Parlamentskorrespondenz Nr. 323 vom 17.06.1999

NATIONALRAT: FRAGESTUNDE MIT VERTEIDIGUNGSMINISTER FASSLABEND

Zentrales Thema: Der geplante Kauf neuer Hubschrauber und Radpanzer

Abgeordneter SCHEIBNER (F): Wann werden Sie die Entscheidung über die längst notwendige Beschaffung von neuen Luftraumüberwachungsflugzeugen und Radpanzern treffen?

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Verteidigungsminister Dr. FASSLABEND erinnerte an seinen Zwischenbericht im Landesverteidigungsrat vom 4.11.1998 mit den drei Planungskomponenten Luftraumüberwachung, Flächenflugzeuge und Hubschrauber. Bis Ende 1999 werden die technischen und kaufmännischen Grundlagen vorliegen, um in den Beschaffungsvorgang einzutreten. Aufgrund der Erfahrungen in Galtür wurden der Hubschrauberteil des Luftpaketes vorgezogen und dafür finanzielle Vorkehrungen im Umfang von 2,5 Mrd. S mit jährlichen Tangenten von 400 Mill. S getroffen.

Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. TRINKL (VP) liess der Verteidigungsminister seine Präferenz für einen Beitritt zu einem militärischen Sicherheitssystem (WEU oder NATO) erkennen, da Österreich 30 bis 36 Luftraumüberwachungsflugzeuge benötige, wenn es allein für seine Sicherheit sorgen müsse, aber nur 18 bis 24 als Teilnehmer an einem Sicherheitssystem. "Verteidigung allein ist immer die teuerste Variante", sagte Fasslabend.

Eine schwedische und eine US-amerikanische Studie (Frage des Abgeordneten WABL, G) befasse sich mit interessanten wirtschaftlichen Möglichkeiten im Zusammenhang mit den Flugzeugwartungseinrichtungen beim Fliegerhorst Zeltweg, teilte der Bundesminister mit.

Ob eine privatwirtschaftliche Nutzung des Flughafens Zeltweg ökonomisch sinnvoll sei, wie Abgeordneter Mag. BARMÜLLER (L) wissen wollte, hielt der Verteidigungsminister für fraglich, da in unmittelbarer Nähe die Flughäfen Graz und Klagenfurt, teilweise mit geringer Auslastung, zur Verfügung stünden. Bei Grossereignissen werde Zeltweg ohnehin für private Zwecke geöffnet.

Bundesheerpiloten sammeln bereits Erfahrungen auf dem neuen Saab-Typ "Viggen", um sich auf die Zeit nach dem Draken vorzubereiten, erfuhr Abgeordneter GAAL (SP).

Abgeordneter GAAL (SP): Welche Massnahmen wurden seit der Empfehlung des Landesverteidigungsrates getroffen, damit dem Bundesheer künftig für Katastrophen und humanitäre Einsätze Transporthubschrauber einer grösseren Nutzlastklasse und Personentransportkapazität zur Verfügung stehen?

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Bundesminister Dr. FASSLABEND informierte über die Beschaffungspriorität bewaffneter Hubschrauber, wobei nach den Erfahrungen von Galtür auch Wert auf eine grössere Nutzlast gelegt wird und das derzeit in Ausarbeitung befindliche Pflichtenheft entsprechend adaptiert wurde. Die Ausschreibungsbedingungen werden noch heuer fertiggestellt, mit dem Zuschlag sei in der ersten Hälfte des nächsten Jahres zu rechnen, mit der Übernahme in zwei bis drei Jahren. Zumal für diese Beschaffung ein Ministerratsbeschluss vorliege, gehe er davon aus, dass der Finanzminister die finanziellen Vorkehrungen treffen wird, sagte Minister Fasslabend.

Den Hinweis des Abgeordneten WABL (G) auf "korruptionsanfällige Politiker und Geschäftsleute" wertete Fasslabend als einen "Skandalisierungsversuch", von dem er sich nicht beeindrucken lasse. Er setze sich für eine gesetzmässige Abwicklung von Beschaffungsvorgängen ein, unterstrich der Ressortleiter.

Überbrückungsmassnahmen bis zur Übernahme der neuen Hubschrauber seien nicht notwendig, da die österreichische Hubschrauberflotte zahlenmässig ansehnlich bestückt sei, führte Fasslabend auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten Mag. BARMÜLLER (L) aus, Mängel bestünden lediglich im Transportbereich.

Abgeordneter Mag. PETER (L): Wie weit sind die Planungen zur Anschaffung von Grossraumhubschraubern und Transportflugzeugen für das Bundesheer zur besseren Erfüllung seiner Aufgaben im Katastrophenfall und bei internationalen Einsätzen gediehen?

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Bundesminister Dr. FASSLABEND gab bekannt, dass die Überarbeitung des Pflichtenhefts für den neuen Kampfhubschrauber im Hinblick auf die durch die Katastrophe von Galtür notwendig gewordenen Transportkapazitäten zu keinerlei Verzögerungen bei der Abwicklung des Beschaffungsvorganges führen werden. Dem Zukauf von privater Lufttransportkapazität im Katastrophenfall seien enge Grenzen gesetzt, sagte der Verteidigungsminister, weil private Piloten für intensive Katastropheneinsätze nicht ausreichend geschult seien. Er setze in solchen Fällen auf die Hilfe benachbarter Armeen.

In seinen Antworten auf weitere Zusatzfragen sprach der Verteidigungsminister von einer raschen Reaktion auf konkrete Erfahrungen nach der Katastrophe von Galtür (Abgeordneter LEIKAM, SP), wies behauptete Engpässe bei Transporten für den Kosovo-Hilfs- Einsatz zurück (Abgeordneter Dr. OFNER, F) und stellte klar, dass sich die von Abgeordnetem WABL (G) genannten Absprachen von Parlamentariern auf Beschaffungspläne bezogen, die ausserhalb der Planungen des Ressorts lagen. 

Beim KFOR-Einsatz ist die Entsendung von Sanitätshubschraubern vorgesehen, erfuhr Abgeordneter STAMPLER (VP).

Abgeordneter Dr. MAITZ (VP): Welche Rolle hat das Österreichische Bundesheer in einem modernen Krisenmanagement?

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Der VERTEIDIGUNGSMINISTER erläuterte die Petersberger Aufgaben im Bereich Katastrophenhilfe und Friedenssicherung im Detail und wies darauf hin, dass beim jüngsten EU-Gipfel in Köln Schwächen im logistischen Verbund der europäischen Streitkräfte ausgemacht wurden, die es zu überwinden gelte. Grundsätzlich sei der EU-Rat davon ausgegangen, dass Europa einen grösseren Teil der Krisenbewältigung selbst und eigenständig übernehmen müsse, wofür ein gemeinsamer Militärstab eingerichtet wurde. Da die EU aber noch lange nicht in der Lage sein werde, grössere Krisen zu bewältigen, bedürfe es weiterhin der Zusammenarbeit mit der NATO.

Die Frage des Abgeordneten WABL (G) nach den personellen Ressourcen für internationale Einsätze und ihre Grenzen beantwortete Dr. FASSLABEND mit der Aussage, er halte den Einsatz von 1.500 bis 2.000 Mann für bewältigbar, da derzeit 6.000 bis 7.000 Freiwillige zur Verfügung stehen. Derzeit befinden sich 1.200 österreichische Soldaten im internationalen Einsatz.

Das von Abgeordnetem Mag. BARMÜLLER (L) angesprochene Spannungsverhältnis zwischen der Neutralität und der Übernahme von Sicherheitsaufgaben in Europa, konkret bei Durchfahrten und Überflügen, sah auch der Verteidigungsminister und erinnerte daran, dass es auf wenig Verständnis gestossen sei, wenn Flugtransporte der NATO auch dann über die Slowakei ausweichen mussten, wenn es sich bloss um Ersatzteile und die Rückführung von Mannschaften handelte. Es werde erwartet, Solidarität zu zeigen und Einsätze zumindest nicht zu behindern. In diesem Zusammenhang wies Fasslabend darauf hin, dass NATO-Mitglieder keineswegs gezwungen sind, an jeder Truppenentsendung teilzunehmen. Auch am Kosovo-Einsatz nehmen nicht alle NATO-Staaten teil.

Katastropheneinsatzkapazitäten seien beim Bundesheer rasch, innerhalb weniger Stunden, verfügbar. Grössere Einsätze, wie jener im Kosovo, benötigen allerdings mehrwöchige Vorbereitungszeit, sagte Minister Fasslabend Abgeordnetem Dr. ANTONI (SP).

Auf eine diesbezügliche Frage des Dipl.-Ing. SCHÖGGL (F) führte Fasslabend aus, dass das Verhältnis von Berufs- und Milizsoldaten von der Art des jeweiligen Einsatzes abhänge. Grundwehrdiener nehmen an internationalen Einsätzen grundsätzlich nicht teil.

Abgeordneter WABL (G): Ist Ihnen bekannt, dass 40.000 Sturmgewehre aus Heeresbeständen an einen ausländischen Waffenhändler (B & T.‑Schweiz), der weder Lizenz noch Wohnsitz in Österreich hat, verkauft wurden, obwohl nach EU‑Recht (Art. 788 der Zollkodex‑DVO EWG 2454/93 vom 2. Juli 1993) ein solcher Verkauf eindeutig als Export zu bewerten ist und damit ein Regierungsbeschluss (§ 5 Abs. 2 KMG) notwendig gewesen wäre?

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Bundesminister Dr. FASSLABEND verneinte diese Frage und wies darauf hin, dass diesbezügliche Untersuchungen der Staatsanwaltschaft bereits im letzten Dezember eingestellt wurden. Den Abgeordneten Mag. BARMÜLLER (L) und SAUER (VP) teile er mit, dass für das Jahr 1999 keinerlei Abverkäufe geplant seien. Gespräche über eine geänderte Vorgangsweise und eine allfällige Änderung des Bundeshaushaltsgesetzes werden derzeit geführt. Grundsätzlich gibt Österreich Waffen nur unter Sicherheitskautelen ab. Exportgenehmigungen werden vom Innenministerium im Einvernehmen mit dem Aussen- und dem Verteidigungsministerium erteilt, sagte Dr. Fasslabend in Antworten auf Zusatzfragen der Abgeordneten HAGENHOFER (SP) und OFNER (F).

Abgeordneter Ing. TYCHTL (SP): Wie ist der Beschaffungsablauf für die bereits im Dezember 1996 im Rahmen des MECH‑Pakets für den Schutz und die Sicherheit der österreichischen Soldaten beschlossene Anschaffung von Radpanzern der Type PANDUR?

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Bundesminister Dr. FASSLABEND erinnerte daran, dass das Mech-Paket die grösste Beschaffungsentscheidung in der österreichischen Geschichte darstelle, bei der man sich aufgrund des Umfangs zu einer schrittweisen Vorgangsweise entschlossen habe. Fasslabend berichtete von der Übernahme der Kampfpanzer Leopard und Jaguar und vom Vertragsabschluss am 7. Mai dieses Jahres, mit dem die Beschaffung des Pandur eingeleitet wurde. Technische Fragen, wie jene des Turms beim Aufklärungspanzer konnten geklärt werden. Daneben werden Transportpanzer und Schützenpanzer für Sanitätszwecke angeschafft. Hinsichtlich des Kosovo-Einsatzes stehe das Heer in Kooperationsgesprächen mit Nachbarstaaten.

Einen von Abgeordneten Dipl.-Ing. SCHÖGGL (F) angesprochenen Unfall mit einem "Pandur", führte der Verteidigungsminister im wesentlichen auf eine zu hohe Fahrgeschwindigkeit zurück.

Die Kompensationen für Importe der Firma Steyr bei der Produktion von Kampfschützenpanzern betragen 120 %. Der Nutzeffekt für die österreichische Wirtschaft wurde vom Verteidigungsminister mit 4,8 Mrd. S beziffert.

Eine von Abgeordneten WABL (G) angesprochene Kostenexplosion beim Mech-Paket entspreche nicht den Tatsachen. Wabl habe unrichtige Unterlagen, sagte Minister Fasslabend.

Als Standorte für den Kampfpanzer "Pandur" seien Mistelbach und Strass vorgesehen, erklärte der Minister Mag. PETER (L).

Abgeordneter AMON (VP): Welche Massnahmen werden im Rahmen des von Ihnen ausgerufenen Jahres des Sports im Österreichischen Bundesheer gesetzt?

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Verteidigungsminister Dr. FASSLABEND legte ein nachdrückliches Bekenntnis zur Förderung des Sportbewusstseins bei den Grundwehrdienern ab und kündigte dazu eine Reihe von Veranstaltungen, zum Teil auch in Zusammenarbeit mit Schulen, an. Das Heeressportzentrum, die frühere Heeressport- und Nahkampfschule, werde sich mit Höchstleistungsbewerben präsentieren. In diesem Zusammenhang und auch auf Zusatzfragen wies Bundesminister Dr. Fasslabend auf die grossen Erfolge der Bundesheersportler bei internationalen Wettkämpfen hin und informierte im Detail über die intensiven Vorbereitungen der Heeresportler auf die Olympischen Spiele in Australien. (Schluss)