Es würde in diesen Jahren – das sagen die Statistiken und die Erfahrungen – zu wenig Geld an die Gläubiger zurückfließen. Daher war es für uns ganz entscheidend und wichtig – damit man tatsächlich Geld verteilen kann –, die Frist auf diese fünf Jahre auszudehnen. Tatsächlich können Gläubiger nun – auch wenn es keine Quote gibt – eine echte Chance bekommen, dass sie wieder einen Teil ihres Geldes zurückbekommen.

Vom Privatschuldner, der am Ende seine Schulden los ist, verlangen wir ernsthaftes Bemühen. Dazu muss er sich aber auch redlich verhalten, und er muss sogenannte Obliegenheiten erfüllen, das heißt, sich auch während des Verfahrens, während dieser fünf Jahre redlich um Arbeit bemühen, wenn er arbeitslos ist. Das ist eine Neuerung, die wir eingeführt haben. Wir wollen Missbrauch mit strengen Regeln verhindern – während, aber auch vor dem Privatkonkursverfahren.

Wir haben auch die neue Möglichkeit geschaffen, ins Exekutionsregister Einsicht zu nehmen. Das ist sehr wichtig, weil dann die Gläubiger wissen, ob es sich denn noch auszahlt, in ein Verfahren zu ziehen. Die Verfahrenskosten belasten natürlich den Schuldner, aber auch der Gläubiger kann auf Kosten sitzenbleiben.

Die 20-jährige Sperrfrist ist für uns wichtig, sie ist geblieben. Wir sagen Ja zur zweiten Chance, aber wir sagen Nein zum verantwortungslosen Schuldenmachen, denn bei Schulden, die nicht gezahlt werden, bleibt jemand auf der Strecke, nämlich derjenige, der sein Geld nicht mehr zurückbekommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir setzen dieses Gesetz mit 1. November in Kraft. Dies deshalb, weil wir den Gerichten, weil wir allen, die jetzt in Privatkonkursabwicklungen eingebunden sind, entsprechend Zeit geben wollen, die notwendigen Prozesse neu zu


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ordnen. Die neuen Regeln, meine Damen und Herren, sind Gläubigern und Privat­schuld­nern gegenüber fair und zumutbar, sie stellen eine Balance dar zwischen dem berechtigten Interesse des Gläubigers auf Rückzahlung und dem Interesse des Privat­schuldners, von den Schulden nachhaltig loszukommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.55.46

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann mich dem Gesagten in großen Bereichen anschließen. Ich glaube, es nützt niemandem, wenn wir – wie immer wieder in der Vergangenheit – Schuldner haben, die in quasi lebenslanger Insolvenz dahindarben, die damit auch der gesamten Volks­wirtschaft entgehen und die vielfach auch relativ unverschuldet in diese Situation gekommen sind, wie beispielsweise Frauen, die im Rahmen der Ehe Bürgschaften für Verbindlichkeiten übernommen haben, die sie dann nicht zurückzahlen konnten.

Ich glaube auch, dass es wichtig ist – die Regularien für die Banken geben das in Zukunft vor –, dass man sich genau anschaut, wem man ein Darlehen, wem man einen Kredit gibt, um das zu berücksichtigen. Es ist natürlich in niemandes Interesse, dass Kredite nicht zurückgezahlt werden, dass Schulden nicht zurückgezahlt werden. Daher gibt es auch entsprechende Möglichkeiten – es wurde schon erwähnt –: alle sechs Monate einen Bericht zu erstatten, wie die momentane Arbeitssituation ausschaut, um sich entsprechend in die Rückzahlung einbringen zu können.

Was sehr positiv ist, ist – und das wird jetzt auch schon angewendet –, dass man schaut, ob sich die- oder derjenige auch entsprechend bemüht, die Verbindlichkeiten abzubauen. Da gibt es in Zukunft die Möglichkeit, auch dann, wenn es scheitert und man nicht auf die 10 Prozent oder auf weniger kommt, dieses Stadium auch mit 0 Prozent zu beenden.

Die EU hat einen Vorschlag unterbreitet, der jetzt diskutiert wird: noch drei Jahre für Wirtschaftstreibende, noch drei Jahre auch mit null. Das hat man nicht berücksichtigt. Ich glaube, wenn da eine entsprechende Novelle für Unternehmen kommt, dann wird man sich sicherlich die gesamte Situation noch einmal anschauen müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.57.44

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Abgeordnete! Das Insolvenzrechtsände­rungsge­setz schafft für Menschen, die sich überschuldet haben und damit auch zahlungs­unfähig geworden sind, klare Erleichterungen zur Bewältigung ihrer schwierigen finanziellen Situation. Das macht Sinn.

Ich darf aber auch ganz kurz auf die Erleichterungen eingehen: Es wurde schon die Verfahrensdauer angesprochen, die von sieben auf fünf Jahre verkürzt wird, und auch die Mindestquote, die sozusagen gestrichen wurde. Die sogenannte Billigkeitsent­scheidung entfällt, was bedeutet – das hat in der Vergangenheit durchaus Sinn gemacht –, die Entscheidung durch den Richter, ob der Schuldner von seinen Rest­schulden befreit wird oder nicht, fällt, er wird sie automatisch haben.


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Was aber in diesem Zusammenhang bislang nicht angesprochen wurde, und das möchte ich auch betonen, ist der Zahlungsplan. Es wird so getan, als wäre jetzt durch dieses Schuldenregulierungsverfahren alles einfach, alles neu, alles anders. – Nein, das Abschöpfungsverfahren, und das ist es ja, worüber wir jetzt sprechen, ist ja nur das letzte Auffangnetz für den Schuldner, um sich zu entschulden. Vorgelagert ist – und dieser bleibt ja nahezu unberührt – der Zahlungsplan, der sich, verkürzt und ver­ein­facht dargestellt, auf Freiwilligkeit beruft. Ich denke, dass auch diese Entwicklung in Zukunft so sein wird: Natürlich wird es vielleicht ein bisschen mehr Abschöpfungs­verfahren geben, aber auch der Zahlungsplan bleibt uns erhalten, und da werden die Gläubiger auch entsprechend bedient.

Wenn ich von den Gläubigern spreche, dann muss ich aber dazusagen – das sehe ich auch durchaus kritisch –, dass man sich natürlich auch anschauen muss, wer denn das bezahlt, denn diese Schulden muss ja auch jemand bezahlen. Das sind zum einen natürlich die Gläubiger. Diese können Sie, wenn Sie alle Verfahren hernehmen, in Wirklichkeit in Gruppen zusammenfassen: Sie haben die Banken, Sie haben die Versandhäuser, Sie haben die Mobilfunkanbieter und so weiter; diese gibt es in fast jedem Verfahren.

Die Gläubiger werden diese Kosten natürlich auf jene Kunden umwälzen, die ihre Rechnungen und Forderungen ordentlich bedienen. Das heißt, da findet eine Schul­denzahlung durch den Gläubiger statt. (Abg. Auer: Das ist eine Umverteilung!) – Es ist eine Umverteilung, so ist es, genau; vereinfacht dargestellt ist es eine Umverteilung.

Auf der anderen Seite schicken wir jetzt den Schuldner zur Schuldnerberatung, auch das sollte gesagt sein, und diese Schuldnerberatung ist staatlich finanziert, aus der Hand der Steuerzahlers. Wenn er dort war, geht er ins Verfahren, das Verfahren ist kostenlos, kostet nichts, auch das bezahlt der Steuerzahler. Schlussendlich, und das war auch ein Kritikpunkt von uns, gibt es die Treuhandschaft. (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) Das heißt, der Treuhänder verwaltet das Verfahren, und es wäre durchaus vernünftig gewesen, wenn man die Kosten des Treuhandverfahrens noch mit der Restschuldbefreiung verknüpft hätte, dass man sagt, zumindest das kann ich vom Schuldner erwarten, dass er zumindest diese Kosten von 12 € im Monat, das heißt, 720 € auf fünf Jahre – wenn er schon keine Quote erfüllen muss und keine Gläubiger­zahlungen leisten muss –, trägt.

Das wäre ein Ansatzpunkt, Herr Bundesminister, den man sich vielleicht für die Zukunft überlegen sollte, aber ansonsten ist diesem Gesetz zuzustimmen, weil es wirklich dazu beiträgt, dass man Menschen bei der Entschuldung hilft, und man dafür sorgt, dass sie wieder in einen Arbeitsprozess zurückgeführt werden können, dort wieder eingegliedert werden können, und dass sie auch wieder in ein ordentliches Leben zurückgeführt werden. Wir werden diesem Antrag daher auch zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Fekter: ... Masseverwalter!)

20.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann Mag. Steinhauser ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


20.01.37

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Hagen! Eine Statistik, die von jemand Anonymem erstellt wurde, ist halt in der politischen Debatte nichts wert. Sie ist so viel wert, als würden Sie sich selbst eine Statistik schreiben – was ich Ihnen jetzt nicht unterstellen will –, sie hilft uns nicht weiter. (Abg. Jarolim: Vielleicht ist es auch so!) – Darüber mag ich gar nicht speku­lieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 369

Ich orientiere mich an den Zahlen, die die Schuldnerberatung bekannt gibt – weil dort die meisten Schuldnerinnen und Schuldner landen –, und die sprechen eine relativ klare Sprache. Wer ist die Hauptklientel der SchuldnerInnenberatung? – Personen, die plötzlich in die Arbeitslosigkeit schlittern. Klar, da können die getätigten Ausgaben dann, wenn Schulden gemacht worden sind, nicht mehr bezahlt werden. Das Zweite ist das Scheitern in der Selbstständigkeit. Die Kollegin von der ÖVP hat es schon gesagt, man kann Menschen nicht zur Selbstständigkeit ermuntern und sie dann, wenn sie scheitern, ein Leben lang dafür zahlen lassen. Der dritte Punkt ist das Problem Scheidung: Eine Scheidung ist nicht nur unerfreulich für die Betroffenen, sondern natürlich auch teuer, und auch da bleiben oft Schulden zurück.

Ich möchte auch an die Wirtschaftskrise erinnern. Sie erinnern sich sicher noch an die vielen, vielen Österreicherinnen und Österreicher, die ihre Eigenheime mit Fremd­wäh­rungskrediten finanziert haben, als die Tilgungsträger nicht mehr das gehalten haben, was versprochen wurde, als Fremdwährungskredite nicht mehr gehalten haben, was sie versprochen haben? Da sind die Menschen auf Schuldenbergen sitzen geblieben.

Wir haben damals Banken gerettet, aber die Privatschuldner haben wir im Stich gelas­sen. Das holen wir jetzt nach. Kollege Brückl von der FPÖ, der ja grundsätzlich dafür ist – das möchte ich anerkennen –, hat gesagt, die Schulden würden auf die Gläubiger umverteilt werden. Das stimmt ja nur bedingt, weil auch im alten System die Schulden oftmals nicht hereingebracht worden sind, weil sie nicht bezahlt werden konnten. Die Betroffenen sind mit dem Schuldenberg zurückgeblieben und konnten keinen Neustart wagen. Auch da haben die Gläubiger oft nichts gesehen. Insofern ist es nur beschränkt eine Umverteilung.

Ich glaube, es wird auch bei Gläubigern zu mehr Sorgfalt führen, dass sie sich über­legen, wenn Konsumkredite gegeben werden, wenn KonsumentInnen Geschäfte ab­schließen, mit wem sie Geschäfte abschließen. Diese neue Sorgfalt ist durchaus sinn­voll, weil es ja nichts nützt, wenn man Menschen in Schulden lockt, die sie später nicht bezahlen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt haben wir einen Gesetzesvorschlag, der sehr, sehr sinnvoll ist, weil er den Betrof­fenen nach fünf Jahren einen wirtschaftlichen Neubeginn ermöglicht, und das ist wich­tig, weil dieser wirtschaftliche Neubeginn eine Motivation ist, auch wieder ins Berufs­leben einzusteigen, sich nicht zurückzuziehen, sondern wieder am wirtschaft­lichen Leben teilzunehmen. Ich erinnere auch immer daran, dass in diesen Familien oft Kinder leben, die dadurch wieder eine Perspektive bekommen, weil die Eltern wirt­schaftlich wieder auf die Beine kommen. All das sind notwendige und wichtige Schritte.

Wir haben im alten System schlicht zwei Probleme gehabt: Eine Gruppe, die ihre Schulden zwar nie zurückzahlen konnte, aber zahlen konnte. Diese Gruppe war natürlich ein Bombengeschäft für jeden Gläubiger, weil wenn jemand die Zinsen zahlen kann, aber das Kapital nicht zurückzahlen kann, dann ist das ein sensationelles Ge­schäft. Es ist nur unfair den Betroffenen gegenüber, weil die nie aus der Schuldenfalle herausfinden. Da wird jetzt ein klares Angebot geschaffen.

Und dann gibt es die zweite Gruppe, die einfach zu wenig verdient hat, um die Mindestquote zu erreichen. Sie hat auch nie eine Chance gehabt, aus den Schulden herauszukommen, und da, glaube ich, sind die fünf Jahre, die man jetzt zahlt, sinnvoll, und wenn man die Mindestquote nicht erreicht, kann man trotzdem entschuldet werden.

Die Hauptprofiteure vom alten System waren die Inkassobüros, und ich sehe keinen Sinn darin, Gesetze zu schaffen, die vor allem für Inkassobüros da sind. Nein, ich will, dass Bürgerinnen und Bürger, wenn sie in die Schuldenfalle geraten, auch einen Aus­weg finden und dann wieder am wirtschaftlichen Leben teilhaben können. Ich bin froh,


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dass SPÖ und ÖVP diese wichtige Reform zusammenbekommen haben. Wir werden zustimmen und sind positiver Dinge, dass das eine gute Wirkung haben wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Loacker ist der nächste Red­ner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


20.05.42

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, das ist eine schwierige Rechtsmaterie, weil da sehr viele Interessen ineinanderfließen: die volkswirtschaftlichen Interessen, dass Men­schen am Wirtschaftsleben teilhaben, die Interessen der Schuldner, aus dem Schuldenloch herauszukommen, und die Interessen der Gläubiger, ihr Geld zu bekommen, dass sie hergegeben haben.

Wir werden dieser Novelle nur schweren Herzens zustimmen, weil wir glauben, dass diese gleichzeitige Verkürzung der Frist und der Wegfall der Mindestquote ein bisschen viel des Guten ist. Es wird alles über einen Kamm geschoren, es wird der Konsum­schuldner mit dem Unternehmer, dessen unternehmerisches Risiko sich realisiert hat, gleich behandelt, und das halten wir für sachlich nicht richtig. Wir brauchen für Unternehmer, die etwas riskieren, eine Kultur des Scheiterns, aber wir brauchen für den Konsumschuldner nicht die gleich günstigen Regelungen.

Wenn wir heute wissen – Kollege Jarolim hat es angesprochen –, dass die EU in Vor­bereitung einer Richtlinie ist, die vorsehen wird, dass für Unternehmer günstigere Regelungen gelten, dann muss man sich fragen, warum denn nicht gleich. Kollege Steinhauser hat es richtig gesagt, die Gläubiger werden jetzt eine neue Sorgfalt an den Tag legen. Na ja, das heißt am Ende, man bekommt schwerer einen Kredit. Das ist das Ergebnis. Ob man dieses Ergebnis, dass man schwerer einen Kredit bekommt, wenn man etwas finanzieren möchte, will, das kann man sich von zwei Seiten anschauen. Ich habe das Gefühl, in dieser Debatte ist sehr oft nur eine Seite gesehen worden. (Beifall bei den NEOS.)

20.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Vizekanzler Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


20.07.37

Bundesminister für Justiz Vizekanzler Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Eines ist ganz wesentlich bei dieser Neuregelung des Privatinsolvenzrechts – es wurde schon gesagt, aber ich möchte es noch in einem Punkt unterstreichen –: Es geht dabei um die Berück­sichtigung redlichen Scheiterns. Was das unredliche Scheitern betrifft, gibt es ja nach wie vor, und dabei bleibt es ja auch, Hindernisse für die Einleitung des Verfahrens, die etwa darin bestehen, dass jemand wegen eines Kridadelikts rechtskräftig verurteilt wurde und dessen Verurteilung nicht getilgt wurde.

Das sind Hindernisse für das Verfahren an sich, das möchte ich schon betonen, und das unterstreicht auch das, was die Vorsitzende des Justizausschusses, Abgeordnete Steinacker, schon gesagt hat: Es geht um redliches Scheitern, es geht aber auch darum, dass man einem Schuldner die Möglichkeiten bietet, wieder einen Neuanfang zu schaffen. Man kann ihn letztlich aber damit auch vor Versuchungen bewahren, in vielen Fällen erst recht wieder in Malversationen abzurutschen. Wir kennen das alle aus der Praxis, dass dann plötzlich alles, was er benützt, nicht ihm gehört, und Ähn­liches mehr.


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Nein, das ist eine echte, faire Chance, die die Schuldner dadurch bekommen, und ich denke, die Beiträge bisher haben schon gezeigt, dass es da sehr viele, auch unterschiedliche Auffassungen gab, und umso stärker – und das möchte ich hier wirklich betonen – ist die Leistung der Justizsprecherin der ÖVP und des Justiz­sprechers der SPÖ hervorzuheben, die bei diesen vielfältigen und divergierenden Interessen einen Kompromiss herausgearbeitet haben, der auf weitestgehende Zustim­mung stößt.

Ich freue mich wirklich darüber. Ehrlich gesagt hätte ich noch vor wenigen Wochen nicht gedacht, dass dieses Vorhaben aus dem erweiterten Regierungsprogramm tatsächlich umgesetzt werden kann, noch dazu so positiv, wie es jetzt der Fall ist; das freut mich ehrlich. Ich weiß natürlich auch, dass sich ganz besonders die ÖVP – aber möglicherweise andere auch – wirklich von vielen der Vorstellungen, die bisher immer vertreten wurden, zum Teil etwas lösen musste.

Ich sage es vielleicht noch deutlicher: Der Geruch oder der leiseste Verdacht von Klientelpolitik wurde da weit zurückgelassen. Das Ergebnis ist ein wirklich herzeigbarer Kompromiss, mit vielen, vielen – natürlich auch schwer unter einen Hut zu bringen­den – Interessen, die zu berücksichtigen waren. Umso schöner ist, dass es gelungen ist. Ich freue mich ehrlich darüber, dass wir dieses Vorhaben des Regie­rungs­pro­gramms noch umsetzen konnten, und danke allen, die das möglich gemacht haben, für ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Steinhauser.)

20.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


20.10.30

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Kolle­ginnen und Kollegen im Hohen Haus! Wie schaut es derzeit aus? – Der derzeitige Stand ist, dass man eine Zehnprozentquote hat und sieben Jahre lang gebraucht hat, um entschuldet zu sein.

Wir Sozialdemokraten hatten die Idee und den Vorschlag, die Mindestquote komplett wegzulassen und die Zeit auf drei Jahre zu reduzieren. Okay, es ist ein Kompromiss daraus geworden. Der Kompromiss ist besser als das, was bis jetzt vorgelegen ist, denn die Hälfte der Betroffenen, die es bis jetzt nicht in den Privatkonkurs geschafft hat, weil sie diese Zehnprozentquote nicht erfüllen konnten, sind jene Menschen, die mit Zinsen und Zinseszinsen immer, immer weiter in den Schuldenstrudel hinein­ge­zogen werden.

Das sind eigentlich diejenigen, bei denen wir versuchen, uns um sie zu kümmern, weil sie damals gar nicht in den Privatkonkurs hineingekommen sind und nie eine Chance hatten, da je wieder rauszukommen. Da waren ganz einfach sehr, sehr viele Frauen mit geringem Einkommen mit dabei. Die Dunkelziffer von 325 000 Haushalten, die sich nicht einmal bei der Schuldnerberatung gemeldet haben – das sind jetzt jene, die eine zweite Chance haben sollen, die eine Chance haben sollen, auch ganz einfach wieder Fuß zu fassen und einen Arbeitsplatz zu lukrieren.

Einen Arbeitsplatz zu lukrieren ist in der Schuldnersituation sehr schwierig. Wie schaut es aus, wenn auf einmal der Arbeitgeber als Drittschuldner herhalten muss? – Die betroffene Person bekommt ja gar keine Anstellung. So fängt es meistens an. Jetzt haben wir ganz einfach die Chance geschaffen, und das Anstellungshindernis ist jetzt schlichtweg beseitigt.


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Ich denke mir, aussichtslose Exekutionsverfahren, aus denen die Leute nie wieder heraus­kommen, können nicht die Zukunft sein. Eines ist mir schon wichtig: Es wird immer so stark zwischen den Varianten, zwischen jemandem, der ein Unternehmen gegründet hat, gescheitert ist und wieder auf die Beine kommt, und jemandem, der Konsumschuldner ist, unterschieden. Ja, ich bin auch dagegen, dass viele Versand­häuser für ein T-Shirt, das 10 € kostet, eine Zahlung in fünf Raten oder Zahlungs­pausen über ein halbes Jahr anbieten. Da verliert man irgendwann komplett die Über­sicht darüber, wie man es zurückzahlen soll. Das wird sich dadurch regeln. Ich glaube, dass es ein positiver Aspekt ist, dass auch diese Menschen eine zweite Chance erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.13.07

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann da anschließen: Es gibt viele gute Gründe, überschuldeten Menschen per Gesetz eine zweite Chance zu geben, die sie auch nutzen können. Als Bautensprecherin ist es mir aufgrund der jüngsten Entwicklung ein besonderes Anliegen, ein Sicherheitsnetz für Menschen zu spannen.

Österreich ist ein Land der MieterInnen, und es wird seitens der Politik, von Teilen der Politik, von vielen Medien, aber auch von geschäftstüchtigen Anlegern immer wieder propagiert, dass in Immobilien investiert werden soll. Kollege Steinhauser hat es ja auch schon ausgeführt. Diese Entwicklung – wenn man Eigentum schafft – bringt nicht immer mehr Sicherheit, das hat die letzte Weltwirtschaftskrise gezeigt. Das war eine Immobilienkreditkrise, und die Preise auf dem österreichischen Immobilienmarkt sind im letzten Jahr – das zeigt der Immobilienmarktmonitor der OeNB – um 7,3 Prozent gestiegen.

Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken hat im November des Vorjahres eine Warnung vor Überhitzung der Wohnungsimmobilienmärkte für acht europäische Staaten ausgesprochen, und darunter war auch Österreich. Also das lässt schon darauf schließen, dass Menschen sich mit zu hohen Kosten Wohnungseigentum ange­schafft haben. Ein Beispiel dazu: Wenn man einen Kredit für 350 000 € aufnimmt, zu 1,2 Prozent verzinst auf 39 Jahre, mit fünf Jahren Fixzinssatz, würden das 930 € pro Monat bedeuten, steigen die Zinsen auf 2 Prozent, sind es 1 500 €, steigen sie auf 4 Prozent, sind es 2 000 €.

Zu Beginn der letzten Woche haben wir die Nachrichtenmeldung gehört, dass die EU Italien genehmigt hat, zwei Banken mit 17 Milliarden € zu retten beziehungsweise aufzufangen. Ich denke, dass es nur recht und billig ist, den wirtschaftlich nur mäßig versierten Menschen als Staat mit einem Privatkonkurs helfend unter die Arme zu greifen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.15

20.15.28

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1741 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 373

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.16.0728. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2226/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichts­rat – GFMA-G) (1742 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Stefan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


20.16.36

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um das, wie bereits gesagt wurde, Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften. Schon allein der Name ist völlig missver­ständ­lich, denn bisher waren Männer und Frauen auch gleichgestellt in Aufsichtsräten. Ich habe noch nie gehört, dass Männer in einem Aufsichtsrat andere Rechte hätten als Frauen, dass die einen mehr zählen als die anderen oder mehr Stimmen hätten oder sonst etwas. Sie sind gleichgestellt. Schon allein damit beginnt die Nebelgranate „Gleich­­stellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat“. Man merkt also schon, es soll da irgendetwas tendiert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Worum geht es? – Es sollen mindestens 30 Prozent Männer und auch mindestens 30 Prozent Frauen im Aufsichtsrat von bestimmten großen Aktiengesellschaften etabliert sein. Wir Freiheitliche haben uns immer gegen derartige Zwangsquoten aus­gesprochen. Wir halten das für tatsächlich falsch, weil wir überzeugt davon sind, dass es niemandem hilft, sondern auf der anderen Seite maximal schadet. Erstens haben wir immer das Thema, dass eine Frau, die in Wirklichkeit qualifiziert ist und die bewusst in den Aufsichtsrat bestellt wird, als Quotenfrau bezeichnet werden kann – das ist für die Frau negativ und auch für das Unternehmen.

Zudem ist es ja so, dass Unternehmen auf dem Markt bestehen müssen. Das sind ja keine öffentlichen Unternehmen, sondern es sind Unternehmen, die marktwirtschaftlich denken müssen. Wir haben nun einmal ganz bewusst eine unternehmerische Freiheit, und wir haben auch eine Aktionärsdemokratie in den Aktiengesellschaften. Es wird dort abgestimmt, es wird dort etwas verhandelt und es gibt Vertragsfreiheit.

Diese drei Punkte sind unter diesem Gesichtspunkt nicht gewährleistet. Das ist daher meines Erachtens fast nicht durchführbar. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie es funktionieren soll, das in so einer Aktiengesellschaft zu vertreten, denn Aktionäre wollen ja einen bestimmten Vertreter in den Aufsichtsrat senden. Hat eine Aktionärs­gruppe einen Mann entsendet, dann muss die andere eine Frau entsenden, obwohl sie auch einen Mann entsenden wollte. Wir kommen da in ein Spiel hinein, das in Wirk­lichkeit nicht durchführbar ist. Das ist ein reines Placebo und in Wirklichkeit offenbar ideologisch gesteuert; ein Thema, das völlig an dem vorbeigeht, was die Wirtschaft


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wirklich braucht und was wirklich gut ist. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

Am Rande bemerkt: Man sieht auch in den Erläuterungen, dass man es nicht schafft, gendergerechte Sprache durchzuziehen. Es wird einmal von Arbeitnehmervertretern und -vertreterinnen gesprochen, aber eigentlich müsste man, wenn man gendergerecht formuliert, Arbeitnehmerinnenvertreterinnen sagen oder man müsste es viermal aus­führen, Arbeitnehmervertreterinnen, Arbeitnehmervertreter, Arbeitnehmerinnenver­treter, Arbeitnehmerinnenvertreterinnen. – So wären das Gesetz und die Erläuterungen gendergerecht formuliert. Man sieht also, man kommt damit nicht weiter.

Es ist also unserer Ansicht nach eine völlig falsche Tendenz, da Unternehmer einzu­engen, ein Gesetz zu machen, das in Wirklichkeit undurchführbar ist und damit Frauen in Wirklichkeit überhaupt nicht hilft, sondern oft sogar das Gegenteil bewirkt. (Beifall bei der FPÖ.)

20.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte schön.

 


20.20.06

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ich möchte wieder mit einem Zitat beginnen, diesmal mit einem einer ganz starken Frau, die ich sehr geschätzt habe, nämlich mit einem Zitat von Maria Schaumayer. Sie war weltweit die erste weibliche Präsidentin einer Nationalbank. Sie hat Folgendes gesagt: „Frauenrechte sind Menschenrechte. Es muss zur Selbstverständlichkeit werden, dass geeignete Frauen entsprechende Positionen einnehmen.“

Dies ist noch lange keine Selbstverständlichkeit, und ich bin froh, dass diese kon­sequente Frauenpolitik jetzt auch in unserer neuen Volkspartei mit Sebastian Kurz fortgesetzt und umgesetzt wird. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, das ist ein Initiativantrag, und den durfte ich – vielleicht auch gerade wegen des Lachens (Zwischenruf des Abg. Höbart) – mit einem Herrn der SPÖ verhandeln. Es war eine sehr interessante und zum Teil auch schwierige Verhandlung. Zu Harald Stefan möchte ich noch Folgendes sagen: Ich denke, man kann sich über alles lustig machen, aber dieses Gesetz hat auch einen Titel in Form einer Langfassung, und im Langfassungstitel ist das genau geregelt, und dort heißt es: „zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat“. – Es gibt also nicht nur diese Kurzfassung bei der Bezeichnung des Gesetzes. (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Ich persönlich hätte deine Rede, lieber Harald Stefan, vor einigen Jahren wahr­schein­lich so ähnlich gehalten. Ich war auch nie ein Fan von Quoten (Abg. Belakowitsch-Jenewein: ... ÖVP Neu!), ich glaube nur, dass uns die Situation in Österreich und auch in anderen Ländern auf der Welt recht gibt, denn in österreichischen Aufsichtsräten gibt es nach wie vor nur 18 Prozent Frauen, und es braucht sichtlich den Druck, dass die tüchtigen Frauen, die es in der Wirtschaft gibt, tatsächlich auch reelle Chancen haben, Mitbestimmung in großen Unternehmen zu erlangen.

30 Prozent Männer, 30 Prozent Frauen, Arbeitnehmerseite, Arbeitgeberseite identisch geregelt. – Es war ein ganz wichtiges Ziel für mich, dass nicht nur die Kapital­ver­treterseite schaut, dass Frauen in die Aufsichtsräte kommen, sondern auch die Arbeit­nehmerseite.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 375

Dann gab es noch den Wunsch, dass man das natürlich nur in Unternehmen macht, in denen tatsächlich die Arbeitnehmerseite zumindest 20 Prozent Frauen in der Belegschaft hat, damit auch entsprechende Frauen gewählt werden können.

Es waren konstruktive Gespräche mit Beppo Muchitsch, er hat die Frauen gut vertre­ten. Wir setzen ein Signal – und, wie ich glaube, ein wichtiges Signal – für sachorien­tierte und konstruktive Frauenpolitik. Die Politik hat hier eine Chance, Rahmenbedin­gungen für das Wirtschaftsleben zu erreichen mit einer, wie ich meine, praxistauglichen Regelung, und ich freue mich, wenn in Zukunft tüchtige Frauen in Aufsichtsräte ent­sandt oder gewählt werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte schön.

 


20.23.17

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Wir beziehungsweise ÖVP und SPÖ werden mit ein bisschen Unterstützung wohl die Quote in Aufsichtsräten beschließen, und die strukturelle Ungleichbehandlung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist somit ab morgen Geschichte. Davon gehe ich jetzt einfach aus, denn warum sonst würden wir es machen?

Jahrelang haben wir herumgeredet, um die Gründe zu finden, warum es Frauen nicht in Aufsichtsräte und Führungsetagen schaffen, dabei war die Lösung offenbar immer direkt vor unserer Nase: Wir müssen es einfach nur gesetzlich vorschreiben, dann wird das Problem beseitigt sein! (Heiterkeit des Abg. Höbart.)

Wie Sie merken, ist das nicht subtil sarkastisch, sondern bewusst sarkastisch, weil das so eben einfach nicht funktioniert. Der Staat nimmt jetzt die Frauen in Privat­unter­nehmen an die Hand, setzt sie in Aufsichtsräte, wohin sie – davon ist der österreichi­sche Staat offensichtlich überzeugt – alleine nicht kommen könnten. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Das ist lächerlich, denn seit Jahrzehnten haben wir eine strukturelle Ungleich­behandlung auf dem Arbeitsmarkt, die unter anderem auch die ÖVP kultiviert, die die SPÖ durch unterschiedliche Maßnahmen kultiviert. Die Quote ändert nämlich nichts an der Altersarmut von Frauen, sie ändert nichts am Teufelskreis von langen Phasen, in denen Frauen Teilzeit arbeiten, und langen Erwerbsunterbrechungen. Auch wenn dann mehr Frauen zwangsweise in Aufsichtsräten sitzen, weil wir es gesetzlich vorge­schrieben haben, opfern Sie dafür ein Grundprinzip der unternehmerischen Freiheit, liebe ÖVP.

Ja, die Quote funktioniert, weil wir es gesetzlich vorschreiben, aber das beantwortet nicht die Frage, ob sie richtig ist, weil sie noch immer nicht richtig ist. – Und zusätzlich sagen wir Frauen natürlich auch, dass wir nicht glauben, dass sie aus eigenen Kräften ihre Karriereziele erreichen können.

Simone de Beauvoir hat einmal gesagt, als Frau wird man nicht geboren, zur Frau wird man gemacht – und genau das passiert in Österreich noch immer. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Rot-schwarze konservative Bevormundungspolitik in einem sehr seltsamen Zusammentreffen, die uns immer noch genau vorschreibt, wie unser Leben ihrer Meinung nach optimal zu verlaufen hat: Man sollte in einer heteronormativen Familien­zusammensetzung leben, der Mann sollte arbeiten gehen, die Frau sollte zu Hause bleiben – und das ist genau die Politik, die Sie immer noch, seit Jahrzehnten, so machen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Schieder: ... arme Simone de Beauvoir!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 376

Das ist Ihr Frauenbild, das ist Ihr Familienbild. Der Staat bestimmt über uns, raubt uns dadurch unsere Freiheit. Er bestimmt, was wir tun können, was wir nicht tun können, was wir seiner Meinung nach überhaupt können und wo er uns helfen muss, hinzukommen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Erzählen Sie uns Ihr Familienbild!)

Reden wir doch einmal über echte Frauenpolitik! Reden wir über Chancenge­rechtig­keit, die wir brauchen, um aus eigener Kraft und durch unsere eigenen Möglichkeiten dort hinzukommen, wo wir hinwollen! Das beantworten wir nämlich immer noch nicht, weil wir über diese Themen nicht reden. Wir reden nämlich nicht über Steuerpolitik, die verhindert, dass Frauen Vollzeit erwerbstätig sein können, wir reden nicht über neue Karenzmodelle, die es Frauen ermöglichen, auch Karriere zu machen (Abg. Schieder: Wir schon! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: ... Karenzmodelle!), wir reden nicht über andere Fallen, die in der Familienpolitik genau dazu führen, dass wir dieses konser­vative alte Rollenbild weiterhin einzementieren – und auch die SPÖ macht da seit Jahren willig mit.

Ich bin nicht bereit, weiter zu akzeptieren, dass Sie Scheinlösungen wie eine Frauen­quote in Aufsichtsräten präsentieren. Das ist einfach nicht ehrlich, weil man das Problem nicht wirklich an der Wurzel packt! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Was ist das Problem?) Wir verschönern und schneiden uns den Baum einfach so zurecht, damit es optisch so ausschaut, als würden Frauen und Männer in Österreich überall gleich behandelt, das werden sie aber nicht.

Deshalb möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeits­markt

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu verabschieden, welches das Ziel hat, Voller­werbstätigkeit für Frauen zu fördern. Dieses soll insbesondere steuer- und arbeits­marktpolitische Maßnahmen, wie die Abschaffung negativer Erwerbsanreize, eine Arbeitszeitflexibilisierung und eine Zusammenfassung steuerlicher Familienleistungen, sowie auch familienpolitische Maßnahmen, wie die Einführung eines individuellen Karenz­anspruches und den Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten beinhalten.“

*****

Das würde nämlich dazu führen, dass Frauen aus eigener Kraft in Aufsichtsräte kämen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Na genau! Wie naiv ist denn das?)

20.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 377

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kollegin und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2226/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Josef Muchitsch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfas­sungs­gesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G) (1742 d.B.) –TOP 28

Die Bundesregierung beschließt eine Quotenregelung für alle börsennotierten Unternehmen und Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeiter_innen. Ab jetzt sollen nach deutschem Vorbild Aufsichtsräte solcher Firmen aus mindestens 30% Frauen bestehen. Diesen Beschluss feiert man als großen Erfolg auf dem Weg zur Gleich­stellung von Männern und Frauen. NEOS sieht dies als reine Symptombekämpfung. Die Quote löst nicht die Probleme, die nach wie vor Schuld an der vorherrschenden Schlechterstellung von Frauen am Arbeitsmarkt sind.

Nach wie vor ist eine der größten Problematiken, dass 47,7% aller erwerbstätigen Frauen in Österreich in Teilzeitbeschäftigung sind. Auch unter den geringfügig Be­schäf­tigten sind zwei Drittel Frauen. Dies wirkt sich je nach Länge äußerst dramatisch auf das Lebenseinkommen und die Pension von Frauen aus. Wahre Gleichstellung am Arbeitsmarkt können wir nur durch spezifische steuer- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erreichen:

Lange Teilzeitphasen verzögern Karriereschritte und verringern damit das Lebens­einkommen von Frauen. Zudem sind sie eher gefährdet in Altersarmut zu schlittern, weil sie nicht genügend in die Pensionskasse eingezahlt haben. Frauen werden auch nicht in Führungspositionen kommen, wenn ihnen Arbeitserfahrung fehlt. Durch die Quote kann man zwar die oberste Führungsebene mit Frauen "auffüllen", aber nicht dafür sorgen, dass vor allem auf mittlerer Managementebene Frauen nachrücken. Das kann nur geschehen, wenn man endlich negative Arbeitsanreize wie beispielsweise die Negativsteuer umgestaltet, die Frauen nach wie vor dazu animieren, lange in Teilzeit zu bleiben.

Es braucht dringend eine Arbeitszeitflexibilisierung, weil die starre 40-Stunden-Woche, so wie sie derzeit vorherrscht, eigentlich frauenfeindlich ist. Es müssen Rahmenbe­dingungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglichen aus diesem strengen Korsett auszubrechen und ihre Arbeit flexibel zu erledigen. Immer mehr erkennen wir, dass es nicht ausschlaggebend ist, wie viele Stunden jemand arbeitet und am Arbeitsplatz anwesend ist. Es geht immer mehr darum, was geleistet wird. Fixe Arbeitsstunden werden in Zukunft nur noch im Betreuungs-/Pflegebereich oder der Warenproduktion von Bedeutung sein. Im Dienstleistungssektor verlieren fixe Arbeits­zeiten und fixe Wochenstunden völlig an Bedeutung. Die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten ist gerade für Frauen ein wichtiger Schritt zu einer gleichberechtigteren Arbeitsmarktpartizipation und Einkommensgleichheit.

Um Frauen und Männer gleichsam zu entlasten, ist es nötig den Wildwuchs an steuerlichen Familienleistungen zu beseitigen und die steuerlichen Leistungen zusam­menzuführen, um einen gezielten Einsatz der Mittel zu gewährleisten. Derzeit gibt es


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 378

zahlreiche steuerliche Familienleistungen, wie beispielsweise den Alleinver­diener­absetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag, den Kinderabsetzbetrag, einen Unter­halts­absetzbetrag, Kinderfreibetrag, sowie die steuerlichen Absetzbarkeit von Kinder­be­treuungskosten. Dieser Dschungel sollte dringend vereinfacht und zusammengeführt werden. In Folge dessen wäre es sinnvoll, diese Familienleistung ausschließlich auf einen Ausbau und eine Vereinfachung der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und -bildungskosten zu konzentrieren, um Arbeitsmarktpartizipation von Frauen zu fördern und zu erhöhen.

Eine weitere Maßnahmen, um indirekte Anreize für Teilzeitarbeit abzuschaffen betrifft die Arbeitslosenversicherungsbeiträge, deren Staffelung derzeit dazu führt, dass der Umstieg von Teilzeit in Vollzeiterwerbstätigkeit wenig attraktiv für Frauen ist. Die 2017 gültige Staffelung sieht für Einkommen bis € 1.342 einen Arbeitslosen­versicherungs­beitrag von 0 %, zwischen € 1.342 und € 1.464,00 von 1 % und von 1.464,00 bis € 1.648,00 von 2 % vor. Gerade dieser Einkommensbereich wird z.B. bei einem Umstieg von Teilzeit zu Vollzeit in sehr vielen Fällen überschritten. Zur höheren Steuer­belas­tung auf Grund der ESULSt-Progressionsstufen tritt noch höhere Belastung durch Arbeitslosenversicherungsbeträge hinzu. Anders als bei Steuersätzen, die nur für zusätzlich verdiente Euros schlagend werden, trifft der gestaffelte Arbeitslosenver­sicherungsbeitrag bei Überschreiten einer Betragsgrenze in der Folge das Gesamt­einkommen, nicht nur den Mehrverdienst. Wer. EUR 1.343 verdient, zahlt also um EUR 13,43 mehr Arbeitslosenversicherung als jemand, der EUR 1.342 verdient. Eine Neugestaltung dieser Staffelung und Umstellung unter Einbezug einer frauen­politischen Perspektive kann helfen, den Weg in die Vollerwerbstätigkeit zu erleichtern.

Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten: Auch was das Kinderbetreuungsangebot angeht, hinkt Österreich weiter hinterher. Noch immer wurde das Barcelona-Ziel der Europäischen Union nicht erreicht, und das obwohl es seit dem Jahr 2007 eine Vereinbarung gemäß 15a B-VG gibt, die den Ausbau von Kinderbetreuungs­einrich­tungen fördern soll. Der Fokus muss dabei ganz klar auf Kinderbetreuungs­ein­richtungen liegen, die sich mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinen lassen. Daher gilt es vor allem ganztägig geöffnete Kinderbetreuungseinrichtungen mit wenigen Schließ­tagen zu schaffen.

Individueller Karenzanspruch: Um wirkliche Gleichstellung im Sinne von Chancen­gerechtigkeit und Selbstbestimmtheit zu garantieren, muss sich nicht nur die Politik ändern, sondern auch unsere Gesellschaft. Vätern und Müttern muss es ermöglicht werden, ihren Karenzanspruch fair und individuell aufzuteilen. Erziehungs- und Betreu­ungsarbeit darf nicht länger alleinige Frauensache sein, sondern muss fair zwischen den Geschlechtern aufgeteilt werden. Ein individueller Karenzanspruch ist daher unerlässlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu verabschieden, welches das Ziel hat, Voller­werbstätigkeit für Frauen zu fördern. Dieses soll insbesondere steuer- und arbeits­marktpolitische Maßnahmen, wie die Abschaffung negativer Erwerbsanreize, eine Arbeitszeitflexibilisierung und eine Zusammenfassung steuerlicher Familienleistungen,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 379

sowie auch familienpolitische Maßnahmen, wie die Einführung eines individuellen Karenzanspruches und den Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten beinhalten.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.27.26

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt 18 Prozent Frauen in Aufsichtsräten, 7 Prozent aller Spitzenfunktionen sind von Frauen bekleidet. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Claudia Gamon, lieber Herr Stefan, ich habe überhaupt keine Lust, noch 100 Jahre zu warten, bis wir das endlich einmal aufgeholt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Aslan.)

Der rechtsverbundene Harald Stefan weiß, dass wir in der Verfassung den Artikel 7 Abs. 2 haben, mit dem es sehr wohl möglich ist, positive Diskriminierung überall dort, wo es noch eine massive Ungleichbehandlung gibt, durchzuführen – und genau das wenden wir hier an. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wozu eigentlich? – Zwischenruf des Abg. Stefan.)

Die Quote, sehr geehrte Damen und Herren, wirkt, so wissen wir es aus der Bun­desrepublik Deutschland, wir wissen es aus Norwegen, wir wissen es aus Frankreich, wir wissen es aus Italien, wir wissen es aus Spanien, wir wissen es aus Finnland, wir wissen es aus den Niederlanden. Überall dort hat man die Quote eingeführt, Herr Kollege Stefan, und es funktioniert wunderbar. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wie denn?) Die Unternehmen machen größere Gewinne, es floriert das Leben, es floriert das Unternehmen, und das Klima in den Unternehmen ist auch noch besser. Ist das eine Erfolgsgeschichte? – Das ist eine Erfolgsgeschichte. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Und wenn mich im Justizausschuss etwas sehr, sehr gefreut hat, dann war es die Aussage der Kollegin Fekter, die gesagt hat, am Anfang ihres Politikerlebens war sie auch noch der Auffassung, dass es vielleicht von selbst gehen könnte, aber jetzt, nach 27 Jahren im Parlament, weiß sie, ohne Quote geht es nicht. Kollegin Schittenhelm hat das gleiche Bild gezeichnet, und wir wissen es auch schon lange: Wir brauchen diese Krücke, etwas anderes funktioniert noch nicht! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: ... ja die Quote, und das funktioniert ja auch nicht!)

Aus diesem Grunde, sehr geehrte Damen und Herren, bin ich froh, dass wir dieses Instrument jetzt hier einführen. Es ist ein guter Tag für die Frauen und es wird in Österreich viel ändern. In diesem Sinne: Eine tolle Geschichte, ein toller Tag, und ich bin sicher, dass es wirkt! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

20.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


20.29.47

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn man die Quote logisch zu Ende denkt, dann gibt es kein einziges logisches, sachliches und rechtliches Argument dafür. Die Quote ist nicht zu rechtfertigen, wenn man es argumentiert. (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Wenn man nämlich der Quote auf den Grund geht, wo kommt man dann hin? – Zu einem rein sexistischen Argument: Das Geschlecht soll darüber bestimmen, was man


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 380

ist und wo man hineinkommt. Genau das, was Sie in der Frauenbewegung den Männern über Jahrzehnte vorgeworfen haben (Zwischenruf der Abg. Fekter), nämlich dass die Männer aufgrund ihrer Männersituation Posten besetzen und die Frauen nicht heranlassen (Abg. Steinhauser: Alle Posten!), wollen Sie jetzt umdrehen durch eine staatliche Zwangsmaßnahme und Frauen hineinpressen in die sogenannten Männer­domänen. Sie führen sich ja selbst ad absurdum mit diesem Argument und mit diesem ganzen Vorgang! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steinhauser: Das ist aber ein gutes Argument! Alle Posten, das ist das Problem!)

Harald Stefan hat es schon gesagt: Was Sie damit tun, ist, Sie schaden den Frauen. – Es gibt nichts Schlimmeres als eine Quotenfrau! Ich möchte nie als Quotenmann bezeichnet werden, und wenn ich eine Frau wäre, dann würde ich auch nicht als Quotenfrau bezeichnet werden wollen, denn das ist ja automatisch, a priori und von vornherein eine Schlechterstellung der Frau. (Abg. Steinhauser: Ich glaube, wir brauchen die Kollegin Fekter, dass sie das erklärt! – Abg. Höbart: Die Geschichte schreibt ...!)

Wenn Sie ehrlich sind und das einmal durchdenken, dann kommen Sie mit der Quote zur Schlechterstellung, denn diese Frau, die in ein Unternehmen hineingepresst wird, muss sich erst einmal in die Höhe und nach vorne arbeiten, weil sie ja automatisch eine Quotenfrau ist. Denkt das doch einmal logisch und ehrlich durch! Alle Frauen­politik in Ehren, alles Ideologische in Ehren, aber irgendwann muss man zu einem Argument kommen und zu einer Logik, und das ist in sich nicht logisch und nicht begründbar! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Und Sie können auch nicht Unrecht mit Unrecht ausmerzen! (Oh-Ruf des Abg. Höbart.) Wenn Sie den Umstand, dass in den letzten Jahrhunderten die Männer dominant waren, sie aufgrund ihrer Männlichkeit gewisse Positionen akquiriert haben, jetzt als Unrecht bezeichnen und nun daherkommen und sagen, das Gleiche müssen die Frauen machen, indem man es nämlich staatlich verordnet, dann sehen Sie das eine als Unrecht, das andere erklären Sie plötzlich zum Recht. (Abg. Steinhauser: Es geht ja nicht um eine 100-Prozent-Quote! Es geht um eine 30-Prozent-Quote!)

Wie wollen Sie das einem logisch denkenden Menschen jemals klarmachen? Das ist in sich inkonsistent, nicht argumentierbar und eine An-der-Nase-Herumführerei der gesamten Bevölkerung! (Beifall des Abg. Höbart.)

Ich meine, man muss hier wirklich immer wieder darauf hinweisen, dass wir mit solchen ideologischen Argumentationen den Frauen schaden. Wir schaden den Frauen, und alle, die heute zustimmen, schaden den Frauen. Ich denke, das sehen sehr viele in der ÖVP genauso wie ich. (Abg. Öllinger: Sie als Quoten...!)

Es gibt also – insgesamt betrachtet – kein einziges valides Argument für diese Rege­lung. Ich habe in der Literatur nachgeschaut, ich habe mir Redner angehört, ich habe mir die Berichte aus Deutschland angesehen, das, was die über die Quote sagen, und muss sagen: Es ist tatsächlich so! (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) – Ja, alles gut und schön, wird öffentlich behauptet, aber es gibt im Grunde kein Argument dafür. Das einzige Argument, eine Position erlangen zu können, sollte die Qualifikation sein (Abg. Gisela Wurm: Genau!), nichts anderes. Das ist angebracht – und nicht, sexistisch nach Frauenquoten zu schreien! Der Endeffekt wird nämlich der sein, dass wir dann auch bei Hebammen nach den Männern schreien.

Machen wir eine Männerquote bei den Hebammen? (Abg. Aslan: Ja, machen wir! Wir sind dabei!) – Wie wollen Sie das denn durchsetzen? Es gibt in Österreich eine männliche Hebamme oder einen Hebammer, ich weiß nicht, wie wir das bezeichnen wollen. (Abg. Steinhauser: Die, die nicht in den Aufsichtsrat kommen, werden Hebammer!) Wie wollen Sie denn so etwas durchsetzen, solche unsinnigen, auf das


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 381

Geschlecht bezogene Quoten? – Ich will Männer beim Hebammenberuf: Wie wollen Sie denn das den Hebammen klarmachen? Wie wollen Sie das den gebärenden Frau­en klarmachen? – Erklären Sie mir so etwas! Die gleiche „Logik“ – unter Anführungs­zeichen –, die Sie haben, wäre die Hebammenlogik: Ich will 50 Prozent Männerquote bei den Hebammen.

Argumentieren Sie mir das so, dass ich es glaube, dann glaube ich Ihnen auch den Sinn der Frauenquote. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


20.33.26

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Kollege Marcus Franz, nicht wir ... (Abg. Höbart: Aber auf die Argumente eingehen, gell? Auf die Argumente eingehen!) – Ja, ich verstehe, dass die FPÖ sich als Anwalt des Herrn Marcus Franz sieht. (Abg. Höbart: Nein, nicht Anwalt, das war Logik!) Herr Kollege Marcus Franz, nicht wir schaden den Frauen, sondern wenn es in diesem Raum jemanden gibt, der den Frauen schadet, dann sind das mit großer Wahrscheinlichkeit Sie. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

So viel Frauenfeindliches, so viel Unverständnis gegenüber der Frauenpolitik wie von Ihnen habe ich in diesem Jahr wahrscheinlich von niemandem hier herinnen gehört.

Noch einmal zum Thema ... (Abg. Franz: Das Argument fehlt mir!) – Ich erkläre Ihnen das! Weil Sie gerade von logischen Menschen und von logischen Denkfolgerungen geredet haben, bringe ich Ihnen jetzt auch das Argument, wozu es eine Quote braucht. Jetzt mache ich eine Lernlektüre der ersten Klasse Volkschule, sodass Sie das sozu­sagen auffassen können.

Die Quote ist eine Frage der Machtverhältnisse; sie ist gleichzeitig auch eine Frage der Hierarchieverhältnisse. Die Geschlechterquote ist dazu da, dass eine gut qualifizierte Frau, die in Konkurrenz zu einem durchschnittlich qualifizierten Mann steht (Abg. Walter Rosenkranz: Das ist männerfeindlich: Durchschnittlichkeit!), der irgendwelche Seilschaften hat, den Job auch bekommt. Darum geht es. Es geht darum! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Ich muss Ihnen sagen, ich habe gestern zufällig mit meiner skandinavischen Verwandt­schaft telefoniert, und ich habe mich geschämt, dass wir im Jahr 2017 im österreichi­schen Parlament eine 30-Prozent-Frauenquote überhaupt beschließen, denn die skan­dinavischen Länder sind viel weiter voraus, und es haben sich Erfolge gezeigt.

Heute wollen Sie uns erklären, dass mit der Geschlechterquote vieles sozusagen nicht funktioniert?! – All jene, die die Quote heute schlechtreden, sind jene, denen es egal ist, wie sich die gesellschaftliche Schieflage überhaupt entwickelt, denen es egal ist, wie gerechte Strukturen überhaupt nicht funktionieren – und auf Basis von Freiwillig­keit, haben wir gesehen, tut sich einfach nichts, weil es immer wieder Männer gibt, die wie Sie einfach nicht bereit sind, diese gerechten Strukturen zuzulassen. (Ruf bei der FPÖ: ... durchschnittlich!)

Deswegen werden wir nicht aufhören, auf diese Instrumente zur Erlangung der Ge­rechtigkeit zu pochen, und Sie werden uns dann auch immer wieder mit Kritik als ihre Gegnerinnen und Gegner haben. – Danke sehr. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

20.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fekter gelangt nun zu Wort. – Bitte schön. (Ruf bei der FPÖ: Den Weg zur Erkenntnis, bitte!)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 382

20.36.12

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Lieber Kollege Franz (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen – Abg. Steinhauser: Regen Sie ihn nicht auf!), also heute bin ich überzeugt worden, warum du nicht mehr in unserer Gesinnungsgemeinschaft Platz hast. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wittmann: Ich verstehe das auch, dass Sie ihn loswerden wollen!)

Ich persönlich bin Ende der Achtzigerjahre – die Kollegin Wurm hat es erwähnt: vor 27 Jahren – in die Politik gekommen und habe damals auch die Auffassung vertreten: Eine Quote brauchen wir nicht! – Ich bin gemeinsam mit Johanna Dohnal in einer Regierung gesessen, ich als Staatssekretärin, sie als Frauenministerin, und ich war absolut gegenteiliger Meinung von Johanna Dohnal – damals! Darum verzeihe ich es der Kollegin Gamon und ihrer Jugend (Abg. Gamon: Nicht schon wieder! – Abg. Wal­ter Rosenkranz: Das ist sehr diskriminierend!), dass sie gleichfalls glaubt, die Damen und Frauen schaffen alles, sie schaffen alles alleine und man muss sie nicht unter­stützen. (Abg. Walter Rosenkranz: Das ist der ÖVP ...!)

Wir haben es bisher geschafft, dass mehr Frauen Studien abschließen als Männer, wir haben es bisher geschafft, dass wir gesetzlich in fast allen Bereichen die Gleichstel­lung haben (Abg. Stefan: Wenige junge Leute in Aufsichtsräten!) – dies und die Wirklichkeit klaffen aber dramatisch auseinander. Ich habe in 27 Jahren Politik einfach zur Kenntnis nehmen müssen: Es funktioniert halt nicht ohne Quote, auch wenn mir persönlich die Quote unsympathisch ist. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Es gibt immer noch Männer, die glauben: Ja, aber da gibt es ja dann keine Damen!, und: Wo nehmen wir sie denn her? – Und es ist so ein stumpfsinniges Argument, das sei eine Abqualifikation, lieber Kollege! Seien wir ehrlich: Die Frauen, die sich enga­gieren, die den Mentoringprozess für Aufsichtsräte durchlaufen, die in den Aufsichts­räten tätig sind, die sind gut, und zwar meistens besser als so manche Männer, die die Sessel versitzen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Walter Rosenkranz: Stehen Sie zu Ihren Erfahrungen in der ÖVP!)

Ich persönlich hatte das Glück, dass es Ende der Achtzigerjahre populär wurde, Frauen auch in die Politik zu bringen, und ich bin eine solche Quotenfrau. Ich bin aufgrund dessen, dass wir auch eine Frau gebraucht haben, in den Gemeinderat von Attnang gekommen, und diese Quote hat mich nicht blöder gemacht (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen), hat mich nicht schlechter gemacht und hat mich auch nicht weniger motiviert (Abg. Belakowitsch-Jenewein: ... im Umkehrschluss? Aufpassen!), in der Politik engagiert zu arbeiten.

Und ich kann euch eines sagen: Ich habe in allen Funktionen, die ich hatte, dafür Sorge getragen, dass anschließend auch wieder eine Frau zum Zug kommt – außer beim Posten des Finanzministers, da ist es mir nicht gelungen. (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) – Ja, da hat der Chef damals geglaubt, er kann es besser, aber das war eine andere Geschichte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch als Quotenfrau kann man hervorragende Arbeit leisten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Frauen sollen den Zug nehmen, der sich in Bewegung setzt, und das ist ein Zug, der sich für die Frauen in Bewegung setzt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Dass da jetzt manche natürlich ein bisschen irritiert sind, weil sie um ihre Sessel fürchten, das sehe ich schon auch, speziell bei den Gewerkschaften, Betriebsräten und Arbeitnehmervertretern (Heiterkeit bei der FPÖ – Zwischenrufe bei der SPÖ), denn dort sind auch viel zu wenige Frauen, die diese Quote erfüllen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 383

Ich halte es daher für gut, dass in diesem Gesetz sowohl die Kapitalvertreter als auch die Arbeitnehmervertreter diese Quote einhalten müssen. (Abg. Wöginger: ... Muchitsch!) Es wird sich bei den Betriebsräten dadurch vieles zum Positiven verändern. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

20.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Vizekanzler Dr. Brandstetter. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


20.41.11

Bundesminister für Justiz Vizekanzler Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen: Ja, eigentlich geht es hier ja nur um eine gesellschaftsrechtliche Änderung.

Es geht um eine Quote für Frauen in Aufsichtsräten von börsennotierten oder großen Unternehmen mit mehr als 1 000 Mitarbeitern, und das ist schon ein wichtiger Aspekt. Das sind Unternehmen, von denen man sagen kann, dass sie über das rein Marktwirt­schaftliche hinaus auch eine gewisse gesamtgesellschaftliche Bedeutung, um nicht zu sagen Verantwortung haben. So viel dazu und zu unpassenden Vergleichen mit irgendwelchen Gewerben, welcher Art auch immer. (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Das hat keinen Sinn. Es geht hier um etwas, das gesamtgesellschaftliche Bedeutung hat.

Als Chef eines Ressorts, in dem es einen erfreulich hohen Anteil von Frauen gibt, möchte ich schon sagen, dass ich nicht den Eindruck habe – und insofern habe ich auch in den letzten Jahren dazugelernt, das gestehe ich unumwunden ein – und nicht glaube, dass der hohe Frauenanteil in der Justiz, der uns durchaus guttut, möglich geworden wäre ohne entsprechende gesetzliche Regelungen im Sinne des Gleichbe­handlungsrechts. Das muss man ganz offen sagen, das ist einfach so.

Was diese Regelung betrifft, zeigt ja die Diskussion – und insofern habe ich sie gera­dezu genossen –, dass es nicht nur um eine vergleichsweise kleine gesellschafts­rechtliche Regelung geht, nein, da geht es um mehr. Das zeigen ja auch alle Rede­beiträge. Da geht es schon um etwas von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.

Das muss man sehen, die Sensibilität muss man haben, und ich möchte wirklich sagen, dass ich sehr beeindruckt war von dem, was die Vorsitzende des Justizaus­schusses, Frau Abgeordnete Steinacker, gesagt hat. Auch sie hat gesagt: Ja, da hat sich einiges bewegt in den letzten Jahren!, und ich denke, dass gerade auch die Einigung der beiden Regierungsparteien auf dieses Vorhaben, das wir im Regierungs­programm festgemacht haben, zeigt, dass es möglich ist, aufeinander zuzugehen und von einer Verabsolutierung früherer Standpunkte Abstand zu nehmen und sich bewusst weiterzuentwickeln, den Kompromiss zu suchen.

Das ist in diesem Fall möglich gewesen und darüber freue ich mich. Das wird auch weiterhin möglich sein und daran wird auch die Tatsache, dass es heute in einem durchaus wichtigen Punkt leider nicht möglich war, einen Konsens zu finden, nichts ändern.

Das ist der richtige Weg, das ist, wenn man so will, auch ein neuer Weg, der mir sehr gut gefällt, und so gesehen bin ich froh darüber, dass es hier zu dieser Einigung gekommen ist. Wenn Sie so wollen: Ich bin auch überzeugt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

20.43



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 384

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Dr. Franz. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Oje-Rufe bei SPÖ und ÖVP.)

 


20.43.59

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! (Zwischenruf der Abg. Fekter.) Dazu muss ich natürlich noch ein paar Sätze sagen: Wenn Sie jetzt aus Sicht der ÖVP stolz sind, dass Sie gewisse Positionen verlassen haben, dann muss ich sagen: Ja, leider! Ihr habt nämlich euren bürgerlich-konservativen Standpunkt sukzessive abgebaut und driftet immer mehr nach links der Mitte. (Abg. Schieder: Das geht zu weit!) Das halte ich für schlecht für eine konservative Bewegung, und deswegen sehe ich die Zukunft ein bisschen anders als die ÖVP. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn wir heute sagen, die Frauenquote ist etwas Gutes, dann sollten wir auch mit Frauen reden, die durch die Frauenquote groß geworden sind. Da gibt es zum Beispiel in Deutschland eine Initiative, die sich Frauen gegen die Quote nennt. Diese besteht aus lauter hochrangigen Unternehmerinnen, die sich explizit gegen die Frauenquote aussprechen und sie nicht für gut halten. (Abg. Schieder: Ja, aber ist das logisch?)

Wenn ich in meinem privaten Bereich frage, zum Beispiel meine Frau, die berufstätig, selbständig, Unternehmerin, Tierärztin mit fünf Angestellten ist: Was hältst du von der Quote?, dann schaut sie mich groß an und sagt: So ein Blödsinn! Wir Frauen möchten auch etwas leisten (Abg. Aslan: Dann wäre sie mit Ihnen nicht verheiratet!), und wir brauchen keine Quote, um irgendwohin zu kommen (Abg. Fekter: ... eigenen Wert!), sondern wir brauchen die Leistung und die Qualifikation! – Das nehmen Sie den Frauen durch die Quote weg – das nehmen Sie den Frauen weg! Sie schaffen eine Aburteilung, eine Einkastelung von Frauen durch diese Quote.

Denken Sie doch bitte diesen Quotenunsinn zu Ende! Er schadet und er wird in jeder Hinsicht schaden, und wenn ich andere Quoten haben will, könnte ich genauso gut sagen, ich brauche in Aufsichtsräten nur Leute mit Schuhgröße 45, denn die haben ein gutes Auftreten. Das ist genauso logisch oder genauso dämlich wie diese Frauen­quote.

Vergesst doch eure ideologischen Mühlsteine, die ihr um den Hals habt, und denkt einmal ordentlich die Sachen zu Ende! Dann werdet ihr zu anderen Ergebnissen kommen, als die Weltanschauung euch dauernd oktroyiert. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler. – Abg. Schieder: Sie melden sich immer zu Wort und denken es nie zu Ende! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.45.53

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ich bedanke mich ausdrücklich für jeden qualifizierten Redebeitrag, und jeder unquali­fizierte war aus meiner Sicht einer zu viel. Und es heißt Geburtshelfer, Herr Kollege, und nicht Hebammer – Geburtshelfer heißt das! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Abg. Scherak.)

So, aber nun zur Quote: Ich freue mich – und der Herr Vizekanzler hat es erwähnt –, dass wir im öffentlichen Dienst seit vielen Jahren mittlerweile eine 50-prozentige Quote und sehr viele tolle Frauen in Führungspositionen haben. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, in der SPÖ!) Sie wissen genau, als wir die Finanzkrise gemeinsam bewältigt haben, war der öffentliche Dienst wirklich ganz wichtig und ein wichtiger Pfeiler der Stabilität in dieser Republik.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 385

Wir haben auch im ORF eine Quote von 45 Prozent, wir haben eine Quote an den Universitäten, und daher haben wir jetzt acht Rektorinnen – noch vor wenigen Jahren hatten wir null Rektorinnen –, hoch qualifizierte Frauen, die Universitäten leiten und sie gut lenken. Ich freue mich, dass wir im staatsnahen Bereich gemeinsam vor einiger Zeit auch die Selbstverpflichtung – ist gleich Quote – in Aufsichtsräten einführen konnten, das sind im Durchschnitt 40 Prozent, einige sind noch ein bisschen säumig.

Mit dem heutigen Beschluss der Quote in Aufsichtsräten für Unternehmen mit mehr als 1 000 MitarbeiterInnen oder börsennotierten Unternehmen wird ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt, damit Frauen ihre Talente entfalten können (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wie vielen Frauen hilft das wirklich?), damit Frauen zeigen können, was sie draufhaben, und damit aufgezeigt wird, dass der Sessel im Aufsichtsratsstuhl, wenn das nicht gelingt, einfach leer bleibt. Das wird sicher ganz wichtig und motivierend dafür sein, dass diese Quoten eingehalten werden, denn – ich wiederhole, was einige gesagt haben – Quoten bringen bessere Ergebnisse, Quoten erhöhen auch die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Quoten schaffen letztendlich auch in der Gesellschaft ein gleichmäßigeres und gleichgewichtigeres Bild, als wir es jetzt in vielen Bereichen haben.

Ich bedanke mich ausdrücklich beim Koalitionspartner, dass wir das jetzt – und es begleitet mich seit neun Jahren – durchsetzen konnten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

20.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Doppelbauer gelangt zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


20.48.35

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte jetzt noch die Möglichkeit ergreifen und ein bisschen aus der Praxis erzählen. Wie manche von Ihnen wissen, bin ich erst seit zwei, drei Monaten hier, und ich komme aus so einem großen Konzern, der über 1 000 Mitarbeiter hat, 140 000 global, und uns geht es hervorragend ohne die Quote. Ich erzähle Ihnen auch, warum.

Das Einzige, was sich nämlich ändern muss, damit Frauen erfolgreich sein können, das sind die Männer, und da muss man ansetzen. Die Männer müssen sich ändern. Die Männer müssen verstehen, wie ein Unternehmen erfolgreich ist. Internationale Studien zeigen es, das können Sie alle nachlesen. Frauen in Vorständen, Frauen in der Wirtschaft: Unternehmen, die viele Frauen haben, sind erfolgreicher, sind nach­haltiger, es gibt sie länger.

Deswegen gibt es für mich, wenn man den Frauen helfen will, andere Themen. Frauen kann man helfen, indem man ihnen das gleiche Gehalt zahlt, indem man ihnen Betriebskindergärten zur Verfügung stellt, über diese Zeit hinweghilft und sie nicht demoted, wie man das so schön nennt, wenn sie in Karenz gehen. Das sind die Dinge, mit denen man Frauen helfen kann, dann braucht es keine Quote.

Und die Männer müssen sich alle zuerst an der Nase nehmen und mitarbeiten, und dann werden wir alle erfolgreich sein und werden alle so gute Unternehmen und so nachhaltige Unternehmen haben, mit vielen Frauen in Führungspositionen, ohne die berühmte gläserne Decke, und dann brauchen wir schlicht und einfach keine Quote. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Dietrich.)

20.49

20.50.14

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 386

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1742 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

20.51.0929. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2243/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Außerstreitgesetz, die Jurisdik­tions­norm, das Gerichtsgebührengesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Aus­landsunterhaltsgesetz 2014 geändert sowie das Bundesgesetz vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivil­rechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung aufgehoben werden (Kinder-RückführungsG 2017 – KindRückG 2017) (1743 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf darauf hinweisen, dass nur drei Redner zu Wort gemeldet sind. Wir werden daher sehr rasch zur Abstimmung kommen, deshalb bitte ich, den Raum, wenn es irgendwie geht, nicht zu verlassen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


20.51.45

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Wir anerkennen die Bemühungen des Justizministeriums, in dieser heiklen Materie ein rasches Verfahren zu ermöglichen, weil der EGMR das auch vorgeschlagen hat. Es ist auch gut, dass man noch einmal einen Abänderungsantrag diesbezüglich eingebracht hat – damit wurden dem Entwurf die gröbsten Spitzen genommen –, aber man muss sagen, dass namhafte Zivilrechtsexpertinnen und -experten im Stellungnahme­verfah­ren auch darauf hingewiesen haben, dass der Entwurf immer noch nicht als grund­rechtssensibel betrachtet werden kann, weil 75 Prozent der Anträge von Vätern gestellt werden. Das bedeutet, dass es sehr wohl auch Auswirkungen auf die Frauen hat, denn wenn wir das Wort Kindesentführung verwenden, dann reden wir davon, dass Mütter nach einer gescheiterten Beziehung mit ihrem Kind oder mit ihren Kindern teilweise in ihre Heimat zurückgekehrt sind.

Viele Gewaltschutzzentren und auch Interventionsstellen weisen darauf hin, dass Frauen mit ihrem Kind oder mit ihren Kindern teilweise die Flucht ergreifen müssen, weil sie einem gewalttätigen Partner entkommen wollen, weil sie finanzielle Unterstüt-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 387

zung in ihrem Herkunftsland haben wollen oder weil sie eine finanzielle oder auch psychische Unterstützung von ihren Familien erhalten wollen. Aus diesen Gründen ergreifen sie sozusagen mit ihren Kindern die Flucht.

Das ist der Grund, warum wir bei diesem Antrag nicht mitgehen können: weil die Gesetzeslage von Fall zu Fall und jeder Einzelfall differenziert betrachtet werden sollten, und das wäre damit nicht der Fall. Insofern können wir sagen, dass es von einer großen Wichtigkeit ist, dass in dem Zusammenhang mit einer besonders großen Grundrechtssensibilität agiert werden sollte. Beispielsweise sollen laut diesem Entwurf weiterhin alle erforderlichen Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung erlaubt sein und nicht auf bestimmte Fahndungsmethoden oder Zielpersonen begrenzt werden. Der OGH hat bereits in seiner Stellungnahme gesagt, dass das so nicht zu vertreten ist und dass man da mehr auf die Grundrechtssensibilität achten muss.

Insofern können wir den Antrag nicht unterstützen, aber natürlich ist es ein weiterer Schritt. Für die Verfahrensbeschleunigung wäre es wichtig, dass man sich in diese Richtung bewegt, aber man müsste dies frauenpolitischer anlegen und auch zum Wohl des Kindes nochmals den Gesetzestext genau anschauen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer ist der nächste Redner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


20.54.56

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Beim sogenannten Kinder-Rückführungsgesetz geht es um ein sehr sensibles Thema, weil es sich um höchst persönliche und meist emotionale und problematische Beziehungen handelt. Es beschäftigt sich mit der Problematik inter­nationaler Kindesentführungen.

Grundsätzlich soll das Kind im Fall einer Entführung in das Ausland wieder in den Staat zurückkehren, aus dem es entführt wurde, bis eben der dafür zuständige Staat über das Sorgerecht entschieden hat. Damit soll die Entscheidung des Entführers wieder rückgängig gemacht werden. Solche Situationen und Lebensumstände sind für alle Beteiligten sehr belastend. Deshalb sollen Entscheidungen rasch getroffen werden, und mit diesem Gesetz sollen auch Möglichkeiten geschaffen werden, die diese Entscheidungen beschleunigen.

Es soll zum einen die Anordnung der Rückführung mit der zwangsweisen Durch­setzung verbunden werden können, sodass das Ganze in einem Vorgang anstatt in zwei Entscheidungen erfolgt, um auch entsprechend Zeit zu sparen. Bei einer gütlichen Einigung zwischen den Elternteilen soll trotzdem auch auf die Dringlichkeit der Entscheidung hingewiesen werden, damit diese rasch getroffen werden kann.

Ermöglicht werden die Mitwirkung der Sicherheitsbehörden bei der Aufenthaltsermitt­lung ebenso wie Anfragen beim Zentralen Melderegister und beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger, wobei in den Erläuterungen klargestellt wird, dass die Adresse des Kindes und des entführenden Elternteils nicht an den anderen Elternteil weitergegeben werden darf.

In diesem Abänderungsantrag wird noch mehr auf das Kindeswohl eingegangen. So soll zum Beispiel dann, wenn sich herausstellt, dass das Kindeswohl nach den kon­kreten Umständen des Einzelfalles gefährdet wäre, die Vollstreckbarkeit ausgeschlos­sen werden können, beziehungsweise sind Einwendungen dagegen zu berücksichti­gen, wenn nachträglich Umstände eingetreten sind, die das Kindeswohl gefährden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 388

Und es soll tunlichst auch ein Kinderbeistand zur Unterstützung des Kindes bestellt werden.

Mit zunehmender Internationalisierung von Ehen und Lebensgemeinschaften wird es sicherlich auch notwendig, solche Sachverhalte zu regeln, und mit diesem Gesetz wird insbesondere auch das Kindeswohl noch mehr in den Mittelpunkt gestellt. Deswegen ersuche ich um entsprechende Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann ist die nächste Rednerin. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


20.57.16

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fälle von Kindesentführung sind ganz dramatische Ereignisse, die emotional sehr nahegehen und sehr viel seelischen Schmerz bei den Kindern und natürlich auch bei den Eltern verursachen.

Entführungen durch Fremde sind Gott sei Dank eine Seltenheit, aber Entführungen im Familienkreis sind gar nicht so selten. Ich war eigentlich erschüttert, als ich die Zahl gelesen habe, dass immerhin 30 Fälle pro Jahr gemeldet werden, in denen aus dem Ausland Rückführungsanträge an Österreich gestellt werden. Oft konnten keine Erhe­bungen oder Fahndungen in Österreich durchgeführt werden – wenn beide Elternteile mit der Obsorge betraut waren, wenn die Rechtslage im jeweiligen Herkunftsland eben so gestaltet war.

Das soll sich nun schrittweise ändern, wenn eine Entführungssituation vorliegt. Laut Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte von 2015 weist eben das österreichische Verfahrensrecht bei Rückführungssituationen Mängel auf, die mit dieser Novelle beseitigt werden sollen.

Mein Vorredner hat es schon in den Grundzügen erläutert – es ist ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. Ganz wichtig ist, dass es bei den Verhandlungen und bei dieser Novellierung gelungen ist, das Kindeswohl natürlich ganz prioritär zu verankern und auch durch diese Novelle wirklich durchgängig präsent zu halten, denn das ist wirklich das höchste Gut, das es zu beachten gilt: das Kindeswohl. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

20.59

20.59.13

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1743 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 389

21.00.0130. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1630 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz geändert wird (1708 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1666 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 geändert wird (1709 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2256/A der Abgeordneten Johann Höfinger, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprü­fungs­gesetz 2000 geändert wird (1710 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1920/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zuleitung des Endberichts des Expertenworkshops zur seismischen Gefährdung des AKW Krško an den Nationalrat (1711 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 30 bis 33 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


21.00.46

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Landwirtschaftsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herin­nen und Zuseher! Es werden hier einige höchst unterschiedliche Tagesordnungs­punkte aus dem Umweltausschuss unter einem besprochen. Ich möchte auf ein paar konkreter eingehen.

Das eine ist die Umsetzung des sogenannten Kigali-Abkommens – wieder einmal ein Beispiel, wo internationale Umweltpolitik extrem erfolgreich ist. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang noch einmal mitgeben, wie dynamisch die internationale Umweltpolitik ist und wie viel da weitergeht. Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir in dieses Haus nur ein bisschen von dieser Dynamik mitnehmen würden und diese Dynamik auch in Österreich weitertragen würden. Das Kigali-Abkommen würde bis 2030 ein Fünftel der fluorierten Gase einsparen – das ist echt ordentlich und würde auch zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Also eine tolle Leistung in der internationalen Umweltpolitik! Wir werden dem sehr gerne zustimmen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Der zweite Punkt ist ein Antrag gemeinsam mit einem Abänderungsantrag von den Regierungsfraktionen zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Im ursprünglichen Antrag war schon die Gleichstellung der nichtamtlichen Sachverständigen mit den Amtssachver-


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ständigen enthalten. Der Hintergrund ist der, dass auch Verfahren beschleunigt werden sollen.

Aus grüner Sicht halte ich das für höchst kontraproduktiv für die Beschleunigung von Verfahren. Wenn Sie die Verfahren effizienter machen wollen, beschleunigen wollen, braucht es das Gegenteil, nämlich eine gute Ausstattung der Behörden mit Amts­sachverständigen. Es wird auch jeder Projektwerber bestätigen, dass der Hauptver­zöge­rungsgrund bei Verfahren darin liegt, dass wir einfach nicht genug Amtssach­verstand in den Behörden haben. Im Übrigen würde es auch das Vertrauen von Bürgerinitiativen und AnrainerInnen in die Entscheidung von Behörden vergrößern, wenn das ein Amtssachverständiger entscheidet und nicht jemand, der auf dem freien Markt zugekauft wird – ohne jetzt jemandem etwas unterstellen zu wollen. Ich glaube, dass das Verfahren vereinfachen würde.

Im Abänderungsantrag ist jetzt auch vorgesehen, dass sich bei länderübergreifenden Projekten die Zuständigkeit der Behörde nach dem Ort richten soll. Wir glauben, dass auch die damit getroffene Lösung nicht ausreichend ist. Ich finde, bei solchen Pro­jekten sollte die Zuständigkeit im Umweltministerium liegen. Wir würden das gerne in Ihr Ministerium verlagern, Herr Umweltminister. Deswegen wird es dazu von uns keine Zustimmung geben.

Was in diesem Zusammenhang noch wichtig ist: Es wird Ihnen vielleicht auffallen, dass bei diesen Tagesordnungspunkten kein Antrag von meiner Fraktion dabei ist. Das hat einen Grund: weil unsere Anträge nämlich im Umweltausschuss weder angenommen noch abgelehnt, sondern einfach vertagt wurden. Die Legislaturperiode ist jetzt zu Ende. Ich frage mich: Wohin sollen sie noch vertagt werden?

Wir haben einen Antrag zur Umsetzung der Aarhus-Konvention. Das ist nicht nur ein Antrag, sondern ein fertiges Gesetz, das festlegt, dass, wenn Menschen von Umwelt­auswirkungen wie zum Beispiel Luftverschmutzung betroffen sind, dann die Bürgerin, der Bürger das Recht haben muss, auch Maßnahmen gegen diese Luftverschmutzung und Gesundheitsgefährdung einzuklagen.

Ich weiß nicht, wovor Sie sich fürchten, wieso Sie nicht wollen, dass Gesetze, die wir hier herinnen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger beschließen, tatsächlich auch für die Bürgerinnen und Bürger wirken können sollen. Das kann wirklich niemand erklären. Ich möchte es den Bürgerinnen und Bürgern aber sagen: Wir haben das für sie beantragt, wir haben das für sie ausgearbeitet. ÖVP und SPÖ machen da nicht mit. – Sie können dann erklären, warum. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Gesetzesvorschlag von uns Grünen war das Klimaschutzgesetz. Wir haben es erlebt: Fast alle Fraktionen haben sich über den US-Präsidenten empört, weil er aus dem Klimavertrag aussteigt. – Die Bundesregierung setzt den Klimavertrag aber auch nicht um! Ich weiß jetzt nicht, was davon besser oder schlechter ist. Sie lassen sich auch abfotografieren mit Arnold Schwarzenegger, Laurent Fabius und Co – und am selben Tag wird im Umweltausschuss ein Antrag, dass wir den Klimavertrag in Österreich auch umsetzen, abgelehnt oder vertagt. Das können Sie niemandem erklären. Wer sich über Trump empört, muss den Klimavertrag umsetzen – alles andere ist unglaubwürdig.

Ich werte das als totales Versagen in der Klimapolitik: Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, auch nur eine einzige Maßnahme zur Umsetzung des Klimavertrags zu setzen. Eine Chance gibt es noch – deswegen werde ich mich in der Debatte jetzt auch entschuldigen: weil wir das Ökostromgesetz verhandeln. Das ist die letzte Chance.

Ansonsten wünsche ich uns für die nächste Gesetzgebungsperiode, wie auch immer dieses Parlament zusammengesetzt sein wird, mehr Mut, mehr Dynamik, mehr Enga-


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gement in der Umweltpolitik. Wir werden das dringend brauchen, denn auch die größten wirtschaftlichen Chancen liegen in der Klima-, Energie- und Umweltpolitik. Deswegen bin ich auch ganz fest der Überzeugung: Österreich braucht dringend ein eigenständiges, starkes und engagiertes Klima-, Energie- und Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


21.06.13

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Vier Tagesordnungspunkte sind es, die wir jetzt unter einem verhandeln.

Einer davon betrifft das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz. Der Inhalt ist folgender: Wir setzen eine EU-Regelung um, bei der es um weitere Infor­mationen geht. Heutzutage gibt es ja vielerlei Möglichkeiten, ein Fahrzeug mit Energie zu betreiben. Das soll wieder für jeden ersichtlich sein: bei den Tankstellen in Form von Hinweisschildern beziehungsweise auch in den Betriebsanleitungen – also ein Aufwand, der finanziell nicht so groß ist, wobei diese zusätzliche Information aber für den Verbraucher von immenser Bedeutung ist, weshalb wir dieses Gesetz gerne mit beschließen.

Das Zweite ist auch ein gemeinsamer Antrag, für den wir eine Mehrheit gefunden haben, nämlich betreffend die Begrenzung der fluorierten Treibhausgase. Ich denke, das ist nicht nur eine Maßnahme, um technische Änderungen herbeizuführen, sondern um wirklich nachhaltig auch Klimaschutz zu betreiben. Das alles wird auch fließend möglich sein, um für den einzelnen Anlagenbetreiber nicht zu hohe Kosten zu verur­sachen, aber dennoch allen die Möglichkeit zu geben, mittelfristig die Anlagen umzu­stellen, um den Ausstoß solcher Treibhausgase dementsprechend zu verringern.

Das Dritte, wozu wir gerne einen gemeinsamen Antrag eingebracht haben, betrifft ein Thema, über das wir uns in diesem Hause sehr oft einig sind, nämlich wenn es um die Frage der Atomkraft geht, die wir ja insgesamt in diesem Land ablehnen. Jetzt haben wir aber nicht nur die Situation, dass verschiedene Atomkraftwerke rings um Österreich positioniert sind und diese immer wieder eine Gefahrenquelle darstellen – weshalb wir schon oft sowohl vonseiten der Länder als auch des Bundes an diese Anrainerstaaten herangetreten sind, um in Zukunft die Einhaltung der Sicherheitsstandards wirklich in einem hohen Maße zu gewährleisten –, sondern in diesem Falle geht es auch um ein mögliches Atommüllendlager in Tschechien, das eventuell auch grenznah errichtet werden kann. Tschechien lotet momentan Standorte aus.

Diesbezüglich sind wir auch zu einem gemeinsamen Antrag gekommen, der dies strikt ablehnt – in Unterstützung von oder Hand in Hand mit dem Land Niederösterreich, wo momentan ja auch eine Unterschriftenaktion läuft, zu deren Unterstützung ich Sie alle nur einladen kann. Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Pernkopf ist ja der Kopf dieser Initiative, und ich denke, es ist auch hier wichtig, ein gemeinsames Signal zu setzen.

Wichtig war uns auch der vierte Punkt, die Änderung im UVP-Gesetz 2000, wo es eben nunmehr eine erweiterte Möglichkeit gibt, die besagten nichtamtlichen Sachverstän­digen einzusetzen, nämlich nicht nur in den Vorverfahren, sondern auch in den ein­zelnen Durchführungsverfahren auf allen Ebenen bis dahin, dass die Verfahren auch in Begleitung der nichtamtlichen Sachverständigen abgeschlossen werden können.

Nun noch zu einem der Punkte, die von Kollegin Brunner erwähnt wurden, nämlich zur Aarhus-Konvention: Ja, wir sehen uns gefordert, diese umzusetzen, Hand in Hand wieder mit den Ländern, aber wir haben im letzten Umweltrat beschlossen, auch die


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Sozialpartner in dieser Frage einzubinden. Und das sind nun einmal auch jene Insti­tutionen, die die Menschen vertreten. Eines nämlich wollen wir nicht: dass die Unter­nehmen in diesem Land eigentlich nicht mehr vorhanden sind und wir uns dann damit brüsten, dass wir keine Abgase, keine Emissionen mehr haben, weil wir keine Unter­nehmen mehr haben. Nein, wir müssen Umweltschutz in Zukunft mit Augenmaß und im Sinne einer Ausgewogenheit transportieren und die Unternehmen begleiten, sodass wir Standorte haben, sodass wir Arbeitsplätze haben und auch dem Umweltschutz­gedanken gerecht werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


21.09.38

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den Tagesord­nungs­punkten 30 bis 33 nehme ich zu Punkt 30 Stellung, dem Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz.

Fahrzeugbesitzerinnen und -besitzer sollen ganz klare Informationen darüber erhalten, welches Kfz mit welchen verfügbaren Kraftstoffen betankt werden kann und darf. Dafür ist eine Gesetzesänderung notwendig. Aufgrund der zunehmenden Mobilität von Bür­ge­rinnen und Bürgern und vor allem aufgrund der Vielfalt an Kraftstoffen für Kraftfahrzeuge braucht es leicht verständliche Informationen über die an den Tankstellen angebotenen Kraftstoffe für Kraftfahrzeuge und vor allem über die Eignung des eigenen Fahrzeuges für verschiedene Kraftstoffe.

Der Hintergrund dieser Gesetzesänderung ist – wie von meinem Vorredner gerade angesprochen – eine EU-Richtlinie, die den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe betrifft. Diese EU-Richtlinie soll in nationales Recht umgesetzt werden. Der große Wurf ist das wahrlich nicht.

Ich befürchte natürlich schon eines: Wir sagen immer wieder, wir sollen die Firmen, die Unternehmen, die Gewerbetreibenden nicht zu sehr belasten – und hier müssen sie wieder Vorschriften und Bestimmungen umsetzen beziehungsweise die betreffende Information plakativ so darstellen, dass der Konsument, der Autofahrer, die Auto­fahrerin sie sieht.

Aber nehmen wir es so zur Kenntnis, wie es ist. – Danke schön. (Beifall des Abg. Ger­hard Schmid.)

21.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


21.11.33

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Neben mehreren Novellierungen von Gesetzen, welche zu Verbesserungen im Bereich der Verbraucherinformation und bei den Treibhausgasemissionen führen werden, sind auch zwei weitere Themen heute Gegenstand der Debatte zum Umweltbereich:

Zum einen ein Entschließungsantrag, in welchem der Herr Bundesminister aufgefordert wird, sich gegen grenznahe Atommülllager einzusetzen. Dieser Antrag fand ja bereits im Ausschuss einhellige Zustimmung, und ich gehe davon aus, dass diese Einhelligkeit auch hier im Plenum gegeben sein wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 393

Des Weiteren debattieren wir Änderungen des Umweltverträglichkeits­prüfungsgeset­zes 2000, wo mit der Berichtigung eines Querverweises ein legistisches Versehen bereinigt wird und auch das Thema der Amtssachverständigen neu geregelt wird.

Darüber hinaus bringe ich dazu folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Höfinger, Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Umweltausschusses 1710 der Beilagen über den Antrag 2256/A der Abgeordneten Höfinger, Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die bisherige Novellierungsanordnung wird mit Ziffer 2 bezeichnet, dieser wird fol­gende Ziffer 1 vorangestellt:

„1. In § 39 wird folgender Abs 4 angefügt:

,(4) Für die Verfahren nach dem ersten, zweiten und dritten Abschnitt richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Lage des Vorhabens.‘“

*****

Ganz kurz zur Begründung: Das UVP-Gesetz 2000 enthält keine Regelungen betref­fend die örtliche Zuständigkeit der Behörden, weshalb das AVG zur Anwendung gelangt.

Aufgrund der Aufhebung des Art. 11 Abs. 8 B-VG durch die Verwaltungsge­richtsbar­keits-Novelle 2012 ist jedoch das Gebot einvernehmlichen Vorgehens der räumlich beteiligten UVP-Behörden seit 1.1.2014 entfallen.

Auch danach hat sich die Zuständigkeit nach § 3 Z 1 AVG zwar in der Praxis bewährt, das heißt, die räumlich zuständigen UVP-Behörden sprechen über den in ihrem Bundesland gelegenen Vorhabensabschnitt genehmigungsrechtlich ab.

Um aber Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, soll nunmehr gesetzlich angeordnet wer­den, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach der Lage des Vorhabens richtet.

Wir ersuchen um breite Zustimmung für diese sinnvolle legistische Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.14


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johann Höfinger, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Umweltausschusses 1710 der Beilagen über den Antrag 2256/A der Abgeordneten Johann Höfinger, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und


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Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglich­keitsprüfungs­gesetz 2000 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die bisherige Novellierungsanordnung wird mit Ziffer 2 bezeichnet, dieser wird fol­gende Ziffer 1 vorangestellt:

„1. In § 39 wird folgender Abs 4 angefügt:

„(4) Für die Verfahren nach dem ersten, zweiten und dritten Abschnitt richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Lage des Vorhabens.““

Begründung:

Zu § 39 Abs. 4

Das UVP G 2000 enthält keine Regelungen betreffend die örtliche Zuständigkeit der Behörden, weshalb § 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zur Anwendung gelangt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erk. vom 29.3.2017, Ro 2015/05/0022, die Ansicht vertreten, dass eine Anwendung des § 3 Z 1 AVG ausscheide, da dies bei länderübergreifenden Projekten in unzulässiger Weise zu einer Zuständigkeit mehrerer Behörden führe.

Aufgrund der Aufhebung des Art 11 Abs 8 B-VG durch Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr. 51/2012, ist das Gebot einvernehmlichen Vorgehens der räumlich beteiligten UVP-Behörden seit 1.1.2014 entfallen. Ungeachtet dessen hat sich auch danach die Zuständigkeit nach § 3 Z 1 AVG in der Praxis bewährt, d.h. die räumlich zuständigen UVP-Behörden sprechen über den in ihrem Bundesland gelegenen Vorhabensabschnitt genehmigungsrechtlich ab (räumliche Kumulation). Die besonderen Bedürfnisse von UVP-Feststellungsverfahren im Sinn einer gesamthaften Beurteilung hinsichtlich der UVP-Pflicht, lassen sich auch ohne gesetzlich angeord­netes Einvernehmen, etwa im Wege der Amtshilfe vor den bescheidförmigen Erle­digungen, bewältigen. Im Streit- oder Säumnisfall ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, soll daher angeordnet werden, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach der Lage des Vorhabens richtet.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Rauch zu Wort. – Bitte.

 


21.14.37

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die Frau Kollegin Brunner hat heute schon erwähnt, wie es in unseren Ausschüssen so abläuft. Trotz alledem, muss ich sagen, sehr geehrter Herr Bundesminister, liebe Regierungsparteien, habe ich es geschafft, mit zwei Anträgen eine Mehrheit zu finden.

Einer betrifft den Bericht betreffend das grenznahe Atomkraftwerk Krško, das 70 Kilo­meter von Österreich entfernt positioniert ist.

Dieser Bericht, den Sie uns dankenswerterweise übermittelt haben, enthält eine Auf-forderung an die Bundesregierung beziehungsweise in dem Sinn an Sie als Bun­des-


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minister. Der Bericht zeigt explizit, dass die Erdbebensicherheit von Krško von höchs­ter Bedeutung ist, weil dieses Atomkraftwerk auf einer Erdbebenlinie steht und hier weitere Maßnahmen notwendig sind, wobei auch international tätige Geologen ein­schreiten müssen.

Ein weiterer Punkt: Eine neue und allgemein anerkannte Bewertung von Erdbeben­gefährdungen durch unabhängige Experten und Expertinnen soll so bald wie möglich abgeschlossen werden.

Das heißt, hier ist Handlungsbedarf gegeben für die Bevölkerung in Österreich, aber auch in ganz Europa. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der als wesentlich aus diesem Bericht hervorgeht, ist, dass die Bewertung der Erdbebengefährdung auf verlässlichen seismologischen Daten beruhen soll und dass in Zukunft eine Beobachtung dieser Daten erfolgen soll.

Das ist der wesentliche Inhalt, den wir in diesem Bericht hervorgestrichen haben. Das ist das eine.

Was aber schon bedenklich ist, ist, dass es so lange gedauert hat, bis wir überhaupt auf diesen Bericht aufmerksam wurden, um dieses Thema dann auch hier im Parlament zur Diskussion vorliegen zu haben. Das ist der wesentliche Faktor.

Ein Punkt wurde schon vom Kollegen Höfinger angesprochen, nämlich betreffend das grenznahe Atommüllendlager, das im Umkreis von Niederösterreich, in einer Entfer­nung von nur 25 Kilometern, entstehen soll.

Abgesehen davon, dass wesentliche Faktoren dagegen sprechen, ist auch wissen­schaftlich noch gar nicht erwiesen, wie sich diese Müllendlager in den nächsten Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten letztlich auswirken werden. Eines der Gefähr­dungspotenziale besteht im Bereich der Geologie, das heißt der Gesteinsarten. Wir wissen, dass in diesem Bereich hauptsächlich Granitgestein vorhanden ist, und da wissen wir mit hundertprozentiger Sicherheit, dass diese Gesteinsart nicht für ein Atommüllendlager geeignet ist.

Dieses Anliegen müssen wir – und das ist auch an Sie gerichtet, Herr Bundes­minister – mit aller Vehemenz auf EU-Ebene und natürlich auch auf nationaler Ebene, ob jetzt mit rechtlichen Mitteln oder auf bilateralem Weg, entsprechend vorantreiben, damit wir in dieser Frage auch eine Stimme im EU-Parlament haben.

Abschließend: Im Interesse einer sicheren Zukunft Österreichs sowie der Gesundheit unserer Bevölkerung müssen ein grenznahes Atommüllendlager und der Betrieb von grenznahen Atomkraftwerken unter Ausschöpfung aller politischen, diplomatischen und rechtlichen Möglichkeiten verhindert werden.

Ich bitte Sie, in diesem Sinne dementsprechend aktiv zu werden und die Zeit, die Sie als Minister noch haben, auch konstruktiv und sinnvoll zu nutzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

 


21.18.54

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Frau Kollegin Brunner hat heute schon die Arbeit im Umweltaus­schuss angesprochen, und daran möchte ich anknüpfen.

Ich möchte vorweg sagen, dass wir die Tagesordnungspunkte 30 bis 33 alle auch aktiv unterstützen werden. Auch den Abänderungsantrag werden wir unterstützen.


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Aber das Thema ist für mich schon ein tiefer gehendes, nämlich die Frage, warum wir in den letzten dreieinhalb Jahren im Umweltausschuss so wenig Umweltpolitik gemacht haben. Ich möchte zwei Themen herausgreifen, weil sie tatsächlich auch ein Symbol sind für den Stillstand, den wir im Umweltausschuss erlebt haben, blockiert von den beiden Regierungsparteien, und wo man sich, bei aller Wertschätzung, dennoch fragen muss: Ist es Feigheit? Ist es Faulheit? Ist es Ignoranz? – Das Resultat am Ende des Tages ist jedenfalls, dass nichts getan wurde.

Die Aarhus-Konvention wurde schon angesprochen, das wäre ein wichtiges Thema im Bereich von Projekten und vor allem im Sinne von Bürgerinitiativen. Ich möchte das nicht weiter vertiefen, wir NEOS haben uns damit schon die letzten zweieinhalb Jahre intensiv beschäftigt.

Zu zwei anderen Themen, die man sich sehr gut vorstellen kann: Das erste, das ich erwähnen möchte, ist der Sachstandsbericht Klimawandel aus dem Jahr 2014, der sehr umfassend ist. 240 österreichische Klimaforscherinnen und Klimaforscher haben gemeinsam an diesem Bericht gearbeitet und auch ein gemeinsames Bild für Öster­reich gezeichnet, welches jedenfalls besorgniserregend war und für jeden Umwelt­politiker und jede Umweltpolitikerin besorgniserregend war. Ich möchte daraus zentrale Erkenntnisse zitieren:

„Die Leidtragenden des Klimawandels sind in praktisch allen Bereichen zu finden, vor allem die Land- und Forstwirtschaft, Ökosysteme, Biodiversität, aber auch Tourismus und das Gesundheitssystem sind betroffen. Die ökonomischen Auswirkungen extremer Wetterereignisse sind in Österreich bereits jetzt erheblich und haben in den letzten drei Jahrzehnten zugenommen. Eine klimabedingte Verstärkung solcher Schadens­ereignisse hätte signifikante Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Österreichs.“

Jetzt denkt man sich als Bürger oder Bürgerin dieses Landes: Oha, da kommt einiges auf uns zu! Der Tourismus, die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Gesundheits­bereich sind betroffen. Das bedeutet zum Beispiel eine höhere Anzahl von Atemwegs­erkrankungen, es gibt mehr Muren, mehr Lawinen, einen Schaden für die Volkswirt­schaft und einen höheren Schaden in der Versicherungswirtschaft, und da denkt man sich, da wird doch jetzt jemand im Land etwas tun. Pustekuchen, gar nichts ist passiert! Es gab eine ganze Reihe von Anträgen, und ich nehme hier keine Oppo­sitionspartei aus, alle haben Anträge gestellt, und es ist vonseiten der Regierung das gekommen, was vonseiten der Europäischen Union vorgegeben wurde. Da, wo es keine Verordnung gab, wo es keine Richtlinie gab, gab es keine Maßnahme in Österreich. Zu Dingen, die 2014 bereits versprochen waren, nämlich zum Beispiel eine Klima- und Energiestrategie, da könnte ich jetzt wiederholen: Pustekuchen.

Wir haben angeboten, dass wir uns tatsächlich auch inhaltlich einbringen. Es ist nichts passiert; keine Motivation, weder für die Menschen noch für die Wirtschaft in diesem Land, und auch kein Respekt gegenüber dem Parlament. Zur Frage der Motivation – das habe ich eingangs schon erwähnt –: möglicherweise Feigheit, möglicherweise Faulheit, möglicherweise Ignoranz.

Ein zweiter und letzter Punkt, den ich hier auch noch ansprechen möchte: Es gab einen sehr gravierenden Vorfall im Görtschitztal in Kärnten, wo durch die falsche Verarbeitung von Blaukalk zuerst der Boden und dann die Landwirtschaft kontaminiert wurden, und dann wurde durch Hexachlorbenzol, kurz HCB, auch ein Teil der Bevöl­kerung vergiftet, besonders betroffen waren Kleinkinder und Kinder. Es gab eine Bür­gerinitiative, die sich an das Parlament gewandt hat, es gab ganz konkrete Forde­rungen im Sinne von Gesetzesvorschlägen, es gab eine Landesregierung in Kärnten, die in dieser Angelegenheit relativ handlungsunfähig war, es waren Menschen vergiftet, und es war nicht gesichert, dass das in Zukunft nicht wieder passiert.


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Was war die Reaktion der Regierung? – Es gab ein paar kleine Maßnahmen, ein bisschen etwas auf der Webseite, eine Änderung im Umweltinformationsgesetz, aber die großen Themen wurden nicht angegangen. Ich bleibe bei der vorherigen For­mulierung: Pustekuchen! Ignoranz, Faulheit oder Feigheit, ich kann es nicht sagen, ich kann nur das Resultat beurteilen, und das ist unzufriedenstellend. (Beifall bei Abgeord­neten der Grünen.)

21.23


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter hat sich als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

21.23.24

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte nur in aller Kürze Stellung zur Regierungsvorlage betreffend die Novelle des Fluorierte Treibhausgase-Gesetzes nehmen, weil es sich gerade auch in der Klima­schutzpolitik um ein ausgesprochen wichtiges Gesetz in der Umsetzung handelt, und das soll man nicht kleinreden.

Die Anpassung des Montrealer Protokolls, die am 15. Oktober – der 15. Oktober ist offensichtlich ein gutes Datum – letzten Jahres in Kigali beschlossen wurde, wird, wenn sie so umgesetzt wird – und wir beschließen heute die konkrete Umsetzung dieses Amendments des Kigali-Abkommens in Österreich –, in unserem Klimaziel 0,5 Grad umsetzen. Das heißt, das ist bei unserem 2-Grad-Ziel schon ein ganz maßgeblicher Beitrag, den man hier auch wirklich nicht kleinreden sollte. Österreich hat das Amendment auch schon ratifiziert, und wir sind jetzt mit dieser Beschlussfassung ganz konkret in der Umsetzung.

Herr Abgeordneter Bernhard, ich möchte übrigens schon auch darauf eingehen, was Sie gerade gesagt haben. Wir haben gerade im letzten Umweltausschuss eine sehr konstruktive Debatte geführt. Ich bin Herrn Abgeordnetem Rauch auch sehr dankbar, dass er unseren einstimmigen Beschluss zu zwei Entschließungsanträgen hervor­streicht, in denen es zusammengefasst um Anti-Atompolitik, um Krško und auch um die Frage eines grenznahen Standortes eines Atommüllendlagers, wie etwa in Tschechien, geht. Das war eine sehr konstruktive Debatte. Das möchte ich schon auch vor dem Hintergrund betonen, dass Frau Abgeordnete Brunner, derzeit Vorsitzende des Umweltausschusses, auch die Ökostromnovelle mit uns verhandelt. Ich hoffe, dass es gelingen wird, hier auch noch einen Kompromiss zuwege zu bringen, der auch wichtig und notwendig ist, gerade in Richtung der Stärkung der erneuerbaren Energie­träger.

Ich möchte betonen – und dafür möchte ich mich auch durchaus bedanken –, dass wir in der Debatte grundsätzlich bei allen unterschiedlichen Auffassungen eigentlich immer ein gemeinsames Ziel gehabt haben: dieses lebenswerte Österreich zu erhalten und hinsichtlich der Umweltsituation in diesem Land etwas voranzubringen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich auch bei den Oppositionsparteien bedanken, selbstverständlich haben wir in den Regierungsfraktionen diese Grundeinschätzung immer gehabt.

Ich möchte auch auf einen Beitrag, der gemeinsam mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur E-Mobilität geleistet wird, in Höhe von 72 Millionen € hinweisen, das stärkste Anschubpaket für die E-Mobilität für dieses und nächstes Jahr. Das ist nicht nichts!

Genauso ist es im Rahmen des kommunalen Investitionspaketes gelungen, für die Gemeinden in diesem und im nächsten Jahr ungefähr ein Drittel von diesen 175 Mil­lionen €, nämlich 60 Millionen €, für klimaschutzrelevante Maßnahmen in der Anschub-


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finanzierung, in der Förderung bereitzustellen. Damit werden Investitionen in ther­mische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, in Energieeffizienzmaßnahmen in den Gemeinden draußen gestärkt und gefördert. Auch das wird einen massiven Beitrag zur Erreichung unsere Klimaziele erbringen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

 


21.27.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz über einige Anträge und Initiativen berichten.

Zum Ersten, dem Antrag von Walter Rauch: Zuleitung des Endberichts des Experten­workshops zur seismischen Gefährdung des AKW Krško. Die Botschaft: Wir lehnen Atomstrom ab!

Daraus folgend ein Entschließungsantrag Rauch, Höfinger, Feichtinger: Einschreiten gegen grenznahe Atommüllendlager; eingebracht und einstimmig angenommen. Unse­re Botschaft: Wir lehnen Atomstrom ab!

Unter der Leitung meines lieben Kollegen Stephan Pernkopf werden in Niederöster­reich innerhalb von drei Wochen 63 680 Unterschriften gegen den Ausbau des Atom­kraftwerkes Dukovany gesammelt. Die Botschaft: Wir lehnen Atomstrom ab!

Abschließend, ganz aktuell: In Niederösterreich wird eine Unterschriftenaktion von Frau Mikl-Leitner und Herrn Pernkopf gestartet, mit dem Ziel, dass im grenznahen Gebiet in Tschechien keine Atommüllendlager errichtet werden sollen.

Und dann, und jetzt kommt es, darf ich vorige Woche bei einer Großdemo für den Abschluss des Ökostromgesetzes zu Gast sein. Was ist da jetzt die Verbindung? Da gibt es ein Bild von den Aktivisten am Heldenplatz, und auf den Transparenten steht: „Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf!“ Wenn man das jetzt umkehrt: Ökostrom ersetzt Atomstrom und Kohlestrom. Das hat auch wirtschaftliche Aspekte, weil nämlich der Atomstrom und auch der Kohlestrom, wenn er als Spitzenstrom und Strom im Winter zugekauft wird, sehr, sehr teuer ist.

Aus diesem Grund verstehe ich eigentlich die zögerliche Haltung nicht, wenn es um die Verhandlungen zur Ökostromnovelle geht. Es ist eine Notwendigkeit, dass wir diese Novelle beschließen, damit weniger Kaufkraft ins Ausland abfließt und regionale Wirt­schaftskreisläufe bei uns gestärkt werden und wir einen weiteren Baustein in Richtung Klimaschutz und Umweltschutz in diesem Land liefern.

Herr Bundesminister, danke für deinen Einsatz in diese Richtung. Wir sind auf einem guten Weg, und ich hoffe, dass es in diesen Minuten doch noch zu einer Einigung kommt. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

21.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte.

 


21.29.45

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich kurz auf die Regierungsvorlage zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase. Es


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handelt sich dabei um eine Novelle des Gesetzes aus dem Jahr 2009, und diese Umsetzung einer EU-Verordnung greift tiefer als die jetzt gültige Rechtsnorm.

Was ist das Ziel? – Ziel ist es, die Emissionen fluorierter Treibhausgase bis 2030 auf ein Fünftel zu senken. Wo werden diese Treibhausgase eigentlich eingesetzt? – Sie werden vor allem in ortsfesten Klima- und Kühlanlagen, in Brandschutzsystemen, in Hochspannungsschaltanlagen und als Treibgas in Sprays verwendet.

Und auch wenn es in der Diskussion, wenn es heißt, dass man die Emissionen reduzieren muss, oft das Argument gibt, dass das den Wirtschaftsstandort und auch den Beschäftigungsstandort schädigt, ist das Gegenteil der Fall! Warum? – Im Zuge der bis 2019 schrittweise erfolgenden Senkung der Gesamtemissionen werden alter­native Produkte eingesetzt: Gase, die weniger schädlich, aber bereits am Markt sind; ich spreche da von Kältemitteln wie Butan und Propan. Kühl- und Gefriergeräte­hersteller in Europa, vor allem in Europa, haben teilweise auf diese neuen Stoffe umgestellt, manche zur Gänze, und ich denke da vor allem an Leitbetriebe in der Steiermark, die da Marktführer sind.

Noch zu einem anderen Aspekt: Es herrscht momentan der Trend, dass man auch in privaten Häusern Klima- und Kälteanlagen installiert. Da geht es darum, das Bewusstsein zu schärfen, vielleicht nicht diese Variante zu wählen, sondern auf alternative Baustoffe zu setzen oder aber auch auf alternative Energien.

Genau da liegt der Grund, den ich vorhin ansprechen wollte. Das bedeutet Innova­tionspotenzial, und wir wissen, Österreich liegt bei den öffentlichen Investitionen für Innovation, für Forschung auf einem bemerkenswerten europäischen Spitzenplatz, und dieses Innovationspotenzial gilt es zu nützen. Das wirkt sich positiv auf Standort, Wirtschaftsstandort und Beschäftigung aus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem heutigen Beschluss setzen wir einen ganz wesentlichen Schritt gegen eine weitere Klimaerwärmung. Ich ersuche um breite Zustimmung. Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Strasser.)

21.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bacher. – Bitte.

 


21.32.12

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als sich im April 1986 der Unfall in Tschernobyl ereignete, hat das unser Land sehr erschüttert. Ich kann mich noch sehr gut an die große Verunsicherung der Bevölkerung erinnern, die das damals mitgekriegt hat und durch die spärlichen Informationen natürlich noch mehr verunsichert wurde. Sogar Jahre später noch wurde sowohl in Pilzen als auch bei meinem damaligen Arbeitsplatz am Gletscher eine erhöhte Radioaktivität nachge­wiesen, und vor gar nicht allzu langer Zeit, nämlich im Jahr 2011, zog der Reaktorunfall von Fukushima die Aufmerksamkeit der Welt auf sich und verunsicherte die Menschen weiter.

Wir gehen davon aus, dass die heutigen Atomkraftwerke bis zu einem gewissen Grad – wenn alles funktioniert – sicher sind. Die Realität zeigt uns aber, dass immer wieder Unfälle passieren. Genauso wichtig wie die Frage der Sicherheit von Atom­kraftwerken ist auch die Frage: Was passiert mit dem Atommüll? Wohin mit dem radio­aktiven Abfall?

Wir in Österreich haben aufgrund der starken Stimmen der Österreicherinnen und Österreicher, die einst gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf aufgetreten sind, dem Atomstrom eine Abfuhr erteilt. Radioaktivität macht aber vor Grenzen nicht halt, und für


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Österreich können deshalb die Atomkraftwerke und auch eventuelle Atommüllendlager entlang unserer Grenze zu einem großen Problem werden. Deswegen müssen wir sehr genau darauf achten, was in unseren Nachbarländern passiert.

Speziell die Diskussion um ein Atommüllendlager in der Gegend nördlich des Wald­viertels sorgt immer wieder für große Verunsicherung. Hier ist der Umweltminister mit Nachdruck gefordert, sich gegen die Errichtung von grenznahen Atommüllendlagern einzusetzen.

Ich selbst komme aus einer Region, in welcher die Wasserkraft als Symbol für saubere Energie und wirtschaftlichen Aufschwung steht. Ich bin sehr froh, dass das so ist, und deshalb bin ich auch sehr froh, dass die Kollegen Feichtinger, Höfinger und Rauch diesen Entschließungsantrag eingebracht haben. Selbstverständlich hoffe ich, dass hier alle die Zustimmung dafür geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

21.34

21.34.31

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwagen-Verbraucherinformationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1630 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1666 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird, in 1710 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Höfinger, Dr. Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungs­antrag und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 401

Die Abgeordneten Höfinger, Dr. Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der einen neuen Absatz 4 in § 39 vorsieht und die Nummerierung der Novellierungsanordnungen entsprechend ändert.

Wer gibt dafür seine Zustimmung? – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33:

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1711 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Zuleitung des Endberichts des Expertenworkshops zur seismischen Gefährdung des AKW Krško an den Nationalrat.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 213.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1711 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Einschreiten gegen grenznahe Atommüllendlager.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 214.)

21.37.5534. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Compliance im Vergabe- und Personalbereich in der Sozialver­sicherung – Reihe Bund 2017/7 (III-358/1745 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Eingliederungshilfe „Come Back“ des AMS; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/25 (III-391/1749 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Vermögensmanagement ausgewählter Kranken- und Unfallversiche­rungsträger; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/26 (III-392/1750 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Arbeitnehmerschutz; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/17 (III-371/1751 d.B.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 402

Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den Punkten 34 bis 37 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße sehr herzlich die Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Kraker.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte.

 


21.38.56

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Rechnungshofbericht, den wir heute diskutieren, beschäftigt sich mit Compliance, also Regelkonformität, bei den Sozialversicherungsträgern, konkret bei AUVA, PVA und BVA. Bemängelt wird in diesem Bericht das Fehlen eines automatischen Compliance-Systems.

Dazu Folgendes: Die Sozialversicherungsträger verfügen über eine ganze Reihe von internen Kontrollsystemen und Kontrollmechanismen: Vier-Augen-Prinzip, klare Auftei­lung der Funktionen auf Basis einer Geschäftsordnung und aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen, Innenrevision, Kontrollversammlung. Das ist mit einem Prüforgan in den Gemeinden, also mit einem Prüfungsausschuss, gleichzusetzen. Diese Kontroll­versammlung ist für die Gebarungsüberprüfung zuständig. Zudem sind diverse Rechts­vorschriften bindend, Rechnungsvorschriften beispielsweise.

Ich darf festhalten: Die Sozialversicherungen verfügen über sehr gute Verwaltungs­strukturen. Selbstverständlich ist es, Frau Rechnungshofpräsidentin, auch eine wich­tige Aufgabe, diese Strukturen zu überprüfen. Das ist notwendig, aber wie Sie sehen, funktionieren diese, und die Versicherungsträger arbeiten mit den bestehenden Mechanismen sehr gut.

Der Rechnungshof hat auch das Vergabe- und Personalwesen kritisiert, und da muss man sagen, da haben die Sozialversicherungsträger bereits weiterführende Maßnah­men gesetzt.

Einen Kritikpunkt möchte ich noch kurz ansprechen: Es wird kritisiert, dass die PVA mehr Kuranträge abgelehnt hat als die BVA. Na ja, die Zahl der genehmigten Kur­aufenthalte korreliert ja unmittelbar mit den dafür zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln. Will man das ändern, nämlich im Sinne einer Gleichstellung im Leistungsrecht, dann ist die Diskussion darüber mehr als willkommen. Wenn man diese Leistungs­gleichstellung wirklich haben möchte, bedarf es einer Gesetzesänderung. Nur: Bis dato haben wir hier keine Mehrheit dafür gefunden. Wie gesagt, wir würden die Diskussion darüber sehr begrüßen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


21.41.32

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rech­nungshofes! Die Compliance-Richtlinien im Vergabe- und Personalbereich in den drei Sozialversicherungsträgern wurden, wie meine Vorrednerin schon ausgeführt hat, überprüft. Es ging dabei um das Compliance-Management, um die medizinische Reha und um den ganzen Personalbereich.

Ziel dieser Gebarungsprüfung war zu schauen, ob Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit bei ausgewählten Prozessen in den drei Sozialversiche­rungs­trägern eingehalten werden. Zusätzlich hat der Rechnungshof hierbei den Haupt­verband, das Sozialministerium und das Gesundheitsministerium eingebunden. Insge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 403

samt hat es 120 Empfehlungen gegeben; also ein sehr komplexer Rechnungshof­bericht.

Natürlich umfasst der Sozialversicherungsbereich auch einen großen Behördenappa­rat, und daher sollten wir, glaube ich, davon ausgehen, dass es hier zukünftig mehr Gemeinsamkeiten geben soll, ja Gemeinsamkeiten geben kann, was das Compliance-Management betrifft, was die Innenrevision betrifft, aber auch, was den ganzen Bereich Kur und Reha betrifft, wo es einen zielgenaueren Vollzug geben sollte. In diesem Zusammenhang hat meine Vorrednerin schon gesagt, dass es bei der Genehmigung von Kuren durch die PVA und im Bereich der Beamtenversicherung Unterschiede gibt. Der Bericht zeigt ganz klar auf, dass es da Möglichkeiten gibt, die Effizienz zu steigern. Die Datengrundlagen sollten untereinander besser genutzt werden. Es sollten auch die Reha-Tarife und die Reha-Abwicklungen an aktuelle und transparente Tarifkalkula­tionen angepasst werden.

Dieser Rechnungshofbericht ist aus meiner Sicht ein klarer Auftrag, eine gewisse Gleichheit und Verlässlichkeit, aber auch Vergleichbarkeit und Gerechtigkeit im Bereich der Kuren und der Reha herzustellen.

Der Rechnungshofbericht zeigt die geschilderten Mängel auf, und wir sollten im Sinne von Fairness gegenüber den Menschen, die Kur und Reha brauchen, nach dem Prinzip der Sparsamkeit, der Zweckmäßigkeit, aber auch der Treffsicherheit vorge­hen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


21.43.59

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt noch einmal ganz kurz zur Leistungsharmonisierung, weil hier eindeutig herauskommt, dass die Wiener Gebietskrankenkasse beispielsweise überhaupt keine Kuranträge genehmigt hat. Die Leistungsharmonisierung ist eine Uraltforderung von uns Freiheitlichen.

Frau Kollegin Greiner! Ich sage Ihnen jetzt etwas, weil Sie sagen, es gebe hier keine parlamentarische Mehrheit: Ich weiß nicht, an wem es scheitert, aber ich kann mich erinnern, dass bereits im Jahr 2008 – und damals stellte die ÖVP noch den Gesund­heitsminister beziehungsweise die Gesundheitsministerin – eine Leistungsharmonisie­rung gefordert wurde und die Gesundheitsministerin diese in Aussicht gestellt hat. Gekommen ist sie bis heute nicht – weder unter ÖVP-Gesundheitsministern noch unter SPÖ-Gesundheitsministern. Ich frage mich eigentlich, warum. Und jetzt wird das wieder weitergeschoben und weitergeschoben und weitergeschoben. Eine Leistungs­harmonisierung ist das Gerechteste, was es überhaupt geben kann.

Es steht ja noch ein zweiter Rechnungshofbericht hier zur Debatte, der sich mit den Krankenversicherungen beziehungsweise mit der Ausgabensituation und der finanziellen Situation der Krankenversicherungen auseinandersetzt. Auch da zeigt sich deutlich die Untätigkeit, vor allem in den Jahren 2011 bis 2014. Damals war der heutige Sozialminister Stöger der Gesundheitsminister, der sich im Rechnungs­hofaus­schuss permanent auf den Standpunkt gestellt hat: Ja, Sie fragen mich? Das geht die Gesundheitsministerin etwas an! – Nein, das ist in seiner Amtszeit gewesen.

Bereits im Jahr 2013 habe ich an ihn eine Anfrage gestellt, weil es einen Hilferuf des Aufsichtsrates der Wiener Gebietskrankenkasse an die Politik gegeben hat, dass die Wiener Gebietskrankenkasse aus der Normalgebarung überhaupt keine Überschüsse produziert.


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Gesundheitsminister Stöger hat sich damals hingestellt und hat gesagt: Alles ist super und alle Kassen sind entschuldet! – Und der Aufsichtsrat selber als Aufsicht, das höchste Gremium der Wiener Gebietskrankenkasse, hat gesagt: Das ist nicht richtig, es ist einfach ein Überschuss aufgrund der Zuschüsse des frischen Geldes aus dem Kassenstrukturfonds und des Schuldenerlasses der Bundesfinanzierungsagentur und der Erträge des Ausgleichsfonds!

Man hat weitergewurschtelt wie bisher, und jetzt haben wir einen Rechnungshofbericht, der genau diese unsere Kritik bestätigt. Das zeigt in Wirklichkeit, dass im Sozialver­sicherungsbereich, im Bereich der Finanzierung, aber auch im Bereich der Leistungs­harmonisierung ein massives Versäumnis gegeben ist. Und das geht nun einmal auf das Konto des untätigen Gesundheitsministers in den Jahren 2011 bis 2014, nämlich des heutigen Sozialministers Stöger. (Beifall bei der FPÖ.)

21.46


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


21.46.32

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes, ich möchte mich ausdrücklich für diesen umfassenden, sehr informativen Bericht bedanken, der noch dazu – das hat mein Vorredner auch schon gesagt – so viele Empfehlungen enthält wie kaum einer oder selten Rechnungs­hof­berichte davor, nämlich 120 Empfehlungen auf, wie ich glaube, über 13 oder 18 Seiten.

Ich betrachte das jetzt als große To-do-Liste und als Handlungsauftrag, und zwar nicht nur an uns, sondern auch an die Sozialversicherungsträger, die untersucht wurden, nämlich die PVA, die BVA und auch die AUVA. Es ist ein Auftrag an den Haupt­verband, an das Gesundheitsministerium und an das Sozialministerium, und insofern ist es, wenn man es milde ausdrückt, enttäuschend, dass Minister Stöger, der heute nicht da ist – vielleicht können ihm das die Regierungsparteien, vor allem aber Leute aus der eigenen Fraktion ausrichten –, das ein bisschen abschasselt, indem er sagt: Na ja, Compliance, das ist ein Modewort, das ist eh nichts anderes als die Kontroll­strukturen, die wir schon bisher hatten, und da muss man ein bisschen hinschauen, aber letztlich ist eh alles okay!

Der Bericht sagt uns, dass es sehr viele Ungereimtheiten gibt, dass sehr viel ange­packt werden muss. Vor allem bei den erwähnten Kuren und Reha-Maßnahmen ist für die Menschen vieles nicht nachvollziehbar. Man kann das alles, was im Bericht sehr abstrakt klingt, auf die Praxis und auf das Leben herunterbrechen, indem man sich fragt: Unter welchen Bedingungen wird eine Reha bewilligt, aus welchen Gründen wird man auf Kur geschickt, nach welchen Kriterien werden die Entscheidungen gefällt? Ich weiß von Fällen, in denen Menschen, für die ambulante Kuren besser wären, was dazu noch billiger wäre, auf einen langen Kuraufenthalt geschickt werden und alles andere ausgeschlossen wird.

Also, es liegt sehr vieles im Argen und sehr viel ist zu tun. Ich würde mir wirklich wünschen, dass endlich mit dieser Ineffizienz und Intransparenz Schluss ist, dass spätestens in der nächsten Regierungsperiode dieser Bericht hergenommen wird und den Sozialversicherungsträgern wirklich Handlungsanweisung und Auftrag ist – und auch uns allen hier. Es gibt ja auch Empfehlungen an den Gesetzgeber, was so viel heißt wie, dass wir das hernehmen und schauen sollten, was man im Sinne der Versicherten vereinfachen und transparenter machen kann, denn es kann nicht sein, dass Selbstverwaltung und interne Kontrolle miteinander unvereinbar sind. Es muss doch im Sinne aller sein, dass wir das schaffen. Außerdem ist zu hoffen, dass wir auch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 405

eine Vereinheitlichung der Sozialversicherungsträger insgesamt schaffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Loacker.)

21.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


21.49.39

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrte Damen Präsidentinnen! Dieser Bericht ist unglaublich. Bürger, die ein gutes Nervenkostüm haben, sollten sich das einmal durchlesen, damit sie ein Gespür bekommen, was für Unglaublichkeiten in der österreichischen Sozialversicherung passieren. Noch unglaublicher war der Aus­schuss. Solche Dinge sollten öffentlich sein, und das Benehmen des Ministers sollte öffentlich gemacht werden. Das war wirklich skandalös.

Zum Inhalt des Berichts. – Es wurde schon angerissen: Kuren werden anscheinend willkürlich vergeben. Die Wiener und die Tiroler Gebietskrankenkasse vergeben überhaupt keine Kuren, in Kärnten bekommt jeder 90 000ste Versicherte eine Kur, in Oberösterreich jeder 177ste, bei der Beamtenversicherung jeder sechste Versicherte im Jahr und bei den Eisenbahnen jeder vierte. Also zwischen jedem 90 000sten und jedem Vierten haben wir da die Spannweite. Das ist das österreichische System; von gerecht kann keine Rede sein.

Und dann konnte in diesem Ausschuss nicht einmal die Frage beantwortet werden: Zahlt bei den Mischträgern – Eisenbahner-Versicherung zum Beispiel und die SVA – der Krankenversicherungsteil die Kur oder zahlt der Pensionsversicherungsteil die Kur? Das macht einen Unterschied, denn bei einem defizitären Pensionsver­siche­rungsträger muss der Steuerzahler den Ausfall zahlen, bei einer Krankenversicherung schaut es anders aus. Das konnte trotz mehrmaligen Nachfragens nicht beantwortet werden.

Der Minister bezeichnet Compliance als Modewort, das nimmt man nicht so ernst. Da werden Vergaben frei nach Nasenspitze, vorsichtig gesagt, gemacht, und der Rech­nungshof bemängelt, dass die Mitglieder der Kontrollversammlung in den Versiche­rungs­trägern nicht die Kompetenz haben, zu beurteilen, was da vorgeht, und gar nicht die fachliche Kompetenz haben, Kontrolle auszuüben. Das ist auch klar, denn man muss ja nichts können, um da hineinzukommen, sondern man muss nur bei der richtigen Partei sein, denn dann schickt einen die Arbeiterkammer und die Wirt­schaftskammer dort hinein, und man hat seinen Sitz und darf ein bisschen Nebenein­kommen abcashen. Darum geht es!

Es geht nicht um Kompetenz, es geht nicht um Kontrolle, sondern es geht um die rot-schwarze Misswirtschaft, die da verlängert wurde, und das musste leider in diesem nichtöffentlichen Ausschuss abgehandelt werden. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Moser.)

21.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 


21.52.07

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofprä­siden­tin! Geschätzte Damen und Herren! Stichwort: nichtöffentlicher Ausschuss. Einen Unterschied gibt es schon in den Rechnungshofausschüssen. Frau Vorsitzende, Sie werden das vielleicht bestätigen, dass es schon einen Unterschied gibt, bei allen unterschiedlichen Positionen, bei allen Kritikpunkten, nämlich dass die Debatten sehr konstruktiv ablaufen, dass sehr offen diskutiert wird und dass man, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist, wirklich versucht, in die Tiefe zu gehen, und zumindest bereit ist, die Kritikpunkte des anderen anzunehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 406

Die Debatte im Rechnungshofausschuss war im Gegensatz zu den Debatten, die wir heute hier führen, zumindest sehr fachlich fundiert, und es war eine sehr offene Debatte. Diese Zuspitzungen, die hier im Plenum stattfinden, tun der Sache nichts Gutes. Wir haben es heute schon gehört, es gibt 120 Empfehlungen, da bringt es nichts, polemisch zu sagen: Das alles ist ein Wahnsinn, es funktioniert nichts! Denn: Es gibt Bereiche, die exzellent funktionieren, es gibt viele Bereiche, wo wir besser werden müssen. Die Leistungsharmonisierung ist auch ein Thema. Es gibt Kassen, denen es so gut geht, dass sie große Rücklagen anhäufen können. Es gibt Kassen, die sich finanziell schwerer tun, bei denen die Leistungen dann aufgrund dessen nicht in dem Maße vorhanden sind wie bei den anderen. Da geht es auch um Fragen der Gerech­tigkeit. Ja, da müssen wir besser werden, aber ich bitte, dass wir wirklich auch zu später Stunde versuchen, dieses Thema ein bisschen differenzierter zu diskutieren.

Dieses Thema wird uns noch weiter begleiten. Es wird gerade eine große Studie zur Effizienz der österreichischen Sozialversicherungsträger von der LSE erarbeitet. Dieses Thema werden wir also weiter diskutieren. Ich bitte nur, dass wir trotz später Stunde und aller Emotionen in diesem Bereich versuchen, die Debattenkultur des Ausschusses auch ins Hohe Haus zu verlagern. (Beifall bei der SPÖ.)

21.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hofinger. – Bitte.

 


21.53.45

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzte Frauen Präsidentinnen! Hohes Haus! Ich darf auch zum Compliance-Thema im Zusammenhang mit den Sozialversicherungen kurz Stellung nehmen. PVA, Beamtenversicherung und AUVA wurden geprüft, und ich möchte mich beim Rechnungshof recht herzlich für diesen sehr interessanten Bericht bedanken. Er rüttelt immer auf, eine Wirkung, die der Rechnungshof immer hat, und sorgt dadurch für Verbesserungen. Das schätze ich sehr, und daher bedanke ich mich für diesen interessanten Bericht.

Es sind drei Themen, die ich aus dem Bericht herausgegriffen habe und die ich jetzt etwas näher beleuchten möchte.

Das ist einmal die Ablehnungsquote der PVA mit 20 bis 30 Prozent, wo es um Kur- und Reha-Aufenthalte gegangen ist. Da kritisiert der Rechnungshof, dass das eben nicht sachgerecht gemacht wurde, und er verweist darauf, dass genauer hingeschaut und die gesamte Krankenakte herangezogen werden muss, um gerechter zu sein. Ande­rerseits hat die PVA 58 000 Fälle von Reha- und Kuraufenthalten im Wert von 318 Mil­lionen € übernommen, wo in Zukunft das Ministerium auf die Sozialversicherung noch besser einwirken muss, dass diese Kompetenzüberschreitung wegfällt.

Bei der Organisation sind einige Ungereimtheiten aufgetreten: Es wird zu wenig verglichen, es wird bei den Tarifen zu wenig ausgeschrieben, es werden Betriebe nicht unbedingt aus Kostengründen herangezogen. Da besteht meiner Meinung nach Hand­lungsbedarf. Man muss alles tun, um die Sozialversicherung kostengünstiger zu machen. Insgesamt sind aber die Kur- und Reha-Aufenthalte ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Gesundheitssystems.

Ich möchte mich abschließend beim Rechnungshof, aber auch bei allen Sozialver­sicherungen für ihre Arbeit bedanken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 407

21.55.45

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechnungshofberichte sind für uns immer eine gute Arbeitsgrundlage; ich habe das schon öfter von diesem Platz aus gesagt. Daher: Einen herzlichen Dank für diesen umfangreichen Bericht.

Der Rechnungshof führte im Jahr 2015 eine Gebarungsprüfung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, AUVA, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, der BVA, und der Pensionsversicherungsanstalt, der PVA, durch. Der Fokus richtete sich auf das Compliance-Management – da haben wir schon gehört: ein Nobelwort –, genauer gesagt, auf die Leistungsgewährung im Kur- und Reha-Wesen und auf die Beschaffungs- und Personalwirtschaft. Der Bericht umfasst 120 Empfehlungen an die drei Versicherungsträger sowie an den Hauptverband und an die zuständigen Minis­terien.

Kritikpunkte betreffen Bereiche wie etwa die Organisation und die Rechtsgrundlage, die Genehmigungspraxis von Kur- und Reha-Aufenthalten – das haben wir bereits gehört – und einen mangelnden Beschaffungsüberblick mit Aufteilung auf 73 Organisa­tionseinheiten samt fehlender einheitlicher EDV-Unterstützung und strategischer Vorgaben sowie keine verbindlichen Dienstpostenpläne und Regelungen zu Stellen-aus­schreibungen und Stellenbesetzungen.

Eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist schon interessant, auch wenn von verschiedenen Versicherungen gegenseitig Leistungen übernommen werden: Es gibt immer wieder Menschen, die auf Kur geschickt werden, obwohl sie gar nicht wollen, und andere Menschen, die einen dringenden Reha-Aufenthalt bräuchten, bekommen ihn nicht. Also, es sind da schon Missstände vorhanden, die dringend beseitigt gehören. – Danke schön.

21.57


Präsidentin Doris Bures: Nun ist die Frau Präsidentin des Rechnungshofes zu Wort gemeldet. – Frau Dr. Kraker, bitte.

 


21.57.39

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete des Hohen Hauses! Ich möchte noch kurz auf diesen Bericht eingehen und erläutern, was das Ziel beziehungsweise die Zielsetzungen dieses Berichtes waren, denn es handelt sich hierbei um einen wesentlichen Bericht, um einen sehr umfangreichen Bericht. Ich möchte auch dem Prüfteam des Rechnungshofes danken, das sich wirklich systematisch mit dem Thema Compliance in der Sozialversicherung auseinandergesetzt hat. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Ziel war es, wesentliche und ausgewählte Prozesse bei der Pensionsversiche­rungs­anstalt, bei der BVA und bei der AUVA hinsichtlich Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beurteilen. Warum wurden gerade diese drei Sozial­ver-sicherungsträger ausgewählt? – Weil bei allen drei Versicherungsträgern Compliance-Probleme zutage getreten sind, und das war eigentlich der Auslöser für die Prüfung, deshalb hat man sich angeschaut, was es braucht, damit ein systematisches Compliance-Management im Bereich der Sozialversicherungen implementiert wird. Es wurden das Vergabewesen, der Personalbereich und die Leistungsgewährung im Kur- und Rehabilitationswesen geprüft.

Wie Sie schon gesagt und auch ausgeführt haben, gibt es 120 Empfehlungen. Diese Empfehlungen richten sich an die betroffenen Träger, an den Hauptverband und an die beiden Ministerien, das Sozialministerium und das Gesundheitsministerium, als Auf-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 408

sichtsbehörden. Die Empfehlungen sind als ein Appell zur Professionalisierung zu ver­stehen.

Gleichzeitig will ich aber betonen – und das haben wir auch im Bericht festgehalten –: Wir wollen natürlich in die Selbstverwaltung nicht eingreifen, aber wir liefern einen sachlichen Beitrag zur Weiterentwicklung.

Es wurde letzte Woche über den Begriff Compliance und über die Frage von Compliance-Management im Allgemeinen intensiv diskutiert. Was ist Compliance? – Es geht dabei um die Festlegung von Grundsätzen und Maßnahmen, die auf die Sicherstellung eines regelkonformen Verhaltens einer Einrichtung selbst und ihrer Bediensteten abzielen.

Ich möchte festhalten: Compliance ist kein bloßes Vokabel, ein funktionierendes Compliance-System wird zunehmend wichtiger. Ich glaube, in allen Bereichen geht es darum: Es ist ein sehr positiver Faktor auch für einen Standort, auch für ganz Österreich , wenn es in den öffentlichen Institutionen ein funktionierendes Compliance-System gibt.

Compliance erfordert die Festlegung von Zielen, die Einschätzung von Risken, die Ergreifung von Maßnahmen und eine regelmäßige Evaluierung. Ein systematischer Compliance-Ansatz darf nicht mit einzelnen Kontrollen verwechselt werden, es geht um Professionalisierung und um die Einhaltung von Standards. Wenn ein Compliance-System funktioniert, dann kann man sich darauf verlassen, dass Prozesse und Abläufe auch funktionieren.

Ich will jetzt noch ein paar Zahlen nennen: Die überprüften Sozialversicherungsträger beschäftigten zusammen insgesamt mehr als 12 700 Mitarbeiter, und der Gesamt­aufwand lag bei der AUVA bei 1,4 Milliarden € und bei der PVA, bei der Pensions­versicherungsanstalt, bei 32 Milliarden €, es gibt also durchaus Berechtigung, da hinzuschauen.

Wir haben festgestellt, dass die Aufgabenverteilung zwischen dem Vorstand und den Bediensteten angesichts der hohen Komplexität nicht sachgerecht war, und aufgrund der nicht optimal abgestimmten Aufgabenverteilung waren insbesondere bei der Wahrnehmung strategischer Aufgaben und einer durchgängigen Kontrolle operativer Entscheidungen Kontrolllücken möglich.

Kritikpunkt: Alle drei Institutionen verfügten nicht über ein explizites Compliance-Management-System, und die Prüftiefe der Kontrollversammlungen und auch die Zuständigkeiten der Innenrevisionen hat der Rechnungshof als nicht ausreichend erachtet.

Was die Finanzierungsstruktur betrifft, so gibt es natürlich auch mangelhafte Anreize. Im Bereich der Pensionsversicherung ist es so, dass letztlich der Bund etwaige Mehr­auf­wendungen zu tragen hat, und sowohl die PVA als auch die AUVA hatten ein hohes Reinvermögen. Da wurde dann auf eine Senkung der Beiträge reagiert, und damit führten Effizienzgewinne auch zu einer Reduktion der Einnahmen. Nach unserer Auffassung wäre es zweckmäßiger, wirkliche Anreize zu setzen und dafür zu sorgen, dass sich beispielsweise eine sparsame Personalbewirtschaftung auszahlt.

Die Rehabilitation stellte eine freiwillige Leistung der Pensionsversicherungsanstalt dar, und wir haben festgestellt, dass es in diesem Bereich vor allem eine unklare Rechts­grundlage und unklare Begriffe zur Abgrenzung zwischen Kuren und Rehabilitation gab. Das ist keine ausreichende Grundlage für die Gestaltung einer ordnungsgemäßen Vollziehung. Auch da ist Verbesserungsbedarf gegeben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 409

Wir haben eine trägerübergreifende Gesamtdarstellung des Aufwandes für medizi­nische Rehabilitation und Kuren vermisst. Nach Berechnungen des Rechnungshofes geht es um ein Gebarungsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Es fehlt eine verlässliche Statistik über die Genehmigungspraxis der einzelnen Träger, und wir haben eine feste Geschäftseinteilung vermisst. Die Zahl der Aufenthalte ist in den letzten Jahren sehr stark angestiegen. Mit rund 70 Prozent entfiel der größte Anstieg auf die Rehabilitation und somit in die Pensionsversicherung.

Neben Kuren und Rehabilitationen gab es weitere Beschaffungsvorgänge in anderen Bereichen, das hatte ein Gebarungsvolumen von rund 14 Milliarden €, auch dabei fehlten entsprechende Vorgaben. Es geht immer um die Einhaltung der vergabe­rechtlichen Grundsätze, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz.

Im Bereich der sonstigen Beschaffungen gibt es ein Beschaffungsvolumen von rund 424 Millionen € im Jahr 2014. Es gab in Summe 73 beschaffende Organisationsein­heiten, da fehlte eine einheitliche EDV-Unterstützung. Auch in diesem Bereich sind strategische Ziele mit operativen Vorgaben notwendig, die internen Vorgaben zur Einholung von Vergleichsangeboten waren nicht ausreichend.

Das ist jetzt ein kleiner Auszug aus dem wirklich umfassenden Bericht. Ich appelliere an Sie, und vor allem auch an die geprüften Stellen, sich dieser aufgezeigten Verbes­serungspotenziale anzunehmen und sie auch konsequent abzuarbeiten. Danke. (Allgemeiner Beifall.)

22.04

22.04.52

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-358 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für die Kenntnisnahme dieses Berichtes aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen worden.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht III-391 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für die Kenntnisnahme dieses Berichtes aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen worden.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht III-392 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme dieses Berichtes aus? – Der Bericht ist ein­stimmig zur Kenntnis genommen worden.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht III-371 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme dieses Berichtes aus? – Der Bericht ist ein­stimmig zur Kenntnis genommen worden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 410

22.06.1738. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2016/3 (III-247/1746 d.B.)

39. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2016/1 (III-229/1747 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes, Reihe Bund 2015/15 (III-213/1748 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den Punkten 38 bis 40 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


22.07.03

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht noch zum vorangegangenen Punkt eine Bemerkung: Kollege Kucher hat die unterschiedliche Wahrnehmung dargelegt, die man hat, wenn man im Ausschuss recht sachlich über Problembereiche diskutiert und dann hier im Haus wieder dasselbe hört. Aus meiner Sicht machen wir das, was das Wort Compliance meint, was dieser Begriff beinhaltet – Kontrolle und begleitende Maß­nahmen schon länger, nur nicht unter diesem Begriff. Das wurde auch so ausgedrückt, also das kann man nicht anders auslegen, es wurde vorhin darauf hingewiesen, wofür das Gesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde zuständig ist.

Man müsste aber im Bereich der Sozialversicherung – ohne die Maßnahmen, die durchaus im überwiegenden Teil positiv sind, die positiven Verbesserungsvorschläge, die zu berücksichtigen sind – auch einmal den internationalen Vergleich machen. Tun Sie das, machen Sie den Vergleich, schauen Sie sich an, wie das in Deutschland läuft, wie es in der vielgerühmten Schweiz läuft, wo nicht einmal alle pflichtversichert sind, sondern Versicherungspflicht besteht, die wesentlich teurer ist, wesentlich weniger Leistung bietet und wobei wesentlich höherer Verwaltungsaufwand besteht!

Ich möchte das und auch die Kritik jetzt nicht schönreden, aber wenn man ein be­währtes, gutes System krankredet, krankreden will oder krankreden muss oder gar abschaffen will, wie es viele möchten, glaube ich, dann sollte man zuerst auch sagen, was das Bessere ist, welchen Vergleich es da gibt.

Zum zweiten Bereich: Da wir nur eine sehr kurze Redezeit und auch keine Rest­redezeit mehr haben, muss ich es ganz kurz machen. Wie ich im Präsidialprotokoll gesehen habe, gibt es keine Rechnungshofausschusssitzung mehr, da sind noch drei Ausschüsse genannt worden, von der Opposition wurde, wie mir berichtet wurde, auch keiner verlangt, es gibt also keinen neuen Rechnungshofausschussbericht mehr zu diskutieren. Da ich nicht mehr kandidieren werde und zum Rechnungshof nicht mehr Stellung beziehen kann, möchte ich Ihnen, Frau Präsidentin, und Ihren Mitarbeitern im Hause recht herzlich für die Arbeit danken.

Sie wissen, wir schätzen die Arbeit des Rechnungshofes sehr, sie ist die Voraus­setzung, die wir brauchen, um hier im Hause Maßnahmen mit fundierten Argumenten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 411

setzen zu können. Wir tun das innerhalb unserer eigenen Regierungsfraktion sehr stark, nämlich alle Mitarbeiter.

Ich möchte auch sagen, dass es Ihnen gut gelungen ist – Ihre Kompetenz stand nie in Frage, aber Ihre Nähe zur ÖVP hat uns bestimmte Sorgen gemacht –, diese Distanz zu wahren. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft so sein wird, dann, glaube ich, ist das ein wichtiges Argument.

Ich wünsche allen Abgeordneten, möglichst viel und möglichst zahlreich vom Rech­nungshof Gebrauch zu machen. Alles Gute! (Beifall bei SPÖ und ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte. (Abg. Haider: Das ist ein zweischneidiges Schwert! – Abg. Scherak: Jedes Schwert hat zwei Seiten!)

 


22.10.12

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich mit dem Bericht des Rechnungshofes über das Pensionsrecht der Bediensteten der Sozial­versiche­rungen – das war eine Follow-up-Überprüfung – beschäftigen, wobei natürlich auch das Betriebspensionsrecht entsprechend mitgeprüft wurde.

Der Rechnungshof kritisiert, dass der Hauptverband die Empfehlung aus dem Vor­bericht aus dem Jahr 2012 nur teilweise umgesetzt hat. Der Hauptverband führte im Jahr 2014 eine Reform der Dienstordnung durch. Die Dienstordnung ist die Regelung des Dienstrechtes einschließlich pensionsrechtlicher Ansprüche für die Bediensteten der Sozialversicherung. Umfang und Auswirkungen dieser Reform waren allerdings laut Feststellung des Rechnungshofes nicht so, wie er es vorgeschlagen hat, bezie­hungsweise brachte sie nicht die Einsparungen, die mit der Umsetzung aller vorgeschlagenen Maßnahmen möglich gewesen wären.

Auf Basis einer Modellrechnung wurde festgestellt, dass ein Einsparungspotenzial in der Höhe von 1,15 Milliarden € vorhanden gewesen wäre. Die Novelle dieser Dienst­ordnung brachte allerdings nur 144 Millionen €. Das ist natürlich ein sehr großes Delta. Man muss aber fairerweise auch ansprechen, dass die Sozialversicherungen über die Vorschläge des Rechnungshofes hinaus einsparende Maßnahmen gesetzt haben. So wurde im Jahr 2015 dahin gehend ins Altrecht eingegriffen, dass in den Jahren 2016 bis 2020 die jährlichen Anpassungen der Zusatzpensionen gegenüber der gesetzlichen Pension um den reduzierten Faktor vorgenommen wurden. Das entspricht einem Einspa­rungspotenzial von rund 200 Millionen €. Außerdem wurde die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters von 2011 bis 2016 um 1,86 Jahre bei Männern und um 2,07 Jahre bei Frauen vorgenommen. Auch da gibt es ein Einsparungs­potenzial von rund 215 Millionen €.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus meiner Sicht ist entscheidend, dass ent­sprechen­de Angleichungsmaßnahmen gesetzt werden; und bei diesen Angleichungs­maßnahmen sind natürlich alle Leistungen, die die einzelnen Gruppen in das System einzahlen, entsprechend zu berücksichtigen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.12


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.

 


22.13.06

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rech­nungshofpräsidentin! Hohes Haus! Ich beziehe mich in meinem Redebeitrag auf den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 412

Prüfbericht der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft und möchte mich auch ganz herzlich beim Rechnungshof für diesen aufschlussreichen Bericht bedan­ken.

Dieser Bericht gibt tiefe Einblicke in die politische Black- oder Redbox – je nachdem, wie man es bezeichnen möchte – der SCHIG. Er wirft vor allem eine Frage dahin gehend auf, ob diese Auslagerung den Ansprüchen, die man damals in sie gesetzt hat, gerecht geworden ist. Man hat zwar im BMVIT dadurch Personalkosten eingespart, aber nichtsdestotrotz weiterhin Mittel ausgegeben. Das BMVIT finanziert also 80 Pro­zent des Budgets der SCHIG. Das sind immerhin 5,28 Millionen €, und die kommen eben nach wie vor vom Ministerium.

Da stellt sich natürlich schon die Frage: Was wird mit diesen Geldern gemacht? – Ich würde es so subsumieren: Es ist einfach eine hochbezahlte Vergabeagentur mit politi­schem Hintergrund, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ja vorher über Quoten gesprochen, und nach diesem Rechnungshofbericht kann ich wirklich sagen: Eine Quote wurde in der SCHIG eingehalten, und zwar die Quote von roten Beschäf­tigten, das muss man klar herausstreichen. Man feiert da wirklich fröhliche Urstände. Man hat also trotz Personalreduktion die Personalkosten erhöht, immerhin von 6,7 Millionen € auf 6,9 Millionen €.

Da stellt man sich natürlich schon die Frage: Was ist der Grund dafür? Jetzt kann man sagen: Gut, dass die Referenten dort in der SCHIG 0,5 Prozent mehr verdienen als im Ministerium, da kann man noch drüber hinwegsehen, aber dass die Experten, und gerade die sind sehr gerne auch politisch vernetzt, dort 21 Prozent mehr verdienen als der durchschnittliche Beamte mit gleicher Qualifikation im Ministerium, das ist schon sehr interessant.

Warum kann man das in der SCHIG so machen? – Ganz einfach, weil durch die Ausla­gerungen natürlich auch das Interpellationsrecht des Parlaments nicht mehr greift. Wir können also nicht überprüfen, was in dieser Redbox passiert. Man hat einfach den Grundkonsens gebrochen, dass dort die gleichen Bedingungen für die Beschäftigten vorherrschen wie im Ministerium, nämlich gleicher Lohn. Das ist komplett übertreten worden.

Was machen also die Experten dort? – Sie lagern aus. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist wirklich der große Skandal, den man diesem Bericht entnehmen kann: Man lagert Kernbereiche aus. Ich möchte zum Beispiel auf das Projekt Unterinntal verweisen. Dort hat man eine technische Infrastrukturprüfung vorge­nommen. Die ist großteils ausgelagert worden. Da sagt der Rechnungshof voll­kommen zu Recht: Warum lagert man das aus? Dabei handelt es sich um einen Kernbereich, den man ständig braucht. Man lagert es aus und verzichtet darauf, Know-how aufzubauen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das ist genau der Punkt.

Was ist also unser Rückschluss aus diesem Rechnungshofbericht? – Diese Ausla­gerung war zwar vielleicht irgendwann einmal gut gemeint, aber denkbar schlecht gemacht. Man hat die SCHIG der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Man hat sie zum politischen Versorgungsbiotop der SPÖ gemacht. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte man da dringend an eine Rückabwicklung, an eine Rück­führung ins Ministerium denken. Da sollte man Ordnung schaffen. Und ich kann Ihnen nur eines sagen: Bis zum 15. Oktober kann man das noch so weitertreiben, dann werden wir uns um die Sache kümmern. (Beifall bei der FPÖ.)

22.16


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 413

22.16.57

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf mich auch noch einmal für den Bericht bedanken, der beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt diskutiert worden ist, und auch darauf hinweisen, dass es ja wesentlich ist, dass die Abgeordneten die Ressourcen des Rechnungshofes verwenden, damit Kontrolle ausgeübt werden kann und Missstände aufgezeigt werden. Gerade wir Grüne haben versucht, Licht in dieses große Gebäude der Sozialversicherungen hineinzubringen, und diese Scheinwerfer des Rech­nungs­hofes haben ja reihenweise Missstände aufgedeckt und aufleuchten lassen.

Glücklicherweise gibt es auch zahlreiche Empfehlungen. Nur: Jetzt ist es notwendig, dass diese Empfehlungen auch umgesetzt werden; und da haben Sie, Frau Präsi­dentin, ja das Instrument der Follow-up-Prüfungen. Jetzt haben wir einen Tagesord­nungspunkt mit relativ vielen Follow-up-Prüfungen, die zeigen, dass trotz Rechnungs­hofberichten oft manches im Argen bleibt, dass sich manches auch nicht ändert. Und das ist ja dann wieder die Aufgabe von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, da nochmals nachzubohren und nochmals den Finger auf diese Missstände zu legen, damit sich wirklich etwas ändert und damit Steuergeld, das ja letztlich bei all diesen Punkten immer wieder zur Diskussion steht, korrekt und verantwortungsbewusst verwendet wird, denn es ist ja die Aufgabe des Rechnungshofes, darauf zu achten.

Wir reden im Ausschuss relativ konstruktiv, und auch die Minister sind grosso modo durchaus auskunftsbereit – bis auf manche Ausnahmen.

Und da möchte ich jetzt noch auf zwei, drei von diesen 15 Berichten, die bei diesem einen Tagesordnungspunkt allein behandelt werden, eingehen. Man sieht ja schon den Aufwand des Rechnungshofes und die geringe Zeit, die wir im Parlament dafür verwenden, darüber zu reden. Es geht da zum Beispiel um eine Follow-up-Überprü­fung über das Agrar-Umweltprogramm ÖPUL. Da wird vonseiten des Rechnungshofes massiv am Umweltministerium, am Landwirtschaftsministerium Kritik geübt. Der Ver­besserungsbedarf ist gravierend: Festlegung regional differenzierter Prämien.

Der Rechnungshof kritisiert ja auch, dass dort keine Wirkungsindikatoren gegeben sind und dass bei den Zieldefinitionen 2015 keine Differenzierung von Zustandsverbes­serungen und Zustandserhaltung festgelegt wurde. Ja, wann macht denn endlich der Landwirtschaftsminister etwas in diese Richtung? Da fließen Gelder, Gelder, Gelder. Das Geld fließt halt irgendwohin, und es ist nicht oder zu wenig zielorientiert. Der Rechnungshof weist immer darauf hin, aber die – wie soll man denn sagen? – Landwirtschaftsgranden kümmern sich vergleichsweise wenig darum. (Beifall der Abgeordneten Schimanek und Aslan.)

Ein anderer Follow-up-Bericht betrifft den Stadterweiterungsfonds, eines meiner Leib-und-Leben-Themen. Es ist ja ein historisches Thema. Sie wissen ja, auch dieses Parlament hier steht auf dem Grund und Boden des Glacis, des ehemaligen Verteidigungsglacis rund um den Innenstadtbereich von Wien, das ja mehr oder weniger in kaiserlicher Hand war. Nun wurde dieser Grund und Boden veräußert, damit man sich Prachtbauten leisten kann, unter anderem auch dieses herrliche Parlament. Interessanterweise gab es vom Rechnungshof – ich habe extra noch einmal nachgelesen – den Vorschlag, diesen Stadterweiterungsfonds bereits 1961 aufzulösen, weil er ja eigentlich obsolet geworden ist, und sein Vermögen hätte man ja ohne weite­res dann dem Budget zufließen lassen oder in andere sinnvolle Bereiche investieren können. – Aber nein. (Heiterkeit des Abg. Pirklhuber.)

Das, was der Kaiser veranlasste, nämlich den Stadterweiterungsfonds in die Ober­hoheit des Polizeimanagements – das ist vielleicht ein zu moderner Ausdruck –, des kaiserlichen Polizeiministeriums zu legen, blieb aufrecht. Dieser Stadterweiterungs-


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fonds ist kurioserweise nach wie vor lange, lange Zeit, jahrzehntelang, in der Hand des Innenministeriums gewesen. Und in diesem Innenministerium hat sich rund um zwei Fonds eine unselige Freunderlwirtschaft entwickelt. Das waren der Stadterweite­rungs­fonds und der Integrationsfonds, verflochten durch dieselben Personen, die dort und da Geschäftsführer waren.

Und diese Geschäftsführer brachten es zuwege, wie der Rechnungshof feststellte, dass aus diesem ehemals kaiserlichen Vermögen, aus diesem inzwischen öffentlich-republikanisch gewordenem Vermögen interessante Stiftungen entstanden und Spen­den flossen, die dazu führten, dass zum Beispiel die Geschäftsführer dieses Fonds dann herrliche päpstliche Orden erhielten. Also auch dazu war das ehemalige kaiser­liche Vermögen und spätere Republikvermögen gut.

Dieser Fonds hat aber nach wie vor Liegenschaften und Immobilien verwaltet, wie zum Beispiel – auch verteidigungsmäßig wichtig – die Mölker Bastei. Jetzt gab es – der Rechnungshof hat es 2013 schon kritisiert – Vorgänge bei der Liegenschaftsver­äußerung, die bis heute gerichtsanhängig sind. Man hat teilweise nicht ausgeschrieben oder unterm Preis verkauft, ist eigentlich jenseits irgendwelcher Ausschreibungs- oder Vergaberichtlinien vorgegangen und hat Vermögen einfach verschleudert.

Ein anderes Beispiel ist ja nach wie vor aktuell, das Gelände um den Heumarkt. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Auch der Heumarkt war einmal Teil des Glacis, auch der Heumarkt wurde dann als Fondsimmobilie verkauft. Wie hat man den Heu­markt verkauft? – Das ist auch wieder sehr interessant. Ich habe ja den Rechnungs­hofbericht leidenschaftlich gern, der ersetzt mir jeden Kriminalroman. Ich sage es Ihnen, wirklich, lesen Sie ihn, er ist ein bisserl sperrig in der Formulierung, es gibt keinen James Bond, aber es gibt anscheinend immer wieder raffinierte Jongleure mit Immobilien.

Und bei diesem Heumarkt hat der Rechnungshof schon 2013 festgestellt, dass nicht einmal um die Hälfte des Preises verkauft wurde, den das Gelände eigentlich wert ist. (Abg. Schimanek: Frau Kollegin, da haben ja die Grünen mitgestimmt!) Ich meine, 9 Millionen € wäre das Gelände, auf dem der Wiener Eislaufverein seine Freizeit­aktivitäten entfaltet, wert gewesen, aber nein, nein, man kann das durchaus um 4,5 Mil­lionen € sozusagen unter der Budel ganz günstig wieder an relativ eigenartige Konstruktionen verkaufen (Abg. Schimanek: Ihr habt ja mitgestimmt!), an eine gemein­nützige Wohnbaugesellschaft, die die Gemeinnützigkeit nur deshalb beibehält, weil sie sich noch in Eisenstadt hineinschummelt, die Gemeinnützigkeit dann verliert. Dann entsteht aus dieser ehemals gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft, die das erworben hat, die netterweise „Buntes Wohnen“ heißt, eine Projektgesellschaft, Lothringer­straße 22. Dann gibt es drei beteiligte Privatstiftungen, und das alles geht dann noch an eine andere Institution, mit 25 Prozent hat Bernhard Steindl noch Anteile. Und dann wird das 2012 alles an Tojner verkauft.

Dann auf einmal ändert sich der Bebauungsplan. Vorher gab es eine Bausperre, darum war es so billig. Frau Präsidentin, Sie wissen ja, 9 Millionen € waren ja eh Occasion. (Abg. Pirklhuber: Spekulation! Klassische Spekulation!) Man hätte eigentlich, wenn die Wiener Raumordnung, der Wiener Bebauungsplan anders gewe­sen wäre, schon damals 40 Millionen € bekommen. Beim Heumarkt – Wert 40 Millio­nen €, Schätzung damals 9 Millionen € – hat man 4 Millionen € gewonnen. Und dieser Tojner, dieser Herr DDr. Tojner, hat das Ganze zu einem uns nicht bekannten Preis erworben.

Jetzt entsteht dort nicht nur ein neues Intercontinental, es entsteht ein neuer Wohnturm. Und das, was einmal Eigentum einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft war, wird zu einer Art Luxusetablissement (Abg. Schimanek: Gabi, warum habt ihr


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dann mitgestimmt?), und die Republik schaute durch die Finger. Der Stadterweite­rungsfonds hat auch durch die Finger geschaut. Der Stadterweiterungsfonds hätte schon längst aufgelöst werden sollen.

Die Auflösungsgeschichte ist eine Extrageschichte. Da gibt es drei Anläufe, bis das gelingt. Und die letzte Immobilienfrage ist mir der Herr Minister Sobotka noch schuldig: Er hat im Ausschuss versprochen – Sie sind meine Zeugin, Frau Präsidentin –, er sagt mir, wer die Gründe in Eberau gekauft hat, dort war ja geplant, ein Asyl- und Erst­aufnahmezentrum zu errichten. Frau Kollegin Fekter könnte uns da Näheres darüber erzählen. Das Projekt ist nicht realisiert worden, die Gründe wurden dann verkauft. Aber mich interessiert das jetzt wirklich wieder, ich kenne ja die Geschichte dieses Stadterweiterungsfonds von anderen Immobilienverkäufen, das war ja immer ein Geschäft unter Freunden. Und bei dieser Eberau-Immobilie hat uns der Herr Minister noch immer nicht klargelegt, wer sie zu welchem Preis gekauft hat.

Frau Präsidentin, wir brauchen wieder einen Follow-up-Bericht des Follow-up-Be­richts. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


22.26.29

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrte Präsidentinnen! Hohes Haus! In dieser Reihe von Berichten möchte ich mich auf einen Bericht konzentrieren, der sich die Finanzprognosen der Krankenkassen zur Brust genommen und festgestellt hat: Die Prognosen sind regelmäßig schlechter als das tatsächliche Ergebnis. Es lässt sich aber nicht logisch erklären, wie das zustande kommt. Der Rechnungshof formuliert die naheliegende Vermutung so: Es sollte nicht das Ziel sein, die Prognosen so schlecht zu schreiben, dass man sie nachher immer übertrifft.

Es ist bekannt, dass die Krankenkassen immer zu Jahresbeginn sagen: Es ist ein Riesendesaster, wir werden ein riesiges Loch haben. Je mehr Verhandlungen mit der Pharmaindustrie, Verhandlungen mit dem Finanzministerium stattfinden, umso besser werden die Zahlen. Und auf einmal haben wir am Jahresende ein Plus.

Die Zahlen sind so schlecht prognostiziert, dass das Finanzministerium für die En­twicklung der Kassen eine eigene Prognose macht, weil man sich nicht auf das verlassen kann, was aus der Sozialversicherung daherkommt. Da muss man sich fragen, ob das Effizienz ist, wie wir sie uns in Österreich vorstellen, wenn wir dieselbe Prognose an zwei Stellen zweimal machen, weil man sich nicht darauf verlassen kann, was am einen Ende passiert. Das ist die Art, wie in der Sozialversicherung mit falschen Zahlen Politik gemacht wird.

Weiters ist der Rechnungshof auf die Umsetzung eines früheren Berichts zum Thema Zusatzpensionen eingegangen. Die geschätzten Wählerinnen und Wähler möchte sich vor Augen führen, dass in der Sozialversicherung jedes Jahr 320 Millionen € an Zusatzpensionen für eigene Mitarbeiter ausgegeben werden. Ihnen sagt man, die Pensionen sind sicher, aber den Mitarbeitern in der Pensionsversicherungsanstalt, in der Gebietskrankenkasse zahlt man Zusatzpensionen, 320 Millionen € im Jahr. Da hat der Rechnungshof ein Einsparungspotenzial von 1,15 Milliarden € erhoben. Davon wurden nur 114 Millionen € realisiert, weil man natürlich die eigenen roten und schwarzen Günstlinge schützen muss. Das ist ihre Priorität. (Beifall bei den NEOS.)

22.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 416

22.28.52

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! In meinen Ausführungen beziehe ich mich auf den Teilbericht des Rechnungshofes zum Themenbereich Agrar-Umweltprogramm ÖPUL 2007. Das Landwirtschaftsministerium kam den Empfehlungen des Rechnungshofs diesbezüglich nur zum Teil nach, reduzierte die Maßnahmen des ÖPUL-Programms 2007 sogar von 29 auf 22. Der Rechnungshof sieht hier entsprechenden Verbesserungsbedarf, auch bei der Festlegung regional differenzierter Prämien.

Ebenso unterblieb eine Differenzierung von Zustandsverbesserung und -erhaltung bei der Zieldefinition des ÖPUL 2015. Positiv sieht der Rechnungshof – und ich möchte anmerken, auch zum Teil ich –, dass die Prämienberechnung auf aktuellen Daten basiert und ertragssteigernde Effekte bei der Prämienauszahlung berücksichtigt wer­den.

In der laufenden Förderperiode von 2015 bis 2020 sind für das ÖPUL 2015 3,23 Mil­liarden € vorgesehen; in diese Summe integriert sind 1,59 Milliarden € nationale Kofin­anzierung.

Wir wissen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass die Gespräche für die neue GAP-Periode, die Gemeinsame Agrarpolitik ab dem Jahr 2020 auf EU-Ebene bereits begonnen haben. Ich sehe den Schwerpunkt darin, dass im Gesamtprogramm Länd­liche Entwicklung vor allem für den Bereich der sozialen Dienstleistungen in den ländlichen Regionen mehr Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Es geht primär um den weiteren intensiven Ausbau der Kinderbetreuung, der Pflege und des Breitbandinternets in ländlichen Regionen.

Ich fordere daher den zuständigen Vertreter Österreichs, das ist Landwirtschafts­minister Rupprechter – leider ist er nicht mehr hier –, auf, sich in den Verhandlungen mit der EU für diese Schwerpunkte im Bereich Ländliche Entwicklung, eben für mehr Mittel für soziale Dienstleistungen, nachhaltig für die Menschen in den ländlichen Regionen einzusetzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


22.31.11

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshof­präsidentin! Hohes Haus! Im vorliegenden Bericht vom März 2016 widmete sich der Rechnungshof den Instrumenten zur finanziellen Steuerung der Krankenversiche­rungen. In diesem Rahmen führte er auch eine Gebarungsprüfung durch, welche sich auf die Jahre 2009 bis 2013 konzentrierte. Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Qualität der Gebarungsvorschaurechnungen, der Eignung der Finanzziele des Kas­sensanierungspaketes 2009 bis 2013 beziehungsweise der Ausgabenobergrenzen der Gesundheitsreform 2012 bis 2016 und die Beurteilung der Nachhaltigkeit der finan­ziellen Entwicklung der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, der Wiener Gebiets­krankenkasse und der BVA, wobei vertiefte Prüfungshandlungen bei den genannten Trägern sowie dem Hauptverband der österreichischen Sozialversiche­rungsträger und dem Bundesministerium für Gesundheit durchgeführt wurden.

Vielleicht erinnern wir uns noch daran, ich tue das zumindest: Aufgrund finanzieller Probleme einiger Krankenversicherungsträger wurde im Jahr 2009 ein Kassensanie­rungspaket bis 2013 mit Bundesmitteln von immerhin rund 1,3 Milliarden € ins Leben gerufen, welches Ausgabendämpfungen von rund 1,7 Milliarden € nach sich ziehen sollte. Das war auch der Fall. Alle Träger erreichten eine Ausgabendämpfung bezie-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 417

hungsweise Sanierung des Betriebsergebnisses, insbesondere auch deshalb, weil es günstige Entwicklungen im Heilmittelbereich gegeben hat.

In diesem Zeitraum profitierte vor allem die Wiener Gebietskrankenkasse erheblich von den Bundesmitteln und konnte dadurch das Reinvermögen vergrößern und verbes­sern. Vom Rechnungshof wird allerdings kritisiert, dass die Wiener Gebietskran­ken­kasse keine nachhaltige Sanierung erreichen konnte, während die steirische Gebiets­krankenkasse dazu in der Lage war. Das war teilweise darauf zurückzuführen, dass sich die Steiermärkische Gebietskrankenkasse mittelfristige strategische Ziele setzte und auch außerhalb für die Finanzziele weitere Maßnahmen gesetzt hat, was in Wien nicht erfolgt ist.

Generell bestand laut Rechnungshofbericht das Problem, dass die Finanzziele bis 2013 sowie die Ausgabenobergrenzen bis 2016 aufgrund der tatsächlichen Entwick­lung nicht mehr geeignet waren und dennoch unverändert in das Zielsteuerungssystem des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger übernommen wurden.

Generell ist zu sagen, dass keiner der drei überprüften Träger über klar formulierte interne Finanzziele zur Erreichung einer einnahmenorientierten Ausgabenpolitik ver­fügte. Das führte laut Rechnungshofbericht dazu, dass eine wirtschaftliche, spar­same und zweckmäßige finanzielle Steuerung der Krankenversicherungsträger nicht sicher­gestellt werden konnte. Man kann nur hoffen, dass die vielen Empfehlungen, die seitens des Rechnungshofes sehr detailliert und klar im Bericht dokumentiert sind, tatsächlich auch eine Umsetzung im Sinne aller Beteiligten und vor allem auch im Sinne der PatientInnen und der Bürgerinnen und Bürger erfahren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


22.34.16

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rech­nungshofpräsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich auf den Bericht und die umfangreiche Kritik des Rechnungshofes am Stadterweite­rungsfonds und an anderen öffentlichen Fonds.

Der Wiener Stadterweiterungsfonds wurde vor mehr als 150 Jahren zwecks der Finan­zierung von Monumentalbauten an der Ringstraße gegründet. Kollegin Moser hat uns die kaiserliche Intention schon nähergebracht. Dieser Fonds hat lange bestanden, obwohl die ursprüngliche Aufgabe längst erfüllt war. Der Rechnungshof hat daher schon 1961 und 2013 wieder empfohlen, den Fonds aufzulösen. Es hat aber dann bis 2017 gedauert, bis der Fonds wirklich aufgelöst wurde, und zu manchen Vorgängen ermittelt die Justiz.

Die Immobiliendeals des Fonds wurden speziell untersucht. Der Stadterweiterungs­fonds hat zwischen 2005 und 2008 seine letzten drei Liegenschaften veräußert. Die Liegenschaft am Heumarkt verkaufte er – wie die Kollegin schon angesprochen hat – für 4,2 Millionen € anstatt für 9 Millionen €. Es ist nicht klar, warum das so statt­gefunden hat. Bemerkenswert ist, dass 1 Million € davon satzungswidrig dem Integra­tionsfonds gespendet wurde.

Es handelt sich bei der Heumarktliegenschaft genau um jene Liegenschaft, die ein cleverer Investor gewinnbringend auszuschlachten weiß, mit der Konsequenz, dass Wien den Weltkulturerbestatus verlieren wird. Rechtlich Verantwortliche finden sich offenbar bis heute nicht. Der Steuerzahler hat sowohl den finanziellen als auch den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 418

ideellen Verlust und nicht zuletzt auch den Prestigeverlust, den die Aberkennung des Weltkulturerbestatus für Wien mit sich bringt.

Es ist wirklich auffallend, das bei vielen Missständen im öffentlichen Bereich die Stadt Wien ihre Hände im Spiel hat. Sie hat auch Einfluss auf Fonds und Stiftungen des Bundes. Ein Beispiel ist der Jubiläumsfonds, der seit 100 Jahren besteht. Auch dazu hat der Rechnungshof neben der Intransparenz bei der Leistungsvergabe des Fonds festgehalten, dass der ursprüngliche Fondszweck, die Verbindung von Arbeits- und Wohnstätten, natürlich längst an Bedeutung verloren hat und aufgrund der Einnahmen­situation Zweifel an der Gemeinnützigkeit des Fonds bestehen. Aus diesem Grund wurde die Auflösung des Fonds vom Rechnungshof empfohlen. Da er aber nach wie vor existiert und der österreichische Steuerzahler das Recht hat, zu wissen, was mit den staatlichen Mitteln passiert, habe ich eine parlamentarische Anfrage betreffend den Jubiläumsfonds gestellt, auf die ich heute Vormittag die Antwort erhalten habe.

In der Anfragebeantwortung wird lapidar festgestellt, dass die Rechnungshof­empfeh­lungen erst bei der nächsten Sitzung der Gesamtkurie auf die Tagesordnung kommen und dann besprochen werden – dann vielleicht auch die eventuelle Auflösung des Fonds. Das ist eine wirklich unverantwortliche Zeitverzögerung, aber offenbar hat das alles keine Eile. Ich werde jedenfalls an dem Thema dranbleiben und weitere Anfragen dazu stellen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Hanger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.38.05

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich beschäftige mich in meinem Redebeitrag mit dem Bericht des Rech­nungshofes zum Thema „Ausgewählte Steuerungsbereiche in der Krankenver­sicherung“, Überprüfungszeitraum November 2014 bis April 2015. Geprüft wurde die Wiener Gebietskrankenkasse, die Steiermärkische Gebietskrankenkasse, die Ver­siche­­rungsanstalt öffentlich Bediensteter und der Hauptverband. Ziel der Prüfung war, Steuerungsmaßnahmen in den Bereichen ärztliche Hilfe, Heilmittel, Krankengeld sowie Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand zu überprüfen. Dieser Bericht hat sehr viele Aspekte, manchmal auch sehr theoretischer Natur, wenn es um Zielerreichung geht.

Ich möchte mich mit einem Thema beschäftigen, das sich wie ein roter Faden durch den Bericht zieht, dass wir nämlich in den angesprochenen Bereichen ärztliche Hilfe, Heilmittel, Krankengeld, Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand, Tarifverhandlung, Aufwand je Fachrichtung in den einzelnen Krankenversicherungsträgern sehr unter­schiedliche Systeme haben. Das mag jetzt nach innen, wenn diese Bereiche ent­sprechend effizient organisiert sind, vielleicht nicht das große Problem sein, aus der Sicht des Versicherungsnehmers ist das sehr wohl ein Problem.

Ich bin persönlich überzeugter Föderalist. Ich bin sehr dafür, dass politische Entschei­dungen in den Regionen fallen, weil man höhere Identifikation erreicht, weil man näher beim Bürger ist. Ich bin aber auch sehr dafür, dass der Föderalismus beim Sozialver­sicherungsrecht ganz einfach seine Grenzen hat. Es ist einem Bewohner des Bundeslandes A nicht erklärbar, wieso zum Beispiel Heilmittel bei ihm ersetzt werden und in einem anderen Bundesland nicht.

Das heißt, der Rechnungshofbericht, den ich angesprochen habe, ist auch ein Appell dafür, eine Leistungsharmonisierung in Österreich herbeizuführen, und diesem Appell kann man sich im Hohen Haus nur anschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.40



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 419

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Ottenschläger gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


22.40.09

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zum Bericht des Rechnungshofes mit dem Thema „Gemeinnützigkeit im Steuerrecht“ kurz zu Wort melden. Der Prüfungszeitraum liegt schon einige Zeit zurück, er lag im Jahr 2014 und hat unter anderem folgende Ziele verfolgt: Erhebung der steuerlich erfassten gemeinnützigen Einrichtungen, Beurteilung der Erfüllung der Zielsetzungen der steuerlich Begünstigten, Erhebung von Organisationseinheiten, die mit dem Thema befasst sind, Erhebung und Beurteilung von Schnittstellen zwischen dem BMF, also dem Finanzministerium, und dem Innenministerium bezüglich Vereins­register und auch von Schnittstellen zwischen dem BMF und den Landesregierungen.

Kritik gab es unter anderem an der Klarheit der Rechtsgrundlagen, dem fehlenden Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen Finanzverwaltung und Landesverwal­tungen und der nicht vorhandenen einheitlichen Vorgangsweise bei Neuaufnahmen von Vereinen. Man kann aber sagen, diese Kritikpunkte wurden bis heute größtenteils abgearbeitet und umgesetzt, beispielsweise wurde die direkte Zusammenarbeit mit den Ämtern der Landesregierungen forciert oder mit der neuen elektronischen Grunddaten­verwaltung erstmals eine einheitliche Vorgehensweise bei der Vereinsregistrierung geschaffen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Doppler zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


22.41.56

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! TOP 38 bis 40, Berichte des Rechnungshofes – TOP 38: Da gibt es zu Recht Kritik des Rechnungshofes an mangelnder Finanzplanung. Überprüft wurden die Krankenkassen, konkret ging es darum, die Prognosen sowie die vorläufigen Erfolgsrechnungen der Steiermärkischen und der Wiener Gebietskrankenkasse sowie der Versicherungs­anstalt öffentlich Bediensteter zu überprüfen. Der Rechnungshof befasste sich auch mit der Eignung der Ziele des Kassensanierungspaketes von 2009 bis 2013 sowie mit den Ausgaben für den Gesundheitsfonds von 2012 bis 2016. Zeitgleich führte der Rech­nungshof eine Prüfung zu ausgewählten Steuerungsbereichen in der Krankenver­sicherung durch, soweit mir bekannt ist.

Die Kritik des Rechnungshofes war in dieser Angelegenheit umfangreich, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein besonders schlechtes Zeugnis bekam die Wiener Gebietskrankenkasse. Diese musste dringend ein nachhaltiges Konzept für die Sanierung entwickeln. Dazu meine Frage, Frau Rechnungshofpräsidentin: Gibt es ein solches Sanierungskonzept bereits? Und vor allem: Wie schaut es aus? Damit die Kasse wieder gesunde Zahlen schreibt. – Danke schön.

22.43


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich die Rechnungshofpräsidentin Dr. Kraker zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Präsidentin.

 


22.43.24

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Mayer hat davon gesprochen, dass wir jetzt doch ein Jahr gemeinsame Ausschussarbeit hinter uns gebracht haben. Ich möchte auch Danke


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 420

sagen dafür, dass es eine so gute Zusammenarbeit im Rechnungshofausschuss in diesem Jahr gegeben hat.

Wir haben zehn Termine des Rechnungshofausschusses gehabt, ich habe auch an zwei Sitzungen des Budgetausschusses teilgenommen. Insgesamt wurden im Rech­nungshofausschuss, Frau Abgeordnete Moser, 36 Berichte behandelt, plus Einkom­mens­bericht und Tätigkeitsbericht. Wir haben gestern auch den Bundesrechnungs­abschluss 2016 vorgelegt. Heute stehen allein 19 Berichtsbeiträge auf der Tages­ord­nung, und es ist mir nicht möglich, dass ich im Detail auf alle diese Berichte ein­gehe.

Was ich für die Zukunft gerne sagen möchte: Mir wäre es sehr wichtig, dass wir im Rechnungshofausschuss dann wirklich verstärkt auch über unsere Empfehlungen reden können. Das wäre, glaube ich, ganz wichtig, weil es, wie wir besprochen haben, für die Wirksamkeit des Rechnungshofes von Bedeutung ist, dass man hier unterstützt wird und dass die Empfehlungen auch wirklich zur Umsetzung gelangen.

Ich gehe jetzt nur auf zwei Berichte des Rechnungshofes ein, die wir in der letzten Woche besprochen haben, nämlich betreffend die Instrumente zur finanziellen Steue­rung der Krankenversicherung und betreffend ausgewählte Steuerungsbereiche in der Krankenversicherung. Es sind zwei Berichte, die thematisch zusammengehören.

Die wesentlichen Kritikpunkte wurden schon genannt. Der Bund hat die gesetzliche Krankenversicherung zwischen 2009 und 2014 mit rund 1,3 Milliarden € unterstützt, obwohl zur gleichen Zeit – das sage ich dazu – das Reinvermögen des Sektors Kran­kenversicherung deutlich angestiegen ist. Bereits im Jahr 2013 hätte der Sektor Krankenversicherung insgesamt betrachtet auch ohne Bundesmittel über ausreichende Eigenmittel verfügt. Die Situation war jedoch sehr unterschiedlich, einzelne Kranken­versicherungsträger verfügten über ein sehr hohes Reinvermögen, beispielsweise die BVA, aber es gab auch Träger, die weiterhin ein negatives EGT hatten, wie beispiels­weise die Wiener Gebietskrankenkasse. Es wurden also 1,3 Milliarden € zugeschos­sen, und trotzdem ist keine allgemeine Sanierung gelungen. Darin sehen wir ein erhebliches Steuerungsproblem.

Was sind die Ursachen für die Probleme im Bereich der Steuerung? – Es geht um methodische Mängel in der Gebarungsvorschaurechnung, es geht um die Frage eines Risiko- und Strukturausgleichs zwischen den Trägern und um den Willen, sich ambitionierte Ziele zu setzen. Es geht um die Frage der Sammlung und Verwendung von Daten und um die operative Steuerung in den Bereichen ärztliche Hilfe und Heilmittel durch Stellenplanung, Vertragsgestaltung und konsequente Nutzung der Heilmittelökonomie.

Damit bin ich schon beim zweiten der Berichte, jenem zu den ausgewählten Steue­rungsbereichen. Ich möchte anmerken, dass das Volumen im Bereich der ärztlichen Hilfe 3,8 Milliarden € und im Bereich der Heilmittel 3 Milliarden € betrug. Da war die operative Steuerung aus der Sicht des Rechnungshofes nicht ausreichend, um eine nachhaltige Finanzierung sicherzustellen.

Was hat die Prüfung gezeigt? – Die Wirkung effizienzsteigernder Innovationen, etwa im Laborbereich, war aufgrund der Vertragsstrukturen für die Krankenversicherungsträger eingeschränkt. Es gab keine Messung der Ergebnisqualität, und ein Konzept zur Steuerung der Patientenströme lag nicht vor. Zwischen den Krankenver­sicherungs­trägern bestanden erhebliche, durchaus finanzwirksame Unterschiede hinsichtlich der Facharztdichte, der Degressionsregelungen oder bei Kostenbeteiligungen.

Der Rechnungshof hat auch gesehen, dass im Heilmittelbereich sämtliche Möglich­keiten der Effizienzsteigerung auszuschöpfen wären und die im Kassensanierungs­pa-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 421

ket 2009 geplanten Maßnahmen überwiegend nicht umgesetzt wurden, weil es zusätz­liche Mittel gegeben hat.

Grundsätzlich sind daher unter dem Aspekt der finanziellen und operativen Steuerung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungsträger wesentliche Verbesserungen notwendig. Zu den Krankenversicherungsträgern gehört auch eine trägerübergreifende Steuerung der Verwaltungskosten, denn in absoluten Zahlen machen diese im Jahr 2013 doch 1,6 Milliarden € aus. Dieser Bereich hat auch eine erhebliche Bedeu­tung für die öffentliche Wahrnehmung.

Was den Pensionsbereich betrifft, haben wir errechnet, dass für die Jahre 2015 bis 2016 bei Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes ein zusätzliches Einspa­rungspotenzial von rund 786 Millionen € bestanden hätte. Das betrifft aber nur Bedienstete, die vor 1996 in den Dienst eintraten, für die anderen gab es eine refor­mierte Pension. – Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

22.48

22.49.13

 


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Präsidentin.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter oder die Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 38: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht III-247 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer der Kenntnisnahme zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 39: Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-229 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist dafür? – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 40: Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-213 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Wer ist dafür? – Das ist einstimmig angenommen.

22.50.1041. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2249/A)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu Punkt 41 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Herr Abgeordneter Bernhard, Sie sind als Erster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.50.34

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! (In Richtung der den Saal verlas­senden Rechnungshofpräsidentin Dr. Kraker:) Auf Wiedersehen, Frau Präsidentin!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 422

Worum geht es in meinem Antrag? – Wir haben heute die erste Lesung. Wir haben uns im Petitionsausschuss in den letzten dreieinhalb Jahren sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, wie wir den Ausschuss auf die Höhe der Zeit bringen können. Ich will behaupten, am Anfang ein bisschen konfliktreicher als jetzt zum Schluss. Jedenfalls konnte ich meine Kollegen von den Grünen, der ÖVP, der SPÖ und auch der FPÖ und dem Team Stronach überzeugen, dass wir uns mit Petitionsausschüssen in anderen Staaten vernetzen. Insbesondere haben wir oder habe ich das mit dem Deutschen Bundestag, den deutschen Landtagen, den österreichischen Landtagen im Übrigen auch, mit Luxemburg, der Schweiz, Belgien und einigen mehr gemacht. Wir haben uns in den letzten dreieinhalb Jahren angesehen, wie das Thema Petition funktioniert, wie die Möglichkeit für Bürger und Bürgerinnen in anderen europäischen Staaten funk­tioniert, sich in das parlamentarische Geschehen einzubringen.

Wir haben viele gute Ideen gewonnen, und es wird jetzt viele im Raum nicht über­raschen, dass das im Stadium der Diskussion steckengeblieben ist. Wir konnten SPÖ und ÖVP also nicht davon überzeugen, dass wir wirklich in einen gemeinsamen Beschluss gehen. Die Freiheitlichen haben gesagt, sie werden es sich noch in Ruhe überlegen.

Was ist der Inhalt dieses Antrags, und was wäre der große Vorteil für die Zukunft? – Noch einmal: Die Idee ist, Menschen ins Parlament reinzuholen, einen Dialog aufzu­bauen und so das Parlament auch näher zu den Menschen zu bringen – nicht mehr und nicht weniger!

Die erste Idee ist für 2017 recht banal, nämlich eine Internetplattform einzurichten, über die es möglich sein soll, dass Unterstützungsunterschriften für parlamentarische Bür­ger­initiativen in Zukunft nicht nur auf der Straße oder jedenfalls physisch auf einer Liste gesammelt werden können, sondern dass Menschen tatsächlich auch digital ein Anliegen so unterstützen können, dass es im Parlament diskutiert wird.

Ein zweiter Punkt, der ganz wichtig ist: Der Petitionsausschuss ist in Österreich der einzige Ausschuss, bei dem die Ministerien nicht dazu verpflichtet sind, zu antworten. Bei jedem anderen Ausschuss gibt es für gewöhnlich bei einer Stellungnahme ähnlich wie bei einem Abgeordneten, der eine parlamentarische Anfrage stellt, acht Wochen Frist zur Beantwortung. Beim Petitionsausschuss ist es eine Gnade des Ministeriums; es ist nicht verbrieft, dass wir eine Antwort bekommen müssen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in vielen Staaten bereits funktioniert, ist, dass es klare Spielregeln gibt. Ab einer bestimmten Anzahl von Unterschriften hat der Initiator oder die Initiatorin das Recht, im Parlament, vor den Abgeordneten im Petitions­aus­schuss, das Anliegen direkt vorzutragen, eine Diskussion zu führen. Es gibt Länder wie Luxemburg, die gehen weiter: Ab einer gewissen Zahl von Unterschriften gibt es eine Liveübertragung des Fernsehens. Wir wollen ja nur, dass die Menschen mit den Abgeordneten reden dürfen. Auch das, so denke ich, ist eine Selbstverständlichkeit. Die notwendige Anzahl, die wir, Kollege Pirklhuber und ich, vorgeschlagen haben, wären 5 000 Unterschriften. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Abschlusssatz, Frau Präsidentin: Wir haben viele weitere gute Ideen, auf die Kollege Pirklhuber noch eingehen wird. Allen voran ist mir aber wichtig, dass wir noch in dieser Periode ein Signal setzen, und deswegen werden wir uns gemein­sam bemühen, die Zustimmung der anderen Fraktionen zu diesem Vorhaben noch in dieser Periode zu gewinnen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Pirklhuber.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 423

22.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


22.54.18

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzter Vorredner! Einmal grundsätzlich gleich die Anmer­kung: Es ist ein berechtigtes Anliegen, das ist überhaupt keine Frage. Ich bin direkt froh, dass sich der Petitionsausschuss diese Punkte vorgenommen hat. Damit ist meine Position gleich einmal bekannt. Anscheinend gibt es aber so etwas wie selektive Wahrnehmung bei uns im Hause. Wir wären ausgehend von der Enquete-Kommission schon viel weiter als das, was da jetzt gefordert wird. Wer das blockiert hat, wissen wir, nicht wahr? – Erspart mir, es zu sagen, es waren nämlich die Grünen, sonst hätten wir modernere und bessere Lösungen als die, die jetzt gefordert werden!

Eine Geschäftsordnung muss immer angepasst werden und wird es auch. Ich bin schon sehr lange im Geschäftsordnungsausschuss, wir verhandeln eigentlich immer die gesamten Perioden hindurch. Geschäftsordnungsverhandlungen sind immer müh­sam, aber in einem sollten wir schon einen Konsens haben: dass wir in der heutigen Zeit den Bürgern unsere Tätigkeit so nahe wie möglich bringen. Es dürfte nichts dagegen sprechen, sagen wir es einmal so, wenn wir mehr Öffentlichkeit, mehr moder­ne Übertragungsmöglichkeiten, all die Dinge hätten, die das Leben des Parlaments näher zu unseren Bürgerinnen und Bürgern bringen.

Die Geschichte ist immer leicht geredet; wenn man sie verhandelt, dann wird es immer mühsam. Ich glaube aber trotzdem, dass das ein Weg ist, den man beschreiten muss. Ich traue mich da jetzt in einer auslaufenden Periode nicht zu sagen, wie schnell das geht und wie es geht.

Grundsätzlich ist das also ein Bereich, der unterstützungswürdig ist, und ich hoffe, dass sich die Verantwortlichen in Zukunft in diesen Bereichen eher einigen, als wir das vielleicht in der Vergangenheit getan haben, denn ich glaube, dass das im Interesse des Hauses, im Interesse der Abgeordneten und schlussendlich auch im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher ist. (Beifall bei der SPÖ.)

22.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.

 


22.56.36

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag ist letztendlich etwas, das bei allen Fraktionen auf offene Ohren stößt. Gerade auf der Höhe der Zeit zu sein, was die technischen Mittel betrifft, ist etwas ganz Wesentliches. Wir müssen allerdings darauf achten, dass wir keine digitale Kluft entwickeln, und müssen daher auch dafür sorgen, dass wirklich alle Bürger Österreichs technisch die Möglichkeit und die Fähigkeit haben, ihre Stimme in Form einer Petition, einer Bürgerinitiative und so weiter auf einer Internetplattform abzugeben. Das gilt es zu prüfen. Das werden wir dann auch in den kommenden Monaten in den nachfolgenden Ausschüssen disku­tieren. Es ist wesentlich, diese Partizipation und Beteiligung herbeizuführen.

Was ich zu bedenken geben möchte: Die Verpflichtung der Ministerien, zu antworten, ist ein Passus, der wesentlich ist. Wir müssen aber schon darauf hinweisen, dass die Ministerien auch schon bisher sehr umfangreich geantwortet haben. Es ist also nicht so, dass das nicht stattfinden würde. Das möchte ich schon festhalten.

Das Zweite ist, dass wir uns schon auch in der Art, wie wir in Österreich Politik betreiben – mit einer Volksvertretung wie beispielsweise hier im Nationalrat –, letzt­endlich ganz, ganz intensiv mit der Kooperation, der Kommunikation mit dem Bürger befassen. Das sollten wir schon auch hochhalten. Wir dürfen nicht immer so tun, als wäre das eine abgehobene Kaste, die abseits von allen möglichen Bürgerinteressen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 424

fungiert und agiert, sondern müssen deutlich machen, dass wir hier sehr eng vernetzt mit den verschiedensten Vertretern von Bürgerinteressen Themen diskutieren. Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir das nicht gegeneinander stellen, sondern das letztendlich miteinander entwickeln.

Ich will in dem Zusammenhang auch noch ersuchen, dass viele Initiativen und demo­kratiepolitisch wichtige Dinge, die wir zu erfüllen haben, bei denen die einzelnen Fraktionen in der Pflicht stehen, auch erfüllt werden. Wenn man zum Beispiel bei den kommenden Wahlen oder bei allen Wahlen, ob das auf kommunaler Ebene, Landes­ebene oder Bundesebene ist, wenn es also darum geht, zum Beispiel Wahlbeisitzer in Wahlkommissionen zu bestellen, schon auch darauf achtet, dass jede Fraktion hiefür freiwillige, ehrenamtliche Persönlichkeiten nominiert, so ist das eine ganz wesentliche Aufgabe unserer Vertretung hier im Parlament, das auch zu gewährleisten. Letztend­lich ist auch das Bürgerbeteiligung.

Wenn einzelne Fraktionen stark unterstützt werden, darf man das nicht immer nur auf die Persönlichkeiten, die hier vertreten sind, reduzieren. – Nein! Hinter allen Abge­ordneten in diesem Haus steht wirklich eine große Menge an Bürgern, die Interesse daran haben, dass ihre Interessen, sei es regional, sei es aus der Interessenpolitik heraus, vertreten werden. Dass wir diese Aufgabe bestmöglich erfüllen, ist ganz, ganz wesentlich – und auch, dass wir das mit Bürgerinitiativen, mit Petitionen zusam­menführen. Das muss ein Kanal sein, der für alle in gleicher Weise offen ist und zu dem jeder entsprechenden Zugang hat.

Ich freue mich schon auf die Diskussionen. Ich glaube, wir müssen das im Sinne der technischen Weiterentwicklung auch für dieses Haus in der Geschäftsordnung weiter­entwickeln. (Beifall bei der ÖVP.)

23.00


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.

 


23.00.03

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich grundsätzlich beim Kollegen Bernhard für seine Initiative bedanken. Die Grundintention des Antrages ist einfach, den Petitionsausschuss näher zu den Bürgern zu bringen. Wir können viele Punkte, die in dem Antrag enthalten sind, unterstützen. Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen. Der Grund, warum wir schlussendlich nicht drauf waren, waren zwei kleinere Punkte, auf die ich dann noch eingehen werde, vor allem auch diese Annäherung an das E-Voting, bei dem wir sehr skeptisch sind und wo man vielleicht noch Feinjustierungen vornehmen müsste.

Ich möchte auf den Punkt Nummer 5 eingehen. Die Intention dieser Schwelle von 5 000 Unterschriften, ab der es dann zu einer Anhörung kommt, ist, dass uns eben nicht das passiert, was uns im Petitionsausschuss die letzten vier Jahre über begleitet hat. Ich muss ganz ehrlich sagen, es war zwar schön, was die Kollegen von SPÖ und ÖVP gerade gesagt haben, aber genau ihr Verhalten im Petitionsausschuss ist ja der Grund, warum wir solche Dinge diskutieren müssen, weil es eben x-mal vorkommt, dass Petitionen und Bürgerinitiativen erstklassig beerdigt und nicht ernst genommen werden.

Ich verstehe also die Intention dieser Schwelle. Das ist ein Punkt, den wir diskutiert haben und wo wir sagen: Vielleicht müsste man da noch ein bisschen nachsetzen, die Schwelle von 5 000 Unterschriften erscheint uns als zu gering. Wenn man zum Bei­spiel eine größere Kommune hat, vielleicht eine Stadt, sind diese Unterschriften sehr schnell gesammelt, und dann kann es uns durchaus passieren, dass wir hier im Parla-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 425

ment erweiterte Kommunalpolitik machen. Da müssten wir vielleicht noch ein bisschen an der Schraube drehen, aber das kann man jedenfalls diskutieren.

Der zweite Punkt beim Punkt 5, den wir noch innerhalb der Fraktion besprochen haben, ist, dass dann sozusagen diese Anhörung stattfinden muss. Ich glaube, hier sollte einfach drinnen stehen: Es entsteht das Recht auf eine Anhörung. Das heißt, es entsteht daraus keine Verpflichtung. Auch das kann man ganz leicht nachjustieren.

Was ist jedoch der Kern der Sache? – Man kann natürlich die Geschäftsordnung des Petitionsausschusses ändern, und das ist sicherlich in weiten Teilen ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch worauf kommt es schlussendlich an? – Auf das, was man aus dieser Geschäftsordnung macht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir müssen jedenfalls – und das muss vor allem den Regierungsparteien klar sein – von dieser Unsitte von Kenntnisnahmen und Vertagungen abgehen. Nur wenn wir das tun und den Bürgern damit zeigen, dass wir die Anliegen, die an uns herangetragen werden, entsprechend ernst nehmen, werden wir auch dem Anspruch an den Petitions­ausschuss gerecht.

Ich komme zum Schluss: Da ich leider nicht davon ausgehe, dass wir uns im Sommer noch einmal in einer Sondersitzung mit dem Petitionsausschuss befassen werden – Kollege Bernhard sagt schon, vielleicht doch –, möchte ich mich heute für die Arbeit im Petitionsausschuss in den letzten vier Jahren ganz herzlich bedanken, auch für die Impulse, die zur Weiterentwicklung des Ausschusses gesetzt worden sind, und Ihnen in diesem Sinne einen schönen Sommer wünschen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Pirklhuber.)

23.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


23.03.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Am Ende eines langen Plenartages vielleicht noch einmal eine demokratiepolitische Besin­nungsminute. Es geht einfach um ein Begehren, um ein Anliegen der Bevölkerung und eigentlich auch aller Parteien, soweit ich mich erinnere, nämlich die direkte Demokratie in Österreich zu verbessern, auszubauen. Kollege Pendl hat ja gesagt, dass wir nach der Enquete-Kommission zur direkten Demokratie schon fast bei einem Abschluss gewesen sind. Kollege Pendl, so ist es!

Jetzt sage ich: Das war 2015. Wir haben jetzt 2017. Im Sinne von Effizienz haben wir, Kollege Bernhard und ich, überlegt, dass wir zumindest einen Initiativantrag herein­bringen für die erste Stufe der direkten Demokratie, nämlich den Bürgerinitiativen- und Petitionenbereich. Schwieriger ist es sicherlich, wenn wir gleich auf die Volksbegeh­rens- und Volksabstimmungsebene weitergehen, weil davon sehr viele Grundrechts­fragen betroffen sind und diskutiert werden müssen und wir die Zeit dafür nicht mehr haben.

Kollege Pendl! Du hast es ja richtig gesagt, es spricht überhaupt nichts dagegen – auch Kollege Schmuckenschlager hat das unterstützt –, dass man Online-Eingaben von Bürgerinitiativen möglich macht. Ich möchte auch ein Dankeschön an die Kollegen Lipitsch und Gahr richten, die im Ausschuss immer wieder aktiv und gut mitdiskutiert haben. Es ist nämlich so, dass dieser Vorschlag mit der Parlamentsdirektion akkordiert ist. Was wir hier vorgeschlagen haben, ist sofort umsetzbar und kostet fast keinen Cent mehr. Fast, sage ich, weil die Überprüfung der Online-Einbringer, ob die im Wähler­ver­zeichnis sind – also ein ganz einfaches Verfahren –, natürlich von der Parlaments­direktion durchgeführt werden muss.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 426

Und wir wollen auch, dass die Petenten in Zukunft ein Schreiben bekommen. Wenn man eine Petition, eine Bürgerinitiative einbringt, dann hat man zumindest, finde ich, auch das Recht, eine ordentliche Antwort zu bekommen, wie das Verfahren war, wie es gelaufen ist und was die Ergebnisse waren. Das ist Kern des Anliegens.

Zu den Ausführungen des Kollegen Hafenecker: Man kann selbstverständlich noch die eine oder andere Verbesserung machen. Ob man 3 000 oder 5 000 Unterstüt­zungs­unterschriften als Schwellenwert nimmt, damit ein Erstunterzeichner verbindlich einge­laden werden muss, das kann man diskutieren.

Meine Damen und Herren! Kollege Pendl! Kollege Schmuckenschlager! Wenn wir so einhellig der Auffassung sind, dass es auf dieser Ebene eigentlich keine Gründe gibt, um nicht hier noch rasch sozusagen Nägel mit Köpfen zu machen, würde ich vor­schlagen – und ich werde den morgen gerne einbringen –, einen Fristsetzungsantrag bis zum 19. September zu beschließen. Wir können gerne auch noch einen kleinen Ausschuss vor dem nächsten Plenum im September oder vor einem der nächsten Plena im September machen und zumindest diese eine kleine Änderung, die eine Verbesserung ist, die umsetzbar ist, die bürgerfreundlich ist, auch einmal gemeinsam, also nicht gegeneinander, sondern tatsächlich alle Parteien in diesem Haus gemein­sam, beschließen. Das wäre ein Signal an die Bevölkerung, dass wir trotz Wahlkampfs an sie denken und ihre Interessen in diesem Haus auch im Sinne einer demokra­tischen Weiterentwicklung stärken wollen.

Daher bitte ich Sie wirklich, morgen diesen Fristsetzungsantrag zu unterstützen und gemeinsam diesen Weg einzuschlagen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Bernhard.)

23.06


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2249/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.07.12Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2262/A(E) bis 2268/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.07 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.07.39Schluss der Sitzung: 23.07 Uhr

 

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Parlamentsdirektion

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