Parlamentskorrespondenz Nr. 362 vom 30.06.1999

FRAUEN BEIM HEER - POSITIVE BILANZ IM VERTEIDIGUNGSAUSSCHUSS

Fasslabend will auch die Miliz für Frauen öffnen

Wien (PK) - Seit 1. Jänner 1998 besteht für Frauen die Möglichkeit, freiwillig Militärdienst beim Bundesheer zu leisten. In seinem Bericht an den Verteidigungsausschuss zog Verteidigungsminister FASSLABEND heute eine durchwegs positive Bilanz über die bisherigen Erfahrungen. "Der Dienstbetrieb zwischen männlichen und weiblichen Soldaten ist im wesentlichen friktionsfrei verlaufen, die hohe Motivation der Frauen hat auch bei den Männern eine deutliche Steigerung des Engagements bewirkt". Äusserst positiv habe sich ausserdem das Prinzip der vollständigen Integration - gemischte Ausbildung, Öffnung aller Waffengattungen, regional gleichmässige Verteilung - erwiesen. Fasslabend will in der nächsten Gesetzgebungsperiode auch die Miliz für Frauen öffnen, wie dies in der Debatte F-Abgeordneter JUNG und Ausschussobmann SCHEIBNER verlangten. - Der Bericht wurde mit SP-VP-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Grundsätzlich stellte Abgeordneter JUNG (FP) die positive Haltung der Freiheitlichen zum Einsatz von Frauen im Bundesheer fest, wies aber kritisch darauf hin, dass viele Frauen die Ausbildung bereits nach kurzer Zeit abbrechen und sich angesichts der grossen Zahl von Frauen, die das Heer nach der Ausbildung verlassen, die Frage stelle, ob sich die hohen Ausbildungskosten für das Bundesheer auszahlen. Jung wiederholte den Vorschlag seiner Fraktion, Frauen ebenso wie die Männer einen normalen Wehrdienst leisten zu lassen und erst dann zu entscheiden, wer in den Kader aufgenommen wird.

Abgeordneter Mag. BARMÜLLER (L) wiederholte seine Kritik daran, dass die militärische Hindernisbahn als Kriterium für die körperliche Eignung der Soldatinnen eingesetzt wird. Dies sei der Hauptgrund, dass 75 % der Frauen ihre militärische Laufbahn abbrechen müssen.

Dieser Kritik stimmte auch SP-Abgeordneter GAAL zu, der daran erinnerte, dass die Hindernisbahn ein Trainigsmittel sei, aber kein Kriterium für die körperliche Leistungsfähigkeit.

Abgeordneter Dr. MAITZ (VP) machte darauf aufmerksam, dass die Aufnahme von Frauen in das Bundesheer die Anerkennung des Heeres in der Bevölkerung hebe und überdies positive Veränderungen im Soldatenalltag registriert werden konnten.

Abgeordneter SCHEIBNER (FP) unterstrich die Forderung, den Frauen die Möglichkeit zu geben, auf freiwilliger Basis einen Beitrag zur Landesverteidigung zu leisten. Dies würde ihnen die Chance eröffnen, sich wie Grundwehrdiener acht Monate lang auf die berufliche Eignungsprüfung vorzubereiten.

Abgeordneter Ing. TYCHTL (SP) brachte das Problem "Hindernisbahn" auf den Punkt, indem er sagte, man sollte entweder die Kriterien für Frauen ändern oder ihnen eine längere Vorbereitungszeit einräumen.

Verteidigungsminister Dr. FASSLABEND erinnerte daran, dass die Frage der Öffnung des Heeres für Frauen in erster Linie eine gesellschaftspolitische und nicht so sehr eine militärische Entscheidung war. Am Ende des 20. Jahrhunderts habe sich die Frage gestellt, ob man den Frauen den Zugang zu einem so grossen gesellschaftlichen Bereich wie der Landesverteidigung noch länger verwehren könne.

Auf die Hindernisbahn lege sein Ressort Wert, sie müsse für alle Soldaten gleichermassen gelten, da "das Überwinden von Hindernissen im militärischen Ernstfall ein wichtiges Kriterium" darstelle, sagte Fasslabend. Nicht nur bei den Frauen, auch bei den Männern sei die Selektionsrate bei den Leistungskriterien für die Unteroffizierslaufbahn sehr hoch. Dazu stehe er, denn es gehe darum, die besten Soldaten für Kader- und Offizierspositionen zu finden.

Am Prinzip der vollständigen Integration der Frauen in alle Bereiche des Heeres wolle er festhalten, sagte Dr. Fasslabend abschliessend auf eine diesbezügliche Frage des Dipl.- Ing. SCHÖGGL (FP). Besonders positiv wirke sich der Einsatz von Frauen im Sanitätswesen aus, es sei bereits gelungen, vier Ärztinnen zu gewinnen.

VERTAGUNG VON ANTRÄGEN DER GRÜNEN

In Abwesenheit eines Vertreters der Grünen kam dann deren Antrag zur Verhandlung, im Sinne der Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität die Bereitstellung von Einrichtungen des Bundesheeres an Armeen des Nato-Bündnisses nicht zuzulassen.

Abgeordneter Dr. LUKESCH (VP) bezeichnete diesen Antrag als von der Verfassungsrealität überholt, da Österreich verpflichtet sei, an der GASP mitzuwirken. Er verlangte daher die Vertagung der Debatte und erzielte für seinen diesbezüglichen Antrag die Mehrheit der Koalitionsparteien.

Ebenfalls mit SP-VP-Mehrheit wurden zwei weitere Entschliessungsanträge der Grünen vertagt, in denen verlangt wird, auf die Anschaffung von Panzern und Abfangjägern zu verzichten.

In der Debatte kritisierte Abgeordneter JUNG (FP) die Beschaffung des "Leopard" als einen Fehler, zumal Bergepanzer, Instandsetzungsausrüstung, Ersatzteile und Munition fehlten. Ausserdem mangle es den Einheiten an ausreichendem Gerät für die Ausbildung. Überdies kritisierte Jung gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Dr. OFFNER den Einsatz des Radpanzers "Pandur" bei der bevorstehenden Kosovo-Entsendung österreichischer Soldaten als "riskant".

Abgeordneter Dipl.-Ing. SCHÖGGL (FP) wandte sich dagegen, Ersatzteile aus "Schrottdraken" zu verwenden, denn es sei unverantwortlich, mit ermüdungsanfälligem Material zu fliegen. Einmal mehr verlangte Schöggl die Öffnung des Flugplatzes Zeltweg für die Zivilluftfahrt.

Abgeordneter Mag. BARMÜLLER (L) gab zu überlegen, ob ein Verzicht auf österreichische Abfangjäger nicht möglich wäre, wenn Österreich in ein europäisches Sicherheitssystem integriert sein werde.

Abgeordneter SCHEIBNER (FP) erkundigte sich nach dem Zeitplan für die Umsetzung des Panzerpakets und wollte, wie auch sein Fraktionskollege JUNG, wissen, ob die Ausbildung von Bundesheerpiloten am "Viggen" bereits als Typenentscheidung für die Drakennachfolge zu werten sei.

Verteidigungsminister Dr. FASSLABEND teilte mit, dass die Grundlagen für die Beschaffung der neuen Abfangjäger bis Ende des Jahres ausgearbeitet werden. Er trete für eine rasche Entscheidung ein und halte alle Spekulationen, Österreich könnte sich Abfangjäger ersparen, für unrealistisch. Die Luftwaffe habe in jedem Heer wachsende Bedeutung. Im Rahmen eines  Verteidigungsbundes wäre es Österreich aber möglich, statt 36 nur 18 bis 24 Überwachungsflugzeuge einzusetzen. Zumal der Draken vor dem Ende seiner Lebensdauer stehe, sei die Ausbildung von fünf Piloten und vier Technikern am "Viggen", einem wesentlich anspruchsvolleren Flugzeug als dem Draken, ein Signal an die Piloten, dass es mit der Luftraumüberwachung weitergehe.

Der Flughafen Zeltweg stehe bei Grossveranstaltungen auch dem zivilen Luftverkehr offen, zwei wenig ausgelastete Flugplätze in unmittelbarer Nähe liessen es wirtschaftlich aber nicht zweckmässig erscheinen, Zeltweg mit hohen Investitionskosten für dauernden Zivilbetrieb auszubauen.

Die Kritik des Abgeordneten Jung an der Anschaffung des Kampfpanzers "Leopard" wies der Verteidigungsminister zurück, indem er auf die Qualität dieses Geräts, das andere Länder auch in der KFOR-Truppe einsetzen werden, hinwies. Die Bedenken Jungs wegen mangelnder Ausbildungspanzer hielt Fasslabend für unangebracht.

Der Radpanzer "Pandur" sei international akzeptiert, technische Probleme beim Turm seien geklärt, weitere Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen, sodass dem Einsatz des "Pandur" im Kosovo nichts im Wege stehe.

Vor Eingang in die Tagesordnung hatte Abgeordneter WABL (G) die Ergänzung der Tagesordnung um eine aktuelle Aussprache über den Verkauf von 2.000 Maschinengewehren aus der Zeit des Nationalsozialismus beantragt und darauf hingewiesen, dass diese Waffen von einem Waffenhändler an US-Neonazis weiterverkauft wurden. Nachdem Bundesminister Dr. FASSLABEND darauf hingewiesen  hatte, dass dieser Frage keine Aktualität zukomme, weil im Jahr 1999 keinerlei Waffenverkäufe durchgeführt wurden, lehnte eine SP-VP-F-Mehrheit Wabls Antrag ab. Die Weigerung des Ministers, diesen, wie er sagte, "skandalösen Vorfall" aufzuklären, veranlasste Abgeordneten Wabl, die Ausschusssitzung unter Protest zu verlassen. (Schluss)