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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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64. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 25. März 2015

 

 


Stenographisches Protokoll

64. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                   Mittwoch, 25. März 2015

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 25. März 2015: 9.06 – 20.18 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Ab­satz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Steuerreform 2015/2016; Das Entlastungsprogramm zur Stärkung der Kaufkraft und Schaffung von Arbeits­plätzen“

2. Punkt: Protokoll zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von In­vestitionen

3. Punkt: Protokoll zur Abänderung des am 16. Mai 2001 in Minsk unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen und vom Vermögen

4. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Republik Belarus über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zoll­sachen samt Anhang

5. Punkt: Bericht über den Gesetzesantrag des Bundesrates (452 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Passgesetz 1992, das Waffengesetz 1996 und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (Sicherheitsverwaltungs-Anpassungsge­setz 2015 – SVAG 2015)

7. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Minis­terkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Kri­minalität

8. Punkt: Bericht über den Antrag 957/A(E) der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Dr. Peter Pilz, Christoph Hagen, Mag. Nikolaus Alm, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend illegale Überwachung durch fremde Geheimdienste

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

10. Punkt: Bericht über das Stenographische Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema „25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention“


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11. Punkt: Bericht über den Antrag 219/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“

12. Punkt: Bericht über den Antrag 220/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinder­betreuungsgeld“

13. Punkt: Bericht über den Antrag 615/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Rei­singer, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Bereich der elementaren Bildung

14. Punkt: Bericht über den Antrag 834/A der Abgeordneten Johann Höfinger, Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umwelt­förderungsgesetz (UFG), BGBl. Nr. 185/1993, zuletzt geändert durch das Bundesge­setz BGBl. I Nr. 40/2014, geändert wird

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Inhalt

Nationalrat

Gedenkworte für die Opfer eines Flugzeugabsturzes durch Präsidentin Doris Bures               26

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 26

Ordnungsrufe ......................................................................................................  116, 135

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 3221/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 52

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 142

Redner/Rednerinnen:

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 133

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................  136, 141

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 137

Brigitte Jank ................................................................................................................ 139

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................... 140

Matthias Köchl ............................................................................................................ 141

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 143

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 144

Antrag der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen, dem Tourismusausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 910/A(E) der Abge­ordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von zusätzlichen Investitionsanreizen für Tourismusbetriebe durch Heranführung der AfA an die wirtschaftliche Lebensdauer gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung eine Frist bis 21. April 2015 zu setzen ........................................................................................................................ 52

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 52


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Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 146

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................... 149

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 150

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 151

Georg Willi .................................................................................................................. 152

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 154

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 155

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 157

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 52

Aktuelle Stunde (19.)

Thema: „Gemeinsam gegen den Terror“ ................................................................. 26

Redner/Rednerinnen:

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 27

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ..................................................  28, 49

Otto Pendl ..................................................................................................................... 31

Mag. Michaela Steinacker ........................................................................................... 32

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 34

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 35

Christoph Hagen .......................................................................................................... 37

Mag. Nikolaus Alm ....................................................................................................... 38

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 40

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 42

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................. 43

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 45

Rouven Ertlschweiger, MSc ....................................................................................... 46

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................... 48

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 50

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Steuerre­form 2015/2016; Das Entlastungsprogramm zur Stärkung der Kaufkraft und Schaf­fung von Arbeitsplätzen“ ........................................... 52

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 53

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ....................................................................... 55

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                   53

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 59

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 64

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 66


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Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 69

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 71

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 74

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 75

Dr. Angelika Winzig ...................................................................................................... 79

MMag. DDr. Hubert Fuchs .......................................................................................... 80

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 82

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 83

August Wöginger ......................................................................................................... 86

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 88

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 90

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 92

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .................................................................................. 95

Georg Willi .................................................................................................................... 96

Dr. Georg Vetter ........................................................................................................... 98

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 99

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 103

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 108

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 112

Herbert Kickl ............................................................................................................... 113

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbe­treibenden – Einsparungen im öffentlichen Bereich zur Gegenfinanzierung der Steu­erreform“ – Ablehnung .............................................  73, 118

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Reduktion der Bundes- und Landes-Parteienförde­rung – Ablehnung ..................  78, 118

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerautonomie von Länder und Gemeinden – Ablehnung                                          94, 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion von Kammerzwangsbeiträgen – Ablehnung                                                  101, 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkostensenkung durch Strukturreform des Steuersystemes – Ablehnung  102, 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologisierung des Steuersystems und fairer Finanzie­rungsbeitrag der reichsten 10% – Ablehnung      105, 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend keine klimaschädliche Steuererhöhung für Pellets – Ablehnung ........................  107, 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wirtschaftskammer 2.0 – Ablehnung ..................................................................  110, 119

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (455 d.B.): Protokoll zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (504 d.B.) ...................................................... 119


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3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (394 d.B.): Protokoll zur Abänderung des am 16. Mai 2001 in Minsk unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (505 d.B.) ........................................... 119

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (442 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsa­chen samt Anhang (506 d.B.) .................................... 120

Redner/Rednerinnen:

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 120

Michael Ehmann ......................................................................................................... 120

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................ 121

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 123

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 124

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................... 126

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 127

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 127

Genehmigung der drei Staatsverträge in 504, 505 und 506 d.B. ................................. 128

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Gesetzesantrag des Bundes­rates (452 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (503 d.B.)                        129

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 129

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 129

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 130

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 132

Annahme des Gesetzentwurfes in 503 d.B. ............................................................. ... 133

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (480 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Passgesetz 1992, das Waffengesetz 1996 und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (Sicher­heitsverwaltungs-Anpassungsgesetz 2015 – SVAG 2015) (524 d.B.) ............ 157

Redner/Rednerinnen:

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................... 157

Otto Pendl ................................................................................................................... 158

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 159

Christoph Hagen ........................................................................................................ 159

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ....................................................... 162

Hermann Gahr ............................................................................................................ 163

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 164

Martina Schenk ........................................................................................................... 165

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Mehr Personal für die österreichische Sicherheit“ – Ablehnung      161, 166

Annahme des Gesetzentwurfes in 524 d.B. ................................................................ 166

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (483 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Öster-


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reich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität (525 d.B.) .................. 166

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 166

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 167

Hannes Weninger ....................................................................................................... 167

Anton Heinzl ............................................................................................................... 168

Genehmigung des Staatsvertrages in 525 d.B. ........................................................... 169

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 957/A(E) der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Dr. Peter Pilz, Christoph Hagen, Mag. Nikolaus Alm, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kol­legen betreffend illegale Überwachung durch fremde Geheimdienste (526 d.B.)                                                                                                                                                                   169

Redner/Rednerinnen:

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 169

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 170

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 171

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 172

Christoph Hagen ........................................................................................................ 173

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 174

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 175

Mag. Norbert Darabos ............................................................................................... 175

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 526 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend illegale Überwachung durch fremde Geheimdienste (E 68)                                                                  176

9. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (479 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (519 d.B.) .......................... 176

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Georg Strasser ........................................................................................... 176

Angela Lueger ............................................................................................................ 177

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 178

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 178

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 179

Bundesministerin MMag. Dr. Sophie Karmasin .................................................... 180

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 181

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 182

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 182

Annahme des Gesetzentwurfes in 519 d.B. ................................................................ 183

10. Punkt: Bericht des Familienausschusses über das Stenographische Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema „25 Jahre UN-Kinderrechtskonven­tion“ (III-123/520 d.B.) ......... 183

Redner/Rednerinnen:

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 183

Angela Lueger ............................................................................................................ 184

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 187

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 189

Rouven Ertlschweiger, MSc ..................................................................................... 190

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 191

Bundesministerin MMag. Dr. Sophie Karmasin .................................................... 193

Norbert Sieber ............................................................................................................ 196


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 7

Entschließungsantrag der Abgeordneten Angela Lueger, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen – Annahme (E 69) ...................................................................................................................  186, 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlin­gen durch die Kinder- und Jugendhilfe – Ablehnung           194, 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinderrechts­konvention – Ablehnung  195, 197

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 520 d.B. hinsichtlich III-123 d.B. ................ 197

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 219/A(E) der Ab­geordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“ (521 d.B.)   ............................................................................................................................. 197

12. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 220/A(E) der Ab­geordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaf­fung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld“ (522 d.B.) ................................................................................ 197

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 198

Angela Fichtinger ....................................................................................................... 199

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 200

Angela Lueger ............................................................................................................ 201

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 202

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 204

Carmen Schimanek ................................................................................................... 204

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 205

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kin­der und Jugendliche unter 18 Jahren“ – Ablehnung          203, 206

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 521 und 522 d.B. .............................. 206

13. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 615/A(E) der Ab­geordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Bereich der ele­mentaren Bildung (523 d.B.) ............................... 206

Redner/Rednerinnen:

Mag. Beate Meinl-ReisingerMES ............................................................................ 206

Norbert Sieber ............................................................................................................ 211

Daniela Holzinger, BA ................................................................................................ 212

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 213

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 214

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Änderung der Kompetenzlage im Be­reich des Hort- und Kindergartenwesens und ehestmögliche Verabschiedung ei­nes Bundesrahmengesetzes für elementarpädagogische Einrichtungen – Ableh­nung ............................................................................................................  208, 215


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Zertifizierungsprogramms für Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen – Ablehnung .....................................................................  210, 215

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 523 d.B. ..................................................... 215

14. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 834/A der Abgeord­neten Johann Höfinger, Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz (UFG), BGBl. Nr. 185/1993, zu­letzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2014, geändert wird (516 d.B.)                                                                                                                                                     215

Redner/Rednerinnen:

Johann Höfinger ......................................................................................................... 215

Hannes Weninger ....................................................................................................... 216

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 217

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 217

Michael Pock ............................................................................................................... 219

Bundesministerin MMag. Dr. Sophie Karmasin .................................................... 220

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 221

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 221

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 222

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................... 222

Harry Buchmayr ......................................................................................................... 223

Dietmar Keck .............................................................................................................. 224

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 225

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 225

Annahme des Gesetzentwurfes in 516 d.B. ................................................................ 226

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 50

Bürgerinitiative betreffend „HCB (Hexachlorbenzol) in Kärnten“ (Ordnungsnum­mer 67)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 50

510: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird

511: Bundesgesetz, mit dem das Öffentlicher Personennah- und Regionalver­kehrsgesetz 1999 geändert wird

Berichte ......................................................................................................................... 51

III-157: Bericht, Reihe Bund 2015/5; Rechnungshof

III-160: Tätigkeitsbericht 2013 der Bundesstelle für Sektenfragen; BM f. Familien und Jugend

Anträge der Abgeordneten

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Senkung der hohen Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen (988/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Fami­lienlastenausgleichsgesetzes (989/A)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elternkarenz für Pflegeel­tern (990/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 9

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), geändert wird (991/A)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung von Normen (992/A)(E)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der For­schungsprämie (993/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeseinheitliche Rege­lungen im Bereich Persönliche Assistenz (994/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung einer Schädi­gung durch Contergan/Thaliomid bereits ab Geburtsjahrgang 1954 (995/A)(E)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Meldung und Veröffentli­chung von Spitalsinfektionsraten (996/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stufenplan zur De-Institu­tionalisierung im Behindertenbereich (997/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauenquoten in Aufsichtsräten (998/A)(E)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Antibioti­karesistenz (999/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Budgetpfad Klimafi­nanzierung bis 2020 (1000/A)(E)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend stärkere Beachtung von Gen­derunterschieden in der medizinischen Praxis (1001/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld für Pflegeeltern (1002/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Cybermobbing, Sex­ting (1003/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gendermedizin (1004/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Genderspezifische Gesundheitsförderung (1005/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gendergesundheit und Gesundheitsbericht (1006/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1007/A)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten und Kuranstaltengesetz (KAKuG), zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 32/2014, sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, zuletzt ge­ändert durch das BGBl. I Nr. 2/2015, geändert wird (1008/A)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bahnstrecke Fried­berg–Oberwart–Ungarn (1009/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 10

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend humanitäre Hilfe an die Ukraine (1010/A)(E)

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung des Aus­landskatastrophenfonds (1011/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung geblockter Altersteilzeit (1012/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sozial- und Arbeitsrechtli­che Absicherung von Eltern im Falle von Fehl- und Totgeburten und Kindstod (1013/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Luxuspensionskürzungen unabhängig von der Entwicklung der Höchstbeitragsgrundlage (1014/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend legistische und finanzielle Verantwortung für das Beamtenpensionsrecht im Sozialministerium (1015/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend versicherungsmathema­tisch korrekte Zu- und Abschläge bei Pensionen (1016/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Reform des Systems der Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Misshandlung sowie der Disziplinarkom­mission des BMI (1017/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuausschreibung der Rechtsberatung im österreichischen Asylverfahren (1018/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Kosten­höchstsätze für Deutschkurse für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (1019/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung des natio­nalen Fremdenrechts (1020/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung landwirtschaftlicher Produktion durch Kooperation mit Gastronomie und Tourismus (1021/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Demokratisierung des Wirt­schaftskammerwahlrechts (1022/A)(E)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Streichung der steuerlichen Begünstigung für Kohleverstromung (1023/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sozial- und Arbeitsrechtliche Absicherung von Eltern im Falle eines Kindstodes (1024/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grenzen für die Arbeitszeitreduktion im Rahmen der Elternteilzeit und Prüfung der Ausweitung auf kleinere Betriebe (1025/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammen­führung familienbezogener geldwerter Leistungen (1026/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Diskri­minierung beim Erwerb und der Ausübung eines politischen Mandats“ (1027/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Brust­krebs-Früherkennungsprogramm (1028/A)(E)

Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (1029/A)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 11

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausgleichszahlungen beziehungsweise Studiengebühren für ausländische Studierende (1030/A)(E)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Kinder­schutzgesetzes (1031/A)(E)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie betreffend Rückfallquoten und Resozialisierung von Sexualstraftätern (1032/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auslegung einer Vergewaltigungsdrohung als Unmutsäußerung (4210/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Kosten und Standort der Kin­deroper (4211/J)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Green Jobs“ (4212/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend Datendiebstahl durch ausländische Geheimdienste (4213/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Datendiebstahl durch ausländische Geheimdienste (4214/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Datendiebstahl durch ausländische Geheimdienste (4215/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bagatellsteuern als allgemeines Ärgernis (4216/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Erhalt der Starhemberg-Kaserne in Wien-Favoriten (4217/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Gemalto-Hack (4218/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Motorradunfälle der letzten Jahre in der Steiermark (4219/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Motorradunfälle der letzten Jahre in der Steiermark (4220/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Zugang zum KIS-ELAK für Angehörige des Milizstandes (4221/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend mehr Kooperation mit Armeen anderer Län­der (4222/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Polizeieinsätze im Umfeld von Asylheimen in der Steiermark (4223/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Grazer Islamlehrer rechtfertigt Gewalt gegen „Ungläubige“ (4224/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 12

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Befehlsverweigerung durch muslimische Rekruten (4225/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend: Familie aus der Steiermark zog in den Jihad (4226/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend: Streit in Asylunterkunft in Lebring-St. Margarethen eskalierte (Bezirk Leibnitz) (4227/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Fahrgastrechte im Bus- und Schiffsver­kehr (4228/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unternehmensflucht dank Steuerpolitik (4229/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 auf der S 35 (4230/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 1 Raum Salzburg (4231/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 2 Raum Graz (4232/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 2 Raum Wörthersee (4233/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 7 Raum Linz (4234/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 8 Raum Wels (4235/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 9 Raum Liezen (4236/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 12 Tiroler Oberland (4237/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 12 Tiroler Un­terland (4238/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück A 14 Raum Bregenz (4239/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2014 am Teilstück S 6 Raum Steiermark (4240/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 13

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Siedlungswasserwirtschaft (4241/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend HCB-verseuchte Schulmilch (4242/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend HCB-verseuchte Schul­milch (4243/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Zugang Webshop für Milizsoldaten (4244/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend „EU-Armee“ (4245/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Wirtschaftsuniversität Wien (4246/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Akademie der bildenden Künste Wien (4247/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Donau-Universität Krems (4248/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz (4249/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Kunstuniversität Graz (4250/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Medizinischen Universität Graz (4251/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Medizinischen Universität Innsbruck (4252/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Medizinischen Universität Wien (4253/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Montanuniversität Leoben (4254/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Technischen Universität Graz (4255/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 14

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Technischen Universität Wien (4256/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität für angewandte Kunst Wien (4257/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität für Bodenkultur Wien (4258/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz (4259/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (4260/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (4261/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität Wien (4262/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität Salzburg (4263/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität Mozarteum Salzburg (4264/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität Klagenfurt (4265/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität Innsbruck (4266/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend gesperrte Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen an der Universität Graz (4267/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Griechischer Minister droht Europa mit Flüchtlin­gen“ (4268/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Griechischer Minister droht Europa mit Flüchtlingen“ (4269/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend aktueller Rechnungshofbericht zum Pen­sionsrecht der Bediensteten der ÖBB (4270/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend aktueller Rechnungshofbericht zum Pensions­recht der Bediensteten der ÖBB (4271/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 15

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Zeitgemäßer Kontaktmöglichkeiten“ (4272/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Geldüberweisungsbüros und Geldtransfer (Remittances) von Migranten“ (4273/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Ausländische Studierende in Oberöster­reich“ (4274/J)

Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Ausländische Studierende in Bur­genland“ (4275/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Ausländische Studierende in der Stei­ermark“ (4276/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Diskriminierung beim Erwerb und der Ausübung eines politi­schen Mandats“ (4277/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend „Diskriminierung beim Erwerb und der Ausübung eines politischen Mandats“ (4278/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Asylmissbrauch“ (4279/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Grazer Islam-Lehrer darf wieder unterrichten“ (4280/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Grazer Islam-Lehrer darf wieder unterrichten“ (4281/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bun­des“ (4282/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bun­des“ (4283/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4284/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4285/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4286/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4287/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bun­des“ (4288/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 16

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4289/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4290/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4291/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4292/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4293/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Ausgegliederte Einrichtungen des Bundes“ (4294/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Ausgegliederte Einrich­tungen des Bundes“ (4295/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend tatsächliche Maßnahmen der Re­gierung unter der Roma-Strategie (4296/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend LKW-Nacht-60er – Lärmschutz-Folgekosten im Fall der Ab­schaffung (4297/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Straftaten und Selbsttötungen in Haft 2014 (4298/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Umgang mit dschihadistischen Inhaftierten im Strafvollzug (4299/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Anzahl an Überwachungsmaßnahmen nach dem SPG (4300/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Überholverbot von Bussen in zweiröhrigen Tun­nels“ (4301/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen“ (4302/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Kosten für die Asylwerberunterbringung“ (4303/J)

Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend „Statistische Daten zu Wohnungseinbrüchen im Burgenland“ (4304/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Statistische Daten zu Wohnungseinbrüchen in der Steiermark“ (4305/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Maturareisen-Anbieter an Österreichs Schulen“ (4306/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 17

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Berater Dirk Notheis (4307/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Bestellung von Wolfgang Hartmann in den Aufsichtsrat der Hypo Alpe Adria (4308/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Handel mit Anleihen der Hypo Alpe Adria beziehungsweise Heta Asset Resolution (4309/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beratertätigkeiten bei der Hypo Alpe Adria (4310/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Budget der Landespolizeidirektion Stei­ermark“ (4311/J)

Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Budget der Landespolizeidirek­tion Burgenland“ (4312/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Personalstand der Polizei in Vorarlberg“ (4313/J)

Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Personalstand der Polizei im Burgenland“ (4314/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Personalstand der Polizei in der Steier­mark“ (4315/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Verschleppung und Demontage des Energieeffizienzgesetzes (4316/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Dublin III Verfahren (4317/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend wertschätzender und lebensnaher Umgang mit Mehrsprachigkeit statt Sprachverbote (4318/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Aufhebung des Aufnahmestopps in der Bundesbetreuungsstelle Ost (Trais­kirchen) (4319/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schubhaft bei Dublin III-Verfahren (4320/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamt_innen in Fällen eines Vorwurfes von beziehungsweise einer Verurteilung wegen Misshandlung (4321/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend das System der Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Misshandlungen (4322/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 18

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend das System der Untersuchung von Vorwürfen polizeilicher Misshandlungen (4323/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgeset­zen und von Verordnungen (4324/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundes­gesetzen und von Verordnungen (4325/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4326/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4327/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesge­setzen und von Verordnungen (4328/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4329/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4330/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4331/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4332/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Ver­ordnungen (4333/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4334/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Ver­ordnungen (4335/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundesgesetzen und von Verordnungen (4336/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Begutachtung der Entwürfe von Bundes­gesetzen und von Verordnungen (4337/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Paramedics-Masterstudium an der FH St. Pölten (4338/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 19

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend „Höhe der Förderungen aus Mitteln des BMASK“ (4339/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Hubschrauberbergungen durch Polizei“ (4340/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Verwendung der Mittel aus dem Sicherheitspaket“ (4341/J)

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Wirtschaftsstandort Österreich: Verwal­tungsverbesserungen“ (4342/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Entschuldungsinitiativen der Republik Österreich“ (4343/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beiträge Österreichs an Internationale Finanzinstitutionen (4344/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Berichte und Weisungen 2014 (4345/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzungsstand Klimaschutzmaßnahmen nach dem Kli­maschutzgesetz (4346/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Pauschalsätze zur Abdeckung der Kosten der Wirtschaftsführung bei gemeinnützigen Bauvereinigungen (4347/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die fragliche Rechtmäßigkeit der Bezüge des Vorstandes der Sozialbau AG (4348/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die Schaffung zusätzlicher Rechtssicher­heit und Mängelbehebung im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (4349/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend strafbare Handlungen in AMS-Kursen (4350/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Justiz betreffend Abänderung des Textes der Bundeshymne (4351/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Verhandlungsstand zu Standorten für Kinderrehabilita­tions-Zentren (4352/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze im Umfeld der Wiener U-Bahnstation Josef­städter Straße (4353/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Fortbestand der Sammlung alter Musik­instrumente (4354/J)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ermittlung des Einkommens von Sportlerinnen und Sportlern (4355/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 20

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kinderrechte-Monitoring in Österreich (4356/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung in Österreich (4357/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung in Ös­terreich (4358/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung in Österreich (4359/J)

Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Lies! Stiftung-Österreich“ (4360/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend „Abgabenrückstände & Finanzstrafverfahren: Nachsichten und au­ßergerichtlicher Ausgleiche (2012-2014)“ (4361/J)

Wolfgang Knes, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend die Vorkommnisse rund um den Seeimmobiliendeal im Jahr 2007 und das be­treffende Geständnis der aktuellen Niederösterreichischen Landesrätin Elisabeth Kauf­mann-Bruckberger (4362/J)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Entrepreneurship Education – Zukünftige Unternehmer_innen aus­bilden (4363/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit in Österreich (4364/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend mangelhaftes Schulverwaltungsprogramm „SOKRATES“ (4365/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend unzumutbare Unterbringung von Schülern in der Jugendherber­ge Wien 6, Hirschengasse 24 (4366/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales
und Konsumentenschutz betreffend Verhandlungsstand bezüglich Überarbeitung EU-VO 261/2004 (4367/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Burgenland 2014 (4368/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Kärnten 2014 (4369/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Niederöster­reich 2014 (4370/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 21

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Oberöster­reich 2014 (4371/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Salzburg 2014 (4372/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Steiermark 2014 (4373/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Tirol 2014 (4374/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Vorarlberg 2014 (4375/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Vorarlberg 2013 (4376/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die in Grundversorgung befindlichen Fremden im Bundesland Wien 2014 (4377/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend mangelhafte Informationsübermittlung der ÖBB an die SCHIG mbh (4378/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend mögliche Reparationszahlungen Österreichs an Griechenland (4379/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Zukunft der Von-der-Groeben-Kaserne in Feldbach (4380/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Druckschriftenabonnements im Bundesministerium für Lan­desverteidigung und Sport (4381/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Steuerreform und ihre Auswirkungen auf Konsumenten (4382/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen zu Einnahmen durch verstärkte Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuervermeidung (4383/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Website Justizmafia Klagenfurt (4384/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend mögliche Einsparungen aufgrund der Steuerreform (4385/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend mögliche Einsparungen aufgrund der Steuerreform (4386/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nachhaltigkeitszertifikate für Wein­bauern (4387/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 22

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend zusätzlichen Finanzierungsbedarf für die angestrebte „Freizügigkeit von Forscherinnen und -forschern“ im „Forschungsraum Europa“ (4388/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Empfehlungen der Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ (4389/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Empfehlungen der Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ (4390/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend e-card-Verlust (4391/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3318/AB zu 3762/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen (3319/AB zu 3479/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen (3320/AB zu 3481/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dorothea Schit­tenhelm, Kolleginnen und Kollegen (3321/AB zu 3490/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsber­ger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (3322/AB zu 3482/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (3323/AB zu 3485/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (3324/AB zu 3548/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen (3325/AB zu 3496/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen (3326/AB zu 3495/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3327/AB zu 3538/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (3328/AB zu 3491/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsber­ger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (3329/AB zu 3484/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (3330/AB zu 3486/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen (3331/AB zu 3488/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen (3332/AB zu 3489/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3333/AB zu 3497/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kuna­sek, Kolleginnen und Kollegen (3334/AB zu 3528/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3335/AB zu 3537/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (3336/AB zu 3500/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3337/AB zu 3508/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Schi­manek, Kolleginnen und Kollegen (3338/AB zu 3502/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (3339/AB zu 3545/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3340/AB zu 3519/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (3341/AB zu 3520/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Ulri­ke Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (3342/AB zu 3483/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3343/AB zu 3535/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (3344/AB zu 3517/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (3345/AB zu 3547/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (3346/AB zu 3480/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3347/AB zu 3503/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Da­niela Holzinger, BA, Kolleginnen und Kollegen (3348/AB zu 3487/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3349/AB zu 3494/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Ma­rio Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3350/AB zu 3530/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3351/AB zu 3506/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 24

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3352/AB zu 3504/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3353/AB zu 3532/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3354/AB zu 3529/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Be­lakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (3355/AB zu 3544/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wen­delin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (3356/AB zu 3540/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (3357/AB zu 3521/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3358/AB zu 3507/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3359/AB zu 3505/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3360/AB zu 3533/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (3361/AB zu 3551/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (3362/AB zu 3510/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kol­leginnen und Kollegen (3363/AB zu 3526/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3364/AB zu 3534/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen (3365/AB zu 3498/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Hai­der, Kolleginnen und Kollegen (3366/AB zu 3509/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3367/AB zu 3518/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (3368/AB zu 3522/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (3369/AB zu 3501/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3370/AB zu 3512/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3371/AB zu 3536/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3372/AB zu 3527/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3373/AB zu 3513/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Schima­nek, Kolleginnen und Kollegen (3374/AB zu 3539/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3375/AB zu 3542/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (3376/AB zu 3549/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ni­kolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (3377/AB zu 3550/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (3378/AB zu 3541/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3379/AB zu 3524/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3380/AB zu 3514/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3381/AB zu 3499/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3382/AB zu 3523/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (3383/AB zu 3515/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (3384/AB zu 3516/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3385/AB zu 3531/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (3386/AB zu 3546/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (3387/AB zu 3661/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 26

09.06.07Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsi­dent Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich eröffne die 64. Sitzung des Nationalrates.

09.06.21Gedenkworte für die Opfer eines Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle sind zutiefst erschüttert über den schrecklichen Flugzeugabsturz, der 150 Menschen das Le­ben gekostet hat. Unser tiefes Mitgefühl gehört den Familien und den Angehörigen der Todesopfer, und ich ersuche Sie, sich im Gedenken an diese Menschen eine Minute von den Sitzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen und ver­harren einige Zeit in stillem Gedenken.) – Danke vielmals. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

*****

Das Amtliche Protokoll der 63. Sitzung vom 18. März 2015 ist in der Parlamentsdirek­tion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Greiner, Lipitsch, Doppler, Zanger, Dr. Nachbaur, Mag. Vavrik und Dr. Zinggl.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter wird durch die Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin,

der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter wird durch die Bundesminis­terin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner und

der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz wird durch den Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.08.27Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Gemeinsam gegen den Terror“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Amon. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 27

9.08.48

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Frau Prä­sidentin hat zu Recht unser Mitgefühl für die schrecklichen Ereignisse in den franzö­sischen Alpen eingefordert. Ich möchte mich dem natürlich anschließen, möchte aber auch Ihr Mitgefühl für die Opfer und die Angehörigen der Opfer der unglaublichen Ent­führung beziehungsweise der Tötung von etwa 500 Frauen und Kindern, die gestern in Damasak in Nigeria von der Terrormiliz Boko Haram begangen wurden, einfordern – ein weiterer Akt unmenschlicher Grausamkeit, der im Namen der Terrororganisation Is­lamischer Staat verübt worden ist und der unseren Widerstand erfordert, meine Damen und Herren. (Allgemeiner Beifall.)

Dieser Terror der Terrororganisation Islamischer Staat ist mittlerweile allgegenwärtig. Den­ken Sie an die Vorfälle, die eben in Nigeria stattgefunden haben – das ist nicht das ers­te derartige Ereignis. Denken Sie an den grausamen Anschlag in Tunesien im Bardo-Museum, bei dem 21 Menschen den Tod gefunden haben. Denken Sie an den Überfall auf ein libysches Ölfeld, bei dem unter anderem ein Österreicher als Geisel genommen wurde, oder an die grauenhaften Anschläge in Paris gegen die freie Meinungsäuße­rung und gegen jüdische Einrichtungen.

Wir erleben barbarische Enthauptungen und versuchte Gebietsausweitungen, die mit der Absicht geschehen, eine Form von realem Staatsgebiet zu etablieren. Die unglaubli­chen Taten dieser fanatischen, dieser wahnsinnigen Terrororganisation, deren unbe­gründeter Hass und unverständliche Vorgangsweisen sich zuallererst gegen Muslime und gegen unser freiheitliches, demokratisches und pluralistisches System richten, ge­gen den liberalen Rechtsstaat, gegen unsere offenen Gesellschaften und gegen die allgemeinen Menschenrechte, erfordern eine solidarische Haltung der Staatengemein­schaft und erfordern solidarisches Handeln, meine Damen und Herren.

Dies kann auch keine Frage – ich sage das in aller Deutlichkeit – der Neutralität sein, denn zwischen Kriminellen und Opfern kann es in rechtsstaatlicher Hinsicht keine Neu­tralität geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die enge Kooperation – Frau Bundesministerin Mikl-Leitner, da bin ich Ihnen und allen anderen Regierungsmitgliedern, die sich intensivst darum bemühen, dankbar – unter den EU-Mitgliedstaaten und im Übrigen der gesamten freien Welt und aller Wohlmei­nenden, um es vorsichtig zu formulieren, ist mehr als geboten und notwendig.

Wir haben neben der Kooperation auf internationaler Ebene auch in unserem Land ei­ne Fülle von Maßnahmen gesetzt, die, so glaube ich, mehr als geboten waren.

Ich denke an die große Polizeiaktion im November, die sowohl notwendig als auch zeit­lich exzellent gesetzt war und bei der mehr als 1 000 Beamte und Beamtinnen im Ein­satz waren.

Ich denke an all die gesetzlichen Maßnahmen, die wir gemeinsam beschlossen ha­ben – Terror-Symbole-Gesetz, Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht und Grenz­kontrollgesetz. Jede Maßnahme für sich ist natürlich nur ein Mosaikstein im Kampf ge­gen diesen Wahnsinn, aber es sind wichtige Mosaiksteine, um dagegen vorzugehen.

Ich denke an die intensiven Vorbereitungen und den offenen Diskussionsprozess. Auch dafür möchte ich Ihnen, Frau Bundesministerin, sehr danken, nämlich für diesen offenen Diskussionsprozess zum neuen Staatsschutzgesetz, wo sich alle Sicherheits­sprecher der im Parlament vertretenen Parteien intensiv in die Debatte einbringen, wo wir uns gemeinsam entsprechende Maßnahmen in anderen Ländern angesehen ha­ben, wo wir aber auch öffentlich zu einer Diskussion darüber eingeladen haben. Der Staatsschutz soll sich ja für seine eigenen Bürger einsetzen, und daher ist alles zu tun, um Misstrauen gegen den Staatsschutz zu verhindern. Diese Maßnahmen, wie Sie sie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 28

gesetzt haben, und dieses Prozedere, Frau Bundesministerin, sind richtig und wichtig, damit wir das Vertrauen in den eigenen Staatsschutz stärken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich denke außerdem an die enge Kooperation zwischen dem Bundesministerium für In­neres und dem Bundesministerium für Landesverteidigung, die ich für außerordentlich wichtig halte – gerade in der augenblicklichen Phase –, betreffend polizeiliche Sonder­lagen. In diesem Rahmen wird, so glaube ich, in sehr richtiger Art und Weise festgehal­ten, dass im Wege der Assistenz militärisches Gerät, das die Polizei nicht oder noch nicht zur Verfügung hat, vonseiten des Landesverteidigungsressorts selbstverständlich zur Verfügung gestellt wird, um in entsprechenden Krisensituationen rasch und im In­teresse der Bürgerinnen und Bürger agieren zu können.

Im Übrigen möchte ich mich, meine Damen und Herren, auch besonders herzlich – ge­rade in diesen Tagen – bei unseren Polizistinnen und Polizisten bedanken, die in jeder Stunde für unsere freiheitlichen und demokratischen Prinzipien den Kopf hinhalten, im wahrsten Sinne des Wortes. (Allgemeiner Beifall.)

Ihnen gebührt unser Respekt, ihnen gebührt unser Dank, ihnen gebührt unsere Aner­kennung. Es ist nicht selbstverständlich, sich täglich hinzustellen und für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, meine Damen und Herren.

Ich sage das gerade auch angesichts einer Debatte, die ein wenig im letzten Innenaus­schuss begonnen hat und die ein wenig auch in den Medien ihre Fortsetzung findet, im Rahmen derer der Polizei da und dort Übergriffe vorgeworfen werden, etwa auf der Basis von Videos, die verbreitet worden sind. Ich warne sehr davor, aufgrund von kur­zen Sequenzen, die in manchen Videos zu sehen sind, in denen man weder einen Ton hört noch eine Vorgeschichte sieht, ein Urteil zu fällen. (Abg. Kickl: Das sind eh immer die gleichen!)

Es gilt selbstverständlich auch für jeden Polizisten und jede Polizistin in jedem Ver­dachtsfall zunächst einmal die Unschuldsvermutung. Es ist schwer, anhand solcher Bil­der zu beurteilen, ob Recht oder Unrecht geschehen ist. Bei über 40 000 Festnahmen, die wir im Jahr haben, soll man keinen Stab über Polizistinnen und Polizisten brechen, sondern es ist Aufgabe der unabhängigen Justiz, derartige Entscheidungen zu treffen. Verhältnismäßigkeit muss geboten sein, Gewalteinsatz gilt immer nach dem Grundsatz der Ultima Ratio, aber zuallererst haben Polizistinnen und Polizisten unsere Solidarität verdient, und die möchte ich heute auch sehr bewusst einfordern. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Team Stronach.)

Im Übrigen gibt es ja alljährlich diesen Vertrauensindex, der erhoben wird. Es ist ei­gentlich erfreulich, dass sich unsere Feuerwehren und unsere Polizei da immer einen Wettstreit um die Spitzenplätze im Vertrauen der Bevölkerung liefern. Um diese Spit­zenplätze sollten wir uns, meine Damen und Herren, auch bemühen, wir sind nämlich bedauerlicherweise weit davon entfernt. Zeigen wir also nicht auf andere, wenn wir sel­ber dieses Vertrauen noch nicht erreicht haben! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.19


Präsidentin Doris Bures: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Mag. Mikl-Leitner zu Wort gemeldet. Frau Ministerin, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Ihre Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte.

 


9.19.20

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzte Damen und Herren des Parlaments! Geschätzte Damen und Her­ren auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmen! Ich halte es für wichtig, dass wir heute diese Aktuelle Stunde dazu nutzen, ein wichtiges Thema zu diskutieren – ein


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Thema, das für uns seitens des Innenressorts, seitens des Staatsschutzes eine ganz große Herausforderung darstellt, nämlich der Kampf gegen den Extremismus und der Kampf gegen Terroristen.

Werner Amon hat es bereits betont: Die Bedrohungslage ist ernst, die Bedrohungslage ist besorgniserregend.

Die Anschläge in den letzten Wochen und die Geschehnisse in den vergangenen Ta­gen haben uns gezeigt, dass niemand von uns der Bevölkerung hundertprozentige Si­cherheit garantieren kann. Wenn wir in unsere Nachbarländer schauen, in Richtung Westbalkan, dann wissen wir, dass die Westbalkanstaaten vor ähnlichen Herausforde­rungen wie Österreich stehen. Daher haben Außenminister Sebastian Kurz und ich die Innen- und Außenminister der Westbalkanstaaten und der benachbarten EU-Länder zu einer gemeinsamen Konferenz eingeladen, bei der der Kampf gegen die Terroristen im Mittelpunkt stand.

Warum haben wir das gemacht? – Ich möchte das auf drei Gründe zurückführen. Zum Ersten ist die Gefahr, die von den Dschihadisten ausgeht, nicht nur eine Angelegenheit der inneren Sicherheit, sondern auch eine Angelegenheit der äußeren Sicherheit. Zum Zweiten wissen wir, dass es Verbindungen zwischen den Extremisten in den Westbal­kanländern und den Extremisten hier in der Europäischen Union, auch bei uns in Ös­terreich, gibt. Vor allem die Balkanroute, auf der sich die Dschihadisten bewegen, stellt eine ganz große Herausforderung dar. Zum Dritten wissen wir, dass es gesellschaftli­che Probleme – sei es aus wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Gründen – gibt und dass derartige Probleme immer wieder einen guten Nährboden für Radikalisierung darstellen.

Wie wichtig dieses Thema auch auf europäischer Ebene ist, wurde bei dieser Balkan­konferenz durch die Anwesenheit des EU-Antiterrorbeauftragten de Kerchove und des EU-Kommissars Avromopoulos unterstrichen, die beide ihren Standpunkt und die Vor­gangsweise der Europäischen Union dargelegt und mit den Vertretern der Westbal­kanstaaten diskutiert haben. Sie betonten vor allem, wie wichtig es ist, dass in diesem Bereich die Westbalkanstaaten aufs Engste mit der Europäischen Union zusammenar­beiten.

Wir in Österreich nehmen die Bedrohungen, die von den Terroristen ausgehen, schon sehr lange ernst und haben in den letzten Jahren immer wieder diesbezügliche Maß­nahmen gesetzt. Hier im Parlament wurden im Dezember letzten Jahres einige Ver­schärfungen der Gesetze vorgenommen, darunter die Novellierung des Staatsbürger­schaftsgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes und des Symbole-Gesetzes, welches das Tragen von und Werben mit IS-Symbolen oder sonstigen Terrorsymbolen verbietet.

Was haben uns die Anschläge, im Speziellen der Anschlag in Paris, gezeigt? – Dieser Anschlag macht deutlich, dass wir es mit einem neuen Typ von Täter zu tun haben. Es sind Täter, die Kriegswaffen verwenden, Täter, die gut ausgebildet und vernetzt sind und das Internet massiv zur Radikalisierung und zur Verbreitung von terroristischen In­halten nutzen. Dabei ist es natürlich wichtig, dass Polizei und Staatsschutz nicht hinter­herhinken, sondern bestmöglich ausgestattet sind.

Um den Gefahren begegnen zu können, haben wir ein eigenes Sicherheitspaket auf den Weg gebracht, bei dem es uns darum geht, sowohl logistisch als auch personell und technisch auf dem modernsten Stand zu sein. Wie Sie wissen, haben wir bereits im Herbst begonnen, unseren Staatsschutz personell aufzustocken, und wollen dies auch in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzen.

Selbstverständlich ist uns neben der Repression auch der gesamte Bereich der Prä­vention wichtig. Die Strategie darf nicht nur eindimensional sein, im Kampf gegen den Terrorismus muss sie umfassend sein. Wir müssen uns voll und ganz dessen bewusst


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sein, dass wir eine gesellschaftspolitische Aufgabe vor uns haben. Deswegen ist es für uns seitens des Innenresorts selbstverständlich und notwendig, dass wir mit anderen Ressorts wie dem Familienministerium, dem Sozialministerium, dem Unterrichtsminis­terium und dem Außenministerium kooperieren.

Was heißt das jetzt im Konkreten? – Das heißt im Konkreten, dass unsere Präven­tionsbeamten auch in Zukunft bei der Lehrerausbildung eine entscheidende Rolle spielen werden, wo es vor allem darum geht, die Lehrerinnen und Lehrer in den Fra­gen, wo Radikalisierung beginnt, wie man Radikalisierung erkennt und was man dage­gen tun kann, zu sensibilisieren. Es geht uns um eine gute Zusammenarbeit mit dem Unterrichtsministerium und mit den Lehrerinnen und Lehrern, die da ganz wichtige Be­zugspersonen darstellen.

Wichtig ist uns natürlich auch die Zusammenarbeit mit den Anbietern digitaler Medien, wie Google und YouTube, weil wir wissen, dass terroristische Inhalte verstärkt im Internet zu finden sind. Uns ist es einfach wichtig, derartige Inhalte so schnell wie möglich vom Netz zu nehmen. Deswegen wurde die Möglichkeit geschaffen, dass jene, die terroristi­sche Inhalte entdecken, sie uns sofort unter der Mailadresse stopextremists@bmi.gv.at melden und den Videolink an uns schicken, wobei wir im Anschluss sofort mit Google und YouTube in Kontakt treten. Diese Videolinks und der Inhalt des Videos werden ge­prüft und so schnell wie möglich vom Netz genommen. Das heißt, jede und jeder kann so einen Beitrag gegen Radikalisierung leisten. Und ich bitte hier auch darum, dass alle sehr sorgsam sind und uns solche Informationen so schnell wie möglich zukom­men lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben bereits vor den Anschlägen in Pa­ris darauf hingewiesen, dass wir akuten Handlungsbedarf im Bereich des Staatsschut­zes haben, dass wir ein Staatsschutzgesetz neu brauchen, weil wir es mit Phänome­nen wie Cyberkriminalität, Spionage oder Terrorismus und Extremismus zu tun haben.

Daher kommt es auch nicht von ungefähr, dass wir bereits in unserem Regierungs­übereinkommen ein Staatsschutzgesetz neu definiert und die Diskussion darüber, wie der neue Staatsschutz aussehen soll, bereits im April letzten Jahres begonnen haben. Wir haben dabei eine ganz zentrale Frage vorangestellt, nämlich: Was erwartet sich die Bevölkerung von ihrem Staatsschutz? Von Anfang an waren auch Sie Abgeordne­te, allen voran die Sicherheitssprecher, zu einer umfassenden und intensiven Diskus­sion eingeladen.

Wir haben uns auch im Ausland angeschaut, wie dort der Staatsschutz aufgestellt ist und wie dort die Kontrolle durch den Staatsschutz funktioniert, um die Erfahrungen aus dem Ausland in das Staatsschutzgesetz neu einbauen und integrieren zu können.

Wie soll das Staatsschutzgesetz neu ausschauen? – Nur ein ganz kurzer Anriss.

Wie schaut es im organisatorischen Bereich aus? – Uns ist es natürlich wichtig, ganz klar zu definieren, wofür der Staatsschutz steht und wie er organisiert ist. Da ist es vor allem wichtig, dass der Staatsschutz auch weiterhin Sicherheitsbehörde bleibt und nicht zu einem Geheimdienst wird.

Uns ist es auch wichtig, dass wir die Befugnisse der Beamten des BVT einschränken. Warum? – Weil derzeit alle Polizistinnen und Polizisten die gleichen Befugnisse haben, egal, ob jemand Verkehrspolizist oder Beamter im Staatsschutz ist. Da braucht es ein­fach eine neue Definition. Wir wollen die sensiblen Befugnisse auf eine kleine Gruppe im Staatsschutz, die die Verantwortung trägt, einschränken.

Zu den Aufgaben: Es geht uns um die Abwehr von verfassungsgefährdenden Angrif­fen, wobei wir die Aufgaben taxativ im Gesetz aufzählen werden.

Von den Aufgaben hin zur Befugnis: Selbstverständlich braucht es abgestimmte Be­fugnisse. Das heißt, je größer die Gefahr, umso größer müssen auch die Befugnisse


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im Bereich der Ermittlung sein. Was ändert sich oder was soll sich ändern? – Wir wol­len nach dem Vorbild der Strafprozessordnung private Vertrauenspersonen einsetzen können, um gezielt Informationen einzuholen. Es soll außerdem – wie im kriminalpoli­zeilichen Bereich – auch im Staatsschutz möglich sein, Kennzeichenerfassungssyste­me einzusetzen.

Es geht um ganz wichtige Befugnisse, die da Anwendung finden sollen und die erst mit dem Okay des Rechtsschutzbeauftragten eingesetzt werden. Sie wissen, dass sich das Instrumentarium des Rechtsschutzbeauftragten in den letzten Jahren besonders bewährt hat – vor allem für die Betroffenen, bei denen Maßnahmen gesetzt werden, und auch für die Bevölkerung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst.

Sie sehen also, es war eine umfassende Diskussion, die wir in den letzten Monaten ge­führt haben, die wir auch in den nächsten Tagen und Wochen führen werden. Ich hoffe, dass wir in einigen Tagen mit diesem Gesetzentwurf in die Begutachtung gehen kön­nen, damit es zu einem konsensualen Beschluss kommen kann, denn wir sind uns der Sensibilität sehr bewusst, dass es einer Balance zwischen Freiheit und Sicherheit be­darf, die wir schaffen müssen.

In diesem Sinne darf ich heute die Gelegenheit nutzen, Ihnen als Abgeordnete und vor allem den Sicherheitssprechern aller politischen Parteien hier in diesem Parlament für die wirklich konstruktive Zusammenarbeit und Diskussion in den letzten Monaten Dan­ke zu sagen, und hoffe, dass wir ein neues Staatsschutzgesetz im Konsens aller poli­tischen Parteien schaffen. Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.31


Präsidentin Doris Bures: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller wei­teren Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht überschreiten darf.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


9.31.40

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Das ist ein sehr ernstes Thema, nicht nur bei uns in Öster­reich, sondern auch im restlichen Europa und auf der internationalen Ebene. Ich möch­te mich gleich zu Beginn den Worten der Frau Bundesministerin anschließen und mich bei den Sicherheitssprechern sehr herzlich bedanken. Seit Wochen versuchen wir, die­ses Thema sachlich und unaufgeregt entsprechend dem Ernst der Lage zu bearbeiten. Ich wünsche mir, meine geschätzten Damen und Herren, dass wir dieses schwierige Thema, bei dem es um die Demokratien der zivilisierten Länder, um die offenen Ge­sellschaften geht, genau in dieser konstruktiven, sachlichen Form, mit dem notwendi­gen Ernst und ohne Polemik über die Runden bringen.

Ich glaube, nicht nur der Staat, sondern die Bürgerinnen und Bürger haben sich dies ganz einfach verdient und erwarten es von uns.

Lassen Sie mich einige Punkte ansprechen, die mir persönlich sehr wichtig sind. Nie­mand von uns hätte vor geraumer Zeit damit gerechnet, dass wir heute, im 21. Jahr­hundert, über Vorfälle diskutieren, die man eigentlich Jahrhunderte zurück angesiedelt hätte. Diese Themen werden uns frei Haus über die internationale Berichterstattung in unsere Wohnzimmer geliefert. Ich glaube, dass die Staatengemeinschaft als Ganzes und alle nationalen Staaten aufgefordert sind, im Interesse der freien Welt, der offenen Gesellschaften, der Demokratie, ganz einfach Flagge zu zeigen.

Ich denke, der wichtigste Teil aus nationaler Sicht ist, dass wir versuchen, den jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Gute Bildungspolitik, Sozialpolitik und Arbeits-


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marktpolitik bewirken, dass man sie nicht so leicht, wie es derzeit geht, für solche un­menschlichen Aktionen begeistern kann, und wir alle verstehen nicht, dass es in den westeuropäischen Ländern junge Menschen gibt, die angeworben werden können, um bei diesen Gräueltaten mitzumachen.

Nur, diese präventiven Maßnahmen, auch wenn sie sofort gesetzt werden müssen, grei­fen nicht sofort. Daher haben wir natürlich die Aufgabe, sowohl legistische Maßnahmen zu setzen, als auch organisatorische, rein verwaltungsmäßige Aufgaben umzusetzen.

Lassen Sie mich nur einige Punkte ansprechen! – Bei den Regierungsverhandlungen haben wir uns sofort dahin gehend verständigt, dass wir gesagt haben, wir wollen das sogenannte BVT durch ein eigenes Gesetz ganz einfach den heutigen Zeiten entspre­chend ausrichten.

Ich meine – und das ist ja auch schon von meinen beiden Vorrednern angesprochen worden –, Staatsschutz hat eindeutig eine große innenpolitische, aber natürlich auch eine außenpolitische Komponente. Ich glaube, in Zeiten wie diesen ist es nicht nur aus ökonomischer Sicht, sondern auch aus der Ablauforganisation heraus unbedingt notwen­dig, dass die beiden betroffenen Ministerien, einschließlich ihrer Spezialistinnen und Spe­zialisten, auf das Engste zusammenarbeiten, um sowohl, was die innere Sicherheit, also die Polizei betrifft, als auch, was die äußere Sicherheit, also das Militär betrifft, je­derzeit im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger die notwendige Umsetzungskom­petenz an den Tag zu legen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Folgendes anmerken – und ich habe mich gefreut, Kollege Amon, dass du das auch gleich gesagt hast –: Unsere Kollegen und Kollegin­nen – und ich sage jetzt absichtlich: beider Ressorts – leisten hervorragende Arbeit. Nur zu oft wird aber der eine oder andere Fall dazu benutzt, die Polizei – meistens geht es dabei um die Polizei – in ein Licht zu rücken, das sie nicht verdient hat. Ich habe oft genug dazu eingeladen: Geht einmal mit und schaut euch den schwierigen Dienst an! Und da rede ich jetzt noch gar nicht von Terroristen, sondern nur von dem, was oft bei Großveranstaltungen passiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass die Bundesregierung in der letzten, aber auch in dieser GP sehr gute Schritte gesetzt hat, und zwar mit der Auf­stockung des Personals, in dem Wissen, dass wir für den Staatsschutz, was die Polizei betrifft, ein neues Gesetz brauchen, in dem Wissen, dass wir dieses Thema mit exe­kutiven Kräften allein nicht erfolgreich bearbeiten können. Wir werden die Technik ver­mehrt nutzen müssen, wir werden die Wissenschaft brauchen, wir werden auch Leute mit Migrationshintergrund aus jenen Regionen brauchen, aus denen diese Fragen auf nationaler Ebene zu uns hereinschwingen. Ich meine, dass die Bundesregierung – aber ich darf das jetzt auch für die Sicherheitssprecher sagen – diese Diskussion in den letzten Wochen auf eine sehr gute Schiene gebracht hat. Ich erwarte mir, dass wir die notwendigen Gesetzesbeschlüsse in der nächsten Zeit, nach der Begutachtung, so rasch wie möglich umsetzen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stein­acker. – Bitte.

 


9.37.20

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbür­ger! „I have seen war. I hate war.“ – Das ist das, was Franklin D. Roosevelt gesagt hat. Es gibt Menschen, die wollen einfach nicht erkennen, dass sie einen Krieg gegen die freie Welt und gegen unbekannt führen. Sie wollen in einen Krieg des Terrorismus zie-


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hen, ohne überhaupt zu wissen, was Krieg ist, und ohne jemals Krieg gesehen zu ha­ben. Selbst junge Österreicherinnen und Österreicher sind in terroristischen Netzwer­ken gefangen, und sie werden von fundamentalistischen Kräften beeinflusst. Sie wer­den als Werkzeug des Todes und der Gewalt eingesetzt. Unsere jungen Mitbürger sind Werkzeug des Todes und der Gewalt, und das müssen wir mit allen Mitteln stoppen!

Die österreichischen Sicherheitsbehörden leisten großartige Arbeit, und sie beobach­ten genau. Ihnen ist es zu verdanken, dass Dschihadisten gefasst werden, Propagan­damaterial beschlagnahmt wird und Rekrutierungsbestrebungen hintangehalten wer­den. Das sind Erfolge der Polizei, die ganz klar zeigen: Kein Terrorist darf sich in Ös­terreich sicher fühlen, kein Terrorist hat hier Platz.

Ich möchte mich dem Dank von Werner Amon an die Polizistinnen und Polizisten an­schließen: Das ist eine großartige Leistung, genauso wie natürlich auch die Leistung unseres Verfassungsschutzes.

Terroristen bekämpfen den Rechtsstaat. Bei uns bekommen sie aber selbst auch ein rechtsstaatliches Verfahren. Wir bekämpfen Terrorismus mit rechtsstaatlichen Mitteln. Wir haben im Nationalrat vor Kurzem ein Antiterrorpaket beschlossen: das Symbole-Gesetz, Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz und Verschärfungen des Grenz­kontrollgesetzes – wichtige Bestandteile, um den eingeschlagenen Weg im Kampf ge­gen den Terrorismus zu stärken.

Wir stärken die Befugnis der Polizei, Minderjährige werden bei Verdacht, dass sie im Ausland an Kampfhandlungen teilnehmen oder diese unterstützen möchten, beim Ver­lassen des Staatsgebiets aufgehalten, und sofort werden ihre Eltern verständigt. Da geht es um den Schutz unserer Kinder, das möchte ich besonders betonen. Ich darf an dieser Stelle die 4. Klasse des Stiftsgymnasiums Melk auf der Besuchergalerie begrü­ßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Wir hoffen, dass ihr heute bei dieser Diskussion gut zuhört, aber auch versteht, worum es geht, denn ihr müsst das verstehen.

Die Verwendung von Terrorsymbolen wurde verboten. Dieses Verbot soll verhindern, dass der Aufruf, die Verherrlichung und die Unterstützung von Gewalt durch diese Sym­bole unterstützt werden. Das steht im klaren Widerspruch zur demokratischen Gesell­schaft und zum Gedanken der Völkerverständigung. Es muss immer heißen, und da gibt es kein Wenn und Aber: null Toleranz gegenüber dem Dschihadismus!

Die Novelle zum Strafgesetz sieht die Präzisierung des Verhetzungstatbestandes vor. Die Verhetzung wird neu definiert, sie wird strenger geahndet, und es ist nicht mehr nur das Auffordern zur Gewalttätigkeit, sondern bereits zukünftig – wenn wir es so be­schließen – das Aufstacheln von Hass mit bis zu zwei Jahren Haft strafbar. Was im Tatbestandsmerkmal noch dazukommt: Es reicht zukünftig, wenn ein Kreis von 30 Per­sonen angesprochen wird, und es müssen nicht mehr so wie früher 150 Personen sein.

Frau Bundesministerin Mikl-Leitner, ich bin dir und Außenminister Kurz unendlich dank­bar, sowie auch unserem Vizekanzler und Bundesminister Brandstetter, für das, was ihr gemeinsam leistet, für euren Mut im Kampf gegen den Terrorismus, der immer auch ein ganz persönliches Dagegen-Ankämpfen ist, und für euren ganz persönlichen Ein­satz. Die Sicherheitsoffensive der Bundesregierung – Frau Bundesministerin, du hast es vorhin angesprochen – ist in diesem Kampf ein ganz wesentlicher Schritt gewesen, damit unsere gegen Terrorismus kämpfenden Menschen entsprechend gut ausgestat­tet sind.

Terror kennt keine Grenzen, Staatsgrenzen sind ihm egal, die Anti-Terror-Konferenz letzte Woche in Wien war ein wesentlicher Beitrag für den Schulterschluss und die Ver­ständigung aller Innen- und Außenminister der EU-Länder und des Westbalkans. Nicht zuschauen, sondern Handeln, lautet unsere Devise. Ich begrüße ausdrücklich die gest-


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rige Verabschiedung der Teilstrategie Innere Sicherheit. Sie zeigt, dass wir den richti­gen Weg eingeschlagen haben, und wird dafür sorgen, dass in den kommenden fünf Jahren auf dieser Basis Polizei und Bundesheer bei Bedrohungslagen enger zusam­menarbeiten werden.

Unser gemeinsames Ziel muss heißen: Österreich muss sicher bleiben. Wir setzen da­bei den Fokus auf Prävention. Es gilt sicherzustellen, dass die Grundprinzipien unserer Gesellschaft wie Freiheit, Toleranz und das Grundverständnis von Demokratie erlernt werden. Unsere Kinder müssen wissen, dass Gewalt nie ein taugliches Mittel ist, um nicht in den Bann von Terrorismus gezogen zu werden. Wir müssen weiterhin alles tun, um der Unterwanderung durch Terrorismus in Österreich keine Chance zu geben. Das ist die Verantwortung von uns allen, in der Politik und in der Gesellschaft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stra­che. – Bitte.

 


9.42.54

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde ist ja zu begrü­ßen. Wenn es gegen den Terror geht, muss man schon festhalten, dass in den letzten 15 Jahren dieser Terror fast ausschließlich von Islamisten ausgegangen ist, und das fehlt mir ein bisschen in diesem Titel. Ich stelle ausdrücklich fest: Man kann nicht jeden muslimischen Menschen als Terroristen darstellen und hinstellen, das ist nicht der Fall, keine Frage. Aber der Terror der letzten 15 Jahre ist fast ausschließlich von Islamisten in Europa und anderswo in der Welt, leider Gottes, produziert worden. Das ist natürlich eine islamistische Terrorgefahr, mit der wir es zu tun haben.

Die Boko Haram wurde angesprochen, durch die gestern diese dramatische Entwick­lung stattgefunden hat. In den letzten Jahren erleben wir dort, wie bestialisch gemordet wird, auch in dieser Region, in Nigeria. Wir erleben die dramatisch grausamen und bar­barischen Bilder aus Syrien, aus dem Irak, vom Islamischen Staat, wo Massentötungen stattfinden, Köpfungen stattfinden, Massenerschießungen grausamster Art stattfinden. Das ist ein ganz ernstes Problem, das in Europa, im Nahen Osten, aber letztlich auch natürlich durch andere Anschläge offenkundig geworden ist.

Wir in Österreich sind natürlich heute leider Gottes auch Teil des Problems, weil wir in der Zwischenzeit auch als Rekrutierungsland zu betrachten sind und viele Menschen auch hier zu Fanatikern geworden sind beziehungsweise für Fanatiker ansprechbar ge­worden sind. Und das ist nicht nur ein Bildungsproblem. Ich gebe Ihnen schon recht: Es ist wichtig, dass wir die soziale Zukunft – Bildungspolitik et cetera – für junge Men­schen sicherstellen. Das ist in der Regel ein ideologisch-fanatisches Problem, viele der Terrorattentäter sind hochgebildete Menschen gewesen, sind auch in die jeweilige Ge­sellschaft integriert gewesen. Das ist nicht ausschließlich ein Bildungsproblem, son­dern da haben wir es fast schon mit Ideologie und Sektentum zu tun, das nicht auf we­nig Bildung zu reduzieren ist.

Ich glaube, da müssen wir tiefer gehend ansetzen und das Problem auch ernster neh­men, weil man sich natürlich auf den Islam, auf Religion, auf Interpretationen beruft und diese teilweise auch wortwörtlich interpretiert und keinen anderen Spielraum lässt. Das müssen wir ernst nehmen, weil man das als göttlichen Auftrag definiert, und das ist nicht ausschließlich auf Bildungsdefizite zu reduzieren.

Wenn ich sage, dass wir heute Rekrutierungsland sind, dann ist das jüngste Beispiel natürlich der 16-jährige Dschihad-Rückkehrer, der seit ein paar Tagen durch die Me­dien geistert. Man versucht ja von manchen Seiten fast schon, diesen quasi als Helden


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abzufeiern, weil er jetzt wieder zurückgekehrt ist von diesen Terroristen, wo er sich vorher beim Islamischen Staat und bei diesen Mordbanden gerne freiwillig gemeldet hat, eine Unterstützung geben zu wollen – welche auch immer er geleistet hat, viel­leicht sogar selbst bei grausamen Verbrechen dieser Teufelskrieger, was er jetzt na­türlich nicht zugeben wird.

Wir müssen da sehr behutsam sein und auch aufpassen, denn die Fakten sprechen eine deutliche und beängstigende Sprache: 174 Personen aus Österreich haben sich bereits für diesen Terrorstaat, den Islamischen Staat, gemeldet, sind dorthin gegangen, um diesen Terror zu unterstützen, um das Morden zu unterstützen, und diese Herr­schaften sind letztlich Teil der Terrororganisation gewesen, und mindestens 65 davon sind – die Anfragebeantwortung stammt ja aus dem Jahr 2014, also wahrscheinlich sind es schon viel mehr – zurückgekehrt und leben heute hier unter uns. Angesichts dieser Zahlen ist das ein hochgradiges Sicherheitsrisiko, natürlich auch für die österrei­chische Bevölkerung, das man nicht leugnen kann, und da haben wir eklatanten Hand­lungsbedarf. (Beifall bei der FPÖ.)

Allein die Anschläge in Frankreich und Dänemark führen uns ja vor Augen, zu welchen Wahnsinnstaten manche fähig sind und auch Islamisten fähig waren. Deshalb müssen wir gerade bei den über 65 Dschihadisten, die zurückgekehrt sind, besonders vorsich­tig sein. Diese sollte man eigentlich nicht mehr nach Österreich einreisen lassen. Laut Innenministerium bezieht sich die Zahl auf den Stichtag 19. Dezember 2014, das heißt, wahrscheinlich sind es auch schon mehr. Wir müssen hier weitreichende Maßnahmen setzen, um letztlich die Syrien-Rückkehrer und die von ihnen ausgehende Gefahr für Österreicher und für Österreich zu reduzieren, und da wird die alleinige Beobachtung des Verfassungsschutzes, der – auch wenn er aufgestockt wird – leider sehr unterbe­setzt ist, nicht reichen. Dieser hat ja auch noch andere Aufgaben, als potenzielle isla­mistische Terroristen zu beobachten, da ist ja das Aufgabenspektrum ein wesentlich breiteres.

Daher ist es höchst an der Zeit, dass SPÖ und ÖVP auch unsere Forderungen ernst nehmen und diese auch umsetzen, nämlich österreichischen Staatsbürgern, die sich für eine Terrormiliz Islamischer Staat gemeldet haben und in den Krieg gezogen sind, sofort die Staatsbürgerschaft zu entziehen, und nicht nur dann, wenn sie Doppel­staatsbürger sind. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.) Man hat dafür Sorge zu tragen, dass jemand, der zurückkommt und unter Verdacht steht, dort terroristisch tätig gewesen zu sein, in Schutzverwahrung genommen wird, bis letztlich alles restlos aufgeklärt ist. Da ist viel zu tun.

Ich komme zum Schlusssatz: Danke und Respekt vor der Arbeit unserer Polizei, Soli­darität statt Diffamierung, das ist auch unsere Position, denn sie hat das nicht verdient, was da teilweise mit der Polizei und teilweise, sage ich, mit Rahmengeschichten, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, heute aufgeführt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

9.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


9.48.59

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Innenministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich dem Dank an die Beamten und Beamtin­nen ausdrücklich anschließen. (Abg. Hübner: Sehr authentisch!) Ja, eine ganz über­wältigende Mehrheit der österreichischen Polizeibeamten und -beamtinnen versieht nicht nur einen schweren, nicht nur einen oft schlecht bezahlten, nicht nur einen oft we­nig honorierten, sondern in vielen Fällen auch einen gefährlichen Dienst, und da haben sie – und das ist zum Glück kein Geheimnis – die volle Unterstützung aller Fraktionen dieses Hauses. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)


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Es ist auch wichtig, dass wir einen funktionierenden Verfassungsschutz haben, gerade angesichts der geschilderten Gefahren, aber wir müssen schon auch darüber reden, was wir uns vom Verfassungsschutz erwarten, was er tun soll und was er nicht tun soll. Unser Problem – Kollege Strache hat es völlig richtig geschildert (Abg. Bösch: Hört, hört!) – ist nicht Kampf des Islamischen Staates auf österreichischem Staatsgebiet, son­dern sind Austro-Dschihadisten, die ins Gebiet nach Syrien, möglicherweise nach Li­byen gehen, zum Teil wieder zurückkommen und ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Das heißt, da geht es – und darüber weiß der Verfassungsschutz sehr viel – haupt­sächlich um junge Menschen am Rand unserer Gesellschaft, wo die Integration ver­sagt hat. Das heißt, dass wir auch Polizei brauchen, um das zu beobachten, um An­schläge zu verhindern, aber vor allem schauen müssen, dass es bei den jungen Leu­ten gar nicht so weit kommt. Warum wird da kein Wort gesagt, was bei diesen Ju­gendlichen alles schiefgegangen ist, was alles versäumt worden ist? Und wenn wieder ein Jugendlicher in diese Szene abkippt, dann wird ihn der Erwerb eines Hubschrau­bers durch die Frau Innenministerin daran nicht hindern. Das ist das eine. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Das Zweite ist: Nicht alles, was der Verfassungsschutz tut, ist gut. Wir sollten sehr da­rauf achten, dass der Verfassungsschutz Dschihadisten und nicht Pizzabäcker verfolgt. Warum ich das sage, werde ich Ihnen jetzt kurz erläutern. Am 12. Februar dieses Jahres sind zwei Beamte des niederösterreichischen Verfassungsschutzes in einer Pizzeria in Gmünd aufgetaucht und haben zum Inhaber, Herrn Orhan Ertugrul, vor ver­sammelten Gästen, so, dass es jeder hören konnte, gesagt: Sind Sie beim Islam? Be­ten Sie regelmäßig? Wo beten Sie? In welcher Moschee? Was haben Sie mit dem Geld aus Ihrem Hausverkauf und Autoverkauf getan? Warum haben Sie eine schwarze Jacke an? (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Wann reisen Sie zum Islamischen Staat nach Syrien? – Vor versammelten Kunden!

Der Besitzer dieser Pizzeria war fassungslos, hat seinen Anwalt beauftragt, der Anwalt hat sich an den Wiener Verfassungsschutz gewandt, und der Verfassungsschutz hat ihm geantwortet, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn nicht anhängig sei, es gäbe schlicht kein Verfahren. Herr Ertugrul ist in vierter Generation, nicht Einwanderer, son­dern in Österreich geboren, waschechter Österreicher, in Ottakring aufgewachsen, er­folgreicher Unternehmer – das an die Adresse der Unternehmerpartei, die derzeit auch die Innenministerin stellt.

Was ist passiert? Es hat sich alles als haltlos herausgestellt, aber die Pächterin der Pizzeria schreibt: Ich, die Pächterin, bestätige, dass unser Geschäft finanziell zugrunde geht. Wir sind selbst in Not geraten und wissen nicht, was wir jetzt machen müssen. Es ist frustrierend, dass die Menschen mit Angst und Schrecken nicht mehr kommen.

Das ist eine 20-jährige verheiratete Frau. Herr Ertugrul bestätigt das, nach diesem Er­eignis ist das Geschäft zugrunde gegangen (Abg. Kickl: Da sollten Sie in Zukunft auch ein bisschen vorsichtig sein mit Anschüttungen!), und er sagt selbst: Man darf nicht vergessen, dass Leute vor mir weglaufen, den Kopf auf die andere Seite drehen und wirklich Angst haben, dass ich Terrorist bin. Darunter leide nicht nur ich, da meine Kin­der in die Schule und in den Kindergarten gehen müssen, und ich musste in der Schule erklären, warum die Beamten bei mir waren. Mein Ruf ist am Boden. (Abg. Kickl: Schlimm, aber insbesondere Sie sollte das nachdenklich machen!)

Das gehört nicht zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe Ihnen das im Innenausschuss gesagt, Frau Innenministerin, und habe gesagt: Tun Sie alles, um den guten Ruf dieses Geschäftsmannes wiederherzustellen und die Folgen dieses Polizeiübergriffs – und das ist ein Polizeiübergriff, bei dem ein Geschäft


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und der Ruf eines untadeligen Menschen ruiniert worden sind – und diesen Schaden wiedergutzumachen! Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. (Abg. Kickl: Hier hat der Ver­fassungsschutz Ihre Methode benutzt! – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Bis heute ist nichts getan worden, um diesen Schaden, soweit das überhaupt möglich ist, wiedergutzumachen, und es ist eine Schande, dass derartige Übergriffe im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus, der offensichtlich ein erfolgreicher Kampf gegen Pizzerien ist, noch die Unterstützung von Abgeordneten der Freiheitlichen Partei fin­den. (Abg. Kickl: Nein, das findet es nicht, aber Sie arbeiten genau mit dieser Metho­de!) Ich hätte mir erwartet, dass dieser untadelige Geschäftsmann die Unterstützung dieses gesamten Hauses und auch der Innenministerin hat. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kickl: Gerade der hat’s notwendig! – Ruf bei der FPÖ: Immunitätsflüchtling!)

9.54


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ha­gen. – Bitte.

 


9.55.00

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Trotz Terrors, über den wir jetzt diskutieren, und der schlimmen Ka­tastrophen darf ich Ihnen eine freudige Nachricht überbringen. Ich darf Ihnen mitteilen, dass unsere ehemalige Klubobfrau Dr. Kathrin Nachbaur heute in der Früh ihren Sohn Sebastian geboren hat, und ich glaube, ich darf ihr in Ihrem und in unserem Namen alles Gute und viel Glück mit Sebastian wünschen! (Allgemeiner Beifall.)

Nun zum Thema „Gemeinsam gegen den Terror“, meine Damen und Herren – ein gu­ter Titel, dessen wir uns alle annehmen sollten. Ja, wir sollten gemeinsam hier im Par­lament gegen den Terror arbeiten, meine Damen und Herren, und deswegen darf ich mich auch darüber freuen, dass Ihr Kollege, Frau Bundesminister Mikl-Leitner, Herr Au­ßenminister Kurz, meine Forderung des Entzugs der Staatsbürgerschaft für IS-Kämp­fer aufgenommen hat und in diese Richtung arbeitet.

Meine Damen und Herren, Sie können sich vielleicht noch erinnern: Vor einem knap­pen Dreivierteljahr habe ich hier die Forderung gestellt, dass ehemaligen IS-Kämpfern mit österreichischer Staatsbürgerschaft diese entzogen wird, da ich nicht einsehe, dass diese noch das österreichische Wahlrecht ausüben dürfen und die Sozialleistungen des Sozialstaates Österreich erhalten. Das ist der richtige Weg, da haben Sie unsere Unterstützung, das sollten wir gemeinsam angehen. (Beifall beim Team Stronach.)

Frau Bundesminister, zum Thema Terror: Ich bin vor ein paar Tagen mit dem Auto über das Deutsche Eck gefahren und habe dort im bayerischen Radio vernommen, dass der deutsche Innenminister de Maizière gefordert hat, dass die Bundespolizei mit 900 Bundesbeamten in Deutschland aufgestockt wird, und er hat auch den Bundeslän­dern empfohlen, das mit ihren Wachkörpern zu tun. In Deutschland ist das Polizeiwe­sen Landeswesen, und es gibt die Dachorganisation der Bundespolizei. Das heißt, er hat eine massive Aufstockung des Personals gefordert, und zwar mit folgender Begrün­dung: aufgrund der starken Zuwanderung, aufgrund der Kriegswirren im Nahen Osten.

Ich glaube, das sollten wir uns zu Herzen nehmen, Frau Bundesminister, und ich wer­de bei einem anderen Tagesordnungspunkt noch einen Antrag zu diesem Thema ein­bringen, dass wir nicht nur die Finanzpolizei – um unsere Steuerzahler zu schröpfen – um 500 Beamte aufstocken, sondern dass wir auch die Bundespolizei, die für Sicher­heit und Recht in diesem Staat sorgt, aufstocken. Ich glaube, das ist notwendig, wir haben eine Personalknappheit bei der Bundespolizei, da können Sie sagen, was Sie wollen, das ist Tatsache. Ich komme aus diesem Bereich, und ich weiß das am besten. (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 38

Die Frau Bundesminister hat das Sicherheitspaket angesprochen: Ja, über 300 Millio­nen €, ich finde das wichtig und gut, da haben Sie auch unsere Unterstützung. Zwei Hubschrauber werden das vielleicht nicht verbessern, aber ich weiß, wir brauchen im IT-Bereich Fachleute, die genau solche terroristischen Verbreitungen bekämpfen kön­nen, die im Vorfeld nachforschen können, das ist eine vernünftige Sache.

Ich möchte Ihnen auch ein Beispiel bringen. Mich hat gestern meine parlamentarische Mitarbeiterin hier auf ein Thema angesprochen, und zwar wurde ihre Freundin auf Facebook von einer muslimischen jungen Frau kontaktiert, die sie als Freundin früher mit einem nicht vermummten Bild drinnen gehabt hat und die sie dann vermummt mit neuem Bild aufgefordert hat, dem IS zu folgen. Sie hat dieses Mail im Schock leider gelöscht, und ich möchte hier an die Zuseher und Zuseherinnen appellieren, das nicht zu tun, sondern der Polizei diese Daten bekannt zu geben, damit die Ermittlungen ge­startet werden können – also eine Bitte, eine Aufforderung in diese Richtung.

Meine Damen und Herren! Wir haben gehört, die IS-Terroristen, das haben Sie sicher aus den Medien vernommen, schleusen sich über Flüchtlingsströme ein, um als Schlä­fer hier zu sein. Da geht es mir darum: Wir haben nicht nur österreichische Staatsbür­ger, die da unten gekämpft haben, sondern auch Asylanten, die sich ganz bewusst hier in Österreich in Sicherheit gewogen haben, ihre Familie hier geparkt haben und dann dorthin gehen, um für den IS zu kämpfen.

Meine Damen und Herren, da darf keine Gnade walten, sondern da muss man ganz klar sagen: Diese Menschen gehören in ihr Heimatland zurückgeschickt, den Asylsta­tus haben sie verloren, und hier muss hart durchgegriffen werden. Da muss man ein ganz klares Zeichen setzen, und ich fordere Sie, liebe Bundesregierung, auf, diese Maßnahmen wirklich zu setzen.

Und da schaffen wir im Zusammenhang mit dem Familiennachzug auch gleich klare Verhältnisse, denn ich sehe nicht ein, dass diese Verbrecher, die dort brandmarken, vergewaltigen, morden, dass diese Menschen ihre Familien in Österreich durch unser Sozialsystem ernähren lassen, sich hier in Sicherheit wiegen – dann gehen alle mit, dann machen wir die Familienzusammenführung auch in diese Richtung und nicht nur in Richtung Österreich, ins feine Sozialsystem, meine Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach.)

10.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


10.00.23

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Ich wollte mich ja schon fast zu einer tatsächlichen Berichtigung melden, als Kollege Pilz gemeint hat, die ÖVP sei eine Unternehmerpartei. Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass spätestens seit Oktober 2013 eine andere Unternehmer­partei hier im Parlament sitzt. (Beifall bei den NEOS. – Ruf beim Team Stronach: Zwei! – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) – Aber zum Ernst der Sache. (Abg. Wal­ter Rosenkranz: Richtig, genau, das kann ja nur als Scherz gemeint gewesen sein! – Weitere Zwischenrufe.) – Ich habe nicht das Team Stronach gemeint, ich habe schon die NEOS-Partei gemeint. (Heiterkeit.)

Terroranschläge und Terror an sich, um zum Ernst der Sache zu kommen, sind in Europa leider auch keine neuen Erscheinungen. Im Zuge des Islamischen Staates und auch im Nachfeld der Anschläge in Paris, „Charlie Hebdo“, sollen auf EU-Ebene weite­re Maßnahmen beschlossen werden.

Österreich hat ja, wie schon mehrfach erwähnt, Ende letzten Jahres ein kleines Bündel an Gesetzen verabschiedet – das Symbole-Gesetz ist genannt worden, das Grenzkon-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 39

trollgesetz ist geändert worden, es gab Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz. Was gerne vergessen wird, ist das Islamgesetz, das ja von Klubobmann Lopatka auch in die Reihe dieser Gesetze gestellt wird. Er hat es am 5. November als „Antwort auf den Islamismus“ bezeichnet. Aber dieses Gesetz geht am Ziel vorbei, und die anderen Gesetze sind ebenso wirkungslos, sie leisten zur Terrorprävention und -aufklärung kei­nen Beitrag. Es gibt keine empirischen Daten, die eine Wirksamkeit auch nur in irgend­einer Form nahelegen.

Anstatt demokratiepolitisch bedenkliche, wirkungslose Gesetze zu beschließen, sollte der Blick darauf gerichtet werden, was schon vorhanden ist. Nach 9/11 wurden immer­hin 239 Maßnahmen auf EU-Ebene beschlossen, die sich gegen Terror richten, und bevor wir weitere Maßnahmen beschließen und Kompetenzen erweitern, sollten wir das vorhandene Instrumentarium ausnützen. Dazu zählen zum Beispiel ganz konkret der Datenaustausch mit Europol und Eurojust. Ein Ministerratsbeschluss aus 2005 ver­pflichtet die Innen- und Justizminister der EU dazu, dort Daten betreffend Terrorismus und organisierte Kriminalität einzuspeisen. Derzeit wird aber nur die Hälfte der Daten, die betroffen sind, überhaupt gemeldet.

Diese Maßnahme, die ein koordiniertes Vorgehen gegen Terroristinnen und Terroristen ermöglichen würde, ist zehn Jahre nach ihrem Beschluss noch immer nicht in der Pra­xis angekommen. Zur Klärung dieses Versäumnisses haben wir auch eine Anfrage an das Justiz- und das Innenministerium gestellt, deren Beantwortung – wie so oft – noch aussteht.

Das war aber nicht die einzige Anfrage. Wir haben gemeinsam mit den Grünen auch den Handlungskatalog zur Evaluierung von Anti-Terror-Gesetzen, das sogenannte HEAT-Projekt, des Arbeitskreises Vorratsdaten unterstützt. Und im Zuge dessen haben wir Anfang März gemeinsam 43 parlamentarische Anfragen zu 25 Überwachungsthe­men an sieben Ministerien gestellt. Eines dieser Themen ist die Fluggastdatenspei­cherung, kurz PNR, Passenger Name Record, und ein konkreter Nutzen dieser Flug­gastdatenspeicherung ist nicht nachgewiesen.

Diese massenhafte und anlasslose Speicherung von Fluggastdaten ist auch nichts an­deres als eine Form der Vorratsdatenspeicherung, die eigentlich durch den EuGH und den VfGH letztes Jahr verunmöglicht wurde.

Es ist generell überhaupt ziemlich unfassbar, dass wir uns immer noch mit der Vor­ratsdatenspeicherung beschäftigen müssen. Wir sollten uns eigentlich Dingen widmen, die uns in Zukunft beschäftigen werden, wie zum Beispiel Internet of Things. Wir wer­den in Zukunft 100 Milliarden, 200 Milliarden Geräte online haben, die nicht nur sen­den, sondern auch empfangen können. Es wird mehr Teilnehmer in Form dieser Ge­räte im Internet geben als Menschen. Und die Nutzung dieser vernetzten Geräte kann Aufschluss über unser Verhalten geben – egal, wo wir sie antreffen: in Wohnungen, in Fahrzeugen oder als Fahrzeuge selbst. Damit sollten wir uns beschäftigen.

Es geht in Zukunft nicht nur um unser persönliches Verhalten, das geschützt werden muss, sondern auch um das Verhalten der Geräte, die uns umgeben. Aber nein, wir müssen die wirkungslose Vorratsdatenspeicherung wieder aufwärmen. Ich komme mir selbst schon vor wie eine alte Schallplatte, wenn ich das immer wieder erwähne, aber die Frau Ministerin tut das ja auch. Sie hat gesagt, es wäre klug, über eine Nachfol­geregelung in Österreich nachzudenken. Wir halten es für viel gescheiter, das nicht zu tun.

Mein Appell richtet sich da explizit an die SPÖ, die sich schon mehrfach hier ablehnend geäußert hat. Auch Präsidentin Bures, damals noch Infrastrukturministerin, hat im April 2014 gemeint: „Österreich setzte die EU-Richtlinie nur um, weil wir das mussten.“ Und: „Daher bin ich der Meinung: Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung nicht.“ – Gut so.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 40

Auch der Bundeskanzler hat sich zuletzt, nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“, diesbezüglich zu Wort gemeldet, sich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgespro­chen und gemeint: „Ich sehe aktuell keinen Grund für die Wiedereinführung.“

Für uns ist klar: Terroristische und kriminelle Aktivitäten müssen nachdrücklich verfolgt werden – keine Frage –, sie dürfen aber nicht als Rechtfertigung dienen, das Recht auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit und andere Grundrechte unverhältnismäßig, anlasslos und dauerhaft einzuschränken (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) – letzter Satz –, sonst verlieren wir am Ende das, was unsere freie, demokratische Gesellschaft im Kern ausmacht. Wir müssen die Privatsphäre verteidigen, mit totaler Überwachung landen wir auf einem Slippery Slope, der zu totalitären Phänomenen führen wird. – Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

10.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


10.06.13

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Aber, lieber Herr Vorredner, genau das hat die Frau Ministerin gesagt, als sie gemeint hat, es müsse eine Balance zwischen Freiheit und Sicherheit sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und das ist genau die entscheidende Richtlinie, und es geht genau darum, dass die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte hier eine wesentliche Be­rücksichtigung finden.

Frau Ministerin Mikl-Leitner hat auch gesagt, dass das natürlich durch mehrere Res­sorts gehen muss. Es müssen Bildung, Soziales und noch vieles mehr auch berück­sichtigt werden.

Aber ich glaube, dass wir in dieser ganzen Debatte auch den Hintergrund sehen müs­sen, der über die Sicherheitspolitik hinausgeht. Sicherheitspolitik hat oft eine Art Repa­raturfunktion, wenn es in der Gesellschaft einmal nicht funktioniert. Und da muss man sich die Frage stellen: Warum gibt es überhaupt den Islamischen Staat? Es geht nicht nur um die Frage: Warum finden Jugendliche es attraktiv, dorthin zu gehen und dort mitzukämpfen?, sondern auch darum: Warum gibt es ihn überhaupt?

Das sind Versäumnisse der Außenpolitik zum Beispiel. Man hat Gaddafi besiegt und getötet, aber die Frage, was dann kommt, hat keiner wirklich beantworten können. Man hat Saddam Hussein im Irak-Krieg bekämpft, besiegt, getötet – aber was ist dann? Und wenn man da kein Konzept hat und nicht weiß, wie man einen Weg in Richtung De­mokratie geht, und wenn man da auch kein Konzept für die wirtschaftliche Entwicklung hat, dann ist das schlecht.

Da spielt auch vieles an Fehlentwicklung in der Weltwirtschaft genauso eine Rolle wie in einzelnen nationalstaatlichen Räumen. Die Vorstädte von Paris oder anderen euro­päischen Staaten sind die Rekrutierungsfelder für die Kämpfer des Islamischen Staa­tes. Das hat einen sozialen Hintergrund, das hat einen wirtschaftlichen Hintergrund, das hat vielfach einen integrationspolitischen Hintergrund. All das muss man sehen. Das ist ein weit über die Grenzen der arabischen Welt hinaus reichendes Phänomen.

Und es gibt viele ungelöste Fragen. Vollkommen richtig, dass Barack Obama sagt, wir müssen Atomgespräche mit dem Iran führen, damit es, weil das eine regionale Macht ist, hier zu einer Lösung kommt, die eine friedenspolitische Perspektive hat. Mich be­ruhigt zwar auch nicht, dass Pakistan die Atombombe hat, aber es ist jedenfalls ein wesentlicher Schritt in diese Richtung.

Ich halte die Wahl Netanjahus zum israelischen Ministerpräsidenten – sie ist zu respek­tieren, es ist eine demokratische Wahl – für Israel und für den friedenspolitischen Pro-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 41

zess für ein Unglück. Wenn er wieder sagt, er will eigentlich keine Zwei-Staaten-Lö­sung, da kann er jetzt zurückrudern, so viel er will, oder wenn er fragt: Wieso gehen in Massen arabische Wähler hin, wo sind die anderen Wähler in Israel? – Das ist eine Form des Dialoges und der Kultur mit der arabischen Welt, die eine der Wurzeln ist, warum die Situation heute so ist.

Helmut Schmidt hat einmal gesagt, man kann nicht mit über einer Milliarde Muslime in einem permanenten Kriegszustand leben. – Natürlich nicht, das geht auch nicht. Man muss versuchen, mit den Muslimen, die genau diese islamistische Bedrohung eben­falls als Bedrohung empfinden, und auch mit vielen anderen hier diese Auseinander­setzung zu führen.

Die Ärmsten sind in Wirklichkeit diejenigen, die in den Sicherheitsapparaten tätig sind, denn die müssen zum Schluss, wenn das Soziale und das Wirtschaftliche nicht funk­tioniert hat, den Kopf hinhalten und mit ihrem Leben dafür einstehen, dass hier die wichtigen sicherheitspolitischen Anforderungen auch erfüllt sind.

Damit Sie mich richtig verstehen: Mit aller Härte, mit aller Präzision, mit allem, was zur Verfügung steht, muss man diesen Kampf gegen den Terror führen. Aber man muss auch selbstkritisch sehen, dass vieles das befördert hat, und ich habe vorhin versucht, das mit einzelnen Punkten anzuführen.

Wenn die USA heute sagen: Wir sind die Repräsentanten der Demokratie, der Men­schenrechte!, muss ich sagen: Noch immer gibt es Guantánamo, und Abu Ghraib war auch ein Signal, das ganz, ganz schädlich war. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und Team Stronach.)

Das soll nichts entschuldigen, sondern zeigen, dass das in Wirklichkeit viel umfassen­der und viel breiter zu sehen ist und dass man diesen Dialog führen muss.

Und da hat meiner Meinung nach – das ist auch eines der Versäumnisse –, als diese zarten Pflänzchen des Arabischen Frühlings zu beobachten waren, die europäische Staatengemeinschaft oder der sogenannte oder wirkliche Westen teilweise zugesehen. Man hätte das befördern müssen und hätte da viel aktiver sein müssen. (Abg. Kickl: Die Sozialisten waren halt lange auf der anderen Seite!) Das ist doch etwas, was für die Sicherheit – wenn man es jetzt einmal von der sicherheitspolitischen Seite her sieht – für den Mittelmeerraum ganz entscheidend ist.

Ein Hoffnungspunkt war da immer Tunesien mit seiner neuen Verfassung, die es sich gegeben hat. Und genau dort setzt der Terror an, genau Tunesien wollen die schädi­gen, damit es dort keine Entwicklung des Tourismus gibt. Genau deswegen gibt es das dort.

Dass die teilweise unfähig sind und von den vier Polizisten beim Museum zwei auf ei­nen Kaffee gegangen sind, einer gerade etwas zum Essen eingekauft hat und der Vierte gar nicht gekommen ist, das ist ein sicherheitspolitischer Mangel. Auch dann, wenn alle vier dort gewesen wären, wäre es wahrscheinlich nicht ganz zu verhindern gewesen – bei diesen zwei Schwerbewaffneten oder drei, die da gekommen sind –, aber das hat dann dazu geführt, dass es die vielen Toten gegeben hat. Aber ich muss sagen: Das alles muss man an der Wurzel anpacken – an der Wurzel anpacken. Aber auch dabei muss man – das möchte ich noch einmal unterstreichen – die Balance zwi­schen Freiheit und Sicherheit beachten. – Ein ganz wichtiger Satz, den Sie heute ge­sagt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 42

10.11.47

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die Angst vor Terroranschlägen in Europa ist durch zahlreiche grausame Attentate, wie etwa in Madrid, in Frankreich, in Norwegen, in Dänemark oder zuletzt auch in Tunesien, präsenter denn je.

Menschen werden hingerichtet, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind, denn Terrorismus hinterfragt nicht. Terroristen töten unschuldige Menschen, um mit diesem Motiv Gewalt letztlich Angst und Schrecken zu verbreiten.

Durch Terror soll erreicht werden, dass sich die Mehrheit der Menschen einer Minder­heit unterwirft – ohne Verhandlungen, ohne Dialog und ohne Kompromisse.

Wenn eine Minderheit eine Mehrheit durch Gewalt und Terror beherrschen möchte, ist es unerlässlich, dass sich die Mehrheit zusammenschließt und gemeinsam gegen die­sen Terror mobilisiert. Es müssen gesellschaftspolitische und sicherheitspolitische Maß­nahmen getroffen werden, die einen Flächenbrand der Gewalt und des Terrors verhin­dern, national wie international.

Kooperationen sind notwendig und werden auch verstärkt genutzt. So haben Innen­ministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz vor einigen Tagen in Wien eine Anti-Terror-Konferenz mit Staaten aus Mitteleuropa und Südosteuropa ab­gehalten. Dabei ging es um gemeinsam abgestimmte Präventionsmaßnahmen gegen die Radikalisierung und um Maßnahmen gegen die Bedrohung durch terroristische Aus­landskämpfer in Europa.

Um der Verbreitung radikaler Inhalte im Internet entgegenzuwirken, hat die Innenminis­terin gemeinsam mit ihrem Team ein Kooperationsmodell mit den Konzernen Google und YouTube ausgearbeitet.

Im Kampf gegen den Terror hat unsere Ministerin außerdem mit der Einrichtung der Deradikalisierungshotline eine wichtige Maßnahme gesetzt – diese Maßnahme findet ja auch bereits in Europa durchaus Anklang.

Im Rahmen der gestrigen Regierungsklausur haben Innenministerin Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Klug ihre Zusammenarbeit bei Bedrohungslagen durch ein Über­einkommen entsprechend geregelt. Die Profis von Polizei und Bundesheer werden für die Sicherheit der Menschen in Österreich zusammenarbeiten und im Ernstfall rasch zur Verfügung stehen.

Im Parlament haben wir zur Terrorbekämpfung erst vor Kurzem Gesetzesänderungen beschlossen. Es wurde bereits mehrmals angesprochen: das Terror-Symbole-Gesetz, Änderungen beim Staatsbürgerschaftsgesetz und beim Grenzkontrollgesetz, aber auch im Strafrecht.

Hass, Hetze und Terrorismus haben in Österreich nichts verloren. Wir müssen alles daran setzen, dass die Sicherheit für uns alle, aber auch das Zusammenleben in diesem Lande im Geiste des Dialogs und des gegenseitigen Respekts gewahrt blei­ben. Dazu wurden und werden ständig Maßnahmen gesetzt, zum Beispiel auf legisti­scher Ebene, durch verstärkte Zusammenarbeit oder durch Modernisierung in den Strukturen.

Die stärkste Waffe gegen den Terror ist aber die Information. Ich meine damit, dass wir im Sinne der Prävention darauf schauen müssen, dass junge Menschen in der Schule, in der Berufsausbildung letztlich die Grundprinzipien unseres demokratischen Zusam­menlebens auch verstehen lernen.

Ja, wir streiten oft, wir diskutieren, aber wir respektieren die Meinung des anderen und antworten nicht mit Gewalt oder gar Terrorismus, wenn uns etwas nicht passt. Mehr-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 43

heitsentscheidungen werden zur Kenntnis genommen und nicht mit Waffengewalt un­terdrückt.

Am Anfang aller Bemühungen steht das Verständnis betreffend das Können und das Beherrschen der deutschen Sprache. Deutschkenntnisse sind für die Integration und das gegenseitige Verständnis unerlässlich. Aber sie sind auch unerlässlich, was den Respekt unserer Werte und unserer Grundlebensorientierung betrifft, und auch diese Werte sind unerlässlich.

Neben den Deutschkenntnissen sind der Wille und die Bereitschaft zu arbeiten not­wendig. Aber auch die Bereitschaft, sich in Gemeinschaften, in Vereinen, in den Ge­meinden zu integrieren, kann ein wesentlicher Schritt in Richtung Integration sein.

Ich denke, dass wir in Österreich für Integration sehr viel tun. Denken wir an den gest­rigen Beschluss bei der Regierungsklausur: Die Mittel für die sprachliche Frühförde­rung wurden verdreifacht.

Information bedeutet aber auch, dass wir jenen jungen Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – Halt bei Terrorverherrlichern suchen oder nach Manipulation durch Hassprediger in den Dschihad gehen wollen, letztlich Hoffnung und Zukunft ge­ben, sei es durch gute Ausbildung, durch einen Arbeitsplatz oder einfach durch unser Zuhören und Zeigen, dass wir ihre Sorgen und Ängste erkennen. Hier sind wir alle ge­fordert, Augen und Ohren offen zu halten.

Hetze und Intoleranz gegen Andersdenkende sowie barbarischer Terror entsprechen in keiner Weise unseren Grundprinzipien der Freiheit, der Demokratie und der Menschen­rechte. Mit gezielten Maßnahmen gegen den Terror und durch Zusammenarbeit der demokratisch gesinnten Wertegemeinschaft in Europa werden Terror und Menschen­verachtung auch in Zukunft bei uns keine Chance haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz. – Bitte.

 


10.17.08

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun ja, der Terrorismus und die Debatte dazu – es ist schon interessant, wann diese Debatte zu uns kommt. Es geht in erster Linie um den IS-Terror, obwohl wir Terror seit Jahren auf der ganzen Welt sehen. Wir sehen Bandenkriege, wir sehen Drogenbandenkriege, wir sehen Bürgerkriege und wir sehen – unter Anführungszei­chen – „Glaubenskriege“, die wir in unserer Geschichte ja auch hatten. Man denke an Kreuzzüge, man denke an Türkenbelagerungen – zwei Mal vor Wien gestoppt –, und man denke auch an die Glaubenskriege des Dreißigjährigen Krieges, die auch zu Not und Verderben sogar in unserer engeren Heimat geführt haben. Und jetzt auf einmal sagt man: Ja, der IS-Terror ist das, was uns verbindet.

Wir hören seit Wochen, Monaten und Jahren, welch furchtbare Zustände es auf der ganzen Welt gibt. Erst gestern in Nigeria: entführte Frauen, entführte Kinder. Der Un­terschied ist nur: Wir kennen im IS-Staat viele Opfer, denn es sind Menschen aus Eu­ropa, aus den USA. Man kennt die Namen, man kennt die Gesichter, man kennt die Familien, man kennt die einzelnen Schicksale, die uns von den Fernsehkameras in den Haushalt gespielt werden, daher trifft uns das näher – und wir kennen auch die Täter näher.

Es ist schon zitiert worden: der 14-Jährige aus St. Pölten, der Bomben bauen möchte, um in den IS zu ziehen; der 16-Jährige, der jetzt nach Österreich zurückgekehrt ist, nachdem er dort im Terrorkrieg im Einsatz war – nur als Sanitäter, wie er uns glauben


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machen möchte. Oder wir kennen auch den Asylwerber im Waldviertel, dessen Ver­teidiger jetzt beim Gerichtsprozess in Krems sagt: Der sieht so schlecht, der ist fast blind, der kann ja gar nicht wirklich kämpfen!

Meine Damen und Herren! Es sind die Täter – die Täter! –, die bereits hier in Öster­reich angekommen sind. Und ein kleiner Sidestep sei mir hier erlaubt: Es sind auch solche, die mit dem Titel Asyl nach Österreich gekommen sind, um hier dann einfach – unter Anführungszeichen – „Urlaub“ zu machen und dann etwas zu frönen.

Es geht um Verbrechen, und Verbrechen muss man bekämpfen. Da gibt es zunächst einmal die Ursachen- und die Motivforschung. Das ist eine relativ klare: Das Motiv ist der Islam. Wenn auch viele sagen und zu Recht sagen, ein falsch verstandener Islam, aber trotzdem. Es sind auch muslimische junge Mädchen, die nach Syrien ziehen, um sich dort mit „Gotteskämpfern“ – unter Anführungszeichen – zu verheiraten und diesen dort zur Seite zu stehen.

Das heißt, bei dieser Motivforschung muss man an die Prävention gehen, Stichwort Bildung, das wurde bereits erwähnt, aber auch Islamgesetz. Wo sind denn die Maß­nahmen, wenn es heißt, in Österreich soll man nur auf Deutsch predigen können, und um anderes machen zu können? All das wurde in diesem Islamgesetz übersehen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Zum Schluss steht in der Verbrechensbekämpfung die unmittelbare Bekämpfung, näm­lich durch Polizei, Staatsanwaltschaften und unabhängige Gerichte.

In diesem Zusammenhang darf ich ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Cap eingehen, auf den Arabischen Frühling und die Umwälzungen, die dort stattfinden. Wenn ich an Tunesien denke, wenn ich an Herrn Mubarak in Ägypten denke: die wa­ren über Jahrzehnte ohne Probleme Mitglieder der Sozialistischen Internationale. Wa­rum bekennen Sie sich nicht einmal zu diesem Fehler und diesem Irrweg, den Sie da beschritten haben? Oder geht es wirklich nur darum, was uns die USA sagt? – Obwohl das, was Sie wortreich über die USA gesagt haben, natürlich absolut stimmt.

Noch etwas anderes: Auch Gaddafi war in einer sozialistischen Partei und bei Ihnen gerne gesehen. (Abg. Kickl:  war in der Sozialistischen Internationale!) Auf einmal dreht es sich, je nachdem, wie sich die Großwetterlage ändert. (Abg. Darabos: Die Freiheitlichen waren ziemlich oft in Libyen! – Abg. Kickl: Wir haben doch vorher aus­gemacht !)

Noch eines zur Polizei und zu dem, was hier bereits angeschnitten wurde: Kollege Pilz, der letzte Innenausschuss, das war wirklich demaskierend. Kollege Pilz, Sie sind ein Linkspopulist (Abg. Darabos: Wie oft war.?!) mit dem einzigen Problem, dass Sie halt keinen populus, nämlich kein Volk, hinter sich haben. Das ist das Einzige, was Sie mit Ihren Wahlerfolgen und sonst etwas vorweisen können. Da bleibt halt nur mehr links über. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist so wie bei vielen Ihrer Fälle: Da kommt ein Bürger mit irgendeiner halbwahren Behauptung – alleine, wenn ich diesen Vorfall in der Mariahilfer Straße betrachte, wo sich die Allgemeinheit in den sozialen Foren wieder aufregt und sagt: Ah, Polizeige­walt, völlig überzogen! – Dass der Mann vorher Kinder sexuell belästigt hat, Frauen be­lästigt hat, einen Polizisten geschlagen hat, das alles wird aus Ihrem Fokus ausge­blendet. Das registrieren Sie nicht. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Hagen.)

Es genügt, wenn ein Bürger zum Staatsanwalt Pilz kommt, der beauftragt den Kriminal­polizisten Pilz zu ermitteln, dann kommt die Anklage vom Staatsanwalt Pilz. Das kommt dann zum Richter Pilz, der den Verteidiger ausgeschaltet hat; wenn er noch etwas sagt, dann kommt das zum Berufungsrichter Pilz, und der sagt, was alles Recht und Ordnung ist in diesem Staat. Das ist Ihr Empfinden eines Rechtsstaates.


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Sie sind einer, der im Schutz der Immunität immer Halbwahrheiten bis vollkommene Un­wahrheiten im Denunziantentum verbreitet. Ich weiß gar nicht, wie viele Immunitätsfälle betreffend Beleidigung Sie überhaupt hier anhängig haben. Haben wir die Hunderter­marke schon überschritten? Denn dann, glaube ich, sollten Sie uns zum Jubiläum einladen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie des Abg. Hagen. – Abg. Kickl: Gaddafi war Mitglied der Sozialistischen Internationale! – Abg. Cap: Der Gaddafi-Sohn war beim Haider! – Abg. Kickl: Sozialistische Internationale!)

10.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Ko­run. – Bitte.

 


10.22.42

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Rosen­kranz und Cap.) Wenn die Kollegen von der FPÖ mit ihren Zwischenrufen fertig sind, fange ich vielleicht an.

Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen, entschul­digen Sie, dass ich Sie vergessen habe! Zu den Ausführungen des Kollegen Rosen­kranz muss man schlicht und ergreifend sagen: Wie der Schelm ist, so denkt er von den anderen! – So viel zu Halbwahrheiten und Unwahrheiten, die unter dem Schutz der Immunität verbreitet werden. (Abg. Neubauer: Sie waren noch nie in einem Unter­suchungsausschuss!)

Zurück zu unserem Thema, zu Terror und Terrorbekämpfung: Wir wissen alle, was ter­roristische Akte beabsichtigen, nämlich freie Gesellschaften zu destabilisieren, Grund­rechte abzubauen und Angst und Schrecken zu verbreiten. So kommen auch sehr vie­le Regierungen, vor allem nach den Terroranschlägen von Paris und Kopenhagen, un­ter Druck, sehr schnell gut klingende Erfolge anzukündigen und zu preisen. Gerade beim gesellschaftlichen Zusammenhalt, bei der Bekämpfung von Extremismus und Ter­ror brauchen wir aber mittel- und langfristige Projekte.

Neben der polizeilichen und staatsschutzmäßigen Verfolgung von Straftaten, die es selbst­verständlich braucht, brauchen wir sehr viele Präventionsprojekte. Deshalb möchte ich mich auf den Punkt Prävention konzentrieren, zumal von der Kollegin Steinacker von der ÖVP ja gesagt wurde – ich zitiere –: „Wir setzen () den Fokus auf Prävention.“

Frau Kollegin, ich möchte Sie ernst nehmen, denn es wäre wirklich notwendig, dass wir unseren Fokus auf die bereits genannte strafrechtliche Verfolgung, aber daneben auch sehr stark auf Prävention legen. Die Zahlen und die Daten zeigen leider ein bisschen ein anderes Bild.

Ich möchte lobend erwähnen, dass es diese sogenannte Deradikalisierungshotline gibt. Übrigens sagen die Menschen, die dort arbeiten, dass man sie bitte nicht „Hotline“ nen­nen möge, sondern sie sind eine Anlaufstelle und eine Beratungsstelle.

Gut, dass diese Beratungsstelle gekommen ist, und gut, dass sie nicht, wie ursprüng­lich geplant, ins Polizeiministerium gekommen ist – auch das muss man lobend er­wähnen –, denn so eine Anlaufstelle für Deradikalisierung, eine Beratungsstelle muss niederschwellig sein, um die Angehörigen, um die Familienangehörigen von potenziell Bedrohten, von potenziell in Extremismus und Radikalismus abgleitenden Personen ansprechen zu können, abholen zu können.

Allerdings, sehr geehrte Frau Bundesministerin – weil Sie gesagt haben, die Bundesre­gierung habe sehr rasch reagiert –: Wagen wir vielleicht einen Blick über den Teller­rand zu unseren Nachbarn, in die Bundesrepublik Deutschland. Dort wurde eine zen-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 46

trale Hotline oder Anlaufstelle bereits im Jänner 2012 etabliert, also ungefähr drei Jah­re vor uns – so viel zur ganz schnellen Reaktion.

Wenn wir uns die konkreten Präventionsprojekte anschauen, die von der Regierung angegangen wurden, dann möchte ich nicht über folgende Zahl schweigen: Es geht um bis zu 290 Millionen €, die innerhalb von drei Jahren von der Regierung quasi aus dem Hut gezaubert wurden und primär für Polizeiaufrüstung, für gepanzerte Fahrzeuge und Sonstiges verwendet werden.

Bei diesem Betrag von 290 Millionen € macht die Präventionsarbeit einen minimalen bis minimalsten Teil aus. Ich bringe Ihnen ein konkretes Beispiel. Vor rund drei Wo­chen wurde von zwei Regierungsmitgliedern ein sehr sinnvolles, wichtiges Präven­tionsprojekt präsentiert, etabliert und von der Soziologin Edit Schlaffer woanders auch eingesetzt. Das nennt sich „Mütterschule“. Dabei versucht man, Familien zu stärken, damit sie ihre Kinder, ihre Söhne und Töchter im Kampf gegen Extremismus unter­stützen können, damit sie sozusagen ein Handwerkszeug bekommen, um gegen Ex­tremismus und für Prävention gewappnet zu sein.

Wissen Sie, mit wie viel Geld dieses enorm wichtige Präventionsprojekt gefördert wird? – Mit 23 000 €. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Dem stehen bis zu 290 Millionen € für Polizeiaufrüstung gegenüber, und das bedeutet leider nicht: Wir stellen unseren Fo­kus auf Prävention! – Sehr geehrte Damen und Herren, da gibt es sehr, sehr viel zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte Ihnen auch berichten – weil das in unseren Diskussionen und vor allem hier im Plenum immer wieder zu kurz kommt –, dass wir uns die Mühe gemacht haben, eine der Expertinnen im Bereich der Deradikalisierung im deutschsprachigen Raum, Frau Claudia Dantschke von der Berliner Beratungsstelle HAYAT-Deutschland, nach Wien, nach Österreich zu holen. Wir haben lange Gespräche mit ihr geführt. Sie ist seit Jahren mit ihrer Beratungsstelle HAYAT-Deutschland in diesem Bereich sehr erfolg­reich tätig und sagt – damit komme ich zum Schluss , dass Frühberatungen ganz, ganz wichtig sind, um Leute aus der Radikalisierungsspirale herauszuholen. (Abg. Wal­ter Rosenkranz: Wieso dürfen die alle so lang reden?!) Genau deshalb brauchen wir auch einen massiven Ausbau dieser Anlauf- und Beratungsstelle für Deradikalisierung. Wir haben derzeit bundesweit eine einzige solche Stelle mit sehr beschränkten Mitteln.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, wir möchten Sie ernst neh­men und sehen, dass Sie den Wert und die Wichtigkeit von Präventionsarbeit beim Thema Terrorbekämpfung erkannt haben. Bitte kommen wir von den Sagern ins Tun! – Danke vielmals. (Beifall bei den Grünen.)

10.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ertlschwei­ger. – Bitte.

 


10.28.41

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (STRONACH): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dschihadisten sind Staatsfein­de Österreichs – Punkt. Es ist kein Geheimnis, dass radikalislamistische Gruppierun­gen bereits in ganz Europa Fuß gefasst haben und auch Österreich schon lange keine Insel der Seligen mehr ist. Das ist ein Faktum, und dementsprechend müssen wir auch Maßnahmen setzen, um uns im Kampf gegen den Terror entsprechend zu rüsten. (Bei­fall beim Team Stronach.)

Gott sei Dank sind wir bis dato von so verheerenden Anschlägen, wie sie in Kopenha­gen passiert sind, wie sie in Paris oder zuletzt in Tunis passiert sind, noch verschont geblieben. Niemand von Ihnen wird aber so blauäugig sein und glauben, dass das nicht auch bei uns passieren kann.


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Genau aus diesem Grund ist es notwendig, dass wir verdächtige Gruppierungen ex­trem genau beobachten und extrem wachsam bleiben. Ein Beispiel ist die sogenannte Lies!-Stiftung, die am vergangenen Freitag in Eisenstadt wieder mit einer Koran-Ver­teilaktion für Aufsehen gesorgt hat. Die Lies!-Stiftung, die in ganz Europa Korane ver­teilt – in Deutschland sind es laut „Wiener Zeitung“ bereits 1,4 Millionen Exemplare –, war bereits zum zweiten Mal in Eisenstadt mit einem Infostand präsent. Ihr Ziel ist es, die fundamentalistische Ansicht des Islams zu verbreiten.

Man kann sagen, okay, da kann nichts dagegen sprechen, die Bibel zu verteilen, den Koran zu verteilen, das ist per se nichts Schlechtes. Die Aktion war beim Magistrat an­gemeldet, ist rechtlich gedeckt. – Und trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Her­ren, hat sie bei sehr vielen Menschen für Irritierung gesorgt. Viele haben sich gefragt, was das soll. Viele Passanten waren verwundert, als sie die fettgedruckte Glaubens­formel gelesen haben, die auf dem Beipackzettel beim Koran zu lesen war. Wenn ich diesen Satz lese, dann verstehe ich diese Verwunderung. Der lautet: „Dieser Satz ist Ihre Rettung vor der ewigen Bestrafung in der Hölle am Jüngsten Tag und der Schlüs­sel zum Paradies.“ (Abg. Steinhauser: Das kann man aber in der Bibel auch lesen! Abg. Kickl: Da kommt aber hinten nach noch etwas anderes!)

Meine Damen und Herren, in Eisenstadt war nach drei, vier Stunden alles vorbei, es ist alles in geordneten Bahnen verlaufen. In Wiener Neustadt war das nicht der Fall. Wie­ner Neustadt hat als erste Stadt Österreichs derartige Verteilaktionen der Lies!-Stiftung verboten. (Ruf: Gott sei Dank!) Dort hat das teilweise verbal aggressive Verhalten der Verteiler und das sehr offensive Verhalten dazu geführt, dass der Magistrat einge­schritten ist und gesagt hat: Stopp, in unserer Stadt nicht!

Wenn ich das höre, lese und sehe, dann wundert es mich nicht, dass der Verfas­sungsschutz schon aufmerksam geworden ist und derartige Verteilaktionen Gott sei Dank auch sehr wachsam beobachtet, denn schließlich ist laut Innenministerium auch evident, dass aus einer bloßen Verteilaktion auch ein Bezug zur Rekrutierung für den Dschihad entstehen kann. Das ist brandgefährlich. Deswegen habe ich heute eine ent­sprechende Anfrage an die Frau Bundesministerin eingebracht, die diese Aktivitäten der Lies!-Stiftung genau unter die Lupe nimmt. Ich erhoffe mir dadurch konkrete Ant­worten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es heute schon gesagt: Dschiha­disten sind Staatsfeinde Österreichs, da sie unsere demokratischen Werte angreifen. Diese Staatsfeinde müssen um jeden Preis von Österreich ferngehalten werden, und etwaige Radikalisierungstendenzen müssen bereits im Keim erstickt werden. Es ist vor allem notwendig, dass man bereits in den Schulen ansetzt und präventiv tätig ist.

An den Außengrenzen der Europäischen Union können Fahnder seit geraumer Zeit po­tenzielle Dschihadisten mit europäischem Pass leichter an der Ein- und Ausreise hin­dern. Das ist ein notwendiger und richtiger Schritt. Ich sage es auch heute: Das wird nicht der letzte Schritt sein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wieder temporäre Grenz­kontrollen eingeführt werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn es um die innere und äußere Sicherheit Österreichs geht, sind wir es den Men­schen in unserem Land schuldig, alle Möglichkeiten zu ergreifen, die uns der Rechts­staat erlaubt, auch wenn diese auf den ersten Blick unpopulär erscheinen mögen. Es geht in dieser gesamten Terrordebatte, die wir heute führen, nicht darum, Angst zu schüren und die Bevölkerung zu verunsichern. Darum geht es nicht! Es geht darum, sich der Bedrohungsszenarien bewusst zu werden und die entsprechenden und ver­antwortungsvollen Maßnahmen zu setzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich muss in dieser Angelegenheit als Staat ganz klare Grenzen ziehen. Hassprediger haben bei uns keinen Platz, die haben


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keinen Platz in diesem Land. Österreicher, die in den sogenannten Heiligen Krieg zie­hen und sich den Mördertruppen des Islamischen Staates, der Boko Haram, Al Kaida et cetera anschließen und morden und brandschatzen, haben bei uns ebenfalls keinen Platz.

Deswegen verstehe ich auch die Diskussion über die Frage nicht, ob man die Staats­bürgerschaft aberkennen soll oder nicht. Darüber gibt es keine Diskussion! (Beifall beim Team Stronach.) Jedem, der für den Islamischen Staat in diesen Heiligen Krieg zieht und Österreich den Rücken kehrt, gehört die Staatsbürgerschaft sofort aberkannt! Mein Zugang zu der ganzen Thematik ist: Prävention auf allen Ebenen, statt Reaktion und – schlimmstenfalls – Trauer! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sche­rak. – Bitte.

 


10.33.51

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Am Ende der Aktuellen Stunde würde ich gerne zwei Punkte ansprechen. Das eine haben wir schon gehört: das Thema Prävention. Wissen Sie, was die Attentäter in Kopenhagen und in Paris gemeinsam hatten? – Sie sind vorher schon in einem Ge­fängnis gesessen und wurden insbesondere auch in diesen Gefängnissen noch weiter radikalisiert. (Abg. Kickl: Was schließen Sie jetzt daraus? – Abg. Podgorschek: Was ist der Schluss?) Ich glaube, was wir auch brauchen, ist, dass wir uns professionell in den Gefängnissen darum kümmern, dass wir im Strafvollzug die Möglichkeiten auswei­ten, dass dort keine weitere Radikalisierung vonstattengehen kann.

Ein weiterer Aspekt der Prävention, der schon angesprochen wurde, sind die Fragen: Wie gehen wir mit dem sozialen Umfeld von Betroffenen, die radikalisiert sind, um? Wie gehen wir mit den Betroffenen selbst um? Ich glaube, Deradikalisierungswork­shops, die Deradikalisierungshotline – Agentur oder Anlaufstelle, wie auch immer man sie nennen will – sind ein Schritt in die richtige Richtung. Präventionsarbeit ist ganz be­sonders wichtig, weil wir, wenn wir die Signale möglichst früh erkennen, auch gegen eine weitere Radikalisierung arbeiten können. All die finanziellen Mittel und Ressour­cen, die wir in diese Präventionsmaßnahmen stecken, sind auch die finanziellen Mittel, die wir uns nachher bei Polizei und Justiz ersparen.

Der zweite Punkt ist die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Diese Zusammen­arbeit brauchen wir ganz dringend, weil das ein Problem ist, das wir nur auf europäi­scher Ebene gemeinsam lösen können. Beide Agenturen auf europäischer Ebene, die damit befasst sind nämlich Europol und Eurojust –, sagen, sie werden unzureichend mit den entsprechenden Daten versorgt. Wenn das Europäische Parlament zehn Jah­re, nachdem man sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeignet hat, eine Entschlie­ßung beschließen muss, die sagt, wir brauchen noch mehr Informationsaustausch, wir brauchen noch mehr gemeinsames Arbeiten, dann merken wir, dass wir ganz offen­sichtlich nicht dort angekommen sind, wo wir schon vor zehn Jahren beschlossen ha­ben, dass wir gemeinsam hinwollen.

Wir brauchen in dem Zusammenhang mehr und nicht weniger Europa. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit, weil dieses Problem nur auf europäischer Ebene gemeinsam gelöst werden kann. Vor diesem Hintergrund  und insbesondere, wenn wir uns an­schauen, welche Maßnahmen wir gemeinsam ausgemacht haben – sollten wir uns immer auch anschauen, ob diese Maßnahmen umgesetzt wurden, ob wir nicht noch mehr gemeinsam handeln sollten oder ob es doch nur bei Lippenbekenntnissen geblie­ben ist.


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Die Frage ist auch, ob wir die Maßnahmen wirklich immer ausreichend ausgeschöpft haben, ob wir nicht vielleicht mehr Personal und Ausstattung bräuchten das ist auch das, was in vielen Bereichen momentan von der Bundesregierung kommt. Beispiels­weise sollten wir vielleicht die 500 Millionen €, die für die Fluggastdatenspeicherung ver­anschlagt sind, besser für andere Vorhaben verwenden.

Genau das ist gleich das Thema: die Vorratsdatenspeicherung, Kollege Alm hat es schon angesprochen. – Frau Ministerin, wir hätten da schon ganz gerne ein klares Bekenntnis von Ihnen. Jetzt hat sogar die Europäische Kommission schon gesagt, sie sehe davon ab, in diesem Punkt einen neuen Anlauf zu starten. Ich halte es für ganz besonders wichtig, endlich klarzumachen, dass das kein adäquates Mittel ist, um in ir­gendeiner Art und Weise gegen Terrorismus vorzugehen.

Was nicht geht, ist, dass wir nach dem Motto: Hilft es nicht, schadet es aber auch nicht!, weiterhin Maßnahmen ergreifen, die Grundrechte einschränken, die Freiheits­rechte von Menschen einschränken. Wir wissen, dass gezielte Ermittlungen wesentlich besser helfen und einen wesentlich besseren Output haben als die anlasslose Spei­cherung von Vorratsdaten, die anlasslose Speicherung von Fluggastdaten, die anlass­lose Überwachung von Menschen mittels Kameras. Wir brauchen gezielte Maßnah­men. Es kann nicht sein, dass wir kollektiv alle Bürgerinnen und Bürger der Unschulds­vermutung berauben und der Meinung sind, dass wir ihre Freiheitsrechte in diesem Ausmaß, wie es bereits geschehen ist, weiter einschränken sollten. Arbeiten wir lieber gemeinsam an den Maßnahmen, die gezielt gegen Terror abzielen, anstatt dass wir in irgendeiner Art und Weise weiterhin Grundrechte einschränken!

Kollege Cap hat gesagt, die Balance sei das Wesentliche, genauso, wie auch die In­nenministerin das gesagt hat. Sie haben vollkommen recht, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit ist das ganz Wesentliche. Wissen Sie, wieso wir es hier explizit ansprechen? – Unter der rot-schwarzen Regierung hat die Freiheit leider in den letzten Jahren immer den Kürzeren gezogen. Das ist der wesentliche Punkt, wieso man diese Balance immer wieder einfordern muss, weil es immer die Freiheitsrechte der Bürge­rinnen und Bürger waren, die in den letzten Jahren den Kürzeren gezogen haben. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.38


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

 


10.38.26

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir zwei Ergänzungen. Zum Ersten zum gesamten Bereich der Prävention: Ja, es war gut, wichtig und richtig, dass wir die Präventionsstelle gegen Extremismus beim Familienministerium angesiedelt ha­ben. In diesem Zusammenhang ein ganz herzliches Danke der Frau Familienministerin und dem gesamten Team dieser Beratungsstelle.

Aber gestatten Sie mir auch den Hinweis, dass diese Beratungsstelle selbstverständ­lich im Bereich der Offenen Jugendarbeit aufs Engste mit allen Beratungsstellen und Institutionen in ganz Österreich vernetzt ist. Das heißt, es gibt eine enge Zusammen­arbeit mit einem umfassenden Netzwerk. Weiters ist natürlich Prävention nicht aus­schließlich eine Arbeit, eine Verantwortung des Innenressorts, sondern aller anderen Ressorts und auch jedes Einzelnen.

Zum Zweiten gestatten Sie mir, zu zwei Polizeieinsätzen etwas zu sagen, die heute hier von meinen Vorrednern angesprochen worden sind. Erstens zum Fall Gmünd, den Herr Pilz angesprochen hat, wo Sie den Vorfall in Gmünd in der Pizzeria geschildert ha­ben: Ja, wir haben die Untersuchungen eingeleitet, dass das im Detail zu beleuchten ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 50

Zum zweiten Fall, der heute angesprochen worden ist, nämlich dem des gestrigen Ein­satzes in der Mariahilfer Straße: Sie wissen, dass ich generell keine Einsätze im Detail kommentiere, aber ich möchte einige Fakten nennen. Zum einen wird, wie in jedem anderen Fall auch, der Einsatz natürlich im Detail analysiert. Warum? – Weil wir sei­tens der Polizei immer besser werden wollen.

Zu den Fakten: Was ist geschehen? – Eine Frau hat sich bedroht gefühlt. Eine Frau wurde verfolgt und hat um Hilfe gerufen. Sie hat die Polizei angerufen und um Hilfe gebeten. Und die Polizei hat das einzig Richtige getan: Sie hat die Verfolgung aufge­nommen und den Verfolger festgenommen. An dieser Stelle möchte ich allen Polizis­tinnen und Polizisten, die bei diesem Einsatz mit dabei waren, ein Danke aussprechen, denn sie haben diese Frau beschützt und vielleicht vor Schlimmerem bewahrt. – Dan­ke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

10.40


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.41.09Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4210/J bis 4359/J

2. Anfragebeantwortungen: 3318/AB bis 3387/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (510 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsge­setz 1999 geändert wird (511 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 67 betreffend „HCB (Hexachlorbenzol) in Kärnten“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 977/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz in der Pensionsversicherungsanstalt

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 981/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rufnummernunterdrückung bei der Exekutive

Antrag 987/A(E) der Abgeordneten Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Einführung temporärer Grenzkontrollen und Ausweitung des beste­henden Regelsystems“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 51

Justizausschuss:

Antrag 974/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rehabilitation und Entschädigung von auf Basis anti-homose­xueller Strafgesetze verurteilten Personen

Antrag 976/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung eines Gerichtsgebührenrechners

Antrag 984/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rufnummernunterdrückung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften

Antrag 986/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Trennungsopfer – gemeinsame Obsorge beider Elternteile

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 975/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung eines Gerichtsgebührenrechners

Landesverteidigungsausschuss:

Antrag 978/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend keine Reduzierung der Kampfpanzer des Österreichischen Bundesheeres

Antrag 979/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend keine Verwertung der schweren Waffen, sondern Überführung in die MILIZ

Antrag 982/A der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport Mag. Gerald Klug

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 985/A(E) der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Diskriminierung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2015/5 (III-157 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Antrag 980/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen be­treffend verpflichtende Volksabstimmung bei Ratifikation von Staatsverträgen

Antrag 983/A(E) der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Valorisierungsbericht über die Umsetzung des „Islamgesetzes“

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (492 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Familienausschuss:

Tätigkeitsbericht 2013 der Bundesstelle für Sektenfragen, vorgelegt von der Bundesmi­nisterin für Familien und Jugend (III-160 d.B.)

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 52

10.41.15Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3221/AB

 


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3221/AB der Anfrage 3384/J der Abgeordneten Schellhorn, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Wirtschaftskammerfinanzierung durch den Herrn Bun­desminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft abzuhalten.

10.41.50Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Weiters teile ich mit, dass ein Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen vorliegt, dem Tourismusausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 910/A(E) der Abgeordneten Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von zusätzlichen Investitionsanreizen für Tourismusbetriebe durch Heran­führung der AfA an die wirtschaftliche Lebensdauer eine Frist bis 21. April 2015 zu set­zen.

*****

Da die erwähnten Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten gleichzeitig ge­stellt wurden, werden diese in der Reihenfolge, in der ich sie genannt habe, gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr aufgerufen werden. Allfällige Abstimmungen werden im Anschluss an die diesbezüglichen Debatten erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 2 bis 4 sowie 11 und 12 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108 Minuten, FPÖ 100 Minuten, Grüne 84 Minuten sowie STRONACH und NEOS je 44 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügli­ches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.43.501. Punkt

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Steuerreform 2015/2016; Das Entlastungsprogramm zur Stärkung der Kaufkraft und Schaffung von Arbeits­plätzen“

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 53

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung. Ich be­grüße die Mitglieder der Bundesregierung.

Im Anschluss an die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zum The­ma Steuerreform 2015/2016 wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entspre­chend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfinden.

Als Erstem erteile ich Herrn Bundeskanzler Faymann das Wort. – Bitte, Herr Bundes­kanzler.

 


10.44.41

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hochverehrte Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens haben wir seit Längerem zu Recht ge­sagt – und da sehe ich eine gewisse Übereinstimmung mit den meisten Parteien die­ses Hauses –, dass der Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent zu hoch ist. Dies ist his­torisch durch eine gewisse Befreiung der unteren Einkommen von der Lohn- und Ein­kommensteuer entstanden, wobei aber kein Übergang geschaffen wurde, der dafür sorgt, dass am Beginn der Steuerpflicht eine flache Kurve ansetzt.

Dieses Thema hat auch im Wahlkampf eine Rolle gespielt. Da man ja auch gerade nach einer Wahl die Wahlkampfthemen in Erinnerung rufen soll, war es uns ein ge­meinsames Anliegen, diesen Eingangssteuersatz auf 25 Prozent zu senken.

Zweitens zeigen alle europäischen und internationalen Analysen, dass die Lohn- und Einkommensteuer bei uns zu hoch und vermögensbezogene andere Steuern niedriger als in anderen Ländern sind. Daher haben wir dort, wo wir zu hohe Steuern haben – nämlich bei den Lohn- und Einkommensteuern –, eine Senkung vorgenommen.

Ich möchte dazu im Folgenden nur ein Beispiel bringen: Die Lohnsteuer hat 2014 25,9 Milliarden € gebracht. Wenn ich nur den Teil der Senkung der Lohnsteuer heraus­nehme, dann sind das 4,6 Milliarden €. Wie Sie wissen, sind bei der Entlastung auch die Einkommensteuer und die Negativsteuern zu berücksichtigen. Doch wenn ich für diese Rechnung nur die Senkung der Lohnsteuer von 4,6 Milliarden € berücksichtige, dann ergibt das eine Senkung des Steuersatzes bei der Lohnsteuer um 17,7 Prozent. Also: Die Lohnsteuer um mehr als 17 Prozent zu senken, ist doch etwas Gewaltiges – vor allem in einer Zeit, in der wir europaweit alle unter engen Budgetkorsetts leiden, weil wir noch lange nicht die Trümmer der Wirtschaftskrise weggeräumt haben. Die Budgets und die uns selbst auferlegten Stabilitätskriterien – wobei bei den Stabilitäts­kriterien die niedrigen Zinsen, die wir derzeit für unsere Staatsanleihen bezahlen, sehr wichtig sind – geben uns relativ wenig Spielraum, so eine Steuersenkung einfach zu­sätzlich zu machen.

Daher war es notwendig, dass wir Spielräume nutzen, aber auch Gegenfinanzierungen schaffen.

Ein Schwerpunkt der Gegenfinanzierung ist, wie Sie wissen, die Betrugsbekämpfung. (Abg. Moser: Endlich! Das ist ja eigentlich selbstverständlich!) Es haben sich mittler­weile sehr viele Unternehmer gemeldet und gesagt, es sei aus ihrer Sicht verständlich und richtig, dass auch in ihrer Branche alle Steuern zahlen. Für einen Arbeiter und An­gestellten ist das sowieso selbstverständlich, denn dem wird die Steuer abgezogen. Aber es haben sich auch sehr viele Unternehmer gemeldet, die – im Unterschied zu den Einzelmeinungen, die es überall gibt – gesagt haben, dass das Ansinnen, Steuern zu zahlen und Betrug zu bekämpfen, richtig ist.

Bei der Betrugsbekämpfung haben wir einen besonders hohen Betrag von fast 2 Mil­liarden € eingestellt, aber nicht nur als Hoffnungsschimmer für eine Gegenfinanzierung, sondern im Zusammenhang mit Maßnahmen. Dabei haben uns die Verantwortlichen


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aus der Betrugsbekämpfung, die Praktiker, die vor Ort zuständig sind und ja wissen, woran es scheitert und warum da einige zu wenige Steuern zahlen, gesagt, welche Ins­trumente sie gerne hätten und welche Instrumente ihrer Meinung notwendig wären. Zu nennen sind dabei das bekannte Instrument der Registrierkasse, aber auch das Instru­ment, dass im Zuge von Prüfungen – in der Regel natürlich von Betriebsprüfungen – die Prüfer auch ohne Gericht in die Konten des Betreffenden hineinschauen können, um bei Unklarheiten nachvollziehen zu können, was dahinter steckt. Ein zentrales Kon­toregister ist hier von Vorteil, weil man dadurch weiß, wo der Betreffende überall ver­fügungsberechtigt ist.

Dafür nicht zu Gericht gehen zu müssen, sondern gleich selbst dieses Instrument zur Verfügung zu haben, ist eine Frage der Unterstützung der Prüfer. Daher ersuche ich natürlich auch die Opposition, uns dabei zu unterstützen, weil in Bezug auf diese und einige andere Punkte bei gemeinsamen Anliegen ein Weg zu finden ist, etwas gegen den Steuerbetrug zu unternehmen, und zwar mit konkreten Instrumenten, statt nur die Überschrift zu schreiben. Wir haben uns diesbezüglich sehr intensiv mit den Verant­wortlichen des Finanzministeriums auseinandergesetzt, um das auch im Detail zu erar­beiten.

Wie Sie wissen, haben wir bei den Gegenfinanzierungen im Sparbereich auch einen ehrgeizigen Pfad eingestellt, der Bund, Länder und Gemeinden betrifft, wo wir zusätz­lich dazu, was wir an Stabilitätskriterien ohnehin zu erfüllen haben, weiter sparen.

Wir haben darüber hinaus auch im vermögensbezogenen Bereich eine Reihe von steu­erlichen Möglichkeiten umgesetzt, die Sie ja kennen und die wir auch öffentlich vorge­stellt haben, etwa im Bereich der Aktien- und Dividendengewinne oder einer Erhöhung, wenn jemand eine Immobilie kauft und wieder verkauft und daraus Zuwächse hat.

Diese Maßnahmen zur Gegenfinanzierung sind notwendig geworden, weil wir nicht sa­gen können: Die Wirtschaft läuft so gut, das Wachstum sprüht und sprießt überall. Da­her können wir auch nicht sagen, dass wir die Steuerreform aus dem Wachstum und den zusätzlichen Einnahmen finanzieren. Es hat schon Steuerreformen gegeben, die nur mit Erwartungshaltungen auf zukünftige bessere Einnahmen finanziert wurden und praktisch keine Gegenfinanzierung erforderlich machten. Jetzt haben wir aber, obwohl es die größte Steuerentlastung ist, die Aufgabe gehabt, auf der anderen Seite Gegenfi­nanzierungen einzustellen.

Ich bin davon überzeugt, dass diese Steuerreform mit einem Volumen von 4,9 Milliar­den €, die rund 6,4 Millionen Österreicher steuerlich entlastet, auch aufseiten der ein­zelnen Betroffenen Interesse daran weckt, was sie bekommen und wovon sie auf der anderen Seite betroffen sind. Darum bin ich auch allen Einrichtungen in unserer Repu­blik dankbar – allen voran natürlich dem Finanzministerium, aber auch den anderen Einrichtungen –, die so etwas wie einen Gehaltsrechner aufgebaut haben, damit der Einzelne die Möglichkeit hat, zu schauen, wie es ihn persönlich betrifft. In der politi­schen Diskussion sind natürlich die allgemeinen Zahlen – 6,4 Millionen Betroffene – und Dimensionen auf den Tisch zu legen, aber für den Einzelnen ist die Wahrheit kon­kret, und daher bin ich froh, dass diese Tools geschaffen wurden.

Die deutschen Wirtschaftswissenschafter Peter Bofinger und Marcel Fratzscher haben sich zu unserer Steuerreform zu Wort gemeldet und sie als eine große und mutige Reform bezeichnet, „die vor allem die Arbeitnehmer mit geringem Einkommen und Pen­sionisten signifikant entlastet“. Sie ist „positiv, mutig und im EU-Vergleich exempla­risch“. Das ist „volkswirtschaftlich sinnvoll“, sagen die Wirtschaftsexperten. „Das stei­gert die Kaufkraft und trägt zum Wachstum bei.“

Dies ist der Schlüssel: Wir wollen die Arbeitslosigkeit bekämpfen! Wir geben uns nicht damit zufrieden, dass wir bei den Statistiken immer an erster oder zweiter Stelle und


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immer bei den Besten sind. Vielmehr sind wir über jeden Arbeitslosen entsetzt und wol­len daher die Arbeitslosigkeit mit allen Möglichkeiten bekämpfen, die uns zur Verfü­gung stehen. Und dazu gehört diese Steuersenkung, die ein zentrales Element für die Beschäftigungspolitik in unserem Land ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da ich überzeugt bin, dass der Herr Vizekanzler und der Herr Finanzminister, aber na­türlich vor allem Sie, verehrte Abgeordnete, in dieser Diskussion sicher viele Aspekte im Detail beleuchten werden, möchte ich Ihnen noch zu einem generellen Aspekt et­was sagen. Wir wissen, dass das Ziel, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Wirt­schaft anzukurbeln, eine Frage der gemeinsamen europäischen Politik ist, eines Wirt­schaftsstandorts Europas und dessen Fähigkeit, im Markt auch nachhaltiges Wachs­tum zu erreichen.

Wir wissen, dass wir in vielen Branchen Zulieferer sind, auch der deutschen Wirtschaft, und beobachten immer sehr genau, wie sich unsere Nachbarn entwickeln. Aber wir wissen auch, dass wir selbst im Land eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung ha­ben, die nicht anstelle europäischer Politik einzusetzen sind, aber die zusätzlich akti­viert werden müssen. Aus diesem Grund haben wir auch bei unserer Regierungs­klausur ein Paket geschnürt.

Zu nennen sind dabei die Rahmenbedingungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Möglichkeiten, etwa die Forschungsprämie im Bereich der Forschung. Im Bereich von Finanzierungsformen für Klein- und Mittelbetriebe, die sehr oft über die Kreditklemme klagen, ist es für uns natürlich wichtig, dass, gerade wenn die Investitionen ein biss­chen anspringen, auch die entsprechende Finanzierung für Klein- und Mittelbetriebe si­chergestellt sein muss. Diesbezüglich haben wir eine erste Maßnahme gesetzt, aber es sind sicher noch weitere Maßnahmen notwendig.

Auch in anderen Bereichen, die die Frage der Wettbewerbsfähigkeit betreffen, haben wir Rahmenbedingungen – konkret mit Prämien, mit Unterstützungen – festgelegt. Es gibt auch Themen, die eine mittelfristige Bedeutung für uns haben, wo wir sehr genau wissen, dass das im Reformansatz in unserem Land zu den Schlüsselfaktoren gehört. Das betrifft einerseits eine effizientere Verwaltung, andererseits eine verbesserte quali­tative Bildung.

In Summe ist diese Steuersenkung ein wichtiger Markstein in der österreichischen Poli­tik, aber er ist nicht der einzige für die Entwicklung eines nachhaltigen Wachstums und für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Ich bedanke mich bei allen, die uns auch die Chance gegeben haben, in der öffentli­chen Diskussion konstruktiv, sachlich, politisch – durchaus mit Unterschieden – dazu Stellung zu nehmen.

Ich ersuche jene, die schon lang vor der Steuerreform, genauso wie auch nach der Steuerreform, immer schon gewusst haben, dass ohnehin alles nichts ist und dass so­wieso alles nichts bedeutet, diese Diskussion vielleicht doch ein bisschen konstruktiv zu führen, und zwar im Interesse dieses Landes – nicht im Interesse einer anderen Partei, sondern im Interesse dieses Landes, im Interesse Österreichs! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.56


Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Bundeskanzler, für Ihre Ausführungen.

Ich erteile nun Herrn Vizekanzler Dr. Mitterlehner das Wort. – Bitte.

 


10.56.59

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kol-


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legen aus dem Regierungsteam! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zu­schauer auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehschirmen! Die Steuerreform ist ein wichtiges Thema, das uns alle sehr beschäftigt hat – Sie wahrscheinlich auch, und es wird Sie wahrscheinlich noch beschäftigen.

Wir haben uns insgesamt drei Ziele gesetzt. Das erste Ziel war die Konjunkturbele­bung, das zweite die Entlastung der Bürger – der Unselbstständigen, aber auch der Selbstständigen sowie der Pensionisten. Das dritte Ziel – und das ist noch nicht er­wähnt worden – war die budgetneutrale Vorgangsweise, denn im Endeffekt ist es un­möglich, Geld zu verschenken oder zu vergeben, ohne auf das Budget zu achten. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ich darf auf alle drei Aspekte eingehen. Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich die internationale Konjunktur anschauen, dann sehen Sie, dass wir uns im siebten Jahr einer Wirtschaftskrise befinden, leider nicht in einer dauerhaften Erholung. Viele Län­der müssen Sparprogramme umsetzen, alle fordern Konjunkturprogramme. Wir sind als eines der wenigen Länder in der Lage, ein Konjunkturprogramm zu setzen – das haben wir gestern angesprochen –, mit wirklich guten Maßnahmen wie 12 Prozent For­schungsprämie, Crowdfunding und anderem mehr. Diese Steuerreform wird die Kon­junktur beleben.

Wir haben heuer ein Wachstum von 0,8 Prozentpunkten. Das ist viel zu wenig, um am Arbeitsmarkt etwas zu erreichen. Mit der Steuerreform wird das Wachstum, alleine aus diesem Titel, in den nächsten fünf Jahren um 0,5 Prozentpunkte mehr betragen. – Das belebt die Konjunktur, das belebt den Arbeitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Wir sind uns alle einig, dass wir zu viele Steuern bezahlen und dass vor allem die Re­lation brutto zu netto nicht mehr passt. Mit dieser Steuerreform gelingt es, insgesamt rund 6 Millionen Bürger zu entlasten. Das ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer und für die Angestellten positiv. Rund 4,5 Millionen profitieren davon, dass der Ta­rif besser ist.

Es profitieren aber genauso die Unternehmer und die, die zur Einkommensteuer veran­lagt sind. Es sind 300 000 direkt betroffen, 600 000 indirekt, weil sie auch veranlagen. Auf der dritten Ebene gibt es viele Pensionisten – vielleicht gerade heute vor den Fern­sehschirmen –, die nicht nur durch den Tarif profitieren, sondern von denen auch jeder eine Rückerstattung von 110 € bekommt. 110 € sind 30 Kaffee im Monat oder zwei Tankfüllungen bei einem Mittelklasseauto. Wir schaffen also im Endeffekt auch in die­sem Bereich eine spürbare Entlastung.

Jeder sagt immer: Ich spüre ja die Steuerreform bei mir überhaupt nicht. – Beim Rech­ner des Finanzministeriums, der auch über die ORF-Homepage abrufbar ist, haben schon 1,6 Millionen Menschen ihre persönliche Situation gecheckt. Natürlich: Alle, die befragt werden, sehen ihre Situation positiv. Ich nehme an, mit dem heutigen Tag wer­den es noch mehr sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es wird dann immer gesagt: Da profitieren ja nicht nur dieje­nigen, die keine Steuern zahlen. Da profitieren nicht nur die kleinen Einkommensbe­zieher, sondern auch der Mittelstand. – Meine Damen und Herren, genau das ist er­wünscht! (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Wer zahlt denn die Steuern? – 30 Prozent der Mittelstand. Er bringt 80 Prozent des ge­samten Lohn- und Einkommensteuervolumens zustande. Ihn zu entlasten war unser Ziel, ihn zu entlasten ist uns auch geglückt. Das finde ich besonders positiv. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nicht dabei ist die Erbschaftssteuer, nicht dabei ist die Ver­mögensteuer, nicht dabei ist die Schenkungssteuer. Allen, die gerade jetzt bei der


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Grunderwerbsteuer alles dreimal umdrehen und fragen: 35 Millionen € soll das brin­gen?, denen entgegne ist: Das ist ja fast ein Ansatz in die Richtung, sie sollen sich ein­mal anschauen, was 35 Millionen € in Relation zu 500 Millionen € und Sätze von 2 Pro­zent im Vergleich zu Sätzen von 20 Prozent sind. Also auch da: Nachrechnen, überle­gen und bewerten wäre ganz gut. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.) – Herr Kollege, rechnen Sie es nach!

Meine Damen und Herren! Es profitiert daher nicht eine Partei. Sie brauchen sich nur anzuschauen, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer es in Österreich gibt. Wäre es so, dass da nur eine Partei profitiert, hätte diese vielleicht die absolute Mehr­heit. Ich nehme für mich in Anspruch, wir sind als Partei für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauso attraktiv.

Zweiter Punkt. Die Selbständigen und die Unselbständigen profitieren gleichermaßen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Die Pensionisten habe ich angesprochen. Es profitiert also eigentlich jeder – Sie werden auch alle überlegen, ob Sie profitieren –, der entsprechend in das Steuersystem einzahlt.

Daher ist das nicht eine Steuerreform für eine Partei, es ist eine Steuerreform für Ös­terreich. Das ist der entscheidende Punkt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang ist mehrfach gesagt worden, das sei keine ökologische Steuerreform. Einige Ansätze sind dabei, stimmt auch. Im Wesentlichen, so glaube ich, kann man eine ökologische Steuerreform nur dann durchführen, wenn sie international akkordiert wird. Man kann nicht einseitig die Mehrwertsteuer oder andere Steuern er­höhen. Eine Erhöhung der Mineralölsteuer wäre problematisch, wenn die Deutschen nicht genau das Gleiche tun. (Abg. Steinbichler:  Holz besteuern!) Mit ihnen sind wir verbunden. Daher sehe ich den Spielraum für eine ökologische Steuerreform eher ein­geschränkt.

Manche glauben, für die Familien wäre mehr drinnen gewesen. Ich kann Ihnen nur sa­gen, für die Familien haben wir eine Erhöhung auf 440 €, was den Freibetrag anbe­langt. Das ist beträchtlich. Wir nehmen auf der einen Seite 1,2 Milliarden € für die Fa­milienbeihilfen und auf der anderen Seite auch für den Ausbau der Kinderbetreuung in die Hand. Also auch das ist ein Ansatz, der über die Steuerreform hinausgeht, was aus unserer Sicht sehr positiv ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit sind wir bei einer Frage, die immer wieder angesprochen wird: Wer profitiert? Wer verliert? – Jeder möchte in Österreich immer profitieren. Na klar! Aber ich habe als dritte Zielsetzung angesprochen, wir brauchen Budgetneutralität. Wenn ich Budgetneu­tralität brauche, dann muss ich natürlich irgendwo eine Gegenfinanzierung sicherstel­len. Ich glaube schon, dass wir bei der Gegenfinanzierung auch seriös vorgegangen sind – nicht, was den Rückfluss bei der Konjunktur anbelangt –, das sieht jeder gern.

Ich nenne beispielsweise die Mehrwertsteuer. Da gibt es Expertenvorschläge, dass wir Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer überprüfen sollten. Das haben wir getan: Das ist der 10-Prozent-Satz. Warum sollen Lebensmittel begünstigt werden? – Klar, Lebens­mittel haben eine soziale Wirkung, Mieten detto. Aber im Endeffekt: Wie ist beispiels­weise die Mehrwertsteuer bei Verpflegung und gastronomischen Produkten in Deutsch­land? – 19 Prozentpunkte, bei uns in Österreich 10 Prozentpunkte.

Daher: Im Bereich Begünstigung haben wir andere Wettbewerbsvorteile. Wir haben ein­zig und allein bei den Hoteliers um 3 Prozentpunkte, was wettbewerbsorientiert ist, er­höht. Das ist unangenehm. (Abg. Haider: Deutschland 7, Schweiz 3,5!) – Ist unange­nehm. Hören Sie mir bitte kurz zu! (Abg. Haider: 7 in Deutschland!)

Erwähnen Sie bitte nicht immer die Schweiz! Die haben 25 Prozentpunkte mit der Ent­koppelung von Euro und Franken verloren. (Abg. Loacker: Aber das kassiert nicht der


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Staat!) Dort gibt es echt existenzielle Probleme im Tourismus. Aber bei uns haben wir erfreulicherweise im Tourismus die Situation, dass wir nicht hochpreisig am Markt sind, sondern im mittleren Preissegment. Daher wird man auch die 3 Prozentpunkte hinein­bringen können.

Wenn das nicht so ist, Herr Kollege Schellhorn, werden Sie eine Diskussion am inter­nationalen Markt haben, wenn Sie die Hand ganz hoch heben, dass wir vielleicht zu teuer sind. Ich glaube, wir sind das nicht. Aber ich glaube sehr wohl, dass wir nächstes Jahr, wenn auch der Konsument kaufkräftig ist – wir haben 30 Prozent Inlandsanteil –, die 3 € von 100 € einigermaßen auch in Richtung der Konsumenten weiterverrechnen können. Das ist verträglich und auch ein Beitrag. Sie müssen die Relationen sehen: 250 Millionen € bei 25 Milliarden € – ich glaube, das sollten wir finanzieren können. (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

Ein weiterer Punkt, den man ansprechen muss, ist, weil im Programm drinnen steht, die Regierung erdreistet sich, 1,9 Milliarden € für Betrugsbekämpfung einzustellen. Mei­ne Damen und Herren, wie kommen wir zu dem? – Nicht durch eine Pauschalverurtei­lung, dass alle Steuerbetrüger sind, sondern durch einen ganz einfachen mathemati­schen Vorgang, der lautet: Schauen Sie sich einmal internationale Mehrwertsteuerta­bellen und den Vergleich zu Österreich an! Da fehlen uns rund 3 bis 4 Milliarden €. Da hat niemand etwas dagegen, wenn man Karussellbetrug und irgendwelche Internetfir­men nennt, aber jeder in dem Sektor sagt, doch nicht bei mir.

Meine Damen und Herren! Wer sehr schreit, hat manchmal etwas zu verbergen. Ich möchte niemanden pauschal verdächtigen, aber wenn man eine Registrierkasse auf­stellt, wenn man auch die Finanzierung sicherstellt, was wir tun wollen, dann bekommt man natürlich auch Sicherheit in der Abrechnung mit dem Finanzamt. Man bekommt auch einen entsprechenden Überblick, was die eigene Gebarung und die Möglichkei­ten anbelangt.

Daher würde ich sagen: Das haben wir in vielen Staaten. Schauen wir uns das doch einfach vorbehaltlos an! Hand aufs Herz! Ich habe einiges an Rechnungen eingesteckt, und Sie kennen alle die Frage: Brauchen Sie eine Rechnung? – Also im Endeffekt sind wir da bei einem bestimmten Punkt, der eben in Österreich immer toleriert worden ist. Ich glaube, das sollte nicht mehr so sein.

Meine Damen und Herren, dann kommen Sie auch zu einer Fragestellung, die, auch im ORF, lautet: Wenn ich das nicht mehr schwarzmachen kann, dann kann meine Fir­ma oder mein ganzer Betrieb gar nicht mehr existieren. – Wo sind wir eigentlich hinge­kommen? Wir reden da vom Parlament, wir reden von der Regierung. Schwarzarbeit oder Betrug können doch nicht ein Geschäftsmodell sein! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Da ist nicht gemeint – damit mir niemand umkippt –, wenn man Nachbarschaftshilfe mit ganz geringem Aufwand leistet, wo man praktisch gratis tätig ist. Da ist nicht gemeint, wenn man sich in einer Bagatellrahmengrenze bewegt und irgendetwas macht. Da ist der gewerbsmäßige Pfusch gemeint, aber auch der gewerbsmäßige oder vorsätzliche Sozialmissbrauch.

Meine Damen und Herren! Ich möchte wirklich sagen: Schauen Sie in die Schweiz, die Sie immer gerne zitieren, oder schauen Sie beispielsweise auch in Richtung Vereinigte Staaten! Dort ist Folgendes der Fall: Steuerbetrug, nämlich organisierter Steuerbe­trug, ist Diebstahl an der Gemeinschaft. Dort ist organisierter oder vorsätzlicher Sozial­betrug Diebstahl an der Solidarität und Gefährdung der Solidarität.

Daher aus meiner Sicht: Das können und wollen wir uns nicht leisten. Wir wollen nie­manden pauschal verdächtigen, aber dass wir einfach einmal den Rahmen herstellen, das ist, so glaube ich, ein legitimes Ziel.


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Damit sind wir dort: Jeder von den Experten sagt uns: Wenn Sie im Endeffekt so hohe Steuer- und Abgabenquoten haben, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn das dann zu Steuervermeidung und zu -tricks führt. Ich kenne viele Hotelbesitzer, die mir sagen, wie dann Provisionen und anderes über London abgerechnet werden – ohne Mehrwert­steuer. Das ist eigentlich nicht in Ordnung, aber ist halt so, und wir schauen, wie das anders sein könnte. Aber klar ist natürlich, man braucht dann auf Dauer niedrigere Lohnsteuern und alles, was man in dem Zusammenhang an Abgaben zahlt.

Da kann ich mich nur dem Finanzminister, der übrigens mit seinem Ministerium groß­artige Unterstützung geleistet hat, was die technischen und auch sonstige Details an­belangt, anschließen, wenn er sagt: Wenn wir alle Steuern zahlen, müssen wir alle mit­einander weniger zahlen!

Im Endeffekt muss natürlich klar sein, wo wir hingehen. Wir müssen dort hingehen, dass wir, was Pensionen, was den Arbeitsmarkt und was die Verwaltung anbelangt, die Reformen fortführen. Es hat ja alles keinen Sinn, wenn man auf der einen Seite seine Einnahmen eventuell senkt, aber auf der anderen Seite die Ausgaben nicht im Griff hat.

Meine Damen und Herren! Daher ist die Konsequenz einfach folgende: Wir wollen, wenn es um das Sichern der Pensionen geht, alle nicht die Leistungen mindern, wir wol­len einfach die Effizienz steigern.

Damit sind wir eigentlich beim Schluss, damit ich meine Redezeit auch einhalte: Die Diskussionen werden eröffnet.

Im Endeffekt geht es um Österreich. Im Endeffekt geht es um einen modernen, zeitge­mäßen Staat, einen wettbewerbsfähigen Staat, einen Staat, der in Europa nach den­selben Prinzipien agiert wie andere. Wenn wir mit dieser Steuerreform eine gemeinsa­me Kultur des Miteinander entwickeln, werden wir auch ein funktionierendes System des Füreinander haben! Darum geht es und um nichts anderes. – Vielen Dank. (Anhal­tender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

11.10


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gehen nun in die Debatte über die Erklärungen ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


11.11.03

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenarsaal und vor den Fernsehschirmen! Ich darf auch recht herzlich alle hier auf der Galerie begrüßen, vor allem eine Seniorengruppe aus Oberösterreich und Vorarlberg, die heute zugegen ist. (Allgemeiner Beifall.)

Danke, dass wir heute Gelegenheit haben, diese Steuerreform im Hohen Haus zu dis­kutieren. Wir reden ja von einer Steuerreform, die erst ab kommendem Jahr, am 1. Jän­ner 2016, in Kraft treten soll. Es wird vorher noch ein wahrscheinlich nicht ganz so einfaches Budget zu erstellen sein.

Die Entwicklung, wie es zu dieser Steuerreform gekommen ist, war schon etwas du­bios und kritikwürdig. Während der Verhandlungen über die Reform haben wir erlebt, dass wir, die Opposition, in keiner Weise irgendwo eingebunden, informiert oder viel­leicht zu Rate gezogen worden wären. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Aber wir ha­ben dann nach der Präsentation der Steuerreform gehört, dass man vielleicht doch da oder dort eine Zweidrittelmehrheit durch die Opposition benötigt – quasi über die Me­dien ausgerichtet, nach dem Motto, Herr Klubobmann Schieder: Friss, Vogel, oder stirb! Bis heute ist kein Anruf bei uns eingelangt, diesbezüglich irgendwelche Gespräche oder Verhandlungen aufzunehmen.


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Was schon unverständlich ist – man kann es auch eine Unverschämtheit nennen –, ist, dass wir gestern angerufen und für heute um 9 Uhr zu einer Art Informations-Priva­tissimum des Herrn Finanzministers eingeladen worden sind. Dort hätten wir Klubob­leute kurz vor der Debatte der Steuerreform darüber informiert werden sollen sowie über den weiteren Fahrplan, während wir hier eine Plenarsitzung haben, die von der Präsidiale festgelegt wurde. Das gehört sich einfach nicht, und es entspricht auch nicht der Würde des Hohen Hauses, so vorzugehen. (Beifall bei der FPÖ.) – So weit zu ein paar Usancen und technischen Fragen beziehungsweise Details.

Es gibt eine Steuerreform, die vom Volumen her – das wurde richtig angesprochen – groß ist und 5 Milliarden € beinhaltet. – Ja, das ist ein großes Volumen. Würde dieses Volumen ausschließlich dazu dienen, die Steuern und Abgaben zu senken, dann wäre das wirklich das größte Volumen einer Steuerreform in der Zweiten Republik. Aber das ist nicht der Fall, denn in Wirklichkeit haben wir es mit einer Mickey-Mouse-Reform zu tun, die keine Steuerreform, sondern eine Tarifreform ist, letztlich eine Umschichtung und keine Entlastung der Menschen.

In Österreich haben wir die höchste Steuer- und Abgabenquote, und Sie stellen sich heute hier her, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, und sagen nichts – ich habe nichts davon gehört! – von einer notwendigen Bürokratie-, Verwaltungs- und Struktur­reform, weil Sie Einnahmenweltmeister und Ausgabenweltmeister sind. (Beifall bei der FPÖ.) Sie kassieren die höchsten Steuern und Abgaben, belasten die österreichischen Leistungsträger und jene Menschen, die arbeiten, so hoch wie nie zuvor (Zwischenruf des Abg. Krainer), geben aber gleichzeitig auch so viel aus wie nie zuvor, nämlich nach wie vor mehr, als Sie einnehmen.

Das ist natürlich ein System, das auf Dauer nicht funktionieren kann. Es wird ohne Bü­rokratie-, Verwaltungs- und Strukturreform nicht gehen, und genau das vermissen wir völlig. Sie sind nicht dazu bereit, den rot-schwarzen Verwaltungsspeck endlich einmal abzubauen, denn davon habe ich heute kein einziges Wort gehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Jene 5 Milliarden €, die Sie jetzt an Volumen einer Tarifumschichtung in die Hand neh­men, sind – das muss auch festgehalten werden – jene Milliarden, die den Menschen seit dem Jahr 2009 durch die kalte Progression weggenommen worden sind.

Das heißt, Sie haben von 2009 bis heute den Menschen, den Arbeitnehmern, den An­gestellten und den Unternehmern durch die kalte Progression 5 Milliarden € mehr aus der Tasche gezogen. Da ist es das Mindeste, diese 5 Milliarden € den Menschen wie­der zurückzugeben – was aber leider nicht der Fall ist, und auch das werden wir dann noch beleuchten.

Sie haben zwar zu Recht den Eingangssteuersatz auf 25 Prozent gesenkt. Das ist ein guter Ansatz und auch eine langjährige Forderung von uns Freiheitlichen, die Steuer­stufen zu verflachen, zu senken und letztlich die Steuern nachhaltig zu senken – aber das ist nicht der Fall. Das heißt, wir haben jetzt die Situation, dass das, was manchen Menschen mehr Netto vom Brutto durch die Senkung des Eingangssteuersatzes übrig bleiben wird, in zwei Jahren durch die kalte Progression wieder aufgefressen sein wird. (Abg. Krainer: Das ist ja Unsinn!) Genau das ist das Problem. Sie hätten die kalte Pro­gression nachhaltig ausschalten müssen (Abg. Krainer: Unsinn!) – das ist eben nicht der Fall, und in zwei Jahren werden die Menschen letztlich durch die Preissteigerung, die wir erleben, und vor allem durch die höhere Steuerstufe, in die sie oftmals hinein­fallen werden, das nicht mehr übrig haben.

Genau dort hätte man ansetzen sollen. Aber Sie sind nicht bereit gewesen, diesen räu­berischen Automatismus auszuschalten, der Jahr für Jahr Millionen Menschen betrifft. Und gleichzeitig gehen Sie her und erhöhen weiter Steuern, obwohl wir in Österreich


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die höchste Steuer- und Abgabenquote haben. Sie erhöhen zusätzlich weitere Steuern. Wie heute angesprochen wurde, ist das ein ungustiöses Bouquet an Steuererhöhun­gen, wenn es um die Mehrwertsteuer geht von 10 auf 13 Prozent, was natürlich viele Konsumenten trifft, letztlich ist es eine Massensteuer, wo es um Tierfutter (Zwischenruf des Abg. Schieder), Kinokarten, Museen, Theaterbesuche, Taxifahrten, Blumen, Ho­telübernachtungen und vieles mehr geht. (Abg. Krainer: Unsinn!)

Ja, das ist eine Steuererhöhung, die, nachdem mehr Netto vom Brutto in zwei Jah-
ren durch die kalte Progression aufgefressen sein wird, bleibt. Diese Steuererhöhung bleibt und wird letztlich noch mehr Belastung bedeuten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Gleichzeitig erhöhen Sie auch die KESt auf 27,5 Prozent, womit Sie genau den Mittel­stand treffen, die kleineren und mittleren Unternehmen, die bereits unter der Steuerlast leiden. Sie haben mit dieser Erhöhung letztlich eine weitere Belastung vorgenommen.

In Wirklichkeit kommt es zu einer Umverteilung von bestehenden Steuern, verbunden mit Steuererhöhungen. Die Abgabenquote sinkt nicht. Aber Sie stellen sich her und sprechen von Betrugsbekämpfung. Sie rechnen mit bis zu 2 Milliarden €, weil in den letzten Jahren der Betrug offensichtlich gang und gäbe war. Dann frage ich mich: Ha­ben Sie die letzten Jahre zugesehen, sodass dieser Betrug möglich gewesen ist? Ha­ben Sie 17,5 Milliarden € auf der Straße liegen lassen (Zwischenbemerkung von Vize­kanzler Mitterlehner) und organisierten Betrug zugelassen oder nicht, wenn Sie jetzt auf einmal draufkommen, dass da angeblich 2 Milliarden € bei den Unternehmen lie­gen sollten? (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.)

Also das ist ja ein Generalverdacht, auch wenn Sie hundert Mal sagen, es sei kein Ge­neralverdacht. Wenn Sie glauben, diese 2 Milliarden noch zusätzlich irgendwo bei den Unternehmen herauspressen zu können, dann bin ich sehr gespannt darauf, denn ich halte die Großzahl der Unternehmer nicht für Steuerhinterzieher. (Beifall bei der FPÖ.) Im Gegenteil, diese haben die größte Steuerlast der Zweiten Republik zu tragen und wissen teilweise nicht, wie sie ihre Unternehmen weiterführen können. Sie sind insol­venzgefährdet und wissen gar nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Das sind aber die kleinen und mittleren Unternehmen, die letztlich Arbeitsplätze sichern und schaffen. Und wenn die nicht mehr lebensfähig sind und nicht mehr überleben können, dann wird das ein weiteres Zuspitzen auch der Arbeitslosigkeit bedeuten, da wir heute eine Rekordarbeitslosigkeit haben.

Betreffend Registrierkassenpflicht – na, ich bin schon gespannt auf die Umsetzung der Registrierkassenpflicht bei Bauernmärkten oder auf der Almhütte auf 2000 Metern Höhe oder anderswo. Wenn Sie dann schon  (Vizekanzler Mitterlehner: Das gibt es doch nicht!) – Ja, da bin ich schon gespannt darauf. Also gibt es dann doch Ausnah­men, das heißt, manche brauchen es nicht? (Abg. Lopatka: Das ist ein Blödsinn! Sie kennen sich überhaupt nicht aus! Da redet der Blinde von der Farbe! Oh mein Gott!) Oder schon? Also, ich bin schon gespannt, wie man das dann von Ihrer Seite aus hand­haben wird.

Es gibt auch andere Experten, Herr Bundeskanzler, die deutliche Kritik am Regierungs­paket geübt haben: Der Steuerrechtsexperte Werner Doralt zum Beispiel sieht die Ge­genfinanzierung absolut kritisch, diese treffe nahezu ausschließlich den Mittelstand. Eine generelle Strukturreform des Steuersystems habe die Regierung weiter vertagt, lediglich eine Milliarde werde in der Gegenfinanzierung ausgabenseitig eingebracht, sagt Doralt im ORF-Radio.

Was ich echt interessant finde, Herr Vizekanzler Mitterlehner, ist auch eine Aussage von Ihnen bei der Präsentation der Reform. Da haben Sie wortwörtlich Folgendes ge­sagt:


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„Wobei man auf der anderen Seite schon sieht, dass da auch Entlastungen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer durchaus auch den Unternehmen nutzen, wenn es etwa um die nächsten Tarifverhandlungen geht.“ – Zitatende.

Was meint also Herr Mitterlehner mit diesem kryptischen Satz? – Nämlich, dass bei den nächsten Lohnverhandlungen diese dazu genützt werden sollen, den Arbeitneh­mern das bisschen, das man den Leuten jetzt mit der Senkung der Einkommensteuer zusätzlich in die Tasche gibt, durch Lohnabschlüsse unterhalb der Inflationsrate wieder wegzunehmen. (Abg. Lopatka: Geh! Nehmen Sie sich noch ernst, Herr Klubobmann?) Na gute Nacht! Genau das ist die Aussage, die Herr Mitterlehner sehr entlarvend in der Öffentlichkeit zum Besten gegeben hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie nennen sich Unternehmerpartei, Wirtschaftspartei. – Na, „Wirtschaftspartei“, gute Nacht! Sie stellen den Finanz- und Wirtschaftsminister seit 18 Jahren und sind für die höchste Staatsverschuldung verantwortlich. Aber Familienpartei können Sie sich auch nicht mehr nennen, denn die Familien sind genau diejenigen, die hier wieder nicht die notwendigen Entlastungen erhalten, und gerade sie landen vermehrt immer wieder im Bereich der Armut. (Beifall bei der FPÖ.)

Dort müsste man ansetzen mit einer Familien-Steuerentlastung bei mehreren Kindern, die letztlich notwendig ist und durch die sich Familien bis zu 7 000 € im Jahr ersparen, um bei den stark gestiegenen Kosten auch  (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.) – Ja, das ist die Staats- und Verwaltungsreform, wo Sie herumdrucksen. (Beifall bei der FPÖ.) – Das ist genau der Punkt: 12 Milliarden € pro Jahr versickern dort seit Jahren, und man ist nicht bereit, das endlich in Angriff zu nehmen.

Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für das Vererben beziehungsweise Verschen­ken von Grundstücken ist natürlich eine Vermögensteuer und ist natürlich eine Erb­schafts- und Schenkungssteuer über die Hintertür. Nichts anderes ist das!

Sie reden von einem Volumen von 25 Millionen €. Die Frage ist: Wie viele Menschen, die pro Jahr erben, treffen die 25 Millionen € zusätzlich, die sie in Zukunft, wenn sie et­was vererbt oder geschenkt bekommen, zu zahlen haben aufgrund der Erhöhung, die Sie hier vornehmen? Das trifft eben sehr wohl wieder einmal den Mittelstand und jene Fleißigen, die sich über Kredite Eigentumswohnungen geschaffen haben, die dann einen Wert von 400 000 € haben, oder einen kleinen Grund mit Haus. 400 000 € er­reicht man heute auf dem Immobilienmarkt rasch! Den Kredit dafür stottert man viel­leicht über 20, 30 Jahre ab – und dann hat man am Ende aufgrund Ihrer Erhöhung über die Hintertür wieder Schenkungs-, Vermögen- und Erbschaftssteuer zu zahlen. (Abg. Wöginger: Was zahlt er denn für 400 000? – Abg. Lopatka: Was zahlt er?)

Eine Frage bleibt auch offen: Wird die Steuerreform überhaupt die Budgetverhandlun­gen im Herbst überleben? Denn bis dorthin wird noch viel Wasser die Donau hinunter­fließen.

Unserer Auffassung nach ist hier leider eine große Chance verpasst worden. Die kalte Progression nachhaltig auszuschalten, das wäre das Ziel gewesen. Sie sorgt dafür, dass viele Arbeitnehmer, aber auch Pensionisten automatisch in höhere Steuerklassen rutschen und dadurch letztlich höhere Steuern zahlen werden, ohne real mehr zu ver­dienen und ohne auf Dauer real mehr im Börsel zu haben. Man hat aber leider Gottes nicht wirklich darüber nachgedacht, das auszuschalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bezieher niedriger Einkommen zahlen oft nur wenig Lohnsteuer, aber dreimal so viel Sozialabgaben. Sie werden derzeit durch die Sozialabgaben auch überproportional belastet und müssen daher – das war immer un­ser Ansatz – bei den Sozialabgaben entlastet werden. Dort hätte eine Kürzung für die Versicherten letztlich bedeutet, dass sie mehr Netto vom Brutto, nämlich wirklich ent­sprechend mehr Netto vom Brutto auf ihrem Konto haben. (Beifall bei der FPÖ.)


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Das heißt, die Bezieher kleiner Einkommen hätten die 200, 300 € netto mehr benötigt, dringend benötigt, weil genau dort das Grundproblem in der Gesellschaft liegt, bei all den gestiegenen Kosten – Lebensmittelpreise, Betriebskosten, Mietkosten et cetera. Genau dort ist es teilweise leider Gottes nicht zu der notwendigen Entlastung gekom­men, denn da sind es 40 bis 48 €, die jetzt mehr Netto vom Brutto im Monat übrig blei­ben, während natürlich der Herr Bundespräsident mit 2 600 € im Jahr ein entsprechend höheres Plus auf seinem Konto feiern wird können. (Abg. Weninger: Der Grasser hat  mehr!) Aber das ist natürlich etwas, was viele Menschen beschäftigt, und das ist etwas, wo man sagt, man hätte die Sozialversicherungsbeiträge für die kleinen Ein­kommen senken müssen, damit dort eine spürbarere Entlastung übrig bleibt.

Ich halte daher noch einmal fest: Der Staat muss endlich bei sich selbst anfangen zu sparen! Und genau dazu sind Sie nicht bereit. Ich kann es nur immer wieder wiederho­len, auch wenn Sie es nicht hören wollen: Sie sind Ausgaben-Weltmeister! Und genau dort liegt das Problem. Wir haben in Österreich Subventionsausgaben in der Höhe von 5,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das sind 16,5 Milliarden € pro Jahr. Wir sind in dieser Hinsicht Europameister! Im EU-Durchschnitt sind es 3 Prozent des Bruttoin­landsprodukts, die dafür pro Jahr ausgegeben werden. Da sieht man allein im Bereich der Subventionen, wie salopp da umgegangen wird und welche Dimension und wel­ches Potenzial da vorhanden wäre. Ich rede noch gar nicht von einer notwendigen Ge­sundheitsreform mit einer bundeseinheitlichen Spitalsplanung, mit einem bundesein­heitlichen Finanzierungstopf, wobei man endlich auch darauf schaut, dass nicht über­teuerte Bauvorhaben umgesetzt werden, die man zuerst budgetiert und die dann letzt­lich dreimal so viel an Kosten verursachen, wonach man dann hergeht, so wie in Wien, und die Ärzte auf die Straße stellt, obwohl wir heute schon zu wenige Mediziner haben, und dann weiter bei Medizinern einspart, obwohl wir in Wirklichkeit mehr Mediziner bräuchten, um eine gute Gesundheitsversorgung für die Bürger aufrechtzuerhalten. Da geht man her und spart bei den Medizinern ein! Das ist alles absurd, was man hier er­leben muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Steuer- und Abgabenquote in Österreich ist bis heute die höchste – wir haben eine Steuer- und Abgabenquote von 45,2 Prozent! Wo ist der Grundsatz, diese nachhaltig senken zu wollen? Wo ist der Grundsatz, diese Steuer- und Abgabenquote unter 40, nämlich auf 39 Prozent herunterführen und senken zu wollen? Das würde in Wahrheit den Wirtschaftsstandort Österreich beleben und zu einer entsprechenden Belebung des Wirtschaftskreislaufs führen. Genau dort sind Sie leider Gottes nicht in die richtige Richtung unterwegs. Wir haben kein Einnahmenproblem, wir haben ein Ausgabenpro­blem! Und das entsprechend anzugehen, dazu sind Sie nicht bereit gewesen.

So gesehen werden die Menschen unter der gleichen Höchststeuer- und –abgabenbe­lastung weiter jammern und leiden müssen und können kein Licht am Horizont sehen, dass sich das irgendwann einmal ändert. Das ist genau Ihre Verantwortung!

Und, liebe ÖVP als sogenannte ehemalige Wirtschaftspartei: Ja, seit 18 Jahren tragen Sie hier die Verantwortung. Sie können niemandem weismachen, dass das nächstes, übernächstes Jahr oder in drei Jahren auf einmal anders werden soll. Nein, Sie haben kontinuierlich dieses Land in die Höchststeuerbelastung geführt, in die Höchststaats­verschuldung geführt und auch in die Höchstarbeitslosigkeit geführt (Abg. Lopatka: Schlusssatz!) – dank Hundstorfer, der permanent davon philosophiert und permanent hier zum Besten gibt, welche Arbeitsprogramme er sozusagen sicherstellt. So hoch wie heute war die Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik noch nie! Es ist zum Genieren! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jarolim: Eine armselige Rede! So etwas haben wir noch selten gehört, so einen Unsinn! – Abg. Kickl: Der AUA-Sanierer spricht! Der hat schon die AUA zugrunde gerichtet, der Jarolim!)

11.27



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Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Mag. Schieder zu Wort. – Bitte.

 


11.27.17

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Werte KollegInnen auf der Regierungsbank! Sehr geehr­te Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseher hier, die im Hohen Haus zu Gast sind, als auch diejenigen, die zu Hause an den Fernsehgeräten zuhören und sich die Fragen stellen, die sich auch die vielen Hunderttausenden und Millionen von Men­schen stellen, die bereits auf dem Online-Rechner, sei es beim SPÖ-Klub, sei es beim Finanzministerium, sei es bei den verschiedenen Zeitungen, nachgeschaut haben, was die Steuerreform für sie persönlich bedeutet.

4,9 Milliarden € Entlastung, knapp 5 Milliarden € Entlastung – das ist eine deutliche Senkung der Lohnsteuer für die über sechs Millionen betroffenen Österreicherinnen und Österreicher. Es profitieren die Arbeiter und Arbeiterinnen, die Angestellten, die Beamten, die Pensionisten, die ja auch vom Lohn- und Einkommensteuertarif erfasst sind, genauso wie auch die Ein-Personen-Unternehmen und die Selbständigen. Das ist einmal wichtig zu betonen, wie breit hier die Entlastung für all jene, die als Leistungs­träger in unserem Land bezeichnet werden, angesetzt ist.

Es ist aber nicht nur so, dass die, die Lohnsteuer zahlen, durch die Entlastung profitie­ren, sondern – was eigentlich international einmalig ist – bei dieser Lohnsteuersenkung profitieren selbst jene Menschen, die gar keine Lohnsteuer zahlen, weil sie nämlich so wenig verdienen, dass sie in den lohnsteuerfreien Klassen sind. Diese Menschen be­kommen trotzdem eine Entlastung, und zwar in Form der sogenannten Negativsteuer oder, wie es jetzt dann heißt, einer Rückvergütung ihrer geleisteten Sozialversiche­rungsbeiträge, wobei der Betrag dieser Entlastung von 110 € auf 400 € hinaufgesetzt wird. Das ist sozialpolitisch, aber auch konjunkturpolitisch ein Meilenstein.

Wir haben auch erstmals die Pensionistinnen und Pensionisten, die auch 110 € – unter Anrechnung ihrer Ausgleichszulage, sofern sie eine beziehen – bekommen, hier hinzu­genommen. Das ist wichtig, weil es nicht nur verteilungspolitisch die Ärmeren, die ar­beiten gehen, aber trotzdem so wenig verdienen, dass sie schwer davon leben können, entlastet, sondern weil darunter auch sehr viele Frauen sind. Der Frauenanteil in die­sem Bereich ist besonders hoch, und daher war es uns auch aus gleichstellungspoliti­scher Sicht wichtig, diese Entlastung vorzunehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die Familien werden durch die Verdoppelung des Kinderabsetzbetrages profitieren. Wir haben eines geschafft, was wir so oft hier im Haus unter allen Fraktionen diskutiert haben, nämlich einen modernen Einkommen- und Lohnsteuertarif zu schaffen, den verrückt oder ökonomisch falsch hohen Einstiegs­steuersatz von 36,5 Prozent – vor Antritt der Regierung Faymann I war er sogar auf 38 Prozent oben – auf 25 Prozent zu senken, auch einen flacheren Kurvenverlauf zu machen – 35 Prozent bis 31 000 € Jahreseinkommen, eine 42 Prozent-, 48 Prozent- und 50 Prozent-Tarifstufe – und auch, befristet auf fünf Jahre, einen Spitzensteuersatz von 55 Prozent für Millioneneinkommen zu schaffen.

Das ist ein moderner und notwendiger Steuertarif und der ermöglicht es auch, dass über 90 Prozent der Entlastung, des Entlastungsvolumens, zugunsten der Klein- und Mittelverdiener gehen, und das ist das, was wir konjunktur- und verteilungspolitisch auch für richtig halten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe Ihnen einige Beispiele mitgebracht. (Der Redner hält entsprechende Tafeln in die Höhe.) Schauen wir uns Folgendes an: Eine Alleinerzieherin mit einem Kind, die 1 100 € Einkommen hat, erspart sich 280 € pro Jahr. Damit kann sie zum Beispiel eine Frage beantworten, die sie die letzten Jahre nicht mehr positiv beantworten konnte, nämlich wie der Schulschikurs für das Kind auch im nächsten Jahr finanziert wird.


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Ein anderes Beispiel, das ich auch noch mitgenommen habe: Eine Pensionistin oder ein Pensionist, wie auch immer man es nehmen will, 1 400 € Pension, erspart sich 560 € pro Jahr. Damit wird ihr auf jeden Fall eine Monatsmiete, wenn nicht sogar mehr, erspart. (Abg. Kickl: Wo wohnt denn die? Im Gemeindebau?) Und auch das ist etwas, das für die Konjunktur und die Gerechtigkeit notwendig ist.

Wenn wir die Familien anschauen und eine klassischen Familie, so würde man sa­gen – Vater, Mutter, zwei Kinder (Abg. Rossmann: Was für Sie typisch ist!) –, als Bei­spiel nehmen, wobei der Vater 3 000 €, die Mutter zum Beispiel 1 100 € verdient, oder auch umgekehrt, so beträgt die Ersparnis 1 580 € pro Jahr. Da ist die Frage nach dem Sommerurlaub in Österreich auch wieder positiv beantwortet (Abg. Kickl: Das glauben aber auch nur Sie!) und da werden sich am Schluss auch die Hoteliers in unserem Land freuen, wenn die Familien dieses Geld wieder in vermehrte Sommerurlaube in­vestieren können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Waren Sie schon einmal auf einem Sommer- oder Winterurlaub in Österreich um 1 580 €?)

Herr Strache, wenn Sie mich fragen, wo ich den Sommer- und Winterurlaub verbringe (Abg. Strache: Gehen Sie einmal auf Sommer- oder Skiurlaub in die Berge! Da schau­en Sie einmal, ob Sie da durchkommen!): Ich bin sehr oft in den österreichischen Ber­gen, ich kenne auch die Berghütten fast alle und bin nicht so wie Sie immer nur auf Hal­ligalli auf Ibiza. Das ist halt der Unterschied zwischen uns beiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe sowieso festgestellt, Sie haben sich ein bisschen geplagt, inhaltlich etwas zu kritisieren an dieser Steuerreform, deshalb haben Sie ja nur mehr bejammert, dass heute in der Früh ein Termin war, zu dem Sie nicht kommen haben können. (Abg. Kickl: Sie hätten ja die Sitzung um acht machen können, da wären wir gekommen, da hatten wir keine Gegenveranstaltung!)

Es fällt Ihnen halt auch schwer anzuerkennen, dass mit dieser Steuerreform vielleicht nicht alles, was hier diskutiert worden ist von allen Parteien, erfüllt wird, aber weitestge­hend das, was wir hier nahezu einstimmig beschlossen haben, nämlich den Einstiegs­steuersatz zu senken. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich darf aber auch zur Gegenfinanzierung ein paar Bemerkungen machen. Wir haben einen Konjunktureffekt, der ja Ziel eins dieser Entlastung war, neben dem, dass die Leu­te endlich mehr Netto vom Brutto haben. – Es gab ja schon einmal Politiker, die haben mehr Brutto vom Netto gefordert. Wir wollen ja, dass die Leute mehr Netto vom Brutto, nämlich mehr Geld im Börsel, in der Tasche haben. (Abg. Kickl: Ihr Finanzexperte hat die Senkung der kleinen Einkommen begrüßt! – Abg. Strache: Der Krainer, ja! Der Krai­ner hat die Senkung der kleinen Einkommen begrüßt!) – Und da ist ein Konjunkturef­fekt dahinter, weil die Leute – die Mittelschicht, die Armen – dieses Geld sofort ausge­ben, weil sie damit dringend wieder Ausgaben finanzieren müssen, und das fließt ja auch wieder in die Wirtschaft und letztlich auch wieder ins Budget zurück. Das werden fast 900 Millionen € sein.

Der zweite Punkt ist die Steuerbetrugsbekämpfung: die Registrierkassa, die Ermitt­lungsmöglichkeit für Finanzbehörden dadurch, dass das Bankgeheimnis so gelockert wird, dass sich keiner mehr mit Schwarzgeld irgendwo verstecken kann, der Kampf ge­gen den Karussellbetrug, der Kampf gegen Mehrwertsteuerbetrug, der Kampf gegen So­zialbetrug (Abg. Steinbichler: Was ist denn das für ein Staat? Nur Betrug! Was muss das für ein Mafiastaat sein?), wo Barzahlung dazu führt, dass am Fiskus, an der So­zialversicherung, am Arbeitsrecht vorbeigewirtschaftet wird.

Das alles sind Maßnahmen, die dringend notwendig sind. Und ich verstehe die Diskus­sion nicht, die manche führen. Ich kann nicht verstehen, dass man schwarze Schafe schützen will, denn wirtschaftliche Gerechtigkeit heißt auch, dass die ehrlichen Unter­nehmerinnen und Unternehmer, die ehrlichen Hoteliers, die ehrlichen Wirte, die ehrli-


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chen Bauunternehmer geschützt werden vor den paar schwarzen Schafen, die am Fis­kus vorbei Schwarzgeld scheffeln. Daher gibt es null Toleranz für Steuerhinterzieher, und dieses Paket ist ein wichtiges, auch für die Gerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Sie sollten gleich die Barzahlung verbieten!)

Eine lange Diskussion beim Thema Steuergerechtigkeit ist ja immer: Wie viel tragen je­ne bei, die es sich besser leisten können? Oder in der modernen Wirtschaftsentwick­lung: Wie können jene Sektoren auch etwas beitragen, die bis jetzt steuerlich nicht so stark beigetragen haben? Das bedeutet eine Umverteilung vom Faktor Arbeit hin zum Faktor Kapital. Hier ist mit der Grunderwerbsteuer, die endlich auf den Verkehrswert abzielt, der Immobilienertragsteuer-, der Kapitalertragsteuererhöhung für Dividenden – nicht für Sparbücher –, aber auch mit dem Spitzensteuersatz für Millioneneinkommen ein wichtiger Schritt gesetzt worden, genauso wie mit der Gebäudeabschreibung und dem Hinzurechnungsbetrag für Dienstautos. Und im Bereich der Mehrwertsteuer mag einem das gefallen oder nicht, aber es ist in dem Ausmaß und in der Limitation ver­kraftbar, wenn man dem das Entlastungsvolumen gegenüberstellt.

Ich möchte aber auch hinzufügen, wir machen ja nicht nur eine Entlastung, wir gehen auch einen Schritt weiter und schauen, wie wir wirtschaftlich dort, wo Problemlagen sind, auch noch etwas beseitigen können. Dazu gehören die jüngsten Entscheidungen zum Thema Crowdfunding, Mittelstandsfinanzierung, Anhebung der Forschungsprämie und Mitarbeiterkapitalbeteiligung – die übrigens auch die beste Maßnahme zur Stand­ortsicherung ist, denn die Mitarbeiterkapitalbeteiligungskassen werden immer schauen, dass ihr Unternehmer am Standort Österreich bleibt. Die Wohnbauoffensive oder auch das Gemeinnützigkeitspaket sind weitere zusätzliche Schritte, die auch in diesem Zu­sammenhang zu sehen sind.

Wie wird der Fahrplan sein? – Das Finanzministerium wird die Gesetze ausarbeiten, dann wird es eine Begutachtungsfrist geben, damit man auch hier fachlich die Diskus­sion führen kann, und dann kommt die Diskussion wieder hier ins Hohe Haus zurück, wo wir sie dann auch mit allen Oppositionsparteien führen werden. Der heutige Termin, Herr Kollege Strache, war ja nur der erste Einstiegstermin, nachdem das Finanzminis­terium ja begonnen hat, an den Gesetzen zu arbeiten.

Lassen Sie mich aber am Schluss zur Bewertung der Steuerreform noch einmal unter­streichen, was nicht in Österreich gesagt wird, sondern was die Wirtschaftsweisen im deutschen Ausland sagen. Herr Bofinger ist ja schon zitiert worden, er spricht von einer großen und mutigen Reform, die die ArbeitnehmerInnen mit den geringen Einkommen und Pensionisten signifikant entlastet. Herr Fratzscher, der Leiter des deutschen Wirt­schaftsforschungsinstituts, der erst vor ein paar Wochen in Wien bei einer Podiumsdis­kussion war, bei der Kollege Kogler von den Grünen und ich auch am Podium waren, hat gesagt: Positiv, mutig, im EU-Vergleich exemplarisch, volkswirtschaftlich sinnvoll, steigert die Kaufkraft und trägt zu Wachstum bei. Das ist gut so und deswegen halte ich es auch für eine sehr gute Steuerreform. (Beifall bei der SPÖ.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Klubobfrau Glawischnig-Pies­czek zu Wort. – Bitte.

 


11.38.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich im Sinne der letzten Sätze des Bundeskanzlers in seiner Erklärung konstruktiv-kritisch zu diesem Vorhaben äußern. Selbstverständlich ist es ein großes Volumen, das in dieser Tarifreform bewegt werden soll, allerdings fokus­siert es sehr stark auf die mittleren und höheren Einkommen – darauf werde ich noch


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zu sprechen kommen. Es ist aber mit Sicherheit keine echte Steuerstrukturreform. Ich glaube, das ist unbestritten.

Besonders enttäuschend allerdings war für mich heute der Herr Vizekanzler – auch Energieminister, muss man dazusagen. Er ist bereits vor Abschluss dieser Steuerre­formeinigung aus meiner Sicht negativ aufgefallen, indem er ausgeschlossen hat, dass es irgendeinen umweltpolitischen, ökologischen Lenkungseffekt in dieser Steuerreform geben soll. Das finde ich verantwortungslos.

Wir sind hier in einer Zeitphase vor großen Klimaschutzverhandlungen, wo wir auch an diesen Steuerschrauben drehen müssen. Umweltschädliche Subventionen gibt es in Ös­terreich nach wie vor zuhauf. Und, Herr Vizekanzler, wenn Sie sich darauf zurückzie­hen, das sei im internationalen Gleichklang, hier könne Österreich nicht in irgendeiner Form in Vorlage treten, dann sprechen Sie schlicht und ergreifend die Unwahrheit. (Vi­zekanzler Mitterlehner: Wie denn?)

Österreich, Sie wissen das, ist an sechstletzter Stelle im europäischen Vergleich, was Schadstoffsteuern und was umweltschädliche Privilegien betrifft – an sechstletzter Stelle!

International liegen wir im OECD-Vergleich im unteren Drittel – im unteren Drittel, nicht im oberen Drittel, Herr Vizekanzler. Mir ist das nicht verständlich, dass Ihnen als je­mand, der auch für Energiepolitik zuständig ist, der Klimaschutz und giftige Schadstof­fe, die Gesundheit unserer Kinder und von uns selber vollkommen egal sind und Sie sich auf so eine wirklich falsche Ausrede zurückziehen, es wäre im internationalen Kon­text nicht möglich. Das ist sehr enttäuschend von Ihnen heute. (Beifall bei den Grü­nen.)

Bei einer echten Steuerreform hätte uns, weil uns das sehr bewegt, sehr interessiert – und das möchte ich den Herrn Finanzminister noch einmal fragen –, ob es wirklich so eine große Errungenschaft ist, nicht auf die Vermögenskonzentration hinzublicken und sich auf die Fahnen zu heften, dass man bei den großen Vermögen, bei den Finanz­vermögen, bei den großen Milliarden- und Millionenerbschaften und bei den Stiftungen verhindert hat, dass es zu einem höheren Beitrag kommt. Das ist von unserer Seite schon ein sehr massiver Kritikpunkt. Es werden die diesbezüglichen Diskussionen in anderen Ländern sehr viel präziser geführt, zum Beispiel in Deutschland. In Deutsch­land wird im Moment eine sehr intensive Diskussion geführt, die da heißt: Noch nie wurde in Deutschland so viel Vermögen vererbt. Ist es gerecht, dass manche, ohne zu arbeiten, viel Geld kriegen und dafür kaum Steuern zahlen? In Deutschland wird gera­de eine neues Erbrecht diskutiert, wo man genau diesem Faktum Rechnung trägt.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich unglaublich viel verändert. Wir reden nicht mehr über die Häuslbauer, sondern wir reden über die großen Finanzvermögen, die Sie schlicht und ergreifend nicht angreifen wollen, wir reden über die obersten 10 Pro­zent in Österreich, die Sie mit Ihrer Tarifreform, wo im Wesentlichen kein Beitrag aus diesem Sektor geleistet wird, schützen.

Die 37 000 reichsten Haushalte Österreichs – 37 000 Haushalte, das ist ein bisschen weniger als das volle Praterstadion – verfügen über 37 Prozent des gesamten Netto­vermögens. Das sind 470 Milliarden € oder das 1,4-Fache der gesamten österreichi­schen Wirtschaftsleistung. Ich finde, es ist keine Leistung, aus diesem Bereich keinen Beitrag für diese Tarifreform geschafft zu haben. Sie brauchen sich dessen nicht zu rüh­men.

Weiters schmerzt uns sehr, dass im Bereich der Niedrigeinkommen und vor allem in jenem der Fraueneinkommen es nicht geschafft wurde, eine Tarifentlastung so zu or­ganisieren, dass die Frauen zumindest halbe-halbe, zur Hälfte von dieser Entlastung profitieren können. Es ist bezeichnend, dass Sie immer wieder mit Beispielen daher-


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kommen – auch auf der ÖGB-Homepage finden wir immer wieder solche Beispiele –, die weit über dem Durchschnittseinkommen, dem Medianeinkommen von Frauen lie­gen. Deswegen möchte ich Sie mit den klassischen Zahlen noch einmal konfrontieren, also mit jenen Einkommenssegmenten, die in Österreich bei Frauen eigentlich normal sind.

Zum Beispiel: Steuerentlastung einer Sekretärin mit einem Bruttogehalt von 1 400 € – das ist das mittlere Medianeinkommen bei Frauen; wir haben ein Tarifmodell vorgelegt, nach welchem die wirklich profitieren, denn im oberen Bereich hätten wir das sehr viel flacher gemacht –, vollzeitbeschäftigte Frau, 23 Jahre alt, vielleicht noch keine Fami­lie. – Nach Ihrem Modell profitiert diese mit 370 € im Jahr. Nach unserem Modell würde sie mit 660 € profitieren.

Nächstes Beispiel: klassische berufstätige Mutter, Teilzeitangestellte; die hat in der Fa­milie nicht 1 800 €, sondern ein Brutto von 800 €, wenn sie teilzeitbeschäftigt ist. – Nach Ihrem Modell profitiert diese Frau mit 290 € im Jahr. Nach unserem Modell, das wir vorgelegt haben, würde sie mit 1 100 € im Jahr profitieren.

Und jetzt kommen wir zu den höchsten Einkommen in Österreich: Bundeskanzler Wer­ner F., Vizekanzler Mitterlehner, vollzeitbeschäftigt. – Nach Ihrem Modell profitieren Sie mit  (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.) Nicht Teilzeit, das muss man dazusagen, sondern Vollzeit; ich hoffe, Vollzeit. – Also nach dem Rot-Schwarzen-Modell profitieren Sie mit 2 175 €. (Vizekanzler Mitterlehner: Ich spende es Ihnen!) Nach unserem Modell würden Sie 308 € bekommen.

Sie haben sich gerühmt, dass ein Mindestpensionist 110 € im Jahr bekommt. Sie ha­ben gesagt, das sind 30 Kaffee im Monat. Bei dem, was Sie sich ersparen, sind das 1 000 Kaffee im Monat. (Vizekanzler Mitterlehner:  teilzeitbeschäftigt!) Ich bin be­rufstätige Mutter, wenn Sie es wissen wollen, und bin vollzeitbeschäftigt. (Vizekanzler Mitterlehner: Wo?) Parlamentsdirektion, wenn Sie es wissen wollen.

Ist es wirklich notwendig, frage ich Sie, in diesem hohen Segment so stark zu entlas­ten? Ich sage Ihnen ehrlich: Nein, es ist nicht notwendig! Man hätte im niedrigeren Be­reich sehr viel mehr machen können. Und das ist auch der Punkt, warum Frauen so wenig von dieser Reform profitieren. (Die Abgeordneten der Grünen halten Tafeln in die Höhe, auf welchen am Beispiel verschiedener Einkommen jeweils die Steuerentlas­tung nach dem SPÖ/ÖVP-Modell der Steuerreform und nach jenem der Grünen abge­bildet ist.)

Es ist bezeichnend, dass auf der ÖGB-Homepage kein einziges Beispiel von Frauen abgebildet ist, die unter dem Medianeinkommen verdienen. Das ist gewissermaßen ei­ne Beschönigung dieses Modells. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt nach Ihrem Tarifmodell auch wirklich Verlierer und Verliererinnen. (Zwischenbe­merkung von Vizekanzler Mitterlehner.) Aber die Taferl-Choreographie hat wunderbar gepasst.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren KollegInnen von den Grünen! Die Sequenz oder der Absatz der Klubobfrau, der sich mit den Taferln beschäftigt hat, scheint beendet zu sein. Darf ich Sie jetzt bitten, die Taferln wieder herunterzugeben. (Die Abgeordneten der Grünen legen die erwähnten Tafeln wieder weg.)

Setzen Sie bitte fort, Frau Klubobfrau!

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): Ich möchte das noch ein­mal kurz zusammenfassen: Mit Sicherheit sind die VerliererInnen dieser Tarifreform Menschen mit Niedrigeinkommen, also viele Frauen in Österreich. Aber auch der Um­welt- und der Klimaschutz kommen bei dieser Reform nicht vor beziehungsweise kom-


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men unter die Räder. Diejenigen, die eindeutig profitieren, sind Menschen mit großem Finanzvermögen, diejenigen, die Millionen vererben, also Milliardäre. Auch bei den Stif­tungen haben Sie nicht hingegriffen. Also das sind aus unserer Sicht alles Defizite, die es zu beseitigen gilt.

Zum Abschluss zwei Sätze zur Gegenfinanzierung. – Die Gegenfinanzierung ist kei­nesfalls hundertprozentig gesichert. Im Gegenteil: Wir gehen davon aus, dass mindes­tens die Hälfte davon auf Sand gebaut ist. Deswegen haben wir auch große Sorge, dass in den nächsten Wochen und Monaten gerade in jenen Bereichen, die viele Men­schen ganz direkt betreffen, Sparpakete und Kürzungen daherkommen werden.

Zum Beispiel: Das Gratiskindergartenjahr ist offen, es steht dieses Jahr zur Verlänge­rung an. Das ist für viele Familien ganz essenziell, also eine ganz wichtige familienpoli­tische Maßnahme. Oder: Der Pflegefonds läuft aus. Das sind alles Themen, über de­nen wegen einer nicht zu 100 Prozent sichergestellten Gegenfinanzierung – aber auch wegen der Hypo – unter Umständen das Schwert des Kürzens und das Schwert des Nicht-mehr-Weitergeführtwerdens schwebt – und das wollen wir nicht!

Wir hätten uns eine Tarifreform gewünscht, die ein etwas kleineres Volumen umfasst, etwa 4 Milliarden €, aber eine seriöse Gegenfinanzierung aufweist, bei der auch die Stiftungen, die Superreichen, die großen Finanzvermögen etwas dazu beitragen, also eine Tarifreform, von der vor allem auch Niedrigverdiener, wie beispielsweise viele Frau­en, und auch die Umwelt etwas haben. (Beifall bei den Grünen.)

11.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Lopat­ka. – Bitte.

 


11.46.37

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen hier im Haus und vor den Bildschirmen! Wenn man Klubobmann Strache und jetzt Klubobfrau Glawischnig gehört hat, dann stellt sich die Frage: Darf man diese Regierung auch einmal loben? (Zwischenrufe bei den Grünen.) Und diese Frage hat sich letzten Samstag auch der Chef vom Dienst der „Salzburger Nachrichten“ gestellt. Er kommt in seinem Leitartikel zu einer klaren Antwort: Ja, das darf man!

Sie scheinen mittlerweile vergessen zu haben, was Sie noch vor wenigen Monaten ge­fordert haben, nämlich genau das, was die Regierung jetzt gemacht hat: eine Tarifre­form umzusetzen und eine Entlastung für alle Österreicherinnen und Österreicher zu schaffen. Und das ist mit dieser Steuerreform gelungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich muss Ihnen schon eines sagen: Sie vergessen immer das, was Sie fordern. Ich meine, ganz darf ich ja nicht immer dem glauben, was Sie hier sagen. Sie sind nämlich von einer falschen Prämisse ausgegangen, Klubobmann Strache, wenn Sie sagen: „Mehr Brutto vom Netto“. So lautet Ihre OTS-Aussendung, von der freiheitlichen Parla­mentsfraktion ausgeschickt. Das, was Sie gefordert haben, nämlich mehr Brutto vom Netto, heißt natürlich mehr Netto vom Brutto. (Abg. Strache: Das ist so etwas von kin­disch!) Aber was kommt dann? – Deswegen sage ich es Ihnen! Denn dann heißt es, unbedingt nötig sei eine Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent und eine Reform des Tarifes. – Genau das ist von uns gemacht worden! Aber Sie haben das al­les heute völlig beiseitegelassen. (Zwischenruf des Abg. Strache.)

Damit bin ich bei dem, was in dem erwähnten Leitartikel der „Salzburger Nachrichten“ festgehalten worden ist, wo es heißt:


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Einige verlieren aber gerne das positive Große und Ganze aus den Augen. – Das gilt auch für Sie, Frau Klubobfrau Glawischnig. – „Statt das große Lamento anzustimmen, wäre es klüger, das Positive anzuerkennen und der Regierung weitere Reformen abzu­verlangen.“

Genau darum geht es uns! So sehen wir unsere Aufgabe als Österreichische Volks­partei in der Bundesregierung, nämlich zu gestalten. Ein ganz wichtiger Schritt – ich betone: ein ganz wichtiger Schritt! – für uns war diese Steuerreform. Und ich sage Ih­nen: Dem Land und den Menschen hilft es gar nichts, wenn Sie alles notorisch schlecht­machen. Und als einer, der notorisch alles schlechtredet, werden Sie, Herr Klubob­mann Strache, nicht weit kommen. Aber das ist Ihre Rolle, die Sie jedes Mal hier ein­nehmen, egal, bei welchem Thema Sie hier  (Abg. Strache: Die Menschen tanzen Freudentänze auf den Straßen!)

Nein, keine Freudentänze, aber Sie könnten anerkennen, dass wir 5 Milliarden € an Ent­lastung geschafft haben. (Abg. Strache: Umgeschichtet haben Sie!) 5 Milliarden € an Entlastung – das ist ein respektables Ergebnis, Klubobmann Strache! Das bedeutet mehr Netto vom Brutto. (Abg. Strache: Umgeschichtet haben Sie – nicht entlastet!) Und das ist das, was sich die Menschen von dieser Regierung erwartet haben und was wir mit dieser Steuerreform auch zustande bringen.

Ich möchte schon hervorstreichen – und da unterscheide ich mich von Ihnen, Frau Klub­obfrau Glawischnig, gravierend –, wer entlastet wird. Entlastet wird der breite Mittel­stand – die Beispiele dafür hat Klubobmann Schieder schon gebracht – und natürlich auch die Familien. Natürlich werden auch die Familien entlastet, für die gibt es diesen Zuschlag. Eine Verdoppelung des Kinderfreibetrages auf 440 € ist doch etwas, was man auch von Ihrer Seite her anerkennen könnte. Der Mittelstand, die Familien, die Leistungsträger sind die, die am meisten profitieren.

Und da sage ich Ihnen auch eines: Ich bin froh, dass die Bezieher kleinerer Einkom­men von der Steuerreform auch profitieren! Aber wenn ich um so viel weniger an Steu­erleistung habe, dann kann ich durch eine Steuerreform nicht um so viel mehr an Ent­lastung haben.

Aber da möchte ich auch sagen: Jene Leute, die jeden Tag in der Früh aufstehen, flei­ßig arbeiten, auch Überstunden leisten, einen Großteil der Steuerlast zu tragen haben, die haben wir im Fokus gehabt! Die Fleißigen, würden die Freiheitlichen sagen. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Die Hälfte der Frauen arbeitet in Teilzeit! Sind die nicht flei­ßig?) Genau diejenigen haben wir im Fokus gehabt! Um da etwas zu erreichen, ha­ben wir diese Steuerreform gemacht. Und es gibt auch einen Zuschlag für die Familien. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Das ist die Handschrift der Österreichischen Volks­partei. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Gegenfinanzierung ist das überhaupt nicht so, wie es von Strache und von Ih­nen dargestellt worden ist, quasi einfach eine Umverteilung innerhalb der Steuern. Sie wissen es! 75 Prozent von dem, was wir hier bei der Gegenfinanzierung haben, gehen nicht auf steuerliche Maßnahmen zurück. Was wir uns vorgenommen haben, ist sehr ambitioniert. Wenn wir das schaffen, ist dieser Teil ein größerer als bei vorangegange­nen Steuerreformen in Österreich. Und auch international gesehen ist kaum mehr mög­lich, als bei der Gegenfinanzierung drei Viertel ausgabenseitig zu schaffen.

Bei der Bekämpfung von Steuerbetrug haben wir noch viel vor, aber nicht nur beim Steuerbetrug, auch beim Sozialbetrug, Missbrauch der Mindestsicherung und in ande­ren Bereichen. Wir werden hier erstmals ein Gesetz verabschieden, um gegen Sozial­betrug vorgehen zu können. Und daher ist diese Steuerreform für uns nur ein Schritt: die Initialzündung für weitere Schritte und Reformen, die wir zu setzen haben!


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Ich bin nach der Regierungsklausur in Krems durchaus optimistisch, weil wir uns in ganz wichtigen Bereichen, die mir auch Sorgen bereiten, wie die ständig in Millionen­höhe steigenden Kosten im Pensionsbereich, sehr, sehr genau ansehen werden, ob die umgesetzten Maßnahmen ausreichend sind. Der Sozialminister glaubt es – mir fehlt allerdings der Glaube, dass das wirklich ausreichend ist! Ich gehe davon aus, dass wir weitere Schritte setzen müssen, das werden wir aber sehen. Bis Februar des nächsten Jahres ist das vereinbart.

Weil die Verwaltungsreform angesprochen wurde: Wir werden, was diese Reform an­langt, schon viel früher zu einem Reformdialog zusammenkommen! Dazu brauchen wir auch die Unterstützung der Bundesländer. Das wird im Juni dieses Jahres sein, um auch da den festgelegten Kostendämpfungspfad dann tatsächlich zu schaffen.

Das heißt für mich zusammenfassend, dass diese Steuerreform eine gelungene ist. Das haben österreichische Kommentatoren so festgehalten, und auch international ist das so gesehen worden. Klubobmann Schieder hat hier bereits Experten zitiert. (Abg. Kickl: Die einzigen zwei!)

Uns ist es wichtig, dass diese Bundesregierung, ausgehend von der Steuerreform, auch die nächsten Reformschritte setzt. Dafür wird der Teil, den die Österreichische Volkspartei in der Regierung stellt, sorgen. Wir werden da nicht auf der Reformbremse stehen, sondern das Gegenteil ist der Fall: Wir wollen diesen Schwung von der Steu­erreform für weitere Reformschritte mitnehmen, denn wir brauchen diese Reformen!

Wir haben da ganz klare Ziele, damit Österreich wieder dorthin kommt, wo wir vor Kur­zem noch waren und wo wir sein sollen. Unser Ziel ist, Österreich innerhalb der Euro­päischen Union in allen Bereichen an der Spitze zu halten. Dafür haben wir mit der Steuerreform einen wichtigen Grundstein gelegt. Aber ganz entscheidend sind jetzt auch noch die weiteren Reformen, die wir uns gemeinsam mit der SPÖ vorgenommen haben.

Ich bin ja gespannt, bei welchen dieser Reformen dann die Oppositionsparteien auch bereit sind, mitzugehen, oder ob sie dann wieder in dem stecken bleiben, was sie bis­her immer gemacht haben, nämlich beim Schlechtreden und im notorischen Schlecht­machen.

Das ist zu wenig, das Gegenteil brauchen wir! Wir könnten hier auch Ihre Unterstüt­zung brauchen, wenn wir diese Reformen für Österreich und im Interesse der Men­schen dieses Landes umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.54


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Klubobfrau Ing. Diet­rich. – Bitte.

 


11.55.02

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kollegen! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit etwas Positivem: Selbstverständlich begrüßen wir die Tarifreform, denn sie ist absolut richtig und hätte schon längst gemacht werden sollen! Und selbstverständlich unterstützen wir auch das Unternehmerpaket, denn das ist wich­tig, wobei aus unserer Sicht der Umfang größer sein könnte.

Aber absolut problematisch sehen wir die Finanzierung der Steuerreform. Und wenn der Herr Vizekanzler gemeint hat, man müsse im Bereich des Steuerbetrugs nach ei­ner mathematischen Formel vorgehen, da kann ich Ihnen sagen: Österreich ist nicht Griechenland! Wir haben anständige, ehrliche Unternehmer, und bei uns gibt es keine Steuerhinterziehung in dem Ausmaß wie in anderen Ländern. (Beifall beim Team Stro­nach.) Und die Formel, die Sie angewandt haben, war wahrscheinlich Pi mal Daumen, weil alle Experten sagen, dass die Finanzierung der Steuerreform auf Sand gebaut ist.


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Was wir uns erwartet hätten, ist, dass wir den Mut zu einer Struktur- und Verwaltungs­reform gehabt hätten. Sie erzählen uns immer, wie gut Österreich diese Wirtschafts­krise geschafft hat. Am Sonntag hat in der „Pressestunde“ der WIFO-Chef gesagt, die­se Krise, die wir jetzt haben, sei eine hausgemachte Krise, eine Krise der Bundesregie­rung, weil sie unfähig sei, Reformen durchzuführen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist höchst an der Zeit, endlich Reformen im Verwaltungsbereich durchzuführen. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Strolz.)

Wenn Sie sich im Bereich des Zuwachses bei der Verwaltung einen Deckel von 1,7 Pro­zent als Ziel setzen, dann sage ich Ihnen: Das ist kein ambitioniertes Ziel! Wir fordern einen Verwaltungsabbau, der jährlich 5 Prozent der Kosten reduziert. Das wäre eine Reform, die den Namen auch verdienen würde! (Neuerlicher Beifall beim Team Stro­nach.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir wollen auch eine Steuerstrukturreform. Wir wollen einfache Steuergesetze – ohne Schlupflöcher, ohne Grauzonen! Wir wollen, dass am Ende des Tages ein einfacher DIN A4-Zettel reicht, auf dem man seine Steu­ererklärung ausfüllen kann. Das ist ein Ziel im Sinne von Verwaltungsabbau!

Überhaupt haben wir einen schlanken Staat als Ziel. Wir wollen eine schlanke Verwal­tung. Als Folge bedeutet das weniger Steuern und weniger Steuerbelastung für jeden Einzelnen und viel mehr Möglichkeiten, sich unternehmerisch zu entwickeln. (Zwischen­ruf des Abg. Weninger.)

Wir wollen die Unternehmen stärken, anstatt diese zu behindern, so wie Sie es ma­chen. Und in diesem Zusammenhang lehnen wir absolut die Kriminalisierung der Un­ternehmen ab. Ständig wird gesprochen, unsere Unternehmer würden Steuern hinter­ziehen und da wären viele, die im Graubereich agieren. Ich frage Sie wirklich: Warum findet nicht im staatsnahen Bereich eine effektive Kontrolle statt? Warum redet nie­mand über ASFINAG, BIG, LIG, wo Millionen- und Milliardenbeträge verwaltet werden, wo Bauaufträge mit riesigen Volumen vergeben werden? Da ist alles okay, da gibt es keine Kontrolle. Bei uns sind ja nur die Unternehmer jene, die kriminalisiert werden. Und dagegen verwahren wir uns! (Vizekanzler Mitterlehner: Das prüft der Rechnungs­hof!)

Ein Thema, das mir wirklich am Herzen liegt, ist die Registrierkasse. In der Steiermark gehören zum Beispiel die Wirte zu jener Sparte, die am häufigsten zusperrt. Und wer mit offenen Augen durch den ländlichen Raum fährt, der sieht, dass ein Gasthaus nach dem anderen geschlossen hat. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.) Was macht die Regierung, um den Betroffenen zu helfen, frage ich Sie. Ich sage es Ih­nen: eine Schikane nach der anderen! Zuerst Umbauzwang – Raucher, Nichtraucher; jetzt doch wahrscheinlich generelles Rauchverbot; außer Spesen nichts gewesen! –, dann Allergenverordnung. Und jetzt kommt auch noch die Registrierkassenpflicht.

Wir sprechen nicht davon, dass wir Steuersünder schonen wollen, aber wir glauben, dass für viele die Anschaffung der Registrierkasse so eine unüberwindbare Hürde ist, dass sie sagen: Was kommt als Nächstes? Da sperren wir gleich das Geschäft zu!

Wir wissen, dass Wirte das Zentrum der Kommunikation sind und dass die Wirte die wahrscheinlich letzte Infrastruktur sind, die der ländliche Raum noch hat, weil Post, Schulen, Polizei, Kaufhäuser, sie alle schon geschlossen sind. (Abg. Heinzl: Schulen auch?! – So ein Unsinn!) – Viele kleine Schulen, Herr Kollege! Machen Sie die Augen auf! (Abg. Kickl: Der kennt sich nicht aus! – Abg. Schieder: Aber nicht wegen der Re­gistrierkasse!) Deshalb stellen wir uns hinter die Wirte. Wir stellen uns hinter den ländli­chen Raum, weil das für eine Gesellschaft wichtig ist.

Wir stehen für eine Vereinfachung des Systems und gegen eine Kriminalisierung jener, die bereit sind, mit viel Selbstinitiative ein Unternehmen zu führen. Was wir brauchen,


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meine geschätzten Damen und Herren, ist ein Wirtschaftsaufschwung. Das werden wir nur schaffen, wenn wir ein unternehmerfreundliches Umfeld haben; das heißt, wenn wir alles tun, dass junge Menschen bereit sind, selbständig zu werden, und nicht nur die Schikanen und die Kriminalisierung fürchten. Unser Ziel ist es, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich bringe noch schnell folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der Krimi­nalisierung von Wirten und Gewerbetreibenden – Einsparungen im öffentlichen Bereich zur Gegenfinanzierung der Steuerreform“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Gegenfinanzierung der angekündigten Steu­erreform durch Verwaltungseinsparungen bzw. Einsparungen im öffentlichen Sektor vor­zunehmen und von der geplanten Kriminalisierung der Gewerbetreibenden und der Wir­te – beispielsweise durch eine überbordende Registrierkassenregelung – abzusehen.“

*****

(Beifall beim Team Stronach.)

12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Klubobfrau Dietrich eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbetreibenden - Einsparun­gen im öffentlichen Bereich zur Gegenfinanzierung der Steuerreform“

eingebracht im Zuge der Debatte zu den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vi­zekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Steuerreform 2015/2016; Das Entlastungsprogramm zur Stärkung der Kaufkraft und Schaffung von Arbeitsplätzen“

Die im Rahmen der Steuerreform geplanten Tarifsenkungen sind selbstverständlich zu befürworten. Immerhin waren die Steuerzahler in den letzten Jahren mit erheblichen Kaufkraft- und Reallohnverlusten konfrontiert, die nun ausgeglichen werden. Allein die Verluste durch die kalte Progression schlugen seit 2009 mit fast 3,6 Milliarden Euro zu Buche.

Die angedachte Gegenfinanzierung ist allerdings abzulehnen. Anstatt zur Gegenfinan­zierung endlich radikale Verwaltungseinsparungen und Einsparungen im öffentlichen Be­reich vorzunehmen, wird lediglich ein Verwaltungskostendeckel mit geringem Einspa­rungspotential eingezogen. Lediglich rund ein Fünftel des Steuerreformvolumens soll so finanziert werden.

Ein beachtlicher Teil soll dagegen durch Betrugsbekämpfung finanziert werden.

Wer jedoch glaubt, es werden regierungsseitig endlich die Konsequenzen aus den mil­lionen- und milliardenschweren Skandalen wie etwa dem Hypo-Skandal, der Causa Sky-


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link oder dem Salzburger Spekulationsskandal gezogen, der irrt. Noch immer wurden und werden keine ausreichenden Spekulations- und Haftungsbegrenzungen eingeführt sowie kein einheitliches Haushaltsrecht. Noch immer können Länderfürsten, Bürger­meister, ausgegliederte Gesellschaften des Bundes, etc. Steuergelder „machtpolitisch ge­steuert“ einsetzen. Transparenzdatenbank und gläserne Verwaltung sind ebenso un­vollendet.

Vielmehr wird den Wirten und Unternehmen konkludent vorgeworfen, einen Milliarden­schaden durch kriminelles Verhalten zu verursachen und als Rechtfertigung dafür ge­nommen, dass Aufsichtssystem in Richtung eines Finanzpolizeistaates - Stichwort Re­gistrierkassenpflicht und Aufweichung des Bankgeheimnis - zu verschärfen. Selbst Dorf­wirte bekommen Daumenschrauben in Form von teuren Registrierkassen angesetzt, die sie sogar überwiegend selbst finanzieren müssen. Anstatt den Gewerbetreibenden und Wirten Vereinfachungen wie etwa Pauschalierungen zukommen zu lassen, werden die Rahmenbedingungen weiter verschärft.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Gegenfinanzierung der angekündigten Steu­erreform durch Verwaltungseinsparungen bzw. Einsparungen im öffentlichen Sektor vor­zunehmen und von der geplanten Kriminalisierung der Gewerbetreibenden und der Wirte - beispielsweise durch eine überbordende Registrierkassenregelung - abzusehen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


12.02.09

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir vor knapp einem Jahr im Rah­men des ÖGB und der Arbeiterkammer zusammengesessen sind, hat es eine Reihe von Rahmenbedingungen gegeben, die uns nicht geschmeckt und nicht in die gewerk­schaftliche Perspektive der Lohnpolitik hineingepasst haben.

Eine dieser Rahmenbedingungen war, dass wir gute Lohnabschlüsse machen und im­mer weniger dieser Lohnabschlüsse bei den Menschen ankommt. Eine zweite Rah­menbedingung, die wir hier in diesem Haus gemeinsam bei der Budgetrede gehört ha­ben, war, dass die Einnahmen aus der Lohnsteuer erstmals die Einnahmen aus der Mehr­wertsteuer überschritten haben.

Ausgehend von diesen Rahmenbedingungen war klar, dass etwas auf dem Sektor Lohn­steuer geschehen muss, um einen Impuls für die Wirtschaft zustande zu bringen. Und wenn wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht so sind, wie wir sie uns wünschen, wenn Wachstum nicht so ist, wie wir es uns vorstellen, dann braucht es einen Impuls für dieses Wachstum. In einer Volkswirtschaft gibt es da nicht sehr viele Stellschrau­ben, aber eines ist sicher, nämlich, dass die Kaufkraft, die Nachfrage eine wichtige Stell­schraube ist. Daher war klar, dass, wenn es gelingt, eine Lohnsteuerentlastung in einer umfassenden Form durchzuführen, dies in weiterer Folge dazu führt, dass ein Impuls für die Kaufkraft gesetzt wird und das letztlich ein Beitrag für Wachstum und Beschäf­tigung ist.

Heute können wir sagen, dass dieses Ziel mit dem Paket, das auf dem Tisch liegt, mit über 5 Milliarden, die hier bewegt werden, mit über 90 Prozent, die bei den Arbeitneh-


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merinnen und Arbeitnehmern bis zur Höchstbeitragsgrundlage ankommen, erreicht wor­den ist. 882 000 Menschen haben durch ihre Unterschrift einen Beitrag geleistet; ihnen allen möchte ich heute Danke sagen. Sie haben Druck gemacht, ihr habt Druck ge­macht – und auf dem Tisch liegt eine tolle Entlastung! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jeder hat natürlich so seine Vorstellungen, wie Entlas­tungen und Gegenfinanzierungen aussehen, und klar ist auch, dass man sich da und dort mehr oder andere Dinge erwartet hätte. Ich denke aber, dass sich das, was jetzt vorliegt, sehen lassen kann und dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitie­ren.

Weil hier gesagt wurde, dass die unteren Einkommen nicht profitieren oder sogar die Verlierer sind – das hat vorhin jemand gesagt –, möchte ich ein Beispiel bringen:

Monatsbruttogehalt 1 500 € – das wurde mit 1. Jänner im Handel bei Vollzeit flächen­deckend umgesetzt; ich glaube, auch das ist ein wichtiger und großer Erfolg –, also wenn jemand 1 500 € brutto im Monat verdient, hat er bisher 1 133 € Lohnsteuer be­zahlt. Die gleiche Person zahlt in Zukunft 648 € Lohnsteuer. Das entspricht einer Ent­lastung von 485 € im Jahr oder 42,8 Prozent. Jetzt zu behaupten, dass diese Perso­nen draufzahlen, also das zu sagen, liebe Leute, das geht doch nicht! Lassen wir die Kirche im Dorf! Man kann sagen, es ist zu wenig – das verstehe ich noch –, aber zu sa­gen, das sind die Draufzahler, ist unseriös, das hat sich diese Reform nicht verdient. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Zweite, das ich ansprechen möchte, ist diese Lamentiererei wegen des Steuerbe­trugs. Also ganz ehrlich: Jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin bekommt am Mo­natsersten die Steuer abgezogen und hat keine oder wenige Gestaltungsmöglichkei­ten. Andere, speziell in der Wirtschaft, haben Gestaltungsmöglichkeiten; das ist auch okay. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage ja nichts dagegen, aber an die Dinge, die vorgeschrieben sind, muss man sich halten. Ich höre keine Kritik daran, dass da irgendetwas Neues im Zusammen­hang mit der Betrugsbekämpfung eingeführt worden ist, sondern es geht einfach da­rum, dass dem, was jetzt schon Sache ist, zum Durchbruch verholfen wird. Und ganz ehrlich: Wenn sich jemand aufregt und sagt, dass es ein Skandal ist, dass die jetzt auf einmal die Gesetze einhalten müssen, dann verstehe ich die Welt wirklich überhaupt nicht mehr.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage das sehr offen: Jene, die sich bisher nicht daran gehalten haben, werden jetzt nicht mehr die Möglich­keiten haben, die sie vorher hatten. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Wir werden uns das anschauen, und wir werden uns auch noch ganz andere Dinge anschauen – zum Beispiel die 170 000 Personen in Österreich, die pro Jahr 68 Millionen unbezahlte Überstunden leisten. Das ist die nächste Sauerei! Auch das werden wir uns ansehen: Schritt für Schritt, eines nach dem anderen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.07


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


12.07.33

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglie­der der Regierung! Kolleginnen und Kollegen! Werte SteuerzahlerInnen! Bürger und Bür­gerinnen vor den Bildschirmen und hier im Saal! Die Steuerreform ist heute unser The­ma, und ja, Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, die Senkung der Einkommensteuer ist richtig, und dafür gibt es unsere Zustimmung. Absolut! Das haben wir lange gefor­dert, und das ist längst überfällig. Ich glaube, das wird vielen jene Luft zum Atmen zu-


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rückbringen, die ihnen in den letzten Jahren sukzessive genommen wurde, und das wird eine vorübergehende Erleichterung sein. Das muss man so festhalten.

Wenn Sie jetzt hier sehr gönnerisch auftreten und sagen, dass man damit einen Be­freiungsschlag schafft, dann müssen Sie aber auch dazusagen, dass Sie in den Jah­ren, die nun kommen, diese Luft zum Atmen wieder sukzessive wegnehmen, weil Sie diesen perfiden Mechanismus, Ihr automatisches Inkassobüro namens kalte Progres­sion, nicht abschaffen. Dazu fehlt es Ihnen an Mumm. Sie müssten in vielen Bereichen wirklich Reformen machen, und das wollen Sie nicht. Deswegen muss man aus unse­rer Sicht klar festhalten, dass diese Steuerreform nicht genügt; sie genügt insbesonde­re aus vier Gründen nicht.

Erstens: Der Steuer-/Abgabendruck wird in wenigen Jahren bereits wieder auf dem Ni­veau von heute sein und dann weiter ansteigen.

Zweitens – weil ich dort oben (in Richtung Galerie) junge Menschen sehe –: Diese Steuerreform besteht den Enkel-fit-Test nicht. Sie fliegt aus der Kurve. Warum?! – Sie schaffen es nicht, dass Sie in Bildung investieren. Sie schaffen es nicht, dass Sie in Innovation, in Forschung investieren. (Vizekanzler Mitterlehner: Oh ja!) Sie werden den Steuer-/Abgabendruck mittelfristig wieder erhöhen. Wenn diese jungen Menschen in fünf bis zehn Jahren selbst verdienen, dann werden sie von der Steuerreform gar nichts mehr spüren, sondern dann werden sie unter einem neuen Abgaben- und Steu­erdruck stehen, der ein Niveau haben wird, das wir heute bereits haben oder das sich dann noch weiter erhöht haben wird.

Drittens: die rasante Arbeitslosigkeit, Rekordarbeitslosigkeit. Seit zwei Generationen, seit 60 Jahren haben wir nie so viele Arbeitslose gehabt wie jetzt. Das ist auch ein Pro­blem für diese Generation, die heranwächst, das uns NEOS als die Stimme für die nächste Generation sehr berührt. (Vizekanzler Mitterlehner: Lauter Pensionisten!)

Sie haben also drittens kein Rezept gegen steigende Arbeitslosigkeit, und viertens zei­gen Sie mit dieser Steuerreform – das tut weh und hat auch mit Arbeitslosigkeit zu tun –, dass Sie kein Verständnis für ein unternehmerisches Österreich haben und dass Sie keinen Respekt für Unternehmertum haben. Ich kann das auch belegen. Sie haben keinen Respekt für Unternehmertum.

Es ist Ihnen nicht bewusst, was es heißt, Verantwortung für Arbeitsplätze zu überneh­men. Das ist Ihnen nicht bewusst. Ich habe den Eindruck, dass Sie keinen Respekt da­vor haben, weil Sie keine Wertschätzung ausdrücken – und diese auch nicht in Ge­setze gießen – für jene, die mit dem, was sie sind, mit dem, was sie haben, mit dem, was sie können, Risiko auf sich nehmen. Das heißt Unternehmer sein. Dafür haben Sie zu wenig Respekt.

Fünf Belege dafür:

Sie haben keinen Respekt davor, weil Sie beispielsweise eben nicht den Mut haben, dem Wiener Bürgermeister die millionenschweren Beamtenpensionsprivilegien in Wien abzustellen. Dafür fehlt Ihnen der Mut. Sie haben aber jederzeit die Entschlossenheit, die kleineren und mittleren Unternehmen weiterhin in den Schwitzkasten zu nehmen und ihnen eine höhere Kapitalertragsteuer draufzuschnalzen.

Zweites Belegbeispiel: Sie haben nicht die Bereitschaft, die obszön hohen Summen der Parteienfinanzierung zu reduzieren. Im Gegenteil! Sie erhöhen die Parteienfinan­zierung – obwohl wir Europameister sind – jährlich munter weiter, aber Sie haben kei­nen Genierer, Unternehmerinnen und Unternehmer unter einen Generalverdacht zu stel­len und ihnen weiteren bürokratischen Druck draufzupacken.

Drittes Belegbeispiel: Sie haben nicht den Mumm, international – die Sozialdemokratie und die Konservativen regieren Europa seit Jahrzehnten – entschlossen gegen aggres-


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sive Steuerplanung und Steuerflucht vorzugehen. Sie haben in all den Jahren keine Ent­schlossenheit gezeigt. (Abg. Schieder: Na was ist denn das?!) – Herr Schieder, schauen Sie es sich an! Auch jetzt nicht entschlossen genug, schauen Sie es sich an! Starbucks, Amazon et cetera werden weiter ihre aggressiven Steueroptimierungsmo­delle fahren, und während Starbucks das weiter praktiziert und die Regierung dem kei­nen Riegel vorschiebt, ist der Gastronom nebenan mit einer höheren Umsatzsteuer kon­frontiert. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Das ist nicht fair! Sie würgen den Mittelstand ab. Sie haben keine Vorstellung, was es heißt, doppelte Gehälter zu zahlen, wenn die hereinschneien, und dann noch die Sozialversicherung, die auch doppelt dazukommt. Das ist Ihnen einfach nicht bewusst. – Kein Respekt!

Viertes Beispiel: Sie sind nicht dazu bereit – obwohl wir das seit Monaten, seit Jahren, seit Jahrzehnten fordern –, die 22 Sozialversicherungsinstitutionen zusammenzulegen. Nein, Ihr Generaldirektor, Ihr Präsident, Ihr Institutions-Firmenauto! Sie sind nicht be­reit, das zusammenzulegen oder andere ineffiziente föderale Strukturen abzustellen. Aber Sie schnalzen die Höchstbemessungsgrundlage weiter hinauf. In dieser Republik bleibt einem als Nettozahler die Luft weg, wenn man so behandelt wird.

Fünftes Beispiel: Sie sind nicht bereit, im Gewerberecht endlich Modernisierungen vor­zunehmen oder andere bürokratische Monster abzustellen. Sie blockieren unternehme­rische Initiative in Österreich. Aber Sie sind bereit, mit dieser Steuerreform – und des­wegen gibt es einen Applaus der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer – die Zwangsbeiträge für Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer weiter zu erhöhen. Diese zwei – Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer – sind stille Profiteure dieser Steuerre­form, sie werden weitere Zwangsbeiträge in Millionenhöhe lukrieren – durch die Erhö­hung der Höchstbemessungsgrundlage einerseits und durch die Erhöhung der Um­satzsteuer andererseits. Deswegen wird unter anderen Herr Leitl zugestimmt haben, obwohl er vom Wirtschaftsbund ein Nein mitbekommen hat. Im Parteivorstand ist er dann umgefallen. Ja, in diesem Kammerstaat freuen sie sich natürlich über diese Zwangs­beiträge, die weiter steigen.

In Summe ist das die Botschaft: Sie, SPÖ und ÖVP, sind Feinde eines unternehmeri­schen Österreich. Das wird sich übersetzen in weiter rasant steigende Arbeitslosigkeit. Die Botschaft dieser Regierung an die Unternehmerinnen und Unternehmer, an über 250 000 Ein-Personen-Unternehmen, an die übrige viertel Million Unternehmerinnen und Unternehmer lautet: Stellt keine Menschen ein! – Das ist die Botschaft, so kommt es bei den Unternehmerinnen und Unternehmern an. Und das ist ein Problem für die­ses Land. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Ganz wichtig, dass du das jetzt gesagt hast!)

Wir haben Ihnen vorgerechnet, wie es gehen kann. Wir haben es Ihnen auch mitgege­ben: eine Entlastung von 8,4 Milliarden € mit einem Reformprogramm über acht Jahre. Wir stellen hier (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe) auch 3,5 Milliarden € für Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation ein, wir stellen hier auch 3,3 Milliar­den € zur Rückzahlung des Schuldendienstes ein. Wir haben das hier noch einmal pä­dagogisch wertvoll aufgearbeitet, ich gebe es Ihnen auch noch einmal mit. Ich glaube, das ist einfach zentral, dass Sie diese Dinge angehen. (Vizekanzler Mitterlehner: Das war schon einmal verständlicher!) – Das war schon einmal verständlicher? Es ist diesmal sogar mit Bildern, Herr Vizekanzler, falls Sie die Zeit finden. (Abg. Wöginger: Du liest es uns eh wahrscheinlich noch vor!)

Ja, für Sie als Männer der Tat, die Sie gerne den Django, den Mann der Tat markieren, hätte ich heute einen Vorschlag: Sie können heute tätig werden! Sie sparen bei Unter­nehmerinnen und Unternehmern, bei Nettozahlerinnen und Nettozahlern, denen wird etwas aufgedrückt, aber beim Staat und beim fetten Kammer- und Parteienstaat sind Sie nicht bereit, Einschnitte vorzunehmen. Sie können heute Gegenteiliges beweisen.


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Einmal mehr bringen wir NEOS den Entschließungsantrag ein, dass wir die Parteien­finanzierung, die höchste in Europa, auf ein vernünftiges Maß zurückführen. Wenn Sie diesem Antrag der NEOS folgen, dann sind wir immer noch Europameister, es müssen keine Partei und kein Kammerapparat verarmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der Bun­des- und Landes-Parteienförderung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Parteiengesetz und das Parteien-Förde­rungsgesetz dahingehend zu ändern, dass festgelegte Valorisierungsklauseln außer Kraft gesetzt werden. Darüber hinaus soll der Korridor für die Landesförderung auf maximal 17 Euro je Wähler_in herabgesetzt sowie für die Bundesförderung auf ein Ma­ximalniveau von 4,6 Euro begrenzt werde.“

*****

Zeigen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, denen Sie so viel an Steuern und Abgaben abverlangen – auch in den nächsten Jahren steigt der Steuer- und Abgabendruck –, dass Sie bereit sind, auch im eigenen Haus Einsparungen vorzunehmen! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strolz überreicht Vizekanzler Mitterlehner und Bundesminister Hunds­torfer die zuvor gezeigte Broschüre.)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Klubobmann Strolz eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kollegin und Kollegen betreffend Reduktion der Bundes- und Landes-Parteienförderung

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1 - Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema Steuerreform

Österreich liegt in Bezug auf die Höhe der Parteienförderung weltweit an zweiter Stelle. Auf Bundesebene wird die Parteienförderung 2015 nicht angehoben, auf Länderebene wird jedoch von der Valorisierung Gebrauch gemacht. Insgesamt wird auf Länderebe­ne die Obergrenze für die Summe pro Wahlberechtigtem von 22 Euro auf 22,4 Euro und somit der Inflationsrate entsprechend angehoben. Wien reizt diese Obergrenze zur Gänze aus, die Bundeshauptstadt allein liegt bezüglich der absoluten Summe der Par­teienförderung damit nur knapp hinter dem Bund. Ebenso erhöhen fast alle übrigen Bundesländer die Parteienförderung. Insgesamt ergeben sich für 2015 ca. 135 Millio­nen Euro an Parteienförderung auf Bundes- und Landesebene. Die Berechnung erfolgt darüber hinaus auf Grundlage der Anzahl der Wahlberechtigten und nicht - wie nahe lie­gend - auf Basis der tatsächlich abgegebenen Stimmen.

Daraus ergibt sich eine nicht angemessene Überfinanzierung der Parteistrukturen. Es ist insbesondere bedenklich, dass sich die Bundesländer ein Vielfaches der Bundesför-


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derung (dzt. rund 29 Mio. €, vgl. Gesamtsumme der Landesförderungen: rund 104 Mio. €) ausschütten. Im Sinne eines lebendigen und modernen Parlamentarismus wäre es au­ßerdem notwendig, die Parteienförderung zu Gunsten der innerparlamentarischen In­frastruktur zu reduzieren. Legistische Dienste, Budgetdienst, ein unabhängiges Wir­kungscontrolling und andere Instrumente, die die Bundes- und Landesparlamente in ihrer Kontrollfunktion stärken, könnten so umfassender ausgestattet werden. Darüber hinaus muss die absolute Summe der Ausgaben reduziert werden, da gerade ange­sichts der prekären Situation der öffentlichen Haushalte ausgabenseitig verschlankt wer­den muss.

Sinnvoll wäre eine Herabsetzung des Korridors für die Landesförderung auf max. 17 Eu­ro je Wähler_in. Zeitgleich sollte der Korridor für die Bundesförderung auf ein Maximal­niveau von 4,6 Euro begrenzt werden, um eine etwaige weitere Erhöhung (derzeit wäre eine Anhebung auf 11 Euro je Wahlberechtigtem grundsätzlich möglich) zu verhindern. Weiters müssen die im Parteiengesetz und Parteien-Förderungsgesetz festgelegten Va­lorisierungsklauseln (Parteien-Förderungsgesetz 2012 § 5; Parteiengesetz 2012 § 14) angesichts des ohnehin hohen Förderniveaus umgehend außer Kraft gesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Parteiengesetz und das Parteien-Förde­rungsgesetz dahingehend zu ändern, dass festgelegte Valorisierungsklauseln außer Kraft gesetzt werden. Darüber hinaus soll der Korridor für die Landesförderung auf ma­ximal 17 Euro je Wähler_in herabgesetzt sowie für die Bundesförderung auf ein Ma­ximalniveau von 4,6 Euro begrenzt werde."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


12.16.55

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Strolz, irgend­wie sind Sie heute nicht auf dem letzten Informationsstand, aber ich glaube, das ist nicht meine Bringschuld.

Das Ziel dieser Steuerreform war für die ÖVP klar definiert: Senkung der Einkommen- und Lohnsteuer und ein klares Nein zu Substanzsteuern. Dieses Ziel wurde erreicht. Der Mittelstand wird entlastet – Unternehmerinnen und Freiberufler sowie alle leistungs­orientierten Bürgerinnen und Bürger. Zweitens wurde eine Substanzbesteuerung ver­mieden. Diese hätte unseren Arbeits- und Wirtschaftsstandort extrem geschädigt, denn 1 Milliarde mehr an Vermögensteuer bedeutet ein Minus von 0,65 Prozent beim BIP-Wachstum, was wir uns angesichts der jetzigen Situation ohnedies nicht hätten erlau­ben können. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Auch wenn Neiddebatten und Klassenkampf durchwegs stammtisch- und medientaug­lich sind, unterschätzen Sie bitte nicht die Mobilität von Unternehmen. Nicht nur die großen sind bereit, ins Ausland zu gehen, auch die Mobilität bei den KMUs nimmt zu. Was würde dann passieren? – Die Unternehmer gehen und die Arbeitslosen bleiben.

Die Gegenfinanzierung dieser größten Tarifreform aller Zeiten kann nicht ausschließ­lich durch steigenden Konsum und eine kurzfristig durchgeführte Verwaltungseinspa-


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rung – übrigens 1,1 Milliarden € – erreicht werden. Letzteres ist für Herrn Kollegen Stra­che nichts – ich finde das schon beachtlich! Nur Realitätsverweigerer können glauben, dass das anders möglich gewesen wäre.

Für den Unmut der Betroffenen habe ich Verständnis. Aber ich habe kein Verständnis, dass man weiterhin Öl ins Feuer gießt und die Unternehmer einem Generalverdacht unterstellt. Ich darf auch der Frau Staatssekretärin von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern ausrichten, dass sie von ihrem Auftritt „Im Zentrum“ sehr enttäuscht sind, denn dort hat sie diese Pauschalverurteilungen wieder bestätigt. Professor Schnei­der hat in seinen Studien bewiesen, dass Pfusch in allen Bevölkerungsschichten ver­breitet ist. Da muss man nicht als Erstes auf die Leistungsträger in unserer Gesell­schaft hinhauen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

Wir von der ÖVP stehen dafür, dass Steuer-, aber vor allem auch Sozialbetrug be­kämpft werden müssen, dass redliche Wirtschaftstreibende geschützt werden und faire Wettbewerbsbedingungen für alle gelten. Daher müssen noch einige Anpassungen vorgenommen werden. Ich denke nur an die Betriebsübergaben, die AfA, aber auch an die Registrierkassen.

Erfreulich, Herr Kollege Strolz – wahrscheinlich hatten Sie die Unterlagen noch nicht –, für Unternehmerinnen und Unternehmer ist das Konjunkturpaket, denn das enthält ein sehr gelungenes Crowdfunding-Modell und auch die KMU-Finanzierungsgesellschaft. Ich bedanke mich dafür bei unserem Staatssekretär und vor allem auch bei meinem Kollegen Werner Groiß, der sich da sehr intensiv eingebracht hat. Es ist ein großes Paket für die Lehrberufsausbildung drinnen: 18 neue zeitgemäße Berufsbilder, eine Er­höhung der Forschungsprämie auf 12 Prozent, eine Erleichterung des Zugangs der KMUs zu öffentlichen Aufträgen und vieles mehr – also Gratulation zu diesem Konjunk­turpaket!

Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Sie haben angekündigt, dass die Steuerreform der erste Reformschritt ist, weitere sollen folgen. Mittlerweile sind bereits die Themen definiert und terminisiert. Genau dieses unternehmerische Tempo brauchen wir, denn wir wollen einen modernen, bürgernahen Staat mit einer effizienten Verwaltung, einem zukunftsfitten Pensionssystem und einer zeitgemäßen Bildungslandschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

12.20


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter DDr. Fuchs. – Bitte.

 


12.20.51

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das nunmehr vorliegende Konzept der Bundesregierung ist, wie wir heute schon gehört ha­ben, keine Steuerreform, sondern lediglich eine Lohn- beziehungsweise Einkommen­steuertarifreform. In Wirklichkeit werden den Steuerzahlern ab 2016 5 Milliarden € zu­rückgegeben, die man ihnen bereits seit 2009 durch die kalte Progression wegge­nommen hat. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Strolz.) Die kalte Progression muss aber sofort gestoppt werden. Daher fordern wir Freiheitliche eine regelmäßige Anpas­sung der Tarifstufen an die Inflation.

Aus der großen Entlastung der Familien, wie von der ÖVP angekündigt, wurde nichts. Lediglich 2 Prozent der Steuerreform werden den Familien zugutekommen – durch die Verdoppelung des Kinderfreibetrages. Durch die Erhöhung des Kinderfreibetrages er­spart sich eine durchschnittliche Familie im Monat 5,50 €, das sind 18 Cent am Tag. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Kitzmüller.) So viel hat die Bundesregie­rung für die Familien übrig. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Na bravo!) Durch das frei-


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heitliche Familienentlastungsmodell würde eine Familie mit bis zu 7 000 € im Jahr ent­lastet werden. (Beifall bei der FPÖ. – Vizekanzler Mitterlehner: 800 Millionen !)

Herr Vizekanzler, Sie können sich später zu Wort melden, Sie müssen hier nicht vor­schreien. (Beifall bei der FPÖ.)

In Anbetracht der derzeitigen Rekordarbeitslosigkeit in Höhe von 10,3 Prozent ist eine Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe insbesondere bei den Lohnnebenkosten unbe­dingt erforderlich. Was nützt denn den Bürgern eine Lohnsteuerentlastung, wenn sie keinen Job haben?! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Bundesregierung macht aber genau das Gegenteil. Sie stellt die Unternehmer un­ter den Generalverdacht, Abgaben zu hinterziehen, und belastet obendrein die Klein- und Mittelbetriebe mit höheren Abgaben. Rot-Schwarz verlängert die Abschreibungs­dauer für Gebäude auf 40 Jahre. Begründung: im Sinne der Vereinfachung des Steu­errechtes. (Ironische Heiterkeit der Abg. Schimanek.) Rot-Schwarz erhöht die KESt auf Gewinnausschüttungen von GmbHs, wohl wissend, dass Familien-GmbHs dadurch künftig mit einer Gesamtsteuerbelastung von 45,625 Prozent, und zwar ab dem ersten Gewinneuro, konfrontiert sind.

Rot-Schwarz schafft den Bildungsfreibetrag und die Bildungsprämie ab, obwohl die Bildung ihnen offenbar sehr am Herzen liegt. Rot-Schwarz verteuert Betriebsüberga­ben durch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, Rot-Schwarz erhöht die sozialversicherungsrechtliche Höchstbeitragsgrundlage und verteu­ert damit den Faktor Arbeit. Eine Senkung der Lohnnebenkosten wird auf die lange Bank geschoben, sie soll erst ab 2018 unter der Voraussetzung der budgetären De­ckung kommen, was bedeutet: so gut wie nie. Rot-Schwarz erhöht die ImmoESt, und Rot-Schwarz glaubt, mit der Einführung der Registrierkassenpflicht den Steuerbetrug bekämpfen zu können.

Nicht umsonst fanden letzte Woche vor dem Bundeskanzleramt Proteste von Wirt­schaftstreibenden statt, und zu Recht wurde diese Regierung als Totengräber der Tou­rismuswirtschaft bezeichnet. (Beifall bei der FPÖ.)

An den Steuerprivilegien von Privatstiftungen und von Großkonzernen durch die Grup­penbesteuerung wird überhaupt nicht gerüttelt, obwohl der Republik Österreich da­durch jährlich Hunderte von Millionen entgehen. Und wenn der Herr Klubobmann Schieder am 13. März 2015 in der ORF-Sendung „Runder Tisch“ gemeint hat, dass die Privatstiftungen durch die KESt-Erhöhung auf Dividenden sehr wohl belastet werden, dann darf ich den Herrn Klubobmann heute korrigieren: Privatstiftungen zahlen keine Steuern auf Dividenden, denn da genießen die Stiftungen eine großzügige Steuerbe­freiung.

Aber offenbar hat die SPÖ ihre Liebe zu den Millionären entdeckt. Zwei Beispiele zum neuen rot-schwarzen Millionärsentlastungstarif: Ein Topverdiener mit einer Bruttomo­natsgage von 84 124 € – monatlich! – wird mit 2 171,62 € entlastet. Also: eine Entlas­tung von fast 2 200 € (Ruf bei der SPÖ: Im Jahr!) – im Jahr, ja – bei einem Monats­gehalt von 84 000 €. Nächstes Beispiel: Erst bei einem Bruttomonatseinkommen von 87 898 € bleiben 33 € jährlich weniger im Millionärsbörserl. – So viel zur sozialdemo­kratischen Steuergerechtigkeit!

Für diejenigen, die derzeit keine Lohnsteuer zahlen, wird die Negativsteuer erhöht be­ziehungsweise für die Bezieher kleiner Pensionen eingeführt. Mit der Negativsteuer kann sich der Steuerzahler im Wege der Steuerveranlagung de facto einen Teil der So­zialversicherungsbeiträge wieder zurückholen. Da aber erfahrungsgemäß viele Steuer­zahler keinen Steuerausgleich machen (Zwischenbemerkung von Bundeminister Schel­ling), womit die Bundesregierung offenbar kalkuliert, wäre es ehrlicher gewesen, die


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Kleinstverdiener und die Pensionisten direkt bei den Sozialversicherungsbeiträgen zu entlasten, und zwar ohne Leistungskürzungen.

Darüber hinaus ist es auch nicht zumutbar, einen Pensionisten beziehungsweise einen Bewohner eines Altersheims zur Abgabe – möglicherweise noch einer elektronischen – Steuererklärung zu zwingen. Also vorher wegnehmen, und dann soll man sich im Wege der Veranlagung das Geld wieder zurückholen, das ist nicht der richtige Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Konzept der Bundesregierung bewirkt lediglich eine Umverteilung bestehender Steuern, verbunden mit Steuererhöhungen. Die Steuerzahler finanzieren sich ihre vor­dergründige Steuerentlastung selbst. Zu einer Reduktion der Abgabenquote wird es durch diese Reform nicht kommen.

Eine nachhaltige Staats- und Verwaltungsreform wird erst gar nicht wirklich angegan­gen, wodurch das Ausgabenproblem der Republik Österreich weiterhin ungelöst bleibt. Die großen Profiteure dieser Reform sind die Topverdiener, die Privatstiftungen und die Großkonzerne, und zwar zulasten der Klein- und Mittelbetriebe und der Bezieher nied­riger Einkommen. Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus. (Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Wurm zu Wort. – Bitte.

 


12.27.56

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und vor den Fernseh­schirmen! 4,9 Milliarden € nimmt die Regierung in die Hand für diese Steuerreform. Das ist viel Geld. Es profitieren 6 Millionen Österreicher und Österreicherinnen davon. (Abg. Steinbichler: Die Regierung nimmt kein Geld in die Hand, die Regierung nimmt Steuergeld in die Hand!) 90 Prozent kommen den Klein- und Mittelverdienern und -verdienerinnen zugute, und das hilft auch vor allen Dingen den Frauen in diesem Land. (Abg. Steinbichler: Steuergeld!) Ich erkläre jetzt anhand von Beispielen, was das für die Frauen im Land bedeutet. (Abg. Steinbichler: Mit Steuergeld! – Abg. Maurer hält eine Tafel in die Höhe, auf der unter dem Titel „Steuer-Entlastung“ das SPÖ/ÖVP-Mo­dell dem grünen Modell gegenübergestellt wird.)

Die Verkäuferin, vollzeitbeschäftigt, ausgelernt, ein paar Dienstjahre hat sie schon hin­ter sich gebracht, verdient zirka 1 700 € pro Monat. Sie spart sich durch die Steuerre­form dann ab 1. Jänner 2016 690 € pro Jahr. Das ist vielleicht die bessere Waschma­schine, das ist der gemeinsame Ausflug mit Freundinnen, das ist vielleicht auch das Ansparen für eine neue Einrichtung in der Wohnung.

Zweites Beispiel: Eine teilzeitbeschäftigte Alleinerzieherin mit einem Kind verdient zirka 1 000 €. Der Rabatt bei der Sozialversicherung macht 290 € aus. Damit kann sie sich möglicherweise einen Schulskikurs für ihr Kind leisten, der sonst nicht möglich gewe­sen wäre. (Ruf bei der FPÖ: Weihnachten 2016!) Dieses Kind kann mitmachen. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Schimanek und Deimek.– Reden Sie das nicht klein, das ist viel Geld für die Familie, für die Frau!

Pensionistinnen verdienen durchschnittlich, wie wir wissen, 900 €, das bedeutet 110 € Gutschrift pro Jahr. (Abg. Glawischnig-Piesczek – zwei Tafeln ähnlich jener der Abg. Maurer in die Höhe haltend –: Das ist nicht notwendig! Muss das sein, dass die höchs­ten Einkommen so entlastet werden?!) Wissen Sie, was das für die Pensionistin heißt? – Vielleicht kann sie dann beim Ausflug des Pensionistenverbandes oder des Senioren­bundes mitfahren, vielleicht kann sie sich einen zusätzlichen Friseurbesuch pro Monat leisten, was immer sie will!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 83

Ich rede hier sehr wohl von den Frauen und vom Medianeinkommen. Natürlich rede ich auch von den vollzeitbeschäftigten Frauen. Frau Klubobfrau Glawischnig, es gibt Gott sei Dank auch Frauen, die Akademikerinnen sind, es gibt Ärztinnen, es gibt Lehrerin­nen, und auch sie haben in diesem Land Entlastungen verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Haben Sie da auch ein paar Beispiele?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch einmal zusammengefasst, wir haben verspro­chen: Durch diese Steuerreform kommt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Netto vom Brutto heraus. – Das ist mit dieser Steuerreform, so wie sie geplant ist und wie sie dann hier beschlossen werden soll, geschehen.

Es haben alle Österreicher und Österreicherinnen etwas davon. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Die Österreicherinnen sehr viel weniger! – Abg. Deimek: Wir zahlen uns das alles selber!) So viel sei noch dazu gesagt: Die Einkommensungerechtigkeiten zwi­schen den Geschlechtern werden wir über eine Tarif- und Steuerreform nicht beseiti­gen. Da geht es um die bessere Bewertung der Arbeit. Da geht es darum, dass Frauen in den verschiedenen Berufen mehr verdienen, sei es in der Pflege et cetera.

Da müssen wir ansetzen, und dafür tun wir immer etwas, das Einkommenstranspa­renzgesetz und, und, und. Mit dieser Steuerreform ist ein Stück mehr Gerechtigkeit ge­schaffen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Grünen: Schämen Sie sich! – Abg. Steinbichler: Nicht einmal im Ansatz ist das geschafft! – Ruf bei der FPÖ: Vier Leute in der SPÖ haben geklatscht!)

12.31


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner gelangt Herr Mag. Rossmann zu Wort. – Bitte.

 


12.31.48

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Herren auf der Regierungsbank! Herren, ja – darauf werden noch einmal zu sprechen kommen. (Vizekanzler Mitterlehner: Der Redner ist auch nicht unbedingt weiblich, nicht?) – Wir haben aber schon eine weibliche Rednerin gehabt, die sich sehr für die Frauen engagiert hat.

So, jetzt fangen wir einmal an. Lob hat Herr Klubobmann Lopatka eingefordert. Fangen wir mit Lob an!

Die Steuersenkung, keine Frage, ist wichtig. Sie kommt allerdings zu einem sehr spä­ten Zeitpunkt. Warum sie wichtig ist, dafür gibt es ja zahlreiche Gründe: Die Nettoreal­einkommen pro Kopf stagnieren seit 2010, es gibt die kalte Progression, die Konjunktur ist sehr schwach.

Das Zweite, das ich an dieser Steuerreform loben möchte, ist, dass ausdrücklich jene von der Steuerentlastung nicht ausgenommen werden, die keine Lohn- und Einkom­mensteuer zahlen. Ich sage ausdrücklich: Lohn- und Einkommensteuer! Das bedeutet nicht, dass diese Menschen nicht auch Sozialversicherungsbeiträge und indirekte Steu­ern zahlen, was in Summe dazu führt, dass die unteren Einkommen über alle Steuern hinweg de facto gleich belastet werden wie die höchsten Einkommen. Das heißt, wir haben in Österreich in Wirklichkeit ein Flat-Tax-Modell.

Ein dritter Punkt, der mir wesentlich erscheint und wo ich Lob anknüpfen möchte, ist, dass endlich – endlich! – mit der Steuerbetrugsbekämpfung in diesem Land, in Öster­reich, begonnen wird.

Aber kein Lob ohne Kritik! Lassen Sie mich mit dieser Kritik anfangen; mit Beispielen kann immer alles und nichts zeigen. (Abg. Krainer: Fang lieber mit dem Lob an, sonst vergisst du es wieder! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


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Ich kann auch damit beginnen, dass ich sage: Eine Frau mit einem mittleren Einkom­men von € 1 400 (Abg. Gisela Wurm: Vollzeit oder Teilzeit?) – vollbeschäftigt – wird im Ausmaß von 370 € entlastet; das sind netto 2,4 Prozent. Ein vollbeschäftigter oder teil­zeitbeschäftigter Nationalratsabgeordneter oder eine ‑abgeordnete wird mit 3,2 Prozent entlastet. Das kann man in der Tat wohl nicht gerecht nennen.

Jetzt kann man sich die ganze Skala von ganz unten, von den niedrigsten Einkommen, bis zu den höchsten Einkommen anschauen. Das tun wir jetzt einmal (der Redner zeigt eine Grafik) und vergleichen den Regierungstarif mit dem Grünen-Tarif. Der Regie­rungstarif ist der schwarze; da sieht man, dass die unteren Einkommen in Wirklichkeit unterdurchschnittlich entlastet werden, dass ab etwa 2 000 € dieser Tarif kontinuierlich anzusteigen beginnt, bis etwa 3 200 € Bruttoeinkommen, und er sich dann wieder ein­schleift. Das zeigt also, dass die stärkste Entlastung in Wirklichkeit nicht bei den un­teren Einkommen liegt – das ist schlicht und einfach falsch –, sondern sie liegt bei den mittleren und oberen.

Diese Grafik habe ich im Übrigen nicht selbst erstellt. Die Analyse habe ich durch zwei Forschungsassistenten von der Wirtschaftsuniversität Wien durchführen lassen, Herrn Stefan Humer und Herrn Mathias Moser, um dem Ganzen ein bisschen mehr Gewicht zu verleihen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Das ist ein Van der Bellen-Absol­vent!)

Wenn wir uns die grüne Kurve anschauen, so sehen wir, dass man das mit weniger Geld, nämlich mit 4 Milliarden €, auch ganz anders machen kann. Da kann man die un­teren Einkommen viel stärker entlasten, auch jene, die keine Lohn- und Einkommen­steuer zahlen, und dann einen Verlauf herstellen, der dazu führt, dass kontinuierlich die Nettoentlastung abnimmt, sodass die hohen Einkommen dann deutlich niedriger belas­tet werden (Abg. Kickl: Entlastet!) als die Einkommen ganz unten.

Ich kann daher jenen nicht beipflichten – insbesondere auch der Frauenministerin nicht, sie ist ja nicht mehr hier –, die immer wieder sagen, dass die unteren Einkommen und damit die Frauen stärker entlastet werden. Das ist schlicht und einfach nicht der Fall. (Beifall bei den Grünen.)

Den Bock abgeschossen hat Herr Klubobmann Lopatka, der gemeint hat, es werden die Leistungsträger und die Fleißigen entlastet. Das ist ja schon eine Chuzpe der Sonder­klasse! Als wären Frauen, von denen 50 Prozent in Teilzeit beschäftigt sind (Abg. Gi­sela Wurm: Weil die Männer daheim nicht arbeiten!), nicht fleißig! Und warum sind sie in Teilzeitbeschäftigung? – Zum überwiegenden Teil nicht freiwillig, sondern weil sie Kinder betreuen und Pflegearbeit leisten! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Steinbichler.)

Diese Frauen als nicht fleißig zu bezeichnen, das ist wirklich eine Frechheit! (Abg. Obernosterer: Das hat er eh nicht gesagt!) – So hat er es aber gemeint. Er hat von den Leistungsträgern und von den Fleißigen geredet, die entlastet werden. (Vizekanz­ler Mitterlehner: Die zahlen auch am meisten!) Die Schlussfolgerung im Gegenteil ist wohl die, die wir ziehen müssen.

Noch einmal, Herr Vizekanzler, sie zahlen am meisten Lohn- und Einkommensteuer, aber Sie müssen doch immer berücksichtigen, dass natürlich auch die unteren Einkom­men deutlich mehr Sozialversicherungsbeiträge und indirekte Steuern zahlen (Vize­kanzler Mitterlehner:  rückerstatten!), sodass wir am Ende des Tages, Herr Vize­kanzler, einen Flat-Tax-Tarif haben. Noch einmal, das zeigen Studien des Wirtschafts­forschungsinstituts seit mehr als zehn Jahren. (Abg. Darabos: Flat-Tax ist schon was anderes!) Dieser Tarif ist daher, da die Entlastung eben in der Mitte und oben ansetzt, auch nicht konjunkturgerecht. Konjunkturgerecht wäre ein Tarif, der die Unteren eben deutlich stärker entlastet, als es dieser Tarif tut.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 85

Man könnte in Wirklichkeit viel, viel mehr für die Konjunktur tun, denn alles das, was in den Taschen der Bezieher hoher und hoher mittlerer Einkommen liegt, wandert mehr oder weniger eins zu eins in Sparbücher, in Wertpapiere, in irgendwelche Aktien – jedenfalls nicht in den privaten Konsum. Entscheidend ist, wie viel von dieser Tarifsenkung in den privaten Konsum wandert. Da habe ich eben Zweifel.

Diese Reform – das ist der nächste Punkt – ist mit Sicherheit keine Steuerstrukturre­form, denn dazu fehlen ganz entscheidende Dinge, und zwar vor allem mehr soziale Ge­rechtigkeit. Dieser Tarif alleine ist ja schon einer, der die soziale Gerechtigkeit verschlech­tert.

Ich habe vergessen, anzuführen, was diese Tarifanalyse der beiden Forschungsassis­tenten noch zeigt (der Redner zeigt eine Tabelle): dass sich innerhalb der Gruppe der Frauen die Verteilungssituation durch diesen Tarif verschärft. So schaut es nämlich aus. (Vizekanzler Mitterlehner: Sie haben schon einmal was von Transferleistungen gehört?!) – Wir reden hier über die Tarifentlastung. Wenn Sie die Transferleistungen anschneiden, Herr Vizekanzler, so kann ich Sie beruhigen. Die Studie des WIFO, von der ich gesprochen habe, berücksichtigt auch die Transferleistungen. Also: Sozialversi­cherungsbeiträge, indirekte Steuern, Lohnsteuern, einschließlich Transferleistungen be­deuten im Wesentlichen für niedere Einkommen und für obere Einkommen mehr oder weniger einen Flat-Tax-Tarif. So schaut die Wahrheit aus! (Abg. Krainer: Das ist falsch!) – Nein, das ist nicht falsch. (Beifall bei den Grünen.)

Schau dir, Jan Krainer, die Verteilungsstudie des WIFO an! Schau dir den Bericht der Steuerreformkommission an! (Abg. Krainer: Kenne ich!) Da ist diese Grafik auch drin­nen. Wer diesen Bericht gelesen hat, der weiß das und der kann das mit Sicherheit nicht entkräften. (Abg. Krainer: Exklusive Sozialtransfers! Ohne Sozialtransfers!)

Meine Damen und Herren, was aber auch fehlt ... (Abg. Krainer: ... Pensionen! – Vize­kanzler Mitterlehner: Die sind nicht drinnen in dem! – Abg. Krainer: Die Pensionen schon, aber nicht die Transfers! – Vizekanzler Mitterlehner: ... sind nicht drinnen!)

Was aber auch fehlt, ist mehr soziale Gerechtigkeit im Steuersystem und eine Ökolo­gisierung im Steuersystem. Es ist ja schon bezeichnend, dass die Reichen und Super­reichen in dieser Republik von ihrem Vermögen praktisch keinen Cent zur Gegenfinan­zierung dieser Steuerreform leisten. Mit ihrem Einkommen: ja, mit ihren Dividenden: ja – Einkommensmillionäre müssen einen kleinen Beitrag leisten, 416 an der Zahl, ge­radezu lächerlich (Zwischenruf des Abg. Wöginger) –, die Kapitalertragsteuer auf Divi­denden wird ein wenig erhöht. Aber die Reichen leisten aus Vermögen praktisch null Beitrag – und das in einem Land, wo wir eine extreme Ungleichverteilung von Vermö­gen haben, die nur in den USA noch höher als in Österreich ist!

Das, meine Damen und Herren, ist beschämend für dieses Land, das ist untragbar! (Bei­fall bei den Grünen.)

Ich verstehe schlicht und einfach nicht, warum es in der EU 19 Staaten mit einer Erb­schafts- und Schenkungssteuer gibt – in Deutschland werden auch die Privatstiftungen mit erfasst –, und in Österreich ist das nicht möglich. Ja, die ÖVP hat das verhindert, und die SPÖ ist zu schwach gewesen, um das in der Tat durchzusetzen. Aber diesen Zustand halte ich für unerträglich, denn solange es nicht gelingt, in Österreich eine Steuer auf Vermögen einzuführen, insbesondere eben eine Erbschaftssteuer und eine Steuer auf Stiftungen, werden wir es niemals mit einem sozial gerechten, fairen Abga­bensystem zu tun haben.

Natürlich hätte man auch weiter entlasten können mit einer ökosozialen Steuerreform. In diesem Sinne ist nicht nur der Klimaschutz der Verlierer, in diesem Sinne sind na­türlich auch noch jene Verlierer, die sparsam mit Energie umgegangen wären, die we-


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nig an Schadstoffen verbrauchen. Verlierer gewesen wären jene, die mit Schadstoffen großzügig umgehen und Energie verschwenden.

Gewinner im Falle einer ökosozialen Steuerreform wären aber auch jene gewesen, de­ren Lohnnebenkosten entlastet würden. Die Lohnnebenkostenentlastung ist ja offen­sichtlich kein Thema im Rahmen dieser Steueranpassung, oder wie immer man das nennen will. (Vizekanzler Mitterlehner: Es ist eine Steuerreform!) – Steuerreform na­türlich nicht, nein! Eine Reform ist etwas anderes, denn an eine Reform muss man meh­rere Kriterien anlegen, nämlich solche, die auch die Steuerstrukturen ändern.

Ich meine, das Wirtschaftsforschungsinstitut, die Frau Schratzenstaller, die Frau Köppl, die Europäische Kommission, die OECD, der IMF werden nicht müde, den Mitglied­staaten Steuerstrukturreformen abzuverlangen. Aber die Österreicher – insbesondere die Bundesregierung ist hier auf beiden Ohren taub, sie hört nicht zu, oder blind, weil sie das, was in den Empfehlungen drinsteht (Vizekanzler Mitterlehner: Wir brauchen nicht ...!), nicht liest. Daher geht hier auch nichts weiter.

Ein letztes Wort noch zur Steuerbetrugsbekämpfung und zur Gegenfinanzierung: Die Gegenfinanzierung steht auf tönernen Beinen – das soll hier schon betont werden –, insbesondere die Selbstfinanzierungseffekte, aber auch das, was sich Verwaltungsre­form und Förderungsreform nennt. Wenn ich hier lese, dass ein Verwaltungskosten­pfad beschritten werden soll: Sorry, mit Reform hat das auch wieder nichts zu tun! Das sind entweder Kürzungen von Sachaufwendungen, oder es sind Kürzungen von Perso­nal, aber etwas anderes ist das nicht.

Im Bereich der Förderungen ist es ja dasselbe: Wenn hier linear gekürzt werden soll, so hat auch das nichts mit Reformen zu tun, denn das ist der Rasenmäher, und damit hat sich’s.

Steuerbetrugsbekämpfung – ein Letztes –: Das sehe ich als positiv, und es ist in Wirk­lichkeit hoch an der Zeit, dass hier etwas passiert. Ich denke noch mit Schrecken an die Zeiten zurück, als Wilhelm Molterer die Ausarbeitung einer Steuer-CD, die an das Finanzministerium geliefert wurde, verhindert hat. Und ich denke noch mit Schrecken an die Zeit zurück, als Maria Fekter den automatischen Informationsaustausch im Rah­men der Zinsensteuerrichtlinie verhindert hat. Hätte es nicht die OECD gegeben, die Österreich auf die schwarze Liste setzen wollte, wären wir noch nicht dort angelangt, wo wir heute sind. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.44


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Rossmann, gehe ich recht in der An­nahme, dass Sie sich entschlossen haben, den Entschließungsantrag, der mir vorliegt, nicht einzubringen? – Ich nehme an, das macht ein folgender Redner Ihrer Fraktion. (Vizekanzler Mitterlehner: Die Rede war so gut ...! – Abg. Krainer: Die Redezeit ...!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


12.44.55

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon bezeich­nend, wenn eines der größten Entlastungspakete, die es in der Zweiten Republik über­haupt gibt oder gegeben hat, von der Opposition einfach schlechtgeredet wird. Dass jene Punkte herausgesucht werden, die man durchaus differenziert betrachten kann, ist keine Frage. Aber wenn hier nur diese Punkte durchleuchtet werden und man ei­gentlich das Gesamte aus den Augen verliert – und Sie, Herr Kollege Rossmann, stül­pen dann noch Ihre kommunistischen Ansätze über dieses Steuerentlastungspaket –, dann hat sich diese Reform das nicht verdient, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir entlasten hier die Menschen mit über 5 Milliarden €. Es stimmt einfach nicht, dass keine Konjunkturbelebung, keine Ankurbelung der Konjunktur damit verbunden ist. – Natürlich ist sie damit verbunden! Wenn wir den Menschen mehr Geld zur Verfügung stellen, mehr Geld im Börsel lassen, dann wird dieses Geld natürlich auch wieder in­vestiert. Es wird dadurch die Kaufkraft selbstverständlich gesteigert. (Abg. Kitzmüller: Eben: wenn!)

Lassen Sie mich noch einmal auflisten, wie wir entlasten: mit 4,5 Milliarden im Tarif, mit 400 Millionen im untersten Einkommensbereich. Meine Damen und Herren, im unters­ten Einkommensbereich – dort wird gar keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlt! – sind Menschen, die jetzt schon von der Steuer befreit sind. Sie werden in Zukunft bis zu 400 € rückerstattet bekommen, inklusive Landwirte und Selbstständige; und bei den Pensionisten führen wir die 110 € auch über die Sozialversicherungsgutschrift ein.

Meine Damen und Herren, das ist eines der größten Sozialprojekte, die wir hier im Ho­hen Haus jemals gehabt haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es geht aber in erster Linie schon um die Entlastung jener, die auch die Steuern be­zahlen. Wenn das unrichtigerweise so dargestellt wird: Die unteren Einkommen wer­den hier nominell weniger entlastet!, dann muss ich sagen, ja, das stimmt. Meine Da­men und Herren, das stimmt, aber prozentuell werden die unteren Einkommen viel höher entlastet: Bei 2 000 € sind es nämlich 30 Prozent; im Gegensatz dazu sind es bei 4 000 € 14 Prozent.

Ich sage Ihnen jetzt einmal, was jemand, der 2 000 € an Brutto-Einkommen im Monat hat, im Jahr an Lohnsteuer bezahlt: Es sind 2 908 €. Wenn jemand 4 000 € brutto im Monat verdient, dann bezahlt er 11 233 € an Lohnsteuer. (Zwischenruf des Abg. Stein­bichler.) Das heißt, mehr als das Dreifache wird hier an Lohnsteuer bezahlt, obwohl man nur das Doppelte verdient!

Meine Damen und Herren, wir entlasten jetzt bei 2 000 € brutto mit 882 € pro Jahr – wie gesagt, das sind 30 Prozent an Entlastung –, und bei 4 000 € entlasten wir mit 1 557 €. Das ist in etwa das Eineinhalbfache, obwohl das Dreifache an Steuern bezahlt und das Doppelte verdient wird.

Es darf und kann keine Schande sein, wenn man durch Leistung auch etwas mehr ver­dient. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben hier ein sozial sehr ausgewogenes Paket, wo unten deutlich höher und stärker entlastet wird, vor allem auch in dem Bereich, wo es zu gar keiner Steuerbelastung kommt.

Zweiter Punkt: Familien. Ja, es stimmt, wir hätten uns hier durchaus mehr gewünscht, einen höheren Freibetrag bei den Kindern. Aber ich erkenne wirklich an – auch ange­sichts der Umstände, die wir generell haben, auch im Budget –, dass wir den Kinderfrei­betrag verdoppeln können: von 220 auf 440 €. Das hilft den Familien mit Kindern, mei­ne Damen und Herren! Wir heben ja auch die Familienbeihilfe mit 1. Jänner 2016 wie­der an und mit 2018 noch einmal. Außerdem investieren wir über 300 Millionen in den Aus­bau der Kinderbetreuungsplätze für unter 3-Jährige. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Meine Damen und Herren! Dieses Reformkonzept trägt die Handschrift der Österreichi­schen Volkspartei auch als Familienpartei, und darauf sind wir stolz! (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zum Abschluss noch etwas, was die Gegenfinanzierung anbelangt (Zwischenruf des Abg. Neubauer): Natürlich ist die Gegenfinanzierung mehr als ambitioniert, und natürlich ist es nicht einfach, ein 5-Milliarden-Paket gegenzufinanzieren. Aber zwei An­merkungen – Frau Kollegin Glawischnig ist ja schon wieder weg, genauso wie Herr Kollege Strache. Die beiden großen Oppositionsführer hier in diesem Haus schwingen selbst kurz die Rede (Abg. Kickl: ... schaut Ihnen im Fernsehen zu!) und vertschüssen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 88

sich dann aus dem Parlament. Das kennen wir von vielen unserer Sitzungen, auch wenn es um sehr wichtige Maßnahmen geht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Frau Kollegin Glawischnig, was den Grünen anstehen würde, ist Folgendes. Wenn beim Sachbezug Elektroautos steuerfrei gestellt werden, dann sollten Sie nicht die an­deren Punkte kritisieren, sondern dann sollten Sie eigentlich ein Taferl in die Höhe hal­ten und sagen: Liebe Dienstwagenfahrer, kauft in Zukunft Elektroautos, weil dafür kein Sachbezug zu bezahlen ist! – Das steht auch hier in diesem Programm.

Eines sei dem Kollegen Strache auch noch ins Stammbuch geschrieben: Die Aussage zur Grunderwerbsteuer ist einfach falsch. Es gibt dazu einen Ministerratsvortrag, den man vielleicht einmal durchblättern sollte.

Herr Kollege Kickl, wenn Sie die Reden schreiben, dann zitieren Sie wenigstens richtig, auch aus diesem Absatz: Bis 250 000 € ist bei der Grunderwerbsteuer der Prozentsatz jetzt niedriger, als er bisher war.

Auch die 400 000 € wurden erwähnt: 400 000 € als Verkehrswert, sozusagen mit ei­nem kleinen Häuschen und 1 000 Quadratmeter Grund. Das bedeutet, 4 250 € sind zu bezahlen, wenn ich das geschenkt bekomme oder wenn ich es erbe. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren, in der Regel vererbt man oder bekommt man geschenkt ein Mal in der Generation, das heißt, alle 20 bis 25 Jahre. Es ist aus meiner Sicht vertretbar, wenn dieser Betrag dann zu leisten ist, weil man natürlich auch den Wert erhält. (Abg. Kickl: Was ist die Leistung des Staates dafür?)

Insgesamt lobe ich dieses Projekt außerordentlich: Es ist die größte Entlastung für die Menschen in Österreich, die es in der Zweiten Republik gegeben hat! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Kickl: Was leistet der Staat dafür? – Weitere Zwischenrufe.)

12.50


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


12.51.06

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir ha­ben ja schon sehr viel gehört. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.) Aber ich muss, glaube ich, einmal ein Beispiel bringen, damit die Bürger verstehen, worum es da überhaupt geht.

Stellen Sie sich vor, ich bin Unternehmer, mein Mitarbeiter kommt zu mir, will 100 € als Gehaltserhöhung, und ich sage zu meinem Mitarbeiter: Kein Problem, ich gebe dir 100 € oben drauf – aber gleichzeitig streiche ich ihm 20 € an Zulagen und 80 € nehme ich als Kredit im Namen des Mitarbeiters auf, den der Mitarbeiter dann mit Zinseszins zurückzahlen muss. Ich glaube, der Mitarbeiter würde mich fragen, ob ich deppert bin.

Aber genau das passiert hier! Genau das passiert hier (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP): Die Regierung lässt die Bürger diese Steuersenkung selbst zahlen, und zwar mit Zinseszins. Das heißt, man nimmt einen Kredit im Namen des Bürgers auf und senkt ihm die Steuern, was aber auf der anderen Seite kompensiert werden muss. Auch wenn die Gegenfinanzierung funktioniert: Wir machen ja permanent Schulden. Das heißt, es geht überhaupt nicht darum, ob dieses Gedankenkonstrukt, das Sie hier auf­bauen, nämlich diese Gegenfinanzierung, funktioniert oder nicht, sondern es geht da­rum, dass wir auf jeden Fall neue Schulden machen!

Das heißt: Ganz egal, was der Staat tut, sobald der Staat die Steuern senkt, zahlt das der Bürger, und zwar so lange, solange der Staat nicht bereit ist, seine Hausaufgaben zu machen, solange der Staat nicht bereit ist, dort einzusparen, wo wirklich einzuspa­ren wäre, denn das wäre die richtige Reihenfolge.


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Jetzt sage ich nicht, dass wir keine Tarifsenkung brauchen. Natürlich brauchen wir eine Steuerentlastung, natürlich haben sich die Leute auch eine Steuerentlastung verdient; sie könnte sogar noch höher ausfallen. Aber wir können sie uns nicht leisten. Und wenn wir sie uns leisten, dann leisten wir sie uns auf Pump! Das heißt, der Bürger be­zahlt sie sich selbst, und zwar nicht einmal im vollen Umfang, sondern noch mehr: mit dem Zinseszins, der irgendwann zu zahlen ist auf diesen Kredit, den man jetzt nimmt, um dem Bürger etwas Gutes zu tun.

Wenn man es sich genau anschaut, dann ist es ja kein Zufall. Dass wir jetzt eine Steuersenkung haben, ist kein Zufall: Die Regierung betreibt Wählerkauf auf Wähler­kosten! Genau so funktioniert das. (Beifall beim Team Stronach.)

Das heißt, die Regierung macht nichts anderes, als dass sie einen Kredit nimmt, um dem Bürger etwas Gutes zu tun, und hofft, dann gewählt zu werden. Dass der Bürger das letztlich selbst zahlen muss, mit Zins und Zinseszins, das wird verschwiegen. An­scheinend bekommen es auch die meisten gar nicht mit, und das ist das Problem. (Abg. Kickl – in Richtung ÖVP –: Vielleicht können wir auch in diesen Verteiler kom­men!)

Das heißt, wenn wir sagen, der Bürger hat sich eine Steuersenkung verdient – und das hat er sich, um Gottes willen ja, das hat er sich, und zwar wirklich ... (Abg. Schieder: Jetzt kommt sie!) Genau! Nur muss sie zuerst verdient werden, und das wäre Ihre Auf­gabe. Wenn Sie sagen: Jetzt kommt sie!, dann kommt sie zu früh, weil Sie normaler­weise zuerst die Hausaufgaben machen müssten. Sie müssten all die Einsparungen machen, die diese Steuersenkung auch legitimieren, und zwar ohne neue Schulden, ohne neue Schulden! (Beifall beim Team Stronach. – Ruf bei der SPÖ: Wann würden Sie es machen?)

Wann ich es machen würde? – Sie machen es ja erst 2016, Sie machen es ohnehin nicht gleich. (Abg. Schieder: Aber Sie machen es dann erst 2025!) Deshalb wäre auch nichts dabei gewesen, jetzt ordentliche Reformen zu machen, jetzt die Einsparungen zu machen, die notwendig sind. Da gibt es viele Bereiche:

Schauen wir uns allein einmal den Proporz an. Wir haben in Österreich seit dem Zwei­ten Weltkrieg einen Proporz, das heißt: Egal, welche Position besetzt wird, ob das ein Staatsbetrieb ist, im staatsnahen Bereich oder in ausgegliederten Gesellschaften, es gibt immer zwei, einen Roten und einen Schwarzen. Wissen Sie, was allein da an Geld zu holen wäre?!

Oder schauen Sie sich einmal die Korruption an, da sind nämlich die großen Fische (Abg. Rossmann: ... die Freiheitlichen!): 26 Milliarden gehen jedes Jahr durch Korrup­tion in diesem Land verloren. 26 Milliarden, da könnten wir uns viele Steuersenkungen leisten!

Aber wissen Sie, warum das keiner macht? Wissen Sie, warum Sie zu den Wirten gehen, warum Sie auf die Wirte hinhauen? – Weil die keine Lobby haben! Aber all je­ne, die bei der Korruption tatsächlich fest mitmischen – das hören wir immer wieder, man muss ja nur die Nachrichten hören, um zu wissen, was da alles passiert –, haben einen guten Draht zur Politik, und deswegen schaut man da nicht hin. Das ist der Punkt.

Jetzt gehen Sie auf die Wirte los. Da kann ich Ihnen ein Geheimnis verraten, das Sie schon kennen: Ja, natürlich gibt es auch bei den Wirten Steuerhinterziehung. Das ist keine Frage, natürlich gibt es das. Aber wir müssen einmal eines unterscheiden: Hin­terzieht jemand Steuern, um sich die zweite Jacht kaufen zu können, oder hinterzieht jemand Steuern, um zu überleben?


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Es wird deshalb nicht besser, aber Sie müssen ihm eine Möglichkeit schaffen, in die­sem Land überhaupt legal zu überleben, mit diesen Steuern, mit diesen Gesetzen, mit diesen bürokratischen Hemmnissen, gerade bei den Wirten! (Beifall beim Team Stro­nach.)

Wenn Sie bei den Wirten genau schauen wollen, dann müssen Sie ihnen zuerst die Möglichkeit geben, alles legal zu machen. Wenn Sie das nicht tun, dann werden halt reihenweise Wirte zusperren, das ist eine Tatsache. Deshalb: Schauen Sie nicht bei den Wirten ganz genau, bevor Sie nicht die Möglichkeiten geschaffen haben, dass die auch wirklich überleben können!

Schauen Sie auch nicht auf die Konten der privaten Leute, wo vielleicht der Hand­werker am Wochenende einmal aushilft, sondern schauen Sie dorthin, wo Sie auch wirklich hinschauen sollten, nämlich unter die eigene Bettdecke, denn dort tummeln sich die Leute, die tatsächlich reingreifen (Beifall beim Team Stronach), nicht nur in die Hosentasche der Bürger, sondern mittlerweile schon in die Unterhose der Bürger! So schaut es nämlich aus. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Schauen Sie einmal zum ÖGB! Das haben wir gerade wieder gehört, nicht? Aber dann ist plötzlich eine große Amnesie da, und es weiß keiner, wie diese Schmiergeldzah­lungen gelaufen sind. (Abg. Schieder: O ja!) Da ist das Geld zu holen, da schauen Sie hin und hören Sie auf, die Bürger zu belästigen!

Schauen Sie dorthin, wo tatsächlich etwas zu holen ist, und machen Sie dann Ihre Haus­aufgaben! Machen Sie die Reformen, und dann reden wir über eine Steuersenkung. Die muss dann kräftiger ausfallen als jetzt, die muss so sein, dass der Bürger sagt: Ich bekomme da nicht ein Almosen oben drauf, sondern ich werde für das entschädigt, was mir in den letzten Jahrzehnten angetan wurde.

Wenn man sich anschaut, dass gerade die Arbeiter in den letzten 15 Jahren 17 Pro­zent an Kaufkraft verloren haben, dann sieht man: Da müssen wir tatsächlich etwas tun, und nicht auf Pump, sondern substanziell. Wie gesagt: Belästigen Sie nicht die Bürger, machen Sie in Ihrem Bereich endlich Ihre Hausübungen! (Beifall beim Team Stronach.)

12.57


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


12.58.11

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Lugar, ganz ehrlich: Wenn Sie hier herauskommen, über Korrup­tion reden, dann im Zusammenhang mit dem Seenkauf auf den ÖGB zeigen und sa­gen, man weiß nicht genau, wie die Geldflüsse waren, dann muss ich sagen, das wis­sen wir ganz genau! Der Geldfluss war so, dass Ihre Parteifreunde in Kärnten, Ihre da­maligen Parteifreunde in Kärnten Ihrer damaligen Parteifreundin in Kärnten 700 000 € oder mehr überwiesen haben, wo sie selber sagt, dass sie keine Leistung erbracht hat und dann 700 000 € in bar dem Jörg Haider und anderen Blauen, Orangen oder Team Stronach, wo auch immer sie gerade waren, überreicht hat. (Abg. Neubauer: ... oder dem ÖGB!)

Das ist passiert! Das ist ein Sittenbild von Ihnen persönlich (Beifall bei SPÖ und ÖVP) und Ihrer politischen Freunde, zu welcher Zeit auch immer, ob sie gerade blau, orange oder beim Team Stronach waren. Das ist Ihr Sittenbild, das Sie zeichnen. Und das ir­gendjemandem hier in die Schuhe schieben zu wollen, ist mehr als erbärmlich! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: 15 Millionen hat der ÖGB eingesteckt! – Weitere Zwischenrufe.)


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Ah, da kommt ja gerade der Richtige! Ist in Ordnung, reden wir darüber. Da kommt gleich der Richtige bei der Tür herein: der Kollege Strache. (Abg. Strache: ... überhöht eingesteckt! Herr Hundstorfer, was sagen Sie dazu? – Bundesminister Hundstorfer: Herr Strache, bitte nicht so ...! – Abg. Strache: Herr Präsident, was sagen Sie dazu? – Bundesminister Hundstorfer: Aber das stimmt ja alles nicht! – Abg. Strache: Rückab­wicklung!)

Kollege Strache hat hier gesagt, es ist die kleinste Steuerreform aller Zeiten. Wir erin­nern uns nur daran, wie er 2004 von der größten Steuerreform aller Zeiten gesprochen hat – da hat die FPÖ den Finanzminister gestellt, sie war in der Regierung –: die größ­te Steuerreform aller Zeiten.

Wie hoch war damals die durchschnittliche Entlastung eines Österreichers/einer Öster­reicherin? Wie hoch war diese? (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Wissen Sie das noch? – Ich kann es Ihnen sagen: 7 € im Monat Entlastung; die größte Steuerreform al­ler Zeiten à la FPÖ. Wie hoch ist sie jetzt? – Über 100 €!

Die kleine Entlastung beträgt 100 €, die größte 7 €; nur um eine Relation zu haben, wie die Freiheitlichen das sehen. Und dann kommen die Redner der Freiheitlichen Partei heraus und beklagen sich über die Gruppenbesteuerung, dass die so teuer wäre. (Prä­sident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Wer hat sie denn eingeführt? Wer hat Privilegien für Aktienoptionen von Managern ein­geführt? Wer war das? – Die Freiheitlichen waren das! Wer hat das abgeschafft und eingeschränkt? – Die Sozialdemokraten! (Abg. Neubauer: Herr Präsident! Zur Sache, bitte!) Das ist der Unterschied zwischen Blau und Rot, groß Reden der Blauen auf der einen Seite, und wir handeln und bringen etwas auf den Punkt. Da können Sie sich noch etwas abschauen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Kollege Strache hat Rekord-Steuerquote gesagt. (Abg. Strache: Jetzt 45,3 Prozent!) Ja, das stimmt, es gab eine Rekord-Steuerquote unter einem blauen Finanzminister, die höchste Steuerquote aller Zeiten. (Abg. Strache: Da wächst ja Ihre Nase!) Nun ist die SPÖ in der Regierung, die Steuerquote deutlich geringer, und es gibt eine deutliche Entlastung. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist der Unterschied zwischen Blau und Rot, da können Sie sich noch etwas abschauen, die einen reden groß und die anderen han­deln. Das ist eben ein gewisser Unterschied. (Ruf bei der FPÖ: So wie beim Swap in Linz! – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Kollege Rossmann hat etwas völlig Richtiges gesagt, er hat gesagt, man muss die Re­gierung auch loben für diese Steuerreform, er will aber nicht mit dem Lob beginnen, sondern zuerst mit der Kritik. Das, was ich befürchtet habe, ist dann eingetreten, er ist dann nicht mehr zum Lob gekommen. – Vielleicht können Sie das noch nachholen.

Er hat viel Richtiges über das proportionale Steuersystem, das wir haben, gesagt, und er hat die WIFO-Studie zitiert. Das heißt, relativ unabhängig vom Einkommen, ob je­mand 1 000, 2 000, 3 000 oder 4 000 € verdient, wenn man alle Steuern zusammen­rechnet – also indirekte, also Mehrwertsteuer, Sozialversicherung, Lohnsteuer –, dann zahlen alle in etwa zwischen 34 und 37 Prozent Steuern, aber durch die Sozialtrans­fers gibt es einen Unterschied. Das ist die Sozialstudie, die auch zeigt, dass der Sozial­staat wirkt, weil er auch umverteilt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Abg. Strache: Sie haben die Einkommenssenkung gefeiert!) Er wirkt nicht auf der Einnahmenseite, aber sehr wohl auf der Ausgabenseite. Das ist der zweite Teil, der hier gefehlt hat.

Für uns Sozialdemokraten ist dieser Weg der Steuerpolitik – seitdem wir in der Regie­rung sind, haben wir das sehr konsequent verfolgt und auch immer wieder angespro­chen – noch nicht zu Ende, aber wir machen heute nicht nur einen, sondern viele gro­ße Schritte in diese Richtung.


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Wir haben das Problem, dass in Österreich Steuern und Abgaben auf Arbeit zu hoch sind, auch im internationalen Vergleich wahnsinnig hoch sind (Abg. Kogler: Bravo!), hingegen Steuern und Abgaben auf Kapital und Vermögen, auch im internationalen Vergleich, niedrig sind. Das, was wir gemacht haben, seitdem wir in der Regierung sind, ist, dass wir sukzessive Steuern und Abgaben auf Arbeit gesenkt und jene auf Vermögen und Kapital erhöht haben.

Heute wird ein weiterer Schritt gesetzt, wo wir in den nächsten Monaten beschließen werden, wo wir massiv senken. (Abg. Kogler: Kapitaleinkommen! Vermögenstrans­fers!) 90 Prozent des Volumens sind für kleine und mittlere Einkommen. Ja, auch sehr gut Verdienende, wie wir alle, die wir hier sitzen, werden weniger Steuern zahlen. Ein Teil dieser Entlastung geht auch auf uns, aber 90 Prozent auf kleine und mittlere Ein­kommen. Und gleichzeitig wird der Beitrag, der vom Vermögen und vom Kapital zur Fi­nanzierung des Staates kommt, steigen.

Diesen Weg sind wir seit 2007 in vielen Schritten gegangen, ob das die Bankenabga­be war, die Einschränkung der Stiftungsprivilegien, eine Reihe von Vermögens- und vermögensbezogenen Steuern. Diesen Weg, den gehen wir weiter. Heute wird ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt, auch in den nächsten Wochen und Monaten, aber es ist nicht der letzte, denn das, was schon stimmt, ist, dass wir auch nach dieser Steu­erreform noch immer ein Missverhältnis haben. In einem Schritt – das haben wir immer gesagt – werden wir dieses Missverhältnis nicht beseitigen können. Aber heute und in den nächsten Wochen und Monaten werden wir ganz, ganz viele wichtige Schritte im Hinblick auf mehr Steuergerechtigkeit setzen. Deswegen unterstützen wir Sozialdemo­kraten diese und freuen uns sehr über diese Steuerreform, weil wir die Steuern und Abgaben auf Arbeit massiv senken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


13.05.00

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Bürger und Bürgerinnen! NEOS ist eine junge politische Bewegung, aber wir haben schon eine Tradition. Und die Tradition ist, dass wir nicht nur kritisieren, wenn es notwendig ist, sondern dass wir auch konstruktiv Lösungsvorschläge auf den Tisch legen.

Das haben wir gemacht, wir haben selbst ein Steuerreform-Konzept ausgearbeitet. „Weniger – einfacher – generationengerecht“ ist das Motto unserer Steuerreform. Ge­nau das wären die Kriterien gewesen, woran man eine Steuerreform, die diesen Na­men verdient, messen müsste. (Vizekanzler Mitterlehner: Aha!) Weniger, weil Sie die Belastung senken müssten, einfacher, weil Sie den Steuerdschungel lichten müssten und generationengerecht, weil mit der Schuldenmacherei endlich Schluss sein sollte.

Gemacht haben Sie, gemessen an diesen drei Kriterien, genau das Gegenteil. Sie ha­ben nicht entlastet, sondern Sie haben das Prinzip „linke Tasche und rechte Tasche“ zur Anwendung gebracht, auf der einen Seite Steuern gesenkt, die auf der anderen Seite wieder erhöht werden. Sie haben nichts gemacht, um den Steuerdschungel zu lichten – keine Vereinfachung der Steuerbürokratie in Sicht –, und Sie haben natürlich keinen Beitrag zur Generationengerechtigkeit geleistet, die Schuldenmacherei geht mun­ter weiter.

Was auch fehlt und ein zentraler Pfeiler im NEOS-Steuerreform-Konzept ist, ist die Steu­erautonomie der Länder und Gemeinden. Warum ist das so wichtig? – Weil eine not­wendige Reform auch im Bereich der Steuern, auch im Bereich der Finanzen genau diese Steuerautonomie für Länder und Gemeinden notwendig braucht. Wir müssen den Föderalismus neu aufstellen, denn die österreichische Spielart von Föderalismus funk-


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tioniert folgendermaßen: Einer bestellt und jemand anderem schickt man die Rech­nung. Dieses Prinzip, dass einer bestellt und jemand anderem die Rechnung dafür ge­schickt wird, ist die Mutter aller Geldverschwendung in diesem Land. Solange Sie die­ses Problem nicht angehen, wird weiter massiv Geld verschwendet.

Ich darf Ihnen ein Beispiel aus der Praxis aus meinem Heimatbundesland Oberöster­reich nennen. Da soll der Westring gebaut werden, sozusagen ein Autobahnring im Westen um den Linzer Stadtkern herum, ursprünglich mit zwei Zielen, einerseits um die Linzer Stadtautobahn zu entlasten, die mitten durch die Stadt geht, und zweitens um den Pendlerverkehr aus dem Mühlviertel, der sich jeden Tag in der Früh im Na­delöhr in der Westeinfahrt vor Linz staut, zu entlasten.

Was ist daraus geworden? – Sie haben eine Brücke gebaut, unmittelbar beim Stadt­kern, sie müssen dafür zwei Löcher durch Berge schlagen und lösen genau diese bei­den Probleme nicht. Es gibt keine Entlastung, weil dieses Teilstück genauso wieder nach dem Tunnel im Stadtzentrum landet, und sie haben die Brücke so nahe beim Stadtkern vorgesehen, dass erst wieder die Pendler in Puchenau jeden Morgen im Stau stehen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Verkehrspolitisch nichts gelöst. Aber warum macht man das? (Vizekanzler Mitterlehner: Da haben wir euch gebraucht, dass ihr das feststellt!) Warum macht man das? – Man baut diese Brücke dort, damit man sie irgendwie in das Stadtautobahn-Netzwerk integrieren kann. Und warum macht man das wiederum? – Damit man jemand anderem, in diesem Fall der ASFINAG und damit dem Bund, die Kosten umhängen kann. (Ruf bei der ÖVP: Blödsinn!) Das ist das Prinzip: Der eine bestellt die Brücke und jemand anderem, dem Bund, schickt man die Rechnung dafür. Das muss beendet werden!

Daher stellen wir NEOS folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerauto­nomie von Länder und Gemeinden

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen soll im Rah­men der Steuerreform sowie der Finanzausgleichsverhandlungen dafür eintreten, die Steuerautonomie der Länder sowie Gemeinden zu erhöhen. Dabei soll es nicht zu Steuererhöhungen kommen, sondern die Einkommens- und Lohnsteuersätze auf Bun­desebene so weit gesenkt werden, dass es den subnationalen Gebietskörperschaften möglich ist, durch – nach oben hin beschränkte – Aufschläge auf eben diese Steuern autonom Steuern zu erheben.“

*****

Genau das finden Sie in unserem Konzept, genau das ist notwendig. Sie haben die Möglichkeit, mit unserem Antrag mitzugehen, für mehr Verantwortungsföderalismus, für Steuerautonomie für Länder und Gemeinden, für Verantwortung, aber auch für mehr Gestaltungsspielraum in Ländern und Gemeinden zu stimmen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kollegin und Kollegen betreffend Steuerautonomie von Länder und Gemeinden

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1 – die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema Steuerreform

Laut Zielsetzung der Bundesregierung soll die Steuerreform zur Entlastung, Vereinfa­chung, zum Bürokratieabbau und zur Konjunkturbelebung beitragen. Damit einher müss­te eine weitreichende Reform des österreichischen Steuersystems gehen. Jedoch las­sen die vorliegenden Entwürfe nicht erkennen, wie die genannten Ziele konkret erreicht werden sollen. Die von Expert_innen schon seit Jahren wiederholt geforderte erhöhte Steuerautonomie von subnationalen Gebietskörperschaften wurde im Rahmen der Re­form nicht angegangen.

„Mit den hier erwähnten Reformbereichen direkt verknüpft sind die Stärkung der Ab­gabenautonomie und eine damit einhergehende Verminderung des Steuerverbunds. Ein zuletzt öfter gehörtes Argument im Rahmen der österreichischen Föderalismusdis­kussion ist die Stärkung des Wettbewerbs zwischen den Gebietskörperschaften einer Ebene. Die Stärkung von Wettbewerbselementen kann nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn nicht nur Aufgaben entsprechend den lokalen und regionalen Präferen­zen gestaltet werden (fiskalische Äquivalenz), sondern damit direkt auch die zur Fi­nanzierung der Aufgaben notwendige Abgabenautonomie verbunden ist.“ (Grundlegen­de Reform des Finanzausgleichs: Reformoptionen und Reformstrategien; TU / WIFO / KDZ / IHS, 2011)

Angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung den Start der Finanzausgleichs­verhandlungen mit Mai 2015 datiert hat, ist unverständlich, weshalb der Entwurf der Regierung die genannten Einsparungs- und Neugestaltungspotentiale auf Ausgaben­seite nicht konkretisiert. Die angekündigte Gegenfinanzierung, die unter anderem auf Einsparungen im Bereich Förderungen und Verwaltung beruht, ist nicht weiter ausge­führt. Mit den anstehenden Verhandlungen zum neuen Finanzausgleichsgesetz wäre es möglich, hier eine umfassende und nachhaltige Umgestaltung vorzunehmen. In Ös­terreich hebt der Bund die Steuern ein – und gibt sie teilweise an Länder und Gemein­den weiter. Diese Transfers verursachen zusätzliche Verwaltungskosten und bringen Länder und Gemeinden in eine passive Empfängerrolle. Sie bekommen Geld, ohne für dessen Einhebung verantwortlich zu sein. Das führt zu überhöhten Forderungen an den Bund. Im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit Steuergeldern auf der Ausgabenseite wäre ein Schritt in Richtung erhöhte Steuerautonomie von Ländern so­wie Gemeinden dringend zu erwägen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen soll im Rah­men der Steuerreform sowie der Finanzausgleichsverhandlungen dafür eintreten, die Steuerautonomie der Länder sowie Gemeinden zu erhöhen. Dabei soll es nicht zu Steu­ererhöhungen kommen, sondern die Einkommens- und Lohnsteuersätze auf Bundes­ebene so weit gesenkt werden, dass es den subnationalen Gebietskörperschaften mög­lich ist, durch  nach oben hin beschränkte – Aufschläge auf eben diese Steuern auto­nom Steuern zu erheben.“

*****

 



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte.

 


13.10.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die öffentlichen Kommentare waren ziemlich hart: Bei der Steuerreform rechnet man mit wenig Bewegung, da kommt eh nichts dabei raus, da wird nicht viel auf den Tisch ge­legt. Manche haben sogar die Regierung in Gefahr gesehen, indem sie gesagt haben: Bringt die Steuerreform die Regierung zu Fall? Zerbricht diese Koalition?

Die Regierung hat die Skeptiker eines Besseren belehrt, sie ist nicht nur nicht zerbro­chen, sondern sie hat auch ein sehr ordentliches Konzept auf den Tisch gelegt. Humor am Rande: Herr Kollege Lugar, für Sie ist es noch immer zu früh für eine derartige Ent­lastung der Bürger. – Ein Kuriosum in dieser Diskussion.

Eine Steuerreform, die sich sehen lassen kann, die nämlich sagt: Bürger entlasten, den Standort sichern und Vertrauen stärken. Und die Entlastung der Bürger ist notwendig. Sie kennen das alle aus persönlichen Gesprächen, wenn die Menschen sagen, mir bleibt immer weniger Geld, alles wird teurer, ich kann mir das Leben nicht mehr leisten, und die Stimmung ist schlecht.

Daher ist es wichtig, hier gegenzusteuern. Die Menschen brauchen eine wirkliche Ent­lastung, und sie brauchen sie jetzt, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, um auch deren Kaufkraft zu stärken und eben die Wirtschaft anzukurbeln. Das ist in unser aller Interesse. Daher ist es wichtig, dass die Menschen mehr Geld im Geldbörsel spüren, und vor allem, dass sich Leistung lohnt. Leistung muss sich lohnen, damit die Men­schen auch motiviert werden, etwas leisten zu wollen.

Durch die Senkung des Einkommensteuersatzes auf 25 Prozent kommt wirklich Bewe­gung rein. Wir haben die Rechnung gehört. Im Durchschnitt wird die Entlastung rund 1 000 € pro Jahr betragen. Es werden alle entlastet: der Mittelstand insbesondere, aber auch Niedrigverdiener, Pensionisten. Immerhin rund 6 Millionen Menschen, Arbei­ter, Unternehmer, Landwirte, Familien, Pensionisten, sollen von den 5 Milliarden € pro­fitieren.

Ganz wichtig ist, dass es keine Eigentumssteuer gibt, keine Vermögenssteuer, Erb­schaftssteuer, Schenkungssteuer, Grundsteuer. All das hätte nämlich den Wirtschafts­standort Österreich geschwächt und vor allem jene bestraft, die sich im Leben etwas geschaffen haben; und genau darum geht es ja auch. Wir von der ÖVP wollen, dass sich die Menschen etwas erarbeiten können, dass sich die Menschen etwas schaffen können, eine Wohnung, ein Haus, einen Grund, ein Unternehmen aufbauen können.

Ich meine, es sollte unser gesamtgesellschaftliches Ziel sein, die Menschen zu motivie­ren, sich etwas schaffen zu können, denn das gibt ihnen Sicherheit, indem sie Werte schaffen, und das motiviert sie auch, wirtschaftlich aktiv zu werden. (Abg. Kitzmüller: Man muss aber auch etwas tun dafür!) Insbesondere ist es wichtig, dass die Unterneh­men nicht durch Eigentumssteuern in ihrer Substanz geschwächt werden und somit auch nicht im Wettbewerb benachteiligt sind.

Das gilt auch und insbesondere für die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft steht heute, so wie alle anderen Wirtschaftsbereiche, in einem ungeheuren globalen Wettbewerb. Eigentumssteuern sind dabei schädlich. Zusätzlich werden die bäuerlichen Höfe seit Generationen bewirtschaftet, und sie sollen ohne Substanzverlust an die nächste Ge­neration weitergegeben werden, denn genau das sichert eine flächendeckende bäuerli­che Landbewirtschaftung. (Beifall bei der ÖVP.)

Manche sagen, die Bauern hätten es sich gerichtet bei der Steuerreform. Das ist un­sachlich, weil die Steuerreform ein ausbalanciertes Konzept ist. Immerhin hat die Land-


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wirtschaft, das muss man jenen ausrichten, in den letzten Jahren ein Einkommensmi­nus gehabt. Es kommt zu einer Anpassung des Umsatzsteuersatzes auf 13 Prozent und zu einer Erhöhung der Immobilienertragssteuer, und es fand die Hauptfeststellung der Einheitswerte statt. Das ist wichtig für die Landwirtschaft, kann aber auch Erhöhun­gen bringen.

Daher ist der Forderung, den Einheitswert an den Verkehrswert anzupassen, eine klare Absage zu erteilen. Der Bauer lebt vom Ertrag seiner Felder, der Bauer lebt nicht da­von, dass er seine Felder verkauft, sie also in Verkehr setzt. Daher ist der Verkehrs­wert abzulehnen und der Ertragswert, wie ihn der Einheitswert eben darstellt, der rich­tige Wert. Wichtig ist somit, dass es bei Betriebsübergaben nicht zu Mehrbelastungen kommt.

Wichtig ist auch, dass die steuerliche Pauschalierung gesichert war. Bei diesem The­ma gibt es eine unglaubliche Polemik. Vor Kurzem hat ein Experte erklärt, dass die Bauern durch eben diese Pauschalierung legal Steuern hinterziehen. Das ist ein unge­heurer Vorwurf, das ist skandalös und auf das Schärfste zurückzuweisen, denn es pro­voziert eine unsägliche Neiddebatte, die überhaupt nicht angebracht ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Steinbichler und Pirklhuber.)

Tatsache ist, dass die steuerliche Pauschalierung genau bei den kleinen Betrieben – die großen Betriebe sind ohnedies buchführungspflichtig, auch in der Landwirtschaft – eine unbürokratische Form der Besteuerung ist, die sich bewährt hat. All diejenigen, die hinter jedem Misthaufen einen Steuerkontrollor haben wollen, werden sehen, wie schwierig die Ertragslage in der Landwirtschaft tatsächlich ist, dass da nicht viel übrig­bleibt.

Daher abschließend vielen Dank, dass klargestellt wurde, dass der Durchschnittssteu­ersatz bei der Umsatzsteuerpauschalierung von 12 Prozent auf 13 Prozent gehoben wird und – auch wichtig – dass bei den Kürzungen von Förderungen die ländliche Ent­wicklung nicht angegriffen wird. Die ist einkommenswirksam, die macht uns zu einem Vorbild in Europa, weil sie die Bauern motivieren soll, eine ökologisch nachhaltige Land­bewirtschaftung zu betreiben, im Berggebiet, aber auch auf dem flachen Land. Daher ist es wichtig, dass diese ländlichen Entwicklungsprogramme nicht gekürzt werden. Die Zusagen gibt es. – In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


13.16.09

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Mi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Riechen Sie auch den vielen Weih­rauch, der sich hier inzwischen schon angesammelt hat?

„Die größte Steuerreform aller Zeiten“ – hat der Herr Bundeskanzler gesagt. Ich will ver­suchen, diesen Superlativ einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.

Wenn man sich Österreich international anschaut, dann merkt man, wir haben zwei Pro­bleme.

Erstens: Die Vermögensverteilung ist in Österreich besonders ungerecht; von allen west­lichen Ländern nach den USA die zweitungerechteste. Das heißt, ganz wenige haben ganz viel und ganz viele haben wenig.

Zweitens: Österreich ist einmal angetreten, Umweltmusterland der Europäischen Union zu werden. Inzwischen sind wir Hinterbänkler, weil wir weit entfernt sind von der Ein­haltung der vertraglichen Verpflichtungen, die wir über das Kyoto-Protokoll eingegan­gen sind. Anstatt minus 13 Prozent bei den Treibhausgasen ist es ein Plus!


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Das heißt, wir haben Handlungsbedarf in zweierlei Hinsicht, und genau das wollen die Grünen, genau mit diesem Steuermodell sind wir angetreten.

Standbein eins: Gerechtigkeit schaffen durch eine Umverteilung von den 10 Prozent der Reichsten zu den 90 Prozent „Rest“.

Zweites Standbein: Eine ökologische Steuerreform, um endlich den Verbrauch von fos­siler Energie stärker zu besteuern, den Ressourcenverbrauch stärker zu besteuern, und das Geld, das man damit einnimmt, umzuverteilen.

Beide Säulen machen 4 Milliarden € aus, und mit beiden Säulen kann man umschich­ten von Reich zu Arm und im anderen Fall von Schadstoffproduktion hin zur Entlastung der Haushalte und zur Entlastung in Bezug auf Lohnnebenkosten.

Sie von der Koalition sind angetreten mit der „größten Steuerreform aller Zeiten“, und mein Kollege Bruno Rossmann hat Ihnen die Tabelle gezeigt, was das bringt. Ich habe das übersetzt in tatsächliche Entlastung, also in Euro pro Jahr. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Abbildung eines rot-grünen Säulendiagramms unter dem Titel „So viele € bleiben pro Jahr noch im Börserl. 90/10-Modell der Grünen (grün) – Regierungsmodell (rot)“ vor sich auf das Rednerpult.)

Auf dieser Tafel sieht man die Einkommen aufgelistet von 700 € brutto bis 8 000 € brutto. Grün ist das grüne Steuermodell, und rot ist jenes der Regierung, des Herrn Bundeskanzlers.

Was sieht man? – Die Grünen geben jenen mit ganz niedrigem Einkommen wesentlich mehr, bis zum Dreifachen. (Ruf bei der ÖVP: Aber nur in der Theorie!) Dann sind wir übereinstimmend im Bereich 1 500 € bis 2 500 €, und dann geht es wieder auseinan­der. Da senken wir wieder, während die ÖVP jenen, die ganz viel haben, noch mehr gibt. Damit bestätigt sich wieder der alte Satz aus Matthäus 25, den die ÖVP ja so be­herzigt: Wer hat, dem wird gegeben.

Das heißt, wir haben eine Steuerreform, die die ganz wenig Verdienenden unterpropor­tional bedient, denen in der Mitte ungefähr gleich viel gibt wie wir in unserem Modell und jenen, die sehr gut verdienen, viel gibt.

Das ist das eine, und das ärgert mich. Das ist nämlich ungerecht! Sie von der ÖVP sind ja eine christlich-soziale Partei und reden auch immer von den „christlichen Wer­ten“.

Das Zweite: Die ökosoziale Steuerreform fehlt völlig. Sie haben an ökosozialen Maß­nahmen eine kleine Erhöhung der Umsatzsteuer bei Inlandsflügen geplant. Damit kor­rigieren Sie gerade 1 Prozent – 1 Prozent, Herr Amon! – der Privilegien bei der Luft­fahrt. Und dann haben Sie etwas bei den Dienstautos drin. Schaut man sich die Dienst­auto-Privilegien in Summe an, dann sieht man: Sie korrigieren gerade einmal 3 Prozent dieser Privilegien.

Das heißt, von einer ökosozialen Steuerreform sind Sie meilenwert entfernt. Dafür be­steuern Sie Pellets und den Holzbau, das wird teurer. Unterm Strich schaut Ihre ökoso­ziale Steuerreform so aus: Fliegen ins Ausland wird nicht teurer, Hotels im Inland und Nächtigen im Inland werden teurer.

Wir Grünen sagen: So geht es nicht!

Die Ausrede des Herrn Wirtschaftsministers, das könne man nur im internationalen Gleichklang, ist ein Schmäh. Schauen Sie sich die Energiebesteuerungen, die Schad­stoffbesteuerungen in anderen EU-Ländern an und Sie werden merken, wir haben da noch ganz viel Spielraum! (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, ohne ein zweites Standbein, ohne ökosoziale Steuerreform kommen wir nicht weiter. Wir bleiben weiterhin abhängig von den Ländern, aus denen wir unser Roh-


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öl beziehen: Das ist Kasachstan, das ist Nigeria, das ist Russland, das ist Libyen, das ist Aserbaidschan, das ist Saudi-Arabien. Sie begeben sich in die Geiselhaft dieser Län­der, wenn Sie so weitermachen wie bisher.

Ich habe hier den „Österreichischen Sachstandsbericht Klimawandel 2014“. Darin steht: Mehr Niederschläge im Winter, weniger im Sommer – es wird also trockener. Weniger Schneebedeckung – die Gletscher schrumpfen. Muren und Steinschlag nehmen zu, die Schadensereignisse und die Extreme daraus nehmen zu, auch die Summen, die wir für die Schadensbegrenzung aufwenden müssen.

Kurzum: In diesem Bericht steht, dass der Klimawandel einen Haufen Geld kostet. Sie tun aber nichts dagegen. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie immer nur schön reden, aber wenn es darum ginge, eine große Steuerreform zu machen, es nicht tun, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! (Abg. Steinbichler: Das Holz haben sie besteuert!)

Der Weihrauch, den Sie heute hier verqualmt haben, ist nicht angebracht: Wir werden in den nächsten Monaten Ihre Steuerreform kritisch zerpflücken. (Beifall bei den Grü­nen.)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


13.22.27

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Der demokratische Umbau der Republik in einen spätmarxistischen Arbeiter- und Bauernstaat geht munter weiter. (Beifall beim Team Stronach.) So könnte man diese Tarifreform bezeichnen, wenn man nicht der Regie­rung, nicht deren Propaganda und nicht den Ihnen nahestehenden Massenmedien fol­gen möchte.

Das, was die Regierung Faymann hier versucht, ist ein sozialdemokratisches Kunden­bindungsprogramm, wobei ich übrigens der Ansicht bin, dass der Eingangssteuersatz immer noch zu hoch ist. Die Investitionen werden gar nicht angeregt – höchstens in ho­möopathischen Dosen – und beim Konsum nur der Teilbereich der einkommens­schwächsten Schicht. Der Mittelstand zahlt sich die Steuerersparnis über höhere So­zialversicherungsbeiträge, Mehrwertsteuererhöhungen und Zwangssparen für erhöhte Grunderwerbssteuern selbst.

Wirtschaftsstimulation durch ausschließliche Erhöhung der Kaufkraft der niedrigsten Einkommen fällt in die Kategorie neomarxistischer Voodoo-Ökonomik. Nach dem Mot­to, dass die gleiche Verteilung der Armut erstrebenswert und die ungleiche Verteilung des Reichtums verwerflich sei, steht nicht das Erwirtschaften, sondern der Verteilungs­kampf im Mittelpunkt der politischen Überlegungen. Daher spielt auch der Kapitalmarkt bei all diesen Überlegungen überhaupt keine Rolle mehr. In der Regierungszeit Fay­mann gab es praktisch überhaupt keine Börsengänge. Im Gegenteil, erst vor wenigen Tagen hat ein weiteres Unternehmen den Rückzug von der Wiener Börse angekündigt. Das Geld wandert in den Fernen Osten, nach Singapur, Shanghai und Hongkong.

Und was macht die Regierung Faymann? – Sie erhöht die Kapitalertragssteuer und damit gekoppelt den Spitzensteuersatz. Mit dieser Einstellung kann – etwas überspitzt gesagt – die Regierung Faymann den Spitzensteuersatz auch auf 100 Prozent erhö­hen, beispielsweise ab einem Einkommen von 10 Millionen, damit die Kapitalertrags­steuer 50 Prozent betragen kann, denn wie wir wissen, gibt es verfassungsrechtliche Gründe, die beides aneinander koppeln.

Wenn nun der gläserne Unternehmer geschaffen wird, dann braucht niemand zu glau­ben, dass das nur die anderen trifft. Schon bei der nächsten Steuerreform kann, wenn der gierige Staat seinen Bürgern nachstellt, das Bankgeheimnis für alle Häuslbauer ge-


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lüftet werden. Und da das auch nicht fruchten wird, bleibt noch die Möglichkeit, bei der übernächsten Steuerreform alle Kundenkarten bei den Baumärkten unseres Landes für die Finanz einsehbar zu machen. Es soll sich niemand täuschen, diese Tarifkorrektur geht nur vordergründig gegen die Unternehmer, in Wirklichkeit aber gegen alle Bürger dieses Landes. (Beifall beim Team Stronach.)

Nehmen wir als Beispiel die Familien, die aufgrund der doppelten Erhöhung der Grund­erwerbsteuer – Tarif- und Bemessungsgrundlage – besonders betroffen sein werden. Ich sage Familien, weil Gewerbe, Industrie und bäuerliche Betriebe ja ausgenommen sein sollen. Bei der Grunderwerbsteuer wird es nach den Plänen der Regierung zu ei­ner massiven Diskriminierung des Privateigentums kommen, auf dem unsere Markt­wirtschaft ja beruht. Insbesondere wird der private Zinshausbesitz massiv benachteiligt werden. Wer alle 25 Jahre Erbschaftssteuer und Einverleibungsgebühr zahlen muss – und das sind zusammen fast 5 Prozent des Verkehrswertes –, muss mehr verdienen als etwa eine Versicherung, die ein Zinshaus im Anlagevermögen führt und nicht ster­ben kann. Bei einer Rendite von 2,5 Prozent bedeutet dies eine Benachteiligung von 5 bis 10 Prozent gegenüber kommerziellen Vermietern.

Wenn diese als Steuerreform getarnten Umverteilungsmaßnahmen einen volkswirt­schaftlichen Effekt haben werden, dann jenen, dass die Parallelwirtschaft weiter ange­kurbelt wird. Wenn die Regierung Faymann diesem Effekt mit der Einführung des Fi­nanzpolizeistaates – Stichwort Registrierkasse, Abschaffung des Bankgeheimnisses, Per­fektionierung der Überwachung – begegnen möchte, dann setzt der Hypo- und HETA-Staat einen weiteren großen Schritt im Kampf gegen das Eigentum seiner Bürger. (Bei­fall beim Team Stronach.) Richtig wäre es, sowohl die Steuern als auch die Abgaben massiv zu senken, den Hypo-Staat massiv zu verschlanken und den Bürgern mehr Freiheit zu geben. Mit dieser Steuerumverteilung ist die Chance vertan worden, die Steuer- und Abgabenquote signifikant zu senken.

Wir vom Team Stronach haben mit unserem 15 Milliarden-Steuersenkungskonzept die entsprechende Vorarbeit für eine echte Steuerreform gemacht. Das, was die Regie­rung Faymann hier als Steuerreform propagiert, ist in Wirklichkeit unbrauchbar. – Dan­ke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


13.28.09

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Die Mehrheitsparteien haben ja schon einige Erfahrung darin, die Berge kreißen zu lassen und sich nachher um die Vaterschaft der geborenen Maus zu streiten. Das, was Sie uns hier als Steuerreform verkaufen, ist eine Korrektur des Einkommensteuertarifs, mehr ist es nicht.

Wenn wir nämlich zurückschauen, was die Wünsche von vielen Seiten waren – eine Strukturreform, eine Verwaltungsreform, eine Pensionsreform und auf der anderen Sei­te Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Reichensteuer oder wie auch immer Sie das be­titeln –, dann sehen wir, dass da ganz viele Dinge, ganz viele Wünsche unerfüllt ge­blieben sind. Man fragt sich, was die Wirtschaftskammer – wo jetzt doch die ganze Sparte Tourismus unter die steuerpolitischen Räder kommt –, die Arbeiterkammer und den ÖGB dazu gebracht hat, jetzt schweigend dabei zuzuschauen, dass ihre Wünsche unerfüllt bleiben und dass ihre Klientel nur am Rand bedient wird. Da habe ich mir ein paar Fragen gestellt, warum die Stakeholder das akzeptieren, was Rot und Schwarz hier aufführen.

Die Antwort ist rasch gefunden: Mit der außertourlichen Erhöhung der Höchstbeitrags­grundlage spülen wir noch ein paar Millionen extra in den roten Geldspeicher Arbeiter-


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kammer, mit der Erhöhung der Umsatzsteuersätze für verschiedene Waren und Leis­tungen erhöhen wir die Kammerumlage 1 für die Wirtschaftskammer, und der schwar­ze Geldspeicher bekommt auch noch ein bisschen Geld dazu, Geld, damit diese Or­ganisationen schweigen und sich jetzt nicht aufregen. Ich würde das, was Sie in Ihrem angeblichen Steuerreformpaket verpackt haben, als politisches Schweigegeld bezeich­nen. Es kann nicht die Funktion einer „Steuerreform“ – unter Anführungszeichen – sein, fette Kammerorganisationen weiter aufzublähen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduk­tion von Kammerzwangsbeiträgen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Steuerreform die Kammerum­lage 2 zu streichen und innerhalb von fünf Jahren die Arbeiterkammerumlage um je­weils 0,05 Prozentpunkte zu senken.“

*****

Die angehobene Höchstbeitragsgrundlage produziert einen weiteren Gewinner in Ih­rem angeblichen Steuerreformkonzept. Dies spült nämlich dem Herrn Sozialminister – leider ist er nicht mehr da –, der ja ein Riesenloch im Pensionssystem klaffen hat, über die Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage einen dreistelligen Millionenbetrag zusätz­lich in die Pensionsversicherung hinein. Und nächstes Jahr wird er da oben stehen und sagen: Was regen sie sich auf, die Kollegen, es ist eh alles super. Die Entwicklung der Pensionsversicherung ist super. Der Bundeszuschuss entwickelt sich viel besser, als wir das im Budgetfahrplan 2014 beschlossen haben. – Und alle, die auf eine Pensions­reform drängen, die dringend notwendig ist, stehen wieder da, weil Sie geschlafen ha­ben und dem Sozialminister zusätzliche Beiträge in die Pensionsversicherungsanstalt spülen. – Die ja jemand zahlt, das kommt ja nicht von nichts, das nehmen Sie ja den Menschen, die ordentlich hackeln müssen, direkt weg.

Dann muss ich noch etwas zu den Ausführungen von Kollegin Wurm sagen: Ihr Frau­enbild ist sensationell. Wenn ich bei den SPÖ-Frauen wäre, würde ich mich schlecht vertreten fühlen. Denn was macht eine Frau mit dem Geld, das sie aus der Steu­erreform hat? – Sie geht zum Friseur, hat die Frau Wurm gesagt, und kauft sich eine Waschmaschine. Das ist eine unfassbare Definition dessen, was eine Frau mit mehr Geld machen kann!

Was Sie in Wirklichkeit mit dieser Steuerreform produzieren, ist, dass Sie die Frauen in der Teilzeitfalle festhalten. Mit der Negativsteuer produzieren Sie weitere Anreize, nicht mehr zu arbeiten, da sich jede fragen wird, ob sie wenig arbeiten und Negativsteuer kassieren oder mehr arbeiten und Lohnsteuer brennen soll. Und dann wundern Sie sich, wenn die Frauen in der Pension weniger haben als die Männer. Das ist Ihre Poli­tik, die die Frauen in die Armutsfalle hineintreibt!

Eine Strukturreform bleibt insgesamt aus, das wurde schon gesagt. Wir hätten uns er­wartet, dass eine große Steuerreform kommt, die von dieser Lohnnebenkostenorientie­rung unseres Systems weggeht, die die Gemeinden für die eigene Ausgabenverant­wortung steuerautonom ihre Einnahmen einheben lässt. Und wir hätten auch erwartet, dass Sie die Länder noch etwas mehr in die Verantwortung nehmen, wenn es um die Wohnbauförderung geht.


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Daher bringe ich einen weiteren Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnne­benkostensenkung durch Strukturreform des Steuersystemes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Steuerreform eine Strukturre­form im Steuersystem vorzunehmen, die eine Abschaffung der Kommunalsteuer und eine Steuerfinanzierung der Wohnbauförderung vorsieht.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Entschließungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend Reduktion von Kammerzwangsbeiträgen

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum The­ma Steuerreform

Lohn- und Einkommenssteuer sind der sichtbarste Teil der Steuerbelastung. Gerade Arbeit ist aber mit weit höheren Abgaben belastet. Es fallen nicht nur Sozialversiche­rungsbeiträge an – Gehälter werden über die Lohnnebenkosten auch noch mit Bei­trägen zur Wohnbauförderung, zur Kommunalsteuer, oder zur Wiener U-Bahn belastet. Auch ein Teil der Beiträge für die Zwangsmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer wird anhand der von Arbeitgeber_innen bezahlten Gehälter berechnet – das macht Arbeit un­nötig teuer.

Schlussendlich fließt oft weniger als die Hälfte dessen, was der oder die Arbeitgeber_in aufwendet, an den oder die Arbeitnehmer_in. Es ist deshalb höchst an der Zeit, jene Abgaben, die Arbeit unnötig teuer machen, zu streichen oder zu kürzen. Diese ver­hindern das Entstehen neuer Arbeitsplätze. Mit der Kürzung von Lohnnebenkosen entlasten wir Gehälter und geben Unternehmer_innen neuen Spielraum für Investitio­nen um auch neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist ein wichtiger Impuls für mehr Jobs, eine geringere Arbeitslosigkeit und eine positive Wirtschaftsentwicklung.

Die Wirtschafts- und die Arbeiterkammer profitieren durch Zwangsmitgliedschaften und Zwangsbeiträge von jeder Lohnerhöhung und einer positiven Beschäftigungsentwick­lung. Die Kammerumlage 2 in der Wirtschaftskammer wird fällig, sobald Unternehmen Mitarbeiter_innen beschäftigen. Je mehr Mitarbeiter_innen Mitarbeiter verdienen, desto höher ist diese. Diese Abgabe wurde in den 70er Jahren als Provisorium eingeführt, existiert aber heute noch. Sie gehört ersatzlos gestrichen. Dass die Wirtschaftskammer einen solchen Einschnitt in ihre Finanzierungsstruktur gut verkraften kann, hat auch die Anfragebeantwortung 3221/AB aufgezeigt.


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Ebenfalls hat die Anfragebeantwortung 3098/AB gezeigt, dass die Arbeiterkammer durch steigende Löhne, höhere Beschäftigung und steigende (mehrfach außertourlich ange­hobene) Höchstbeitragsgrundlagen in Form massiv wachsender Arbeiterkammer-Um­lagen stetig profitiert. Die geplante Erhöhung der Höchstbeitragsgrund-lage trägt für 2016 insgesamt zu weiteren Mehreinnahmen von 2 Millionen Euro bei. Um das AK-Umlage­aufkommen auf das Niveau von 2004 zurückzuführen, ist der Umlagesatz in den nächs­ten 5 Jahren schrittweise um jeweils 0,05% Punkte zu senken.

Die Senkung der Arbeiterkammerumlage in fünf Jahren würde eine Reduktion der Lohnnebenkosten um 0,25 Prozentpunkte bringen. Die Streichung der Kammerumlage brächte abhängig vom Bundesland eine Reduktion der Lohnnebenkosten von zwischen 0,36 bzw. 0,44 Prozentpunkten. Dadurch könnten die Lohnnebenkosten insgesamt um bis zu 0,69 Prozentpunkte gesenkt werden und einen weiterer Impuls für mehr Arbeits­plätze gesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Steuerreform die Kammerrum­lage 2 zu streichen und innerhalb von fünf Jahren die Arbeiterkammerumlage um je­weils 0,05 Prozentpunkte zu senken.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend Lohnnebenkostensenkung durch Strukturreform des Steuersystemes

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers und des Vi­zekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema Steuerreform

Lohn- und Einkommenssteuer sind der sichtbarste Teil der Steuerbelastung. Gerade Arbeit ist aber mit weit höheren Abgaben belastet. Es fallen nicht nur Sozialversiche­rungsbeiträge an - Gehälter werden über die Lohnnebenkosten auch noch mit Beiträ­gen zur Wohnbauförderung, zur Kommunalsteuer, oder zur Wiener U-Bahn belastet. Auch ein Teil der Beiträge für die Zwangsmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer wird anhand der von Arbeitgeber_innen bezahlten Gehälter berechnet – das macht Arbeit unnötig teuer.

Schlussendlich fließt oft weniger als die Hälfte dessen, was der oder die Arbeitgeber_in aufwendet, an den oder die Arbeitnehmer_in. Es ist deshalb höchst an der Zeit, jene Abgaben, die Arbeit unnötig teuer machen, zu streichen oder zu kürzen. Diese verhin­dern das Entstehen neuer Arbeitsplätze. Mit der Kürzung von Lohnnebenkosen entlas­ten wir Gehälter und geben Unternehmer_innen neuen Spielraum für Investitionen um auch neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist ein wichtiger Impuls für mehr Jobs, eine geringere Arbeitslosigkeit und eine positive Wirtschaftsentwicklung.

Das NEOS-Konzept sieht Steuerautonomie für Länder und Gemeinden vor. Diese Ge­bietskörperschaften sollen einen eigenen Aufschlag auf die Lohn- bzw. Einkommen­steuer setzen können, um damit ihre Aufgaben und Ausgaben zu bestreiten. Die Steu­erhoheit für die Gemeinden ersetzt die Kommunalsteuer, die direkte Lohnnebenkosten


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darstellt. Die bisher in den Lohnnebenkosten enthaltenen Abgaben werden künftig über Steuern finanziert. Das entlastet Gehälter und vereinfacht auch den komplizierten Fi­nanzausgleich. Gemeinden sind in unserem Konzept selbst für einen Teil der Einkom­menssteuer verantwortlich.

Auch die Wohnbauförderung macht Arbeit teuer. Ihre Einhebung in Form von Lohnne­benkosten produziert unerwünschte Lenkungs- und Umverteilungseffekte. Die WBF soll daher ebenfalls steuerfinanziert aus jenem Teil der ESt erfolgen, den die Länder im Rahmen ihrer Steuerautonomie selbst einheben.

Die Abschaffung der Kommunalsteuer bringt eine Entlastung von knapp 2,7 Mrd. Euro bzw. reduziert sie die Lohnnebenkosten um 3 Prozentpunkte. Die Steuerfinanzierung der Wohnbauförderung reduziert die Lohnnebenkosten um einen weiteren Prozent­punkt. Damit würden die Lohnnebenkosten um 4 Prozentpunkte verringert werden und eine Senkung der gesamten Lohnnebenkosten von rund 3,6 Milliarden Euro bringen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert im Rahmen der Steuerreform eine Strukturre­form im Steuersystem vorzunehmen, die eine Abschaffung der Kommunalsteuer und eine Steuerfinanzierung der Wohnbauförderung vorsieht.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin. Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


13.33.28

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, hier bei uns und auch zu Hause! Ich möchte zu Be­ginn kurz etwas zu diesem dringenden Lobbedürfnis sagen, das die Vertreter der Re­gierungsparteien hier zum Ausdruck bringen.

Ich bin davon ein bisschen überrascht, da ich denke, dass Sie, wenn Sie überzeugt da­von wären, dass das, was Sie tun und was Sie uns hier vorschlagen, das Richtige ist, nicht vom Lob anderer abhängig wären und Kritik aushalten und Ihre Position ordent­lich vertreten könnten. Ich finde es sehr bezeichnend, was von Ihnen hier zum Aus­druck kommt.

Ich möchte aber trotzdem bei den Ausführungen des Kollegen Lopatka ansetzen. Er hat uns aufgefordert, einen Blick auf das große Ganze zu werfen. Das möchte ich auch tun, da es im Steuersystem genau darum geht. Das Steuersystem sollte den Rahmen und die Rahmenbedingungen für das große Ganze vorgeben und zeigen, wohin es mit Österreich in Zukunft gehen soll. Ich sehe es nur leider nicht bei Ihren Vorschlägen. Für mich wäre eine Steuerreform etwas, bei dem man sich anschaut, vor welchen Pro­blemen und Krisen wir stehen und wo wir gegensteuern müssen, aber auch welche Chancen wir haben und wo wir hinsteuern wollen. Das, was Sie hier vorlegen, ist für mich keine Steuerreform. Bei allem Respekt, wenn ich etwas einhebe, was dem Staat ohnehin schon längst zustehen würde, dann ist es für jeden selbstverständlich, dass das getan wird, aber keine Steuerreform.


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Auf die größte Krise, vor der wir in diesem Jahrhundert stehen, haben Sie keine Ant­wort gegeben. Zur Klimakrise findet sich in Ihren Vorschlägen leider gar nichts. Fakt ist, jeder Mensch, der heute auf diesem Planeten lebt, und jeder Mensch, der noch auf die­sen Planeten kommen wird, wird von der Klimakrise betroffen sein, auch hier in Öster­reich. Kollege Willi hat das ausgeführt. Und wir – dessen müssen wir uns bewusst sein – sind wahrscheinlich die letzte Generation, die noch entscheiden und Veränderungen positiv gestalten kann. Veränderungen wird es durch die Klimakrise in jedem Fall geben.

Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, ob wir sie gestalten oder ob wir das einfach passie­ren lassen und schauen, was passiert. Ich bin dafür, dass wir es gestalten und auch die Chancen nutzen. Die Regierung möchte offenbar durchtauchen und den Kopf in den Sand stecken.

Wenn wir gestalten wollen, dann brauchen wir jetzt eine Ökologisierung des Steuersys­tems. Herr Bundeskanzler, in Ihrer Erklärung ist heute das Wort Ökologisierung kein ein­ziges Mal vorgekommen. Das ist bezeichnend und auch erschütternd. Ich weiß schon, dass Umweltpolitik, Klimapolitik in der SPÖ nicht wirklich ein Thema ist, aber für einen Bundeskanzler im 21. Jahrhundert ist das untragbar und ungenügend.

Der Vizekanzler, der jetzt nicht mehr da ist, hat das zwar angesprochen. Seine Begrün­dung dafür, warum man jetzt keine Ökologisierung machen kann, verstehe ich aber überhaupt nicht. Erstens ist diese Ausrede, es ginge nur im internationalen Vergleich, nicht zutreffend, weil wir, wie gesagt, was Abgaben und Steuern auf Schadstoffe an­geht, schon lange nicht mehr im Spitzenfeld sind, sondern im unteren Drittel liegen. Au­ßerdem habe ich es satt, immer nur zu hören, wir können nichts tun, solange interna­tional oder auf EU-Ebene nichts geschieht. Wir waren einmal Umwelt-Musterland. Wir waren einmal Vorreiter. Wir können in Österreich auch eigenständig handeln – und das würde ich mir von einer Regierung eigentlich erwarten. (Beifall bei den Grünen.)

Von einem Wirtschaftsminister verstehe ich das schon gar nicht, denn 2008 bis 2012 war nicht nur die Periode des Klimaversagens Österreichs, sondern genau in diesem Zeitraum ist trotz Klimakrise die Ökoindustrie international um 15 Prozent gewachsen. Daher verstehe ich überhaupt nicht, warum ein Wirtschaftsminister nicht auf diesen Sektor setzt. Außerdem haben wir letztes Jahr gemeinsam – die Grünen mit SPÖ und ÖVP – das Energieeffizienzgesetz beschlossen. Daraus haben Sie – die ganze Bun­desregierung – eine Verpflichtung, Maßnahmen zu setzen, die Energie einsparen. Es wäre an der Zeit, hier eine Ökologisierung vorzunehmen.

Die Ökologisierung des Steuersystems ist notwendig wie noch nie. Der Zeitpunkt ist jetzt außerdem so günstig wie noch nie, bei niedrigen Energie- und speziell bei nied­rigen Ölpreisen. Und eine Ökologisierung würde endlich dazu dienen, auch hier für Ge­rechtigkeit zu sorgen, denn es ist nicht einzusehen, dass Verursacher von Umweltver­schmutzung immer davonkommen und die Allgemeinheit jedes Mal zahlt.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ökologisierung des Steuersystems und fairer Finanzierungsbeitrag der reichs­ten 10%

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat bis spätestens Mitte Juni einen Gesetzesvorschlag für eine Steu­erstrukturreform vorzulegen, der eine echte Ökologisierung des Abgabensystems, die


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Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer inklusive Pri­vatstiftungen und einen geschlechtergerechten Steuertarif mit gleichmäßig verteilten Ent­lastungsvolumina beinhaltet.“

*****

Sie haben von Ökologisierung nichts vorgelegt, außer einer einzigen Maßnahme, die den Namen aber nicht verdient, nämlich die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Pellets. Das ist für mich ein Anschlag auf die erneuerbaren Energien, ein Anschlag auf die Un­ternehmen, die es bei niedrigen Ölpreisen ohnehin schon schwer haben.

Deshalb bringe ich einen zweiten Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen be­treffend keine klimaschädliche Steuererhöhung für Pellets

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler, der Vizekanzler sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die geplante Anhebung des ermä­ßigten Mehrwertsteuersatzes für Pellets von 10 auf 13% im Rahmen der Tarifreform nicht zur Umsetzung zu bringen.“

*****

Wie gesagt, wir sind die Generation, die jetzt entscheidet, wie wir die Klimakrise bewäl­tigen. Österreich braucht eine Ökologisierung des Steuersystems und Österreich braucht endlich ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umwelt- und Energieministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

betreffend Ökologisierung des Steuersystems und fairer Finanzierungsbeitrag der reichs­ten 10%

eingebracht im Zuge der Debatte Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vize­kanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Steuerreform 2015/2016; Das Entlastungsprogramm zur Stärkung der Kaufkraft und Schaffung von Arbeitsplätzen“

Begründung

Die Bundesregierung hat am 17.3.2015 im Ministerrat ihre Steuerpläne vorgelegt. Im Zentrum steht eine Tarifanpassung. Von einer Steuerreform, die diesen Namen ver­dient, kann keine Rede sein, da eklatante Schwächen des Steuer- und Abgabensys-


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tems perpetuiert werden. Es fehlen insbesondere nachhaltige Schritte zu mehr sozialer Gerechtigkeit und zur Einleitung der Energiewende durch eine Ökologisierung des Steu­ersystems.

Die wichtigsten Versäumnisse der Regierung sind:

Fehlende Gendergerechtigkeit:

Mit dem vorgelegten SPÖ-ÖVP-Tarif werden die niedrigen Einkommen unterdurch­schnittlich entlastet. Während eine Person mit 1.400 Euro Brutto/Monat (mittleres Frau­eneinkommen) nur 370 Euro pro Jahr zusätzlich erhält, bekommt einE AbgeordneteR zum Nationalrat (Bruttobezug 8.583 Euro/Monat) jährlich 2.143 Euro zusätzlich. Eine stärkere Entlastung der niedrigen Einkommen ist nicht nur aus verteilungspolitischen Überlegungen unbedingt notwendig, sondern auch um die Konjunktur anzukurbeln. Denn jeder zusätzliche Euro für niedrige Einkommen wird ausgegeben und fließt in die Wirtschaft zurück. Die zusätzlichen Euro für hohe Einkommen wandern im Gegensatz dazu meist aufs Sparbuch. Frauen kommen in niedrigen Einkommensgruppen häufiger vor als Männer. Deswegen erhalten Frauen im SPÖ/ÖVP-Tarif lediglich ein Drittel des gesamten Entlastungsvolumens. Die Entlastung von niedrigen Einkommen ist auch ei­ne Frage der Geschlechtergerechtigkeit.

Fehlender Finanzierungsbeitrag der reichsten 10% inklusive Privatstiftungen:

Die Vermögen sind nur in den USA noch stärker konzentriert als in Österreich. Die reichsten 10% der Bevölkerung verfügen über ca. zwei Drittel und das reichste 1% der Bevölkerung über 37% am Gesamtvermögen. Diese hohen Vermögen werden in Ös­terreich kaum bis gar nicht besteuert. Die Besteuerung von Vermögen ist im OECD-Schnitt über drei Mal und im EU-Schnitt sogar vier Mal so hoch wie in Österreich. Trotz dieser Fakten ist ein Beitrag der Reichen und Superreichen, die ihr Vermögen oft in Privatstiftungen parken, in den Regierungsplänen nicht vorgesehen. Das geplante "So­lidaritätspaket" der Regierung zur Gegenfinanzierung, das etwa die Erhöhung der Grunderwerbsteuer vorsieht, ändert an dieser Schieflage nichts, da zum einen Haus­halte mit mittlerem Vermögen ebenfalls besteuert werden und zum anderen (hohe) Fi­nanzvermögen nicht angetastet werden. Die Regierung hat es verabsäumt Maßnah­men zu setzen, die einen fairen Beitrag der reichsten 10% inklusive Beteiligung der Pri­vatstiftungen sicherstellen. Die Tatsache, dass wir es in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren mit einer Erbengeneration zu tun haben, bleibt unberücksichtigt. Ob­wohl 19 von 28 EU-Staaten eine Erbschaftssteuer haben und diese zu den wachs­tumsunschädlichsten Abgaben zählen, wird deren Einführung nicht realisiert. Damit bleibt Österreich weiterhin ein Steuerparadies für Stiftungsmilliardäre, Reiche und Su­perreiche, von einem gerechten Abgabensystem kann nicht die Rede sein

Fehlende Ökologisierung:

Im Bereich der umweltbezogenen Abgaben liegt Österreich im internationalen Ver­gleich im unteren Drittel. Dennoch fehlt die Ökologisierung in den SPÖ/ÖVP-Steuer­plänen praktisch zur Gänze, zwei winzige Alibi-Maßnahmen können darüber nicht hin­wegtäuschen. Damit wird bei den gegenwärtig niedrigen Energiepreisen ein histori­sches Zeitfenster verpasst, um dem Klimawandel, der Ressourcenverschwendung und dem Schadstoffverbrauch gegenzusteuern. Ökologisches Umsteuern im Steuer- und Ab­gabensystem muss einem Bonus-Malus-System folgen: Wer viel (fossile) Energie ver­braucht, zahlt mehr, wer Energie, Schadstoffe und Ressourcen schont, wird belohnt. Die Erwerbseinkommen könnten folglich noch zusätzlich entlastet und die Lohnneben­kosten der Unternehmen gesenkt werden. Die Grünen haben dafür ein detailliertes Mo­dell mit einem Gesamtvolumen von 4 Mrd. Euro vorgelegt. Dieser Umbau im Steuer­system hat noch weitere positive Effekte, da Wachstum und Beschäftigung generiert und somit die Arbeitslosigkeit, die ohnehin Rekordwerte aufweist, bekämpft würden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 107

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat bis spätestens Mitte Juni einen Gesetzesvorschlag für eine Steu­erstrukturreform vorzulegen, der eine echte Ökologisierung des Abgabensystems, die Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer inklusive Pri­vatstiftungen und einen geschlechtergerechten Steuertarif mit gleichmäßig verteilten Entlastungsvolumina beinhaltet.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

betreffend keine klimaschädliche Steuererhöhung für Pellets

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum The­ma „Steuerreform 2015/2016; Das Entlastungsprogramm zur Stärkung der Kaufkraft und Schaffung von Arbeitsplätzen“

Begründung

Zur Gegenfinanzierung der von der Bundesregierung geplanten Tarifreform ist vorge­sehen, für einige Produkte den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 10 auf 13% zu er­höhen. Von der Erhöhung des Steuersatzes wäre auch der umweltfreundliche Brenn­stoff Pellets betroffen.

Angesichts immer noch steigender statt sinkender CO2-Emissionen in Österreich ist ei­ne Energiewende im Wärmebereich – weg von Öl und Gas und hin zu erneuerbaren Brennstoffen – ein Gebot der Stunde. Eine Erhöhung des Steuersatzes für Pellets zu diesem Zeitpunkt setzt aber genau den entgegengesetzten Richtungsimpuls.

Schon jetzt hat sich die Nachfrage nach Pelletheizungen aufgrund der niedrigen Öl­preise gegenüber dem Jahr 2013 in etwa halbiert. Die österreichischen Pelletkessel­lieferanten, die insgesamt fast 6000 Mitarbeiter beschäftigen sind von einer schweren Krise betroffen. Ausgerechnet in dieser Situation die Steuer auf Pellets zu erhöhen ist nicht nur klimapolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch eine Maßnahme mit fatalen Folgen.

Weitaus sinnvoller und ungleich ertragreicher wäre es, die Mineralölsteuer im Rahmen der Tarifreform der Bundesregierung zu erhöhen. Damit würde den Konsumenten sig­nalisiert, dass es trotz aktuell niedriger Ölpreise Sinn macht, auf erneuerbare Energie umzusteigen. Gegenüber den Preisen bis Mitte des vergangenen Jahres würden Mine­ralölprodukte trotz einer Erhöhung der MÖSt kostengünstiger bleiben.

In Österreich heizen immer noch 700.000 Haushalte mit Öl. Ein Anreiz zum Wechsel auf Pellets in Form einer MÖSt Erhöhung hätte signifikante positive wirtschaftliche Fol­gen. Neben den Beschäftigungseffekten in der heimischen Kesselindustrie und im Ins­tallationsgewerbe würden auch in der Sägeindustrie und der Forstwirtschaft Wachs­tumsimpuls wirksam. Der Fluss enormer finanzieller Mittel in ölproduzierende Staaten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 108

würde reduziert und in Richtung lokale Wirtschaft umgelenkt werden. Die laufenden Heizkosten würden sich für Endkunden mit dem Umstieg von Öl auf Pellets merklich verringern.

In der vorliegenden Form würde die geplante Tarifreform das Marktungleichgewicht weiter in Richtung Öl verschieben und die ohnehin bereits prekäre Situation der heimi­schen Biomasse-Kesselhersteller weiter verschärfen.

Dazu kommt, dass die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor seit in Kraft treten des Kyoto-Klima-Protokolls in Österreich um 66% gestiegen sind. Der aktuell niedrige Ölpreis droht diese Entwicklung weiter zu verschärfen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler, der Vizekanzler sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die geplante Anhebung des ermä­ßigten Mehrwertsteuersatzes für Pellets von 10 auf 13% im Rahmen der Tarifreform nicht zur Umsetzung zu bringen.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


13.39.33

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Liebe Minister auf der Regierungsbank! Liebe Kollegen! Das The­ma ist nach wie vor die Steuerreform; wir haben mittlerweile schon über drei Stunden darüber gesprochen. Und es ist richtig, ja, es ist auch wichtig, dass die Menschen mehr Netto vom Brutto haben. Es ist ein richtiger Schritt.

Ich musste nur kurz darüber nachdenken, welcher neue Film oder welcher neue Film­titel zum Herrn Bundeskanzler und zum Herrn Vizekanzler passen würde, und es ist eindeutig: „... denn sie wissen nicht, was sie tun“.

Es geht dabei nicht um die Frage nach deren Schönheit – sie können sich darüber streiten, wer jetzt der James Dean sein will oder nicht –, sondern um Folgendes: Diese zwei jungen Menschen fahren – wohl wissend – mit dem Auto in den Abgrund, und wir in Österreich tun das auch, und das ist eigentlich das Erschreckende. Wenn der Herr Bundeskanzler davon spricht, dass es im Interesse Österreichs ist, eine Steueropti­mierung durchzuführen, dann ist es aber sehr wohl im Interesse Österreichs und der nächsten Generation, eine Ausgabenoptimierung durchzuführen. Hier muss angesetzt werden und nicht bei den Steuereinnahmen, denn es ist kein Steuerreformpaket, es ist ein Steueranpassungspaket, und das ist der Punkt. Was mir hier ganz klar fehlt – bis auf die paar Papierl, die wir bis jetzt gesehen haben –: Wo ist das große Bild? Wo ist diese Vision? Wohin soll die nächste Generation gehen? Worauf wird abgezielt? – Das alles fehlt hier ganz, ganz massiv.

Ich darf auch zum Durchgriffsrecht noch einmal Stellung nehmen. Dieses Unterneh­mer-Bashing geht mir auf die Nerven. Lassen Sie uns die Diskussion ehrlich führen und sagen: Okay, wenn die Unternehmer eine Registrierkasse brauchen, dann braucht jeder Nachhilfelehrer auch eine Registrierkasse, denn auch der hat bald einen Mindest­umsatz von 15 000 €.


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Man muss auch eine klare Diskussion darüber führen, was mit der Pflege ist, denn auch die Pflegediskussion war schon einmal da. Und was ist dabei, dort wird auch nicht versteuert – aber auf die Unternehmer kann man leicht hintreten. Wenn Klubob­mann Schieder von ein paar schwarzen Schafen spricht, dann stellt sich die Frage: Ist es jetzt doch kein General-Bashing gegen die Unternehmer? Er spricht von ein paar schwarzen Schafen. Wissen wir hier etwas nicht!? Geht es hier um 900 Millionen € von ein paar schwarzen Schafen oder geht es hier um alle Unternehmer? (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Zu diesen schwarzen Schafen: Es ist hier eine Mentalität eingezogen, das ist psychologisch klar daran zu sehen, wie schlecht sich beide Regierungsvertreter verteidigt und entschuldigt haben. (Abg. Schieder: Sind Sie jetzt für Steuerhinterzie­hung?)

Dann möchte ich schon noch etwas sagen: In Ihrem Wahlkampf hatten Sie immer im Auge, dass die Klein- und Mittelbetriebe, die Unternehmer, das wirtschaftliche Rück­grat dieser Gesellschaft sind. Sie haben deren Rückgrat gebrochen. (Abg. Schieder: Ich verstehe es nicht ganz! Sind Sie für Steuerhinterziehung? Sind Sie dafür oder nicht?) Sie haben ihnen das Genick gebrochen und Sie haben eine unternehmerische Depression ausgelöst, die jetzt nicht einmal noch absehbar ist.

Das Abschreibungspaket ist ein Wahnsinn, nicht nur für den Tourismus, sondern auch für die ganzen Klein- und Mittelbetriebe, für die Handwerker. Was glauben Sie, wo jetzt noch investiert wird? – Sie haben es nicht überzuckert, und die ÖVP hat sich als Unter­nehmervertreterpartei mit der Grunderwerbsteuer über den Tisch ziehen lassen. (Abg. Schieder: Sie haben es nicht überzuckert!) Das ist ja viel ärger als die Erbschafts­steuer. Sie wissen das! Ihnen ist eh zu gratulieren, die anderen haben verloren.

Frau Staatssekretär Steßl sei auch noch die Frage gestellt, was sie jetzt mit der Regis­trierkassenpflicht meint. Es gibt doch die E131-Verordnung. Wollen wir jetzt noch ein­mal nachrüsten, mit der INSIKA? (Abg. Schieder: Ja!) – Ich glaube, die Frage kann sie selber nicht einmal beantworten. Die E131 ist manipulationsfrei, das mussten alle Be­triebe schon machen.

Bevor ich zu der Unternehmerpartei ÖVP komme, darf ich schon sagen, dass ich glau­be, dass in der Regierung Angst und Gusch herrschen, unter dem Motto: Wenn der Häupl und der Pröll etwas sagen, dann hat jeder andere sich rauszuhalten! Ob es um Pensionen geht, ob es ... (Abg. Schieder: Das ist bei euch so!) – Bei uns ist es gar nicht so.

Aber was ist aus dieser Unternehmerpartei, der ÖVP, geworden, die dahin gehend über­haupt kein Bild mehr vermittelt. „R.I.P. Wirtschafts-ÖVP“ – diesen Kranz sollte man vor das Parlament und in der Lichtenfelsgasse ablegen. Leider ist ja jetzt kein Vertreter des Wirtschaftsbundes mehr da, ich glaube, da herrscht der Virus „Feigheit“ und die haben sich gedrückt.

Wo ist die Lohnnebenkostensenkung? In Deutschland sind es 19 Prozent, bei uns sind es 31 Prozent. Wo ist die Lohnnebenkostensenkung für die Unternehmer? – Die KESt wurde erhöht, die Mehrwertsteuer wurde erhöht und die Abschreibung auf 40 Jahre aus­gedehnt. Vermittelt man so ein Bild, mit dem man vom Rückgrat der KMUs sprechen kann? (Abg. Schieder: Die Gebäudeabschreibung!) – Ja, die Gebäude. Waren Sie schon einmal Gast in einem 40 Jahre alten Bad? – Sie sind ahnungslos. Sie waren noch nie Unternehmer, Sie wissen auch nicht, um was es geht. (Abg. Schieder: Sie sind ah­nungslos! Sie wissen gar nichts!) – Nein! Ich weiß es besser als Sie, denn ich zahle im­merhin die Löhne von 115 Mitarbeitern. (Beifall bei den NEOS.)

Ich will zum Schluss kommen, bevor ich Ihnen das genau erkläre. Ich will auch dem Herrn Vizekanzler – irgendwann einmal unter vier Augen – eine Deckungsbeitragsrech­nung erklären.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 110

Damit irgendetwas Sinnvolles geschieht, damit auch eine Entlastung für die Wirt­schaftstreibenden, für die Unternehmer in Angriff genommen wird, bringen wir einen Ent­schließungsantrag ein. Es geht hier um die Kammerumlage II.

Bitte stimmen Sie dem zu! Tun Sie etwas für die Unternehmer  auch die ÖVP, auch die SPÖ!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wirtschafts­kammer 2.0

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1 – Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema Steuerreform

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage vorzu­legen, welche folgende Regelungen beinhaltet:

ein Opting-Out für EPUs bis 2019 und

die Streichung der Kammerumlage II bis 31.12.2015“

*****

Das wären einmal sinnvolle Maßnahmen, bevor wir am Nachmittag zu den Themen Wirtschaftskammer und Tourismus kommen. Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

13.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kollegin und Kollegen betreffend Wirtschaftskam­mer 2.0

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1 – Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema Steuerreform

Die Wirtschaftskammer hat als gesetzliche Vertretung der Wirtschaft zweifellos aner­kennenswerte historische Verdienste um den sozialen Ausgleich in Österreich erreicht, doch braucht es zeitgemäße Rahmenbedingungen für die organsierte Vertretung von Interessen. In ganz Europa gibt es nur noch wenige Staaten, in denen das System der Zwangsmitgliedschaft sowohl für Unternehmer_innen als auch für Arbeitnehmer_innen gesetzlich verankert ist.

Im Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es unmissverständ­lich: „Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.“ Dieses grund­legende Prinzip sollte auch hierzulande umgesetzt werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 111

Die Wirtschaft braucht weniger Bürokratie, weniger Parteieneinfluss, mehr unterneh­merische Freiheit und ein echtes, effizientes Sprachrohr für Unternehmertum. Es braucht eine moderne, effiziente, effektive Interessenvertretung und Serviceorganisa­tion  eine Wirtschaftskammer 2.0, die keine Pflichtmitgliedschaft mehr braucht. Bei je­dem Euro an Mehrinvestitionen und bei jedem zusätzlichen Mitarbeiter kassiert die Wirtschaftskammer mehr Beiträge. Dies ist nicht nur ein finanzieller Mehraufwand für die Unternehmen sondern auch wettbewerbsschädlich.

Die Kammerumlage 2 (KU 2), besser bekannt als Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (DZ zum DB-FLAF), wird stets von der monatli­chen Lohnsumme eines Betriebes berechnet und belastet die Unternehmen in erhebli­chem Ausmaß. Doch wie heißt es so schön? In diesem Fall: „Des einen Leid, des an­deren Freud“. Wie die nachstehende Tabelle zeigt, generierten die Wirtschaftskam­mern in Österreich über die Kammerumlage II im Jahr 2013 nämlich erhebliche Ein­nahmen in der Höhe von insgesamt mehr als 308 Mio. Euro.

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In Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit – im Jänner 2015 waren fast 500.000 Menschen ohne Job – und stetigen Lippenbekenntnissen der Bundesregierung zur Stärkung des Unternehmertums und der Wettbewerbsfähigkeit müssen konkrete Handlungen gesetzt werden, um den Unternehmer_innen mehr finanziellen Spielraum zu verschaffen und die Prinzipien der Bevormundung und Zwangsmitgliedschaft zu beenden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage vorzu­legen, welche folgende Regelungen beinhaltet:

ein Opting-Out für EPUs bis 2019 und

die Streichung der Kammerumlage II bis 31.12.2015“

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 112

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lichtenecker. – Bitte.

 


13.46.18

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Werte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Sie ha­ben heute in Ihrer Rede betont, wie wichtig es sei, einen wettbewerbsfähigen Standort zu haben und eine Konjunkturerholung zu forcieren. Das soll die Steuerreform und auch das das Standortpaket forcieren.

Eines muss schon klar sein: Sowohl eine gerechte Einkommensverteilung und Aufkom­mensverteilung bei den Steuern als auch eine moderne und innovative ökologische Steuerreform – wie sie meine Kollegin Christiane Brunner heute vorgestellt hat – sind ganz essenzielle Eckpfeiler einer guten Entwicklung einer Wirtschaft und für die Wett­bewerbsfähigkeit, und genau das, Herr Bundeskanzler, vermissen wir bei diesen Vorla­gen.

Ja, Gerechtigkeit, Fairness und gute Rahmenbedingungen brauchen auch Unterneh­men, womit ich zu einem Punkt komme, der jetzt bei Ihrem Standortpaket präsentiert worden ist: dem Crowdfunding. Selbstverständlich brauchen klein- und mittelständi­sche Unternehmen und Energiewendeprojekte Unterstützung und gute Rahmenbedin­gungen, damit sie auch entsprechend investieren können. Das ist etwas, das wir jetzt seit Jahren in dieser Form forciert haben, und ich halte es fast für ein kleines Wunder, dass hier endlich Bewegung reinkommt; aber es geht um die Details. Es wird um die Details gehen, wenn es darum geht, wie denn eine Prospektpflicht tatsächlich ausse­hen soll, die sich hier light nennt.

Was heißt das im Konkreten? Welche Kosten kommen da auf die klein- und mittelstän­dischen Unternehmen zu, damit sie das überhaupt in Anspruch nehmen können? Es wird auch darauf ankommen, wie viel pro Anleger in ein Unternehmen investiert wer­den kann. Wenn dann die Rede davon ist, dass es 5 000 € sein werden, dann glauben wir, dass das zu gering ist, und wenn dann eine Regelung dabei ist, die so aussieht, dass man bei einem Nettoeinkommen von mehr als 2 500 € das Doppelte davon in­vestieren kann, dann stellt sich natürlich die Frage an die Herren auf der Regierungs­bank: Wie soll das konkret ausschauen?

Soll da wieder die Bürokratie überhandnehmen? Ist es jetzt die große Kontrolle des Einkommens? Zudem die Frage: Warum ist das dann nicht auch gleichzeitig in einem Casino so? – Hier besteht wirklich die konkrete Anforderung, dass diese Regelungen möglichst unbürokratisch und offen gemacht werden, damit dieses Instrument „Crowd­funding“ für klein- und mittelständische Unternehmen und Energiewendeprojekte tatsäch­lich in dieser Form auch zum Tragen kommt.

Wie vielleicht auch bei vielen von Ihnen kommen auch bei mir die Anrufe von verschie­denen Unternehmen, was Regelungen betrifft. Ja, natürlich, die Registrierkassenpflicht macht Sinn. Die Frage ist auch hier wieder: Wie wird das ausgestaltet werden? Wie schauen die konkreten Regelungen aus? – Hier, glaube ich, ist es auch notwendig, auf einzelne Stimmen zu hören, die Vorschläge machen, wie man das im Konkreten um­setzt.

Ein Beispiel: Eine kleine Konditorei am Land, mit Lehrlingen und Mitarbeitern, die aber dennoch immer schauen muss, wie sie den Betrieb gut weiterführen kann. Sie besitzt ein Eisfenster und macht an sonnigen Tagen ein gutes Geschäft. Hier stellt sich dann die Frage: Wie soll dort tatsächlich eine Registrierkasse eingesetzt werden? Ist das ei­ne praktische Lösung? Muss ein zweiter Mitarbeiter dazugestellt werden, der das erle­digen kann? – Da wird es schon zum Problem. Solche Dinge, die die praktische Umset­zung betreffen, müssen dabei mitbedacht werden. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 113

Der dritte Bereich ist der große Bereich der Forschungsprämie, bei der Sie jetzt anden­ken, sie von 10 Prozent auf 12 Prozent zu erhöhen. Wir sind alle d’accord: Forschung ist wichtig, es muss ein Schwerpunkt auf die Forschung gelegt werden. Das kann ich nur doppelt unterstreichen und drei Rufzeichen dazusetzen!!! Die Frage ist: Wie ma­chen wir das? – Die Forschungsprämie wurde im Jahr 2011 von 8 Prozent auf 10 Pro­zent erhöht, jetzt soll sie von 10 Prozent auf 12 Prozent erhöht werden. Ich sage ein­mal, wenn die Ressourcen im Übermaß vorhanden sind und die Universitäten und die Grundlagenforschung gut ausgestattet sind, dann kann man das in dieser Form an­denken. Es existiert keine Evaluierung der steuerlichen Forschungsförderung, und den­noch soll jetzt doch ein sehr gewaltiger Aufwand in diese Ebene hineinfließen. In die­sem Bereich braucht es eine konsequente Evaluierung und dann eine Entscheidung, wie die Forschungsmittel fokussiert und konzentriert werden, um in jedem Fall den ent­sprechenden Schritt zu setzen.

Ein Appell an die Regierung und an Sie von den Regierungsparteien: Es gibt viele Fra­gezeichen, viele Verbesserungspotenziale, und der Appell richtet sich an Ihre Offen­heit, in den nächsten Monaten tatsächlich in Verhandlungen zu gehen, damit hier noch etwas Besseres, Gescheiteres und Zukunftsorientierteres zustande kommt. (Beifall bei den Grünen.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


13.52.07

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die bisherige Debatte macht es notwendig, auf das eine oder andere einzuge­hen, was vor allem am Beginn von den höchsten Repräsentanten von SPÖ und ÖVP – sowohl von der Regierungsbank als auch in Gestalt der Klubobleute – „abgesondert“ wur­de, möchte ich fast sagen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Meine Damen und Herren, ich bin manchmal überrascht, in welcher Art und Weise ÖVP und SPÖ versuchen, ihre eigene Wirtschaftskompetenz besonders hervorzustrei­chen. Das geschieht dann meistens dadurch, dass man versucht, andere hinunterzu­dodln, und sich dann auch nicht entblödet, irgendwelche Zitate in Form von Brutto, Net­to et cetera zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Ich habe mir die Mühe ge­macht, nachzuschauen und es Ihnen mit gleicher Münze heimzuzahlen.

Wenn man die Wirtschaftskompetenz der ÖVP, die ja auch in dieser sogenannten Steuerreform Ausdruck findet, im Kleinen zusammenfassen möchte – und oft sind es ja die kleinen Dinge, in denen dann das Große erkennbar wird –, dann sage ich dazu Fol­gendes: 7 Millionen € Wahlkampfkostenbegrenzung, 11 Millionen € wurden ausgegeben, das heißt die Begrenzung wurde um 4 Millionen € überzogen; und das Ganze unter ei­nem Parteichef, der zugleich Finanzminister ist. Das ist die Wirtschaftskompetenz der ÖVP auf den Punkt gebracht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde hier herinnen nicht so groß auftreten und so tun, als wären alle anderen ir­gendwo minderbemittelt, wenn es um die Diskussion einer Steuerreform geht. Herr Klubobmann Schieder – da hinten ist er – ist dann wieder der Hypo-„Notverstaatlicher“, und er hat wieder geglaubt, er muss dieses Brutto-Netto-Zitat bringen, hat aber ganz vergessen, dass sein Ein-Mann-Thinktank in Sachen Finanzpolitik – das ist der Abge­ordnete Krainer – „Fundamentales“ im Zusammenhang mit dieser Steuerentlastung von sich gegeben hat. Schieder muss es ja wissen, er war immerhin der Chefverhand­ler der SPÖ.

Abgeordneter Krainer bejubelt in der OTS: „Senkung der kleinen und mittleren Einkom­men wichtiger Konjunkturimpuls.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 114

Das ist das, was die SPÖ zu dieser Steuerentlastung der kleinen und mittleren Einkom­men zu sagen hat. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das Wahre ist bekanntlich das Ganze. Ich weiß, dass Ihnen dieser Ansatz nicht gefällt, Sie begnügen sich immer damit, einen Teil davon herzuneh­men. Aber gerade deswegen muss man es auch zurechtrücken. Sie haben keine Freu­de mit diesem Ansatz, dass das Wahre das Ganze ist. Wir sehen das, wenn Sie heftig kritisieren – zu Recht, aus unserer Sicht –, dass Länder in unverantwortlich hoher Art und Weise für Hypos haften. Gleichzeitig verschließen Sie aber die Augen, wenn es darum geht, sich auf internationaler Ebene – Stichwort ESM, Stichwort EZB – Hals über Kopf zu verschulden. Damit haben Sie kein Problem, denn Sie sehen nur die Hälf­te und nicht das Ganze.

Der Teil der SPÖ, der immer den Herrn Keynes strapaziert, hat auch eine eigene Inter­pretation der Wirtschaftstheorie. Da geht es nur darum, die Komponente des immer neuen Schuldenmachens hervorzustreichen, aber die Schuldentilgung zu vergessen. Also auch hier nur ein Teil und nicht das Ganze. Ähnlich ist es auch im Bereich der Steuerreform.

Meine Damen und Herren, natürlich ist es so, dass es im Bereich der Tarifreform Ent­lastungen gibt, no na, und es waren übrigens die Freiheitlichen, die das lange, lange gefordert haben, als Sie noch hier heraußen gestanden sind (Zwischenruf des Abg. Matznetter) und gesagt haben: Das geht nicht, auf keinen Fall, unverantwortlich und in Wirklichkeit bedeutet das den Ruin des Staates! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Immerhin ist jetzt auch bei Ihnen der Groschen gefallen.

Es gibt diese Entlastungen. Tun Sie doch nicht so, als ob diese Entlastungen irgendwo im Labor stattfinden würden und es keine anderen äußeren Umstände – die Sie produ­zieren – geben würde und als ob Sie nicht gleichzeitig mit einer ganzen Reihe von Belastungen daherkommen würden! Das ist ja das Problem der ganzen Angelegenheit. Links stecken Sie es den Menschen rein, rechts ziehen Sie es ihnen wieder heraus. Das ist die Methode, wie Ihre – unter Anführungszeichen – „Steuerreform“ funktioniert. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wären die Mehrwertsteuererhöhungen, die bereits angesprochen wurden. Dann streichen Sie Vergünstigungen im Bereich Wohnraumbeschaffung. Dann führen Sie die Erbschaftssteuer über die Hintertür ein, indem Sie denjenigen, die Grund und Boden und ein Eigenheim erworben haben und das innerhalb der Familie weitergeben wollen, in die Tasche greifen. Jetzt kann man über die Beträge streiten, wie viel oder wie wenig das ist. Ich frage mich: Was ist die Leistung des Staates, wenn jemand innerhalb sei­ner Familie ein Haus weitervererbt? Was ist dort die Leistung des Staates, dass er in einem solchen Ansatz die Hand aufhält? – Das ist Diebstahl und nichts anderes! Der Staat leistet in diesem Zusammenhang nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Und so geht das munter weiter. Das ist auch der Grund dafür, dass Sie die Steuer- und Abgabenquote insgesamt nicht senken. Jetzt muss man noch dazu sagen, dass es Ih­re Landeshauptleute sind, die sich einen regelrechten Spaß daraus machen – immer dann, wenn es kein Wahljahr gibt –, die Gebühren ordentlich noch oben schnalzen zu lassen. Das kommt ja noch dazu: Diese erhöhten Gebühren – beispielsweise in Wien – müssen dann mit dem bezahlt werden, was man sich angeblich erspart; da bleibt dann nichts mehr über.

Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie 2010 in mehreren Etappen insgesamt 7 Milliar­den € an Belastungen auf die Österreicherinnen und Österreicher niedergehen haben lassen. Mit dieser „Reform“ schaffen Sie maximal einen Ausgleich, aber ich glaube, wenn man genau nachrechnet, dann geht sich nicht einmal ein Nullsummenspiel in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 115

dem Sinne aus, dass Sie den Schaden ausgleichen, den Sie in den letzten Jahren an­gerichtet haben.

Das mit der Gegenfinanzierung machen Sie deshalb, weil Sie nicht in der Lage sind, ei­ne ordentliche Strukturreform zustande zu bringen. Das können Sie nicht. (Abg. Mayer: Das sagt die Hypo ...!)

Sie haben eine proporzstrukturfreundliche Steuerreform geschaffen, aber eine unter­nehmerfeindliche. Umgekehrt wäre es richtig gewesen. Aber dazu sind Sie nicht in der Lage. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur Arbeitslosensituation: Sie kennen das in Österreich: Kein Ende der Talfahrt in Sicht. Ich sage Ihnen etwas: Die Maßnahmen im Lohn- und Einkommensteuerbereich, die Sie planen, werden keine Trendumkehr bewirken. Schön wäre es. Natürlich wird es Impulse beim Konsum geben, aber Sie müssen sich das schon auch zu Herzen neh­men und wirklich beachten, was Ihnen die Experten des AMS geraten haben. Die Fra­ge ist, wenn konsumiert wird, wo dann die Wertschöpfung für diesen Konsum tatsäch­lich liegt. – Diese liegt nur zum Teil in Österreich, weil vieles konsumiert wird, was von ganz woanders herkommt. Dieser Konjunkturimpuls wird ausbleiben, und die Arbeits­losenzahlen werden nicht in der Art und Weise zurückgehen, wie Sie es versprochen haben.

Deswegen haben Sie sich in Krems schon wieder zurückgezogen und bessern nach. Sie bessern jetzt schon wieder ein Steuerreformwerk nach, das noch nicht einmal in Kraft getreten ist. Auf der einen Seite nehmen Sie die Wirtschaft an die Kandare, indem Sie alle pauschal kriminalisieren, denn 1,8 Milliarden € kann man nur dann ein­treiben, wenn 1,8 Milliarden € irgendwo hinterzogen werden, und 1,8 Milliarden € wer­den bei der Zielgruppe, die Sie anvisiert haben – bei den kleinen und mittleren Unter­nehmen –, nur dann hinterzogen, wenn alle hinterziehen. So in etwa schaut Ihre Über­legung aus. Genau um das geht es. Mit dieser Kriminalisierung können wir uns auf kei­nen Fall anfreunden, meine Damen und Herren!

Mich würde es nicht wundern, wenn der Herr Tsipras das sagen würde (Zwischenruf des Abg. Matznetter), wenn der Herr Tsipras zu dem Ergebnis kommen würde, dass es sich in Griechenland so verhält. Aber, bitte, das ist doch nicht die österreichische Wirklichkeit, und es ist auch keine geeignete Maßnahme, jetzt die Registrierkasse aus dem Hut zu zaubern und zu sagen: Damit lösen wir das Problem. Wissen Sie, wo es die Registrierkassenpflicht gibt? – Die Registrierkassenpflicht gibt es in Italien und in Griechenland. Gute Nacht! – So viel zur Wirksamkeit der Registrierkasse. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Weninger.)

An der Registrierkasse kann es nicht liegen. Ich glaube, es ist eher ein Mentalitäts­problem, mit dem wir uns auf europäischer Ebene in diesem Bereich herumzuschlagen haben. (Zwischenruf des Abg. Mayer.)

Meine Damen und Herren, ich habe schon gesagt, ich bin sehr, sehr froh, dass Sie endlich unsere Idee zur Lohnsteuersenkung aufgenommen haben. Wir predigen das seit Jahren. Aber das, was sich der Herr von der Gewerkschaft, Herr Katzian, heute er­laubt hat, ist ja wirklich das Beste. Er stellt sich hier her und sagt, wir Gewerkschafter machen Jahr für Jahr harte Lohnverhandlungen und holen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas heraus. – Das könnte er dann mit Recht sagen, wenn er nicht gleichzeitig mit dem Hütchen des Abgeordneten einer Regierungsfraktion hier sitzen und alles unternehmen würde, um diesen Gewinn der Arbeitnehmer sozusagen wieder auszuradieren. Leider ist auch diese Steuerreform keine Ausnahme, und dieses Prinzip wird wieder angewandt. Das ist verlogen, vorsichtig gesagt, Herr Abgeordneter Kat­zian. (Abg. Krist: Sie kennen sich nicht aus! Warum reden Sie so einen Blödsinn da­her? Bierzeltmentalität!)


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In Wirklichkeit muss man das Ganze sehen. Das ist der entscheidende Punkt. Sie ha­ben deshalb, weil Sie das nicht ernst nehmen, im Bereich der Lohnsteuerreform auch den zweiten Teil vergessen. Sie haben vergessen, die kalte Progression auszuschal­ten. Das haben Sie vergessen, weil das für Sie eine automatische Inkassoangelegen­heit ist. Das ist praktisch; da müssen Sie gar nichts tun. Da nehmen Sie Jahr für Jahr 600 Millionen € ein, und in ein paar Jahren wird der ganze Effekt verpuffen, den Sie da jetzt so großartig bewerben. Sie haben den Menschen vorgegaukelt, dass sie jetzt eine Geldbörse haben werden, die sie nicht mehr zu bringen werden, weil sie so voll ist, aber in ein paar Jahren wird sich das alles allein in diesem Bereich durch die kalte Pro­gression wieder in Luft aufgelöst haben.

Was bleiben wird, sind die Erhöhungen, von denen wir vorher gesprochen haben. Oder stellen Sie sich jetzt her und garantieren, dass Sie diese Erhöhungen, wenn es die Budgetlage ermöglicht, wieder zurücknehmen werden? – Ich kann mir das nicht vor­stellen. Das hat es in dieser Republik noch nie gegeben. Das heißt, die Österreicherin­nen und Österreicher können sich sicher sein, dass sich das, was ihnen jetzt als zu­sätzliche Einnahme zugesagt wird, auflösen wird, während die zusätzlichen Belastun­gen auf lange Sicht bleiben werden.

Kurz gesagt: Das ist das wahre Gesicht dieser „Steuerreform“.

Und weil Sie wahrscheinlich mit diesem Werk selbst nicht zufrieden sind, haben Sie diese Klausur in Krems nachgelegt. Da werden jetzt wieder Arbeitsplätze versprochen, Tausende Arbeitsplätze. Wir wissen schon gar nicht mehr, wohin mit den Arbeitsplät­zen, die versprochen worden sind. Ich bin sehr dafür, dass Arbeitsplätze geschaffen werden in der Baubranche, aber eines sage ich Ihnen auch, meine Damen und Herren von der Bundesregierung: österreichische Arbeitsplätze sollten es sein, insbesondere in der Baubranche. (Beifall bei der FPÖ.)

Bisher lief ja Ihr Beschäftigungswunder noch nach einem anderen Muster ab, und die zusätzliche Beschäftigung, die Sie in den letzten Jahren zustande gebracht haben, war eine Beschäftigung, die allen möglichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugu­tekam, aber zuallerletzt kam sie den österreichischen Arbeitnehmern zugute. (Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.)

Das ist ein Weg, den wir Freiheitlichen nicht unterstützen können. (Beifall bei der FPÖ.)

14.03

14.03.09*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herrn Abgeordnetem Kickl erteile ich für den Vorwurf der Verlogenheit einen Ordnungsruf.

*****

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


14.03.16

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Es wurde noch einmal angeregt und gemahnt, dass das Lob von der Opposition, bei aller Kritik, hier zu kurz gekommen sei. Da kann man eben kurz darauf eingehen. Ich wollte dann aber etwas sagen zu der Grundaufstellung dieser angebli­chen Reform und dem, wo es in Zukunft hingehen muss, nämlich zu einem Detailprag­matismus und den wirklich großen Brötchen, die zu backen wären, beziehungsweise eine Vision dazu. Wir werden uns über die Beschäftigungseffekte von Steuerreformen unterhalten müssen, ebenso wie über die Gerechtigkeitseffekte und die zugehörigen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 117

Strukturen beziehungsweise die Nicht-Änderung derselben und die schon angespro­chene Ökologisierung.

Aber zunächst zum Lob: Ja, die 25 Prozent Eingangssteuersatz sind erreicht worden. Das ist natürlich klar. Wenn man sich ein geringeres Volumen genommen hätte, dann wäre das dann nicht mehr möglich gewesen, aber ja, das haben Sie erreicht. Da könn­te man sagen, das ist nicht a priori selbstverständlich. Das kann man einmal diagnos­tizieren. Es hat ja auch Debatten gegeben, ob nicht das Volumen geringer wäre, dann wären Sie ja mit Ihrer Tariflinie nicht zurande gekommen. Okay, ja, die 25 Prozent ha­ben Sie als Eingangssteuersatz erreicht. Er steigt dann aber relativ rasch und lässt nach oben hin natürlich dem Besserverdienenden nicht nur absolut, sondern interes­santerweise auch in der Proportion mehr übrig. Da hätten wir eine andere Vorstellung von Gerechtigkeit gehabt, aber sei’s drum.

Sie haben den Termin eingehalten. Das ist auffällig, aber das ist einfach eine politische Kommentierung. Man hat zwischendurch den Eindruck gehabt, Sie vergaloppieren sich in der eigenen Taktik so, dass sich das nicht ausgehen wird, aber Sie haben es ge­schafft. Ob Sie eine Neuwahl riskiert hätten, wissen wir nicht. Was für das Land besser gewesen wäre, ist wieder eine andere Frage. Aber Sie haben es geschafft. – Okay.

Jetzt komme ich einmal zu einem großen inhaltlichen Punkt, nämlich zur Betrugsbe­kämpfung. Das halte ich für ambitioniert, das finde ich gut, und wenn es gelingt oder gelingen sollte, knapp 2 Milliarden € hereinzubringen, dann finden wir das super. Das geschieht aber nicht von selbst. Mit den üblichen Herangehensweisen bei der Betrugs­bekämpfung, die waren nämlich sehr mau, wären wir nicht weit gekommen. Da muss wirklich anständig gehämmert und genagelt werden, da müssen Nägel mit Köpfen ge­macht werden. Wir sind bereit für diese Verhandlungen, denn Sie brauchen ja mindes­tens eine Oppositionspartei. Das würden wir wirklich gut finden, wenn das gelänge.

Aber 1,9 Milliarden € muss man erst einmal hereinbringen. Super Sache! Bekämpfung der internationalen Steuerbetrüger, dem entkommen wir langfristig gesehen ohnehin nicht. Das haben Sie erkannt. Aber die in Österreich ansässigen Großbetriebe und Kon­zerne gibt es ja auch noch. Und wie wir wissen, gibt es noch die besonders Reichen und Betuchten, die massenhaft Geld herumjonglieren, das sie in Österreich noch gut vor der Steuer verstecken können. Ja, das wird einiges brauchen.

Stichwort sogenanntes Bankgeheimnis. Das war in dieser Form ohnehin immer nur ein Irrlicht des Irrationalen, weil es ja tendenziell den Kleinen im Ergebnis schadet und den Großen, die ihr Geld verstecken, hilft. Das war immer ein Problem in diesem Land. Sie bekommen meine Anerkennung, dass Sie das endlich angehen. Wir schreiben schon seit 2006 in jedes Konzept hinein, dass das längst so gemacht gehörte, aber, wie ge­sagt, aufgrund von internationalem Druck und aufgrund von Geldknappheit machen wir es. – Das ist gut so.

Was die Frage der Konjunktur- und Beschäftigungseffekte betrifft, da muss man ers­tens festhalten, dass es besser gewesen wäre, diese Tarifreform, wenn sie eine Aus­wirkung haben sollte, jetzt schon zu machen, denn jetzt ist ja die Delle besonders groß. Bis das alles wirklich greift, brauchen wir sie vielleicht gar nicht mehr in der Form, und dann sind wir im schlimmsten Fall wieder prozyklisch. Das ist nicht so geschickt. Das Zweite: Wenn Sie einen anderen, einen gerechteren Tarifverlauf hätten, dann hätten Sie die behaupteten Beschäftigungseffekte natürlich in viel größerer Form. Das ist doch logisch: Wenn unten mehr entlastet wird, dann würde nach dieser Logik eben mehr aus­gegeben werden.

Bei der großen Gerechtigkeitsfrage fehlt mir überhaupt, dass man da nicht an die Struk­tur gegangen ist. Schauen wir uns das an! Jetzt werden knapp 5 Milliarden € umver­teilt. Wenn das alles richtig ist und gut wäre inklusive Betrugsbekämpfung, dann bleibt


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immer noch die Frage, warum man denn dann nicht das doppelte Volumen organisiert hat. Das geht, wenn wir ökologische Effekte miteinbeziehen, aber vor allem wenn wir auch, was jetzt die SPÖ immer behauptet hat, 2 bis 3 Milliarden € über eine vernünfti­ge, gerechte Erbschaftssteuer mit immer noch hohen Freibeträgen und einem Äquiva­lent für die Stiftungen im Konzept haben. Da kommen 2 bis 3 Milliarden € heraus. Das hätten wir dann zusätzlich. Dann wären ja alle behaupteten wunderbaren Effekte auch in doppeltem Ausmaß. Wir halten das für möglich, für sinnvoll und für notwendig. Das würde endlich einmal in die Struktur gehen, aber das jetzt ist ja strukturell betrachtet ein Reförmchen und keine Reform mit Visionen, und darum würde es gehen.

Insofern bleibe ich bei dem Beispiel: Wenn jemand 4 Millionen € erbt, dann zahlt er kei­ne Steuern dafür, außer, wenn vielleicht ein Grundstück dabei ist, diese quasi Über­tragungsabgabe. Wenn jemand 4 Millionen € brutto im Leben verdient, dann zahlt er davon mehr als die Hälfte an Steuern und Sozialabgaben. Der arbeitet aber sein Leben lang dafür! 4 Millionen € muss man erst einmal verdienen, das ist ja schon einer in Ihrer Mittelstandskategorie. Wenn das gerecht sein soll, wenn das ökonomisch ver­nünftig sein soll, dann sage ich: Gute Nacht! (Abg. Strache: Wo kommen denn die 4 Mil­lionen € her? Die sind ja auch versteuert!) Sie sollten sich von Ihrem Klientelismus lö­sen und an Ihrer Durchsetzungsfähigkeit arbeiten, aber wir werden weiter in diese Rich­tung gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Es bleibt zum Schluss die Ökologisierung, wo man durchaus die eine oder andere Mil­liarde bewegen könnte, immer zugunsten der Senkung der Belastung von Arbeitsein­kommen. Wir haben jetzt mit den 5 Milliarden € nur 1,7 Prozent der Wirtschaftsleistung manövriert. Wenn Sie sich die internationalen Daten anschauen, dann sehen Sie, dass wir ja immer noch viel zu hoch sind, und deshalb wäre es vernünftig, in diese Richtung zu gehen.

Die Vision zum Schluss, und da schließt sich der Kreis mit der Steuerbetrugsbekämp­fung: Es besteht zukünftig die Möglichkeit, dass wir Arbeitseinkommen generell und Kapitaleinkommen, egal, woher es kommt, gleich besteuern. Das wäre das wichtigste Anliegen überhaupt. Jetzt haben wir immer noch das Problem, dass das Kapitalein­kommen, das Einkommen aus Aktienbesitz, Miete und Pacht und so weiter immer das günstigere ist. Das Arbeitseinkommen ist immer das teurere, auch das Einkommen der Selbständigen. Das ist nicht nur nicht gerecht, sondern auch wirtschaftlich unvernünf­tig. Deshalb sollten wir diese Gesamtreform mit dieser Vision nicht aus den Augen ver­lieren, sondern, wenn Sie sich schon so reformfreudig zeigen, gleich in die nächste Etap­pe einsteigen.

Dann kommen wir weg von diesem Filigranismus und endlich einmal zu größeren Bröt­chen, die zu backen wären. (Beifall bei den Grünen.)

14.10

14.10.28

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbetreibenden – Einsparungen im öffentlichen Bereich zur Ge­genfinanzierung der Steuerreform“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der Bundes- und Lan­des-Parteienförderung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 119

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerautonomie von Länder und Gemeinden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion von Kammer­zwangsbeiträgen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lohnnebenkostensen­kung durch Strukturreform des Steuersystemes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologisierung des Steu­ersystems und fairer Finanzierungsbeitrag der reichsten 10%.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine klimaschädliche Steu­ererhöhung für Pellets.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wirtschaftskammer 2.0.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

14.13.012. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (455 d.B.): Protokoll zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Volks­republik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investi­tionen (504 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (394 d.B.): Protokoll zur Abänderung des am 16. Mai 2001 in Minsk unterzeichneten Abkommens zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (505 d.B.)


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4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (442 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Re­publik Belarus über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang (506 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 4 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


14.14.03

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wie schon einleitend vom Herrn Präsidenten gesagt, es geht um eine Vorlage des Finanzausschusses. Öster­reich ist ein Exportland, jeder zweite Euro in Österreich wird mit dem Export verdient, deshalb ist es wichtig, dass wir mit sämtlichen Ländern, in die wir exportieren, entspre­chende Übereinkommen haben, um Rechtssicherheit und somit die besten Vorausset­zungen für die heimische Wirtschaft dort zu schaffen.

Konkret geht es in diesem Fall um die Änderung des Abkommen zwischen der Repu­blik Österreich und der Volksrepublik China über die Förderung von und den gegensei­tigen Schutz bei Investitionen. Es besteht schon ein Vertrag diesbezüglich seit 11. Ok­tober 1986. Er wurde an das EU-Recht angepasst und sollte so heute hier beschlossen werden. Aber ich glaube, es muss das große Ziel sein, speziell mit der Volksrepublik China ein einheitliches Abkommen für die gesamte EU zustande zu bringen. An dem wird schon gearbeitet, so dass sich die EU-Staaten nicht immer im Einzelnen damit be­fassen müssen.

China ist ein wirtschaftlich starker Partner für den Export, es werden circa 3,4 Milliar­den € im Jahr dorthin exportiert. Obwohl im letzten Jahr die Exportrate Österreichs nur um 1,7 Prozent gestiegen ist, haben wir beim Export in die Volksrepublik China ein Plus von 7,8 Prozent gehabt.

Gleichzeitig ist auf der Tagesordnung auch das Doppeltbesteuerungsabkommen mit Weißrussland, das an die OECD-Standards angepasst werden muss. Das ist eine Form­sache. Auch Weißrussland entwickelt sich immer mehr zu einem wirtschaftlichen Ex­portpartner für Österreich. Im letzten Jahr haben wir dort ein Plus von 24 Prozent er­reichen können bei einer Ausgangslage von circa 245 Millionen €. Ebenfalls zur Be­schlussfassung liegt auch eine verstärkte Zusammenarbeit in der Amtshilfe bei den Zollwachebeamten vor, um Schmuggel besser kontrollieren zu können. Im Speziellen geht es dort auch um Drogenschmuggel.

Ich bitte das Hohe Haus – es geht um die Wirtschaft, es geht um die Arbeitsplätze in Österreich –, diese Anträge einstimmig zur Kenntnis zu nehmen. – Ich danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ehmann. – Bitte.

 


14.17.12

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte mich kurz mit dem Tagesordnungspunkt 3, nämlich mit der Regierungsvorlage zur Abänderung des Ab-


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kommens zwischen der Republik Österreich sowie der Republik Belarus, sprich Weiß­russland, ein bisschen intensiver auseinandersetzen.

An der Anwesenheit im Plenarsaal ist abzulesen, dass ein Doppelbesteuerungsabkom­men nicht gerade das Spannendste in der Plenardebatte ist, aber ich glaube, dass das grundsätzlich trotzdem sehr sinnvoll ist, denn es verhindert, dass natürliche oder juris­tische Personen, die in beiden Staaten Einkünfte erzielen, doppelt besteuert werden. Auch das ist ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit.

Darüber hinaus gibt es zusätzlich ein Abkommen auf dem Gebiet der Amtshilfe, das auch von der Änderung betroffen sein wird. Es regelt den Auskunftsaustausch zwi­schen den betroffenen Vertragsstaaten, um Steueroasen auszutrocknen, der Steuer­hinterziehung respektive dem Steuerbetrug den Kampf anzusagen. Das ist ein weiterer Beitrag zur Bekämpfung des Steuerbetruges. (Abg. Kogler: Super Sache!)

In der vorliegenden Regierungsvorlage soll das bestehende Abkommen, das am 16. Mai 2001 in Minsk unterzeichnet wurde, wie es mein Vorredner schon erwähnt hat, auf OECD-Standard gebracht werden, und zwar im Bereich der Transparenz und der vor­hin von mir angesprochenen Amtshilfe.

Der aktuelle OECD-Standard sieht unter anderem auch vor, dass der Austausch von Bankinformationen zwischen den Vertragsstaaten möglich ist. Nunmehr soll vorgese­hen sein, dass die Erteilung von Informationen durch einen Vertragsstaat nicht mehr abgelehnt werden darf, wenn es sich um Informationen von einer Bank oder einem an­deren Kreditinstitut handelt. Außerdem hätte eine Nicht-Umsetzung des Abkommens meiner Meinung nach auch gravierende Nachteile für die österreichische Wirtschaft und würde zu allfälligen Defensivmaßnahmen internationaler Finanzinstitutionen oder auch von anderen Staaten führen.

Selbstverständlich wurde auch an eine Evaluierung gedacht. Eine Evaluierung macht aber erst nach dem der Staatsvertrag Sinn, der frühestens 2015 in Kraft treten wird. 2019 wird es die Evaluierung geben, denn dann werden die Anzahl der Fälle und das Funktionieren der Amtshilfe mit Weißrussland, sprich Belarus, sinnvoll überprüfbar sein.

Wie einleitend schon erwähnt: Das ist vielleicht nicht die spannendste Debatte, aber ein sinnvoller, wichtiger Beitrag zur Vereinfachung im Austausch von Informationen zwi­schen den Vertragsstaaten und im Bereich der Steuerbetrugsbekämpfung. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter MMag. DDr. Fuchs. – Bitte.

 


14.20.15

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Doppelbesteuerungs­abkommen, die nicht dem OECD-Standard betreffend Transparenz und Amtshilfe ent­sprechen, wie jenes mit der Republik Belarus müssen einer Revision unterzogen wer­den. Wir begrüßen derartige Revisionen, weil diese eine wichtige Grundlage für die Be­kämpfung des grenzüberschreitenden Steuerbetruges darstellen.

40 Prozent der Steuerreform beziehungsweise 1,9 Milliarden € sollen laut Bundesre­gierung durch die Betrugsbekämpfung finanziert werden. Man fragt sich, warum die Bundesregierung bisher tatenlos zugesehen hat, wenn jährlich 1,9 Milliarden € hinter­zogen wurden.

Wenn der Herr Vizekanzler meint, dass bisher die rechtlichen und technischen Voraus­setzungen für die Betrugsbekämpfung gefehlt haben, so stellt sich schon die Frage


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nach dem Warum. Die Bundesregierung hätte es in der Hand gehabt, die entsprechen­den Rahmenbedingungen zu schaffen.

Angesprochen auf das Thema Betrugsbekämpfung betonte der Herr Vizekanzler in der „Pressestunde“ am 15. März 2015 – ich zitiere –: „Es geht nicht um den ganz Kleinen, der in der Schweiz ein Konto hat, sondern um ganz große Fälle ().“

Was hat der Herr Vizekanzler mit dieser Aussage gemeint? Welche „Kleine“ haben denn ein Konto in der Schweiz? Aus welchem Grund sollten die Schweizer Konten der sogenannten Kleinen geschützt werden?

Wir wissen, dass die Österreicher nur die Hälfte ihrer Schweizer Konten im Rahmen des Steuerabkommens mit der Schweiz offengelegt haben. Rechtzeitig vor Inkrafttre­ten des Steuerabkommens am 1. Jänner 2013 wurden 10 Milliarden € aus der Schweiz wegtransferiert. Österreich ist da mit Abstand das Kapitalfluchtland Nummer eins, Is­rael und Singapur folgen weit abgeschlagen.

Warum wurde das Steuerabkommen mit der Schweiz so ausverhandelt, dass uns die Schweizer Steuerverwaltung die Namen dieser Steuerhinterzieher aus Österreich nicht bekannt geben muss? Was tut die Regierung denn gegen diese dreistesten aller Steu­erhinterzieher, die sogar auf die angebotene Amnestie gepfiffen haben? – Nichts! Sie ist untätig. Und der Herr Vizekanzler verharmlost diese Angelegenheit, weil er die „Klei­nen“ mit Schweizer Konten schonen möchte.

Ein Tätigwerden gegen diese Steuerhinterzieher wäre für mich eine Betrugsbekämp­fung, die diesen Namen auch verdient. Für die Bundesregierung ist Betrugsbekämp­fung jedoch die Einführung der Registrierkassenpflicht.

Ich möchte heute auch darauf hinweisen, dass im BMF derzeit 2 Milliarden € Bemes­sungsgrundlage aus Verrechnungspreiskorrekturen mit anderen Staaten strittig sind. Das BMF muss um diese 2 Milliarden € Bemessungsgrundlage kämpfen, damit es da nicht zu massiven Steuerausfällen kommt.

Das geht aber nur mit einer Armada an topqualifizierten Finanzbeamten und nicht mit der Finanzpolizei. Diese Experten kann man aber nicht von heute auf morgen ausbil­den. Da bedarf es einer jahrelangen Ausbildung, damit wir nicht von anderen Staaten im zwischenstaatlichen Steuerwettbewerb über den Tisch gezogen werden.

Da war das BMF jahrelang säumig. Man hat sich im BMF einfach nicht um eine lang­fristige Personalentwicklung im hochqualifizierten Personalbereich gekümmert. Die Über­nahme Hunderter Beamter aus anderen Ressorts ist für den Bereich des zwischen­staatlichen Steuerwettbewerbs überhaupt nicht zielführend.

Verwundert bin ich auch über die Aussage im Ministerratsvortrag, dass die Umstellung des Umsatzsteuersystems auf Reverse Charge zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbe­truges wegen Vorarbeiten auf EU -Ebene lediglich mittelfristig erfolgen soll. Warum soll die Betrugsbekämpfung bei der Umsatzsteuer erst mittelfristig erfolgen?

Wir Freiheitlichen fordern hier auf nationaler Ebene eine sofortige Umstellung des Um­satzsteuersystems auf Reverse Charge. Wir sollten uns bei der Bekämpfung des Um­satzsteuerbetruges eben nicht von EU-Vorschriften abhalten lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister, konzentrieren Sie sich bei der Betrugsbekämpfung auf die grenz­überschreitenden Transaktionen zwischen multinational agierenden Konzerngesellschaf­ten! In diesem Bereich können Sie maßgeblich das österreichische Steueraufkommen sichern, aber nicht nur die Einführung der Registrierkassenpflicht! (Beifall bei der FPÖ.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 



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14.25.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir nutzen diese Angelegenheit, nämlich die Änderung des Investitionsschutzabkom­mens mit China sowie die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Belarus, um die Frage der Investitionsschutzbestimmungen auch in anderen Abkommen wie CETA und möglicherweise TTIP-Abkommen zu behandeln.

In der Sache selbst kann man gegen das, was hier vorgelegt wird, natürlich nicht viel einwenden, keine Frage. Ich bin aber schon bei unserem Anliegen, weil das ja jetzt lau­fend – Kollege Schultes weiß das – auf Brüsseler Ebene verhandelt wird. Ich beginne bei TTIP.

Ich glaube, man muss löblich erwähnen – apropos Lob! –, dass sich der Herr Bundes­kanzler dazu schon zum zweiten Mal sozusagen gerührt, gemeldet hat, nämlich bei Gipfel, erst vorige Woche.

Es gibt im Protokoll die Anmerkung – das wird die Mehrheit hier freuen –, in der im We­sentlichen ein paar kritische Kernelemente des hier im Nationalrat mit Mehrheit gefass­ten Entschlusses deponiert sind. Ich halte es natürlich für richtig, wichtig und gewich­tiger, als wir manchmal selber glauben, was wir mit dem Beschluss ausgelöst haben.

Unabhängig davon kann oder soll natürlich jeder seine grundsätzliche Haltung zum Handelsabkommen haben. Ich weiß, dass Teile in der ÖVP, nicht alle, bei dieser Frage aus klassisch-ökonomischer Analyse und Sicht die Vorteile bei Weitem überwiegen se­hen.

Nur haben wir jetzt ein Problem zu gewärtigen, nämlich ein Doppelspiel der Regierung: Der Kanzler versucht jetzt zwar, deutliche Worte dazu zu sprechen, aber die Verhand­lungen zu TTIP werden, vom Wirtschaftsministerium gesteuert, von Beamtinnen und Beamten geführt. Und nach den Berichten der Kommission, denn genau genommen verhandelt ja die, ist diese Linie dort viel zu wenig erkennbar.

Da wird zwar auch immer gesagt, dass es einen Nationalratsbeschluss gibt in Öster­reich, aber gleichzeitig wird nicht gegengehalten, wenn die Kommission zu den Mit­gliedstaaten kommt und ausdrücklich sagt: Gebt uns jetzt ein stärkeres Mandat sogar für den umstrittenen Investitionsschutz! Denn wir können sonst nicht mit Gewicht – aus Sicht der Kommission – weiterverhandeln.

Würden wir den Investitionsschutz stärker zurücknehmen – weil einzelne Mitgliedstaa­ten, namentlich Österreich, da so starke Vorbehalte anmelden –, dann täten wir uns schwerer beim Verhandeln – eine klassische Geschichte, weil angeblich oder tatsäch­lich die USA das sehr hoch gewichten.

Das kann uns aber irgendwann wurscht sein, wenn uns das so betrifft. Und diese Ab­lehnung hier im Haus ist zu den jetzigen Investitionsschutzbestimmungen, denn genau darum geht es ja.

Insgesamt verständigen sich alle darauf, dass die Standards nicht schlechter werden sollen. Und all das – das wiederhole ich –, der Dreh- und Angelpunkt, das hat sich he­rauskristallisiert, ist immer dieser Investitionsschutz respektive, wie wir das gerne ein­mal auch auszudrücken pflegen, diese privilegierten Konzernklagsrechte – denn das ist es im Ergebnis.

Wenn das aber so ist, dann wird man es aber einmal umdrehen müssen – und das tut Österreich genau nicht! –, nämlich dahin gehend umdrehen, dass man sagt: Wenn die Kommission uns ohnehin schon fragt, bekommen wir das verstärkte Go dafür, diese Investitionsschutzklauseln wieder mitzuverhandeln, nachdem die Verhandlungen dazu aus taktischen Gründen ausgesetzt wurden, dann ist es nicht Österreich, das sagt: Nein, es gibt einen Beschluss der Volksvertretung, von Ihnen hier, die das extrem kri-


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tisch und im Ergebnisstand, jetzt zumindest, ablehnend sehen! Das wird nicht depo­niert Es wird einfach munter in diese Richtung weiterverhandelt.

Jetzt frage ich Sie: Was ist Ihr Beschluss wert hier herinnen? Und das geht nicht. Bei allem Lob dafür, dass der Kanzler endlich einmal sagt, was zu sagen ist, bei allem Lob dafür, dass eine Protokollanmerkung dort deponiert wurde, geht es dort, wo wirklich verhandelt wird, munter weiter, und zwar in die falsche Richtung.

Dieses wird einmal die Regierung – nicht Sie primär, das ist mir schon klar –, und zwar die Regierungsspitze, denn es handelt sich immerhin um Kanzler und Vizekanzler, ers­tens einmal aufklären müssen. Die Regierung wird dazu dem Haus Rede und Antwort stehen müssen; und solange wir keinen anderen Beschluss gefasst haben, muss sie ge­fälligst das tun, was unser Auftrag ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Holzinger.)

Morgen werden wir ja noch viel Gelegenheit haben, darüber zu sprechen, wie das im Detail ausschaut.

Beispielsweise beim CETA-Abkommen sieht man ja, wie es läuft. Zuerst ist allen, die Vorbehalte gehabt haben, gesagt worden: Wartet ab, was am Schluss herauskommt, denn ihr wisst ja noch nicht einmal, worüber ihr redet!

Dann ist es auf relativ kuriose Art und Weise am Schluss der Amtsperiode der alten Kommission schnell noch „fertig verhandelt“ – unter Anführungszeichen – und unter­schrieben worden. Wir haben es ohnehin gleich gelesen, das Dokument. ISDS ist drin­nen, zugegeben verbessert, aber immer noch mit den falschen Prinzipien.

So, was ist gewesen? Was ist jetzt die Parole gegenüber all jenen, die sagen: Jetzt wol­len wir das einmal auf die richtige Schiene bringen!? – Jetzt müsst ihr still sein, jetzt ist das fertig verhandelt. Jetzt wollt ihr daherkommen. Das sagen aber genau die, die vor­her gesagt haben: Seid ruhig und wartet ab, was herauskommt! Wenn das das Muster ist, wie auch TTIP verhandelt wird, dann gute Nacht! Da wird sich aber die Regierung auch anders hinstellen müssen, sonst wird sie es zumindest mit Teilen dieses Natio­nalrats zu tun bekommen. Denn das ist nicht tolerabel.

Das ist genau das Strickmuster, aus dem – und dann aber europaweit – Politikverdros­senheit entsteht. Das ist genau das, wo dann wieder die Stimmung entsteht: Die da in Brüssel – ein Wahnsinn, was weiß ich! Dabei sind es die Mitgliedstaaten, die zu feig sind und ein komisches Doppelspiel spielen, leider auch Österreich.

Morgen mehr dazu. Gehen Sie in sich! Sonst brauchen wir da nichts mehr zu beschlie­ßen, wenn wir sagen, es gibt hier einen Beschluss in diese Richtung, die Regierung ver­handelt de facto in diese Richtung, und der Kanzler tut in der Mitte irgendetwas ande­res, Hauptsache in der „Kronen Zeitung“. (Beifall bei den Grünen.)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


14.31.24

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Liebe Besuche­rinnen und Besucher auf den Galerien! Ich möchte den Bericht des Finanzausschusses hinsichtlich Abkommen mit der Volksrepublik China beziehungsweise Weißrussland zum Anlass nehmen, die Frage in den Raum zu stellen: Schafft man durch bilaterale Ab­kommen zwischen Volkswirtschaften Wohlstand? Diese Frage ist eigentlich mit einem ganz klaren Ja zu beantworten – das wurde auch durch meine Vorredner schon ange­sprochen –, wenn man unsere Außenhandelsstatistik anschaut.

Ich möchte das aber auch ein bisschen theoretisch fundieren. Es gibt einen berühmten Nationalökonomen aus dem 19. Jahrhundert, David Ricardo. Er hat in einem theoreti-


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schen Modell dazumal schon nachgewiesen: Wenn zwei Staaten miteinander Handel betreiben, dann steigt der Wohlstand insgesamt. Er hat auch nachgewiesen, dass es sogar dann funktioniert, wenn das zwei Staaten beziehungsweise Volkswirtschaften mit unterschiedlichsten Voraussetzungen bei den Arbeitskosten und bei der Produktivität machen.

Was ich damit sagen will: Ich möchte ein klares Plädoyer für den Handel zwischen den Volkswirtschaften halten, weil der Handel dazu beiträgt, dass wir Wohlstand schaffen.

Wenn man sich dann die österreichische Situation ansieht, kommt man auch zu der Erkenntnis, dass wir da wirklich sehr, sehr gut aufgestellt sind. Wenn ich hier im Saal sitze, habe ich manchmal den Eindruck, es sei alles so wahnsinnig schlecht bei uns in Österreich; dabei ist sehr vieles sehr, sehr gut.

Schauen wir uns die Außenhandelsbilanz an! Wir haben ein ganz geringes Defizit beim Exporte/Importe-Vergleich! Nur: Wenn man dann die Dienstleistung dazuzählt, wenn man die Leistungsbilanz beurteilt, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass wir deutli­che Überschüsse erwirtschaften. Wir sind im internationalen Kontext wettbewerbsfähig und erwirtschaften Überschüsse.

Ich begrüße jetzt auch sehr diese Initiative der Bundesregierung, die natürlich mit ihren Maßnahmen Konjunkturpaket, Forschungsquote, Innovationsförderung, zum Beispiel Crowdfunding als Teilaspekt, dazu beiträgt, dass wir diese Wettbewerbsfähigkeit inter­national auch weiter stärken, damit dieser Standard auch in der Zukunft gehalten wer­den kann.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch kurz an meinen Vorredner, Herrn Kollegen Kogler, anknüpfen. Es ist mir auch wichtig zu betonen, dass es schwierige Fragen sind, die im Zusammenhang mit TTIP verhandelt werden müssen: Es geht um den Investi­tionsschutz, es geht um Standards, die wir natürlich in Österreich auch halten wollen, nämlich in den Bereichen Umwelt, Soziales und auch in vielen anderen Bereichen.

Aber man muss auch erkennen, dass dieses Thema unserer Volkswirtschaft einen Vor­teil bringen soll, mehr Wohlstand schaffen soll, mehr Arbeitsplätze schaffen soll. Und dieses Oberziel sollte man, wenn man diese Diskussionen über TTIP führt, nicht aus den Augen verlieren.

Abschließend möchte ich zum Konjunkturpaket der Bundesregierung noch ein Thema herausgreifen, nämlich das Thema Crowdfunding. Ich freue mich persönlich sehr da­rüber, dass es jetzt gelungen ist, auf Regierungsebene eine Verhandlungslösung dazu zu erzielen. Ich bedanke mich da ausdrücklich beim Vizekanzler und vor allem auch beim zuständigen Staatssekretär, dem das ein großes Anliegen ist, und natürlich auch bei unserem Finanzminister.

Ich komme aus der Regionalentwicklung. Wir diskutieren in der Regionalentwicklung viele, viele Themen und Ideen, die wir da draußen haben. Vielfach scheitert die Umset­zung dieser Ideen am notwendigen Kapital. Da kann Crowdfunding – auch wenn es nicht die alleinige Lösung sein kann, keine Frage – ein ganz wichtiger Beitrag in der Regionalentwicklung sein, wenn sich die Region dazu bekennt, über Crowd-Invest ihr Kapital aufzustellen. Diese Ideen haben wir vielfach in den Regionen. Da sehe ich wirklich ein schönes Paket, um auch in den Regionen entsprechend Investitionen vo­ranzutreiben.

Also in Summe: Bilaterale Staatsverträge und Abkommen sind wichtig für die Volks­wirtschaft, erhöhen den Wohlstand. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des
Abg. Weninger.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 126

Zwischendurch, meine Damen und Herren, möchte ich nur sagen: Wir sind ganz knapp, was Anwesenheiten anlangt. Also bitte nicht hinausgehen, sondern alle hier blei­ben.

Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.35.00

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Alles „Recht geht vom Volk aus“. So steht es im ersten Artikel des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes. In Weißrussland geht alle Macht von einem autoritären Regime aus. (Abg. Kogler: Ist mir auch schon aufgefallen!) Es gibt viele, die jetzt durchaus anmerken mögen: Mit so ei­nem Staat darf man doch keine Verträge machen. Ich sage aber: Eigentlich gerade deshalb! Eine effiziente und gemeinsame Zusammenarbeit schafft Vertrauen, auf dem aufgebaut werden kann.

Das vorliegende Abkommen ist eine Übereinkunft zwischen zwei europäischen Staa­ten. Auch wenn man Weißrussland als letzte Diktatur Europas bezeichnet, sollten wir gerade deshalb enger zusammenarbeiten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen – die noch da sind! –, werte Zuseher auf den Rängen und vor den Bildschirmgeräten! Wer von uns kennt denn noch die Anzahl der Sanktionen gegen Russland? Vergessen wir dabei einen Aspekt nicht: Russland ist Teil Europas und Weißrussland ist Europa.

Bei allen Diskussionen: Wir tragen eine gemeinsame Geschichte mit uns, wir haben eine gemeinsame Zukunft. Ich bin der festen Überzeugung, dass bei allen Fehlern, die in Summe gemacht wurden, eines niemals fehlen darf, nämlich ein gemeinsamer Res­pekt und eine Verhandlungsbasis auf Augenhöhe.

Seit seinem Eintritt in die Moderne hat Russland die europäische Geschichte maßgeb­lich mitgestaltet. Das gilt für die Napoleonischen Kriege, für die Oktoberrevolution, für die beiden Weltkriege und für den Eisernen Vorhang, der nicht weit von Wien entfernt Europa in zwei Einflussbereiche trennte.

Es gilt, nichts kleinzureden, weder die Übergriffe Lukaschenkos in Weißrussland auf Ord­nung und Presse und Keimzellen der Demokratie noch jene vonseiten Russlands wie die Annexion der Krim-Halbinsel.

Seit dem Fall der Mauer warnen international renommierte Experten vor der weiteren Einengung der UdSSR-Nachfolgestaaten. Russland fühlt sich in seinen Interessensge­bieten bedroht, und aus Angst heraus wachsen auch Konflikte. Es liegt an beiden Sei­ten, diese Ängste und Streitigkeiten abzubauen und aufeinander zuzugehen. Schon des­halb ist eine starke Beziehung wichtig. Denn nur eine solche starke Beziehung hält auch gegenseitiger Kritik stand.

Das hier vorliegende Abkommen zwischen Österreich und der Republik Belarus be­zieht sich auf die Vereinfachung des Zolls und des Handels. Mit der Republik Belarus besteht derzeit kein Amtshilfeabkommen in Zollsachen, um die ordnungsgemäße An­wendung der Zollvorschriften sicherzustellen. Amtshilfe bei der Verfolgung von Perso­nen ist ausgeklammert. Ebenso ausgenommen sind Vorgänge, die die Souveränität, die Sicherheit, öffentliche Ordnung beziehungsweise Betriebs- und/oder Geschäftsge­heimnisse berühren. Es ist ein Anfang, es ist ein gemeinsames Entgegenkommen.

Als Bundespräsident Heinz Fischer Staatspräsident Putin in Österreich empfing, be­grüßte er ihn in einem kleinen Land mit großer Geschichte. Österreich hat eine histo­risch gewachsene Rolle als Ort der Begegnung, als Treffpunkt Europas. Wir würden gut daran tun, weiterhin Schritte zu setzen. Nicht umsonst war Wien Schauplatz des Gipfeltreffens zwischen Kennedy und Chruschtschow 1961 und zwischen Carter und Breschnew 1979.


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Diese Verständigung sollten wir auch weiterhin suchen und zukünftig aufeinander zu­gehen. Es bedarf einer Lösung der gemeinsamen Probleme und Themen, es geht auch um Europa. Deshalb Ja zu einem Abkommen zwischen Österreich und Belarus über die Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen. – Herzlichen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

14.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


14.38.27

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Ja, Kollege Hanger hat recht: Derartige Abkommen fördern den Wohlstand in beiden Vertragsstaaten. Auch Kollege Unterrainer hat recht: Es ist auch wichtig, mit Staaten wie Weißrussland derartige Abkommen zu schließen, auch um Einfluss auf die Situation dort zu nehmen.

Lassen Sie mich aber trotzdem noch speziell auf das Doppelbesteuerungsabkommen – und zwar egal, mit welchem Staat, sondern prinzipiell – eingehen. Obwohl wir zustim­men, sehen wir in diesem Zusammenhang einiges kritisch.

Ich darf Sie an die Steueroasenjagd erinnern, die seinerzeit der deutsche Finanzmi­nister Steinbrück eröffnet hat, bei der er auch Österreich auf die graue Liste der Steu­eroasen hat setzen lassen. Im Zuge dieser Steueroasenjagd ist bei der OECD der Art. 25 Abs. 5 eingefügt worden, der de facto das österreichische Bankgeheimnis aus­hebelt. Das sehen wir nach wie vor kritisch und das merke ich auch an.

Trotzdem werden wir zustimmen, weil es ohne diesen Passus keine neuen Abkommen mehr gibt und weil, wie eine Anfragebeantwortung noch unter der damaligen Finanzmi­nisterin Fekter ergeben hat, ohnehin nicht nach Informationen angefragt wird, wir also ohnehin totes Recht schaffen. Aber das nur nebenbei.

Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch vom Formalen her – sagen wir es einmal so – üben wir Kritik an diesem Artikel 25 Abs. 5. Ich habe es schon einige Male hier gesagt, ich habe es auch schon Ihren beiden Vorgängern, Herr Minister, gesagt, im Ausschuss habe ich auch noch einmal darüber gesprochen. Es steht halt nach wie vor drin: Man kann „die Erteilung von Informationen“ nicht nur deshalb ablehnen, weil sie sich „bei einer Bank ... befinden oder weil sie sich auf Eigentumsanteile an einer Person bezie­hen“.

„Eigentumsanteile an einer Person“ kann man in Österreich nicht haben, das geht seit spätestens 1781, seit dem Patent zur Aufhebung der Leibeigenschaft von Josef II. nicht mehr. Wir wissen eh, dass juristische Personen gemeint sind, aber dann ändern Sie es bitte auch, damit wir da nicht irgendwelche Sklavereipapierln beschließen müs­sen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


14.41.20

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Ich glaube, ich kann mich sehr kurz halten – es ist schon wahnsinnig viel gesagt worden. Es ist unbestritten, dass die Zuhaltung oder die Sicherstellung sowohl natio­naler als auch internationaler Steuerrechtssätze extrem wichtig ist. Daher ist all das, was deren Umsetzung dient, zweckmäßig.

Was TTIP anlangt, das im Grunde nicht Gegenstand dieser Diskussion ist – die Frage der Investitionsschutzabkommen, der Freihandelsvereinbarungen ist aber natürlich ein


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ganz wesentlicher Punkt, und jede Art dieser Handelsförderung ist extrem wichtig –, ist schon anzumerken, dass die Kommission teilweise in einer für mich unnachvollziehba­ren Arroganz verhandelt. Es wäre notwendig, einmal entsprechende Klarstellungen vor­zunehmen, die zwangsläufig nur dann funktionieren werden, wenn auch das Europäi­sche Parlament auftritt.

Bei TTIP frage ich mich eines: Es wird ja die Diskussion hinsichtlich der Zulassung oder der Umsetzung eines internationalen Schiedsverfahrens geführt. Was Europa be­trifft, so gibt es sehr unterschiedliche Länder. Ich denke, dass der Wunsch nach der Möglichkeit eines Schiedsverfahrens etwa in Bulgarien oder Rumänien durchaus ver­ständlich ist, in Österreich sicherlich nicht zwangsläufig.

Daher stellt sich die Frage, ob man TTIP nicht so strukturieren kann, dass man grund­sätzlich vereinbart, die jeweilige staatliche Gerichtsbarkeit anzurufen, und in einer Art Opting-in oder Opting-out – wie auch immer man das nennen will – für die einzelnen Nationalstaaten in Europa die Möglichkeit schafft, sich zu einem Schiedsverfahren zu bekennen. Ich glaube nicht, dass die USA beispielsweise dann innerhalb dieses Über­einkommens ein Problem mit Österreich hätten beziehungsweise ein Problem, sich mit dem Gedanken der Anrufung der staatlichen Gerichte in diesem Land anzufreunden. Ich kann es mir aber, wie gesagt, vorstellen – auch im Fall von Österreich –, dass man das eine oder andere Problem in Bulgarien oder Rumänien hätte. Das wird sich irgend­wann zwar sicher verbessern, ist derzeit aber sicher nicht optimal. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43

14.43.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Finanzaus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zur Änderung des Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik China über die Förde­rung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, in 455 der Beilagen gemäß Arti­kel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Finanz­ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zur Abänderung des am 16. Mai 2001 in Minsk unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Re­publik Österreich und der Regierung der Republik Belarus zur Vermeidung der Doppel­besteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, in 394 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Finanzaus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über Zusammenar­beit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang, in 442 der Beilagen ge­mäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 129

14.45.155. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Gesetzesantrag des Bundesrates (452 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geän­dert wird (503 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


14.45.44

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir ha­ben ja das Versicherungsaufsichtsgesetz bereits im Dezember des Vorjahres disku­tiert, und es wurde damals auch beschlossen. Wir haben allerdings aus einigen Grün­den, auf die ich noch kurz zu sprechen kommen werde, nicht mitgestimmt.

Worum ging es dabei? – Es ging einerseits darum, einen verbesserten Verbraucher­schutz für Versicherungskunden bei bestimmten Lebens-, Kranken- und Unfallversi­cherungen zu schaffen, insbesondere die Darstellung der Effektivverzinsung und einige andere Sachen mehr, aber vor allem ging es dann auch darum, ein Eigenmittelsystem im Bereich der Versicherungen aufzubauen, Stichwort Solvency II.

Und was geschieht mit dieser Regierungsvorlage? – In dieser Regierungsvorlage wird eigentlich nur eine Kleinigkeit korrigiert, auf die man damals vergessen hat, nämlich die Integration der Geldwäschemeldestelle. Wir sind zwar im Prinzip nicht gegen die Inte­gration der Geldwäschemeldestelle, aber da wir damals im Dezember eine Reihe von Einwendungen gegen dieses Gesetz hatten, werden wir auch heute dagegen stimmen.

Einige der Argumente, die wir damals hatten, waren die Verhältnismäßigkeit der Verar­beitung biometrischer Daten von Kunden – die haben wir hinterfragt –, andererseits ha­ben wir befürchtet, dass es im Rahmen der Umsetzung dieses Gesetzes zu vermehr­tem Verwaltungsaufwand bei der FMA kommen würde, der zu zusätzlichen Belastun­gen im Budget führen würde. Schließlich haben wir befürchtet, dass es bezüglich des Verbraucherschutzes zu einigen Unklarheiten kommen könnte, weil eben die Kommu­nikation zwischen den Ressorts schlecht funktioniert hat. Es wurde damals aus unserer Sicht Unklarheit hinterlassen, sodass wir – auch aufgrund der Komplexität dieses Ge­setzes –, Vorbehalte hatten.

Daher stimmen wir heute auch gegen diese Gesetzesvorlage. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: In den ersten zwei Reihen hat keiner geklatscht! – Ruf bei der ÖVP: Ist ja niemand da!)

14.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Zakos­telsky. – Bitte.

 


14.48.13

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere auch verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Das Gesetz, das uns heute vorliegt, ist, wie Kollege Ross­mann bereits ausgeführt hat, eines, das wir im Dezember bereits zur Beschlussfassung vorliegen hatten. Es sind dem Bundesrat noch ein paar Dinge aufgefallen, die zu einer recht seltenen Aktion geführt haben, nämlich zu einem Gesetzesantrag des Bundesra­tes, was ja durchaus auch willkommen geheißen werden kann.

Beim Versicherungsaufsichtsgesetz geht es darum, dass im Einklang mit der Richtlinie der EU aus dem Jahr 2009, der sogenannten Solvency-II-Richtlinie, zum einen die Um­setzung eines neuen Aufsichtssystems erfolgt, zum anderen aber auch eine grundle-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 130

gende Ausrichtung der Eigenmittelerfordernisse. Letztendlich wird auch bei den zur Verfügung stehenden Maßnahmen für die Aufsicht eine Weiterentwicklung gesetzt, die, wie ich glaube, sehr begrüßenswert ist, und daher sollte es keinen Grund geben, ge­gen dieses Gesetz zu stimmen.

Das Versicherungsaufsichtsgesetz, kurz VAG 2016, stellt die größte Reform des Ver­sicherungsaufsichtsgesetzes seit 1978 dar – es gab mittlerweile, nebenbei bemerkt, 40 Reformen dazu. Das neue Regelwerk ist wesentlich moderner, lesbarer, aber auch umfangreicher, und deshalb möchte ich auf die Ausführungen meines Vorredners zu sprechen kommen.

Ich habe bereits im Dezember-Plenum ausgeführt, dass ein solches Gesetz auch nicht überbordende regulatorische Vorschriften mit sich bringen darf. Es muss auch den Ins­tituten genügend Spielraum gelassen werden, damit sie ihrer Rolle als Kernelement im Kreislauf der Wirtschaft nachkommen können. Eine überbordende Bürokratie, insbe­sondere ein Gold-Plating, zu dem wir in Österreich manchmal neigen, würde die Wett­bewerbsfähigkeit der Wirtschaftsbetriebe in Österreich entscheidend schwächen.

Wir müssen in diesem Zusammenhang auch auf das Proportionalitätsprinzip achten, das heißt, es geht hier darum, dass kleinere Institute nicht mit demselben Wust an Vor­schriften zugeschüttet werden dürfen – Vorschriften, die an und für sich für die ganz großen internationalen Unternehmungen gedacht sind.

Das vorliegende Gesetz, meine Damen und Herren, die Umsetzung von Solvency II in österreichisches Recht, wird vom Versicherungsverband ebenfalls als machbar be­zeichnet. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es hierbei um die Umsetzung eines Rah­mens, der mit der EU-Richtlinie geschaffen wird, geht. In Aussicht gestellt sind diesbe­züglich wesentlich weitergehende Regelungen, die sogenannten Level-2-, Level-3- und Level-4-Bestimmungen – massive Ausführungsbestimmungen, die die Kontrollmöglich­keiten ebenfalls erweitern.

Deswegen geht es – wie eingangs erwähnt – darum, Überregulierungen zu vermeiden und wirtschaftliches Handeln weiterhin zu ermöglichen, weil das letztendlich auch im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger ist. Ich bin überzeugt, dass unser Finanzmi­nister – jedenfalls auch die ÖVP insgesamt – darauf achten wird, dieses Gold-Plating nicht zu übertreiben, um den Wirtschaftsbetrieben hier in Österreich genug Spielraum zum Wirtschaften zu lassen.

Meine Damen und Herren, abschließend noch ein Wort zur Steuerreform: Es ist mir schon aufgefallen, dass sehr viele mehr oder weniger nervöse Reaktionen der Opposi­tion hier ein Zeugnis dafür sind, dass der Bundesregierung damit ein großer Wurf ge­lungen ist. Gerade im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket, das in der Regie­rungsklausur in den letzten Tagen beschlossen wurde, ist auch davon auszugehen, dass die Wirtschaft entsprechend angekurbelt wird. Insbesondere dafür möchte ich dem Finanzminister und natürlich der gesamten Bundesregierung dementsprechend mei­nen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


14.52.06

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Vorredner haben schon erläutert, worum es in diesem Gesetz geht. Die Novellierung dieses Versicherungsauf­sichtsgesetzes ist heute in zweifacher Hinsicht auch eine Besonderheit beziehungs­weise bemerkenswert: zum einen, weil es sich um einen Gesetzesantrag des Bundes­rates handelt und das ja nicht alle Tage vorkommt, und zum anderen, weil es sich um


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 131

eine Novelle des Gesetzes handelt, das wir im Dezember beschlossen haben, das aber erst mit 1. Jänner 2016 in Kraft treten würde.

Worum geht es? – Es geht um Geldwäscheverdachtsfälle und das Beweismittelverbot. Bis 2013 war ein Verwertungsverbot im Versicherungsaufsichtsgesetz enthalten. Diese Bestimmung ist mit dem Versicherungsaufsichtsgesetz 2014 gekippt worden, damit In­formationen aus dem Geldwäscheverfahren auch im Finanzstrafverfahren verwendet werden können. Aufgrund eines Redaktionsversehens ist es in der letzten Novelle aber wieder hineingekommen, und das war nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Mit dem vorliegenden Antrag des Bundesrates soll das Verwertungsverbot wieder fal­len, das heißt, Informationen, die im Geldwäscheverfahren gewonnen werden, dürfen auch im Strafverfahren wieder verwendet werden. Das ist wichtig, weil es die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden erleichtert und damit eine wichtige Maßnahme gegen betrü­gerische Aktivitäten setzt.

Ich möchte auch noch ein paar Dinge zur Steuerreform sagen, weil ich den Eindruck gewonnen haben, das Team Stronach postuliert Steuerhinterziehung als modernes und erfolgreiches Geschäftsfeld. (Abg. Hagen: andere Veranstaltung!) Ich denke, dafür sollten und dürfen wir kein Verständnis haben. Steuerbetrug darf kein erfolgreiches Ge­schäftsmodell sein, genauso wie Steuer zu zahlen nicht ein Privileg der Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer sein darf.

Ich möchte mich aber auch an den wirtschaftspolitischen Geisterfahrer namens HC Stra­che wenden, der meint, dass durch die kalte Progression die Steuersenkung in zwei Jahren wieder aufgefressen wird. Es müsste einmal vorgerechnet werden, wie das funk­tioniert. (Abg. Podgorschek: Das sagt nicht nur der Strache!)

Die Opposition macht aus 5 Milliarden € Entlastung ein Belastungspaket. Da kann man nur sagen, das ist Trampolinmathematik. (Abg. Stefan: 11 Milliarden! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) – Es zeigt ja, wie recht ich habe, wenn Sie sich so aufregen.

Am Beispiel der Mehrwertsteuer möchte ich die vermeintliche Belastung einmal de­monstrieren. Wir haben nicht – wie viele andere Staaten – den Normalsatz der Mehr­wertsteuer erhöht, sondern in einigen wenigen Bereichen den ermäßigten Steuersatz korrigiert. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Kollege, melden Sie sich zu Wort!

Schauen wir uns die Belastung an. Wie schaut es konkret aus? – Stellen wir uns eine Familie mit zwei Kindern und einem Hund vor. (Abg. Podgorschek: Zahlt der Hund auch schon Steuern?) Nehmen wir an, der Mann verdient 3 000 € brutto, die Frau 1 100 € in Teilzeit. Was die Belastung durch die Mehrwertsteuer betrifft: Die vierköpfige Familie geht zehn Mal pro Jahr ins Bad, das ergibt 40 Mal eine Teuerung von 0,15 €, das sind gleich 6 € Mehrkosten. Beim Trinken von Wein sieht es folgendermaßen aus: Wenn die Familie 50 Liter im Jahr konsumiert, bedeutet das Mehrkosten von 4 €. Die Mehrkosten durch den Blumenkauf – der durchschnittliche Österreicher kauft jährlich Schnittblumen im Wert von 70 € – belaufen sich auf 1,92 €. (Abg. Riemer: Bitte, wo seid denn ihr daheim? Nur so wenig?)

Zu den Urlaubskosten: Wenn die Kosten für die Übernachtung 700 € betragen, bedeu­tet das Mehrkosten von 20 €. Die Mehrkosten für das Haustier betragen 4,8 € pro Jahr. (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Riemer.) Insgesamt – Kollege Riemer, melde dich einmal zu Wort! – steht Mehrkosten von 37 € eine Entlastung für die Familie in der Hö­he von 1 608 € gegenüber. (Abg. Riemer: Das ist ja unglaublich! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Sie sind ja schon ganz rot im Gesicht!

Also kann von einem Belastungspaket keine Rede sein, vielmehr von einer notwendi­gen Entlastung für mehr Kaufkraft, für mehr Beschäftigung und für mehr Wachstum. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 132

Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel im Saal ist trotz spärlicher Anwesenheit recht hoch!

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


14.56.51

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten gerade über einen sehr interessanten Punkt, allerdings muss man das Interessante da­ran etwas herausarbeiten.

Auf der einen Seite diskutieren wir gerade einen sehr wichtigen Punkt, bei dem es da­rum geht, Straftaten aufzudecken. Schwarzgeld oder Geld mit Geldwäscheverdacht wird der Meldestelle gemeldet. Allerdings gibt es ein Gesetz, in dem steht, dass diese Meldung nicht als Beweis gewertet werden kann und man sie daher nicht berücksichti­gen darf. 16 Meldungen hat es im Jahr 2013 gegeben, 15 Meldungen sind unter das Be­weisverwertungsverbot in diesem Gesetz gefallen. Es ist logisch, dass das geändert wur­de – im Versicherungsaufsichtsgesetz ist das geändert worden. Diese Änderung ist dann leider bei einer weiteren Gesetzesreform wieder verloren gegangen. Es ist son­derbar, dass so etwas passiert. Ein „redaktionelles Versehen“ ist der beschönigende Aus­druck dafür, dass Menschen eben Fehler machen können.

Wir haben das schon einmal erlebt, und zwar beim Traktorführerschein. Damals hat es über ein Jahr lang gedauert, bis das repariert worden ist. Dieses Mal geht es Gott sei Dank schneller, weil man im Bundesrat aufmerksam war.

Das ist der zweite interessante Punkt: Der Bundesrat hat ein Lebenszeichen von sich gegeben, und wir sind dankbar dafür. Immer wieder fragen mich Bürger bei Parla­mentsführungen, wozu wir den Bundesrat brauchen, und ich erkläre dann immer, dass der Bundesrat das Gremium ist, wo die Bundesländervertreter zusammenkommen und darauf schauen, dass wir im Nationalrat die Interessen der Bundesländer nicht negativ berühren. Das kommt manchen nicht ausreichend vor, und dann gibt es heftige Debat­ten.

Deshalb ist einmal der Vorschlag gemacht worden, es wäre doch gut, wenn die Bun­desräte sich überlegen könnten, wie man die eine oder andere rechtliche Vorausset­zung, die in den Bundesländern sehr unterschiedlich festgelegt ist, auf eine einfachere, gemeinsame Form bringen könnte. Ich glaube, es wäre eine interessante Übung für den Bundesrat, wenn die Bundesräte Vorschläge machen könnten, wie die unter­schiedlichen Landesgesetzgebungen in wesentlichen Fragen zu harmonisieren wären. In diesem Fall würden nicht wir als Nationalrat an die Länder herantreten, sondern die Länder würden selber Vorschläge zur Verwaltungsvereinfachung machen.

In der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission hat es viele Vorschläge dazu gegeben, und ich würde mich freuen, wenn unsere Bundesräte diesbezügliche Resolu­tionen einbringen würden, damit in Österreich diese Reformbereitschaft, die die Bun­desregierung gerade jetzt wieder deutlich gezeigt hat, auch wirklich umgesetzt werden kann.

Meine Damen und Herren, mit der Korrektur dieses sonderbaren Versicherungsauf­sichtsgesetzes haben wir etwas repariert. Viel mehr zu reparieren wäre, wenn in un­serem Land endlich Reformen losgetreten werden. Hinter mir sitzen die zwei, die dafür auch sorgen werden: Unser Vizekanzler Mitterlehner und unser Bundesminister Schel­ling sind genau die Garanten dafür, dass etwas weitergeht. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

15.00.01

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 5 der Tagesordnung. (Rufe bei der SPÖ: Die Abstimmung geht sich schon noch aus!) 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 133

Nein das geht sich leider ... (Rufe bei der SPÖ: Bitte abstimmen!) – Na gut, ich gehe davon aus, dass die Uhr nicht ganz korrekt anzeigt.

Ich teile mit, dass dazu niemand mehr zu Wort gemeldet und die Debatte geschlossen ist.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 452 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 5 der Tagesordnung.

15.01.33Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3221/AB

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur Durchführung der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3221/AB.

Da die erwähnte Anfragebeantwortung bereits verteilt worden ist, erübrigt sich eine Ver­lesung durch den Schriftführer.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stel­lungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatsse­kretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Schellhorn. Ich erteile es ihm. (Vizekanzler Mitterlehner: Der Antragsteller oder der Fragesteller?)

 


15.02.16

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Vi­zekanzler und Minister Mitterlehner! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dieser Kurz­debatte geht es um die Wirtschaftskammerfinanzierung, und aufgrund des aktuellen Standes der Steuerreformdiskussion – oder Steueranpassungsdiskussion – ist es durch­aus legitim und auch wertfrei, darüber zu berichten. (Präsidentin Bures übernimmt wie­der den Vorsitz.)

Die ausführlichen Zahlen haben wir von Herrn Minister Mitterlehner übermittelt bekom­men, und – Kollege Schultes hat das ebenfalls gesagt – es ist ein interessanter Punkt, den wir uns genauer anschauen sollten. Also, Peter Haubner – vielleicht kommt er noch – und die anderen 15 Mitglieder des Wirtschaftsbundes in der ÖVP-Fraktion, schauen wir uns einmal das finanzielle Schlaraffenland des Herrn Christoph Leitl an, das finanzielle Schlaraffenland auch als Vorfeldorganisation der ÖVP!

Wir haben also aufgrund unserer Anfrage genaue Informationen darüber, wie sich die Einnahmen von 2004 bis 2014 entwickelt haben. Da sehen wir auch gleichzeitig die Einnahmen, was besonders auch in Zeiten wie diesen und verglichen damit, wie das Wirtschaftswachstum sich in den letzten zehn Jahren entwickelt hat, interessant ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 134

Während das Wirtschaftswachstum, wie wir ja alle wissen, ziemlich stagniert hat, ha­ben sich die Einnahmen der Wirtschaftskammer von 498 Millionen € auf immerhin 655 Mil­lionen € entwickelt.

Bei der Kammerumlage 1 hat sich vor allem Niederösterreich hervorgetan: in den letz­ten zehn Jahren ein Anstieg von 16 auf 22 Millionen €. Bei der Kammerumlage 2 ist Folgendes der Kernpunkt: Wenn man jetzt, in dieser Depressionsphase, in der sich die Unternehmer befinden, und auch nach diesem Steueranpassungspaket die Unterneh­mer entlasten will, dann sollte man zumindest sofort diese Kammerumlage 2 abschaf­fen, das sind immerhin 320 Millionen €, die diesen Unternehmern wieder zugutekom­men würden.

Auch in Zeiten, in denen wir darüber diskutieren: Wir alle, wir Unternehmer können nur mehr unser Ergebnis liefern, wenn wir möglichst sparsam agieren – und das heißt auch, am Mitarbeitersektor sparsam agieren. Wir Unternehmer – auch ich – müssen bei jedem Mitarbeiter einzeln durchleuchten, ob wir es uns leisten können – weil wir un­sere Unternehmen profitabel gestalten müssen –, diesen Arbeitnehmer weiter zu be­schäftigen beziehungsweise anzustellen.

Und was macht die Wirtschaftskammer zum Beispiel in einem Bundesland, das sich besonders hervorgetan hat, nämlich Tirol? (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) – Sie hat ihr Verwaltungsbudget von 1,1 Millionen € in den letzten zehn Jahren auf immerhin 2,05 Millionen €, also fast 2,1 Millionen € gehoben.

Das ist eigentlich eine Mitarbeiterentwicklung von plus 40 Prozent. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Gisela Wurm.) Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, wie sich dieses Schlaraffenland des Herrn Christoph Leitl, der sich in der letzten Zeit vor allem im ÖVP-Klub als Wackeldackel hervorgetan hat, nämlich im Abnicken eines Steuerbelastungspakets für die Unternehmer, entwickelt hat. Dieser Wackeldackel macht nichts anderes, als vor der Wirtschaftskammerwahl Frontalopposition zu betreiben und zu fordern, dass die Unternehmer entlastet werden, doch sein gesamtes Budget in der Wirtschaftskammer ist ein Belastungsbudget, und das finde ich wahnsinnig bedauer­lich.

Also die Zahl der Mitarbeiter der Wirtschaftskammer Tirol ist immerhin von 219 auf 290 gestiegen. Mir ist schon klar, lieber Herr Minister, dass die Rücklagen so hoch sein müssen wie ein Jahresbudget – 680 Millionen € an Rücklagen –, aber muss die Wirt­schaftskammer ohne Außenhandelsstellen 3 700 Mitarbeiter haben? Muss sich dieser Mitarbeiterstand derartig entwickeln, während wir Unternehmer es uns nicht aussuchen können? Wir alle hätten auch gerne viel mehr Mitarbeiter, aber wir müssen wirtschaf­ten. Wir müssen Unternehmer sein und keine Unterlasser, das ist das Grundprinzip, und wenn wir uns bei dieser Reformunwilligkeit und bei dieser Chuzpe, die der Herr Kammerpräsident auch noch ...

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, sich in Ihrer Ausdruckswei­se ein wenig zu mäßigen und die Würde und das Ansehen des Hauses zu respektie­ren! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bitte fortzusetzen.

 


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich wer­de mich zusammenreißen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS. Abg. Auer: Kei­ne ausländischen Wörter!  Abg. Weninger: Einfach nur benehmen!) – Ja, Benehmen hab ich: gutes Elternhaus.

Folgendes muss ich schon auch noch sagen: Insofern ist es auch durchaus interes­sant – und da muss ich die Beantwortung unserer Anfrage betreffend die Arbeiterkam­mer loben, denn sie ist noch viel transparenter als jene der Wirtschaftskammer –, was


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in der ganzen Diskussion nicht behandelt und in der Beantwortung nicht ausgeführt wur­de, nämlich das Budget und die Handlungsweise der WIFI und genauso auch der Toch­terunternehmen der Wirtschaftskammer, die auch als Konkurrenz zu den privaten Un­ternehmen – zu den Zwangsmitgliedern! – auftreten. Ich erinnere nur an Catering-Un­ternehmen, ich erinnere nur an Hotels, ich erinnere aber auch an Beratungsagenturen et cetera. – Da geht es zum Beispiel um Beratungsleistungen, die gleichwertig von Zwangsmitgliedern, die es sich nicht aussuchen können, geleistet werden könnten, wo aber die Wirtschaftskammer als direkter Konkurrent auftritt.

Das ist, meine ich, diese Heuchelei, über die wir uns immer ärgern. Ich denke, dass wir einfach einmal ganz klar über folgende Fragen diskutieren können: Wohin geht die Reise? Sollten wir nicht eine freie Interessenvertretung haben, bei der wir uns aussu­chen können, ob wir dort Mitglied sein wollen? (Beifall des Abg. Vetter.) Sollten wir uns nicht einmal darüber unterhalten können, wohin die Reise gehen soll, auch bei den Mit­gliedern? – Ich sage nicht, die Wirtschaftskammer gehört abgeschafft, sie gehört nur dem Wettbewerb zugeführt.

Wenn ich mir das vergegenwärtige: Bei diesen 3 700 Mitarbeitern sind ja nicht einmal die Außenhandelsstellen dabei! Was macht die Schweiz? – Die Schweiz hat ein Swiss­haus, und da drinnen sind die Botschaft, die Swiss-Werbung und die Außenhandels­stellen. Wir haben drei verschiedene Häuser, und der Kammervertreter Koren rühmt sich noch, dass Österreich die zweitmeisten Außenhandelsstellen – hinter den USA – hat. Leider sind wir nicht so groß wie die USA, und leider können wir in diesen Wettbe­werb auch nicht miteintreten.

Ich sage, dass die Exportwirtschaft wichtig ist, aber es ist durchaus einmal zu hinter­fragen, ob wir uns das auf Dauer noch leisten können, ob wir auf Dauer mit der Kam­merumlage 2 immer mehr von unseren Mitgliedern heraussaugen können und dies auch noch weiter fortführen wollen.

Und dann darf ich schon einmal sagen und auch den Wirtschaftsbund dahin gehend informieren – vielleicht ist er beim Abwinken der Reformen des Steuerbelastungspa­kets nicht dabei gewesen –: Was hier gemacht wurde – es ist, bis auf Frau Jank, ge­rade kein Wirtschaftsbündler anwesend –, ist schon traurig. Es ist traurig, dass Sie nicht einmal den Mut haben, sich hier herinnen der Diskussion zu stellen. Und es ist traurig, dass Sie als Unternehmervertreter nicht den Mut haben – ja, dass der Herr Haubner nicht den Mut hat –, sich hier herzustellen und zu sagen: Ja, wir haben massive Fehler gemacht, ja, wir sind über den Tisch gezogen worden, ja, wir tragen die Wirtschaftspolitik der ÖVP zu Grabe!

Zum Beispiel bei der Grundsteuer haben Sie sich vom Bauernbund über den Tisch zie­hen lassen und nichts zustande gebracht. Weil Sie eine „Beistrich-in-der-Hose-Poli­tik“ fortführen, was Ihre Bürger ...

15.12.10*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Schellhorn, Ihr Vorsatz, sich zu mäßi­gen, hat leider nicht sehr lange angehalten. (Ruf bei der ÖVP: Das liegt an seinem Cha­rakter!) Ich erteile Ihnen daher – ich möchte es nicht wiederholen, ich nehme an, Sie wissen, für welchen Ausdruck – einen Ordnungsruf.

*****

Sie sind jetzt weiter am Wort.

 


15.13.01

Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Ich möchte diese Wortmeldung zurück­nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 136

Ich bezeichne Sie aber trotzdem als mutlos, weil man vor den Bürgermeistern in die Knie geht und auch bei der Kommunalsteuer, bei der Grundsteuer etwas machen hätte können. Da hätte man sehr viel machen können! Aber was tun Sie? – Sie belasten die Unternehmer! Und aus diesen Gründen möchte ich noch, bevor ich zum Schluss kom­me, zwei Zitate anführen.

Herr Kammerpräsident Leitl hat am 22. Jänner 2015 in der Zeitung „Heute“ gesagt – ich zitiere –:

„Eine Steuerreform muss Teil der Entlastungsoffensive sein. Wobei es um eine echte Entlastung – und zwar für Arbeitnehmer wie Betriebe gleichermaßen – geht und nicht um Belastungen an anderer Stelle.“

Und ich darf Peter Haubner zitieren, den ich durchaus auch als Freund bezeichnen darf (Ah-Rufe bei der FPÖ):

„Was wir brauchen, ist eine richtige Steuerreform, die eine ehrliche Entlastung – und vor allem auch eine Stärkung des unternehmerischen Mittelstandes ermöglicht.“

Das sind Zitate, die wir uns noch einmal auf der Zunge zergehen lassen müssen, denn bei der Steuerreformdiskussion und beim Abwinken im Parteivorstand haben Sie alle mitgestimmt, und das finde ich dreist. Das finde ich auch dreist den Unternehmern ge­genüber. Ich würde Ihnen davon abraten, jetzt die Diskussion zu verweigern, denn sonst haben Sie den Nimbus als Stillstandsbewahrer und Reformverweigerer.

Also diskutieren Sie mit uns über die Wirtschaftskammerbeiträge und über die Trans­parenz in der Wirtschaftskammer! – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS. )

15.12


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Vizekanzler Dr. Mitter­lehner. Herr Vizekanzler, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.13.11

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schellhorn, ich weiß nicht: Ist jetzt die gesamte Wortmeldung zurückgenommen oder nur die Formulierung? (Abg. Schellhorn: Nur die Formulie­rung! Abg. Neubauer: Ich würde das „Lieber“ zurücknehmen!) – Nur die Formulie­rung, dann muss ich sagen: Wenn ich den Gesamtkontext sehe, verstehe ich durchaus das Anliegen, dass eine Möglichkeit gefunden werden sollte, um jetzt noch einmal über die Steuerreform und andere Themen zu diskutieren. Der Hauptinhalt hat sich ja auch darauf bezogen.

Inhaltlich teile ich Ihre Meinung nicht. Die Unternehmen sind durch diese Steuerreform überwiegend entlastet. Wir haben heute Vormittag darüber intensiv diskutiert, dass gerade die Selbständigen, die auch Einkommensteuer veranlagen, mit über 500 Millio­nen € im Tarif entlastet werden. Dazu kommt noch der Bereich der Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge, also es wird noch mehr. Zu allem anderen werden wir uns in der Folge wahrscheinlich noch eine Diskussion liefern, wenn wir nicht nur da he­rinnen, sondern auch bei den Rahmengesetzen und bei den Umsetzungen miteinander zu tun haben werden.

Zu dem, was hier angefragt wurde – es geht ja um eine Anfragebeantwortung –, stellt sich die Antwort sehr kurz dar, weil wir bis auf drei Fragen alles vollständig beantwortet haben, wobei auch andere Fragen an sich nicht unter das Interpellationsrecht gefallen wären; wir haben aber Informationen gehabt und daher auch diese Fragen beantwortet.

Drei Fragen von 20, nämlich die Fragen 11 bis 13, haben wir nicht beantworten kön­nen. Es waren die Fragen nach den individuellen Pensionshöhen der nach ASVG an-


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gestellten Mitarbeiter und anderer, die dort Pensionsverträge haben. Das war und ist in der Weise nicht vom Interpellationsrecht abgedeckt, und wir haben auch begründet, warum wir das nicht beantworten können; es umfasst auch nicht unser Aufsichtsrecht.

Die Frage nach dem WIFI ist im Übrigen gar nicht gestellt worden, daher haben wir sie auch nicht beantworten können. Wenn sie gestellt worden wäre, muss man sagen: Wir haben da keine Daten, weil das eine ausgegliederte Einrichtung ist. Aber wie auch im­mer, alles andere ist korrekt dargestellt worden.

Die einzelnen Gegenstände, was die Grundumlage anbelangt, was die Kammerumla­ge 2 und die einzelnen Hebesätze anbelangt: Konkret gefragt, konkret beantwortet, kor­rekt dargestellt!

Daher ist meine sehr kurze Darstellung: Die inhaltliche Seite, was die Politik der Wirt­schaftskammer, was Wirtschaftskammerbeiträge und Hebesätze anbelangt, sind inter­ne Angelegenheiten und als inhaltliche Sachverhalte in der Wirtschaftskammer zu klä­ren. Alles andere, was das Aufsichtsrecht und das Interpellationsrecht anbelangt, ha­ben wir – und das ist auch überhaupt nicht kritisiert worden – umfassend beantwortet, und damit kann ich leider nicht mehr zur heutigen Diskussion beitragen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.16


Präsidentin Doris Bures: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit für die zu Wort gemeldeten Abgeordneten 5 Minuten beträgt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


15.16.53

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Plenum hier! Liebe ZuhörerInnen! Die Diskussion über die Wirtschaftskammer ist es ja immer wert, und – Herr Kollege Schellhorn, ich konzediere – es ist auch eine Permanentaufgabe, darauf zu achten, dass dort effizient gearbeitet wird. Nur ein paar Dinge sollte man – wenn wir die Diskussion schon an­hand der Anfragebeantwortung führen – auch klarstellen:

Es gibt keine Zwangsmitglieder. Was wir in Österreich haben, ist ein System, in wel­chem es für verschiedene Bereiche Selbstverwaltungskörper gibt, die die Interessen vertreten und die etwas ganz Wesentliches haben: ein an sich demokratisches Prinzip. Das macht es um vieles besser als alle Lobby-Vereine diverser Art, die es auf der Welt gibt. Wohin auch immer Sie außerhalb des Landes reisen, es sagen dort die meisten: Super! Wie können wir das übernehmen?

Viele kommen hierher und wollen ähnliche Strukturen bei sich schaffen, und viele er­kennen besser, als Sie das tun, was der Vorteil ist, nämlich: Gerade die Kleinen und Kleinsten kämen sonst nicht zu Wort! Jene mit Betrieben mit 150 und noch mehr Leu­ten, so wie Sie, würden das große Wort führen, und der kleine Gastgewerbebetrieb, der kleine Hotelier würde da drinnen niemals vorkommen. (Na-Rufe des Abg. Strolz.) Es ginge nur um die Interessen derer, die genug Geld haben und sich durchsetzen. Wissen Sie was?  Dieses System können Sie sich einmagerieren! Da ist unser derzei­tiges System mit dem demokratischen Prinzip tausendmal besser, übrigens auch im Bereich der AK und in anderen Bereichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Aber zurück zur Frage, was die Kammer tun kann. Ich wende mich da durchaus auch an die Freunde vom Wirtschaftsbund. Diese Art von Polemik, die Kollege Schellhorn be­trieben hat, die bis zum Ordnungsruf der Präsidentin führt, ist ja in vielen Dingen etwas, wo man sagen muss: Hat man das notwendig?! Da gibt es einen Teil, der übertrieben


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und überzeichnet ist, aber es gibt immer auch einen Teil, über den man nachdenken muss.

Ich habe sehr oft auch im persönlichen Gespräch mit Christoph Leitl gesagt: Du musst irgendwann aufpassen! Wenn du gegen Föderalismus und Verschwendung durch Struk­turen auftrittst, wird irgendwann jemand den Finger auf den Punkt legen und fragen: Wozu brauchen wir zehn Kammern? Und das ist ein Punkt, den man sich von der Ge­samtkonzeption her überlegen muss.

Wenn man so auftritt und sagt: Das brauchen wir alles nicht an Strukturen, wir können vereinfachen, alles zusammenzulegen ist das Wundermittel ... (Vizekanzler Mitterleh­ner: Wozu braucht man zehn Vizepräsidenten?) Ja, zum Beispiel. Die fallen ja weg. Wenn man nur eine Kammer hat, hat man dann um wie viel weniger? Hast du es schon einmal ausgerechnet? Eine Kammer statt zehn.

Zurückkommend zu der Fragestellung: Man kann den Standpunkt vertreten, dass man regionale Wirtschaftskammern will und dass es eine Fülle von Aufgaben gibt, für die man lokale Wirtschaftskammern braucht. Ich kann die Argumentation führen, aber ich muss dann im Außenverhältnis aufpassen, dass man nicht mit anderen zusammen das Lied heult, das so manche Journalisten schreiben: wie dumm alle – Politik, Verwal­tung – sind und dass alles zu viel ist. Wir brauchen keine Bundesländer, wir brauchen keine lokalen Gebietskrankenkassen, wir brauchen das alles nicht. Das gibt es, aber wenn man da mitmacht, ist man in Gefahr, dass man am Eigenen geprüft wird. Oder man geht her und verteidigt auch dort das System, wo es sinnvoll ist, wo es Subsidia­rität gibt, wo du in Wirklichkeit lokale Strukturen hast, die auch einen lokalen Interes­senausgleich der Sozialpartner brauchen. Dann musst du die Position ändern. (Zwi­schenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.)

Ich gebe ein zweites Beispiel, weil Kollege Schellhorn die Steuerreform genannt hat. Du hast ja heute bei der Verteidigung der Steuerreform richtig gesagt, wir haben keine zusätzlichen Belastungen gemacht. Indem wir über Registrierkassen und anderes für Steuerehrlichkeit sorgen, erhöhen wir keine Steuern, ja, aber zahlen müssen es alle, und auch wenn die Klein- und Mittelbetriebe bisher nicht ganz steuerehrlich waren, wer­den sie in Zukunft steuerehrlicher sein müssen. (Abg. Gisela Wurm: Wenn alle Steuer zahlen, zahlen alle weniger!)

Ob es sich für die Wirtschaftskammer ausgezahlt hat, an vorderster Front zu stehen in der Abwehr von Steuern für Millionenerbschaften oder gar einer Vermögensteuer für mehr als eine Million, wird sich herausstellen, wenn am Ende des Tages die Frage beantwortet wird: Hat es sich gerechnet? Denn jetzt sind viel mehr Betroffene da, und 99,7 Prozent aller österreichischen Unternehmer haben keinen Betrieb, der mehr als eine Million wert ist. Herr Schellhorn vielleicht; der Rest nicht. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Daher sollte man sich hinsichtlich der Positionen noch einmal überlegen: Ist das im Ge­samtinteresse der Wirtschaft die vernünftigste? Und es blieb Christoph Leitl gar nichts anderes über, als am Ende des Tages zuzustimmen, denn das Mantra, das er in den letzten Jahren der Steuerreformdiskussion getragen hat, war: keine Millionärssteu­ern! – Und die gibt es jetzt auch nicht, und in diesem Sinne hat er kongruent gehandelt. Sie waren da auch auf seiner Seite und haben daher keinen Grund, hier zu kritisieren, Herr Kollege Schellhorn.

Im Übrigen: Das System gehört verbessert, aber wir brauchen diese Kammer weiter. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 139

15.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


15.22.36

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal und auf der Galerie! Da sehe ich sehr viele junge Menschen und freue mich, dass sie ins Parlament gekommen sind. (Abg. Neubauer: Ist eh das letzte Mal!)

Eigentlich weiß ich nicht so genau, warum wir diese Debatte unter dieser Überschrift führen, offensichtlich in Fortsetzung der Steuerdebatte oder einer generellen Debatte über die Wirtschaftskammer – soll so sein. Sie haben selbst gesagt, die Anfragebeant­wortung ist in Ordnung, also aus meiner Sicht fehlt eigentlich der Grund, warum wir hier stehen, aber seis drum. Wir stehen hier und wir werden auch ganz generell da­rüber reden. Sie haben immerhin 1 600 Antworten bekommen, 1 600 Antworten, die Sie jetzt alle hinauf und hinunter analysieren können, aber das ändert nichts daran, dass das Wirtschaftskammersystem ein System ist, das für die Mitglieder arbeitet. (Abg. Neu­bauer: Geh, bitte!)

Und wenn Sie sagen, die Einnahmen aus den Kammerumlagen sind mehr geworden: Ja, weil wir auch um 40 Prozent mehr Mitglieder haben! Mehr Mitglieder haben mehr Ansprüche, brauchen mehr Services, brauchen mehr Unterstützung und verursachen dadurch auch ganz einfach einen höheren Aufwand. Das ist ein unternehmerisches Prinzip. Und es wäre traurig, wären die Mitgliedsbeiträge aufgrund des Anstiegs der Zahl der Mitglieder um 40 Prozent nicht auch gestiegen.

Ich finde es auch sehr interessant, dass Sie gerade jene, die am meisten vom Kam­mersystem profitieren, nämlich die kleinen Unternehmen, aus dem System entlassen wollen. Sie haben in der Wirtschaftskammer eine Organisation, die ihre Interessen ver­tritt – und der Kollege hat es ja vorhin auch ausgeführt. Ja, wenn Sie das wollen, sollte man einmal die Kleinen einmal fragen, ob diese das auch wollen, denn dann müssten sie die bezogenen Kammerleistungen in der freien Wirtschaft einkaufen, was ein Viel­faches der Kammerumlage ausmachen würde. Gerade die Kleinsten zahlen am aller­wenigsten, KU2: 150 000 € Freigrenze – kein kleiner Betrieb oder kaum einer in die­sem Bereich zahlt eine Kammerumlage.

Dann muss man ganz ehrlich sein und sagen, was man damit erreichen will: Politi­sches Kleingeld herausschlagen? – Denn das hört sich natürlich gut an, wenn Sie sa­gen: Raus aus der Kammer, dann geht es euch um so viel besser! Gerade den Kleinen geht es dann aber gar nicht besser. (Beifall bei der ÖVP.)

Und am anderen Ende stehen die großen Betriebe. Da greife ich auf, was Sie auch kritisiert haben: das Außenwirtschaftssystem. Das Außenwirtschaftssystem ist jenes System, das so ein kleines Land wie Österreich dazu befähigt, 60 Prozent seines wirt­schaftlichen Erfolgs, also unseres Wohlstands, im Ausland zu verdienen. Und Ihre Vor­schläge zur Zusammenlegung verfolgt die Wirtschaftskammerorganisation ja schon längst. Natürlich gibt es von der österreichischen Außenwirtschaft Zusammenlegungen mit staatlichen Vertretungen, natürlich optimiert man dort an allen Ecken und Enden. Aber eine Serviceeinrichtung wie die Kammer ist immer noch eine Einrichtung, wo es um Personen geht. Wir produzieren nichts, sondern wir sind Dienstleister. Und Dienst­leistung heißt, dass wir dazu Menschen brauchen, die diese Dienstleistung erbringen, und das tun wir in ausgezeichneter Art und Weise. (Abg. Neubauer: Dieses Selbstlob ist unerträglich!)

Das bescheinigen uns auch alle Umfragen, die wir haben, und ich meine daher, dass dem gesamten System kein guter Dienst erwiesen wird, wenn wir es schlechtreden und glauben, in der Abschaffung oder in der Auflösung des Systems läge die Lösung – denn das kann ja nur Ihre Intention sein, mit der Vehemenz und vor allem auch mit der Sprache, mit der Sie das vertreten. Ich meine – erlauben Sie mir diese persönliche An-


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merkung –, eine derartige Sprache ist nicht nur hier in diesem Hause, sondern auch für das Unternehmertum unangebracht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

15.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kas­segger. – Bitte.

 


15.27.11

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Der jetzige Tagesordnungspunkt ist eine kurze Debatte über die Finanzie­rung der Wirtschaftskammer. Es ist von den Vorrednern schon viel die Rede gewesen vom „System Wirtschaftskammer“. Ich möchte meinen Redebeitrag auch etwas in die­se Richtung ausdehnen.

Es ist tatsächlich eine Systemfrage, die Wirtschaftskammer ist ja ein System, das auf dem Fundament des Zwangs aufgebaut ist, nämlich der Zwangsverpflichtung ihrer Mit­glieder, und das ist ein System, das jährlich an die 800 Millionen € an Zwangsbeiträgen einnimmt. Da muss es doch legitim sein, sich die Frage zu stellen: Gibt es da eine Re­lation zwischen dem Nutzen, den die Unternehmer aus der Wirtschaftskammer lukrie­ren, und den Kosten, die die Wirtschaftskammer für die Unternehmen darstellt oder den Unternehmern verursacht? Unseres Erachtens stimmt eben diese Relation zwi­schen Kosten und Nutzen nicht. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Strolz.)

Wie gesagt, diese 800 Millionen €, die die Unternehmer zu zahlen haben, sind ja unter anderem ein wenn auch kleiner Teil der enormen Steuer- und Abgabenquote, der Re­kord-Steuer- und -Abgabenquote, unter der der Wirtschaftsstandort Österreich zu lei­den hat.

Ganz kurz zur Anfragebeantwortung ein paar Zahlen. Es ist vorher schon angespro­chen worden, die Beiträge sind in den letzten neun Jahren um mehr als ein Drittel ge­stiegen. Was mich besonders erstaunt beziehungsweise zum Nachdenken bringt, ist, dass die Rücklagen, Reserven den Betrag von 685 Millionen € ausmachen, das heißt, da liegt ein Riesenhaufen Geld herum und steht zur Verfügung.

Was mich auch nachdenklich macht, ist, dass für Pensionen für Altfunktionäre immer noch ein Fünftel des gesamten Personalaufwandes aufgewendet wird, in Summe 61 Mil­lionen €. Wenn man das durch die 1 200 Altfunktionäre dividiert, dann komme ich auf eine durchschnittliche Zusatzpension von über 50 000 € im Jahr. (Zwischenruf der Abg. Jank.) Also das müssen Sie Ihren Zwangsmitgliedern einmal erklären, ob das wirklich so toll ist, wie Sie das immer darstellen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Es ist auch durchaus legitim, dass Vertreter der ÖVP oder des Wirtschaftsbundes oder der Wirtschaftskammer dieses System verteidigen. Das ist ein System, das ungefähr 5 000 Funktionären sozusagen einen schönen Arbeitsplatz sichert beziehungsweise für die Österreichische Volkspartei – und das ist ja ganz offensichtlich – ein kleines Impe­rium darstellt, wo man walten und gestalten kann. Es wird natürlich auch vom Vizeprä­sidenten der Wirtschaftskammer von der SPÖ verteidigt. Ich selbst bin aber kein ÖVPler, ich bin Unternehmer und Österreicher, und mir gehen die Interessen der Unternehmer­schaft und der Österreicher als Gesamtes, Ganzes vor, und ich habe jetzt nicht die Wirtschaftskammer zu verteidigen.

Es sind schon viele sinnvolle Schritte genannt worden, diese werden natürlich von den­jenigen, die dieses System gestaltet haben und das System in dieser Form aufrechter­halten wollen, abgelehnt. Ich sage jetzt nur: Abschaffung der nicht sinnvollen Zwangs­mehrfachmitgliedschaften – abgelehnt. Die Abschaffung der Kammerumlage 2, die im Übrigen ja nur als Provisorium eingeführt wurde – heute auch wieder abgelehnt.


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Die Entlastung für die Unternehmer – heute war schon im Rahmen der Steuerreform-Debatte die Rede von Entlastungen – sehe ich nicht wirklich. Ich bin auch gespannt, wie sich diese 1,9 Milliarden € unter dem Titel „Betrugsbekämpfung“ dann unterm Strich in Wirklichkeit darstellen. Ob man dazu „Betrugsbekämpfung“ sagt oder wie auch immer – zahlen werden das letztlich wieder die Unternehmen. Das ist ein ganz erheblicher Bei­trag, ich sehe da wenig Entlastung. Hier könnte man mit einem Federstrich um 300 Mil­lionen € entlasten. Das würde auch auf das System selbst Druck ausüben für Refor­men, für diese Strukturreformen, die innerhalb der Wirtschaftskammer ja schon seit Jahrzehnten diskutiert – aber auch nicht mehr – werden. Letztlich müsste man sich in einer freien, entwickelten und modernen Demokratie drübertrauen und sagen: Wir kom­men auch ohne Zwangsmitgliedschaft aus. Was aber nicht heißt, dass wir ohne die Kam­mern auskommen, aber ohne Zwangsmitgliedschaft. Das wäre dann der letzte Schritt. Aber davon sind wir, fürchte ich, momentan noch sehr weit weg.

Wer diesen Weg in der Zukunft mitgehen und diese Schritte setzen will, der ist gut be­raten, in Zukunft keine der beiden Systemparteien zu wählen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

15.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Mitterlehner. – Bitte.

 


15.32.07

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Herr Kollege Kassegger, ich komme da fast in die Situation, eine tatsächliche Berichtigung machen zu müssen, haben Sie doch behauptet, dass die Funktionäre der Wirtschaftskammer Pension beziehen, und das dann auch noch weiter mit Zahlen ausgeführt. Dazu sage ich Ihnen: Kein Funktionär der Wirtschaftskammer­organisation bezieht eine Pensionsleistung! (Abg. Kassegger: Sie wissen ganz genau, das sind die Pensionen der Altfunktionäre!)

Die Zahlen, die Sie genannt haben, sind darüber hinaus alle falsch.

Da ich schon am Wort bin, das ist keine tatsächliche Berichtigung, aber doch eine in­haltliche Klarstellung: Kollege Schellhorn hat gesagt, in anderen Ländern würden diplo­matische Vertretungen und Außenstellen der Wirtschaft zusammengelegt sein, nur in Österreich nicht. Auch das ist tatsächlich unrichtig. In Berlin sind die Botschaft, die Ver­tretung der Außenwirtschaft und die Österreich Werbung in einem Haus, das Gleiche gilt für Peking. Ich glaube, andere Beispiele gibt es auch noch. Das heißt, hier geht man ausgezeichnet und in Richtung Synergieeffekte vor. Ich finde das eine positive und er­weiterbare Lösungsmöglichkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

15.33


Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Vizekanzler. Eine tatsächliche Berichtigung wä-
re nach der Geschäftsordnung auch nicht möglich gewesen. Aber es war ja auch eine Wortmeldung.

Herr Abgeordneter Köchl gelangt jetzt zu Wort. – Bitte.

 


15.33.30

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Damen! Geschätzte Herren! Ge­schätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehapparaten und auf der Tribüne! Kollege Schellhorn, ich muss leider sagen, du hast der Sache heute keinen guten Dienst erwiesen, denn durch diesen überzogenen Populismus hast du eigentlich be­rechtigter Kritik an dem Kammerapparat nichts Gutes getan. Das ist meine Sicht dazu.

Zum Kollegen Matznetter, der jetzt nicht mehr unter uns weilt, er hat auch schon die Sitzung verlassen, möchte ich mir nur die Anmerkung erlauben: „Wes Brot ich ess, des


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Lied ich sing.“ Das trifft sehr auf ihn zu. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abgeordneten Kassegger und Loacker.)

Er als kooptierter Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, von schwarzen Gna­den kooptiert, wird natürlich nicht gegen seinen Posten und gegen seine Funktion re­den – er ist ein gutes Sprachrohr für Schwarz-Rot in der Wirtschaftskammer. (Vize­kanzler Mitterlehner: Für das war er eh scharf!) Für das war er wahrscheinlich eh scharf. Dann können Sie ihn nicht mehr kooptieren, aber das ist Ihre Entscheidung.

Es gibt einige berechtigte Kritik am Apparat. Wir stellen uns die Frage: Warum braucht man 857 Fachgruppen? Warum braucht man in jedem Bundesland eine eigene Lan­deswirtschaftskammer? Warum schafft man nicht eine bundesweite Kammerstruktur mit Geschäftsstellen in den Ländern? Diese Infrastruktur der Wirtschaftskammer ist komplett überzogen. Die Fachorganisationsaufteilung ist teilweise weltfremd. (Zwischen­ruf des Abg. Obernosterer.)

Wir könnten, wenn wir bestimmte Bereiche abschaffen – zum Beispiel die Sparten in der Wirtschaftskammer oder auch die Landesfachvertretungen –, bundesweit Fachor­ganisationen schaffen, die sogar genauer aufgeteilt wären und detaillierter auf die In­teressenlagen eingehen könnten. Man könnte aber auch, und das ist auch eine grüne Idee, eine Dezentralisierung vornehmen. Die Bundesgremien, zum Beispiel der Seil­bahnwirtschaft, könnten genauso gut in Innsbruck sitzen. Das müsste nicht zwangs­weise alles in Wien sein. Dezentralisierung und gleichzeitig schlankere Strukturen sind unsere Ansage.

Die Mehrfachmitgliedschaften haben wir heute schon erwähnt – ja, es macht Sinn, nur einmal 100 € Grundumlage zu kassieren. In einigen Bereichen liegt es im Argen, es stimmt, der Kammerapparat, die Verwaltung, ist in den letzten zehn Jahren um 44 Pro­zent gewachsen, ist zu teuer und definitiv reformbedürftig. Daran gibt es gar nichts zu rütteln. Es gibt aber auch böse Zungen, die sagen, wir haben in Österreich eine nied­rige Arbeitslosenrate, weil alle irgendwo in den Kammerapparaten sitzen. Diese Kritik ist etwas überzogen, aber es stimmt, Personalstand und Funktionäre sind für 8 Millio­nen Einwohner in Österreich in einem absurd hohen Ausmaß gegeben. Es gibt hier al­so einiges zu tun.

Zur Kammerumlage 2: Wenn Sie hier vonseiten der NEOS beantragen, die Kammer­umlage 2 ratzfatz mit Jahresende komplett zu streichen, halte ich das nicht für seriös, denn das würde manchen Landeskammern schlagartig zwei Drittel der Mittel wegneh­men. Seriös wäre ein Antrag, in dem man sagt, man fährt die Kammerumlage 2 in fünf Jahren auf null runter, da sind wir als Grüne natürlich dabei. Das wäre ein seriöser An­trag, ohne mit dem Holzhammer draufzuhauen und zu glauben, so etwas findet unsere Zustimmung.

Dass die Kammer und der ganze Kammerapparat im Verfassungsrang sind, ist nur ein Nebenaspekt, der aber auch erwähnt werden soll – das ist aus unserer Sicht komplett überzogen. Was die Transparenz in der Wirtschaftskammer betrifft: Das ist auch keine große Freundschaft zwischen Wirtschaftskammer und dem Transparenzthema. Hier liegt einiges im Argen, auch was die Pensionsrückstellungen betrifft, auch was einige Zahlen betrifft, die hier heute nicht veröffentlicht werden. Aber das haben Sie eh schon selbst gehört.

Wenn man sich jetzt nur einmal die Rücklagen der Wirtschaftskammer ansieht – das sind 685 Millionen € – und diese einfach durch 407 000 Gewerbetreibende dividiert, dann kommt die Zahl 1 685 € heraus. Das ist nicht wenig. Wenn ich die Anzahl der Ge­werbescheine nehme, dann komme ich immer noch auf 1 470 € Rücklagen pro Gewer­beschein. Das ist verdammt viel. Da könnte ich jetzt sagen, so, wie man damals beim EU-Beitritt den „Ederer-Tausender“ versprochen hat, gibt es jetzt den „Köchl-Tausen-


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der“. Wenn man nur zwei Drittel der Rücklagen der Kammer zurückerstattet, hätte je­der Unternehmer und jede Unternehmerin einmalig einen Tausender als Prämie. Das wäre zum Beispiel eine Möglichkeit, denn die Rücklagen in diesem Kammerapparat sind in diesem Ausmaß nicht nötig.

Hier gibt es Handlungsbedarf. Ich bin aber wirklich der Meinung, dass wir die Debatte etwas seriöser führen sollten, als das heute vonseiten der NEOS der Fall war, dass man nicht grundsätzlich mit dem Holzhammer von blauer Seite und von NEOS-Seite auf die Kammerstruktur draufhaut, sondern die Struktur verändert, grundlegend verän­dert, moderne Gremienstrukturen schafft, weniger Gremien schafft, Dezentralisierun­gen schafft und insgesamt einen vernünftigen, schlanken und gut verwalteten Kammer­apparat. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

15.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vet­ter. – Bitte.

 


15.38.21

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Grüß Gott, Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Wir vom Team Stronach sind jedes Mal froh, auch wenn es von einer anderen Partei kommt, wenn ein Thema wie dieses angeschnitten wird, bei dem es in Wirklichkeit um die Frage geht: Freiheit oder Zwang? Wie viel Freiheit können wir uns leisten? Wie viel Zwang brauchen wir? Wie viel Zwangsbeglückung können wir uns leisten? – Das ist ja die Frage, die hinter der Anfrage der NEOS steht.

Wir, das ist ja kein Geheimnis, stehen der Zwangsmitgliedschaft sehr kritisch gegen­über. Wir glauben nicht, dass diese notwendig ist. Wir leben in einem Land, wo die Zwangsbeglückung sehr hohe Tradition hat. Als ich angefangen habe zu studieren, musste ich in der Österreichischen Hochschülerschaft Zwangsmitglied werden. Dann bin ich in der Kammer Mitglied geworden. Dann musste ich Sozialversicherung zahlen. Dann musste ich doppelt Sozialversicherung zahlen, obwohl ich nur einmal krank sein kann. Ich muss die ORF-Gebühren zahlen, und so weiter und so fort. Es ist schlicht und einfach eine natürliche Reaktion, eigentlich etwas, was jedem Demokraten inne sein sollte, diese Zwangsbeglückungen jedes Mal einzeln infrage zu stellen. Wer es ernst meint mit den Grund- und Freiheitsrechten, sollte sich immer wieder die Frage stellen: Brauchen wir das denn wirklich? (Beifall beim Team Stronach sowie der Abge­ordneten Loacker und Strolz.)

Daher danke ich für die Gelegenheit, dass wir das auch dieses Mal machen können.

Diese Fragen, die dem Herrn Minister gestellt worden sind, beinhalten auch viele finan­zielle Aspekte, daher möchte ich darauf verweisen, dass bei vielen Menschen, die ge­rade im geschützten Bereich arbeiten, das Gefühl der eigenen Wichtigkeit mit der Höhe ihres Gehaltes korreliert, ganz unabhängig davon, ob sie auf dem freien Markt dieses Gehalt erwirtschaften oder nicht.

Daher finde ich gerade die Frage, wie hoch die Pensionen sind, die in den Kammern ge­zahlt werden, ganz besonders berechtigt, weil sie letztlich von Menschen bezahlt wer­den, die dort Zwangsmitglieder sind.

Apropos Zwangsmitglieder und Umlage: Es ist auch bezeichnend, dass die Beiträge für die Arbeiterkammer zum Beispiel nie auf dem Lohnzettel ausgewiesen werden, dass die immer bei den Sozialversicherungsbeiträgen irgendwie mitschwimmen. Es sind je­den Monat nur ein paar Euro, aber der Arbeitnehmer sieht es nicht. Im Sinne der Trans­parenz wäre es endlich an der Zeit, das extra auszuweisen. (Beifall bei Team Stronach und NEOS.)

Die „arme“ Regierung hat, wie wir heute gehört haben, ein großes Defizit, nämlich ein Lobdefizit. Sie sucht immer nach Lob. Wie viele haben heute die Opposition gebeten,


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sie doch endlich zu loben! Aber das hat man heute durch sehr viel Selbstlob ausgegli­chen.

Man braucht nur an die Ausführungen des Herrn Kollegen Matznetter zu denken, er hat es in fast rhetorischer Perfektion geschafft, Zwang und Demokratie hier gleichzuset­zen. Er meinte, dass diese Steuerreform, wenn ich ihn richtig verstanden habe, über­haupt keine Steuererhöhungen beinhaltet. Und er hat letztlich sogar – und das ist schon fast elegant und witzig – der Wirtschaftskammer nahegelegt, sich auch für Erb­schaftssteuern einzusetzen und sozusagen den Sozialismus der einen Seite zu akzep­tieren, damit man Steuern auf der anderen Seite vermeiden könne.

Es ist schon eine interessante Taktik, die hier gespielt wird, dass man die 1,9 Mil­liarden € Korruption irgendwie in den Raum stellt, sozusagen die Peitsche (Vizekanzler Mitterlehner: Sehr scharfsinnig alles, wirklich!), und das Zuckerbrot, wenn sie einmal den Erbschaftssteuern zustimmen würde.

Wenn das mit den 1,9 Milliarden € wirklich wahr wäre, dann müsste der Justizminister schon längst neue Gefängnisse bauen, denn dann würden Hunderte von Verbrechern, die Steuern hinterziehen, hier herumlaufen und gehörten alle ins Gefängnis.

Im Übrigen ist das mit diesen Korruptionssachen ein alter Hut, denn ich erinnere mich: Im letzten Mai, als Herrn Spindelegger plötzlich eine Milliarde im Budget gefehlt hat und aus Brüssel der Brief gekommen ist, hat es im Antwortbrief geheißen, 750 Mil­lionen € werden aus der Korruptionsbekämpfung hereingebracht. Also das ist eine besonders interessante Taktik, immer dann, wenn das Budget eine Lücke aufweist, wird die Korruptionsbekämpfung aus dem Hut gezaubert.

Ich bin schon neugierig, ob wir, wenn das ähnlich weiter steigt wie von 700 Millionen € auf 1,9 Milliarden €, beim nächsten Mal dann bei 4 Milliarden € angelangt sind. – Dan­ke. (Beifall bei Team Stronach und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Lo­acker. – Bitte.

 


15.43.37

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herrn Kollegen Matznetter – er ist jetzt nicht im Saal – habe ich so verstanden: Sei vorsichtig, wenn du dir Reformen wünschst, es könnte dich selbst treffen! – So würde ich seine Rede kurz zusammenfassen.

Jene von den NEOS, die wenigen, die Wirtschaftskammerfunktionäre sind, wären nicht böse, wenn es sie selbst träfe.

Frau Abgeordnete Jank hat gesagt, man solle doch einmal die kleinen Mitglieder fra­gen, ob sie das wollen. – Frau Jank, genau das ist das Problem, dass keiner gefragt wird, ob er das will, dass er da einfach dabei ist, dass er fünf Gewerbescheine haben muss, wenn es blöd geht, für sein Geschäft. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und wir wür­den gerne gefragt werden. Wir würden gerne als Mitglieder von Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und so weiter gefragt werden. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.) – Keine Generalbefragung, die Sie mit den Zwangsbeiträgen kampagni­sieren und dann in den eigenen Sack hinein kampagnisieren, sondern eine individuelle Entscheidung.

Es gibt nämlich freiwillige Vereine, die sehr gut funktionieren. Die Kollegen vom ÖGB wissen, dass es Vereine auf Basis freiwilliger Mitgliedschaft gibt, die gut funktionieren. Es gibt bei den Apothekern eine Kammer und einen Verband, und 94 Prozent der Apo­theker sind im Apothekerverband. Es geht, auch wenn Sie sich das nicht vorstellen kön­nen. Das funktioniert! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Dietrich.)


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Fragen Sie einmal die Kleinen, Frau Jank, ob sie es gut finden, dass der Personalauf­wand pro Mitarbeiter bei den Wirtschaftskammern 120 000 € im Jahr beträgt. Das ha­ben nämlich Ihre kleinen Mitglieder im Normalfall nicht.

Und wenn wir schon bei der Regierung sind: Es wird immer in den eigenen Sack ge­wirtschaftet. Das nervt doch die Leute. Jetzt heben Sie mit Ihrem super Steuerpaket die Höchstbeitragsgrundlage an. Und was ist die weitere Folge davon? – Die Bezieher von Luxuspensionen, deren Pension wir mit Müh und Not ein bisschen beschnitten ha­ben – und dazu gehören genug Wirtschaftskämmerer –, bekommen jetzt wieder mehr von ihrer Luxuspension, weil sich die Beschneidung an der Höchstbeitragsgrundlage orientiert. Damit haben Sie Ihrer Klientel wieder etwas hinten hineingeschoben. Ich darf jetzt das Vorarlberger Sprichwort dazu gar nicht sagen, nämlich was der Teufel in sol­chen Fällen macht, sonst kassiere ich einen Ordnungsruf.

Herr Bundesminister, Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es sich da und dort um ausgegliederte Einrichtungen handelt und das daher nicht dem Interpellationsrecht unterliegt. Und dabei denkt sich kein Minister etwas? Das gibt es bei der Wirtschafts­kammer, das gibt es bei der Arbeiterkammer: Die gliedern einfach Gesellschaften aus, und mit den Zwangsbeiträgen wird in diesen ausgegliederten Gesellschaften gewirt­schaftet, und man entzieht das Ihrer ministeriellen Aufsicht. Und das lassen Sie sich gefallen? – Ja, weil es Ihre eigenen Leute sind! Ich muss schon wieder aufpassen, wel­ches Wort ich verwende. Das ist alles eine Familie, eine grande, und da gibt man ein­ander die Hand.

Sie haben auch gesagt, die Höhe der Kammerumlagen ist in den Kammern zu klären und nicht per Gesetz. Damit haben Sie aber nur zum Teil recht, da das Gesetz schon sagt, wie weit man gehen darf, und man kann durchaus Obergrenzen für Kammerum­lagen per Gesetz festlegen. (Vizekanzler Mitterlehner: Die gibt es eh!) Die gibt es eh. Und man kann auch diese Kammerumlagenobergrenzen per Gesetz senken, wenn sich die nimmersatten Organisationen die Taschen bis zum Maximum vollstopfen. (Abg. Amon: Da braucht es eine Mehrheit dazu!) – Ja, wir werden uns auch um eine Mehr­heit dafür bemühen, lieber Werner. Damit werden wir nicht heute aufhören.

Und wenn wir gerade zur Arbeiterkammer überleiten: Da wird ja immer groß kampagni­siert: Mehr Netto vom Brutto! Ich würde doch gerne den Beitrag der Arbeiterkammer zu „Mehr Netto vom Brutto“ sehen. Es hat außertourliche Erhöhungen der Höchstbeitrags­grundlage gegeben 2004, 2008, 2012 und auch in diesem Jahr wieder. Und jedes Jahr, wenn es tourliche Erhöhungen gibt, die in Prozenten des Bisherigen erfolgen, dann schneiden die Arbeiterkämmerer ja wieder überproportional mit und stopfen sich die Taschen voll. Die haben ein Kammerumlagenwachstum von 40 Prozent in einer Zeit, in der die Inflation 20 Prozent war. Da hat man die Personalstände erhöht, da hat man Pensionsrückstellungen aufgebläht. Da hat man einfach das Geld mit beiden Händen ausgegeben.

Als ich das in Vorarlberg moniert habe, hat Arbeiterkammerdirektor Keckeis gesagt: Na ja, wir haben eine ausgelagerte Gesellschaft, mit der haben wir ein Kammergebäude gebaut, und dafür hat die Arbeiterkammer mehrere Millionen Euro Haftungen überneh­men müssen! – Ja, Haftungen übernehmen sie auch noch! Was ist denn das für ein Laden? Das kann man ja nicht mit ansehen. Die roten und schwarzen Kammern ver­stehen sich als Parteivorfeldorganisationen und bedienen ihre eigenen Leute. Dass da manchem das Messer im Sack aufgeht, ist einfach nur normal. Wir werden daher nicht aufhören, dagegen aufzutreten. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Dietrich.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 146

15.48


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.48.40Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen jetzt zur kurzen Debatte über den Antrag des Abgeordneten Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen, dem Tourismusausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 910/A(E) der Abgeordneten Mag. Haider, Kollegin­nen und Kollegen eine Frist bis 21. April 2015 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Herr Abgeordneter Haider, Sie sind schon am Rednerpult. Ich mache Sie darauf auf­merksam, dass Ihre Redezeit als Erstredner 10 Minuten beträgt. – Jetzt haben Sie das Wort.

 


15.49.16

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! (Ruf bei der FPÖ: Er geht jetzt gerade!) Hohes Haus! – Auf Wiedersehen, Herr Bundesmi­nister! (Vizekanzler Mitterlehner: Ich komme bald wieder!) Es wundert mich nicht, dass Sie jetzt quasi das Hasenpanier ergreifen, ich erinnere Sie nämlich an eine für Sie, nehme ich an, sehr unangenehme Situation von voriger Woche (der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult mit der Aufschrift: „WKO“, „Django, spiel mir das Lied vom Wirtetod!“, „Schluss mit Schikanen“ – Vizekanzler Mitterlehner: Ein besonderer Scherz!), als am Dienstag die ganze Tourismuswirtschaft gegen die Belastungsmaß­nahmen protestiert hat, die Sie mit dieser Steuerreform der Tourismuswirtschaft zu­kommen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da der Titel des Antrages, für den hier eine Fristsetzung beschlossen werden soll, ein bisschen sperrig ist und da es auch um ei­nen buchhalterischen Begriff geht, werde ich einmal kurz erklären, worum es über­haupt geht.

Wenn ein Unternehmen eine Investition tätigt – sagen wir, in einem Hotel wird eine Sau­na gebaut –, dann wird man diese Kosten nicht gleich im ersten Jahr gewinnmildernd abschreiben, mit dem Gewinn gegenverrechnen, sondern auf mehrere Jahre aufteilen, das nennt man dann Abschreibung.

In Österreich ist es so, dass, wenn diese Investitionen fester Gebäudebestandteil sind, diese Abschreibung auf 33 Jahre zu tätigen ist, und das ist auch schon der Kern des Problems, um den es hier geht. Sie alle können sich Gott sei Dank gar nicht vorstellen, wie es ist, in einer 33 Jahre alten Sauna zu sitzen, weil jeder Hotelier ohnehin ge­zwungen ist, schon nach sieben, acht, spätestens nach zehn Jahren zu sanieren, zu investieren, weil die Gäste sonst ausbleiben.

Das ist eben der Kern des Problems. Daher ist es sinnvoll – auch, wenn man das Gan­ze mit Krediten finanziert hat, die ja auch nicht auf 33 Jahre laufen wie die Abschrei­bung einer Sauna, sondern nur auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer abgestellt sind –, dass man diese überlange Abschreibungsdauer, die zu einer völlig verzerrten wirtschaft­lichen Darstellung führt, auf 15 Jahre verringert.

Das ist der Kern der Diskussion in den letzten Jahren. Dazu gibt es auch schon ewig lange Vorhabensbekundungen auch von den Regierungsparteien, geschehen ist aber bisher nichts. Daher habe ich im Februar diesen Antrag eingebracht, und ich hätte wirk­lich nie gedacht, dass dieser Antrag einmal Gegenstand einer Fristsetzung wird.

Schon im Jahr 2009 oder 2010 habe ich solch einen Antrag eingebracht, er war im Fi­nanzausschuss, und ich habe noch die Aussage der Frau Kollegin Tamandl im Ohr – natürlich ist der Antrag vertagt worden, das brauche ich nicht extra dazuzusagen –, sie hat gesagt: Der Antrag ist gescheit und gut, aber er wird deshalb vertagt, weil man vor-


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hat, im Zuge der Steuerreform – der damaligen Steuerreform – die Abschreibedauer oh­nehin zu verkürzen. – Da haben Sie aber sehr lange gebraucht, liebe Frau Kollegin Ta­mandl!

Und auch in der Tourismusstrategie „Neue Wege im Tourismus“, die Wirtschaftsminis­ter Mitterlehner im Februar 2010 ganz stolz präsentiert hat, ist auf Seite 20 unter den Maßnahmen für 2010 und 2011 zu lesen:

„AfA: Annäherung an die wirtschaftliche Lebensdauer bei Wellness und Freizeitinfra­struktur: statt 33 Jahren, 15 Jahre.“

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, das ist aber im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten losgegangen!

Als Obmann des Tourismusausschusses in diesem Haus kann ich dazu nicht einfach nur den Kopf schütteln und zur Tagesordnung übergehen, umso mehr, als diese Maß­nahme der Bundesregierung ja auch nicht die einzige ist, die die Menschen im Touris­mus trifft.

Ehrlich gesagt, dass dieses Vorhaben nicht umgesetzt wird, sondern die Abschreibe­dauer auf 40 Jahre ausgedehnt werden soll, ist nicht das Schlimmste, ich brauche nur an die KESt-Erhöhung zu denken. 60 Prozent der Top-Betriebe im Tourismus sind GmbHs, und bei jeder Gewinnausschüttung schneidet der Staat jetzt wieder mehr mit. – So viel auch zu Ihren Bekundungen, dass die Wirtschaft nicht belastet würde. Das verwundert mich wirklich, wo doch 16 Wirtschaftsbündler und somit Wirtschafts­treibende in den Reihen der ÖVP sitzen.

All das sind Maßnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich habe mir das (der Redner zeigt ein gelbes rundes Taferl, auf dem „13 %“ steht, das durchgestrichen ist) auch vorige Woche, als ich mir diese Tafel, die auf dem Rednerpult steht, mitge­nommen habe, vom Ballhausplatz mitgenommen –, für die Ihnen schon mehrfach die gelben Karten von der Tourismuswirtschaft gezeigt wurden, und Sie wissen, dass zwei gelbe Karten (der Redner zeigt zwei der gelben Taferl) eine rote Karte sind. (Der Red­ner zeigt ein rotes rundes Taferl, auf dem „13 %“ steht, das durchgestrichen ist.) Und die rote Karte zeigt Ihnen jetzt stellvertretend für die Tourismuswirtschaft die Freiheit­liche Partei (die Abgeordneten der FPÖ halten entsprechende rote Taferl in die Höhe) für die Maßnahmen, die Sie hier getroffen haben und die nur dazu dienen, die Tou­rismuswirtschaft in diesem Land zu belasten! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihnen scheint nicht klar zu sein, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, dass sich der Tourismus Österreichs im internationalen Wettbewerb befindet. Die Bundesre­publik Deutschland hat die Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent gesenkt, die Schweiz hat 3,6 Prozent, die EU empfiehlt 5 Prozent – und was macht Österreich? – Sie erhö­hen den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 10 auf 13 Prozent! Das trifft voll die Tou­rismuswirtschaft. 10 Milliarden Umsatz – du weißt das, Kollege Obernosterer – macht die Tourismuswirtschaft in Österreich mit den Übernachtungen, das sind knapp 1 Mil­liarde Steuereinnahmen. Das ist auch in Ordnung. Nur: Wenn die Steuer jetzt um 30 Pro­zent erhöht wird, können diese 300 Millionen Mehrkosten nicht so einfach auf den Gast übergewälzt werden. Da gibt es langfristige Verträge, da gibt es langfristige Verträge mit Reisebüros und mit Reiseveranstaltern. Und da hilft es auch nicht, wenn man sagt, das gilt ohnehin erst im April 2016. Die Verträge gehen bis 2017! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

So gesehen ist es auch ein Hohn, wenn der Herr Finanzminister dann sagt: Ja, dann verschieben wir es halt um einen Monat auf Mai 2016! – Das ist eine Frotzelei! So geht ihr mit den Tourismusunternehmen um!

Und du weißt auch ganz genau: Durchschnittlich 2 Prozent ist das Ergebnis der ge­wöhnlichen Geschäftstätigkeit im Tourismus. Das heißt, 2 Prozent ist Gewinnmarge.


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Wenn man dann 3 Prozent Steuererhöhung auch noch zu tragen hat, dann gibt es nur eines – das sagt auch der Geschäftsführer der Hotel- und Tourismusbank ganz deut­lich –: Es werden nur noch 10 Prozent der Betriebe im Tourismus positiv zu führen sein. – Alle anderen werden einen Verlust machen. So einfach ist es! Und das ist das, was ihr mit dieser sogenannten Steuerreform bewirken werdet. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es ist ja nicht nur diese Mehrwertsteuererhöhung im Tourismus kontraproduktiv, auch Theaterkarten werden teurer, dann sinkt die Nachfrage und dann dürfen wir wie­der mehr subventionieren, das trifft wieder den anderen Bereich. Kinokarten werden auch teurer, und wir wissen, dass die meisten Kinobesucher zwischen 10 und 25 Jahre alt sind, also Leute, die nicht einmal ein Einkommen haben. Für diese Jungen erhöht ihr die Freizeitausgaben auch noch einmal mit dieser kontraproduktiven Maßnahme.

Aber das ist ja bekannt: Auf der einen Seite wird ein bisschen etwas in die Taschen zu­rückgegeben, das nennt ihr dann großartig „Steuerreform“ oder „Tarifreform“, und auf der anderen Seite nehmt ihr das mit der Steuererhöhung den Leuten wieder aus den Taschen heraus. Das merken die Leute, und darum sind sie auch stinksauer, was die­se Steuerreform betrifft. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ihr jetzt sagt, dass ihr bei der Steuerreform ein 200-Millionen-Paket für die Wirt­schaft implementiert habt, dann sage ich euch: Diese 200 Millionen kommen aus dem Tourismus, kommen aus der Mehrwertsteuererhöhung. Der Tourismus finanziert die In­dustrie mit 200 Millionen! Das habt ihr geschafft! So geht die ÖVP mit der Tourismus­wirtschaft um, da braucht ihr euch gar nicht zu wundern, wenn euch die Wirte zeigen, was sie davon halten! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt könnte ich noch über die Grunderwerbsteuer sprechen. Derzeit würde sie, wenn man ein Hotel mit 3 Millionen Verkehrswert an die junge Generation übergeben würde, 3 700 € ausmachen, nach der Erhöhung, die ihr durchführen wollt, wären es 66 000 €. Wieder ein Anschlag auf die Tourismuswirtschaft.

Oder: die Registrierkassenpflicht. Ich bin nicht gegen die Registrierkassen, es geht um die Höhe. Ein Unternehmer, der einen Umsatz von 30 000 € hat, braucht keine Um­satzsteuer abzuführen. Also wen soll der betrügen? Warum diese 15 000-€-Grenze? – Das alles ist völlig unausgegoren.

Bleiben tut Folgendes: Ihr blast mit dieser – Tourismusreform hätte ich jetzt bald ge­sagt, aber eine negative – Steuerreform zum Generalangriff auf den Tourismus: Ab­schreibedauer-Verlängerung, KESt-Erhöhung, Grunderwerbsteuererhöhung, Mehrwert­steuererhöhung, Registrierkassenpflicht, Aufhebung des Bankgeheimnisses – ausnahms­los Maßnahmen, die nur die Tourismuswirtschaft treffen.

Zum Schluss kommend: Ich habe hier von der Österreichischen Hoteliervereinigung ei­ne Petition: „Herr Finanzminister: Urlaub darf nicht teurer werden!“ Dort heißt es: „Herr Finanzminister, ich brauche meinen Urlaub!! Lassen Sie nicht zu, dass er teurer wird!“

Auf der Homepage heißt es dann: „Helfen Sie uns mit Ihrer Unterschrift“. – Da helfe ich gerne, das unterschreibe ich auf jeden Fall. (Der Redner unterzeichnet die Petition. – Beifall bei der FPÖ.)

Zum Abschluss Folgendes: Die drei Säulen des österreichischen Tourismus waren frü­her einmal – das ist mein letzter Satz, Frau Präsidentin, denn ich sehe, dass das rote Licht schon leuchtet –: die Alpen mit Sommer- und Wintertourismus, die Berge, die Seen und die Flüsse und – drittens – die Städte mit der Kultur. Heute haben wir: Rauch­verbot, Allergenverordnung und Mehrwertsteuererhöhung – und das habt ihr zustande gebracht. – Gute Nacht, Tourismusstandort Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

15.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Un­terrainer.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 149

Ich mache darauf aufmerksam, dass die nächsten Redner 5 Minuten Redezeit zur Ver­fügung haben.

Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.00.03

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kol­leginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf den Rängen und zu Hause vor den Fern­sehgeräten! Zum Antrag des Kollegen Haider: Der Antrag wurde am 25. Feber 2015 eingebracht und dem Tourismusausschuss zugewiesen. Die Behandlung ist noch gar nicht aufgenommen worden.

Heute geht es doch um die Steuerreform und nicht um die scheinbare Befriedigung von Partikularinteressen. Wir bringen heute eine Steuerreform auf den Weg, die ihresglei­chen sucht – das haben wir heute schon einige Male gehört und auch bewiesen be­kommen –, wo kleine und mittlere Einkommen spürbar entlastet werden, dem aber ei­ne verträgliche Gegenfinanzierung gegenübersteht: Mehr Netto vom Brutto, die Men­schen sollen mehr im Börsel haben. Es wäre fatal, die Befriedigung von Einzelinteres­sen zulasten des Gesamtergebnisses in den Vordergrund zu stellen.

Für eine Steuerreform (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm) – Peter, du bist jetzt nicht dran – mit einer Entlastung von zirka 5 Milliarden € braucht es eine ausgewogene Ge­genfinanzierung. Es geht um nichts weniger als die Entlastung der Menschen im Land, wo Pensionisten und Pensionistinnen, Studenten und Studentinnen ebenso entlastet werden wie die Selbständigen. – Das ist auch für dich interessant, Peter.

Es geht um eine Gegenfinanzierung mit Vernunft, eine Finanzierung, welche die Ehr­lichkeit – und das ist mir ganz wichtig – in den Vordergrund stellt. Wenn alle ihre Steu­ern zahlen würden, dann könnte man auch die Steuern senken. Steuergerechtigkeit ist doch nicht nur eine Frage der Umverteilung, sondern auch der Bezahlung von Steuer­schulden. Steuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt, sondern Diebstahl an der Gesellschaft und gehört auch dementsprechend geahndet.

Ich spreche mich aber auf der anderen Seite auch ganz klar dagegen aus, dass man­che Branchen hier pauschal als Steuerbetrüger hingestellt werden. Ich bin aber auch ganz klar dagegen, dass die ehrlichen Unternehmer einen Nachteil haben, weil sich an­dere nicht an die Regeln halten. (Beifall sowie Ruf bei der SPÖ: Richtig!)

Wie wir heute schon gehört haben, stellen namhafte externe Experten der Steuerre­form ein sehr gutes Zeugnis aus. Sie dient zur Ankurbelung der Wirtschaft. Wir erwar­ten uns alleine – das hat der Bundesminister heute schon ausgeführt – durch die ge­setzten Maßnahmen ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von mindestens 0,5 Pro­zent jährlich. Dazu kommt auch die Belebung des Arbeitsmarktes, die wir ganz, ganz dringend brauchen.

Für uns gilt: Der Mensch zuerst, eine Steuerreform für alle, mehr Geld im Börsel, mehr Verteilungsgerechtigkeit! Das ist die Handschrift der Regierung. Wenn es den Men­schen gut geht, geht es uns allen gut. Wir als SPÖ haben den Menschen ein Verspre­chen gegeben und wir haben es gehalten.

Wir haben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine spürbare Senkung der Lohn­steuer versprochen und hiermit auch umgesetzt. Mit dem Steuerrechner im Internet kann man sich selbst ganz leicht ausrechnen, wie viel die Senkung der Lohnsteuer je­der und jedem bringt.

Wir nehmen unsere Arbeit ernst. Wir nehmen uns der Gesetze mit größter Verantwor­tung an. Wir arbeiten die einzelnen Punkte entsprechend seriös und zielorientiert ab, sodass am Ende des Tages das herauskommt, was wir uns als Ziel gesetzt haben:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 150

eine Steuerreform, die ihren Namen wirklich verdient und die bei denjenigen, die es am notwendigsten haben, auch ankommt.

Es stehen zirka 60 Gesetze im Rahmen dieser Steuerreform an, die wir für Österreich auf den Weg zu bringen haben. Um es praktisch darzustellen: Eine Alleinerzieherin mit einem Einkommen von ungefähr 1 100 € monatlich spart sich durch den Rabatt bei der Sozialversicherung 285 €, dadurch ist der Schulskikurs finanziert. Das nützt der Mutter, das nützt dem Kind und das nützt unserem Tourismus, was mir als Tourismussprecher natürlich auch ganz besonders gefällt.

Deshalb bin ich auch ganz grundsätzlich gegen Schnellschüsse, Herr Kollege Haider. Ein Fristsetzungsantrag ersetzt kein gemeinsames Gespräch, ein Schnellschuss bringt keine Lösung. Bei aller Wertschätzung, ich sehe die Vorgehensweise hier äußerst kri­tisch. Mögliche interne Querelen gehören nicht auf die Tagesordnung, sondern das In­teresse an gemeinsamen Lösungen. Deshalb ist dieser Antrag aus meiner Sicht abzu­lehnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Obernos­terer. – Bitte.

 


16.04.02

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Zum Fristsetzungsantrag des Kollegen Haider: Er hat mich ei­gentlich sehr verwundert, weil es gerade der Tourismusausschuss ist, der fast immer Anträge einstimmig beschließt – weil wir uns immer, wenn wir uns mit Themen den Tou­rismus betreffend auseinandersetzen, vorher zusammensetzen, quer über die Frak­tionsgrenzen hinweg, und versuchen, das durchzusprechen und auch schon im Vorfeld zu koordinieren, um zu einstimmigen Beschlüssen zu kommen. (Abg. Haider: ... aufge­hört!)

Das, was Sie heute hier am Rednerpult mit Ihren Ausführungen gemacht haben, dient dem Tourismus nicht. Ich kenne das Paket, das geschnürt wurde. Ich weiß auch, als praktizierender Touristiker, als Gastwirt und als Hotelier, was damit gemeint ist, und ich kenne auch die Zahlen.

Natürlich ist es für den Tourismus kein Paket, das uns jubeln und schreien lässt, aber wir wissen, welche Alternativen es gegeben hat. Hier anzufangen, eine Problematik zu diskutieren, die jeder Realität fern ist, und zu sagen, es sind 200 Millionen € an Mehr­einnahmen durch die Steigerung von 10 auf 13 Prozent, so ist das einfach unrichtig. – Es sind 100 Millionen €, ganz klar berechnet. (Abg. Haider: 100 Millionen?  gegeben werden können!) Sie wissen genau, dass wir nicht die gesamte Halbpension mit den 13 Prozent einbringen, sondern dass das Frühstück und das Abendessen herausgerech­net werden.

Deutschland hat für die Nächtigung 7 Prozent, das ist richtig. – Aber bitte, sagen Sie auch dazu, dass es in Deutschland auf Speisen 19 Prozent sind! Als Kaufmann können Sie auch zusammenzählen: 50 Prozent auf Speisen bei einer Halbpension, 50 Prozent auf die Nächtigung, in Deutschland 19 Prozent und 7 Prozent, in Österreich 10 Prozent und 13 Prozent. Also da sollte man, glaube ich, schon bei den Tatsachen bleiben. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was die Abschreibungsdauer betrifft: Natürlich müssen wir darüber diskutieren und fra­gen, wo alte Gesetze vorhanden sind, die mit der Jetztzeit betreffend die Abschreibung nicht mehr Schritt halten können. Hier wird argumentiert, dass sich niemand in ein Zimmer legt, das deshalb 33 Jahre alt ist, weil man die Renovierung vorher nicht ab-


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schreiben kann. – Das ist schlichtweg falsch. Jede Ausstattung in einem Zimmer kann ich nach spätestens zehn Jahren abschreiben. Die 33 Jahre beziehen sich nur auf die feste Kubatur, sprich: auf die Mauern. Das Gleiche gilt für die Sauna.

Ich bitte Sie im Sinne des Tourismus: Versuchen wir, gemeinsam Lösungen zu finden, die dem Tourismus dienlich sind! Mit dieser Polemik und diesen unrichtigen Zahlen ver­unsichern wir die Touristiker und schaden dem Tourismusstandort Österreich. Der Tou­rismus ist ein Wirtschaftsfaktor, auf den wir stolz sein können.

Wir wissen, dass in diesem Paket einiges enthalten ist, das dem Tourismus nicht gera­de dienlich ist. (Abg. Peter Wurm: Schädlich! Für den Tourismus schädlich!) Wir wis­sen bezüglich Grunderwerbsteuer, dass die gesamte Grunderwerbsteuer 35 Millionen € ausmachen wird. Wir wissen auch, dass die Berechnungen falsch sind, und wir kennen die Aussage von Vizekanzler und Bundeskanzler, dass sich in der direkten Erbfolge der Betriebsnachfolge nichts ändern wird.

Verunsichern wir nicht die Touristiker, sondern versuchen wir, gemeinsam Verbesse­rungen zu erzielen und das Letzte noch zu verhandeln, bevor dieses neue Gesetz in Begutachtung geht!

Meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Wir werden mit sachlichen, inhaltlich gu­ten Anträgen, die dem Tourismus dienlich sind, in den Tourismusausschuss gehen und nicht hier am Rednerpult Polemik führen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Brosz: Es geht aber nicht um den Antrag, sondern um die Fristsetzung!)

16.08


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


16.09.09

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuhörer im Hohen Haus und an den Fernsehschirmen! Grundsätzlich, muss ich sagen, bin ich heute mehrfach betroffen.

Wir diskutieren ein Thema – das Thema Tourismus –, und der zuständige Minister, Herr Vizekanzler Mitterlehner, verlässt bei dieser Diskussion den Saal! Das zeigt eine nicht vorhandene Wertschätzung für eine Branche, die Arbeitsplätze sichert. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten des Teams Stronach sowie des Abg. Schellhorn. – Zwischen­rufe der Abgeordneten Peter Wurm, Obernosterer und Prinz.) – Du kannst dich ja zu Wort melden, bitte! – Es geht um eine Branche, die für den ländlichen Raum von un­glaublicher Bedeutung ist, und man ignoriert deren Ängste. (Abg. Obernosterer: Hast du mir nicht zugehört?)

Man tut so, als ob die Steuerreform eins zu eins ein wunderbarer Guss geworden wä­re, wo jede Branche zufrieden ist, und ignoriert bewusst die Ängste einer kompletten Branche – auch schon den ganzen Vormittag, während dieser Steuerreformdebatte –, die berechtigt auf die vielen Probleme hinweist.

Ohne Tourismuswirtschaft ist der ländliche Raum wirklich ausgehöhlt, verloren, sie si­chert Arbeitsplätze, sie schafft Arbeitsplätze. Was tun wir denn im ländlichen Bereich ohne Tourismuswirtschaft?

Diese Branche wird tatsächlich seit Jahren diskriminiert. Es geht ja nicht nur um das aktuelle Steuerpaket, es geht nicht nur um die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 10 auf 13 Prozent. Es geht darum, dass in letzter Zeit eine Fülle von Maßnahmen auf die Tourismusbranche hereingebrochen ist, die viele Touristiker dazu zwingen, zu sagen: Wenn das so weitergeht, finde ich keinen Betriebsübernehmer! Wir halten das nicht aus, wir sind gezwungen, rund um die Uhr beim Gast zu sein, rund um die Uhr zu ar-


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beiten! Wir tun uns schwer, diese Belastungen überhaupt zu schlucken: angefangen von der Allergenverordnung bis zur Diskussion um die Rauchfreiheit! (Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Zuerst wird investiert in rauchfreie Lokale – unglaublich viel Geld wird in die Hand ge­nommen –, jetzt gibt es die Diskussion darüber, dass generell zukünftig nur mehr rauch­freie Lokale zur Verfügung stehen sollen. Da soll sich jemand auskennen?! Zuerst wurde investiert dass sich da eine Frustration zeigt, ist völlig normal. Weiter geht es mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer, der Registrierkassenpflicht für Klein- und Kleinst­betriebe, der Erhöhung der Grunderwerbsteuer, der Diskussion um die Barrierefreiheit. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Nächstes Jahr soll die Nährwertkennzeichnungsverordnung kommen, wo die Betroffe­nen jetzt schon zu Recht darauf hinweisen, dass dies eine weitere bürokratische Be­lastung für die Branche darstellt. Die Probleme erstrecken sich bis zur schwierigen Fi­nanzierung der Branche, Stichwort: Basel III. Zwischenzeitlich ist es unglaublich schwie­rig geworden, in dieser Branche Finanzierungen tatsächlich zustande zu bringen.

Sie machen dann Folgendes: Sie ignorieren bei der Debatte zur Steuerreform den Pro­test Ihrer Kollegen, den sie kennen. Das ist aus meiner Sicht ein Verrat an den Kolle­gen der Tourismuswirtschaft, die dagegen berechtigt Sturm laufen und sagen: So kann es nicht weitergehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Eine komplette Branche wird – unter Anführungszeichen, ich zitiere – „zu Tode getra­gen“. (Der Redner zeigt einen entsprechenden Zeitungsartikel der „Tiroler Tageszei­tung“.) Hier im hohen Haus tun die politischen Vertreter dieser Partei des Wirtschafts­bundes so, als wäre alles in Ordnung. Dass sich die Frustration über diese Politik nicht nur bei den Unternehmern, sondern generell in der Bevölkerung einstellt, ist ja vollkom­men normal und logisch.

Zum Fristsetzungsantrag: Herr Kollege Obernosterer und so weiter, lesen Sie bitte die­sen Fristsetzungsantrag genau durch! Worum geht es dabei? (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) – Es geht darum, heute einen Beschluss herbeizuführen, dass wir bis zum 21. April einen Tourismusausschuss einberufen, wo dieser Antrag diskutiert wird. Was ist schlecht daran, einen weiteren Tourismusausschuss einzuberufen?

Ich finde es bezeichnend, dass man um jede Tourismusausschusssitzung kämpfen muss. Bis jetzt waren etwa zwei pro Jahr geplant. (Abg. Darmann: Wahnsinn!) Es ist unserem Obmann, Kollegen Roman Haider, zu verdanken, dass es eine weitere Sit­zung gegeben hat. – Das zeigt keine Wertschätzung dieser Branche gegenüber. Es sollten mindestens vier Ausschusssitzungen stattfinden, damit die Branche die Wert­schätzung erhält, die ihr tatsächlich zusteht. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abgeordneten Willi und Steinbichler.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Diese Petition der österreichischen Hoteliervereinigung: „Herr Finanzminister: Urlaub darf nicht teurer werden!“, unterschreibe ich heute und hier mit Begeisterung. Ich danke. (Abg. Hauser unterzeichnet die Petition. – Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Eßl. – Ruf bei der ÖVP: Ist das eh die richtige Zeile?)

16.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


16.14.42

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden also über das Thema Abschreibungen, konkret über Abschreibungen im Touris­mus. Abschreibungen haben ja den Sinn, stets den aktuellen Wert des Betriebsver-


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mögens aus der Buchhaltung ersehen zu können und den Wertverlust als Kosten buch­halterisch darzustellen – also etwas ganz Normales, wo jeder sagt: Das braucht’s!

Kollege Haider hat das getan, was fast alle von uns getan haben: Er hat sich den Mi­nisterratsvortrag zum Thema Steuerreform angesehen, und da steht auf Seite 4: Die Regierung will die „Wirtschaft ankurbeln“, das heißt, investieren, Arbeitsplätze schaffen und so weiter. Dann blättert Herr Haider weiter und findet auf der vorletzten Seite wahr­scheinlich auch das, was ich gefunden habe, und da steht:

„Im Sinne der Vereinfachung des Steuerrechts kommt im Rahmen der Gebäudeab­schreibungen ein einheitlicher Abschreibungssatz in Höhe von 2,5 % zur Anwendung. Bisher wurde je nach Nutzungsart der Gebäude hinsichtlich Abschreibung differenziert.“

Da hat er sich gedacht: Wie das?

Die Touristiker – das sind eure Leute – schreien seit Jahren: Gebt uns die Möglichkeit, im Tourismus bestimmte Dinge schneller abzuschreiben! Wer von uns liegt gerne in ei­ner 40 Jahre alten Badewanne oder schläft gerne in einem 40 Jahre alten Bett? – Das ist einfach abgesandelt. Alle sind froh darüber, in ein neues Hotel, in das investiert wurde, zu gehen. Daher muss man dem Unternehmer auch die Chance geben, seine Investitionen in einer kürzeren Zeit – nämlich bis zur Reinvestition  abzuschreiben.

Ich sehe, dass Schwarz und Rot das verteidigen, was dort drinnen steht, und keine Ar­gumente mehr finden: Ihr seid schon in einem Rückzugsgefecht, weil niemand ver­steht, dass gerade im Tourismus, wo wir uns alle wünschen, dass die Anlagen und die Hotels immer auf dem neuesten Stand sind – Wellness ändert sich sehr schnell, Klima­technik ändert sich sehr schnell und so weiter –, dass gerade da die Abschreibungszeit jetzt plötzlich von 33 auf 40 Jahre verlängert werden soll.

Wohin führt das? – Das führt dazu, dass die Leute fragen: Wie soll ich dann investie­ren? Sie werden tendenziell weniger investieren, sie werden weniger die Wirtschaft an­kurbeln. Dass Gabriel Obernosterer sagt: Nein, das brauchen wir alles nicht, tun wir  (Abg. Obernosterer: Das habe ich nicht gesagt!) – Du hast gesagt, wir haben im Tou­rismusausschuss den Anspruch, alles miteinander zu machen. Jetzt müssen wir darü­ber reden, denn das steht an, das liegt auf dem Tisch und das kommt jetzt! Daher ist es völlig falsch, wenn ihr längere Abschreibungszeiten in diesem Fall verteidigt, denn sie sind wirtschaftsfeindlich, sie sind tourismusfeindlich – und ich bin gespannt, wie die­ses Match weitergehen wird.

Ich komme aus Tirol, wie man vielleicht ein bisschen hört. In Tirol gibt es noch viele Hotels im „Lederhosenstil“ der Siebziger- und Achtzigerjahre – mit dringendem Aufhol­bedarf. Da wäre es notwendig, dass investiert wird. Das Signal, das diese Bundesre­gierung mit diesem längeren Abschreibungszeitraum sendet, ist: Lasst die alten Hütten stehen und schaut, wie ihr euch drüberwurstelt! Und das ist das falsche Signal.

Wir wollen einen Innovationsschub, wir wollen neue Gebäudetechnik, wir wollen mit weniger Brennstoffen in den Hotels auskommen, wir wollen moderne Bäder, Betten und so weiter. Daher verstehe ich nicht, dass Sie von ÖVP und SPÖ diesem Fristset­zungsantrag nicht zustimmen. Sie müssen dem Antrag ja nicht einmal inhaltlich zu­stimmen, aber wenn Sie dem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen, dann verweigern Sie die Diskussion darüber. Ich nehme Ihnen ja nicht Ihre Meinung weg, aber jetzt, wo die Steuerreform als Ministerratsvortrag auf dem Tisch liegt, darüber nicht zu reden, halte ich für branchenschädlich. Daher muss ich sagen, dass Kollege Haider recht hat, dass er dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben wollte.

Ich wünsche mir, dass gerade die Vertreter der ÖVP – die immer so tun, als seien sie die Vertreter des Tourismus – in dieses Thema dringend einsteigen und diesen viel zu


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langen Abschreibungszeitraum für den Tourismus verkürzen, denn nur dann können wir die Wirtschaft wirklich ankurbeln. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Haider.)

16.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steinbich­ler. (Abg. Steinbichler stellt einen Topf-Nadelbaum auf die Regierungsbank. – Anhal­tende Zwischenrufe.)

 


16.19.39

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Frau Präsident! Liebe Zuseher auf der Galerie, aber insbesondere vor den Fern­sehgeräten! (Ruf: Aber den hast du schon abgeschnitten, oder?) Ich darf an die Aus­führungen des Kollegen Hauser anschließen: Auch ich habe erwartet, dass der Minis­ter bei diesem wichtigen Thema anwesend ist. Schließlich hört man immer wieder, wie wichtig die Gastronomie, die Hotellerie und die Wirte sind, aber leider muss ich den Baum an den Platz stellen, wo eigentlich der Minister sitzen müsste. Doch vielleicht ist das eindrucksvoller und macht mehr auf das Thema aufmerksam, als wenn der Herr Minister hier wäre und ich ihm den Baum persönlich übergeben könnte.

Der Baum hat jedenfalls einen Hintergrund, denn der Herr Vizekanzler und Wirtschafts­minister hat sich heute zu sagen getraut, wir hätten eine ökologische Steuerreform. Da­rauf möchte ich gerne replizieren. 48 Prozent der Fläche Österreichs – das hat übri­gens mit Tourismus und mit Lebensqualität für uns alle zu tun – sind mit Wald bedeckt. Das ist gut für die Lebensqualität, für die Wasser- und Luftqualität. Aber von einer öko­logischen Steuerreform kann man sicher nicht reden, wenn man bei der letzten Steuer­reform eine Vorratsbewertung bei Betrieben über 10 Hektar gemacht hat, bei den pau­schalierten Betrieben eine 300-prozentige Erhöhung gemacht hat und – jetzt kommt es! – bei dieser Steuerreform Öl und Gas nicht stärker besteuert, aber bei Holz den Steuersatz wieder um 3 Prozent erhöht. Kolleginnen und Kollegen, dieser Baum soll die Erinnerung für die Bundesregierung sein, im Rahmen der nächsten Steuerreformen wirklich eine ökologische Steuerreform zu machen.

Das Ganze hat ein Limit. Der Baum braucht bis zur Hiebreife  (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) – Herr Kollege, dir darf ich heute bei den Kinderthemen noch ein bisschen etwas zu den 4 000-€-Arbeitereinkommen erklären, aber jetzt sind wir bei der ökologi­schen Steuerreform. Das Ganze hat eine Grenze, denn in hundert Jahren ist dieser Baum hiebreif, und ich hoffe, dass eine Bundesregierung kommt, die noch bevor dieser Baum hiebreif ist, die ökologische Steuerreform umsetzt. (Beifall beim Team Stro­nach. – Abg. Wöginger: So ein Blödsinn!)

Zurück zum Tourismus. Dort haben wir – wie bei allen anderen Anträgen in den Aus­schüssen – wieder genau die Problematik, dass die Regierung vertagt. Ich glaube, wir müssen das den Zusehern auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehgeräten er­klären: Schuld daran trägt nicht die immer pauschal verurteilte Politik, sondern die Re­gierung. Die Regierung vertagt im Verhältnis 16:12 in den Ausschüssen, die Regie­rung stimmt in diesem Hohen Haus gegen höchst notwendige Reformen.

Wir haben es bei der Steuerreform erlebt: Anstelle von Reformen kommen neue Belas­tungen. Wir sehen es jetzt beim Tourismus, da gibt es ein ehrliches Bemühen, da gibt es einen Fristsetzungsantrag des Ausschussvorsitzenden Haider, doch auch dieser wird wieder abgelehnt. Damit haben wir Stillstand! Das schadet dem Tourismus, und das schadet einer positiven Bilanz. Ich bin überzeugt davon, Kollege Schellhorn wird dazu noch etwas sagen.

Beim Qualitätstourismus ist das nicht nur bei den Gebäuden so, sondern längst auch bei den Lebensmitteln! Dort haben wir genauso wertvolle Anträge bezüglich der heimi­schen Lebensmittel liegen. Da geht es darum, dass der Tourismus nicht nur mit der


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super gepflegten Kulturlandschaft, mit unserer ausgezeichneten Wassergüte und Luft­qualität wirbt, sondern unseren Gästen aus dem In- oder dem Ausland auch die her­vorragenden Lebensmittel kredenzt, die man oftmals auf den Prospekten sieht. Es geht darum, dass die Gäste diese Lebensmittel verkosten können und im Idealfall dann mit nach Hause nehmen, weil sie davon überzeugt sind, dass diese Qualität genießens­wert ist und das Urlaubsgefühl verlängert, weil sie diese Qualität auch zu Hause ge­nießen können.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, wir haben große Verantwortung. Und was Kollegen Wöginger betrifft: Wir werden ja ohnehin bei den folgenden Tagesordnungspunkten noch über Kinderbetreuung sprechen, doch eines ist klar: Wenn wir so weitermachen, machen wir das auf Kosten und auf dem Rücken un­serer Enkel und unserer Kinder, aber insbesondere der Enkel.

Deshalb würde ich mir wünschen, dass wir in Zukunft Entscheidungen in Richtung En­kel-Tauglichkeit treffen und nicht zuwarten, sondern entscheiden. Sonst haben wir das Problem, dass wir wichtige Anträge, wichtige Reformen jahrelang diskutieren, wodurch sie dann nicht mehr den Effekt erzielen, der notwendig wäre.

In diesem Sinne bitte ich Sie wirklich, aus der Gesamtsicht des Tourismusstandortes Ös­terreich diesen Fristsetzungsantrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall beim Team Stro­nach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.24


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Steinbichler, ich darf Sie bitten, den Baum wieder mitzunehmen. Er ist wunderschön, aber sonst müssen sich die Beschäftigten des Hauses damit abschleppen. Ich glaube, es war eine Aktion, die alle gesehen ha­ben. (Abg. Steinbichler begibt sich, ohne den Baum wegzuräumen, in Richtung seines Sitzplatzes. – Abg. Kopf: Steinbichler, nimm den Baum wieder mit! – Abg. Steinbich­ler holt den Baum von der Regierungsbank und begibt sich wieder in Richtung seines Sitzplatzes.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


16.25.03

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsident! Trotz meines Bemühens, mich jetzt sprachlich zu benehmen, darf ich darauf hinweisen: Ich habe das zuerst nicht ganz verstanden, vielleicht bin ich deshalb so aus der Rolle geraten, weil „Chuzpe“ aus dem Jiddischen kommt und eigentlich „Unverfrorenheit“ bedeutet. Und in dieser Hinsicht glaube ich, dass man „Unverfrorenheit“ schon sagen darf; das möchte ich noch feststellen.

Lieber Gabriel Obernosterer, ich verstehe, dass du das als Parteisoldat so verteidigen musst, aber ich denke, deine Rede muss man wirklich streamen. Diese Rede muss man zu den Leuten hinaustragen, zu den Unternehmern, zu den Hoteliers, wenn es jetzt schon um Tourismus geht, die müssen darüber im Bild sein. Gerade anhand dei­ner Rede wird klar, warum so viele Hoteliers jetzt aus dem Wirtschaftsbund austreten und warum so viele Menschen und Unternehmer frustriert sind, die von dieser Causa betroffen sind. Meiner Meinung nach ist es auch schade, dass ihr die Diskussion ver­weigert. Wenn du schon von der Notwendigkeit für den Tourismus sprichst: Es handelt sich ja nur um einen Antrag des Kollegen Haider für die Behandlung im Ausschuss und nicht um eine inhaltliche Entscheidung! Du solltest dir das noch einmal überlegen.

Es ist besonders wichtig, dass wir zu einem Ausschuss kommen, damit wir dann zu einem Konsens darüber kommen, welche Instrumente wir in die Hand nehmen, damit es dem Tourismus vielleicht wieder besser geht und er nicht als Melkkuh für die Steu­erreform herhalten muss. Du verteidigst das auch noch! Da hört man auch noch so


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 156

Worte wie: Okay, die Erhöhung für Logis, das zahlen ja die Kunden! – Wenn du das so gesagt hast, dann muss ich dir entgegenhalten: Da musst du noch einmal die Schul­bank drücken und noch einmal die Hotelfachschule besuchen, damit du Bescheid weißt, wie Preisdurchsetzung und Deckungsbeiträge funktionieren.

Ich kann dem Kollegen Hauser nur beipflichten: Wir sollten hier nicht um Tourismus­ausschüsse betteln müssen! Es sollte vielmehr die Notwendigkeit gesehen werden, dass wir all diese Dinge besprechen.

Kollege Unterrainer, wenn ich in meinem Hotelzimmer das Bad erst nach 40 Jahren renovieren kann, weil das ja fest verbaute Dinge sind, erklären Sie dann dem Instal­lateur in Altenmarkt, dass der einen Arbeitsplatz nicht mehr besetzen kann! Die Touris­mus-Lokomotive läuft eben so, Tourismus ist auch eine Querschnittmaterie! Über den Tourismus werden ganze Talschaften wie das Zillertal und das Gasteiner Tal beschäf­tigt, auch Handwerk und Bau. Es ist daher schlecht, wenn Sie das auch noch so vertei­digen.

In der ganzen Geschichte ungeklärt sind diese Pauschalen die Logis betreffend und wo diese hineingerechnet werden. Muss man das dann herausdividieren? Wenn du das auch noch verteidigst, darf ich dir nur sagen: Logis, das Übernachten ist der Hauptan­teil! Das heißt, die anderen Teile rutschen auch noch auf 13 Prozent hinauf. Es ist nicht so, dass wir schlecht rechnen können – du kannst ja in einer gewissen Weise auch schlecht rechnen –, sondern: Die prozentuelle Belastung müssen die österreichischen Unternehmer im freien Wettbewerb schlucken, die können sie nicht weitergeben. Das sei dir ins Stammbuch geschrieben.

Ein Grundproblem ist sicherlich die Grunderwerbsteuer, aber das Hauptproblem – Kol­lege Willi hat es gesagt – ist wirklich, dass ihr nicht begreift, dass es gerade im Tou­rismus eine funktionale Abschreibung braucht – und nichts anderes! Das ist das Kern­problem!

Dass nicht auf die Bedürfnisse des Tourismus eingegangen wurde, ist mir klar, denn sonst wird einem sofort Klientelpolitik vorgeworfen. Aber man sollte erkennen, dass das, was Klein- und Mittelbetriebe betrifft, konjunkturbelebend wirkt. Das wäre ein rich­tiger Konjunkturmotor gewesen. Doch dabei hat leider die Wirtschaftspartei, die keine Wirtschaftspartei mehr ist – die ÖVP –, total versagt. Und das tut mir leid! Das tut mir für den Standort leid, das tut mir für die Unternehmer leid, aber noch mehr tut es mir leid um die Arbeitsplätze. In dieser Hinsicht sehe ich das als Generalaufgabe. Man hat sozusagen schon nach dem ersten Spiel w.o. gegeben, und das finde ich besonders bedauerlich.

Was kann man jetzt noch machen? – Ich glaube, ein Kernthema sollte sein, wie man die Betriebe entlasten kann. Das wäre sicher mit der Auflösung der Kammerumlage 2 zu machen. Es wäre sicher auch machbar, wenn man endlich einmal das ÖW-Budget erhöhen würde. Der Tourismus-Minister ist leider nicht hier, und das, was er von sich gibt, sind Worthülsen. Aber wenn man in dieser Hinsicht etwas machen könnte, dann wäre das von Vorteil.

Doch wie setzen wir es um? – Ein Vorschlag, der schon seit zehn Jahren auf dem Tisch liegt, nämlich das klare Arbeitspapier „365 Tage Arbeit im Tourismus“, wurde in den letzten zehn Jahren von ÖVP und SPÖ klar verweigert. In dieser Hinsicht wäre es meiner Meinung nach besonders wirksam, wenn wir in den Ausschüssen darüber disku­tieren würden und es im April eine Ausschusssitzung geben würde. Das ist für den Tou­rismus notwendig! – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.30

16.30.10

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Schellhorn, ich habe Ihnen keinen Ord­nungsruf für den Ausdruck „Chuzpe“ erteilt. Sie werden im Stenographischen Protokoll


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 157

dann den Ausdruck, den Sie erwähnt haben und für den Sie einen Ordnungsruf erhal­ten haben, nachlesen können.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Tourismusausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 910/A(E) der Abgeordneten Mag. Haider, Kolle­ginnen und Kollegen eine Frist bis zum 21. April 2015 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

16.31.306. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (480 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Passge­setz 1992, das Waffengesetz 1996 und das Gesetz über das Bundesamt zur Kor­ruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (Sicherheits­verwaltungs-Anpassungsgesetz 2015 – SVAG 2015) (524 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte.

 


16.31.59

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! „Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen“, schrieb der US-amerikanische Schriftsteller Isaac Asi­mov.

Doch was ist die Zuflucht des Opfers? Wo kann man sicher sein vor Gewalt, und zwar gerade dann, wenn sie in der Familie passiert? – Frauenhäuser bieten Betroffenen die­se Zuflucht. 30 Frauenhäuser in ganz Österreich stehen Frauen mit Gewalterfahrung oder Gewaltbedrohung zur Verfügung. Dort können sie vorübergehend mit anderen Frauen, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, und mit ihren Kindern le­ben.

Die Regierungsvorlage zum Sicherheitsverwaltungs-Anpassungsgesetz hat ein klares Ziel: den Schutz der Betroffenen. Menschen, die in Betreuungseinrichtungen wie Not­wohnungen oder Frauenhäusern Unterkunft nehmen müssen, können in Zukunft an der Adresse der Betreuungseinrichtung und nicht an der tatsächlichen Wohnadresse gemeldet werden. Dadurch kann nicht nachvollzogen werden, wo genau die betroffene Person gefunden werden kann. So schützen wir die Opfer vor weiterer Gewalt.

Zusätzlich setzen wir mit unserem Abänderungsantrag eine Auskunftssperre um. Damit wollen wir verhindern, dass gewalttätige Familienangehörige die Betroffenen aufspüren können. Die Änderung des Meldegesetzes bringt Ihnen, geschätzte Bürgerinnen und Bürger, mehr Sicherheit.

Wir ändern auch das Waffengesetz. Zukünftig soll die Registrierung von Waffen im Zentralen Waffenregister stets nur mehr auf eine natürliche Person erfolgen. Das be­deutet die Zuordnung einer persönlichen Verantwortlichkeit, auch wenn die Waffe ei­nem Verein gehört. Wenn die Registrierung verspätet erfolgt, der Registrierungsver­pflichtung aber freiwillig nachgekommen wird, soll dies auch zukünftig straffrei sein und ohne Strafzahlung erfolgen können.

In Zukunft wird man auch mittels der Bürgerkarte, nämlich online, eine Waffenregister­bescheinigung beantragen können. Umgesetzt wird somit eine klare Verwaltungsver­einfachung für unsere Bürger. Kürzere Wege und raschere Verfahren sind das Ziel.


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Schließlich ändern wir zum Schutz der Kinder das Passgesetz. Wenn bei Obsorgestrei­tigkeiten ein Gericht die Abnahme des Reisedokumentes eines Kindes anordnet, wird in Zukunft auch die Passbehörde verständigt. Damit wird sichergestellt, dass nicht be­rechtigte Elternteile kein neues Reisedokument ausstellen lassen können. Es geht da­bei um den Schutz des Kindes. Es soll verhindert werden, dass das Kind mit dem nicht berechtigten Elternteil ausreisen kann. Diese Regelung schafft Rechtssicherheit und un­terbindet Missbrauch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hatten im Innenausschuss eine konstruk­tive Zusammenarbeit und eine breite Zustimmung. Zusammengefasst handelt es sich um eine gelungene Novelle: Sie ermöglichen mit Ihrer Zustimmung mehr Opferschutz, mehr Rechtssicherheit und schnellere Verwaltungswege für unsere Bürger. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. – Bitte.

 


16.35.17

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An und für sich hat meine Vorrednerin die Punkte bereits sehr sachlich auf den Punkt gebracht, wie ich jetzt fast zu sagen versucht bin.

Es war wirklich eine sehr konstruktive Diskussion im Innenausschuss. Es zeigt sich wirk­lich: Wenn wir die Wünsche, die Sorgen und die Nöte unserer Mitbürgerinnen und Mit­bürger ernst nehmen – egal, ob es sich um Erwachsene oder um Kinder handelt, denn so weit ist die Spanne bei diesem Sicherheitsverwaltungs-Anpassungsgesetz, das wir heute beschließen –, dann bringen wir eigentlich sehr rasch und unkompliziert etwas zu­stande, das einerseits im Interesse unserer Bürger ist und andererseits der Sicherheit dient. Das lässt sich alles miteinander verbinden.

Ein Punkt ist vielleicht ein bisschen zu kurz gekommen: Meiner Meinung nach ist die Än­derung bezüglich der Frauen, die in Not geraten sind, ein Quantensprung. Diese Ände­rung im Meldewesen ist bereits seit Längerem ein berechtigtes Anliegen der Frauen, die körperlich bedroht werden. Meiner Meinung nach sind daher diese Regelungen, die wir heute vornehmen, nicht nur im Interesse dieser Frauen, sondern ganz einfach auch der Menschlichkeit.

Ich bin sehr positiv eingestellt und war das auch schon im Ausschuss, weil doch auf breiter Basis ein Verständnis für diese Materien vorhanden war, was gerade im Innen­ausschuss nicht immer wirklich der Fall ist.

Wenn angesprochen wird, dass wir im Meldewesen etwas ändern, dann ist das auch ein Problem, das wir alle aus der Praxis kennen. Wir kennen die Diskussion über die not­wendigen Meldungen – ich habe mich nur gewundert, dass das heute noch niemand in Bezug auf den Tourismus angesprochen hat. Aber auch diesbezüglich versuchen wir ei­ne Lösung herbeizuführen. Ich will nicht gleich wieder die ganze Hotellerie und Gastro­nomie ansprechen, aber auch dazu dient das.

Die Änderungen reichen bis hin zu der Frage des Passwesens, denn jeder, der die Fälle aus der Praxis kennt, weiß, wie schwierig es ist, wenn die Eltern getrennt sind und es dann um die Ausstellung von amtlichen Dokumenten geht, in diesem Fall um den Pass. Daher ist es meiner Meinung nach gescheit, wenn wir diese Frage auch wirk­lich rasch lösen.

Der letzte offene Punkt, der uns ja auch bereits längere Zeit begleitet hat, betrifft das Waffenwesen.


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All diese Punkte kann man schnell unter einem subsumieren: eine wesentliche Verwal­tungsvereinfachung, die ausschließlich im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger ist – von den kleinen Kindern bis hin zu den Erwachsenen. Ich darf Sie alle einladen und bitten: Versuchen wir das gemeinsam auf breiter Basis zu beschließen! Meiner Ansicht nach sind die Menschen froh darüber, dass wir diese Regelungen und Novel­lierungen heute vornehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. – Bitte.

 


16.38.49

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja einer dieser seltenen Momente, wo man es wirk­lich kurz machen kann: Das sind viele kleine, vernünftige Änderungen, denen wir selbst­verständlich zustimmen.

Eine ist wichtig, nämlich die Regelung über die sogenannten Notwohnungen. Wenn ei­ne Frau eine Notwohnung in Anspruch nimmt, dann wird in Zukunft nicht die Adresse der Notwohnung, sondern der Betreuungseinrichtung öffentlich und auch sonst einseh­bar sein. Dadurch wird ein zusätzlicher Schutz geschaffen. Das ist wichtig, das ist ver­nünftig, und das ist ein weiterer Grund, dem Ganzen zuzustimmen.

Wir haben – und ich möchte da jetzt keine lange Debatte führen – im Innenausschuss zu diesem Tagesordnungspunkt auch einen §-27-Antrag in Bezug auf die Polizeiüber­griffe der letzten Wochen und Monate eingebracht. Das werden wir aus gutem Grund jetzt nicht diskutieren.

Dieses Thema ist so wichtig, und das Versagen der Innenministerin bei diesem Thema ist so außerordentlich, dass wir das bei einem eigenen Punkt und zu einem gegebenen Anlass hier im Parlament mit ihr Fall für Fall, Detail für Detail und Verantwortung für Verantwortung besprechen werden müssen. Ich kann Ihnen garantieren, dass das schon sehr bald der Fall sein wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Morgen!)

16.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


16.40.45

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Zu den Gesetzesänderungen haben die Kollegen vor mir schon ge­sprochen, dem ist nicht viel hinzuzufügen. Meine Kollegin Schenk wird noch auf die Än­derung des Waffengesetzes eingehen. Wichtig ist auch, dass durch Änderungen im Passgesetz der Kindesentziehung ein Riegel vorgeschoben wird. Auch das ist positiv.

Aber ich kann Folgendes dem Herrn Pilz leider nicht ersparen: Herr Kollege Pilz, ich wollte am Vormittag schon darüber reden, aber da hat die Redezeit nicht gereicht. Jetzt habe ich etwas mehr Zeit. Ich werde Ihnen jetzt zu Ihren behaupteten Polizeiübergrif­fen ein paar Dinge mitteilen. Hier wird in einer Hatz vorgegangen, die Sie in den Me­dien, mit Hilfe linker Medien betreiben. Da spreche ich eine gewisse Zeitung an, die Sie sehr gut kennen, die dann mit gefakten Filmberichten auf die Polizei losgeht. Das ist Fakt. Ich habe nämlich den Erstbericht zu diesem Fall.

Betreffend diesen angeblichen Übergriff in der Silvesternacht: Wenn man den ersten Film im ORF gesehen hat, der jetzt gar nicht mehr im Internet abrufbar ist, sondern nur noch in gekürzter Form, weil das dann natürlich ein bisschen anders ausschaut  (Abg. Glawischnig-Piesczek: Sechs Männer können eine Frau nicht bändigen?! Das


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müssen Sie mir erklären!) – Da muss man aber schon davon ausgehen, im Erstbericht war der Sachverhalt so, dass diese Dame zuerst einmal diese Exekutivbeamten beläs­tigt hat, dann weggegangen ist, im betrunkenen Zustand wieder zurückgetorkelt ist und einer Polizeibeamtin an die Brust geschlagen hat. Das sind die Tatsachen. (Abg. Gla­wischnig-Piesczek: Sechs Männer gegen eine Frau?! Das müssen Sie mir aber er­klären! – Zwischenruf der Abg. Maurer.)

Das ist ein tätlicher Angriff nach § 270 Strafgesetzbuch, meine Damen und Herren. Und dann ist ein Polizeieinsatz gerechtfertigt, wenn man sich da noch zur Wehr setzt. – So viel dazu.

Zum behaupteten Übergriff in der Mariahilfer Straße. Meine Damen und Herren, Sie re­den hier ganz offen und locker von irgendeiner zusammengeschnittenen Situation. Aber wenn man das einmal anschaut: Ich bin Polizeibeamter, ich habe viele Aktionen von Betrunkenen, von unter Drogen stehenden Personen miterleben müssen, wie die sich zur Wehr setzen können. Wenn man da eine 50 Kilo schwere Frau hat, wobei drei gestandene Mannsbilder – wie ich mit einer dreistelligen Kilozahl – Mühe haben, diese Frau zu bändigen, wenn das mitgefilmt wird, wenn man weiß, wie diese Leute sich be­nehmen, wie das zugeht, dann ist das verständlich.

Und wenn Sie dann hergehen und das Verhalten dieser Polizisten noch anprangern wol­len, dass diese ihre Befugnisse überschritten hätten, dann ist das schamlos. Das ist abzu­lehnen. (Beifall beim Team Stronach, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Rädler.)

Mein Cousin wohnt seit Längerem in Wien. Er hat mich vor ein paar Tagen angespro­chen und sagte, er verstehe gar nicht, dass die Polizei noch Personalnachwuchs be­kommt, wenn man von der Politik her so mit der Exekutive umgeht. Er hat gesagt, er wundere sich, dass sich das die jungen Leute noch antun. Ich möchte allen jungen Poli­zistinnen und Polizisten und angehenden Polizistinnen und Polizisten, aber auch den ak­tiven Polizistinnen und Polizisten meinen Dank aussprechen, dass sie sich diese „Ha­cken“ unter solch widrigen Bedingungen wirklich noch antun. (Beifall beim Team Stro­nach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch weitergehen. Ich darf zwei Zeitungsartikel aus den letzten Tagen zitieren. Sie sind beide aus deutschen Zeitungen. Sie haben si­cher diese gewaltsamen Übergriffe der Linken mitbekommen. In einem Artikel berichtet ein Polizist: „Man hält seinen Kopf für diesen Staat und seine Bürger hin“. Und was ist der Dank? – Brennende Polizeiwachen, brennende Polizeiautos, Polizeiwachen, die so brennen, dass die Beamten gar nicht mehr herauskommen, Lebensgefahr besteht. Das sind Ihre linken Chaoten, Ihre Kollegen, Herr Pilz. Das muss man auch klar sagen.

Ich habe noch einen Artikel hier: „Vom Knöchel bis zum Gesäß war alles verbrannt“. Da beschreibt in einer deutschen Zeitung ein Polizist, 51 Jahre alt, wie er von einer Ku­gelbombe getroffen worden ist, zehn Meter zurückkatapultiert worden ist, schwerst ver­letzt wurde, mehrere Monate im Krankenstand war, außer Gefecht war, dadurch psy­chische Probleme hat und jetzt in den Innendienst versetzt werden musste. Das sind Ihre Kollegen, Herr Pilz, das sind die Leute, die Sie so verteidigen.

Jetzt möchte ich doch noch auf meinen Entschließungsantrag, den ich am Vormittag an­gekündigt habe, zurückkommen. Wir brauchen natürlich mehr Exekutivpersonal, Frau Minister, das ist kein Geheimnis, das habe ich am Vormittag schon angesprochen. Wenn man bedenkt, dass 2014 192 Millionen € nur an Werbekosten für Inserate für die Bundesregierung ausgegeben worden sind, seit Mitte 2012 495 Millionen €, wenn man bedenkt, was man da im Sicherheitsbereich alles Gutes machen könnte, dann sollte man das umlegen, dann hätte die Bundesregierung genug Geld, um für die Bevölke­rung die Sicherheit, die sie braucht, zu gewährleisten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 161

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Mehr Personal für die österreichische Sicherheit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Inneres werden auf­gefordert, eine verbesserte Sicherheitsstrategie unter Berücksichtigung der aktuellen Si­cherheitslage darzulegen und einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, durch den der Personalstand bei der Polizei bzw. im Bereich der öffentlichen Sicherheit erheblich auf­gestockt wird.“

*****

Frau Bundesminister, ich glaube, das wäre mit Geld, das Sie sinnlos für Inserate ver­schleudern, locker machbar. Da könnten Sie der Bevölkerung etwas Gutes tun und für mehr Sicherheit sorgen.

Ich möchte auch noch daran erinnern, dass ich einen Antrag für ein Exekutivdienstge­setz im Parlament liegen habe, für ein eigenes Exekutivdienstgesetz, das der Exeku­tive die Befugnisse und die finanziellen Möglichkeiten gibt, dass ihre Bediensteten mit dem Gehalt, das sie für diesen Job bekommen, den sie machen und wofür sie den Kopf hinhalten müssen, wie wir es hier gehört haben, auch anständig bezahlt werden. Das wäre das Mindeste, was wir hier alle miteinander für die Polizei und für unsere Si­cherheit tun könnten. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

16.46


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Mehr Personal für die österreichische Sicherheit“

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (480 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, das Passgesetz 1992, das Waffengesetz 1996 und das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (Sicherheits­verwaltungs-Anpassungsgesetz 2015 – SVAG 2015) (524 d.B.)

Zuletzt war im Zuge der regierungsseitigen Ankündigungen zur Steuerreform zu ver­nehmen, dass umgehend 500 weitere Finanzpolizisten in Österreich eingesetzt werden sollen. Diese sollen laut Regierung zur Betrugsbekämpfung eingesetzt werden, um die Steuerreform gegenzufinanzieren.

Diese Ankündigung sorgt für Verwunderung. Nicht nur die damit verbundene, konklu­dente Kriminalisierung der österreichischen Wirte und Gewerbetreibenden ist bedenk­lich, sondern insbesondere die Tatsache, dass die Personalsituation bei der österrei­chischen Polizei seit langer Zeit bekanntermaßen unzureichend ist. Seit geraumer Zeit wird immer wieder von „tausend neuen Polizisten“ gesprochen, wobei ausreichende Auskunft von offizieller Seite fehlt. Fragt man die Beamten, so sind die Antworten gleichlautend: Personal fehlt an allen Ecken und die Aufgaben werden immer mehr. Die Tatsachenlage gibt den Beamten Recht. Die Gesamtkriminalität stagniert auf ho-


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hem Niveau und Besserung ist nicht in Sicht. Immer neue Berichte über Einbrüche in Wohnungen und Häuser (durch Diebesbanden) verunsichern die Bevölkerung. Zudem sind die Aufklärungsquoten bei Einbrüchen weiter im einstelligen Bereich.

Insgesamt fehlt offensichtlich eine geeignete Strategie der Innenministerin, um die lan­ge bekannten Probleme endlich zu lösen, sowie um auf aktuelle Entwicklungen flexibel reagieren zu können.

Demgegenüber hat der deutsche Bundesminister für Inneres Thomas de Maizière den Ernst der Lage erkannt. Diesbezüglich äußerte er sich wie folgt:

De Maizière: Wir haben uns das genau angeschaut. Da, wo noch Lücken sind, müssen wir diese schließen. Daran arbeiten wir. Unsere Ausstattung gegen Angriffe mit be­stimmten Waffen ist lückenhaft. Vor allem die Bereitschaftspolizeien der Bundesländer, aber auch die der Bundespolizei sind durch Großeinsätze in den Bereichen Migration, Großdemonstrationen und Fußballspiele sehr belastet. Hier benötigen wir mehr Per­sonal – genauso beim Bundeskriminalamt und beim Verfassungsschutz, um besser er­mitteln und observieren zu können. Darüber verhandele ich mit dem Finanzminister.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Inneres werden auf­gefordert, eine verbesserte Sicherheitsstrategie unter Berücksichtigung der aktuellen Sicherheitslage darzulegen, und einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, durch den der Personalstand bei der Polizei bzw. im Bereich der öffentlichen Sicherheit erheblich auf­gestockt wird.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leit­ner zu Wort. – Bitte.

 


16.47.10

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Geschätzte Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Wenn heute das Sicherheitsverwaltungs-Anpassungsgesetz im Par­lament beschlossen wird, vor allem von allen parlamentarischen Parteien, die hier ver­treten sind, so ist das ein sehr gutes Signal. Dann stehen hier drei Gesetze im Mittel­punkt: das Meldegesetz, das Passgesetz und das Waffengesetz.

Ich darf in aller Kürze noch einmal die Neuerungen in den einzelnen Gesetzesmaterien zusammenfassen.

Ich darf mit dem Meldegesetz beginnen. Was haben wir diesbezüglich vor? – Es wurde heute schon darauf eingegangen, dass sich gerade jene Personen, die Opfer von Ge­walt waren und eine Notwohnung in Anspruch nehmen, bisher bei der Adresse der Not­wohnung melden mussten. In Zukunft soll es so sein, dass nicht die Adresse der Not­wohnung angegeben werden muss, sondern nur die Adresse der Einrichtung bezie­hungsweise der Institution, die die Frau betreut, angegeben werden muss. Das ist eine ganz klare Maßnahme, durch die wir den Schutz des Opfers erhöhen wollen.

Zum anderen: Was verändern wir im Passwesen? – Wenn es eine gerichtliche Anord­nung gibt, die vorsieht, einem Kind das Reisedokument abzunehmen, soll in Zukunft die Passbehörde sofort informiert werden. Warum? Damit hier nicht ein nichtberech-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 163

tigter Elternteil angeben kann, der Pass sei verlorengegangen, man brauche einen neu­en Pass, dann ein neuer Pass ausgestellt wird und in etwaigen Fällen vielleicht das Kind eben vom nichtberechtigten Elternteil außer Landes gebracht wird beziehungs­weise dieser sich mit dem Kind gemeinsam absetzt. Das ist eine ganz wichtige Maß­nahme zum Schutz des Kindes.

Zum Dritten: Neuerungen im Waffengesetz. – Ja, diese Neuerungen tragen dazu bei, im Sinne der Bürgerfreundlichkeit eine Waffenregisterbescheinigung auch mit der Bür­gerkarte zu bekommen. – Das alles sind Neuerungen und Adaptierungen im Sinne von Verwaltungsvereinfachung und von mehr Bürgerservice.

Ich sage hier ein herzliches Danke, auch für die aktive Mitarbeit aller Abgeordneten und dafür, dass Konsens darüber besteht, das heute auch zu beschließen.

Gestatten Sie mir aber noch einen Hinweis speziell für Herrn Abgeordneten Hagen, der immer wieder – egal, welche Plenarsitzung oder welche Ausschusssitzung es ist – neue, zusätzliche Polizistinnen und Polizisten fordert. Ich sage es noch einmal speziell für Sie, Herr Abgeordneter: Sie wissen, dass wir vereinbart haben, dass es in dieser Legislatur­periode 1 000 Planstellen mehr für die Polizei geben wird. Das habe ich Ihnen schon des Öfteren bestätigt und ich kann Ihnen nur sagen: Das ist so sicher, wie dass nach dem Winter der Frühling kommt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

16.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. – Bitte.

 


16.50.54

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Geschätz-
te Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mit diesem Si­cherheitsverwaltungs-Anpassungsgesetz werden drei Bereiche – Meldewesen, Pass­wesen und Waffenwesen – gesetzlich neu geregelt. Frau Bundesminister Mikl-Leitner hat es schon betont: Es geht dabei darum, aktuellen Anforderungen Rechnung zu tra­gen und Verwaltungsvereinfachungen durchzuführen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern da entgegenkommen.

Ich darf kurz auf eine, glaube ich, relativ spezielle Änderung in diesem Gesetz einge­hen. Es geht beim Zentralen Waffenregister auch um die Waffen von sogenannten Tra­ditionsvereinen. Als Tiroler hatte man da den klaren Auftrag, für die 235 Schützenkom­panien mit über 11 600 Gewehren und insgesamt fast 15 000 Vereinsmitgliedern Er­leichterungen oder praktische Handhabungen für die Erfüllung dieser Auflagen zu schaf­fen. Künftig wird es eben möglich sein, sich online mittels Bürgerkarte und Handy-Sig­natur kostenlos und unbürokratisch einzutragen.

Aber wichtig ist auch, glaube ich, dass die Vereine nicht überaus finanziell belastet werden, sondern dass es die sogenannten Waffenmeister möglich machen, die Regis­trierungen durchzuführen, und wenn es zu einem Wechsel bei den Waffenmeistern kommt, können die entsprechenden Registrierungen selbstverständlich von diesen durch­geführt werden. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Also insgesamt ist auch wichtig, dass es, wenn zum Beispiel eine Registrierung ungewollt verspätet durchgeführt wird, keine Bestrafung dafür gibt.

Ich möchte mich außerordentlich dafür bedanken – seit zwei Jahren diskutieren wir in­tern, besonders auch mit den Vertretern der Tiroler Schützen –, dass die Frau Bundes­minister uns wirklich in diese Materie eingebunden hat. Auch die beiden Sicherheits­sprecher Werner Amon und Otto Pendl haben uns maßgeblich unterstützt. Es geht ja darum, dass wir die Gesetze für die Bürgerinnen und Bürger – in diesem Falle beson­ders für das Schützenwesen – so praktikabel wie möglich gestalten. Abschließend


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möchte ich mich bei unserem Schützenkommandanten Fritz Tiefenthaler und Waffen­meister Hans Eller bedanken, die einige Male nach Wien gepilgert sind und sich einge­bracht haben.

Insgesamt kommt man wieder den Menschen entgegen und ich glaube, die Praxis wird zeigen, dass auch solche Gesetzesänderungen durchaus vor Ort Nutzen bringen. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Lud­wig zu Wort. – Bitte.

 


16.53.29

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Sicherheitsverwaltungs-Anpas­sungsgesetz ist eine Konsensmaterie.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die wichtige Änderung im Meldewesen einge­hen. Es wird in Zukunft Menschen, die von Gewalt betroffen sind – es sind halt sehr oft Frauen davon betroffen –, noch besserer Schutz gewährt, wenn sie die Anmeldung nicht mehr in der Notwohnung machen müssen, sondern in der Betreuungseinrichtung, die diese Notwohnung betreibt.

Ich denke, das ist eine ganz wichtige Maßnahme, wenn man sich vor allem auch die Zahlen verdeutlicht, wie viele Menschen, wie viele Frauen und Kinder in Österreich von Gewalt betroffen sind. Ich habe das heute erhoben: Im Jahr 2013 wurden österreich­weit 8 306 Betretungsverbote verhängt. Es gab 16 624 Opfer familiärer Gewalt, die von Gewaltschutzzentren oder Interventionsstellen betreut wurden. Davon waren 87,2 Pro­zent Frauen oder Mädchen, und 91,2 Prozent der Gefährder waren männlich. Das sind schon Zahlen, denke ich, die für sich sprechen. Es gab 2 139 Anträge auf einstweilige Verfügung, die auch mit der Unterstützung von Gewaltschutzzentren und Interventions­stellen gestellt wurden, und es wurden 2 955 Menschen im Rahmen der Prozessbe­gleitung unterstützt.

Ich denke, gerade das zeigt auch, dass diese Maßnahme, die wir heute beschließen werden, eine ganz wichtige ist, die sich in eine Vielzahl von anderen Maßnahmen ein­reiht, die von der Frau Innenministerin, aber auch von der Frau Frauenministerin durch­gesetzt worden sind. Ich erinnere zum Beispiel an den Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen, der wirklich gemeinsam mit einer interministeriellen Arbeitsgruppe erarbeitet wurde und bei dem man eine Koordinierung der vielen Maßnahmen, die es in Österreich gibt, anstrebt, damit man den Opfern noch besseren Schutz bieten kann. Das ist eine sehr wichtige Maßnahme.

Ein anderes Beispiel ist die Kampagne „GewaltFREI leben“, die gemeinsam mit den Frauenhäusern, der Bundes-Jugendorganisation und den Interventionsstellen aus Wien gestaltet worden ist. Bei dieser Kampagne sollte die Gewaltschutz-Nummer besser in den Mittelpunkt gestellt und noch bekannter gemacht werden, sodass Frauen und Kin­der sich noch schneller an Hilfsorganisationen wenden können.

Ich erinnere auch an die vielen Aktionen im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt“, bei denen in vielen Städten und in vielen Orten Österreichs auf die Gewalt in der Familie aufmerksam gemacht wurde und wo immer darauf hingewiesen wird, dass – und deswegen bin ich froh, dass heute alle diesem Antrag zustimmen werden – Gewalt in der Familie niemals privat ist, dass sie uns alle – die Gesellschaft – angeht, und auch das eine oder andere Mal darauf hingewiesen wird, dass Frauen den Mut haben sollen, aus Gewaltbeziehungen auszusteigen, und dass den Frauen vor allem auch immer ei­nes gesagt werden muss, nämlich dass die Schuld immer beim Täter liegt, damit sie die Schuld nicht bei sich selbst suchen. (Beifall der Abg. Kucharowits.)


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Ich danke allen, die diesem Antrag heute die Zustimmung geben werden. Ich bin si­cher, dass wir mit dieser Änderung im Meldewesen einen weiteren wichtigen Baustein zum Schutz von Gewaltopfern setzen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Bitte.

 


16.56.46

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle des Waffengesetzes, die wir heute unter anderem beschließen, beinhaltet endlich die auch von uns geforderte Am­nestie für Waffenbesitzer, die sich nicht rechtzeitig mit der Frist 30. Juni 2014 registriert haben. Das wird heute endlich und Gott sei Dank repariert.

Die Frau Ministerin ging vorher in ihrer Rede kurz auf die Punkte, die geändert wurden und heute beschlossen werden, ein. Dabei hat sie vielleicht absichtlich oder unabsicht­lich – das weiß ich nicht – vergessen zu erwähnen, dass diese Gesetzesänderung im Waffengesetz bezüglich der Registrierungspflicht auf eine Initiative des Teams Stro­nach und der IWÖ, der Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich, zu­rückgeht.

Wir haben nämlich eine Petition zu diesem Thema gestartet – auch nach dem Chaos, das am 30. Juni 2014 stattgefunden hat, als im Innenministerium die Server abgestürzt sind und keine Registrierung möglich war und ein Sprecher Ihres Hauses, Frau Minis­terin, damals noch gesagt hat, die Waffenbesitzer hätten immerhin zwei Jahre Zeit ge­habt, um die Meldungen zu machen, weswegen es nicht erforderlich sei, wegen eines kurzfristigen Stromausfalls ein neues Gesetz zu beschließen.

Heute sind wir Gott sei Dank so weit, dass wir das hier im Hohen Haus reparieren und die Amnestie hier beschließen, eine Amnestie für die unbescholtenen Bürger, die ei­gentlich – wie es Ihr Sprecher ausgedrückt hat – über Nacht kriminalisiert wurden, nur weil sie sich nicht rechtzeitig registrieren konnten, weil einerseits die Information Ihres Hauses nicht ausreichend war und andererseits die technischen Voraussetzungen ein­fach nicht vorhanden waren und der Server abgestürzt ist.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte und der auch den Waffenbereich und das Waffengesetz betrifft: Meines Erachtens wurde leider die Chance vertan, das Waf­fengesetz allgemein zu reformieren, also zu vereinfachen und zu verbessern, meine sehr geehrten Damen und Herren! Denn es liegt noch viel im Argen. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte auch die Problematik der Waffenpassvergabe ansprechen, denn es ist – wie wir schon wissen, wir haben es ja schon oft genug diskutiert – sogar für Exekutiv­beamte außer Dienst nahezu unmöglich, einen Waffenpass zu bekommen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Der zweite Punkt meiner Petition, die ich schon angesprochen habe, die übrigens sehr erfolgreich ist und schon über 6 000 Unterstützer hat – sie läuft noch bis 14. April und ist auf der Parlamentshomepage zu unterstützen –, beschäftigt sich eben mit dem leich­teren Zugang zum Waffenpass, sodass jeder unbescholtene Bürger auch das Recht hat, einen Waffenpass zu bekommen. Selbstverteidigung muss ein Bedarfsgrund wer­den und einen Rechtsanspruch auf einen Waffenpass begründen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach.)

Das schon allein aufgrund der steigenden Einbruchszahlen, der steigenden Kriminalität und auch des nicht ausreichend befriedigten Sicherheitsbedürfnisses der Österreiche-


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rinnen und Österreicher. Ich habe schon dieses Ergebnis einer Studie, die wir in Auf­trag gegeben haben, erwähnt: 67 Prozent der Befragten sehen ihr Sicherheitsbedürfnis durch die Politik nicht befriedigt. Das sind Zahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die uns auch zu denken geben sollten und die hier auch nicht missachtet wer­den sollen, sondern hier hätte eine Änderung stattfinden sollen, die wesentlich weiter gehen hätte sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es muss Schluss damit sein, dass den Bür­gern einerseits immer mehr Pflichten auferlegt werden – wir haben es ja in der heuti­gen Debatte auch wieder gehört, dass immer mehr Steuern auf die Bürger zukom­men –, und andererseits werden ihnen immer weniger Rechte eingeräumt! Das Recht auf Selbstverteidigung wird ihnen genommen. Ein unbescholtener Bürger muss das Recht auf Selbstverteidigung haben und auch das Recht, einen Waffenpass zu bekom­men. Und darum müssen die Ermessensbestimmungen aus den §§ 21 und 22 ge­strichen werden, damit das abgestellt wird und jeder Bürger sich selbst verteidigen kann und auch das Recht dazu hat. – Danke. (Beifall des Abg. Hagen.)

17.01

17.01.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich erkenne keinen Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 524 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zu­stimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls wieder Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ha­gen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheitsoffensive für Österreich: Mehr Per­sonal für die österreichische Sicherheit“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit und somit abgelehnt.

17.02.237. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (483 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Be­kämpfung der Kriminalität (525 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


17.03.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde es ebenfalls wieder kurz machen. Im Gegensatz zur letzten Materie werden wir diesmal nicht zustimmen, aus drei ganz kurz genannten Gründen.


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Zum Ersten handelt es sich ja auch um den Austausch von Daten von kriminalpolizeili­cher Relevanz, und es ist nicht ganz verständlich, warum das Justizministerium und die Staatsanwaltschaften in diesem Übereinkommen beziehungsweise in dessen Vollziehung nicht vorkommen.

Zweitens: Die gesetzlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Datenübermittlung sind nicht präzise genug und nicht präzise genug in diesem Abkommen gefasst.

Deswegen gibt es – drittens – vonseiten unserer Juristen sehr gut begründete und star­ke Bedenken, dass dem Legalitätsprinzip Genüge getan ist, das heißt, die notwendige Determiniertheit des Gesetzes gegeben ist.

Und wenn man derartige Bedenken hat, und, viertens – das füge ich persönlich hinzu –, den Zustand der Strafverfolgungsbehörden und auch der Polizei in Kiew kennt und weiß, was dort mit Daten passieren kann – schauen Sie sich nur die Spitzen der Staatsan­waltschaft in Kiew an, da kann Ihnen zum Teil wirklich das Grausen kommen; ich habe mir das in Kiew vor etwa einem Jahr angeschaut, und die Situation hat sich eher ver­schlechtert –, dann muss man bei solchen Abkommen, wo es auch um Daten von ös­terreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern geht, ganz besonders präzise vor­gehen und ganz besonders sensibel sein. Das ist in diesem Fall nicht ausreichend ge­währleistet, und deswegen werden wir ausnahmsweise nicht zustimmen. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

17.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Prinz zu Wort. – Bitte.

 


17.05.00

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Meine Damen und Herren! In gebotener Kürze: Die Bemühungen um den Ab­schluss eines Polizeikooperationsabkommens mit der Ukraine dauern ja bereits einige Jahre an. Jetzt ist es endlich so weit. Das Ziel des Abkommens ist ja die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den österreichischen und den ukrainischen Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung von zum Beispiel organisierter Kriminalität, des Terrorismus, des Menschenhandels, Drogen- und Waffenhandels oder der Kinder­pornographie, und man könnte noch einige Punkte mehr aufzählen.

Ich glaube, dass es insgesamt sehr positiv ist, dass in der Zukunft zum Zweck der Zu­sammenarbeit, insbesondere durch Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die gegenseitige Unterstützung bei der Personenprüfung, entsprechende Amtshilfeersu­chen gestellt werden können. Und – es ist vom Vorredner der Datenschutz angespro­chen worden – es ist auch entsprechend dafür gesorgt, dass bei personenbezogenen Daten die Datenschutzregelungen den entsprechenden Schutz bieten.

Geschätzte Frau Bundesministerin! Es ist dir und deinem Team herzlich zu danken, dass ein entsprechendes Abkommen ausverhandelt wurde und heute auch zu beschlie­ßen ist. Wir stimmen gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

17.06


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Weninger zu Wort. – Bitte.

 


17.06.22

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem vorlie­genden Polizeikooperationsabkommen zwischen Österreich und der Ukraine sprechen wir genau jene Thematik an, die auch Kollege Peter Pilz zu formulieren versucht hat. Sicher sind die rechtlichen und demokratischen Strukturen in der derzeitigen Ukraine


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nicht mit dem Standard, den wir in Österreich und in der Europäischen Union gewohnt sind, vergleichbar. Aber gerade deshalb halte ich es für notwendig, im Sinne des Staats­aufbaus österreichische Expertise einzubringen, so wie es die Kollegin Windbüchler-Souschill und der Kollege Lopatka, die vor Kurzem gemeinsam mit mir bei einer Kon­ferenz zur Außen- und Sicherheitspolitik in Riga waren, auch getan haben.

Dass es dabei auch zu anfänglichen Problemen kommen kann, dass man das Glas im­mer auch als halb leer sehen kann, wie Kollege Pilz es gerade getan hat, ist auch eine Tatsache. Ich habe in Erinnerung, dass das heute einstimmig über die Bühne gehen sollte, aber ich hoffe trotzdem, dass es mit großer Mehrheit geschieht. Dies vor allem deshalb, weil es nicht nur darum geht, der Ukraine auf ihrem Weg zu einer soliden De­mokratie behilflich zu sein, sondern auch darum, die Österreicherinnen und Österrei­cher konsequenter vor organisierter Kriminalität, vor Terrorismus, Schlepperei, Men­schenhandel, Wirtschaftskriminalität, Drogen- und Waffenhandel zu schützen.

Ohne hier jetzt eine außenpolitische Debatte führen zu wollen: Ich war ebenso wie Kol­lege Pilz in den letzten Jahren des Öfteren in der Ukraine. Ich habe die Causa Timo­schenko miterlebt, die in der Ukraine völlig anders gesehen wurde als in Westeuropa. Ich war als Wahlbeobachter bei der Janukowitsch-Wahl, die von allen Institutionen als eine demokratische eingeschätzt wurde. Wir haben auch alle das Ringen Europas, Russlands, der Vereinigten Staaten, der NATO um politische Vorherrschaft in der Ukrai­ne miterlebt. Gerade in dieser Situation ist das Polizeikooperationsabkommen zwi­schen Österreich und der Ukraine ein Angebot an ein Land, dessen Menschen sich in einer Phase befinden, in der sie sich zu orientieren versuchen, den Wunsch haben, friedlich und unter schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen ihr eigenes Land aufzubauen. Wir sollten in all diesen Bereichen unsere Expertise und Unterstüt­zung anbieten.

Dieses polizeiliche Abkommen ist ein erster konkreter Schritt. Ich glaube, dass es noch viele andere Möglichkeiten gibt – auch im Bereich der Verwaltung et cetera –, den Men­schen in der Ukraine beim Staatsaufbau zu helfen. In diesem Sinne unterstützt die SPÖ dieses Abkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort. – Bitte.

 


17.09.33

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Sicherheit ist für alle Österreicherinnen und Österreicher ein wichtiges Thema, das bestätigen uns ein­schlägige Untersuchungen immer wieder aufs Neue. Besonders der Frage der Sicher­heit im persönlichen Umfeld – also Themen wie Taschendiebstahl, Einbrüche und so weiter – messen die Bürgerinnen und Bürger Österreichs eine besondere Bedeutung zu.

Aber natürlich werden auch der Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität als sehr wichtig empfunden. Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, wäre es in ei­ner globalisierten und vernetzten Welt wahrlich naiv, anzunehmen, dass Österreich in­ternationale Bedrohungen wie Terrorismus und international hochgradig vernetzte Ver­brecherbanden alleine bekämpfen kann. Ohne die Zusammenarbeit mit ausländischen Sicherheitsbehörden wären unsere Sicherheitsbehörden im Inland im wahrsten Sinne des Wortes auf einem Auge blind, würde ich meinen.

Umso erfreulicher ist es daher, dass es nun auch mit der Ukraine ein Abkommen über polizeiliche Zusammenarbeit geben wird. Das Ziel dieses Abkommens ist eine Verbes-


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serung der Zusammenarbeit vor allem in den Bereichen organisierter Kriminalität, Ter­rorismus, Menschen-, Drogen- und Waffenhandel sowie auch Kinderpornographie.

Gerade im Bereich Menschenhandel ist die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den österreichischen und den ukrainischen Behörden wirklich sehr zu begrüßen und vor al­lem auch notwendig. Wir wissen, dass noch immer Jahr für Jahr Hunderte Frauen aus Ost- und auch aus Südosteuropa mit falschen Versprechungen auf einen Job, zum Beispiel als Kellnerin oder Kindermädchen, nach Westeuropa gelockt werden, um schlussendlich als Arbeits- oder Sexsklavinnen zu enden. Die Profite dieses menschen­verachtenden Systems streichen dann international gut vernetzte Verbrecherbanden ein.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist zu hoffen, dass die neue, intensivere Zusam­menarbeit zwischen den Polizeibehörden dazu beiträgt, die kriminellen Netzwerke da­hinter auszuheben.

Wichtig ist mir auch, noch darauf hinzuweisen, dass das vorliegende Abkommen um­fassende Datenschutzregelungen beinhaltet, welche den ordnungsgemäßen Umgang mit den persönlichen Daten sicherstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, insgesamt ist dieses Abkommen mit der Ukraine im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung sehr zu begrüßen. Ich hoffe, dass sich daraus wichtige Impulse für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ergeben werden, wo­durch beide Länder, also Österreich und auch die Ukraine, profitieren werden. Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

17.12

17.12.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­genheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 483 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

17.13.168. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 957/A(E) der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Dr. Peter Pilz, Christoph Ha­gen, Mag. Nikolaus Alm, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betref­fend illegale Überwachung durch fremde Geheimdienste (526 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


17.13.52

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, man kann das relativ kurz halten. Es ist dies ein Allparteien-Entschließungsantrag, in dem die österreichische Bundesre­gierung mit Nachdruck ersucht wird, alle Bestrebungen zu unternehmen, die sicher­stellen, dass ausländische Dienste – sei es jetzt die NSA oder das GCHQ oder andere Dienste – nicht auf illegale Weise österreichische Kommunikationsdaten verwenden, an­zapfen, was auch immer.

Die Bundesregierung wird in diesem Entschließungsantrag ersucht, alle zur Verfügung stehenden diplomatischen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um derartige Vorgän­ge zu verhindern, und sicherzustellen, dass alles, was in dem Zusammenhang gegen


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das österreichische Strafrecht verstößt, auch dementsprechend geahndet wird und dass, drittens und letztens, auch alle technischen Maßnahmen ergriffen werden, um derar­tige Vorgänge abzuwehren und zu verhindern.

In dem Zusammenhang sei noch einmal darauf verwiesen – wir haben es heute schon kurz angesprochen –, dass wir mehr oder weniger im Finale der Vorbereitung eines neu­en Staatsschutzgesetzes sind, in dem natürlich auch Themen wie Spionageabwehr, et­wa auch die Abwehr von Wirtschaftsspionage, eine wichtige Rolle spielen. Es ist letzt­lich auch im gesamtvolkswirtschaftlichen Interesse, dass es nicht zu derartigen Abflüs­sen kommt.

In diesem Sinne kann man wohl davon ausgehen, dass es eine breite Zustimmung zu diesem Antrag geben wird. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

17.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


17.15.49

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Innen­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kollegen! Seit zirka Juni 2013 haben wir uns sehr intensiv mit dem Thema illegale Überwachung durch fremde Ge­heimdienste beschäftigt. Wir verdanken es einer Person, die sich sehr engagiert hat, geheime Dokumente veröffentlicht und damit aufgezeigt hat, wie die internationale Spio­nagetätigkeit der NSA mit ihren Verbündeten funktioniert.

Es ist wahrlich beachtlich, welche Vorgänge hier stattfinden, welcher Vorgangsweisen man sich bedient, um Informationen zu erlangen. Wir haben mit dem Entschließungs­antrag zum Ausdruck gebracht – die Wichtigkeit des Antrages ist auch dadurch doku­mentiert, dass es sich um einen Sechs-Parteien-Antrag handelt –, dass alle Parteien des Parlaments ganz klar gegen diese Vorgangsweise stimmen. Wir wollen nicht, dass das Kommunikationsgeheimnis bedroht, Kommunikationsdaten gespeichert, abgefan­gen oder überwacht werden. Wir wollen weiters, dass die Bundesregierung weitere Ak­zente setzt: Akzente dahin gehend, die diplomatischen und rechtlichen Mittel auszu­schöpfen, um hier weiter tätig zu werden, das österreichische Strafrecht entsprechend auszuschöpfen, um vielleicht auch gegen Personen tätig zu werden, sowie technische und regulative Maßnahmen zur Abwehr umzusetzen – und zusätzlich, und das ist be­sonders wichtig, auf europäischer Ebene für eine Stärkung der technologischen Unab­hängigkeit Europas einzutreten.

Der Aufdecker, der Enthüller, Hinweisgeber, der Whistleblower Edward Joseph Snow­den wurde 1983 geboren. Er hat Informatik studiert, war bei der US-Armee, als IT-Si­cherheitstechniker bei der CIA und bei Beratungsunternehmen im Auftrag des US-Nachrichtendienstes NSA tätig und hat Zugang zu streng geheimen Daten von US-Überwachungsprogrammen, aber auch von britischen Überwachungsprogrammen be­kommen. Er hat, seit er am 9. Juni öffentlich kundgetan hat, dass er der Informant ist, eine sehr turbulente Reise hinter sich, wobei wenige Tage später vom FBI ein Haftbe­fehl erlassen worden ist.

Ich möchte hier deshalb seinen Beweggrund anführen und zitiere aus dem Interview mit Greenwald:

„Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird. Solche Bedingungen bin ich weder bereit zu unterstützen, noch will ich unter sol­chen leben.“

Ich glaube, das sagt sehr viel aus.

Es gibt auch einen Bezug Snowdens zu Österreich – das möchte ich noch kurz er­wähnen –: Es hat am 2. Juli 2013 in Wien ein Zwischenstopp des bolivianischen Präsi-


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denten stattgefunden, weil vermutet wurde, dass Snowden in dessen Flugzeug sei. Die Überfluggenehmigungen von Frankreich, Spanien, Portugal und Italien sind entzogen worden. Einige Staaten haben das nachträglich abgestritten, wie Spanien und Frank­reich. Vom französischen Außenministerium ist der Entzug der Überfluggenehmigung später zumindest als „administratives Missgeschick“ umgedeutet worden.

Abschließend möchte ich noch kurz erwähnen, dass es durch die Überwachungsmög­lichkeiten auch zu einem echten Tabubruch gekommen ist. Nach dem Vorfall von 9/11 wurden ja viele Kommunikationsüberwachungsmaßnahmen auf Grundlage von Rege­lungen zur Terrorbekämpfung gesetzt, aber das Beispiel London im Jahr 2009, wo sys­tematisch Politiker anderer Nationen überwacht worden sind, wo auch E-Mails, Compu­ter und so weiter ausspioniert worden sind – auch über den G 20-Gipfel hinaus –, zeigt, welche Maßnahmen da getroffen wurden: nicht um Terrorismus abzuwehren, sondern auch, um aus wirtschaftlichen und politischen Gründen Vorteile zu sichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.20.02

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich sind wir alle nicht so naiv, um nicht zu wissen, dass Geheimdienste Aktivitäten setzen und versuchen, an Informationen heranzukommen. Die Enthüllungen von Snowden waren allerdings schon eine wirklich interessante Erfahrung, denn diese Dimension war, glaube ich, doch den meisten Menschen in Europa nicht bekannt. Es ist natürlich auch richtig, dass wir uns gegen alle Geheimdienstaktivitäten, die sich gegen uns richten, wehren müssen, und zwar egal, woher sie kommen, aber die der USA haben schon eine be­stimmte Qualität, und deswegen müssen wir uns schon auch damit besonders befassen.

Erstens einmal haben wir eine besondere Freundschaft mit den USA. Das heißt, wir werden von Freunden belauscht und überwacht. Und zweitens ist die USA der Liefe­rant der meisten Hard- und Software, und es werden, wie wir jetzt ja immer mehr mit­gekommen, bereits in dieser Hard- und Software die Überwachungs- und Spionage­maßnahmen eingebaut. Und das ist genau der heikle Punkt, warum es besonders in­teressant ist, sich damit zu beschäftigen.

China zum Beispiel überprüft alle Hardware-Produkte, die es aus dem Ausland bezieht, darauf, ob diese in irgendeiner Form befallen sind. Die machen in China einen Riesen­aufwand, den wir uns in Österreich in dieser Form nicht leisten können, das ist schon klar. Aber das wäre eine Initiative, die man tatsächlich auf europäischer Ebene ergrei­fen müsste, wo man sagen müsste: Wenn etwas geliefert wird und wir einen Verdacht haben – und den hat man mittlerweile bei allen derartigen Produkten –, dann müssen wir uns das zuerst einmal genau anschauen und dann allenfalls verhindern, dass die­ses Produkt in den Handel kommt, vor allem dürfen wir es schon gar nicht in Ministe­rien und anderswo einbauen!

Die Qualität der Überwachung ist, wie bereits angesprochen wurde, wirklich ungeheu­erlich. UPC und Chello.at werden über Glasfaserkabel abgesaugt. Es wird eins zu eins alles, was da läuft, abgesaugt über die Software, mit der an sich der E-Mail-Verkehr gesichert werden soll, und, und, und. Das sind so unglaubliche Maßnahmen, die da gesetzt werden, bis hin zu den Skurrilitäten, dass die deutsche Bundeskanzlerin abge­hört wird oder die EU-Kommission, also die Befreundeten schlechthin.

Man muss da schlicht und einfach sagen: Das ist so ungeheuerlich, dass man da nicht wegschauen kann. Und daher bin ich froh, dass es diesen gemeinsamen Antrag gibt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 172

Er ist ja an sich eine Selbstverständlichkeit, was die Formulierung betrifft, aber trotz­dem war es offenbar notwendig, dass wir hier einmal aufgewacht sind und uns gewehrt haben.

Wichtig ist, dass neben der Überwachung der Produkte, die man nach Europa einführt beziehungsweise dann letztlich nach Österreich einführt, wir auch endlich zu dem Schluss kommen, dass wir eine eigene Internet-Infrastruktur brauchen, weil diese eben fast ausschließlich in den USA stattfindet und daher dort die Möglichkeit besteht, das alles abzusaugen und dort offensichtlich auch die Regierung unmittelbar Einfluss nimmt auf die Unternehmen und sagt: Ja, pass auf, du bekommst schon einen staat­lichen Auftrag, aber dann musst du uns das vorinstallieren! So ist das definitiv. Daher müssen wir besonderes Augenmerk darauf legen.

Eigene Suchprogramme und Ähnliches kann man durchaus verstärken, das gibt es zum Teil schon. Man muss aber dafür auch das Bewusstsein schaffen und man muss in Österreich beziehungsweise in Europa alles, was möglich ist, zumindest in diesem Be­reich ergreifen.

Daher kann ich nur sagen: Gut, dass es diesen Antrag gibt. Es ist zumindest ein erstes Aufwachen. Aber es muss dabei bleiben, dass wir den Mut haben, hier auch tatsäch­lich die Stirn zu bieten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Pilz.)

17.23


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


17.23.59

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Das haben wir ganz gut gemacht: Es gibt außer uns kein einziges Parlament – nicht nur in der Euro­päischen Union –, das einstimmig einen derartig klaren Beschluss gefasst hat. Das wird auch Folgen haben. Das hat jetzt schon Folgen in der Diskussion in Berlin und in anderen Parlamenten. Wir haben die Chance, auch andere in der Europäischen Union davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, wenn Parlamente geschlossen aufstehen und sagen: Wir wollen das nicht, und wir werden alles tun, um das abzustellen!

Frau Bundesministerin! Worüber wir jetzt reden müssen, ist nicht die Bereitschaft des österreichischen Nationalrates, etwas gegen die Spionageangriffe auf die Daten unse­rer Bürgerinnen und Bürger zu unternehmen, sondern jetzt geht es um die Frage: Was macht das Justizministerium? Was macht das Innenministerium? Was machen Sie? Und da werden wir über einiges reden müssen.

Wir wissen, wo die Amerikaner spionieren. Wir wissen, wo die Amerikaner kriminelle Ak­tionen zur Ausspähung von Daten, und zwar nicht nur in Wien, setzen. Wir kennen Special Collection Service neben der UNO-City und auf dem Dach der amerikanischen Botschaft in der Boltzmanngasse. Wir kennen das Tier 2-Programm, mit dem der ame­rikanische Präsident persönlich angeordnet hat, das Hauptquartier der OSZE in Wien in eines der wichtigsten Spionageprogramme aufzunehmen. Wir kennen die Dokumen­te, dass Chello.at, das UPC angegriffen wird. Wir haben inzwischen schon ziemlich konkrete Vorstellungen, wie etwa die OSZE angegriffen worden ist. Und wir kennen die Dokumente, mit denen die damalige Außenministerin der Vereinigten Staaten Hillary Clin­ton angeordnet hat, wie in Wien die persönlichen Daten aller UN-Mitarbeiter und -Mit­arbeiterinnen auszuspionieren sind.

Sie, Frau Bundesministerin, kennen das Spionageteam persönlich, die Namen an der amerikanischen Botschaft. Sie kennen die „Country-Teams“. Sie kennen die „State Re­porting Officers“. Sie kennen die „Non-State Members“, die meist im Management ame­rikanischer Unternehmen sitzen und für die USA illegale Aktivitäten mitten in Wien ent­wickeln. Das ist bekannt. Trotzdem gibt es erstaunlich geringe Ermittlungsergebnisse.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 173

Frau Bundesministerin! Ich möchte jetzt niemandem einen Vorwurf machen – das wer­den wir uns alles noch genau anschauen, keine Vorverurteilungen –, aber ich sage jetzt einmal eines, über das wir gemeinsam nachdenken sollten: Wenn wir schon ein BVT-Gesetz machen – und ich bin sehr dafür –, dann sollten wir auch feststellen, dass ein österreichischer Verfassungsschutz, der sinnvollerweise nicht nur mit amerikanischen, sondern auch mit deutschen, britischen und französischen Nachrichtendiensten, etwa bei der Bekämpfung des Terrorismus, zusammenarbeitet, nicht gleichzeitig CIA und NSA bei ihren illegalen Aktivitäten bekämpfen kann. Das funktioniert nicht. Eine Spio­nageabwehr, ein Schutz vor Spionage, ein Schutz unserer Daten in Österreich vor NSA, GCHQ, aber auch anderen ist nicht optimal durch einen kooperierenden Verfassungs­schutz zu gewährleisten. Deswegen brauchen wir eine Trennung der Funktionen. Des­wegen bin ich dafür, beim BVT-Gesetz das mitzuverhandeln und auch ein eigenes Amt für Spionageabwehr im Rahmen des Bundesministeriums für Inneres mitzuverhandeln.

Das ist einer der nächsten wichtigen Reformschritte, die wir in Österreich vor uns ha­ben, damit unsere Spionageabwehr funktioniert und wir nicht nur auf der Ebene des Na­tionalrats, sondern auch vom Innenministerium aus NSA, CIA, GCHQ, aber auch den russischen, iranischen und chinesischen Diensten etwas entgegenzusetzen haben – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

17.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


17.28.32

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ja, man würde es nicht glauben, aber es gibt eine Initiative des Kollegen Pilz, die ich sogar loben muss, und da hat er sicher den richtigen Punkt getroffen. Die­ser Allparteienantrag wird auch vom Team Stronach unterstützt. Das ist eine berech­tigte Forderung. Wir kennen alle die Medienberichte, wie Österreich von Amerika aus­spioniert wird, vom CIA, von der NSA und was ich weiß alles. Das hat seine Berechti­gung und deswegen mein Lob. Das war eine gute Initiative, Herr Kollege Pilz. Also auch einmal ein Lob und nicht nur Tadel.

Meine Damen und Herren, enttäuscht war ich allerdings vom Kollegen Plessl von der SPÖ. Kollege Plessl ist ausgebildeter Polizeibeamter, aber derzeit als Bürgermeister und als Nationalratsabgeordneter von seinem Dienst als solcher komplett freigestellt. Ich bin al­so in diesem Hohen Haus der einzige aktive Polizeibeamte. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Meine Damen und Herren! Jetzt muss ich schon sagen: Wenn sich der Kollege Plessl ein bisschen auf die Dienststellen begeben würde, dann wüsste er, was für eine Perso­nalnot die Exekutive hat. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Deswegen bin ich sehr ent­täuscht von dir, denn ich kann nicht sagen, 181 hier herinnen können es vielleicht nicht so gut wissen wie wir beide. Ich meine, du solltest dich einmal zu deinen Kollegen bege­ben und dort einmal nachfragen, wie die Personalsituation wirklich ausschaut und wo die wirklichen Probleme liegen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Plessl.)

Deswegen hat ja mein Antrag tatsächlich eine Berechtigung, denn ich habe sicher auch die Unterstützung der Exekutivbeamten draußen auf der Straße und in den Polizeiins­pektionen, und deswegen bin ich sehr enttäuscht von dir, dass du diesem Antrag nicht zugestimmt hast. – Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Weninger: Lass den Rudi Plessl in Ruhe!)

17.30


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 174

17.30.26

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Danke, Herr Präsident! – Ich habe es heu-
te bei meiner letzten Rede schon erwähnt, Überwachung ist der Slippery Slope zum To­talitarismus, der schiefe Abhang, auf dem wir abrutschen könnten, und es ist erstaun­lich, wie sehr wir uns in der Gesellschaft schon mit der Überwachung selbst arrangiert ha­ben.

Lassen Sie mich dazu ein Beispiel bringen. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Res­taurant und Sie bemerken, dass Menschen in diesem Raum sind, die jede Ihrer Be­wegungen aufzeichnen – die aufzeichnen, wenn Sie einen Bissen machen, sich ein Glas einschenken, wenn Sie mit jemandem sprechen, den Tisch verlassen und wieder zurückkommen. Dieses Verhalten würde niemand von uns jemals tolerieren, aber ge­nauso werden Daten über unser Verhalten online gesammelt, und es wird eine digitale Identität über uns angelegt, die weit mehr Information enthält, als wir selbst über uns wissen und wir in unserer Erinnerung speichern können.

Dieses Beispiel ist nicht von mir, sondern von Friedrich Moser, einem österreichischen Regisseur, der gerade einen Film mit dem Titel „A Good American“ fertigstellt. „A Good American“ erzählt die Geschichte des Whistleblowers Bill Binney, des ehemaligen World Technical Directors der NSA, und es ist genau die NSA, die in Utah ein Rechenzen­trum baut, das 17 Footballfelder groß ist und ein Yottabyte an Information speichern kann.

Wissen Sie, was ein Yottabyte ist? (Abg. Glawischnig-Piesczek: Nein, keine Ahnung!) Gut, dann will ich es erklären. Danke für die Frage. Ein Yottabyte ist so viel Informa­tion, wie auf einer Trillion Buchseiten gespeichert werden kann. So viel ist notwendig, um die Daten aus der Überwachung aller Menschen aufzuzeichnen. Das ergibt dann ungefähr 100 Millionen Buchseiten pro Person. Und es ist auch dieselbe NSA, die mit Geheimdiensten weltweit kontrahiert.

Deswegen ist dieser gemeinsame Entschließungsantrag auch so wichtig. Prävention und Zusammenarbeit sind die Kernpunkte zur Bekämpfung der Bedrohungen durch den Terrorismus. Die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste ist sowohl auf europäi­scher Ebene als auch international notwendiger Bestandteil der Abwehr terroristischer Gefahren. Die Zusammenarbeit darf aber nicht die anlasslose Übermittlung von perso­nenbezogenen Daten umfassen, sondern das ist auf konkrete Fälle einzuschränken.

Die Zusammenarbeit der Behörden beruht auf zwei Pfeilern. Das sind auf der einen Seite Verträge, und auf der anderen Seite ist es Vertrauen.

Verträge mit ausländischen Nachrichtendiensten sind Bestandteil der staatlichen Voll­ziehung und daher auch der parlamentarischen Kontrolle. Zur Behandlung sensibler Gegenstände der Vollziehung und aus Geheimhaltungsgründen sind im Innen- und im Landesverteidigungsausschuss jeweils Unterausschüsse vorhanden. Und wie Sie wis­sen, funktioniert diese Geheimhaltung auch. In diesen Ausschüssen hat die Prüfung der Verträge zu erfolgen. Bis heute hat die Regierung dem Parlament aber vielleicht nicht alle Verträge vorgelegt, und ich fordere die Regierung und auch die Frau Ministe­rin auf, diese Verträge schnellstmöglich der parlamentarischen Kontrolle zuzuführen.

Der zweite Punkt ist Vertrauen. Die Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiens­ten und der Austausch der Daten sind ein sehr sensibler Bereich und müssen zwischen gleichberechtigten Partnern erfolgen. Die Spionagetätigkeit von insbesondere der NSA und dem britischen Geheimdienst GCHQ zeigen aber ein gänzlich anderes Bild.

Wie ist es sonst zu erklären, dass Malware gezielt gegen Regierungen und Behörden eingesetzt wird? Auch gegen Österreich! Das zeigt uns eines: Wir werden nicht als gleichberechtigter Partner in dieser Terrorismusbekämpfung gesehen! Das überwachte Mobiltelefon von der bereits erwähnten deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wohl die Spitze des Eisbergs. Es liegt der Verdacht nahe, dass das nicht nur zur Ter-


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rorabwehr benützt wird, sondern auch der Wirtschaftsspionage und der Ausspähung eu­ropäischer Politikerinnen und Politiker dient.

Die Regierung hat dafür Sorge zu tragen, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nicht der Massenüberwachung ausländischer Geheimdienste und Nachrichten­dienste zum Opfer fallen. Wir müssen das Bewusstsein dorthin lenken, wo die tatsäch­lichen Gefahren entstehen können. Und die Gefahr geht nicht von der Gesamtbevölke­rung aus, die unter Generalverdacht gestellt wird und überwacht wird. Überwachung ist eine Methode totalitärer Systeme, und es ist die Demokratie, die da in Gefahr gerät. (Bei­fall bei den NEOS.)

17.35


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 


17.35.17

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der Schutz der Grund­rechte und des Kommunikationsgeheimnisses ist ein wesentlicher und wichtiger Be­standteil einer freien Gesellschaft. Man sollte meinen, das wäre eigentlich eine Selbst­verständlichkeit, ist es – wie man auch schon von den Vorrednern gehört hat – aber lei­der nicht.

Es ist aber unerträglich – das wurde auch schon festgehalten –, dass ausländische Nach­richtendienste, vor allem NSA und Partnerdienste, die Kommunikationsdaten österrei­chischer und europäischer Bürgerinnen und Bürger ohne Rechtsgrundlage massenhaft abfangen, speichern und überwachen. Und ich glaube, es ist gerade aus diesen Grün­den wichtig, dieses Signal zu setzen – es wurde auch schon angesprochen, dass wir da europaweit Vorreiter mit diesem Sechs-Parteien-Entschließungsantrag sind – und die Bundesregierung aufzufordern, hier entschieden dagegen vorzugehen. Die Beweg­gründe und Praktiken, die da angewendet werden, möchte ich gar nicht aufzählen, weil sie beunruhigend und in Wirklichkeit teilweise unfassbar sind.

Es ist aber unheimlich schwierig, diese Praktiken erstens zu bemerken und zweitens auch effizient zu bekämpfen. Es muss aber klar sein, dass wir dies mit allen Möglich­keiten, die mit dem Strafrecht technisch möglich sind, bekämpfen und solche Angriffe auf die Grundrechte der Österreicherinnen und Österreicher abwehren. Ich glaube, man sollte da konsequent vorgehen, und dieser Beschluss ist ein wichtiger erster Schritt da­zu. (Beifall bei der ÖVP.)

17.36


Präsident Karlheinz Kopf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungs­punkt zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Darabos. – Bitte.

 


17.36.44

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Es wurde, so wie mein Vorredner Kollege Amon schon am Beginn dieser Debatte gesagt hat, eigentlich beinahe schon im Vorfeld alles gesagt. Es ist aber doch eine wichtige Sache, und ich möchte noch einmal herausstreichen, dass es bei allen ideologischen und politischen Unterschieden in diesem Haus bemerkenswert ist, dass hier ein einstimmiger Beschluss zustande kommt. Die Vorgänge, die wir alle kennen, die die NSA, aber auch andere Geheimdienste, insbesondere den britischen Geheim­dienst, betreffen, haben nicht nur einen Aufschrei in Europa ausgelöst, sondern sind auch beängstigend.

Ich möchte darauf hinweisen – auch das wurde schon mehrfach heute gesagt –, dass Österreich hier ein Vorreiter ist, und da bin ich bei Peter Pilz, was die Gegenwehr ge­gen diese Praktiken anbelangt. Wieweit wir uns da tatsächlich wehren können, wird die Zukunft zeigen.


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Ich möchte aber auch noch – und das ist ein neuer Aspekt – dazusagen, dass natürlich eine Zusammenarbeit unserer Nachrichtendienste, derer wir drei an der Zahl haben, mit ausländischen Nachrichtendiensten durchaus auch wünschenswert ist, allerdings nur dann – und das ist in Österreich auch vorbildhaft –, wenn es völlige Transparenz gibt und wenn das österreichische Parlament, und das sind wir, auch eingebunden ist. Und ich kann aus meiner früheren Tätigkeit sagen, dass das in Österreich tatsächlich der Fall ist.

Es ist allerdings so, dass wir jetzt an einem Punkt angelangt sind, wo wir nicht auf­hören können. Die Datenabsaugmaschinerie ist ja nicht gestoppt worden. Ich bin auch sehr enttäuscht, dass der US-Senat dagegen gestimmt hat, als es darum gegangen ist, diese Aktivitäten einigermaßen einzustellen. Das heißt, wir haben gemeinsam mit der Frau Innenminister noch einiges an Arbeit vor uns.

Es geht – und da bin ich beim Kollegen Alm – auch um den Datenschutz insgesamt. Und dass das österreichische Parlament hier gemeinsam vorgeht, ist ein positives Zei­chen und ein guter Anfang in Österreich. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Pilz.)

17.39

17.39.11

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 526 der Beilagen ange­schlossene Entschließung betreffend illegale Überwachung durch fremde Geheim­dienste.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 68.)

17.39.369. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (479 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (519 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

 


17.40.02

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Die Beschlüsse der Bundesregierung der letz­ten Wochen zeigen, der Reformgeist ist ins Land eingezogen, es weht ein frischer Wind, Haushalte werden entlastet, in der Wertschöpfung und am Arbeitsmarkt werden neue Impulse gesetzt; die österreichischen Familien werden das spüren. Das schafft Zuversicht bei den Menschen. Das schafft das Gefühl, der Staat agiert auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das schafft letztendlich Zukunft und vor allem den Glauben an eine sichere Zukunft, eine Einstellung und Atmosphäre, die ich in unserer Gesellschaft bei vielen vermisse. Dabei brauchen unsere Kinder und allen voran unse­re neugeborenen Erdenbürgerinnen und -bürger Menschen, die an die Zukunft glauben, und nicht Menschen, die ihnen tagtäglich einreden, dass Österreich nichts wert wäre.

Aber wir spüren am Zuspruch zu den Maßnahmen der Bundesregierung, die Optimis­ten werden mehr. Ich sage Ihnen mit voller Überzeugung: Unsere Kinder haben ein Recht auf Menschen, die ihnen mit Respekt und Zuversicht begegnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der heutige Beschluss zur antragslosen Gewährung der Familienbeihilfe fügt sich naht­los in die aktuellen Strategien der Bundesregierung ein, die Verwaltung bürgernäher


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und schlanker zu machen. Ab Mai 2015 werden die vorhandenen Daten automatisch für die Auszahlung der Familienbeihilfe genutzt. Ein Antrag wird in der Regel nicht mehr notwendig sein, die Familien werden selbstverständlich informiert und fehlende Daten abgefragt.

Es gilt, die Verwaltung effizienter zu machen. Nach der Einführung dieses neuen Sys­tems wird es rasch zu Einsparungseffekten kommen. Sie können sich sicher sein, wir machen unsere Hausaufgaben.

Österreich wird auch familienfreundlicher werden, denn rund 80 000 Familien werden von dieser Innovation profitieren, weil keine Anträge mehr ausgefüllt werden müssen, weil Unsicherheiten vermieden werden und weil die öffentliche Hand als verlässlicher Partner unserer Familien agiert.

Mit dieser Initiative setzen Familienministerin Sophie Karmasin und Finanzminister Hans Jörg Schelling einen weiteren großen Schritt in Richtung mehr Bürokratieabbau, in Rich­tung mehr Familienfreundlichkeit. – Ein Projekt, das in vielen anderen Bereichen und Themen in unserem Land Beispielwirkung haben wird, ein Projekt, das das Leben ein­facher macht, ein Projekt, das Zuversicht gibt, und ein Projekt, das Zukunft macht. Und dafür an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.43


Präsident Karlheinz Kopf: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Lueger. – Bitte.

 


17.43.12

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte KollegIn­nen des Hohen Hauses! Wir reden heute über das Familienlastenausgleichsgesetz und befassen uns damit, dass wir heute einen Beschluss fassen, dass Familien keinen Ex­traantrag zur Auszahlung der Familienbeihilfe mehr stellen müssen. Das ist im Sinne der Familien, im Sinne der Eltern prinzipiell eine sehr gute Sache, weil die anlässlich der Geburt genug Wege zu erledigen haben.

Die Frage, die sich mir bezüglich der Umsetzung stellt, ist, wenn wir zum organisatori­schen Part kommen, ob das dann wirklich so reibungslos funktionieren wird, wie wir uns das von diesem Gesetz erwarten. Früher ist entweder der Vater oder die Mutter vor dem PC gesessen und hat das Antragsformular zum Bezug der Familienbeihilfe mit allen erforderlichen Daten ausgefüllt. Da war unter anderem auch die Kontonummer dabei. Jetzt soll es so sein, dass die Daten vom Finanzministerium über dieses ZPR, das wir voriges Jahr im Herbst beschlossen haben – das ist dieses Zentrale Personen­standsregister, mit dem die Standesämter jetzt arbeiten –, geholt werden und dann au­tomatisch ausbezahlt wird.

Dass da aber eine kleine Unschärfe vorhanden ist, zeigt sich für mich deswegen, weil in den Erläuterungen dieses Gesetzes steht, dass kein Rechtsanspruch auf diese Aus­zahlung der Familienbeihilfe besteht. Wenn es so selbstverständlich wäre und wenn es ganz so einfach funktionieren würde, dann wäre es doch möglich, auch diesen Rechts­anspruch zu haben.

Meine Befürchtung ist, dass jetzt eine Stelle, angesiedelt entweder im Finanzministe­rium oder irgendwo anders, die Eltern verständigen muss, wenn Daten fehlen. Das heißt, es verzögert sich dann auch die Auszahlung der Familienbeihilfe, mit der die El­tern eigentlich schon fix rechnen. Ich hoffe, dass das alles so nicht zustande kommt, und ich denke, dass die Frau Ministerin dafür Sorge getragen haben wird, dass das auch so funktionieren wird.

Einerseits eine sehr gute, positive, im Sinne der Bevölkerung geschaffene Verwaltungs­vereinfachung, andererseits möchte ich sagen, schauen wir uns in der Praxis an, wie


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es dann wirklich funktioniert. Nichtsdestotrotz werden wir diesem Gesetz auch zustim­men. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


17.45.53

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Einführung der monatlichen Auszahlung der Familienbeihilfe kommt jetzt die antragslose Gewährung der Familien­beihilfe.

Bei dieser Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes geht es um eine grund­sätzlich positive Angelegenheit, die eine Vereinfachung hinsichtlich des Bezugs der Fa­milienbeihilfe darstellt. Man erspart sich für Geburten in Österreich ab dem 1. Mai 2015 das Ausfüllen des Antragsformulars, und somit fällt in Zukunft der Papierkram weg. Für uns war die Tatsache entscheidend, dass der rechtmäßige Aufenthalt in Österreich auch weiterhin mit überprüft wird – was laut Bundesministerin auch in jedem Einzelfall kontrolliert und geprüft wird.

Laut den Erläuterungen ersparen sich die Familien künftig pro geborenes Kind 30 Mi­nuten Zeitaufwand. Zweifelsohne ist diese Änderung eine Entlastung. Sie ist eine Er­leichterung, die aber nicht von den wahren Problemen, mit denen Familien in Öster­reich derzeit zu kämpfen haben, ablenken soll.

Die Familien werden in vielerlei Hinsicht nicht ausreichend unterstützt. Es gibt zum Bei­spiel keine jährliche Anpassung der Familienbeihilfe, keine Anpassung des Kindergel­des an die Inflationsrate, hohe Belastungen durch Selbstbehalte bei Spitalsaufenthal­ten von Kindern. Es gibt keine Bereitschaft, die Zuverdienstgrenze beim Betreuungs­geld aufzuheben, keine Anrechnung von vier vollen Jahren Kindererziehungszeit für je­des Kind für die Pensionsversicherung und keine nennenswerte Entlastung der Fami­lien im Zuge der Steuerreform.

Frau Bundesminister, Sie verkaufen die antragslose Gewährung der Familienbeihilfe als große Entlastung. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, lassen wir doch die Kir­che im Dorf: Mit dieser Novelle erfolgt eine Entlastung der Familien im Ausmaß von 30 Minuten Zeitaufwand pro geborenes Kind, aber die wirklichen materiellen, finanziel­len, pensionsrechtlichen Probleme sind dabei bei Weitem nicht gelöst. (Beifall bei der FPÖ.)

17.48


Präsident Karlheinz Kopf: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Mag. Musiol. – Bitte.

 


17.49.04

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ja, ich finde das schon erfreulich, wenn man ab und an die Regierung loben kann. Es mag nicht der riesengroße Schritt sein – da gebe ich Vor­rednerInnen schon recht –, aber trotzdem ist es eine Erleichterung für Familien, dass sie eben nicht mehr bürokratische Schritte setzen müssen, sondern dass in gewisser Form ein Automatismus stattfindet und dass, wenn ein Kind geboren ist, man die Fa­milienbeihilfe relativ problemlos überwiesen bekommt.

Alle, die schon einmal Familienbeihilfe beantragen mussten oder bei älteren Kindern nachweisen mussten, dass sie die Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben, wis­sen, dass das zwar keine große Hürde ist, aber trotzdem irgendwie eine kleine Mühsal


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im Alltag, bei der es nicht schlecht ist, wenn man sie sich ersparen kann. Vor diesem Hintergrund gratuliere ich Ihnen, so wie ich das auch schon im Ausschuss gemacht habe.

Natürlich könnte ich mich jetzt auch herstellen und sagen, was wir alles in den letzten Jahren schon gefordert haben und was noch nicht erreicht wurde, aber ich freue mich, dass etwas erreicht wurde. Genauso haben wir schon seit Jahren die monatliche Aus­zahlung der Familienbeihilfe diskutiert, und auch die haben Sie durchgesetzt. Vor die­sem Hintergrund ist es sehr erfreulich, wenn hier einmal sehr konstruktive und auch sehr praxisorientierte Regierungsarbeit passiert.

Natürlich gibt es ganz viele Probleme, und mit denen werden wir uns auch in den nächsten Debatten zur Familienpolitik beschäftigen müssen. Aber, Herr Kollege Stras­ser, um eines komme ich jetzt leider nicht umhin: Wenn Sie sagen, dass Österreich fa­milienfreundlicher werden wird, dann ist die Frage, in welchem Ausmaß Sie dieses „fa­milienfreundlicher“ meinen, weil – ich habe es schon gesagt, es ist natürlich ein kleiner Schritt – für mich ein familienfreundliches Österreich ganz anders aussieht.

Ein familienfreundliches Österreich unterstützt nämlich alle Familien, egal, ob sie arm oder reich sind, ob sie viel Einkommen haben oder wenig Einkommen haben, ob sie aus einem Elternteil bestehen oder ob sie Patchwork-Familien sind, ob ein Kind in die­ser Familie lebt oder ganz viele Kinder in dieser Familie leben, ob die Familie über Ge­nerationen in Österreich geboren wurde oder ob es die erste Generation ist, die nach Flucht oder nach Verlassen ihres Heimatlandes in Österreich Fuß gefasst hat, und vor allem – und (in Richtung ÖVP) das geht jetzt absichtlich in Ihre Richtung – ob es sich um eine Familie handelt, in der es einen Vater und eine Mutter gibt, oder um eine Fa­milie, in der es einen Vater und einen Vater gibt, oder ob es sich um eine Familie han­delt, in der es eine Mutter und eine Mutter gibt.

Da haben wir noch ganz viele Schritte zu setzen, um das Prädikat „familienfreundlich“ in dem Sinne, wie ich es meine und wie es die Grünen meinen, wirklich zu verdienen. (Beifall bei den Grünen.)

17.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


17.52.10

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf den Tribü­nen und an den Fernsehgeräten! (Der Redner platziert ein tönernes Sparschwein, an wel­chem ein kleiner Hammer angebracht ist, auf dem Rednerpult.) Ich hätte dieses Spar­schwein natürlich gerne unserer Familienministerin geschenkt, aber das ist ein spe­zielles, das extra für den Herrn Finanzminister angekauft wurde, weil er im Zuge eines Zeitungsinterviews am Sonntag gesagt hat, dass man mit einem ersten Enkel, zu dem ich ihm übrigens herzlich gratulieren möchte, die Probleme ganz anders sieht. Ich glau­be, das wäre notwendig, um die heute bereits angesprochene Enkel-taugliche Politik besonders in der Familienpolitik umzusetzen – wo denn sonst?! (Abg. Hammer: Wech­selst du jetzt zu den NEOS? Die sagen das immer!)

Herr Kollege Strasser, ich bin sehr zuversichtlich, weil du vom riesigen Reformgeist ge­sprochen hast und weil jetzt Frühjahr ist und alles zu wachsen beginnt, dass der Re­formgeist bei der Bundesregierung endlich einkehren möge. Wir werden dann bei ei­nem weiteren Tagesordnungspunkt dazu kommen, wieweit die Familien nachhinken, weil die bisherigen Regierungen, denen auch Vertreter deiner Partei angehört haben, die­sen Reformgeist nicht gehabt haben.

Wenn wir bei diesem Punkt von Bürokratieabbau sprechen, dann werde ich das unter­stützen – da sind auch wir dafür. Das ist aber nur ein ganz kleiner, ein Miniminianteil in


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einem gesamten Menschenleben. Wir wissen, die Leute werden heute älter. Wir wis­sen auch, welch ein Wust an Bürokratie und Kontrolle auf diese neugeborenen Kinder, die jetzt Gott sei Dank ohne Formular schon die Familienbeihilfe bekommen, zukommt, angefangen vom Studium über das Berufsleben bis zum Pflegegeld. Das wurde heute bei der laufenden Steuerreformdebatte ausführlich debattiert.

Frau Minister, wenn laut Sozialbericht die Familiengelder um 59 Prozent weniger als die anderen Sozialgelder gestiegen sind, dann kann man diesen Reformgeist bei Gott noch nicht spüren, und ich glaube, da gilt es unbedingt anzusetzen. (Beifall beim Team Stronach.)

Mir wurde heute im Zuge der Debatte zur Steuerreform klar, warum manche Regierungs­mitglieder, egal welcher Couleur, darüber, was hier geleistet wurde, so euphorisch sind. An und für sich war ich entsetzt, dass Kollege Wöginger von Arbeitergehältern von 4 000 € spricht. Ich komme aus dem Industriebezirk Vöcklabruck, und diese Arbeiter, glaube ich, müssen wir erst finden – oder es ist eine Spätfolge von zu viel Fernsehen. (Abg. Fekter: Geh, du kommst aus dem ländlichen Raum! Gib es zu!) Da hat es doch einmal den Dietmar Schönherr mit „Wünsch Dir was“ gegeben. Ich glaube, das könn­ten Spätfolgen sein, denn wenn wir uns die tatsächlichen Gehälter ansehen, die ver­dient werden (Abg. Loacker: Da musst du im Betrieb Fekter arbeiten, da bekommst du das!), wird uns klar, warum so viele Familien in einem finanziellen Notstand sind.

Im Sozialbericht sehen wir genau, dass besonders Alleinerzieher und Mehrkinderfami­lien – also mit zwei, drei und mehr Kindern – in finanziellen Engpässen sind. Deshalb, glaube ich, gilt es, besonders in diesem Bereich auch wirklich wirksame Maßnahmen zu setzen, dass Alleinerzieher oder Ehepaare – ich glaube, dass Vater, Mutter, Kind immer noch das Idealbild ist, weil die Kinder ein Recht auf Eltern haben –, die sich ein zweites oder drittes Kind wünschen, dafür auch die finanziellen Rahmenbedingungen haben. Fakt ist doch viel mehr, dass es viele Familien gibt, die sich schlichtweg kein zweites oder drittes Kind leisten können.

Ich glaube, hier gilt es anzusetzen, um ordentliche Rahmenbedingungen zu schaffen, weil die Familie die wichtigste Zelle in unserem Staat ist. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

17.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Bundesministerin Dr. Karmasin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


17.56.33

Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Kollegen und Kolleginnen! Verehrte Bürger- und Bürgerinnen, Fa­milien! Ich glaube, die antragslose Gewährung der Familienbeihilfe ist ein ganz wesent­licher Schritt. Da wir letztes Jahr schon die Familienbeihilfe erhöhen konnten, sie auf eine monatliche Auszahlung umgestellt haben und auch die Anspruchsgruppen in ein­zelnen Teilbereichen erweitern konnten, ist das jetzt ein wesentlicher Schritt auf dem Weg hin zum familienfreundlichsten Land Europas. Wir werden mit der antragslosen Gewährung der Familienbeihilfe nicht alles lösen, was auf diesem Weg noch notwendig ist, aber doch einen wesentlichen Baustein ergänzen.

Warum ist die antragslose Gewährung der Familienbeihilfe aus meiner Sicht eine so gro­ße Sache? – Weil es tatsächlich eine Revolution ist, insofern, als der Staat das erste Mal eine Geldleistung dem Bürger, den Familien proaktiv übermittelt. Zum Ersten ist das schon eine Haltungsfrage und der Ausdruck einer familien- und bürgernahen Poli­tik. Zum Zweiten geht es auch darum, dass die neuen Technologien der Informations­verarbeitung mit dieser antragslosen Gewährung der Familienbeihilfe optimal genutzt werden und der Staat sich dementsprechend modern und unbürokratisch aufstellt.


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Wir sehen, dass das eine Win-win-Situation für beide Seiten ist. Einerseits sparen Fa­milien im Jahr 280 000 Stunden ein – damit ergibt sich mehr Zeit für die Familie, und das ist in der Tat ein Baustein auf dem Weg hin zu einem familienfreundlichen Öster­reich (Beifall bei der ÖVP) –, andererseits geht es natürlich auch darum, dass es nicht nur den Familien Zeit, Mühe und Nerven spart, sondern auch dem Staat Verwaltungs­aufwand in Form von Kopierkosten, Administrationsaufwand und natürlich Personalauf­wand.

Es wird hier in der Tat eine Personengruppe im zweistelligen Bereich eingespart, die in anderen Bereichen viel effizienter und sinnvoller eingesetzt werden kann. Das ist schon eine beachtliche Verwaltungsvereinfachung und Effizienzsteigerung.

Wie funktioniert das ganz konkret? – Für Geburten ab 1. Mai wird die Familienbeihilfe antragslos gewährt und ausbezahlt. Bei Familien, die bereits ein Kind haben, gibt es schon eine Kontonummer, da wird die Familienbeihilfe automatisiert übermittelt. In den Fällen, in denen es noch keine Kontonummer gibt, diese nicht im System hinterlegt ist, wird ein Informationsschreiben an die Familie, in dem Fall an die Mutter, übermittelt. Darin wird die gewünschte Kontonummer eingetragen und dann unmittelbar das Geld überwiesen. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Kontonummer jederzeit zu ändern, wenn das der Wunsch ist. Die fehlenden Daten werden jedenfalls über ein In­formationsschreiben eingeholt, und dann wird die Familienbeihilfe unmittelbar ausbe­zahlt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.59


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Frau Bundesministerin.

Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Hammer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.59.43

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Steinbichler, ich darf im Auftrag meines Kollegen August Wöginger noch einmal berichtigen: Er hat bei der Debatte zur Steuerreform einige Beispiele von Einkommensbeziehern, von Arbeit­nehmern mit 2 000, 3 000, 4 000 € Einkommen genannt, er hat nicht davon gespro­chen, dass das Durchschnittseinkommen 4 000 € beträgt. – Das möchte ich berichti­gen. (Abg. Steinbichler: Das hört sich von da oben ganz anders an! – Zwischenruf bei der SPÖ.) Aber anscheinend dürftest du da nicht genau aufgepasst haben, denn du bist heute so quasi auf dem NEOS-Trip. Bei der ersten Rede hast du einen Baum um­armt und ans Rednerpult getragen, und jetzt sprichst du von „Enkel-fit“. Bei dir steht anscheinend der x-te Parteiwechsel kurz bevor. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Yilmaz. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Ein landläufiger Spruch in Österreich lautet: „Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare“, und ich glaube, mit diesem Beschluss, den wir heute fassen, können wir genau am Beginn des Lebens, an der Wiege, einen wichtigen Schritt setzen, dass kei­ne Formulare mehr ausgefüllt werden, dass nichts mehr beantragt werden muss und man sich bürokratischen Aufwand erspart. Ich glaube, das ist ein wichtiger und richtiger Schritt, ein Reformschritt, eine Vereinfachung in der Verwaltung. Wir haben hier im Ho­hen Haus die Einführung eines Zentralen Personenstandsregisters beschlossen, das die Grundlage für diese Umsetzung ist. Damit setzen wir für rund 80 000 Familien ei­nen wichtigen Schritt: Sie sparen sich die Beantragung der Familienbeihilfe.

Ich darf nochmals festhalten – Frau Bundesminister Karmasin hat es in ihrem Beitrag auch gesagt, aber es wird immer wieder vergessen –, dass natürlich die Familienbei­hilfe bereits einmal erhöht worden ist, in den Jahren 2016 und 2018 nochmals erhöht werden soll und damit auch entsprechend aufgewertet wird. Und nicht zu vergessen ist – das haben wir heute Vormittag ausdrücklich und umfassend diskutiert –, dass na-


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türlich im Zuge der Steuerreform auch die Familien deutlich profitieren, zum einen durch die Tarifentlastung – Beispiele wurden genannt – und zum anderen auch durch die Verdoppelung des Kinderfreibetrages.

Kollege Strasser hat gesagt, Österreich wird noch familienfreundlicher, und Kollegin Mu­siol hat gefragt, in welcher Größenordnung. – Wir wollen das familienfreundlichste Land der Welt werden, und da sind wir auf einem guten Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

18.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


18.02.03

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle bringt weniger Bürokratie, es wird den Frauen, den Müttern, den Vätern leichter gemacht, zur Kinderbeihilfe beziehungsweise Fami­lienbeihilfe zu gelangen – antragslos, das ist ein wichtiger Schritt. Das zeigt eine be­sondere Haltung: Der Staat wartet nicht, bis der Antrag kommt, sondern wird von sich aus tätig. Längerfristig, wenn es sich eingespielt hat, ist das eine gute Reform, auch ei­ne Verwaltungsvereinfachung. Ich gratuliere dazu und stehe auch nicht an, das zu loben.

Zu dem, was Kollege Steinbichler uns vorhin erzählt oder zum Besten gegeben hat, möchte ich einiges sagen. Zur Frage, was denn diese Bundesregierung noch für Fa­milien macht: 100 Millionen € werden im Zuge der Steuerreform ausgeschüttet, das ha­ben wir heute in der Früh schon gehört. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler. – Abg. Wöginger: Kinderbetreuung!) Über 300 Millionen € werden in den Ausbau der institu­tionellen Kinderbetreuung investiert, das sollte man nicht vergessen. Damit helfen wir den jungen Familien, damit helfen wir, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. (Abg. Kitzmüller: Wir helfen durch finanzielle Unterstützung!) Das ist ein sehr, sehr großes Anliegen unserer jungen Familien, auch das sei gesagt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Yilmaz.)

Es geht auch um Qualitätsausbau. Wir stehen für ein emanzipatorisches Frauen- und Familienbild, und in diesem Sinne bin ich froh, dass für Familienfreundlichkeit und Frauenfreundlichkeit in diesem Land ein weiterer Schritt gesetzt wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Wöginger: Familienbeihilfe gehört auch dazu!)

18.03


Präsident Karlheinz Kopf: Vorläufig letzte Wortmeldung zu diesem Tagesordnungs­punkt: Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


18.03.52

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist heute ein Freudentag. Wir kommen zu einer Novelle, nämlich des Familienlastenausgleichsgesetzes.

Kollege Steinbichler ist am Vormittag frohlockend mit einem Blaufichtenbaum herunter­gekommen und hat behauptet, dieser brauche 100 Jahre, bis man ihn endlich fällen könne. Am Nachmittag hat er dann gesagt, die Regierung verabsäume wesentliche Schritte für die Familien, da gehe nämlich nichts weiter. (Abg. Fekter: Ja, weil er es verschlafen hat!) Geschätzter Kollege Steinbichler, da bist du ziemlich auf dem Holz­weg, wie man so schön sagt und wie auch dein eigener Baum heute bewiesen hat. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Man muss aber auch dem gesamten Familienausschuss Dank aussprechen, nämlich parteiübergreifend, für die konstruktive Mitarbeit und Zusammenarbeit und für die kons­truktiven Gespräche, damit diese Novelle heute auch beschlossen werden kann.


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Was bedeutet aber diese Novelle im Einzelnen? – Die Novelle bringt auf der einen Seite Bürokratieabbau für unsere Bürgerinnen und Bürger und auf der anderen Seite, das hat Frau Ministerin Karmasin auch angesprochen, eine Verwaltungseinsparung. Natürlich, meine Kollegin Lueger hat es erwähnt, gibt es einige Risken, und wir von der SPÖ werden ganz genau darauf schauen, wo noch ein paar Schrauben nachzudrehen sind, wo Datenschutz vorhanden ist oder eventuell auch gar kein Konto vorhanden ist, damit auch jene Familien dieses Geld erhalten können.

Zum Abschluss noch ein Satz zum Kollegen Steinbichler: Er hat es auch verabsäumt, zu sagen, dass die Regierung – und das steht im Sozialbericht sogar drinnen – derzeit 9,5 Milliarden € jährlich für Familien ausgibt. Dazu stehen wir, und da macht auch die SPÖ mit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.05

18.05.40

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 479 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Entwurf zustimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.06.1710. Punkt

Bericht des Familienausschusses über das Stenographische Protokoll der Parla­mentarischen Enquete zum Thema „25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention“ (III-123/520 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


18.06.41

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! „Kinder haben zwar nicht immer recht, aber sie haben immer Rechte“ – dieses Zitat aus dem Kindervideo anlässlich des Wett­bewerbs zum Tag der Kinderrechte, bei dem eine Vöcklabrucker Kindergruppe gewon­nen hat, bringt auf den Punkt, was wir heute bei diesem Tagesordnungspunkt disku­tieren.

Die Achtung vor der Meinung des Kindes ist in der UN-Kinderrechtskonvention in den Artikeln 12 und 13 festgeschrieben: Alle Kinder sollen als Personen ernst genommen und respektiert und ihrem Alter und ihrer Reife gemäß in Entscheidungen einbezogen werden.

Die parlamentarische Enquete zum 25-Jahre-Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention war ein toller Erfolg, und das in mehrerlei Hinsicht. In einem sehr konstruktiven Klima diskutierten jugendliche und erwachsene Experten gemeinsam mit Politikern auf Au­genhöhe verschiedenste Themenbereiche. Es sollte viel selbstverständlicher werden, Kinder und Jugendliche in den politischen Diskussionsprozess, vor allem bei Themen, die sie auch betreffen, einzubinden, durch Einanderzuhören und Aufeinanderzugehen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 184

gemeinsam gute Lösungen zu finden. Das gilt in den verschiedensten Lebensberei­chen und sollte auch in der Politik gelten.

Ich habe die Diskussion als eine sehr lebendige und durchaus lehrreiche empfunden und miterlebt. Sie bot uns Abgeordneten die Möglichkeit, die verschiedensten Lebens­bereiche junger Menschen zu durchleuchten und auch mögliche Problemfelder auszu­machen. Gerade im Hinblick auf die steigende und gesellschaftspolitisch durchaus pro­blematische Politikverdrossenheit ist es unsere Pflicht, jungen Menschen den nötigen Raum und Möglichkeiten zur Mitsprache, aber auch die dafür nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen, denn wir brauchen künftig verstärkt junge Menschen, die sich be­reit erklären, aktiv an der Gestaltung des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaft­lichen Lebens in unserem Land teilzunehmen. Ich bin überzeugt, dass dieses Interesse bei der Jugend durchaus vorhanden ist; wir müssen sie nur lassen beziehungsweise wir müssen es zulassen, wir müssen ihnen etwas zutrauen, und das beginnt bekannt­lich beim Zuhören.

Im gesellschaftlichen Zusammenleben gehören zu den Rechten immer auch Pflichten. Wenn wir also über die Rechte der Kinder diskutieren, möchte ich auch die Pflichten nicht ganz außer Acht lassen.

Es steht außer Zweifel, dass Gewalt, egal, auf welcher Ebene und in welchen Kon­flikten, keine Lösung ist. Damit es aber erst gar nicht dazu kommt, ist es notwendig, seine Grenzen und auch die des anderen zu kennen. Es ist auch notwendig, dass man weiß, dass die eigene Freiheit dort aufhört, wo man die Freiheit des anderen be­schränkt und einschränkt.

Ich möchte noch kurz zu einem anderen Teilbereich, der auch bei der Jugend-Enquete im letzten November angesprochen wurde, überleiten. Es handelt sich dabei um die Integration sowie um das Ausländer-Bewusstsein. Auch hier gilt, dass es neben den Rechten auch Pflichten gibt. Wir in St. Nikola haben seit vielen Jahren Erfahrungen mit der Unterbringung von Asylwerbern und Kriegsflüchtlingen in unserer Heimat und da­mit durchaus auch mit dem Zusammenleben.

Unter den Kriegsflüchtlingen, die bei uns wohnen, sind natürlich auch Kinder. Es ist sehr wichtig, dass Kinder, bevor sie in den Regelunterricht in der Schule eingebunden werden, der deutschen Sprache so weit mächtig sind, dass sie dem Regelunterricht auch folgen können. (Demonstrativer Beifall der Abg. Kitzmüller.)

Dieser Sprachunterricht gelingt einerseits natürlich in der Schule, bei deren Besuch als außerordentliche Schüler, aber auch im Kindergarten.

Ich möchte schon darauf hinweisen, dass es positiv ist, wenn diese Kinder mit den Kindern der heimischen Bevölkerung spielen, kommunizieren, weil mit diesem gemein­samen Spiel auf der einen Seite die Sprache gefördert wird und auf der anderen Seite auch die Integration. Es ist wichtig, dass ein gegenseitiges Verständnis – auch auf un­serer Seite – für fremde Kulturen und Lebensgewohnheiten vorhanden ist.

Da passiert in Wirklichkeit sehr viel auf Basis der Bildung und durch Zuhören und Auf­einanderzugehen. Die Jugend-Enquete war im Bereich Aufeinanderzugehen und Zuhö­ren, glaube ich, ein sehr wichtiger Schritt, und ich bin überzeugt, dass in Zukunft weite­re folgen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Feichtinger.)

18.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


18.11.13

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Voriges Jahr ha­ben wir 25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention gefeiert. Das war für uns gleichzeitig ein


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 185

Auftrag: Feiern alleine ist zu wenig, wir müssen auch etwas daraus machen! Da ist die Idee entstanden, eine parlamentarische Enquete zu machen, und zwar nicht über Ju­gendliche und Kinder, sondern mit Jugendlichen und Kindern.

Ich möchte ganz besonders unserer Frau Präsidentin Doris Bures danken, dass sie mit der Parlamentsdirektion das Ansinnen dieser Enquete so stark unterstützt hat, dass dies auch ganz einfach möglich war. Zum ersten Mal wurde hier im Parlament nicht über Jugendliche diskutiert, sondern mit Jugendlichen. Gleichzeitig möchte ich mich auch noch bei meiner Kollegin Kathi Kucharowits bedanken, die gemeinsam mit allen anderen Kinder- und JugendsprecherInnen diese Enquete unterstützt und getragen hat.

Wir haben uns bei dieser parlamentarischen Enquete vier Themenbereichen angenä­hert. Es ging um Lebens- und Gestaltungsräume für Kinder und Jugendliche und ihr fa­miliäres Umfeld. Es ging um Schule und Partizipation, darum, bei der Kinder- und Ju­gendgesundheit Prävention zu fördern, und um das Recht auf ein gewaltfreies Leben.

Die Panels waren so aufgebaut, dass wir uns diesen Themen einerseits wissenschaft­lich mit Expertinnen und Experten angenähert haben, andererseits mit Jugendlichen. Dem Netzwerk Kinderrechte ist noch Dank auszurichten, dessen Mitarbeiter Jugendli­che aus ganz Österreich im wahrsten Sinne des Wortes zusammengesammelt haben, weil es uns auch ganz einfach wichtig war, keine Jugendlichen von Organisationen bei dieser Enquete zu haben, sondern Jugendliche des täglichen Lebens. Sie haben sich bereit erklärt, hierher zu kommen, sie wurden auch auf diese Enquete vorbereitet, und dafür noch einmal ein großes Dankeschön an das Netzwerk Kinderrechte, das sich die­ser Aufgabe sehr angenommen hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es war dann natürlich auch noch ein Riesenerfolg, dass wir im Sinne dessen, was wir in den vier Panels gemacht haben, auch immer Kinder mit Behinderung eingebunden haben.

Mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam zu arbeiten, das ist – wie es die Präsidentin in ihren Eröffnungsworten bei dieser Enquete sagte – hier in dieser Form das erste Mal passiert. Es wird aber hoffentlich – nehmen wir Herrn Kollegen Prinz beim Wort – nicht das letzte Mal sein. Es muss ja nicht im Rahmen einer Enquete sein, es könnte ja auch in einer anderen Form stattfinden. Themen, die wir dann noch aufgearbeitet haben, und wichtige Schwerpunkte, die dabei herausgekommen sind, waren einerseits politi­sche Bildung, andererseits natürlich auch die Partizipation von Kindern und Jugendli­chen, ihrem jeweiligen Alter entsprechend, natürlich auch das Kinderrechte-Monitoring, das wir zu verfolgen haben, zu stärken und hier im Parlament zu diskutieren.

Wie gesagt, die Enquete ist vorbei, sie sollte aber für uns ein Startschuss gewesen sein und keine abgeschlossene Sache. Wir hätten in unserem parlamentarischen Rah­men die Möglichkeit, etwas Neues zu kreieren, um die Partizipation der Kinder und Ju­gendlichen hier im Parlament nicht immer nur zu diskutieren, sondern ganz einfach zu leben. Wir sind bereits in Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, und wir werden si­cherlich auch noch in Verhandlungen mit den Oppositionsparteien gehen. Ich glaube, dass wir uns im Rahmen dieser Enquete darauf verständigt haben, dass da noch et­was folgen muss. Auch die Jugendlichen erwarten von uns, dass das keine einmalige Geschichte war. Daran werden wir sicherlich weiterarbeiten.

Eines der Themen waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, und es ist mir eine große Freude, dass wir aus dieser Enquete heraus einen Entschließungsantrag formu­liert haben.

Ich darf folgenden Antrag einbringen, in dem wir uns noch einmal der Situation von jun­gen Menschen angenommen haben, die aus ihren Heimatländern geflüchtet sind, un­begleitet, ohne Eltern, derzeit 750 an der Zahl, die jetzt in den Erstauffanglagern leben.


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lueger, Dipl.-Ing. Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­besserung der Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Inneres und die Bundes­ministerin für Familien und Jugend, wird aufgefordert, zu überprüfen, ob Österreich sei­nen völker- und europarechtlichen Verpflichtungen wie etwa der EU-Richtlinie zur Auf­nahme von Personen, die internationalen Schutz benötigen, sowie dem BVG Kinder­rechte und der UN-Kinderrechtskonvention nachkommt, und sich im Rahmen der lau­fenden Gespräche mit den Bundesländern zur Unterbringung von unbegleiteten min­derjährigen Flüchtlingen dafür einzusetzen, dass adäquate Unterbringungsplätze in aus­reichender Anzahl zur Verfügung gestellt und alle weiteren notwendigen Maßnahmen gesetzt werden, um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in ihrer schwierigen Lage zu unterstützen.“

*****

Ich freue mich und hoffe, dass es da einen einstimmigen Beschluss geben wird.

Was mich ein bisschen enttäuscht: Im Zuge dieser Enquete haben wir auch über die Abschaffung des Selbstbehalts für Kinder im Krankenhaus diskutiert. Im Jahr 2009 gab es einen einstimmigen Beschluss, dass man sich dieses Themas annehmen wird. Der damalige Gesundheitsminister hat mit den damaligen Landesgesundheitsreferenten Kon­takt aufgenommen. Das Ergebnis der Besprechungen damals war, dass es derzeit nicht geht, sie es sich aber beim nächsten Finanzausgleich vornehmen werden. – Wir haben heute versucht, einen Entschließungsantrag einzubringen, und es ist sehr, sehr schade, dass das nicht gelungen ist und dass sich die ÖVP eigentlich von dem ge­meinsamen Beschluss verabschiedet hat. (Beifall bei der SPÖ. – Oh-Ruf bei der FPÖ.)

18.17


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Frau Abgeordneter Lueger eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Angela Lueger, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Katharina Kucharowits, Asdin El Habbassi, BA

betreffend Verbesserung der Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Familienausschusses über das Ste­nographische Protokoll der parlamentarischen Enquete zum Thema „25 Jahre UN Kin­derrechtskonvention“ (III-123/520 d.B.)

Begründung

Die Situation junger Menschen, die ohne Eltern nach Österreich kommen, ist grund­sätzlich problematisch. Lt. Volksanwaltschaft ist die Zahl der unbegleiteten minderjähri­gen Flüchtlinge (UMF) in Österreich zuletzt stark angestiegen. Derzeit befinden sich rund 750 Kinder und Jugendliche in den Erstaufnahmezentren des Bundes (Traiskir­chen/Thalham). Im Vorjahr haben 2.260 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (davon


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 187

129 unter 14 Jahren) in Österreich Asyl beantragt. Die Zahlen zeigen, wie dringend es notwendig ist, zu überprüfen, ob ausreichende Betreuungseinrichtungen für unbegleite­te minderjährige Flüchtlinge zur Verfügung stehen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf das am 20. Jänner 2011 vom Nationalrat be­schlossene Bundesverfassungsgesetz über die Rechte des Kindes hinzuweisen, wel­ches mit 16. Februar 2011 in Kraft trat. Gemäß Artikel 2 Abs. 2 BVG Kinderrechte hat jedes Kind, das dauernd oder vorübergehend aus seinem familiären Umfeld heraus­gelöst ist, Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand des Staates. Hierbei geht es insbesondere um Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe und deren Verpflichtungen. Auch wurde die Situation junger Flüchtlinge im Rahmen der außerordentlichen Lan­deshauptleutekonferenz vom 25.2.2015 diskutiert. Es wurde vereinbart, besonderes Augenmerk auf die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu legen. In Zukunft sollen demnach auch in den einzelnen Bundesländern Vorkehrungen für eine adäquate Un­terbringung getroffen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Inneres und die Bundes­ministerin für Familien und Jugend, wird aufgefordert, zu überprüfen, ob Österreich seinen völker- und europarechtlichen Verpflichtungen wie etwa der EU-Richtlinie zur Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz benötigen, sowie dem BVG Kin­derrechte und der UN-Kinderrechtskonvention nachkommt und sich im Rahmen der lau­fenden Gespräche mit den Bundesländern zur Unterbringung von unbegleiteten min­derjährigen Flüchtlingen dafür einzusetzen, dass adäquate Unterbringungsplätze in aus­reichender Anzahl zur Verfügung gestellt und alle weiteren notwendigen Maßnahmen gesetzt werden, um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in ihrer schwierigen Lage zu unterstützen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


18.17.46

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es war in der Tat eine sehr interessante Veranstaltung, die wir hier abhalten konnten. Man hat dabei zwei Linien in Bezug auf Kinderrechte feststellen können; ich meine konkurrierende Linien. Lassen Sie mich darüber ein wenig sprechen. Ich mache diese beiden Linien an zwei Aussagen, die dort gefallen sind, fest.

Das eine war die Aussage einer Referentin, die im Hinblick auf Kinderrechte gesagt hat: „Wer kann diese Ansprüche“ der Kinder „besser erfüllen als die Eltern?“

Die andere, sozusagen wirklich entgegengesetzte Aussage war die Forderung einer Ju­gendanwältin, die Kinderrechte, die sie sozusagen lästigerweise als Anhängsel im Fa­milienausschuss nicht mehr behandelt sehen wollte, in einem eigenen Ausschuss zu be­handeln.

Im ersten Fall wird Familie als die Einheit zwischen Eltern und Kindern gesehen, als autonome Einheit, als Einheit, vor der der Staat Respekt haben muss, der die Eigen­verantwortung der Eltern und ihr Recht auf Erziehung respektiert und stärkt, und es wird vor allem auch eine Einstellung deutlich, die klarmacht, dass Staat und Gesell-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 188

schaft sich in selbstbeschränkender Weise nur dann in das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern einmengen können, wenn es das Kindeswohl gebietet.

Die andere Einstellung zeigt ein völlig anderes Gesellschaftsbild. Da werden Individuen gesehen, und es geht dabei mehr um die Emanzipation der Kinder, und zwar nicht von irgendetwas, sondern von ihren Eltern.

Sie können erraten, dass die Freiheitliche Partei als Familienpartei der ersten Einstel­lung folgt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Sorge, die mich zu diesem Thema immer umtreibt, ist: Welche Meinung wird die ÖVP zum Beispiel in einem Jahr haben? – Da darf ich meine Sorgen ein bisschen un­termauern.

Diese Kinderrechtekonvention wurde in Österreich das erste Mal 1992 angenommen, und zwar mit Vorbehalten gegenüber drei Artikeln, den Artikeln 13, 15 und 17. Die Ar­tikel 13 und 17 beschäftigen sich damit, dass Kinder das Recht haben müssen, Texte und Druckerzeugnisse – gemäß Artikel 17 dann Medien – zu konsumieren, also so, wie sie es eben wünschen, und auch über alle nationalen Grenzen hinweg. Artikel 15 be­schäftigt sich damit, dass Kinder sich frei mit anderen zusammenschließen und ver­sammeln können müssen.

Ganz klar, man wird nicht in willkürlicher Weise Kindern Information über Medien – wir reden von Kindern, wohlgemerkt – verbieten wollen. Man wird ihnen natürlich auch nicht den Umgang mit anderen aus nicht erklärbaren Gründen verbieten. Aber wenn Eltern das Gefühl haben, dass der Konsum bestimmter Medienerzeugnisse oder ein bestimmter Umgang, zum Beispiel mit dem Drogenmilieu, gefährlich sei, dann muss es das Recht sein – ich sehe es geradezu als Pflicht von Eltern an –, das zu beobachten und darauf Einfluss zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich meine, dass diese Vorbehalte 1992 zu Recht eingelegt worden sind. Sie sind auch beibehalten worden, als dann 2011 die Kinderrechte mit einem Beschluss – nur die Grü­nen waren nicht dabei – in Verfassungsrang gehoben worden sind. Die Grünen haben eben damals schon die Meinung – der Sie (in Richtung ÖVP) sich mittlerweile ange­schlossen haben – vertreten, dass diese Vorbehalte weg müssen und die Kinderrechte im Gesamten, so wie sie sind, akzeptiert werden müssen.

Jetzt, am 10. März 2015, hat die Regierung von diesen Vorbehalten Abstand genom­men. Sie, Frau Ministerin, haben dazu eine Presseinformation herausgegeben, mit der Sie Folgendes klarstellen: „Mit der Zurücknahme der Vorbehalte wird nicht nur den wie­derholten Empfehlungen des UN-Kinderrechtssausschusses, sondern auch“ – hören Sie zu! – „dem evolutiv-dynamischen Charakter der Menschenrechte in Österreich Rech­nung getragen.“

„Evolutiv-dynamischer Charakter“, so kann man es auch nennen, wenn man sich nach einer bestimmten Frist von so und so vielen Jahren einer Meinung anschließt, die von ganz links geäußert worden ist.

Sie haben im Zuge der Debatte über das Fortpflanzungsmedizingesetz Ihren Obmann zitiert. Er hat das so begründet – diesen Schwenk der ÖVP auch in dieser Frage –, dass er gesagt hat: Wenn man nicht gestaltet, wird man gestaltet. – Sie gestalten nicht! Sie sind nicht Gestalter des Zeitgeists, sondern Sie fügen sich einem Zeitgeist ein und schmiegen sich einem Zeitgeist an, der ganz woanders entwickelt wird. Das ist die Wahr­heit! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich meine, dass die Beziehung zwischen Eltern und Kindern eine ganz besondere ist. Sie ist eine besonders enge, sie ist eine besonders prägende. Wir alle kennen seit Schirr­machers Buch – das ist damals wirklich auch populär geworden – das Faktum, dass Katastrophen und Kriege am besten von Gruppen überstanden werden, die verwandt


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sind. Das berühmte Beispiel am Donner-Pass: Dort haben die Geschwister, die Eltern und die Kinder überlebt, nicht die Einzelpersonen.

Familie geht dem Staat und der Gesellschaft voraus. Solange dieses Fundament hält, hält es noch, ist Wiederaufbau möglich. Deswegen ist auch klar, dass totalitäre Staaten in aller Regel – das ist übrigens eine besonders abscheuliche Variante und eine beson­ders abscheuliche Seite an totalitären Staaten – versuchen, in dieses Verhältnis einzu­greifen und auf Kinder Zugriff zu bekommen. Und umgekehrt: Freiheitliche Grundord­nungen respektieren Elternrechte und greifen nur dann ein, wenn es unbedingt sein muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt also, der Staat hat in Bezug auf Kinderrechte und Familie zwei Aufgaben: zum einen einzugreifen, wenn es das Kindeswohl gebietet; vor allem aber und zuvör­derst, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Familie gelingt. (Beifall bei der FPÖ.)

18.24


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.24.20

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Wenn das Parlament über die UN-Kinderrechtskonvention spricht, sprechen wir gemeinsam über eines der wichtigsten Dokumente weltweit, das tatsächlich Kinder und Jugendliche als Personen sieht, Kindern und Jugendlichen auch Rechte zuspricht und Kindern und Jugendlichen eine Position in einer Gesellschaft gibt, die sie auch verdient haben.

Wenn, wie in der vorhergehenden Debatte, über den Wunsch gesprochen wird, dass Ös­terreich das familienfreundlichste Land Europas werden soll, wird immer vergessen, dass es auch ein kinderfreundliches Land werden sollte und eigentlich auch das kin­derfreundlichste Land Europas werden soll. Familie ohne Kinder und Kinder ohne Fa­milie, das geht nicht. Das gehört zusammen, da finden wir uns schnell. Aber: Kinder in Österreich haben Rechte, und Kinder in Österreich haben auch Ansprüche, die dem­entsprechend gewährleistet werden sollten.

Dazu gehört zum Beispiel das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard. Das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern in Österreich ist ja schon an­gesprochen worden. Ja, wir Grüne haben damals nicht zugestimmt, weil die Kinder­rechte mehr sind als das, was in unserem BVG drinsteht, weil die Kinderrechte viel, viel mehr sind, als sich aus dem Vorbehalt im Art. 7 ergibt, und weil die Kinderrechtskon­vention noch immer ein weltweites Dokument darstellt, das auch für Österreich gelten sollte, nämlich als gesamtes. Ein Punkt, der eben nicht im BVG, im Bundesverfas­sungsgesetz über die Kinderrechte erscheint, ist das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard. Der UN-Kinderrechteausschuss hat Österreich schon des Öfteren er­mahnt – vor Kurzem erst wieder –, eben auf diesen angemessenen Lebensstandard zu achten. Ich zitiere:

„Der Ausschuss empfiehlt, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Fami­lienarmut mit ihrer Auswirkung auf Kinder zu senken. Es sollen weiterhin gut koordi­nierte finanzielle Beihilfen zur Unterstützung von wirtschaftlich benachteiligten Fami­lien, insbesondere von Einelternfamilien und Familien ausländischer Herkunft gewährt werden. Vermehrte Anstrengungen sollen zur Unterstützung insbes. von alleinerzie­henden Müttern beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt unternommen und das Ange­bot an qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Kinderbetreuungseinrichtungen er­weitert werden.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 190

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist keine Stellungnahme der Grünen – könnte es aber sein –, das ist ganz klar die Stellungnahme des Kinderrechteausschus­ses aus Genf, der klar sagt, dass Kinderarmut verhindert werden muss, dass alles ge­tan werden muss, um Familienarmut und Kinderarmut zu verhindern. Im genannten Bundesverfassungsgesetz steht jedoch nichts von einem Recht auf einen angemes­senen Lebensstandard.

Weiters ist die Frage nach den unbegleiteten minderjährigen Fremden genauso zu stel­len. Auch wenn es heute von den Regierungsparteien einen Antrag gibt, der einen Mi­nischritt in die Richtung des Schutzes von unbegleiteten Minderjährigen geht, fehlt das noch immer ganz klar im Bundesverfassungsgesetz über die Kinderrechte. Auch der Genfer Kinderrechteausschuss sagt ganz klar, dass unbegleitete, von den Familien ge­trennte asylsuchende Kinder immer Betreuung, Betreuungsplätze, adäquate Einrich­tungen erhalten müssen. Das steht auch einmal mehr in den Empfehlungen des Gen­fer Kinderrechteausschusses. – Das heißt, auch dieser Punkt, unbegleitete minderjäh­rige Fremde, fehlt im BVG, wurde nicht hineingenommen.

Diese Punkte sind alle in der Enquete ganz klar besprochen worden, ebenso die Vor­behalte. Die Vorbehalte im BVG zurückzunehmen, wäre tatsächlich ein guter, wichtiger und richtiger Schritt, keine Frage. Aber es braucht noch viel, viel mehr! Es braucht viel mehr Kinderrechte in Österreich, also tatsächlich Kinderrechte in Österreich. Es braucht viel mehr Diskussion und auch Umsetzung, was denn die Unterstützung tatsächlich be­deutet.

Die Kinderrechte ernst zu nehmen, wäre auch ein guter roter Faden durch eine Kin­derrechtepolitik. Die Kinderrechte geben ja auch einen Leitfaden vor. Sie können Ihnen ganz klar auch eine politische Vorgabe geben, und entlang dieses Leitfadens hantelt sich Österreich und hantelt sich auch die österreichische Bundesregierung, um eben tatsächlich alle Kinder zu unterstützen, alle Kinder zu unterstützen, unabhängig davon, woher sie kommen, unabhängig davon, woher ihre Eltern kommen, unabhängig davon, welche Muttersprache sie sprechen, unabhängig davon, welches Einkommen ihre El­tern haben. Das erwarte ich mir von einer Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen.)

18.29


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ertlschweiger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.29.21

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (STRONACH): Geschätzter Herr Präsi­dent! Werte Frau Bundesministerin! Im Rahmen der parlamentarischen Enquete zum Thema „25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention“ hat mir eines sehr gut gefallen, nämlich die Tatsache, dass diese parlamentarische Enquete von einem breiten Konsens aller parlamentarischen Parteien getragen war und dort wirklich das Thema im Vordergrund gestanden ist. Wir haben es heute schon gehört: Nachdem der Ministerrat Anfang März die Vorbehalte gegen Teile der UN-Kinderrechtskonvention endlich zurückgezo­gen hat, steht jetzt der uneingeschränkten Geltung der Konvention nichts mehr im Weg.

Deswegen bin ich auch guter Dinge, dass wir gemeinsam den nächsten Schritt gehen können und dass es gelingen wird, die vollständige Verankerung aller Kinderrechte der UN-Kinderrechtskonvention in der österreichischen Verfassung zu etablieren.

Ein Thema, das mir persönlich besonders am Herzen liegt, ist die Integration von be­nachteiligten Kindern. Damit meine ich deren aktive Möglichkeit der Mitgestaltung, der Teilhabe, der Teilnahme an Gesellschaft und Wohlstand.

Die Handlungsfelder auf diesem Gebiet sind sehr breit gestreut und reichen über ver­schiedene Ebenen. Wir müssen einerseits die Durchlässigkeit im Bildungssystem för-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 191

dern und Kindern und Jugendlichen mit schwierigen Startbedingungen und Entwick­lungsverzögerungen durch soziale, finanzielle, emotionale Notlagen wirklich Entwick­lungsmöglichkeiten und somit Chancengleichheit bieten. Dazu gehören meiner Mei­nung nach in erster Linie der Schutz, die Förderung und die Chancengleichheit für Kin­der und Jugendliche eben aus sozialen Randlagen sowie die Förderung schwach be­gabter Kinder und Jugendlicher vor allem in puncto Bildung und Ausbildung.

Wir müssen vor allem Akzente setzen! Wir müssen Akzente setzen, wenn es um die Förderung von Begabung und Eliten geht – auch von Kindern, deren Eltern jetzt viel­leicht nicht so reich sind –, wenn es um die Förderung der täglichen Turnstunde, des Angebotes an Bewegung geht – die Umsetzung der täglichen Turnstunde, meine Da­men und Herren, ist noch immer eine Farce und wird noch immer nicht gelebt – und wenn es um den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt, Mobbing und Selbst­darstellung im Internet oder in anderen Medien geht.

Um soziale Konflikte zwischen den verschiedenen Randgruppen bereits im Keim zu er­sticken, ist es so dringend, wesentlich und notwendig, Kinder und Jugendliche mit Mi­grationshintergrund möglichst schnell einzugliedern. Diese Kinder müssen so schnell wie möglich Deutsch lernen, um eben nicht von Bildung und in weiterer Folge vom hei­mischen Arbeitsmarkt ausgeschlossen zu sein.

Meiner Meinung nach muss die Politik generell den Gedanken der Prävention und der aktiven Jugendpolitik mehr forcieren. Leider ist für mich ein Negativbeispiel das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz, das diesen Präventionsgedanken völlig gestrichen hat. Das heißt, es wird nur noch auf Notlagen reagiert. Das ist nicht sehr effektiv und kommt zudem auch wesentlich teurer. Oder auch der Bereich der Jugendkriminalität: Wenn die einzige Reaktion der Politik jetzt darin besteht, neue Jugendgefängnisse zu bauen oder das Strafausmaß zu erhöhen, dann hat man, muss ich sagen, die päda­gogischen Konzepte der vergangenen 20 Jahre verschlafen und belastet zudem auch das Budget.

Mein persönliches Fazit dieser parlamentarischen Enquete, die ich besucht habe, ist folgendes: Ja, wir haben einen Grund zum Feiern, ja, es ist ein Erfolg. Aber trotzdem liegt noch ein sehr langer Weg vor uns, um unseren Kindern und Jugendlichen wirklich einen optimalen Start ins Leben und wirklich optimale Rahmenbedingungen dafür zu geben.

Ich lade Sie alle ein: Gehen wir diesen Weg doch über alle Parteigrenzen hinweg ge­meinsam! Genau so wie im Rahmen der Parlamentarischen Enquete, wo wirklich sach­lich diskutiert wurde. Ich glaube, das ist die Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik, und das ist das, was sich unsere Kinder und Jugendlichen von uns erwarten können und müssen! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Mag. Meinl-Reisinger. – Bitte.

 


18.33.41

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter verbleibender Zuschauer, schönen guten Abend! Nein, Entschuldigung, es gibt noch mehrere Zuschauer. – Ich spreche hier, darf hier sprechen in Vertretung meines Kolle­gen Niki Scherak, der wie alle anderen Jugendsprecher und Jugendsprecherinnen of­fensichtlich, glaube ich, durch eine Ö1-Diskussion daran gehindert ist, jetzt hier zu spre­chen, was ihn wirklich sehr betrübt, weil er mit voller Leidenschaft und vollem Herzen an der erwähnten parlamentarischen Enquete teilgenommen hat.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 192

Kollege Scherak hat mir heute im Vorfeld auch noch geschildert, wie begeistert er war, vor allem auch von der Qualität der Debattenbeiträge und der Beteiligung dieser jun­gen Menschen, die da mitgemacht haben. Auch er hat mir versichert, dass die Qualität der Diskussion ganz außerordentlich war.

Deshalb muss ich auch sagen, Frau Kollegin Rosenkranz: Ich verstehe Ihren Redebei­trag nicht ganz, denn Kinderrechte zu verankern als selbstständige Kinderrechte, die nicht nur von den Rechten der Eltern hergeleitet sind, ist wirklich ein Anliegen, das wir alle hier haben sollten. So kam das auch zum Ausdruck. Das betone ich deshalb, weil es gerade dann, wenn es vielleicht einen Konflikt in der Familie gibt, besonders wichtig ist, diese Kinderrechte zu stärken. Es wird dann ja einen Grund geben, warum es so wichtig ist, auf diesen Kinderrechten zu beharren. Das eine gegen das andere auszu­spielen, finde ich ein bisschen platt. Kinderrechte zu stärken heißt nicht, Familien zu schwächen, Frau Kollegin, das sehe ich überhaupt nicht.

Auch wir begrüßen es sehr, dass der Ministerrat beschlossen hat, die Vorbehalte ge­gen Teile der UN-Kinderrechtskonvention zurückzuziehen. Das stimmt uns optimis­tisch. Ich möchte aber schon betonen, dass das immer noch nicht heißt, dass die Kin­derrechtskonvention vollständig in der österreichischen Verfassung verankert ist. Hier gibt es noch einiges zu tun.

Angesprochen wurde das Thema „Rechte von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlin­gen“. Das wird in der jetzigen Fassung des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Kin­derrechte nur aus dem Art. 1 herausgelesen. Die Kinderrechtskonvention würde hier aber sehr viel weiter gehen.

Ich begrüße natürlich diesen heutigen Schritt der Regierungsparteien mit diesem An­trag in die richtige Richtung ganz außerordentlich. Aber ein bisschen muss ich schon hinzufügen, dass es nur ein sehr kleiner Schritt ist, wenn Sie sich dazu durchringen konnten, dass man jetzt überhaupt überprüft, ob die Situation und Lage der unbegleite­ten minderjährigen Flüchtlinge vielleicht der Kinderrechtskonvention entspricht – denn es entspricht nicht! Die Unterbringung ist nicht genau so, wie es die Kinderrechtskon­vention vorsehen würde: Da bräuchte es keinen Antrag, da bräuchte es einen mutigen Schritt in die richtige Richtung, nämlich zur Feststellung, dass hier andere Bedingun­gen herrschen sollten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag meines Kollegen Scherak ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Beate Meinl-Reisinger und Kollegen betreffend Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch die Kinder- und Jugend­hilfe

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierung wird aufgefordert, dafür Vorsorge zu treffen, dass unbegleitete minder­jährige Flüchtlinge ab Einbringung eines Asylantrags der Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe unterstellt und österreichischen Minderjährigen rechtlich gleichgestellt werden, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht.

*****

Wir haben derzeit die Situation, dass wir die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge monatelang in der Bundesbetreuung halten. Dort gibt es dokumentierte psychische Probleme. Wir sind weit davon entfernt, dass das einer Situation entspricht, wie die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 193

Kinderrechtekonvention es vorsehen würde. Da braucht es nicht diesen Antrag, son­dern einen mutigeren Schritt.

Überdies möchte ich darauf hinweisen, dass unsere Forderung aufrecht fortbesteht, ei­nen weiteren Schritt zu gehen, nämlich die Ratifizierung des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention vorzunehmen. Dieses haben wir zwar unterzeichnet, aber bis dato nicht ratifiziert. Nur durch die Ratifizierung dieses Zusatzprotokolls wäre es möglich, eine echte Individualbeschwerde vorzusehen, und zwar nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs eine Beschwerde beim UN-Kinderrechtsausschuss zu er­heben.

Daher bringe ich heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Beate Meinl-Reisinger und Kollegen betreffend Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat das 3. Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zur Beschlussfassung vorzulegen.‘“

*****

Das halten wir für einen ganz, ganz wesentlichen Schritt. Bei Menschenrechten ist es selbstverständlich, dass man zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ge­hen kann. Bei Kinderrechten sollte es auch selbstverständlich sein, dass man einen Instanzenzug außerhalb von Österreich hat. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.38


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete, ich habe hier zwei Entschließungsan­träge Ihrer Fraktion liegen, die sich aber nicht decken mit den beiden Texten, die Sie verlesen haben. Ich würde nur bitten, wenn das die zwei Anträge sein sollen, die Sie mündlich eingebracht haben, dass sie uns auch schriftlich noch vorgelegt werden. Aber ich sehe gerade, Ihr Mitarbeiter scheint ohnehin schon dabei zu sein. Ich bitte, das zu klären.

Wir setzen mit der Debatte fort.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Karmasin. – Bitte.

 


18.39.07

Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Sehr ge­ehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war selber Teilnehmerin an der Enquete „25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention“ hier im Parlament. Es war eine sehr be­eindruckende Debatte, wirklich sehr inhaltsreich, zu einem Thema, das mit allen Betei­ligten sehr intensiv diskutiert und besprochen wurde.

Ganz besonders möchte ich darauf hinweisen, dass die jungen Menschen und Jugend­lichen selbst hier im Parlament waren und sich selbst eingebracht haben. Die Ausfüh­rungen der Rednerinnen und Redner, die uns hier ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit­gebracht haben, waren zum Teil beeindruckender und inhaltsreicher als so manche Ex­pertenreden. Von dem her, glaube ich, zeigt uns diese Enquete sehr eindringlich, dass das Kindeswohl und die Rechte von Kindern hier sehr, sehr ernst genommen wurden.

Ein Fazit aus dem Tag war, dass die Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonven­tion, die zu dem damaligen Zeitpunkt noch aufrecht waren, zurückgenommen werden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 194

sollen. Und es hat nicht lange gedauert, nämlich am 10. März konnten wir endlich alle Vorbehalte aufgeben, womit die UN-Kinderrechtskonvention in allen Artikeln in Öster­reich ratifiziert werden konnte. Das ist schon ein sehr, sehr wichtiger Schritt für die Kin­derrechte in Österreich.

Auf etwas möchte ich noch hinweisen, nämlich dass wir in Österreich das gesetzliche Gewaltverbot gegen Kinder im Verfassungsrang im Gesetz haben, was nicht selbstver­ständlich ist. Es gibt die sogenannten familienfreundlichen Länder – Dänemark und Schweden –, die diese Umsetzung noch nicht im Gesetz haben. Hier sind wir doch auch einmal Vorreiter, was jedenfalls zu bemerken ist und auch eindringlich unsere Be­mühungen in dieser Hinsicht unterlegt.

Eine Erwähnung noch zum Thema Kinderrechte-Spots: Wir hatten einen Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem ein Siegerspot das Zitat beinhaltet, das heute schon genannt wurde: Kinder haben nicht immer recht, aber Kinder haben immer Rechte. Das ist der prämierte Spot, der in unserer Facebook-Aktion über 2,5 Millionen Nutzer verfügt hat. Ich möchte schon noch einmal betonen. Wir haben für diese Aktion um die 1 000 € investiert und haben eine Reichweite von 2,5 Millionen Nutzern und Nutzerinnen in Ös­terreich, was doch deutlich, glaube ich, belegt, dass die eingesetzten Steuermittel in diesem Bereich sehr, sehr effizient verwendet werden.

Zum Schluss noch die Erwähnung unseres Kinderrechte-Monitoring-Prozesses, was auch, glaube ich, ein sehr wichtiger Schritt war, nämlich in 12 Arbeitsgruppen die Kin­derrechte eingehend zu diskutieren, mit den Beteiligten weiterzuarbeiten und über die neuesten Erkenntnisse und Schlüsse zu verfügen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.42


Präsident Karlheinz Kopf: Bevor ich Herrn Abgeordnetem Sieber das Wort erteile, entschuldige ich mich bei der Fraktion der NEOS. Mir wurden zwei falsche Anträge hier vorgelegt. Die beiden mir vorgelegten Anträge kommen erst beim nächsten Tagesord­nungspunkt, nämlich bei 13, zum Aufruf. Ich bitte, das zu entschuldigen.

Ihre von Ihnen vorgetragenen Anträge sind ebenfalls hier heroben aufliegend, ord­nungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Beate Meinl-Reisinger und Kollegen betreffend Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch die Kinder- und Jugend­hilfe

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschuss über das Stenographische Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention" (III-123/520 d.B.)

Die Situation, wie sie sich momentan für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) in Österreich darstellt, ist inakzeptabel. Derzeit befinden sich 742 UMF in den ver­schiedenen Bundesbetreuungsstellen des Innenministeriums (Stand 4.2.2015), wobei oftmals nicht die notwendigen Bedingungen für Minderjährige geboten werden. Die Bundeseinrichtungen sind nur als vorübergehende Unterkünfte geplant, bevor die Über­nahme in die Grundversorgung durch die Bundesländer erfolgt.

In den letzten Monaten ist die Anzahl der UMF stark angestiegen und die Bundes-länder haben es nicht geschafft, genügend neue Plätze für UMF in der Grundversor­gung bereitzustellen. Diese Kinder und Jugendlichen verbleiben deshalb monatelang in Bundesbetreuungsstellen, was zu einer Minderung ihrer Startchancen und zu doku-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 195

mentierten psychischen Problemen führt. Derzeit ist ein/e Betreuer_in in der Bundes­betreuung für mehr als 100 Jugendliche verantwortlich. In der im Anschluss auf die Bundesbetreuung folgenden Grundversorgung ist für UMF ein Betreuungsverhältnis zwischen 1:10 und 1:20 vorgesehen.

Auch Volksanwalt Günter Kräuter kritisiert diese Umstände und weist darauf hin, dass UMF nicht anders behandelt werden dürfen als österreichische Kinder und Jugendli­che. Zudem fordert er, dass der Staat über die Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge über die UMF nach deren Eintreffen in Österreich übernehmen solle.

Organisationen, die im Rahmen der Grundversorgung der Länder schutzsuchende Kin­der und Jugendliche unterbringen, bewerkstelligen diese Leistung zu einem Tagessatz, der der Hälfte des Tagessatzes der Kinder- und Jugendhilfe entspricht. Für UMF er­halten Betreuungsorganisationen einen Tagessatz von 39-77 Euro/Tag (abhängig vom Betreuungsbedarf). Der Tagessatz der Kinder- und Jugendhilfe beträgt 120-140 Euro/Tag.

Laut den verfassungsrechtlich verankerten Kinderrechten hat ein Kind Anspruch auf den "Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmög­liche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen" (Art. 1, Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern). Jedes Kind, das aus seinem familiären Umfeld herausgelöst ist, hat außerdem Anspruch auf "besonderen Schutz und Beistand des Staates" (Art. 2 Abs. 2).

Laut der EU-Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) müssen UMF in für "Minderjährige ge­eigneten Unterkünften" untergebracht werden (Art. 24 Abs. 2). Die EU-Aufnahmericht­linie (2013/33/EU) sieht eine "adäquate Ausbildung" des Betreuungspersonals im Hin­blick auf die Bedürfnisse der Minderjährigen vor (Art. 24 Abs. 4).

Abgesehen von der Diskrepanz zu den eigenen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ist es fraglich, ob Österreich den europäischen Anforderungen derzeit nachkommt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Regierung wird aufgefordert dafür Vorsorge zu treffen, dass unbegleitete min-derjährige Flüchtlinge ab Einbringung eines Asylantrags der Betreuung durch die Kin­der- und Jugendhilfe unterstellt und österreichischen Minderjährigen rechtlich gleichge­stellt werden, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Beate Meinl-Reisinger und Kollegen betreffend Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschuss über das Stenographische Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention" (III-123/520 d.B.)

Am 19. Dezember 2011 beschloss die UN-Generalversammlung mit dem 3. Fakulta-tivprotokoll endlich auch die Möglichkeit einer Individualbeschwerde bei Verletzungen von Kinderrechten. Im Zuge des vorgesehenen Individualbeschwerdeverfahrens kann sich der Einzelne oder eine Gruppe von Betroffenen nach Erschöpfung des innerstaat-


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lichen Instanzenzuges an den unabhängigen UN-Kinderrechtsausschuss wenden und die Rechtsverletzung durch einen Staat vorbringen. Im Falle von schweren, systema­tischen Kinderrechtsverletzungen ist ein Untersuchungsverfahren vorgesehen.

Um Kinder als Rechtsträger gegenüber dem Staat zu stärken ist es daher essentiell, auch das 3. Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zu ratifizieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat das 3. Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zur Beschlussfassung vorzulegen."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


18.42.48

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Ho­hes Haus! Das Übereinkommen über die Rechte der Kinder, also die UN-Kinderrechts­konvention trat am 2. September 1990 in Kraft. Dadurch erhielten alle Kinder auf der Welt verbriefte Rechte auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung.

Die Kinderrechtskonvention formuliert weltweit gültige Grundwerte im Umgang mit Kin­dern über alle sozialen, kulturellen, ethnischen oder auch religiösen Unterschiede hin­weg. Ursprünglich hatte Österreich Vorbehalte gegen einzelne Teile der Kinderrechts­konvention, welche die Meinungsfreiheit der Kinder sowie die Informations-, Versamm­lungs- und Vereinigungsfreiheit betrafen. Diese Vorbehalte wurden im vergangenen Jahr zurückgenommen. Die Zurückziehung der österreichischen Vorbehalte wurde im Ministerrat am 10. März dieses Jahres beschlossen.

Somit werden die Gebote nun in vollem Umfang in unser Recht übernommen. An­lässlich des 25-Jahr-Jubiläums der UN-Kinderrechtskonvention wurde im Rahmen ei­ner parlamentarischen Enquete im Nationalratssitzungssaal mit Kindern und Jugendl­ichen sowie mit Expertinnen und Experten über die Rechte von Kindern diskutiert.

In vier Abschnitten wurden die Themen „Lebens- und Gestaltungsräume“, „Kinder, Ju­gendliche und ihr familiäres Umfeld“, „Schule und Partizipation“, „Kinder- und Jugend­gesundheit“ und „Recht auf ein gewaltfreies Leben“ diskutiert. Die Diskussion war, wie mir unser Jugendsprecher El Habbassi versichert hat – der leider momentan ebenfalls bei der erwähnten Ö 1-Diskussion weilen und sich für diese Diskussion entschuldigen muss (Abg. Neubauer: Der Arme!) –, eine sehr hochstehende. Die Expertenbeiträge waren interessant, aber vor allem die Beiträge der Kinder und Jugendlichen waren ex­trem hochwertig und interessant.

Die UN-Kinderrechtskonvention, meine Damen und Herren, ist eine unverzichtbare Grund­lage für die Verbesserung der Situation der Kinder, aber natürlich ist noch viel zu tun. Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass das Gewaltverbot tatsächlich durch­gesetzt wird. In Österreich hat das Gewaltverbot bereits eine positive Entwicklung ein­geleitet, aber man darf nicht außer Acht lassen, dass in Ländern, wo es kein solches gesetzliches Verbot gibt, die Gewalt an Kindern bei 72 Prozent liegt. Das heißt, 72 Pro­zent aller Kinder erleben dort körperliche oder seelische Gewalt, und das muss uns betroffen machen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 197

Außerdem ist ein besonderer Blick auf neue Herausforderungen wie Cybermobbing zu richten. Hier ist die Bewusstseinsarbeit von ganz großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, es gibt noch zahlreiche Staaten auf der Welt, in denen Kin­derarmut, sexuelle Ausbeutung von Kindern oder körperliche Gewalt in der Familie ge­setzlich erlaubt sind oder zumindest toleriert werden.

Meine Damen und Herren, unsere Kinder haben Rechte, und vor allem haben sie ein Recht auf Schutz! Uns allen – und davon bin ich überzeugt – ist es ein Herzensanlie­gen, dass alle Kinder diese Rechte und diesen Schutz auch bekommen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Strolz.)

18.46

18.46.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses in 520 der Beilagen, III-123 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Lueger, Dipl.-Ing. Stras­ser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen. (E 69.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlin­gen durch die Kinder- und Jugendhilfe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit und somit abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinder­rechtskonvention.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Minderheit und somit abgelehnt.

18.47.4011. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 219/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Valorisie­rung der Familienleistungen“ (521 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 220/A(E) der Abgeordneten Leo­pold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Zuver­dienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld“ (522 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen jetzt zu den Punkten 11 und 12 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 198

18.48.29

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Es geht hier um zwei Anträge, die wir wortlautmäßig ähnlich im März 2014 gestellt haben, die da­mals von den Regierungsparteien vertagt worden waren, diesmal allerdings abgelehnt worden sind, ähnlich wortlautend, und endlich hier im Plenum behandelt werden kön­nen.

Zuerst möchte ich zu dem Antrag betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistun­gen sprechen. Es ist schon interessant, wie hier die ÖVP teilweise Kurven zieht, die nicht nachvollziehbar sind. Ich erinnere da an den Nationalratswahlkampf 2014 in Ober­österreich, bei dem die ÖVP-Frauen mit Abgeordneter Durchschlag eine Unterschrif­tenaktion gemacht haben, um für die jährliche Valorisierung der Familienleistungen Stimmung zu machen. Wir haben dann einen gleichlautenden Antrag für jährliche Va­lorisierung im Ausschuss gestellt, haben dazu eine namentliche Abstimmung erzwun­gen, und was ist passiert? – Sie werden es nicht glauben! Die ÖVP hat dagegen ge­stimmt, gegen das, was sie selber in Oberösterreich gefordert hat. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das kann man fast nicht glauben.

Die Frau Minister hat auch gesagt, sie möchte das Bestmögliche für die Unterstützung der Familien tun, um eine regelmäßige Valorisierung der Familienbeihilfen zustande zu bringen. Allerdings verstehe ich unter regelmäßig nicht, dass man sagt, 2014, 2016, 2018 und dann wird es schon irgendwie gehen, sondern es gehört wirklich ein Be­kenntnis dazu, das tatsächlich jährlich über die Bühne zu bringen.

Auch Abgeordnete Tamandl hat gesagt – nachzulesen auf der Homepage des Fami­lienbundes, sie ist dort Rechnungsprüferin –, auch sie ist für die jährliche Valorisierung, und sie hat einem Antrag, den wir gestellt haben, beigepflichtet und gesagt, dass das sehr wichtig ist für die Familien, denn die Familienleistungen haben seit Einführung der Beihilfe rund 37 Prozent an Wert verloren. Jetzt wird dreimal erhöht, und damit ist die Geschichte erledigt. – So viel zu einer familienfreundlichen ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir uns anschauen, welche Leistungen die Familien immer wieder erbringen, so sieht man: Da gibt es eine automatische Valorisierung – sei es die Autobahnvignette, die eine Menge Geld kostet, seien es sämtliche Gebühren, die den Familien in den Ge­meinden vorgeschrieben werden! Da ist es selbstverständlich, dass die Familien zur Kasse gebeten werden. Wenn es aber um etwas zugunsten der Familie geht, da sind wir auf einmal nicht mehr zuständig, das können wir uns nicht leisten. Aber die Fami­lien müssen sich alles leisten können.

Da muss ich schon sagen: Ich bitte doch einmal die ÖVP, auf ihre eigenen Leute zu hören, die der Meinung sind, dass hier eine jährliche Valorisierung wichtig ist und dadurch einmal Lippenbekenntnisse in die Tat umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strasser: Haben Sie die Steuerreform schon durchgelesen? Sie müssen die Steuerreform durchrechnen lassen!)

Herr Abgeordneter Strasser, Herr Familiensprecher, wenn Sie es tatsächlich mit den Familien gut meinen, so nehmen Sie unser Beispiel des Familiensteuersplittings, wo es eine gerechte Steuer für die Familien gibt, wo die Familien mit Kindern sehr wohl be­vorzugt werden und man ihnen nicht, wie Sie es immer wieder machen, irgendwelche Almosen gibt, die man ihnen zuerst wegnimmt, um ihnen dann zizerlweise immer wie­der ein bisschen zurückzugeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Dasselbe betrifft die Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld. Da möchte ich den ehemaligen Landtagsabgeordneten aus Oberösterreich, Wirt­schaftskammerpräsident Leitl, zitieren, der auch sagt, dass die Abschaffung der Zuver­dienstgrenze notwendig wäre, um den Familien Gerechtigkeit angedeihen zu lassen.


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Sie glauben doch nicht wirklich, dass Sie durch eine Familien (Abg. Rädler: Re­dezeit!) – Ich habe noch genug Zeit, Herr Rädler! – Schauen Sie sich einmal an, was da möglich wäre, den Familien zugutekommen zu lassen, etwa tatsächlich, wenn Sie unbedingt eine Väterbeteiligung wollen, die Zuverdienstgrenze zu streichen! Auch Pro­fessor Mazal hat gesagt, dass durch die Zuverdienstgrenze die Wahlfreiheit der Fa­milien sehr wohl eingeschränkt wird. Sie sollten sich einmal ihre eigenen Ratgeber, die Sie zu jeder Enquete einladen, zum Vorbild nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Tun Sie endlich tatsächlich etwas für die Familien, wenn Sie familienfreundlich sein wollen! Wenn Sie glauben, dass es schon der Stein des Weisen ist, durch eine Ver­einfachung zu einer Familienförderung zu kommen, so tun Sie tatsächlich etwas für die Familien und helfen Sie hier, dass ihnen nicht nur Almosen gegeben werden! (Beifall bei der FPÖ.)

18.53


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Fich­tinger. – Bitte.

 


18.54.01

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Zuschauer vor den Fernsehschirmen! Hohes Haus! Ich möchte auch kurz auf den Antrag des Kollegen Steinbichler betreffend die jährliche Valorisierung der Fa­milienleistungen eingehen. Als positive Anmerkung ist sicher zu sagen, dass eine gute Absicht dahintersteckt, das ist sicher nicht zu leugnen, aber auch eine populistische. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Herr Kollege Strasser hat es gerade eingewor­fen, wir haben die Steuerreform in Arbeit, in Umsetzung. Es steht nichts in dem Antrag, wie das Ganze finanziert werden kann. Ich glaube, das ist trotzdem ein sehr wichtiger Punkt. (Abg. Steinbichler: Mit Reformen! Das ist ja selbstverständlich!)

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, was allein im letzten Jahr alles passiert ist, wel­che Punkte umgesetzt werden konnten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kitzmüller und Schimanek.) Ich brauche es nicht noch einmal zu wiederholen, die Frau Ministerin und auch Vorredner haben es schon angesprochen, die Kinderbeihilfe wurde im vori­gen Jahr erhöht und wird auch 2016 und 2018 erhöht, ebenso wurde die Familien­beihilfe für behinderte Kinder von 138 € auf 150 € im Vorjahr erhöht und wird auch 2016 und 2018 erhöht werden.

Die Verdoppelung des Kinderfreibetrages, die antragslose Form der Familienbeihilfe, es sind so viele Punkte, sodass man nicht einfach sagen kann, es sei nichts gesche­hen. In einem Großteil der Bundesländer ist auch der Kindergarten kostenlos. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Natürlich betrifft es auch sehr viel die Gemeinden. Ich weiß selber als Bürgermeisterin, was das bedeutet. (Abg. Neubauer: Die werden bald leer, die Kindergärten, wenn wir keine Kinder mehr haben!)

Es wird sehr, sehr viel für die Familien in Österreich getan. Ich glaube, da brauchen wir nicht darüber zu diskutieren. (Abg. Neubauer: Warum wollen Sie nicht diskutieren?) Aber sich ganz einfach hinzustellen und pauschal etwas zu fordern, ist auch nicht im­mer zielführend. Unsere Kinder brauchen Geborgenheit, brauchen Eltern, Großeltern, einen Ort, wo Sie sich wohlfühlen. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Die Fa­milie ist und bleibt die wichtigste Institution in unserer Gesellschaft und bedarf unserer ständigen Unterstützung auch in der Zukunft. (Abg. Steinbichler: Die Familien sind von der ÖVP gefährdet!) Wir werden uns dafür einsetzen, damit wir wirklich zu einem familien- und kinderfreundlichen Land in Europa werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 200

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol zu Wort. – Bitte.

 


18.56.47

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir diese beiden Anträge jetzt überhaupt hier im Parlament, in der Nationalratssitzung haben, ist schon eine große Überraschung. Für all diejenigen, die sozusagen nicht re­gelmäßig mit dem parlamentarischen Geschehen vertraut sind: Es ist ja nicht so, dass alle Anträge, die wir Oppositionsparteien einbringen, auch den Weg in die National­ratssitzung finden. Oft bleiben sie einfach in den Ausschüssen hängen. So sind diese beiden Anträge, aber auch viele andere Anträge schon x-mal von diversen Fraktionen gestellt worden. Wir zum Beispiel haben diesen Valorisierungsantrag auch schon mal gestellt, Sie auch, Kollegin Kitzmüller. (Beifall bei den Grünen.) Und viele andere An­träge haben wir gestellt, zum Bildungsrahmengesetz etwa Frau Kollegin Meinl-Reisin­ger, ich, meine Vorgängerin sogar schon und, wie ich glaube, sogar schon deren Vor­gängerin.

Diese Anträge sind aber nie hier in die Nationalratssitzung gekommen, weil ÖVP und SPÖ gerne Folgendes machen: diesen Anträgen im Ausschuss nicht zuzustimmen oder sie abzulehnen – das wäre eine Voraussetzung, damit sie hierherkommen –, son­dern sie einfach zu vertagen. Das können sie auf ewig. Da gibt es keine Frist. Da gibt es keine Grenze. Man kann Anträge, so wie ich vorher schon gesagt habe, von meiner Vorgängerin, von meiner Vorvorgängerin, über zehn Jahre vertagen. Man muss sie eben dann, wenn es eine neue Legislaturperiode gibt, wieder einbringen, aber dann werden sie eben wieder vertagt.

Vor diesem Hintergrund ist es eine große Überraschung, aber auch Freude, dass wir einmal zu einer Diskussion kommen und dass Sie sich einmal durchringen konnten, hier Position zu beziehen, auch wenn das vielleicht schwierig war. Ich glaube, es ist ganz wichtig für die politische und für die demokratische Diskussion, dass man Position bezieht, damit die Leute auch wissen, was die Argumente sind, denn die Diskussionen im Ausschuss finden hinter verschlossenen Türen statt. – Leider! Auch da fordern wir eigentlich, dass Ausschüsse öffentlich stattfinden sollten. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt zu den Anträgen konkret. Bezüglich des Wegfalls der Zuverdienstgrenze: Diesen Antrag haben wir im Ausschuss abgelehnt, werden wir auch heute ablehnen, denn wir sehen hier ein Problem. Der Antrag klingt zwar gut, aber es gibt dabei ein Problem. Eines unserer Ziele in der Familienpolitik ist sozusagen die gleichmäßige Aufteilung zwischen beiden Elternteilen, also zwischen Müttern und Vätern oder allen erwachse­nen Beteiligten. Wenn man hier die Zuverdienstgrenze abschaffen würde, dann könnte es, so warnen alle ExpertInnen – Arbeiterkammer, auch ÖIF und viele andere Exper­tInnen –, zu folgendem Problem kommen: dass Väter zwar offiziell in Karenz sind oder Kindergeld beziehen, aber, da sie zuverdienen können, eigentlich wieder voll arbeiten, da sie das vielleicht auch fürs Familieneinkommen brauchen. Das führt dann unter Umständen dazu – und da muss gar kein böser Wille dahinter sein –, dass wieder die volle Last bei den Müttern bleibt. Das wollen wir nicht und das wollen glücklicherweise auch andere politische Kräfte in diesem Haus nicht. Deswegen lehnen wir den Wegfall der Zuverdienstgrenze ab.

Aber worüber man auch rund um das Kinderbetreuungsgeld-Konto diskutieren sollte, ist, ob man nicht auch eine Arbeitszeitgrenze einführt. Hier könnte ja ein flexibles Mo­dell, bei dem man dann sagt, man darf maximal so und so viel arbeiten, 30 Stunden beispielsweise, durchaus auch eine Variante sein.

Dem Antrag bezüglich der Valorisierung der Familienleistungen – das haben ja auch wir schon beantragt – hätten wir zugestimmt. Aber natürlich stellt sich im Zusammen­hang mit diesem Antrag die Frage, wie den Unterstützung von Familien überhaupt aus­sehen soll. Lassen sie mich nur ganz kurz auf die Steuerreform Bezug nehmen. Heute


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 201

Vormittag ist schon viel dazu gesagt worden, unsere Klubobfrau Eva Glawischnig hat das auch schon angesprochen: Wenn Sie davon sprechen, dass im Zuge dieser Steuerreform auch für die Familien etwas gemacht wird, dann muss ich Ihnen schon vorhalten – und jetzt schaue ich einmal ausnahmsweise nicht zur ÖVP, sondern in Richtung SPÖ –, dass das nicht unbedingt eine familienfreundliche und familienunter­stützende Steuerreform ist, die sich mit Ihren sonstigen sozialpolitischen Zielen ver­trägt. Das haben wir Ihnen auch schon bei der letzten Steuerreform gesagt. Denn sie basiert ausschließlich darauf, dass hier Steuerentlastung passiert, diesmal in Form von Verdoppelung von Freibeträgen. Das trifft aber bestimmte Gruppen, zu deren Anwältin­nen und Anwälten Sie sich ja regelmäßig machen wollen, nicht, nämlich diejenigen, die ein so geringes Einkommen haben, dass sie gar keine Steuer zahlen müssen.

Vor diesem Hintergrund sind von diesem sogenannten familienunterstützenden, fami­lienfreundlichen Entlastungspaket wieder nicht alle Familien umfasst, vor allem eben diejenigen nicht, die es dringend gebraucht hätten. Und diese 100 Millionen €, die man da investiert – ich habe schon wieder zu schnell geredet, man kann schon wieder nicht klatschen (Beifall bei den Grünen) –, hätte man besonders vor allem im Bereich der Kinderbetreuung gebraucht, um eben nicht nur in den Ausbau der Kinderbetreuung, sondern auch in die Qualität zu investieren, wo wir ja durchaus noch Aufholbedarf ha­ben. Da braucht es Schritte, damit auch alle Einrichtungen den Namen Bildungseinrich­tung verdienen, und da braucht es einfach auch finanzielle Unterstützung.

Wir wissen auch, dass diese ganzen Steuerentlastungen, die Sie letztes Mal beschlos­sen haben, gar nicht abgeholt werden. Das heißt, es ist überhaupt nicht plausibel, wa­rum Sie einen Betrag erhöhen oder warum Sie hier mehr Geld in den Topf geben, ob­wohl der Topf, der jetzt schon vorhanden ist, gar nicht ausgeschöpft wird.

Vor diesem Hintergrund ist es keine familienfreundliche Steuerreform und kein Schritt in Richtung familienfreundlicheres Österreich, sondern es meint wieder nur die gut- und besserverdienenden Familien, aber nicht alle. (Beifall bei den Grünen.)

19.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


19.02.42

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte auch zu den beiden Anträgen Stellung nehmen.

Frau Kollegin Musiol, für die AlleinerzieherInnen passiert aber schon etwas in der Steu­erreform, die wir jetzt machen. Die profitieren auch davon, auch wenn sie jetzt keine Steuer zahlen – natürlich in einem geringeren Ausmaß, aber wir haben sehr wohl da­rauf Bedacht genommen, dass auch diese Personengruppe mit eingebunden ist. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Wo denn?!)

Und Frau Kitzmüller, immer von kleinen Beträgen zu reden, die man für Familien her­gibt, mein Kollege Knes hat es vorhin schon gesagt: Wenn Sie den Sozialbericht her­nehmen, dann sehen Sie, dass wir im Jahr 2013 für Familien 8,73 Milliarden € zur Ver­fügung gestellt haben. Und da ist der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen mit 305 Millionen noch gar nicht enthalten. Da sind die 100 Millionen in der Steuerreform noch nicht enthalten. Und auch nicht die 55 Millionen, die dann zwar nicht hier, aber im Zuge der Sprachförderung bei den Kleinen und auch in Verbindung mit der Schule aus­geschöpft werden.

In Anbetracht dessen von kleinen Beträgen zu sprechen, das geht, glaube ich, nicht! Sie wissen ganz genau, dass im europäischen Vergleich Österreich sehr beneidet wird und Österreich der wahre Spitzenauszahler an Familienleistungen ist. Es ist halt immer auch die Frage, ob es gescheiter ist, in Sachleistungen zu investieren, wovon wir über­zeugt sind. Daher werden wir diesen Antrag ablehnen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 202

Bei der Abschaffung der Zuverdienstgrenze möchte ich mich auch der Kollegin Musiol anschließen. Sie sagen, es würden dann ganz einfach mehr Männer den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes auf dem Papier annehmen – aber das war es dann auch schon! Denn wenn ich dann arbeiten gehen darf und eigentlich der Bezug des Kin­derbetreuungsgeldes auch dafür da ist, dass ich mich auch um das Kind kümmern soll, dann wird das nicht funktionieren. Im Gegensatz zu Ihnen wünschen wir uns eine Väterbeteiligung. Das ist auch der Grund, warum wir diesen Antrag ablehnen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


19.05.11

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und ganz besonders jene vor den Fernsehgeräten! Auch liebe Eltern und Erziehende!

Frau Kollegin Wurm hat vorhin gesagt, dass sehr viel für die Familien getan wird. Das ist schätzenswert, aber ich glaube, man kann gar nicht genug tun. Und eines der ers­ten Gesetze dieser Regierung, das in diesem Haus beschlossen wurde, zeigt auch, dass viel als Erfolg verkauft wird, was eigentlich keiner ist. Da ist damals von der An­hebung der Kinderbeihilfe von 4 € im Monat gesprochen worden, und am selben Tag wurde bei den Budgetbegleitgesetzen die Erhöhung der motorbezogenen Versiche­rungssteuer bei einem 50-kW-Auto im Ausmaß von 4,20 € im Monat beschlossen. Zu­mindest bei uns auf dem Land braucht jede Mutter, ob alleinerziehend oder in einer Gemeinschaft, ein Auto, und damit sind diese Kosten wieder egalisiert.

Ich glaube, das ist genau das Problem, das wir in diesem Hause haben, dass viel als Erfolg verkauft wird, was eigentlich tatsächlich keiner ist, und – wie heute bereits ge­sagt wurde – das Geld von der linken Tasche in die rechte Tasche gegeben wird.

Die Leistungen der Familien werden ja völlig unterschätzt. Wir haben Berechnungen von verschiedenen Experten, dass diese auf der Mindestlohnbasis gerechnet eine Ge­samthöhe von 60 Milliarden € ausmachen. Jetzt kommt es: In diesem Hause ist heute einmal von fleißigen oder nicht so fleißigen Frauen gesprochen worden. 80 Prozent dieser Familienleistungen werden von den Frauen und Müttern erbracht. Ein herzliches und aufrichtiges Dankeschön für diese gewaltigen Leistungen aller Frauen und Mütter in diesem Lande. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Antrag zur Valorisierung von Kinderbetreuungsgeldern: Wir wissen, wie weit wir hier und bei der Familienbeihilfe zurückhängen, obwohl es bei den Pensionen gemacht wird. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir reden beim Kinderbetreuungsgeld von einem Rückstand von 18 Prozent und bei der Familienbeihilfe von 13 Prozent. Wenn wir dem gegenüber die laut Berechnungen des WIFO tatsächlichen Kosten eines Kin­des pro Monat von 500 € gegenüberstellen, dann wissen wir, was hier geleistet wird: Je nach Kinderzahl und Erwerbstätigkeit der erziehenden Mutter sind das bis zum 17. Lebensjahr 110 000 bis 220 000 €. Dieses Geld, egal in welcher Form wir es in die Familien bringen, ist für den Staat immer ein positives Geld, es ist Geld für die Zukunft, für die wichtigste Zelle in unserem Staat. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte jetzt noch einen Entschließungsantrag einbringen. Es wurde bereits von Kollegin Lueger erwähnt, dass dieser Antrag auch von der SPÖ in dieser Sitzung hätte eingebracht werden sollen. Ich bin schon sehr enttäuscht von der ehemaligen Fami­lienpartei ÖVP. Der Verein KiB bemüht sich in diesem Bereich besonders und weist schon seit 2009 auf die ungerechtfertigten Behandlungskosten von Kindern in Spitälern hin – wir sprechen von 17 Millionen € –, die bis 28 Tage bis zu 20 € täglich ausma-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 203

chen. Ich bin enttäuscht darüber, dass man sich hier nicht darauf einigen kann, diesen ungerechtfertigten Selbstbehalt endlich abzuschaffen.

Deshalb darf ich noch einmal diesen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Dr. Franz, Kolleginnen und Kollegenden betreffend „Ab­schaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familien und Jugend werden aufgefordert, die Abschaffung des Spitals-Selbstbehaltes für Kinder bis 18 Jah­re umzusetzen und damit der angekündigten Maßnahme zur Entlastung der Familien Folge zu tragen.“

*****

Wir bitten um geschlossene Unterstützung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Dr. Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ab­schaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren“

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Familienausschusses über den An­trag 219/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend "Jährliche Valorisierung der Familienleistungen" (521 d.B.) (TOP 11)

Nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen zahlen Eltern für ihr Kind je nach Bundesland zwischen Euro 17,50 und Euro 20,10 pro Tag für einen Krankenhaus­aufenthalt. Diese Kostenbeteiligung wird zunehmend zur finanziellen Belastung. Die Betroffenengruppe ist jedenfalls groß, denn von 8.45 Millionen Einwohnern in Ös­terreich sind 1,22 Millionen Kinder unter 15 Jahren.

Familien mit chronisch kranken Kindern sind von dieser Zahlung besonders betroffen. Da die Abschaffung des Selbstbehaltes im Krankenhaus für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr im aktuellen Regierungsabkommen versprochen wurde und auch die aktuelle Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit die Forderung enthält, wäre es nun angebracht diese auch umzusetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend werden aufgefordert, die Abschaffung der Spitals-Selbstbehalte für Kinder bis 18 Jahre


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 204

umzusetzen und damit der angekündigten Maßnahme zur Entlastung der Familien Fol­ge zu tragen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf noch ergänzen, dass die Restredezeit des Teams Stronach aufgebraucht ist.

Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger. – Bitte, Frau Ab­geordnete.

 


19.10.01

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Auch unsere Restredezeit ist bald aufge­braucht, aber ich habe noch zwei Reden, deswegen nur ganz kurz.

Prinzipiell können wir schon über die Valorisierung der Familienbeihilfe reden, dieser An­trag umfasst aber sämtliche Leistungen, und es gibt unterschiedliche Ziele der Leis­tungen, die da aufgezählt werden. Wir begrüßen sehr die Umschichtung in Richtung Sachleistungen. Daher stimmen wir diesem Antrag nicht zu.

Der Abschaffung der Zuverdienstgrenze stimmen wir aber sehr wohl zu. Auch ich teile das Anliegen, dass nicht die Männer zu Hause bleiben, aber die Transferseite, die Kin­derbetreuungsseite ist die falsche Seite. Wenn wir das wollen, müssen wir Anreize set­zen und Partnermonate bei der Karenz einführen und nicht beim Kinderbetreuungs­geld. Daher würde ich dafür plädieren, die Zuverdienstgrenze abzuschaffen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte.

 


19.10.51

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Kollege Steinbichler, deine beiden Anträge wären natürlich unsererseits vollkommen unterstützt gewesen – leider werden sie ja nicht unterstützt (Heiterkeit bei der SPÖ) –, aber auch den Antrag betreffend den Krankenhaus-Selbstbehalt für Kinder und Ju­gendliche unter 18 Jahren werden wir selbstverständlich mitunterstützen.

Die Frau Kollegin Lueger, glaube ich, hat es ja heute schon bedauert, dass es seitens der ÖVP kein Einlenken gab. Ich verstehe es nicht, denn ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, dass wir diesen Antrag auch annehmen können. Vielleicht könnten Sie noch einmal in Klausur gehen, und wir starten das noch einmal.

Aber jetzt noch einmal zu den beiden Anträgen: Auch wir sind dafür, die Zuverdienst­grenze aufzuheben. Ich möchte hier noch einmal das Zitat meiner Kollegin Anneliese Kitzmüller des Herrn Wirtschaftskammerpräsidenten vollständig wiederholen. Er mein­te, die Zuverdienstgrenze „‚schafft mehr Verwirrung als Klarheit‘. Man solle aber Men­schen, die neben der Kindererziehung auch beruflich etwas leisten wollen, nicht behin­dern. Es gehe darum, ‚Möglichkeiten‘ bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf­zuzeigen, und nicht Einschränkungen. ‚Die Zuverdienstgrenze ist eine Einschränkung.‘“ – Zitatende.

Dem ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch bei der Valorisierung der Familienleis­tungen ist die Regierung säumig. Wenn Sie, Herr Hammer, heute sagen, wir machen so viel für die Familien, dann darf ich Sie an die 13. Familienbeihilfe erinnern, die Sie im Zuge der Nationalratswahl im Jahr 2008 mit Getöse eingeführt haben, die aber ganz


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 205

schnell zulasten des Bankenhilfspakets zu einer Schulstarthilfe verkommen ist. – Das war sicher keine Unterstützung für die Familien. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Familien gehören wie Pflegebedürfte, behinderte Menschen, Pensionisten zu den Verlierern dieser Bundesregierung und auch der Steuerreform. Heute Vormittag hat die Regierung versucht, bei der Opposition für ihre Steuerreform Lob einzuholen. Dies ist natürlich nicht gegangen, denn von den 5 Milliarden Steuerentlastungen Ihrer Steuerre­form sollen gerade einmal 2 Prozent für Familien übrig bleiben. Wenn man im Gegen­zug die Grunderwerbsteuer für die Familien wieder erhöht, ist das geradezu eine Ver­höhnung.

Ebenso die Verdoppelung des Kinderfreibetrages auf 440 €: Das macht im Monat pro Kind 5,50 € aus. Das sind gerade einmal zwei Micky-Maus-Hefte. Das passt genau zu dieser Micky-Maus-Reform, die Sie den Familien hier präsentieren. Sie – die ÖVP – haben den Familien einen Freibetrag von 7 000 € im Jahr versprochen. Übriggeblieben ist nichts. Und ich möchte Ihnen hier den Herrn Alfred Trendl, seines Zeichen Präsident des Katholischen Familienverbandes, zitieren. Er meinte in Bezug zur Steuerreform: „Versprochen und gebrochen.“ Familien und Wähler sollen offensichtlich für dumm ver­kauft werden, das Vertrauen in so eine Politik schwindet, und sicher wird sich der Wähler bei der nächsten Wahl seinen Reim darauf machen. Das ist für den Herrn Trendl eine logische Konsequenz.

Und die logische Konsequenz daraus ist, dass die Wählerinnen und Wähler FPÖ wäh­len, weil wir die einzige Partei sind, die wirklich für die Familien eintritt. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


19.15.00

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Wer wirklich Politik für Familien macht, da­rüber lässt sich trefflich streiten, Frau Kollegin. Was das Thema Valorisierung der Fa­milienbeihilfe betrifft, ist zu sagen, dass die Familienbeihilfe, beginnend im letzten Jahr, in den nächsten Jahren kontinuierlich angehoben wird, im Jahr 2014 um 4 Prozent, im Jahr 2016 um zwei Prozent, 2018 wieder um 2 Prozent, also stufenweise deutliche Er­höhungen stattfinden.

Was mir aber auch sehr wichtig ist, hier festzuhalten, ist, dass für die Verbesserung der materiellen Situation der Familie nicht nur Leistungen wichtig und notwendig und hilf­reich sind, die den Stempel Familienbeihilfe haben, sondern dass viele Maßnahmen wichtig sind, um die materielle Situation zu verbessern. Ganz vorrangig ist, dass wir uns darum kümmern, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Land so niedrig ist, dass die Leute Jobs haben. Daher ist es sehr wichtig, dass gestern bei der Regierungsklausur Maßnahmen beschlossen worden sind, ein Investitionspaket, das genau dazu führen wird, die Steuerreform, die dazu führen wird, dass mehr Geld im Börsel bleibt, dass man nicht nur einen Job hat, sondern dass man einen Job hat, von dem man leben kann.

Ein dritter Punkt, der wichtig ist, sind die Kinderbetreuungseinrichtungen, die Ganz­tagsbetreuung, Gratis-Kindergarten in Wien, alles Maßnahmen, die auch eine spürbare Unterstützung und Entlastung für die Familien bringen.

Was die Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld betrifft, weiß ich nicht, ob Sie sich ausgerechnet haben, was das kosten würde. (Abg. Kitzmüller: Viel!) – Viel. Wir sind uns einig darüber, dass das sehr viel kosten würde. Und was würde es bewirken? (Abg. Rädler: Das ist der FPÖ egal!) Ich hatte den Eindruck, dass hier ein Konsens im Haus ist, dass wir in der Familienpolitik Maßnahmen setzen wol-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 206

len, um die Väterbeteiligung zu steigern. (Abg. Kitzmüller: Eben!) – Eben. Und diese Maßnahme hätte den Effekt, dass zwar die Väter das Geld nehmen würden, ohne aber irgendetwas in ihrem Leben zu ändern, ohne dass sie mehr Zeit mit ihren Kindern ver­bringen könnten. Und genau deswegen lehnen wir diesen Punkt ab, weil wir eine Rie­sensumme an Geld insofern verschleudern würden, als nämlich familienpolitisch hier überhaupt kein Lenkungseffekt entstehen würde.

Da ist es viel wichtiger, das Geld für Maßnahmen zu reservieren, die den richtigen Ef­fekt erzielen würden, wie zum Beispiel, dass wir endlich Schritte weiterkommen, um ei­nen in diesem Sinne absolut sinnvollen Papamonat machen zu können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

19.18

19.18.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Fa­milienausschusses, seinen Bericht 521 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Krankenhaus-Selbst­behaltes für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Fami­lienausschusses, seinen Bericht 522 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.19.0913. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 615/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Um­setzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Bereich der elementaren Bildung (523 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger. – Bitte.

 


19.19.35

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Auch die­ser Antrag ist, wie die Frau Kollegin Musiol zuvor gesagt hat, überraschend im Plenum gelandet. Ich glaube, es gab einfach zu wenig Tagesordnungspunkte für heute, aber ich freue mich sehr, inhaltlich darüber diskutieren zu können.

Unser Antrag soll die Weiche stellen in Richtung eines Wechsels von einer Objektfi­nanzierung zu einer Subjektfinanzierung im Bereich der Elementarpädagogik, im Be­reich der Kindergärten und Kinderkrippen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 207

In Wien ist die Subjektfinanzierung nahezu so gegeben, aber überall sonst herrscht die Objektfinanzierung vor, wie übrigens im Bildungswesen ganz allgemein.

Warum sind wir der Meinung, dass eine Umstellung der Finanzierung hier Sinn ma­chen würde? – Es hätte mehrere Effekte: Das Geld würde dem Kind folgen, und das ist ein ganz wichtiges Prinzip. Die Eltern und somit das Kind bekommen das Geld und dann die Einrichtung, und nicht die Einrichtung unabhängig davon, ob die Kinder diese Einrichtung besuchen. Es würde die Kaufkraft der Eltern und auch die Wahlmöglichkeit der Eltern stärken und so auch – im positiven Sinn – zu einem Wettbewerb beitragen und eine Qualitätssteigerung bewirken.

Dass man qualitätssichernde begleitende Maßnahmen braucht, ist keine Frage; das zeigen auch internationale Beispiele. Aber ich möchte anmerken, dass es einige Insti­tutionen gibt, die dafür plädieren, ein Scheckmodell einzuführen – nicht zuletzt die Ju­lius Raab Stiftung, weshalb die ÖVP das vielleicht unterstützen wird.

Ich habe schon erwähnt, dass die Qualitätssicherung bei solchen Subjektfinanzie­rungen ganz entscheidend ist. Das ist auch etwas, was uns begleitet bei unserem Mo­dell der autonomen, der mündigen Schule. Klarerweise braucht es das. Wir haben schon mehrere Anträge hinsichtlich eines bundeseinheitlichen Qualitätsrahmens, bun­deseinheitlichen Bildungsrahmenplans und des Standards zur Qualitätssicherung ein­gebracht, die wir auch nicht ins Plenum gebracht haben. Ich möchte die Anträge heute erneut einbringen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eine Änderung der Kompetenzlage im Bereich des Hort- und Kindergartenwesens und ehestmögliche Verabschiedung eines Bundesrahmengesetzes für elementarpäda­gogische Einrichtungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über den Antrag 615/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Be­reich der elementaren Bildung (523 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Novelle des B-VG zuzuleiten, die vorsieht, dass dem Bund im Bereich des Hort- und Kinder­gartenwesens die Grundsatzgesetzgebung zukommt. Darüber hinaus ist dem National­rat so rasch wie möglich ein Entwurf für ein Bundesrahmengesetz für die elementare Bildung vorzulegen, bei dessen Erstellung insbesondere der von der Plattform EduCare erarbeitete Vorschlag Berücksichtigung finden soll.“

*****

Es geht uns darum, dass die Grundsätze in der Elementarbildung – und Kindergärten sind erste Bildungseinrichtungen –, sprich die Qualitätsstandards, die Bildungsstandards, vom Bund festgelegt werden.

Es gibt keine sachliche Begründung, keine sachliche Rechtfertigung, warum Kinder in Kärnten, in Vorarlberg anders behandelt werden sollten als in Wien. Hier geht es um die erste Bildungseinrichtung und hier muss der Bund zuständig sein, und diese Stan­dards müssen gemeinsam von uns entwickelt werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 208

Wichtig wäre auch eine Zertifizierung bei Kinderbetreuungseinrichtungen, das würde die Wahlmöglichkeit für die Eltern ermöglichen.

Dazu haben wir uns ein deutsches Modell angeschaut, die Kindergarten-Einschätz-Ska-
la (KES-R).

Ich bringe daher noch folgenden zweiten Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Umsetzung eines Zertifizierungsprogramms für Kinderbetreuungs- und ‑bil­dungs­ein­richtungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über den Antrag 615/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Be­reich der elementaren Bildung (523 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Familien und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat ei­nen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Etablierung eines bundesweiten Zertifizie­rungsprogramms für Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen auf Grundlage des Qualitätssicherungsinstruments KES-R vorsieht.“

*****

Auch das wäre ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zu Kindergärten als erste Bildungseinrichtung in Österreich. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Entschließungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kollegin und Kollegen betreffend eine Änderung der Kompetenzlage im Bereich des Hort- und Kindergartenwesens und ehestmögliche Verabschiedung eines Bundesrahmengesetzes für elementarpädagogi­sche Einrichtungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über den Antrag 615/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Be­reich der elementaren Bildung (523 d.B.)

Dem Umstand, dass an das Hort- und Kindergartenwesen in Folge der verfassungs­rechtlichen Kompetenzverteilung (Gesetzgebung und Vollziehung liegen bei den Bun­desländern) von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Qualitätsstandards ange­legt werden, versucht die Bundespolitik seit Jahren unter Ankündigung eines soge­nannten Bundesrahmengesetzes/Qualitätsrahmens beizukommen. Obwohl verschie­dene Kräfte aus Politik und Zivilgesellschaft ein solches Instrument zur Gewährleistung bundesweit einheitlicher und verbindlicher Qualitätsstandards in der Elementarpäda­gogik begrüßen, konnte dieses Vorhaben bislang nicht umgesetzt werden. Im Ar-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 209

beitsprogramm der Bundesregierung 2013-2018 findet sich daher einmal mehr das Vorhaben der "Schaffung eines bundesweiten Qualitätsrahmens für die elementarpä­dagogischen Einrichtungen bis 2016" (S. 24).

Mit der neuen 15a-Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreu­ungsangebots, die im Juli 2014 den Nationalrat passierte, wurde die Chance, bei die­sem zentralen Anliegen verbindlicher zu werden, jedoch erneut vergeben. Im Text der Bund-Länder-Vereinbarung verweist man sogar dezidiert auf den angestrebten Emp­fehlungscharakter dieses Instruments: "Die Vertragsparteien kommen überein, zur Si­cherung der Betreuungsqualität in Kinderbildungs- und -betreuungsangeboten bundes­weite Empfehlungen über Mindeststandards in der Kinderbetreuung zu erarbeiten. Hierfür soll ein bundesweiter Qualitätsrahmen für die elementarpädagogischen Einrich­tungen bis 2016 entwickelt werden."

Angesichts der regional höchst unterschiedlichen Standards (bspw. in Hinblick auf Öff­nungszeiten, Gruppengrößen und Betreuungsschlüssel) ist die Umsetzung eines ver­bindlichen, bundeseinheitlichen Qualitätsrahmens aber dringend erforderlich. Mit dem Entwurf der Plattform EduCare liegt hierzu auch bereits eine hochwertige Arbeitsgrund­lage vor, die die Ausgangsbasis für weiterführende Diskussionen im Hohen Haus und den Beschluss eines Bundesrahmengesetzes darstellen könnte. Dieser Vorschlag um­fasst eine Reihe wesentlicher Maßnahmen, darunter:

die Definition des Bildungsauftrags von elementaren Bildungseinrichtungen

(Fokus auf "Förderung der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit jedes Kindes und seiner Fähigkeit zum Leben in der Gemeinschaft" in Ergänzung zum familiären Rahmen),

Standards für die Qualitätssicherung

(Qualifikationsfestlegung für die einzelnen Berufsfelder; einheitliche, österreichweit gül­tige Ausbildungserfordernisse für Elementarpädagog_innen (auf tertiärem Niveau) so­wie für Assistent_innen im pädagogischen Bereich; Erfordernis der Fortbildung für Ele­mentarpädagog_innen und Tageseltern im Umfang von mindestens drei Tagen jähr­lich; Etablierung von Instrumenten der Einzel- und Teamsupervision; Entwicklung und Evaluation von Maßnahmen zur Mitarbeiter_innen-Entwicklung; Kooperation mit Exper­t_innen und Berater_innen aus fachnahen Bereichen (z.B. Psycholog_innen, Inklu­sions- und Heilpädagog_innen, Sozialarbeiter_innen, Kinderärzt_innen) in jeder ele­mentaren Bildungseinrichtung; Evaluation der Einhaltung der Bestimmungen durch un­abhängige Kontrollgremien mit entsprechender Sanktionsfolgen bei Zuwiderhandeln),

die Festlegung von Rahmenbedingungen für die elementare Bildung

(Festlegung eines altersgerechten Pädagog_innen-Kind-Schlüssels (1:3 für 0- bis 2-Jäh­rige, 1:5 für 2- bis 3-Jährige, 1:8 für 3- bis 6-Jährige, 1:4 (inkl. eigener Kinder) für Ta­geseltern, die nicht-schulpflichtige Kinder betreuen); Festlegung eines 50%igen Anteils von Elementarpädagog_innen am Gesamtpersonal pro Gruppe; Etablierung einheitli­cher und altersgerechter maximaler Gruppengrößen (max. 6 Kinder in Gruppen für 0- bis 2-Jährige, max. 12 Kinder in Gruppen für 2- bis 3- Jährige, max. 20 Kinder in Gruppen für 3- bis 6-Jährige, max. 5 gleichzeitig anwesende Kinder unter 10 Jahren bei tagesel­terlicher Betreuung (davon max. 50% unter 2 Jahren) sowie Anpassung der Kinder­höchstzahl pro Gruppe auf den individuellen Unterstützungsbedarf von Kindern mit Be­hinderung); Festlegung von Ausbildungserfordernissen für leitende Funktionen im Be­reich der elementaren Bildung (auf tertiärem Niveau); Schaffung von Rahmenbedin­gungen, die inklusive Bildung ermöglichen; Etablierung von Jahresschließzeiten, die das Höchstausmaß von 25 Werktagen nicht übersteigen dürfen; Verankerung zeitlicher Ressourcen von mindestens 20 % der Dienstzeit für mittelbare Tätigkeiten im Sinne der pädagogischen Vor- und Nachbereitung; einheitliche Festlegung der räumlichen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 210

und ausstattungsmäßigen Mindestanforderungen, die an elementare Bildungseinrichtun­gen zu stellen sind),

Verpflichtungen für elementare Bildungseinrichtungen in Hinblick auf das

Eingehen von Bildungspartnerschaften (regelmäßige Information und Kooperations­möglichkeiten mit Eltern/Obsorgeberechtigten, Kooperationen mit anderen Bildungsein­richtungen u.a. mit Blick auf einen dem Kindeswohl entsprechenden Übergang zur Grundschule; Zusammenarbeit mit der außerschulischen Kindergruppenarbeit sowie an­deren Freizeit- und Bildungseinrichtungen für Kinder und Obsorgeberechtigte) sowie die

Festlegung von Bedingungen für die Vergabe öffentlicher Mittel an Träger

von elementaren Bildungseinrichtungen (Regelung der Vergabe von öffentlichen Mit­teln in Form von Leistungsverträgen; Gleichbehandlung von privaten, gemeinnützigen und öffentlichen Trägerorganisationen).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Novelle des B-VG zuzuleiten, die vorsieht, dass dem Bund im Bereich des Hort- und Kindergar­tenwesens die Grundsatzgesetzgebung zukommt. Darüber hinaus ist dem Nationalrat so rasch wie möglich ein Entwurf für ein Bundesrahmengesetz für die elementare Bil­dung vorzulegen, bei dessen Erstellung insbesondere der von der Plattform EduCare erarbeitete Vorschlag Berücksichtigung finden soll."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kollegin und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Zertifizierungsprogramms für Kinderbetreuungs- und ‑bildungs­ein­richtungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über den Antrag 615/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Be­reich der elementaren Bildung (523 d.B.)

Im Fokus der Ausbauoffensiven im Bereich der elementaren Bildung stand in den ver­gangenen Jahren vor allem der Aspekt der Quantität. Angesichts der Fortschritte, die auf diesem Gebiet bereits erzielt werden konnten, ist es nun allerdings an der Zeit, dem Thema Qualitätsentwicklung größeres Augenmerk zu schenken.

Ein hilfreiches Instrument könnte hier die Umsetzung einer Zertifizierungsleiter bzw. ei­nes Zertifizierungsprogramms für Kinderbetreuungs- und -Bildungseinrichtungen sein. Die Familienzentren Nordrhein-Westfalen beschreiten diesen Weg seit 2006 sehr er­folgreich: Sie verpflichten sich zur Einhaltung spezifischer fachlicher Qualitätsstan­dards, wobei die Erfüllung eines gewissen Anteils an Standards das Ansuchen um ein Gütezeichen ermöglicht, das wiederum mit einer finanziellen Zusatzunterstützung ein­hergeht. Ist die Zertifizierung nach vier Jahren ausgelaufen, muss ein Re-Zertifizie­rungsverfahren durchgeführt werden, wodurch ein systemimmanenter Lernprozess in­nerhalb der Einrichtungen sichergestellt wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 211

Ähnliche Modelle wären auch in Hinblick auf Kinderkrippen, Kindergärten und Tages­elternplätze in Österreich denkbar und sinnvoll. Mit der Kindergarten-Einschätz- Skala (KES-R), stünde auch bereits ein wissenschaftlich fundiertes und pädagogisch aner­kanntes Instrument zur Verfügung, auf dessen Basis ein Zertifizierungsprogramm eta­bliert werden könnte, das Qualität(ssteigerungen) öffentlich wahrnehmbar macht und so auch einen Paradigmenwechsel zur Subjektförderung ermöglichen würde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Familien und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat ei­nen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Etablierung eines bundesweiten Zertifizie­rungsprogramms für Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen auf Grundlage des Qualitätssicherungsinstruments KES-R vorsieht."

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


19.23.30

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Stoßrichtung des vorigen Antrages geht in Richtung der Umsetzung eines Scheckmodells für Dienstleistungen im Bereich der elementaren Bildung. Dieses Ansinnen wird von Fachleuten – speziell die Kinderbetreuung betreffend – hinterfragt.

Grund dafür ist, dass Gutscheine keine wirkliche Entlastung der Familien von Kinder­betreuungs- und Bildungskosten bringen, da die Elternbeiträge, zum Beispiel in Kin­derbetreuungseinrichtungen, regional unterschiedlich hoch sind. Es ist auch so, dass nicht in allen Regionen flächendeckend ein entsprechendes Kinderbetreuungsangebot vorhanden ist.

Recht schwierig ist bei solchen Scheckmodellen erfahrungsgemäß auch die Komplexi­tät der Verwaltungsverfahren. Ganz abgesehen davon, dass für die Träger, sprich: in vielen Fällen für die Gemeinden, Probleme mit den Gutscheinen auftreten können und dass damit auch die notwendigen Mittel für den laufenden Betrieb nicht bereitgestellt werden können.

Dass der Bedarf nach außerhäuslicher Kinderbetreuung gegeben ist und steigt, ist uns allen klar. Daher wurden von Bund, Ländern und Gemeinden in den Jahren von 2008 bis 2013 insgesamt zusätzliche 185 Millionen € in den Ausbau der Bildungs- und Be­treuungsangebote investiert. Dieser Ausbauprozess wird seit 2014 in der Verantwor­tung unserer Ministerin Sophie Karmasin durch eine verstärkte Kostenbeteiligung des Bundes beschleunigt, und es werden Anreize für eine bundeseinheitliche Verbesse­rung der Qualitätsstandards gesetzt.

Bis zum Jahre 2017 werden für den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinder­betreuung 440 Millionen € von Bund, Ländern und Gemeinden bereitgestellt. Allein für dieses Jahr stehen 145 Millionen € zur Verfügung. Mit diesen Mitteln können neue Plätze geschaffen, die Betreuungsqualität verbessert und die Öffnungszeiten optimiert werden und auch andere Begleitmaßnahmen finanziert werden.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, dass die von der Regierung und den Körper­schaften gesetzten Maßnahmen den vorliegenden Antrag bei weitem überholt haben, und er ist daher abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 212

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Holzinger zu Wort. – Bitte.

 


19.26.01

Abgeordnete Daniela Holzinger, BA (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Die im Antrag beabsichtigte Umstellung der Finanzierung unserer elementaren Bildungseinrichtungen von einer Objektförderung auf eine Subjektförderung inklusive Schecksystem bietet aus meiner Sicht zwar Potenziale im Bereich der Transparenz – wie bereits erwähnt wurde – oder des Kostenbewusstseins der Menschen, indem ein­fach bekannt ist: Was kriege ich eigentlich für Leistungen vonseiten des Staates?, aber alleine um diese wünschenswerte Transparenz wirklich herstellen zu können, erachte ich eine teure Totalumstellung des Systems, das wir jetzt haben, für nicht zweckmäßig. Viel kostengünstiger wäre die Umstellung auf einen jährlichen Bericht, wie das auch im Gesundheitssystem der Fall ist, und dort die Leistungen aufgeführt werden, die man im Laufe eines Jahres konsumiert hat.

Richtig problematisch wird der Ansatz des Scheckmodells mit Subjektförderung aber erst dann, wenn damit die völlig freie Auswahl von Bildungseinrichtungen einhergeht. Die damit in Aussicht gestellte Qualitätssicherung aufgrund des Wettbewerbs – so wie es im Antrag auch formuliert ist – ist meines Erachtens nicht gegeben, sondern es be­steht eine weitaus größere Gefahr, nämlich dass man in die Etablierung einer Zwei-Klassen-Elementarbildung übergeht.

Die SPÖ sieht die Gefahr auch dahin gehend, dass es durch das Scheckmodell dem Staat nicht mehr möglich sein wird, wirklich wohnortnahe Bildungseinrichtungen – und das besonders im ländlichen Raum – garantieren zu können. Ein Scheck könnte eben nur dort eingelöst und eingesetzt werden, wo die Betreuung überhaupt einmal vorhan­den ist. Dieses Angebot betreffend ist der städtische Bereich eben viel, viel privile­gierter. Die soziale Durchmischung – ein wesentlicher Faktor, den man eben auch se­hen muss, als einen Faktor, soziale Kompetenzen zu erlernen – würde damit ebenfalls wegfallen, weil sich unserer Meinung nach ein Zwei-Klassen-Bildungssystem herausbil­den würde.

Weil im Ausschuss von Kollegin Meinl-Reisinger das Beispiel Hamburg erwähnt wurde, dass dort schon umgesetzt ist und funktioniert, habe ich mir dieses angeschaut. Ich habe mir die Beiträge aus dem Monitor Familienforschung herausgesucht, und da steht: Einrichtungen, mit besonderer pädagogischer Qualität, die sich nicht so gut ver­markten, eben aufgrund des Wettbewerbs, werden in Deutschland seltener in An­spruch genommen. Einrichtungen haben keine verlässlichen Einnahmequellen, was eben dazu führt, dass weniger Investitionsbereitschaft der Einrichtungen besteht und auch fachliche Anforderungen zurückgefahren werden.

Als das System in Hamburg schon gelaufen ist, ist nach fünf Jahren von Abgeordneten festgestellt worden, dass das Kita-Gutschein-System sich nicht bewährt hat, weil sozial schwache Familien und ihre Kinder benachteiligt wurden und sich die Arbeitsbedin­gungen in den Kitas verschlechtert haben. Warum? – Die Anzahl unbefristeter Vollzeit­stellen für Erzieher und Erzieherinnen ist massiv abgebaut worden. Das heißt, man ist in den Bereich Teilzeitarbeit gegangen, und aufgrund der schlechten Arbeitsbedingun­gen ist ein extremer Fachkräftemangel entstanden, und dabei ist man, bei einem wach­senden Bedarf der frühkindlichen Erziehung, der sozialen Verantwortung nicht mehr ge­recht geworden.

Vor diesem Hintergrund sehe ich den Paradigmenwechsel, der da stattfinden soll, eher als Gefährdung des aktuellen Systems. Die Transparenz ist die positive Seite, aber auf der anderen Seite sehe ich eben, dass für die Bildungseinrichtung das Kind irgendwie zur Ware, zu einem Betrag wird und die Qualität im Hintergrund steht. Die Qualität aber sollte unser aller Anliegen sein; nämlich Qualität der Bildung selbst, Qualität was die


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Gruppengrößen betrifft, Qualität, was die Spezialisierungsmöglichkeiten auch für das Personal betrifft, für die Kindergarten- und HortpädagogInnen.

Ich glaube, das muss unser Ansinnen sein, damit der Kindergarten, damit die elemen­taren Bildungseinrichtungen auch den Stellenwert kriegen, den sie verdient haben. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort. – Bitte.

 


19.29.53

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir hingegen würden einen Paradigmenwechsel in dieser Frage grundsätzlich begrüßen. Wir haben ja – übrigens, ich rufe es in Erinnerung, manche wissen das noch – schon in den frühen neunziger Jahren das Scheck-Modell entwickelt und es vielfach auch in diesem Plenum eingebracht. Es ist dann in einer transformierten Form mit dem Kinderbetreuungsgeld auch politische Realität geworden.

Welche Vorteile hätte das? – Damit wird die Wahlfreiheit der Eltern gestärkt. Ich glau­be, dass dieser Wettbewerb nicht zu einer Qualitätsminderung führen würde, sondern es wäre einfach ein Wettbewerb darum, welche Form der Betreuung geboten wird, welche Öffnungszeiten angeboten werden und so weiter, was der Realität am besten gerecht wird, um den Eltern die beste Unterstützung in ihrem Arbeitsleben zu bieten. Ich denke, dass es vor allem diesen Effekt hätte.

Zum anderen gibt es auch genügend Beispiele. Niemand käme auf die Idee, eine Sach­leistung bei Pflegegeldern einzufordern, sondern jeder weiß, manche Dinge möchte man sich eigentlich am liebsten selber aussuchen.

Was uns aber an diesem ursprünglichen Antrag der hier als Tagesordnungspunkt vor­liegt – stört, ist etwas Altbekanntes. Die Wahlfreiheit ist natürlich nicht die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen außerhäuslichen Kinderbetreuungseinrichtungen, sondern die Wahlfreiheit zwischen der Betreuung in der Familie oder außer Haus; so haben wir das Wort ja damals auch geprägt, und das heißt es ja auch im Kern. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das kommt da eben nicht vor, und ich muss es Ihnen immer wieder vorwerfen, im Gegensatz zu dem, was da heute am Vormittag auch angesprochen worden ist, dass die meisten Frauen quasi unfreiwillig zu Hause bleiben. Jede Umfrage – egal wel­che, über die Jahre hinweg – zeigt eines: dass, wenn man jungen Eltern und vor allem jungen Müttern die Frage vorlegt: Würden Sie gerne länger bei ihrem kleinen Kind blei­ben, wenn sie ökonomisch abgesichert wären? die Mehrheit antwortet: Ja, ich würde es gerne tun!

Sie wissen, dass hier Ihre Meinung und die der jungen Mütter völlig auseinanderliegen und vermeiden daher alles, was zu einer Realisierung dieses Tests führen würde. Sie versuchen die Bedingungen so zu legen, dass man es sich besser nicht leistet, zu Hause zu bleiben. Ihre Gesinnungsfreunde in der Bundesrepublik Deutschland haben die Bemühungen, so irgendetwas Ähnliches wie die Wahlfreiheit auch in der Bundes­republik herzustellen, als Herdprämie diffamiert. Sie wollen es einfach nicht, weil Sie es nicht wahrhaben wollen, dass Sie als feministische Frauenbeauftragte in dieser Frage mit den ganz normalen Durchschnittsfrauen des ganz normalen Alltagslebens einfach nicht d‘accord gehen.

Aber es ist schon zu später Stunde, und diese Debatte wird immer wieder und wieder geführt werden. Schön ist, dass sich die Sache jetzt so umkehrt. Wenn ich Alice Schwarzer sehe, mit ihren 70 Jahren einerseits, und die junge Birgit Kelle andererseits, dann weiß ich, dass das schon noch werden wird – das ist ganz sicher auf dem rich­tigen Weg.


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Zum Antrag, der jetzt hier eingebracht worden ist: Ein Scheckmodell – wenn es voll­ständig wäre – müsste natürlich eine Zertifizierungsmöglichkeit aufweisen, damit dann eben nicht einfach die billigste Kinderbetreuungseinrichtung benützt wird, sondern ein gewisses Minimum an Niveau gewahrt wird. Also dem werden wir zustimmen.

Das andere: Für eine Übertragung der Kompetenzen von den Ländern auf den Bund se­hen wir eigentlich keinen guten Grund. Gerade der Föderalismus – so wie es die Schweiz übrigens vorzeigt, mit dem hohen Wettbewerb – bewirkt ja, dass sich die vernünftigste Lösung durchsetzt, und das Argument, warum man ein Kind im Burgenland anders als in Tirol behandelt, zieht nicht. Es gibt Modelle der Kinderbetreuungseinrichtungen, und es wird sich dann herausstellen, welches das beste war, und die anderen werden in diese Richtung nachziehen. Diesen Antrag werden wir ablehnen.

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol zu Wort. – Bitte.

 


19.33.56

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Rosenkranz, es ist immer eine Freude, nach Ihnen zu sprechen, denn dann weiß ich, es gibt genug Stoff, auf den ich antworten kann. (Abg. Barbara Ro­senkranz: Das ist schön und gilt auch umgekehrt!) Es ist nicht so, dass ich sonst um Antworten verlegen wäre, aber es gibt da durchaus viele Differenzen, die man dann gut argumentieren kann.

Ja, auch wir stimmen gegen diesen Antrag. Die wesentlichen Argumente sind eigent­lich von Frau Kollegin Holzinger schon vorgebracht worden, nämlich in einer sehr, sehr sachlichen und ausdifferenzierten Art und Weise.

Es ist eine städtische Perspektive, die in diesem Antrag steckt. Es ist einfach in vielen Gegenden so, dass man bei der Kinderbildungseinrichtung nicht einmal die Wahl hat, sondern da gibt es eine und die hat eingeschränkte Öffnungszeiten. Diese bietet nicht die Rahmenbedingungen, die man sich wünscht und die man braucht, und trotzdem muss man, sofern man überhaupt will, diese wählen. Und dies unterstellt sozusagen, dass der Wettbewerb die Qualität regelt. Ich weiß schon, Sie sind natürlich auch dafür, dass man das Qualitätsrahmengesetz und das Bundesrahmengesetz beschließt, da sind wir einer Meinung.

Der Annahme, der Wettbewerb würde da für Qualität sorgen, kann ich mich – da bin ich voll bei Ihnen, Frau Kollegin Holzinger – gleichfalls nicht anschließen.

Abgesehen davon ist das derzeit Aufgabe der Länder, und da haben einige Länder oh­nedies schon, so zum Beispiel Wien, diese Umstellung gemacht, andere jedoch noch nicht. Aber wir sind ja diesbezüglich für eine Verlagerung in die Bundeskompetenz. Frau Abgeordnete Rosenkranz, ich sehe das bezüglich Bundeskompetenz ganz an­ders als Sie, denn ich sehe nicht ein, warum es sozusagen von der Postleitzahl ab­hängt, welche Rahmenbedingungen man von früh an in Kinderbildungseinrichtungen vorfindet. Vor diesem Hintergrund ist es dringend notwendig, ein Bundesrahmengesetz zu schaffen, eine Bundeskompetenz zu erreichen, sodass eben Gruppengrößen, Bil­dungsbetreuungsschlüssel, Bildungspläne, Öffnungszeiten und vieles mehr ganz klar ge­regelt sind.

Da werden wir Grünen nicht locker lassen; ebenso werden das ja auch einige andere so halten.

Zum Thema Wahlfreiheit, weil wir diese Diskussion jedes Mal haben. Sie definieren die Wahlfreiheit immer als Freiheit der Wahl zwischen außerhäuslicher und familiärer Be­treuung. Ja, diese Wahl ist schon irgendwann einmal zu treffen, wobei wir Grünen da


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 215

eben nicht von Betreuung, sondern von Bildung sprechen. Und da ist es eben auch wichtig, Impulse von außerhalb der Familie zu bekommen, was jedoch nicht bedeutet, dass wir den Familien unterstellen, dass sie diese Impulse nicht geben können, aber es ist unserer Überzeugung nach wichtig, mit anderen Kindern in einer Gruppe zu sein, dort Bildung zu erleben, und zwar altersadäquate Bildung, auch schon im Kindergar­ten, auch schon in der Kinderkrippe.

Um aber diese Wahl überhaupt treffen zu können, braucht man Angebote. Da setzen wir an und sagen: Angebote müssen geschaffen werden, und zwar entsprechende qua­litative Bildungsangebote für alle Kinder, egal, in welchem Tal, in welchem Bundesland, in welcher Stadt. Erst dann können wir davon sprechen, ob die Familien eine Wahl ha­ben oder nicht. (Beifall bei den Grünen.)

19.37

19.37.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 523 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Änderung der Kompetenzlage im Bereich des Hort- und Kindergartenwesens und ehestmögliche Verabschiedung eines Bundesrahmengesetzes für elementarpädagogische Einrichtun­gen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung eines Zer­tifizierungsprogramms für Kinderbetreuungs- und ‑bildungseinrichtungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

19.38.3114. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 834/A der Abgeordneten Jo­hann Höfinger, Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz (UFG), BGBl. Nr. 185/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2014, geändert wird (516 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen jetzt zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


19.38.56

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Antrag bezüglich Umweltför­derungsgesetz geht es um die Siedlungswasserwirtschaft, ein sehr wichtiges Thema in


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unseren Kommunen, in unseren Orten, denn es geht sowohl um die Trinkwasserver­sorgung als auch um die Sammlung und Reinigung von Abwässern.

Dieser Bereich umfasst – beginnend bei den Neubauten bis hin zu Sanierungen und Überprüfungen – das gesamte Gebiet der Wasserwirtschaft. Unser Antrag beinhaltet, dass parallel zur Fortschreibung des Finanzausgleichgesetzes auch in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 100 Millionen € an Förderungen zur Verfügung stehen. Dies hat einen unwahrscheinlich großen Impuls, denn wir wissen grundsätzlich, dass ein Förder-Euro vier weitere Investitions-Euro auslöst. Mit 100 Millionen € werden also Bauvolumen in Höhe von 400 Millionen € ausgelöst.

Wir wissen, dass derzeit bereits 2 240 Anträge für baureife Projekte vorliegen, die auf die Genehmigung warten, wodurch dann 155 Millionen € Investitions- und Fördervolu­men ausgelöst werden können. Die Kommunen und Gemeinden warten bereits auf die Freigabe dieser Gelder, denn wir haben auch in diesem Antrag verpackt, dass Gelder, die bereits ab 2011 nicht als Förder-Euro geflossen sind, auch weiterhin bereitgestellt werden können. Diese bereits beantragten Projekte können dann zur Umsetzung ge­langen. Wesentlich in diesem Zusammenhang sind die Wirtschaftsbelebung durch die­se großen Bauprojekte und auch die Arbeitsplatzsicherung. Wir wissen, dass wir mit diesem Paket jährlich zirka 4 400 Arbeitsplätze schaffen und sichern können. Das ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik, vor allem in ländlichen Regionen.

Mit diesem Antrag kommen wir sehr vielen politischen Forderungen nach. Sowohl die Landeshauptleutekonferenz als auch die verschiedenen Länder, die Landesumwelt­konferenz der Landtage und viele, viele mehr haben auch darauf gedrängt, dass die­ses Fördervolumen wieder aufgenommen werden kann. Wir wollen dem mit diesem Beschluss gerecht werden. Ich kann Sie dazu nur um Ihre Unterstützung bitten. – Vie­len Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Weninger gemeldet. – Bitte.

 


19.41.26

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem heuti­gen Beschluss stellt der Bund für die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft für die Jahre 2015/16 den Gemeinden jährlich 100 Millionen € zur Verfügung. Das klingt für viele selbstverständlich und wenig aufregend, aber wenn man ein bisschen über den Tellerrand hinausschaut, dann sieht man, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass in Österreich 90 Prozent der Haushalte an die öffentliche Wasserleitung und über 95 Pro­zent an ein öffentliches Kanalsystem angeschlossen sind. Jeder weiß aus dem Urlaub, dass es nicht selbstverständlich ist, Wasser aus der Wasserleitung trinken zu können, da stehen dann überall die Plastikflaschen.

Wenn man dann weiter blickt, dann muss man sagen, dass es mehr als 1 Milliar­de Menschen auf dieser Welt gibt, die keinen Zugang zu Trinkwasser haben. Laut UNICEF sterben täglich an die 2 000 Kinder an einer Durchfallerkrankung. Täglich ster­ben 2 000 Kinder, weil die Wasserversorgung und der Zugang zu sanitären Anlagen nicht gegeben sind.

Ich möchte jedoch noch einen weiteren Aspekt in Richtung jener Steuerexperten, Fi­nanzexperten und Experten für alles, die sich dann gerne „Im Zentrum“, im „Report“ und in der „ZiB 2“ hinsetzen und uns erklären, dass man eigentlich die Förderungen sowieso alle rigoros linear kürzen und streichen kann, weil Österreich einen Dschungel von Förderungen hat, erwähnen. Ich glaube, gerade anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass es bei der Förderung nicht darum gehen kann, lineare Vorgaben für Kür-


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zungen zu machen, sondern es ist notwendig, jede Förderung für sich anzuschauen. Im Bereich der Umweltförderung ist Österreich sicher ein Musterland.

Die Förderung des Wasser- und Abwasserbereichs sichert die kommunale Daseinsvor­sorge und damit die Lebensqualität. In diesem Sinne bin ich sehr froh, dass es uns im Umweltausschuss gelungen ist, für diese Materie einen einstimmigen Beschluss zu bekommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


19.43.51

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kol­legen und Kolleginnen! Vorweg möchte ich gleich einmal sagen, dass wir diesem An­trag im Ausschuss zugestimmt haben. Wir werden ihm auch hier im Plenum zustim­men, denn es handelt sich um einen guten Antrag. Ein guter Antrag ist es allein schon deswegen, weil diese 200 Millionen € Steuergelder tatsächlich auch wieder in die Wirt­schaft des eigenen Landes zurückfließen.

Mit dieser Änderung des Umweltförderungsgesetzes wird der Umweltminister ermäch­tigt, innerhalb von zwei Jahren freihändig 200 Millionen € an die Siedlungswasserwirt­schaft als Förderung auszuschütten. Wie wir wissen, sind die Anträge ja nicht enden wollend, das heißt, auch die Summe als solche ist nach wie vor zu klein.

Ich darf in diesem Zusammenhang die Hochwasserkatastrophe 2005 in Wörgl erwäh­nen. Wir alle erinnern uns. Seit 2005 warten die Wörgler auf den versprochenen Schutz­damm, und es ist bis dato noch nichts geschehen. Wir haben im Umweltausschuss da­rüber gesprochen, und ich darf meiner Kollegin Carmen Schimanek einen recht herz­lichen Dank aussprechen, denn sie ist es, die immer wieder hartnäckig auf die Er­füllung dieses Versprechens drängt. Der Herr Umweltminister hat kurz und bündig da­zu gemeint, ja, es sei ihm ein besonders Anliegen, dass dieser Schutzdamm gebaut wird, denn er selbst komme aus dieser Gegend, es seien auch schon Verhandlungen mit den Landesstellen aufgenommen worden, es gebe allerdings noch ein Problem bei der Kosteneinschätzung. Die Zeit geht ins Land, und ich hoffe, die Wörgler werden ih­ren Schutzdamm doch noch bekommen.

Folgendes möchte ich noch dazu erwähnen: Ein großes Problem gibt es, glaube ich, bei der Siedlungs- beziehungsweise Baurechtsgenehmigung, denn alle Experten oder alle Naturkenner wissen, dass ein Fluss, ein Bach ein Überschwemmungsgebiet braucht. Dieses Überschwemmungsgebiet sollte beachtet werden, damit es eben nicht zu sol­chen Katastrophen kommt. Aber wer verengt und begradigt die Flüsse? – Der Mensch. Wer genehmigt das? – Das jeweils zuständige Bauamt. Das heißt, die Gebühren, die man eigentlich beim Bauamt zahlt, beinhalten keinerlei Verpflichtungen, denn den Scha­den muss wieder der Steuerzahler tragen.

Werte Kollegen und Kolleginnen! Immer wieder stört mich die Bezeichnung „Umwelt­ausschuss“. – Ich denke, ein besserer Wortlaut dafür wäre Ausschuss zum Schutz der Umwelt, denn in diesem Zusammenhang sollte man schon bedenken: Umweltschutz ist Menschenschutz. – Ich danke für die Aufmerksamkeit beziehungsweise die nicht vorhandene Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


19.47.12

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und alle, die uns bei den Umwelt-


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punkten auch noch zuhören oder zuhause zuschauen. Ich sage es gleich vorweg: Mei­ne Fraktion wird diesem Antrag zustimmen. Die Antragsteller haben es erläutert; wir sehen diese Initiative positiv. Es wird der Zusage-Rahmen für die Siedlungswasserwirt­schaft weiterhin sichergestellt. Wir stehen nicht an, guten Initiativen, sinnvollen Initia­tiven unsere Zustimmung zu geben.

Ich möchte aber betonen, auch als Obfrau des Umweltausschusses, dass dieser An­trag vielleicht den Anschein erwecken mag, dass es wenige Umweltpunkte gibt, die hier im Haus diskutiert werden. Ich möchte für die Öffentlichkeit festhalten, das war na­türlich nicht die einzige Initiative, die es in diesem Hause gab. Wir haben in diesem Ausschuss eine ganze Reihe von anderen Initiativen beraten. Leider ist es so, dass die Regierungsparteien denen nicht die Zustimmung gegeben haben. Sie haben sie auch nicht abgelehnt, sonst hätten wir die Gelegenheit, das heute öffentlich zu debattieren, sondern die anderen Anträge wurden allesamt vertagt.

Es gab 14 Tagesordnungspunkte; einer, der eine Zustimmung von allen Fraktionen be­kommt, wird heute hier debattiert. Alle anderen Tagesordnungspunkte, 13 an der Zahl, waren Anträge der Oppositionsparteien. Die wurden alle vertagt und können heute leider hier deswegen nicht öffentlich behandelt werden. Mir ist es aber wichtig, zu sa­gen, dass es viele Initiativen gibt und dass der Umweltausschuss sehr aktiv ist. Das möchte ich hier feststellen.

Ich möchte auf meine Initiativen im Umweltausschuss eingehen. Da gab es die Grenz­werte für Plastik. Man kennt wahrscheinlich die Vorfälle rund um Plastik in der Donau. Da ist aus Industrieanlagen Plastik in die Donau eingeleitet worden. Danach hat sich ergeben, dass dadurch eigentlich überhaupt keine Gesetzesübertretung zustande ge­kommen ist, weil Plastik in unserer Umweltgesetzgebung nicht als Problemstoff aner­kannt wird. Ich wundere mich, dass wir als Gesetzgeber hier nicht fähig sind, das an­zuerkennen: Plastik ist kein Naturstoff, Plastik ist ein Kunststoff und hat weder in der Donau noch sonst irgendwo in der Umwelt etwas verloren. Ich werde an dieser Initia­tive dranbleiben und hoffe, dass wir als Gesetzgeber auch dieses Problem wahrneh­men und Grenzwerte dafür einsetzen.

Bei den Untersuchungen, die der Herr Umweltminister dann getätigt hat, ist herausge­kommen, dass 87 Prozent des Plastiks, das in der Donau ist, eigentlich durch Littering verursacht wird, also das, was so täglich weggeworfen wird. Viele Abgeordnete haben auch berichtet, das sieht man nicht nur in den Flüssen, sondern auch auf unseren Fel­dern, an Straßenrändern und so weiter. Eine entscheidende Maßnahme, um Littering zu entgegnen, sind Pfandsysteme. Ich habe die Einführung von Pfandsystemen und da­mit in Verbindung die Erhöhung der Mehrwegquote beantragt. Das wurde leider auch vertagt; aber auch da werden wir dranbleiben.

Ein weiterer wichtiger Punkt war mir die Fortsetzung der Klimaschutzmaßnahmen. Das Klimaschutzprogramm in Österreich ist 2014 ausgelaufen. Der Umweltminister hat erst jetzt ein weiteres vorgelegt, was meiner Ansicht nach nicht geeignet ist, um unsere wei­teren Zielsetzungen zu erreichen. Ich finde es schade, dass wir als Gesetzgeber hier nicht auch die Initiative ergreifen und dem Umweltminister entsprechende Vorgaben machen. Wir sind auch dazu da, dem Minister Vorgaben zu machen, was er umzuset­zen hat. Und was den Klimaschutz anlangt, wäre das dringend nötig.

Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn schon die Beteiligung der BürgerInnen an dieser Diskussion ausgeschlossen wird, ist die Beteiligung von BürgerInnen und NGOs in Umweltverfahren. Das ist immer ein wichtiges Thema. Da gibt es auch diverse Rügen von internationaler Seite, weil Österreich Verpflichtungen nicht einhält. Auch diese Ini­tiative wurde leider vertagt.

Ich hoffe, dass wir in Zukunft im Umweltausschuss mehr gemeinsame Initiativen zu­stande bringen oder zumindest auch die kontroversen Punkte hierher ins Plenum brin-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 219

gen, um das öffentlich diskutieren zu können, damit die Bevölkerung weiß und mitbe­kommt, wie es um die Umweltpolitik in Österreich steht.

Klar ist jedenfalls: Österreich braucht dringend ein eigenständiges, starkes und enga­giertes Umwelt- und Energieministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


19.51.45

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ein­gangs möchte ich erwähnen, dass wir im Ausschuss der Finanzierung der Siedlungs­wasserwirtschaft zugestimmt haben, und wir werden das auch heute hier im Plenum machen.

Ich stelle mir allerdings schon eine ganz zentrale Frage für die im Ausschuss noch kein Platz für eine Diskussion war: Warum soll eine Investition im Infrastrukturbereich der Siedlungswasserwirtschaft eine Umweltförderung sein? Kollege Weninger hat diese För­derung als Beispiel dafür herangezogen, dass man keine linearen Kürzungen bei För­derungen durchführen kann. Ich gebe Ihnen Recht, dass es in diesem Fall nicht mög­lich wäre, aber nur aus dem Grund, weil es tatsächlich keine Förderung wäre. Das ist ein Budgetposten für Infrastruktur im Bereich der Wasserwirtschaft. (Abg. Weninger: Dann gehört es eben in ein anderes Ressort!) Der gehört grundsätzlich nicht ins Um­weltministerium, sondern ins Infrastrukturministerium. Das ist – ich kann nicht erklären, weshalb diese Förderung dort stattfindet – eine Fehlentscheidung gewesen.

Ich möchte des Weiteren aber auch auf den Umweltausschuss an sich eingehen. Kol­legin Brunner von den Grünen hat es schon angesprochen: Wir hatten 14 Tagesord­nungspunkte; 13 Tagesordnungspunkte wurden vertagt. Für all jene, die sich mit den Prozessen nicht so intensiv beschäftigen: Das bedeutet, die kommen in die Rundab­lage, werden alle drei Monate kurz herausgeholt und dann wieder vertagt.

Diese 13 Initiativen von den Grünen, den Freiheitlichen, dem Team Stronach und NEOS, die auf der Agenda standen, gehörten zu sehr unterschiedlichen Themenblö­cken. NEOS hätte nicht allen zugestimmt, aber es waren sehr relevante Themen, was die österreichische Umweltpolitik betrifft, dabei. Zum Beispiel im Bereich Plastik im Was­ser hat das Umweltbundesamt eine ausgezeichnete Studie vorgelegt, aufgrund derer wir eine Entscheidungsgrundlage hätten, um weitere Schritte zu gehen, die man aber offensichtlich nicht zu gehen bereit ist.

Wir haben des Weiteren im Bereich des EURATOM-Vertrages und bei der Endlage­rung von Atommüll konkrete Maßnahmen, die uns direkt betreffen, da Nachbarstaaten nach wie vor in die Atomenergie investieren. Dort werden sie auch ihren Müll irgendwo endlagern müssen. Auch diese Themen wurden nicht besprochen.

Wir hatten den Bereich Forcierung gentechnikfreier Futtermittel. In Österreich ist es tat­sächlich ein Bedürfnis der Bevölkerung, dass man die Bestimmungen zum Schutz vor Gentechnik ausweitet. Auch das wurde vertagt.

Wir hatten, was den Umweltschutz in Österreich betrifft, die Forderung nach Ausstieg aus der Kohleverstromung, also mehr erneuerbare Energien, weniger Kohle. Auch das wurde vertagt.

Wir hatten den Wunsch nach einem ambitionierten Klimaschutzprogramm. Das wurde ebenfalls vertagt.

Wir hatten den Wunsch nach Finanzierung eines Hochwasserschutzdammes in Tirol. Kei­ne vernünftige Diskussion kam zustande.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 220

Wir hatten die vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention. Dazu muss man wis­sen, dass wir ein Expertenhearing hatten, dass alle Umweltanwälte in Österreich, dass die Naturschutzanwältin in Vorarlberg einen Brief geschrieben haben, in dem sie uns zur Umsetzung aufgefordert haben. Aber auch da ist nichts geschehen!

Was haben all diese Themen gemeinsam? – Die Gesamtheit des Ausschusses hat sehr wohl die aktuellen Probleme in der österreichischen Umweltpolitik dargestellt, aber ins­besondere von Seiten der Volkspartei gibt es eine massive Blockade. Man will nicht im Geringsten über aktuelle Probleme diskutieren.

Wir werden weiter daran arbeiten. Wir werden nicht aufgeben, wir werden nicht resig­nieren. Wir werden weiterhin unsere Anträge forcieren und werden auch auf die Koali­tion zugehen und versuchen, den Parlamentarismus neu zu beleben.

Ich möchte hier zum Schluss noch ein Beispiel heranziehen, das zur Diskussion steht: Es gibt zum Beispiel im Petitionsausschuss die Gepflogenheit, dass man vor der Aus­schusssitzung in einer Fraktionsführerrunde die Themen bespricht und versucht, Kon­sens zu finden. Natürlich sind die Oppositionsparteien bereit, auf die Regierungspar­teien zuzugehen und zu versuchen, gemeinsame Anträge zu formulieren. Nur weil es auf Regierungsseite keine aktive Handlung gibt, ist das sicherlich kein ausreichendes Argument, dass wir weiter Plastik im Wasser, nicht ausreichende Umweltschutzrichtli­nien oder Kohleverbrennung in unserer Umwelt haben. Das kann nicht das Resultat sein. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

19.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Dr. Karmasin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminister.

 


19.56.31

Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Meine Damen und Herren! Gewässerschutz hat in Österreich eine lange Tradition, das steht außer Frage. Es ist, glaube ich, auch ein Teil unserer österreichischen Identität, stolz auf unsere Wasserqualität zu sein; nicht nur im Trinkwasserbereich, sondern auch im Bereich der Wasserqualität von Seen und Flüssen. Deswegen ist diese Novelle zum Umweltförderungsgesetz sicher ein hervorragender Beitrag, diese Qualität zu halten und auszubauen.

An dieser Stelle sei besonderer Dank an meinen Ministerkollegen Andrä Rupprechter ausgesprochen, der leider heute mit anderen Agenden betraut ist. (Abg. Brunner: Aber das kommt ja nicht von ihm! Das kommt ja vom Parlament!) – Der Herr Minister hat sie trotzdem umgesetzt.

Jedenfalls werden 100 Millionen € pro Jahr, insgesamt 200 Millionen €, in den nächs­ten Jahren umgesetzt, damit einige Projekte, die schon startklar sind, nämlich 2 240 bau­reife Projekte, mit einem Förderwert von 155 Millionen € und einem Volumen von 775 Millionen € in die Tat umgesetzt werden können.

Also es steht außer Frage, dass dieses Fördervolumen einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung unserer Wasserqualität darstellt. Da sind Investitionen im Ausmaß von jähr­lich mehr als 400 Millionen € vorgesehen, die von den Gemeinden auch noch dazuge­schossen werden.

Damit wird natürlich auch das BIP erhöht und letztendlich geht es hier auch um Ar­beitsplätze. Konkret werden im ländlichen Raum geschätzte 4 400 Arbeitsplätze zu­sätzlich geschaffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 221

19.58.20

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine Damen und Herren hier im Parlament! Reines Trinkwasser aus der Wasserleitung ist bei uns in Österreich eine Selbstverständlichkeit. Es ist ein wesentli­ches Element für unsere hohe Lebensqualität, die wir in Österreich vorfinden. Wasser ist ja eines der wichtigsten Lebensmittel, und da ist natürlich eine effiziente Wasser­wirtschaft ganz besonders wichtig.

Dank der hohen Investitionen von Bund, Ländern und auch Kommunen haben wir da eine wirklich gute Infrastruktur, die hohe Standards hat und die natürlich auch eine gute Wasserqualität mit sich bringt.

In Österreich gibt es 1,4 Millionen Haushaltsanschlüsse, 76 700 Kilometer Wasserleitun­gen, 89 100 Kilometer öffentliche Kanäle und ein 1 841 kommunale Kläranlagen. Das heißt, für mehr als 90 Prozent der Bevölkerung gibt es kommunale Kläranlagen.

Da sind wir im Ranking europaweit und weltweit relativ weit vorne, aber es besteht trotzdem noch Handlungsbedarf, vor allem ländlichen Raum. Da ist es uns sehr wich­tig, dass wir parallel zum Finanzausgleich auch die Investitionen für die Wasserversor­gung und auch -entsorgung weiterführen.

Wir haben schon gehört: Dem Siedlungswasserwirtschaftsfonds werden 2015 und 2016 jeweils 100 Millionen € an Fördermitteln für Investitionen zugesagt – und das, obwohl wir ja Sparbudgets haben, denn das ist eben eine wichtige Sache.

Die Frau Minister hat es auch schon angesprochen: Dies stellt natürlich auch wieder Investitionsvolumen in den Gemeinden her. Es wird investiert und dadurch werden Ar­beitsplätze geschaffen und auch erhalten.

Dadurch gibt es natürlich auch positive Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. Und was gleichfalls ein wichtiger Faktor ist: Das Geld bleibt in der Region. Es gibt re­gionale Wertschöpfung für unsere Betriebe, für die Bauwirtschaft; Arbeitsplätze werden erhalten beziehungsweise geschaffen.

Eine funktionierende Siedlungswasserwirtschaft ist keine Selbstverständlichkeit, aber diese erhöht die Lebensqualität bei uns in Österreich und schützt unsere Umwelt. Da­her sind wir natürlich für diesen Antrag. (Beifall bei der ÖVP.)

20.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


20.01.04

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der aktuelle Tagesordnungspunkt betrifft er­freulicherweise eine Materie, mit der eine weitere Anpassung des Umweltförderungs­gesetzes zur Aufstockung der Mittel für Siedlungswasserwirtschaft für die Jahre 2015 und 2016 erzielt werden wird. Und es freut mich ganz besonders, dass wir im Aus­schuss einen einstimmigen Beschluss gefasst haben. Als Bürgermeister der Gemeinde Untersiebenbrunn in der Region Marchfeld liegt mir das Thema Siedlungswasserwirt­schaft besonders am Herzen. Wir müssen die Wasserleitungen ausbauen, weil das al­ternativlos und notwendig ist.

Die Siedlungswasserwirtschaft ist ein Erfolgsprojekt – und das seit vielen Jahrzehnten. Es ist schon darüber gesprochen worden, welche Errungenschaften in diesem Bereich umgesetzt worden sind: öffentlicher Kanal: 90 000 Kilometer; circa 78 000 Kilometer Wasserleitungsbau. Da wurden Investitionen von über 50 Milliarden € getätigt.

Was noch hinzukommt, ist, dass Österreich derzeit einen Überblick über die notwendi­gen Sanierungsmaßnahmen in diesem Bereich erarbeitet. Und gerade diese Förde-


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rung des Leitungsinformationssystems hat bewirkt, dass von 2011 bis jetzt der Lei­tungsüberblick von 20 Prozent auf 45 Prozent erhöht werden konnte.

Ich möchte hier aber jedenfalls erwähnen und festhalten, weil es immer wieder Re­formvisionäre gibt, die davon reden, dass Mehrfachförderungen gekürzt gehören: Ge­rade die Siedlungswasserwirtschaft hat eine klare Funktion und lebt von Mehrfachför­derungen. Für die Errichtung bekommen Kommunen Fördergelder sowohl vom Bund als auch vom Land. Und der Nutznießer dieser Fördergelder ist die Bevölkerung, das sind Einwohner in den Kommunen. Ohne diese Förderungen hätten Einwohner über höhere Gebühren mitzuzahlen.

Zum Schluss bedanke ich mich noch bei allen Beteiligten für ihre Unterstützung und danke auch den anderen Parteien für die Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


20.03.10

Abgeordneter Gerhard Schmid (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wasser ist ein kostbares Gut, um nicht zu sagen, wahrscheinlich das kostbarste. Die tägliche Versorgung wird über die Siedlungswasserwirtschaft geregelt, welche sich aus der Wasserversorgung sowie der Ableitung von Brauchwasser zusam­mensetzt.

Mit dem vorliegenden Antrag wird im Umweltförderungsgesetz vorgesehen, dass für den Anlagenbereich sowie dessen Erhaltung Förderungen in der Höhe von 100 Millio­nen € über den Finanzausgleich erbracht werden.

Es ist bekannt, dass es derzeit im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft zu einem Rückstau von Auszahlungen von Geldern für bewilligte Projekte kommt. Um eine Fort­schreibung der Fördermittel sicherzustellen, ist der Bundesminister für Land-, Forst-, Umwelt- und Wasserwirtschaft zu ermächtigen, den Zusagerahmen sowohl zeitlich als auch in Bezug auf dessen Höhe für die Jahre 2015 und 2016 mit 100 Millionen € jähr­lich festzuschreiben.

Der Antrag stellt einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung, zum Um­weltschutz, zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Wasser sowie zur Förde­rung der Wasserwirtschaft dar und ist aus diesem Grunde zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Bezug nehmend auf den am 22. März begangenen Weltwassertag ist die Bundesregie­rung gut beraten, den Ausverkauf unseres Wassers an Großkonzerne mit allem Nach­druck zu unterbinden, wobei ich auf die angedachten Unterzeichnungen der Freihan­delsabkommen verweise. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


20.05.11

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! Wasser und vor allem sauberes Trinkwasser ist eine der wichtigs­ten Ressourcen, auch eine der wichtigsten Ressourcen, die wir in Österreich haben. Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass Wasser in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen wird und möglicherweise keine Ölkriege, sondern Wasserkriege geführt werden. Umso wichtiger ist es, in Österreich den Siedlungswasserbau weiter voranzu-


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treiben und zu fördern, weil gerade dieser die Gemeinden vor eine große finanzielle He­rausforderung stellt.

Mit der nun zu beschließenden Änderung des Umweltförderungsgesetzes wird der wich­tige Ausbau der Wasserversorgung und auch der Erhalt der bereits bestehenden Ka­nalisationen weiter gewährleistet. Das ist wichtig, denn diese Anlagen sollen nicht erst dann repariert werden, wenn sie ihrerseits wieder gesundheits- und grundwasserge­fährdend sind und durch undichte Leitungen das Grundwasser gefährdet wird, denn sauberes Wasser ist eine Grundlage für ein gesundes Leben.

In diesem Bereich ist in den letzten Jahrzehnten sehr viel passiert. Die Wasserqualität war vor der Sammlung und Reinigung unserer Abwässer bei Weitem nicht so gut wie jetzt. Die bereits genannten Zahlen sind erstaunlich und bestätigen die gute Arbeit, die Gemeinden, Land und Bund seit den späten 1950er Jahren in diesem Bereich geleistet haben.

Unsere gute Wasserqualität ist zum einen wichtig für unsere Gesundheit, andererseits aber auch Grundlage für den Tourismus in Gegenden wie zum Beispiel Salzkammer­gut und Kärnten.

Sauberes Wasser in Maßen ist eine unserer Lebensgrundlagen. Wasser in Massen be­deutet aber Zerstörung. Auch da dürfen wir aber nicht wegschauen, sondern müssen vor allem auch den Hochwasserschutz weiter vorantreiben. Dabei brauchen gerade auch die Gemeinden in diesem Bereich unsere volle Unterstützung, und zwar nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch auf rechtlicher Seite, denn für eine wasserrechtli­che Bewilligung eines Hochwasserschutzes braucht es die Zustimmung der Grundei­gentümer, auf deren Grundstücken Hochwasserschutzmaßnahmen getroffen werden.

Das kann aber problematisch werden, nämlich vor allem dann, wenn Förderrichtlinien und örtliche Gegebenheiten schlichtweg keine andere Dammführung zulassen, die be­troffenen Grundeigentümer aber trotz eines entsprechenden Kaufangebotes, einer ent­sprechenden Entschädigung oder eines Angebotes von Tauschgründen ein notwen­diges Projekt und ein wirklich Not wendendes Projekt verzögern oder sogar verhin­dern können.

Ich denke, dass wir auch in diesem Bereich zum Schutze der Bevölkerung und zur Unterstützung der Kommunen weitere Schritte werden setzen müssen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


20.08.00

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wie wir gehört haben, ist die vorliegende Novelle des Umweltförderungsgesetzes eine sehr wichtige Unterstützung für die Siedlungswas­serwirtschaft der Gemeinden in Österreich.

Gefördert wird nach Förderrichtlinien, und wenn zum Beispiel eine Gemeinde eine Trinkwasserversorgung einrichten oder erweitern will, ist es unbedingt notwendig, ein Trinkwasserversorgungskonzept zu erstellen. Dazu notwendig sind der geologische Überblick über die Gemeinde, die Einbindung in die örtliche Raumplanung, wasserwirt­schaftliche Bestandserhebung, Ermittlung der durchschnittlichen Kosten einer Einzel­wasserversorgung, zukünftiger Anschlussgrad, bis hin zur planlichen Darstellung des Trinkwasserversorgungskonzeptes – und deren Kosten natürlich.

Was ich mit dieser Aufzählung darstellen will: Es wird hier in Österreich ökonomisch und ökologisch das Beste getan, um ein Quasi-Grundrecht in Österreich auf eine or-


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dentliche Trinkwasserversorgung, aber auch Abwasserversorgung qualitätsvoll und mit Verantwortung zu behandeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichzeitig droht über Ceta und TTIP eine Liberalisierung auch bei dem Thema Siedlungswasserwirtschaft. Dies beweist eine aktuelle Studie aus Deutschland, näm­lich eine Studie über die Auswirkungen von Ceta und TTIP auf die Städte in Deutsch­land. In Gefahr sind auch die Mieten, das Trinkwasser, wie erwähnt, Mindestlohn, Uni­versitäten, Theater, Volkshochschulen – bis hin zu Kollektivverträgen wird hier mittel- und längerfristig nichts unverändert bleiben.

Wir alle sind also aufgerufen, uns grundlegende Lebensstandards und Lebensbedin­gungen, die wir als selbstverständlich erachten, für die Zukunft nicht über die Hintertür negativ verändern zu lassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. – Bitte.

 


20.10.32

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die Förde­rung der Siedlungswasserwirtschaft ist ein unterschätzter, aber sehr wichtiger Beitrag zur Sicherung unserer exzellenten Wasserqualität in Österreich. Und bei der Siedlungs­wasserwirtschaft geht es um die finanzielle Unterstützung für die Wasserver- und ent­sorgung im kommunalen Bereich.

Folgende Zahlen verdeutlichen die Wichtigkeit dieser Maßnahmen: 800 Millionen Men­schen haben weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser; und durch schmutzi­ges Trinkwasser, schwache Hygiene und fehlende Abwasserbeseitigung sterben täg­lich fast 2 000 Kinder unter 5 Jahren.

Äußerst besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass immer noch 2,5 Milliarden Men­schen weltweit keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen wie Toiletten haben. Daraus erkennen wir, meine Damen und Herren, dass die ausgezeichnete Situation, die wir in Österreich genießen, keine Selbstverständlichkeit ist und weiterhin unterstützt und ge­fördert werden muss.

Die Anstrengungen in der Vergangenheit haben bereits zu einer deutlichen Verbesse­rung der Gewässergüte unserer Seen und Flüsse geführt. Trotzdem sind auch weiter­hin geeignete Maßnahmen unerlässlich, um die kommunalen Abwässer und Industrie­abwässer geordnet zu entsorgen und die Bevölkerung ausreichend mit hygienisch ein­wandfreiem Trinkwasser zu versorgen.

Deshalb hat es zeitlich parallel zur Fortschreibung des Finanzausgleichs um zwei Jah­re einen Beschluss zur Sicherstellung der kontinuierlichen Umsetzung von notwendi­gen Investitionsvorhaben zur Neuerrichtung und Funktionserhaltung in der Wasserver­sorgung und Abwasserentsorgung gegeben. Dazu wird ein Zusage-Rahmen für die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft in der Höhe von jeweils 100 Millionen € in den Jahren 2015 sowie 2016 festgelegt.

Der Bundesminister für Land-, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist durch dieses Gesetz ermächtigt, für die Zwecke der Siedlungswasserwirtschaft Förderungen zuzusagen, die sich in dem erwähnten finanziellen Rahmen abspielen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, die Förderbeträge in der Siedlungswasserwirt­schaft sind nötig und auch zielführend, um weiterhin ein sauberes Wasser bei uns in Österreich zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 225

20.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Dr. Feich­tinger. – Bitte.

 


20.12.55

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Eine Ultrafiltrationsanlage zur Wasseraufberei­tung und zur Sicherstellung der Wasserversorgung für 40 000 Menschen; Wastewater, ein Projekt, bei dem in der Kläranlage einer Kommune gleichzeitig die Energie gewon­nen wird, um Gebäude anschließend an die Kläranlage zu heizen und zu kühlen.

Warum führe ich diese beiden Punkte hier an? – Ohne die Förderungen, die uns das Umweltförderungsgesetz zur Verfügung stellt, hätte meine Heimatgemeinde, die Stadt Weiz, diese Projekte nicht umsetzen können. Daher sind diese Förderungen, die im Umweltförderungsgesetz vorgesehen sind und jetzt wiederum um 200 Millionen € für die nächsten zwei Jahre erweitert werden, unerlässlich dafür, dass die Kommunen als maßgebliche Investoren Investitionen auslösen können, die die Lebensqualität der Bür­gerinnen und Bürger in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld wesentlich positiv beeinflus­sen.

Was bleibt also zusammenfassend zu diesem Antrag noch auszuführen? – Meine Vor­rednerinnen und Vorredner haben bereits sehr umfassend dargestellt, dass sie alle diesem Antrag aufgrund der Dringlichkeit, der Wichtigkeit und der Investitionen, die damit ausgelöst werden, ihre Zustimmung erteilen werden.

Die Umsetzung der gesetzten Maßnahmen hat dazu geführt, dass 100 Prozent der ös­terreichischen Bevölkerung mit Nutz- und Trinkwasser – das auch genießbar ist –ver­sorgt werden, mehr als 90 Prozent an eine zentrale öffentliche Wasserversorgung an­geschlossen sind, mehr als 92 Prozent an ein öffentliches Kanalnetz sowie an eine kommunale Abwasserreinigungsanlage.

Die Gewässergüte in Österreich hat sich durch den Ausbau der Abwasserentsorgung erheblich verbessert. Dieser Weg wird durch die vorliegende Initiative in den nächsten beiden Jahren prolongiert, und das ist sowohl im Sinne der Bürgerinnen und Bürger als auch im Sinne der Umwelt gut so. Ich ersuche um, wie angekündigt, breite Zustim­mung. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


20.15.31

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Keine Frage, diese Initiative ist positiv zu be­werten.

Interessant nur, Frau Ministerin, Sie haben dem Herrn Bundesminister Rupprechter ge­dankt. Zumindest in diesem Punkt möchte ich Sie korrigieren. Der Antrag ist ein Ini­tiativantrag; er ist von den Kollegen Höfinger und Plessl eingereicht worden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Insofern ist das ein guter Akt des Parlamentarismus.

Ich möchte vielleicht auch auf Folgendes hinweisen: Ich weiß nicht, ob die Kollegen selbständig aktiv geworden sind oder auf Zuruf des Ministers, denn wenn er das selbst in einer Regierungsvorlage hätte vorlegen müssen, hätte es auch einer Begutachtung bedurft, und damit hätte man auch grundsätzlich vielleicht gerade die Weiterentwick­lung diskutieren können.

Es ist besonders wichtig und positiv, dass die Wasserversorgung und Abwasserentsor­gung in Österreich primär in kommunaler Hand ist, nur ein kleiner Teil erfolgt genos­senschaftlich. Das ist international bemerkenswert (Präsident Hofer gibt das Glocken­zeichen), eine Erfolgsgeschichte und sollte unbedingt auch weiter geschützt werden, wenn zum Beispiel internationale Verhandlungen drohen, wie bei TTIP.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 226

Da müssen wir immer wieder darauf hinweisen (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glo­ckenzeichen), dass die öffentliche Daseinsvorsorge – und da gehört auch der kommu­nale Bereich dazu – geschützt sein muss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.16

20.16.50

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 516 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.17.42Einlauf

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 988/A(E) bis 1032/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4360/J bis 4391/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.18 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.18.13Schluss der Sitzung: 20.18 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien