Parlamentskorrespondenz Nr. 715 vom 30.11.2000

BUDGETBERATUNGEN: BILDUNG, KULTUR UND WISSENSCHAFT SOWIE ÄUSSERES

Budgetdebatte über Bildung im Schatten des Lehrerstreiks

Wien (PK) - Die Budgets des Bildungs- und des Außenministeriums standen im Mittelpunkt der Beratungen zum Bundeshaushalt 2001 am dritten von fünf Plenartagen des Nationalrats . Vor Eingang in die Tagesordnung gab Präsident DI PRINZHORN bekannt, dass die Grünen eine kurze Debatte zur Anfragebeantwortung (1202/AB) durch die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten verlangen. Die Beantwortung bezieht sich auf die Anfrage 1211/J betreffend Revision des österreichischen Geschichtsbildes. Weiters verlangen die Regierungsfraktionen, dem Antrag 324/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden soll, eine Frist bis zum 13. Dezember 2000 zu setzen.

BILDUNG UND KULTUR SOWIE WISSENSCHAFT

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Die Budgetdebatte zu den Bereichen Bildung und Kultur sowie Wissenschaft wurde von Abgeordnetem Dr. ANTONI (S) eingeleitet. Er vertrat die Auffassung, dass dieses Bildungsbudget keine Impulse für die Weiterentwicklung des Bildungswesens und für die Bewältigung der neuen Herausforderungen setze. Das eigentliche Bildungsbudget werde eingefroren, tausende Lehrer würden eingespart, im postsekundären Bereich drohe ein Schulgeld, Studiengebühren würden eingeführt und der Bereich der Erwachsenenbildung werde kaputtgespart. Das sei keine Bildungsoffensive, sondern ein Anschlag auf das Bildungswesen, stellte Antoni fest. SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen und Weiterbildungswillige würden verunsichert und die Ministerin verweigere die Diskussion mit den Betroffenen und den Oppositionsparteien. Man dürfe sich daher nicht wundern, wenn Streikdrohungen im Raum stünden.

Der Redner vermisste notwendige Investitionen im Bildungsbereich, die ein entscheidender Faktor für den Wettbewerb und die Sicherung des Wirtschaftsstandortes seien, genauso wie Strukturmaßnahmen. Die Ministerin kündige zwar andauernd an, Schwerpunkte bei den Informationstechnologien und eine Fremdsprachenoffensive in die Wege zu leiten, statt dessen würden aber LehrerInnen abgebaut. Weniger LehrerInnen bedeuteten aber auch keine Fortschritte bei Integrationsmaßnahmen sowie bei der Einführung moderner Unterrichtsformen. Um den Schulen mehr Autonomie und Flexibilität zu gewährleisten, müsste man die Regelungsdichte zurücknehmen. Die Ministerin, bedauerte Antoni, taste aber weder das Schulorganisationsgesetz noch das Dienstrecht an.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) begann seinen Debattenbeitrag mit einem internationalen Vergleich. Während im OECD-Durchschnitt 4,6% für Bildung ausgegeben werde, betrage dieser Prozentsatz in Österreich 6%. Anhand weiterer Daten aus einem Eurostat-Bericht vom 12. Juni 2000 versuchte er den Beweis zu führen, dass die Ausgaben in Österreich für den Bildungsbereich „durchaus respektabel“ seien. Der Kostenanteil für die LehrerInnen in der Höhe von 93 % am Bildungsbudget mache es jedoch notwendig, Maßnahmen so zu setzen, dass diese Personalaufwendungen nicht explodieren. Der Abgeordnete rechtfertigt die von der Regierung in diesem Zusammenhang geplanten Schritte auch mit dem günstigen Verhältnis hinsichtlich der Anzahl der SchülerInnen pro LehrerIn: In der Volksschule beträgt diese Verhältniszahl 11,8, in der Hauptschule 9,3 und in den AHS und BHS 9,7. Das bedeute, so Schweitzer weiter, dass LehrerInnen wenig in der Klasse stünden, und zwar durchschnittlich 616 Stunden pro Jahr. Dies sei der niedrigste Wert innerhalb der OECD. In den AHS verbrächten die LehrerInnen 27% ihrer Gesamtarbeitszeit in den Klasse. Trotz Rückgang der SchülerInnenzahlen um fast 200.000 im letzten 2 Jahrzehnten sei die Anzahl der LehrerInnen um fast 20.000 gestiegen. Der SPÖ warf er unter Heranziehung dieser Zahlen vor, dass man mehr LehrerInnen ausgebildet habe, als notwendig gewesen sei, und betonte dass es eine Beschäftigungsgarantie nicht geben könne. Als ein Problem bezeichnete der Redner auch die Altersstruktur der PädagogInnen, kombiniert mit dem Gehaltsschema.

Schweitzer beurteilte entsprechend dieser Situation die Kampfmaßnahmen als nicht gerechtfertigt, weil sie unter den falschen Voraussetzungen durchgeführt würden. Keine der Maßnahmen gehe zu Lasten der SchülerInnen, die Neuregelung der Ordinariate und Kustodiate habe nichts mit der Nachmittagsbetreuung, mit der Überschreitung der Klassenschülerhöchstzahl oder der Auswahlmöglichkeit der Wahlpflichtfächer zu tun. Der Streit ums Geld werde auf dem Rücken der Kinder und Eltern ausgetragen und das Ganze sei seiner Ansicht nach ein politisches Kalkül.

Abgeordneter BROSZ (G) beschäftigte sich mit zwei kürzlich veröffentlichten Interviews mit Bundesministerin Gehrer, in denen die Ressortchefin aus seiner Sicht der Dinge Zahlen nicht treffend dargestellt hatte. So seien die 20.000 S Entschädigung für die von den Klassenvorständen zusätzlich zu haltende Unterrichtsstunde nur eine Halbwahrheit, da die bisher ausbezahlen 9.000 S gestrichen würden und damit die Abgeltung de facto nur 11.000 S betrage. Nur teilweise richtig sei auch, dass die Klassenvorstände nun 50 Minuten mehr in der Klasse stünden, da eine zusätzliche Unterrichtsstunde Vorbereitung und Nachbereitung nach sich ziehe, und daher mit mehr als zwei Stunden Mehrarbeit zu rechnen sei.

Brosz ortete bei Gehrer auch hinsichtlich des Personalabbaus Widersprüche, da sie einerseits gemeint hatte, sie wisse nicht, wie sich die Einsparungen auswirkten, gleichzeitig aber betont hatte, dass es keine Härtefälle geben werde. Außerdem befürchtet Brosz, dass noch mehr, als bisher angekündigt, abgebaut werde, da das Budget einerseits eingefroren werde, andererseits aber Mehrausgaben durch die Abgeltung der Klassenvorstandsstunde und Kustodiatstätigkeit entstünden. Die angekündigten Streiks bewertete er als ein richtiges Zeichen, weil die von der Regierung getroffenen Maßnahmen prägnant seien. Er widersprach Gehrer auch, dass die Streikwilligen nur der sogenannten „linken Reichshälfte“ angehörten, da auch viele FCG-Mitglieder die gewerkschaftlichen Schritte unterstützten.

Abschließend urgierte Brosz eine inhaltliche Diskussion über das Bildungssystem, da dies bisher kein Thema im Unterrichtsausschuss gewesen sei.

In einer Replik auf Abgeordneten Antoni meinte Abgeordneter AMON (V), dass ein Anteil von 13% der Gesamtausgaben für Bildung am Bundeshaushalt und eine Erhöhung des Unterrichtsbudgets um 1,7% keinen Anschlag auf das Bildungsbudget darstellten. Gleichzeitig betonte er, dass, wie auch internationale Studien belegten, Mehrausgaben im Bildungsbereich nicht automatisch zu einer Qualitätsverbesserung führen. Das gleiche gelte auch für die Klassenschülerhöchstzahlen.

Auch Amon thematisierte das günstige Verhältnis von Schüleranzahl pro LehrerIn und bezeichnete die Neuregelung in Bezug auf Kustodiate und Klassenvorstände als eine Strukturmaßnahme, die keineswegs auf dem Rücken der SchülerInnen ausgetragen werde. Beschäftigungsgarantie könne es jedoch nicht geben. In Richtung der Opposition stellte er die Frage, was diese den ArbeiterInnen und Angestellten, die keine Jobgarantie haben, erzählen, wenn sie jene mit einem gesicherten Arbeitsplatz unterstützen, die noch dazu eine hohe Streikrate vorweisen. Er erteile jedenfalls der Planwirtschaft auf dem Arbeitsmarkt eine klare Absage. Außerdem würden junge Klassenvorstände in Zukunft ein höheres Gehalt beziehen. Abschließend kündigte Amon an, sich jene Schulen genau anzuschauen, die jetzt behaupten, dass sie in der nächsten Zeit vieles nicht mehr durchführen könnten, was zu lautstarken Protesten bei S- und G-Abgeordneten führte.

Amon gab zu, dass auch er Schwierigkeiten mit den Studiengebühren gehabt habe, aber es sei gelungen, soziale Abfederungen in dem Ausmaß zu schaffen, dass niemand aus sozialen Gründen gehindert sei, ein Studium zu beginnen. Die Beihilfen und Stipendien seien ausgeweitet worden, die Familienbeihilfen blieben erhalten, die Zuverdienstgrenze sei auf 100.000 S angehoben worden, man habe eine Jahresdurchrechnungszeitraum eingeführt und außerdem gebe es fast zinsenlose Darlehen.

Bundesministerin GEHRER unterstrich, dass Bildung immer von Verantwortung getragen sein müsse, dass sie diese Verantwortung jedoch vermisse, wenn mit falschen Behauptungen Ängste geschürt würden. Die Behauptungen etwa, Schi- und Sportwochen könnten nicht mehr durchgeführt werden, SchülerInnen könnten nicht mehr beraten werden, Freigegenstände müssten gekürzt werden oder Unterrichtsmaterialien stünden nicht mehr zur Verfügung, bewertete sie als eine „absolute Panikmache“ und „Irreführung“ der Eltern. All das habe mit den begonnenen Strukturmaßnahmen nichts zu tun. Auf ihrer Homepage seien alle Informationen abrufbar, und sie sei immer bereit, sich einer konstruktiven Kritik zu stellen.

Gehrer bedauerte die angekündigten Streiks, die ihrer Meinung nach auf gezielten Fehlinformationen beruhten und das Augenmaß vermissen ließen. Sie dankte jenen 80% der LehrerInnen, die wüssten, dass Lehrersein mehr als ein Job und ein verantwortungsvoller Zukunftsberuf sei.

Die Struktureffekte bezeichnete sie als notwendig, um die Personalkosten zu stabilisieren. Dies sei auch mit der Gewerkschaft abgesprochen. Die 20.000 S, die die Klassenvorstände für eine Unterrichtsstunde mehr erhalten, führten auch dazu, dass junge KollegInnen mehr verdienten. Durch diese Maßnahmen würden im AHS- und BHS-Bereich jeweils 650 Dienstposten eingespart. Dies versuche man durch Pensionierungen, Vorruhestandsmodelle und Überstundenabbau aufzufangen. Dem Vorwurf, sie setze keine Schwerpunkte bei den Informations- und Kommunikationstechnologien hielt sie entgegen, dass bereits 50 % aller LehrerInnen den Computerführerschein besäßen,  das Lehramtsstudium Informatik und Bakkalaureatsstudium seien eingeführt worden, alle Schulen seien mit Computern ausgestattet und die pädagogischen Institute hätten IKT-Schwerpunkte wie die Handelsakademien, HTL und Fachschulen auch. Die Computermilliarde sei auch für die nächsten Budgets gesichert und werde nachhaltig eingesetzt.

Gehrer schloss mit der Feststellung, dass sie um die Qualität in der Bildung bei gleichzeitiger Verantwortung für das Budget bemüht sei.

Abgeordneter Dr. ANTONI (S) stellte richtig, dass die Klassenvorstandsabgeltung von 20.000 S nur für L1-Lehrer gelte.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) ortete einen bemerkenswerten Unterschied zwischen alter und neuer Regierung darin, dass bei Demonstrationen gegen die Regierung niemals Sanktionen angedroht wurden. Bundesministerin Gehrer habe hingegen gemeint, man müsse es sich genau anschauen, wenn von Lehrern falsche Informationen verbreitet würden. Die Behauptung, die SPÖ stünde hinter dem Streik der AHS-Lehrer wies Niederwieser zurück und machte darauf aufmerksam, dass die Sozialdemokraten bei den AHS-Lehrern nur über einen 18-Prozent-Stimmanteil verfügen.

Wenn die Freiheitlichen mit guten internationalen Vergleichszahlen zum österreichischen Bildungswesen argumentieren, sollten sie bedenken, dass diese Daten aus den Jahren 1998, 1999 stammen und nichts anderes belegen, als den guten Zustand, in dem die alte Regierung das Bildungswesen hinterlassen habe, sagte Niederwieser. Uns wenn so oft von den Schulden die Rede sei, sollte man nicht vergessen, dass das Geld in die Zukunft investiert wurde, dass Lehrer angestellt, dass Bildung und damit die Voraussetzung für die Menschen geschaffen wurde, in der modernen Gesellschaft zu bewegen.

Die Einführung von Studiengebühren sei hingegen eine Gefahr für das Bildungssystem, zeigte sich Niederwieser besorgt, da diese Gebühren junge Menschen vom Studieren abhalten werden. Niederwieser legte daher einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, von der Einführung von Kostenbeiträgen im postsekundären Bildungssystem Abstand zu nehmen.

Abschließend beklagte Niederwieser, dass die Bildungspolitik nicht mehr am Minoritenplatz, sondern gleichzeitig auch im Finanzministerium, im Verkehrs- und im Wirtschaftsministerium gemacht werde und forderte Ministerin Gehrer dazu auf, den Primat der Bildungspolitik für ihr Ressort zurückzuerobern.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) sprach von einer hervorragenden Wissenschaftspolitik, wenn man die Gegebenheiten in Rechnung stelle, unter denen sie gemacht werden müsse. Es sei nicht richtig, dass die Studiengebühren den freien Zugang zu den Hochschulen hemmten, die weiter steigenden Studentenzahlen sprechen für Graf eine klare Sprache. Studiengebühren würden die jungen Menschen nur dann vom Studium abhalten, wenn keine Begleitmaßnahmen getroffen würden. Dies sei aber der Fall und daher werde jeder Österreicher, der studieren will, dies auch in Zukunft können, sagte Graf. Voraussetzung sei aber eine ausreichende Leistung. Für Voraussetzungen, dass jeder Student sein Studium in kurzer Zeit absolvieren kann, müssen wir aber noch sorgen, räumte Graf ein.

Zur Diskussion um den Lehrerstreik merkte Graf an, er habe den Eindruck, Lehrer hielten deshalb an der Pragmatisierung fest, um in der Arbeitszeit Parteipolitik betreiben zu können. Dies sei abzulehnen, sagte Graf und wies gleichzeitig auf die kurze Zeit hin, die die Lehrer tatsächlich in der Klasse verbringen.

"Wir wollen den Lehrern ihren Idealismus nicht nehmen, sondern ihnen den Idealismus zurückbringen", sagte Graf und erinnerte daran, dass nicht nur Lehramtsstudien, sondern auch viele andere Studienrichtungen keine Arbeitsplatzgarantie für ihre Absolventen haben.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) sprach von einer kümmerlichen Bildungs- und Forschungspolitik und kritisierte einmal mehr die Absicht, von Studenten und ihren Eltern 1 Mrd. S pro Jahr zu kassieren. Skepsis zeigte Grünewald auch gegenüber der angekündigten Forschungsmilliarde, werde das Geld doch von einem Finanzminister verteilt, der die Byzantinistik als Luxus betrachte, und Unis wie GmbHs führen wolle. Angst mache ihm auch die Sprache, die in der Diskussion über die angekündigte Totalreform der Unis verwendet werde. "Hier soll kein Stein auf dem anderen bleiben" - Reform als Abbruchunternehmen, Unis als Steinbrüche - das habe mit den Vorstellungen der universitären Kollegialorgane nichts zu tun. Das Vorbild für die Organisation moderner Universitäten scheine für die Bundesregierung der Benediktinerorden mit seinen Grundsätzen des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit zu sein, kritisierte Grünewald und hielt dem die Idee der Universität als eines Ortes der Unruhe, des Zweifels und der unbequemen Fragen entgegen. Den Mächtigen sei Applaus lieber als Kritik, mutmaßte Grünewald.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) hielt die Angst ihres Vorredners für unbegründet und wies darauf hin, dass Österreich bei den Bildungsausgaben im europäischen Vergleich an drittbester Stelle liege. Dieses gute Ergebnis könne mit dem künftigen Budget fortgesetzt werden, sagte Brinek, betonte gleichzeitig aber die Notwendigkeit, die Universitäten zu reformieren. Die Probleme seien bekannt: starre Budgets, keine Vollrechtsfähigkeit und eine Verwaltungsstruktur, die noch aus den siebziger Jahren stamme, obwohl sich die Zahl der Lehrenden und der Studierenden an den Universitäten vervier- bis versechsfacht habe. Das GmbH-Modell sei nicht mehr aktuell, man wisse aber auch, dass das bürokratische Modell des UOG 93 untauglich sei.

Für Brinek sind die Universitäten Orte angeleiteter Wissensproduktion und dazu gehören für sie ausdrücklich auch Fächer wie die Orientalistik. Die Unis müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sie sich einer Konkurrenz zu stellen haben, nicht weil das die böse Bundesregierung so wolle, sondern weil es mittlerweile Fachhochschulen, private Universitäten und Business-Schools gibt und die Universitäten am Spiel freier Kräfte in einem freien Land teilnehmen müssen. Die Universitäten würden sich selbst aufgeben, würden sie die Rechtfertigung ihrer Eigenart anderen überlassen. Diese Rechtfertigung müssen die Universitäten selbst leisten, schloss Brinek.

Bundesministerin GEHRER äußerte ihr Bedauern darüber, dass die Opposition offenbar der Auffassung sei, wer nachweislich Falschmeldungen an den Schulen verbreite, solle dafür keine Verantwortung tragen. Dies entspreche nicht ihrer Vorstellung von neuem Denken.

Beim Thema Studiengebühren erinnerte die Ministerin an den diesbezüglichen Entwicklungsprozess, der auch in der SPÖ zu beobachten war und der zur Aussage des ehemaligen Ministers Einem führte: "Studiengebühren sind diskutierbar", sofern der erzielte Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis im Aufwand zur Einhebung stehe. Mit ihrer grundsätzlichen Ablehnung signalisiere die SPÖ nun eine Meinungsänderung, sagte Gehrer.

Das Wissenschaftsbudget könne sich sehen lassen. Es erlaube die Personalkosten abzudecken, die Fachhochschulen weiter zu entwickeln und so 600 Ausbildungsplätze für die neuen Technologien zu schaffen. In ihren weiteren Ausführungen berichtete die Ressortleiterin von der Einsetzung einer Lenkungsgruppe für neues Studieren, die sich mit Vorschlägen für ein neues Dienstrecht befasse.

Sie zähle sich nicht zu den Mächtigen, sagte Ministerin Gehrer zum Schluss, sie sei sich aber ihrer Verantwortung und der Aufgabe bewusst, vieles weiterentwickeln zu müssen. In diesem Sinne lud Gehrer die Abgeordneten zu einem kritischen, zugleich aber positiven und konstruktiven Dialog für die Weiterentwicklung der Universitäten ein.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) zeigte sich besorgt über die Entwicklungen im Bildungssystem und meinte, die Eltern würden diese Sorge teilen und daher den Streik der AHS-Lehrer unterstützen. Für Muttonen werde ein Crash-Kurs im Bildungssystem gefahren, weil sich die Regierung darauf festgelegt habe, das Nulldefizit auf Biegen und Brechen zu erreichen.

Die Auffassung, Studiengebühren würden die Studenten zu schnellerem Studieren motivieren, konnte Muttonen nicht teilen. Im Gegenteil, die Studenten werden mehr arbeiten müssen und daher länger für ihren Studienabschluss brauchen. Die Abgeordnete befürchtete außerdem, dass die Einführung der Studiengebühren nur der Auftakt für die Einführung von Kostenbeiträgen an den Pädagogischen Akademien und den Kollegs darstelle, nach dem Motto: "Ende der Schulpflicht, Beginn des Schulgeldes."

Für besonders bedenklich hielt die Rednerin, dass viele Schüler, die sich nach ihren Neigungen und im Hinblick auf ihre Zukunftschancen Aufnahmeprüfungen an berufsbildenden Schulen unterziehen, dort auch dann keinen Platz bekommen, wenn sie die Prüfung bestehen, weil die Schule zu wenige Werteinheiten habe, um zusätzliche Klassen einzurichten. - "Wo bleibt die Bildungsoffensive, von der die Bundesregierung redet?", fragte Abgeordnete Muttonen.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) erklärte, das kulturelle Erbe in einem rasch zusammenwachsenden Europa sei besonders wichtig und unverwechselbarer Teil österreichischer Identität. Begrüßt wurde von ihr, dass für das Bildungs- und Kulturbudget über 1 Mrd. S mehr ausgegeben wird, sind doch Bildung und Kultur untrennbar miteinander verbunden. Überlegenswert hielt die Rednerin eine aktive Einbeziehung der Erwachsenen in die Restaurierung von Kulturgütern, wie sie in England betrieben wird, wo freiwillige Helfer Schlösser und Denkmäler mitrestaurieren und auch mitbesitzen.

Mit dem Kulturverständnis ihrer Vorrednerin, das sich ausschließlich an die Vergangenheit richtet, kann G-Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG nichts anfangen, gebe es doch für zeitgenössische Einrichtungen keinen Platz. Besonders befasste sich die Rednerin mit der Eingliederung des Museums für Völkerkunde und des Theatermuseums in das Kunsthistorische Museum, zitierte ein Gutachten, wonach das Theatermuseum sehr wohl in der Lage sei, positiv zu bilanzieren, und glaubt, dass es im Falle der Eingliederung dieser beiden Museen zum Verlust der Vielfalt und des Pluralismus kommen werde.

Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) begrüßte im Gegensatz zu ihrer Vorrednerin die Eingliederung kleinerer Museen und betonte vor allem die Nutzung von Synergieeffekten. Ausführlich sprach die Abgeordnete das Programm "Kultur 2000", das erste Rahmenprogramm der EU für den Zeitraum 2000 bis 2004 an. Damit wird ein Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsländer unter Wahrung der nationalen und regionalen Vielfalt unter Berücksichtigung des kulturellen Erbes geleistet. Für das Jahr 2000 sind 35 Mill. Euro vorgesehen, 1.250 Projekte wurden eingereicht, das Ressort hat in Zusammenarbeit mit dem BKA eine Beratungsstelle eingerichtet, informierte die Mandatarin.

Bundesministerin GEHRER hob stolz hervor, dass ihr Budgetvolumen 13,5 Prozent des Gesamtbudgets ausmache und somit "sehr viel Geld" für Bildung, Ausbildung, Weiterbildung und Kultur zur Verfügung stehe. Im Zusammenhang mit der Diskussion über das Museumsquartier gab die Ressortchefin bekannt, dass es sich hierbei um die größte Kulturbaustelle Europas handle. Eröffnet werde das Museumsquartier im nächsten Jahr. 3.500 Quadratmeter werden für zukunftsorientierte, progressive und junge Kulturinitiativen zur Verfügung stehen. 50 Mill. S für den Denkmalschutz erwartet sich Gehrer durch den Verkauf von Rubbellosen. Zum Schluss teilte die Ministerin mit, dass die Kulturlandschaft Wachau vom Welterbe-Komitee in die Weltkulturerbe-Liste aufgenommen wurde.

Abgeordnete SCHASCHING (S) kam auf die Lehrersituation in den Schulen von Floridsdorf zu sprechen, wo bis heute 34 Lehrer nicht wissen, ob sie im nächsten Jahr weiterarbeiten können. Dabei, sagte die Rednerin, gehe es nicht nur um Einzelschicksale, sondern auch um die Qualität in den Schulen. Lehrer sein sei mehr als ein Job, Lehrer engagierten sich auch außerhalb der Unterrichtszeit und stellten in manchen Fällen den Familienersatz dar.

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) wies darauf hin, dass Haider, der "erfolgreichste Politiker der Nachkriegszeit", bei einer Veranstaltung in seiner Heimatstadt von 1.500 Personen euphorisch empfangen wurde und hunderte Unterschriften geleistet hat, so auch eine auf einen Zettel, auf dem es gegen die Studiengebühren ging. Es gab im Anschluss eine äußerst konstruktive Debatte, in der Haider seine Auffassung über die Studiengebühr präzisierte. Den Vorwurf, dass durch die Studiengebühren weniger Arbeiterkinder an den Universitäten studieren könnten, lässt Grollitsch nicht gelten, zumal sich dieser Prozentsatz seit 1972 nicht erhöht hat und konstant bei 5 Prozent liege. Studierende Arbeiterkinder seien ausschließlich Stipendienbezieher, sodass diese Zielgruppe von der Studiengebühr nicht betroffen sei, fügte er hinzu.

In einer tatsächlichen Berichtigung betonte Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S), die Studenten hätten Haider sehr wohl gesagt, sie sammeln Unterschriften gegen die Studiengebühr. Er, Niederwieser, sei aber nicht dabei gewesen.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) sprach das Problem der Schulintegration behinderter Kinder an, glaubt, dass durch die Reduktion der Planstellen bei den Lehrern auch die Zahl der Stützlehrer reduziert wird, und sah darin eine Diskriminierung behinderter Menschen. Ihre Forderung ging in die Richtung, behinderte Kinder in die Schule gehen zu lassen, in die sie wollen und die in der Nähe ihres Wohnortes ist, da auch behinderte Menschen gleiche Bildungschancen haben sollen.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) führte aus, die jetzige Regierung müsse zuerst das Budget in Ordnung bringen und könne erst später Reformen in Angriff nehmen. Die Ministerin müsse aber mit den knappen Mitteln Optimales erzielen. Den Sozialdemokraten warf er vor, gebetsmühlenartig nur das zu wiederholen, was Gusenbauer vorsagt. Der Begriffsbogen spannte sich von Budgetkälte über Umverteilung und Demokratieabbau bis zu Crash-Kurs und Teufelskreis. Etwas mehr Optimismus bei den Sozialdemokraten wäre seiner Ansicht nach angebracht.

Abgeordneter Dr. RADA (S) warnte vor Qualitätsverlusten im Schulbereich und Nachteilen für die in Ausbildung stehenden Junglehrer als Folge der Einsparungen Gehrers. Mindestens 7.000 Dienstposten im Pflichtschulbereich würden bis 2004 eingespart werden müssen, um das Budgetziel zu erreichen. Rada fürchtete auch, dass den Maßnahmen die Eingangsphase an den Volksschulen sowie die Zweitlehrer im Fremdsprachenunterricht und die Stützlehrer zum Opfer fallen werden.

Heftige Kritik übte der Redner ferner an den Plänen des Ministeriums für das Forschungszentrum Seibersdorf. Bei der Forschung würde eingespart, dafür bestelle man aber einen dritten Vorstandsdirektor, merkte Rada entrüstet an.

Bundesministerin GEHRER stellte zur Forschungspolitik klar, das Geld werde nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip verteilt, es gehe nun vielmehr darum, Projekte zu evaluieren und für Förderungen auszuwählen. So würden 10 Mrd. S zusätzlich für Innovationen im Bereich Forschung und Entwicklung bereitstehen.

Zu den von ihrem Vorredner geäußerten Befürchtungen hielt Gehrer mit Nachdruck fest, Integration werde an den Schulen auch weiterhin möglich sein.

Abgeordnete Dr. PAPHAZY (F) meinte, es sei Zeit, dass das Leistungsdenken im Lehrberuf Eingang finde, die Pragmatisierung an den Schulen habe ausgedient. Auch im Universitätsbereich trat Paphazy für ein Abgehen von der Pragmatisierung zugunsten von mehrjährigen, verlängerbaren Leistungsverträgen ein. Überdies befürwortete sie eine stärkere Heranziehung des Instituts der Stiftungsprofessoren durch steuerliche Anreize für die Sponsoren.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) wies auf die zu erwartenden Kürzungen bei den Dienstposten an den Schulen hin: 3.500 Lehrerverträge würden nun nicht mehr verlängert, 5.000 bis 7.000 Lehrerposten seien allein im Pflichtschulbereich von den Einsparungen betroffen. Gaßner rechnete darüber hinaus mit einem Aus für ganztägige Schulformen und integrative Maßnahmen und befürchtete weiters eine Erhöhung der Lehrverpflichtung und der Klassenschülerzahlen.

Abgeordneter Dr. LEINER (V) begrüßte die Neustrukturierung des Medizinstudiums, von der er sich stärkere Patientenbezogenheit und wissenschaftliche Vertiefung erwartete. Er hob auch die steigende Bedeutung der Biotechnologie in der Medizin hervor und wünschte einen größeren Stellenwert der Ernährungswissenschaften in der Ausbildung.

Abgeordneter FAUL (S) warf der FPÖ vor, ständig Stimmungsmache gegen die Lehrer zu betreiben, und untermauerte die SP-Kritik am Bildungsbudget. Zahlreiche Lehrer würden nun freigesetzt werden, warnte er.

Abgeordnete WOCHESLÄNDER (F) plädierte für eine Dienstrechtsreform mit einem leistungsorientierten Gehaltsschema, das zwischen Anfangs- und Endgehalt eine flache Kurve vorsieht und eine Funktions- sowie eine Leistungskomponente enthält, durch die Funktionen und besondere Leistungen unabhängig vom Dienstalter abgegolten werden können.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) ortete einen Systemwechsel im Bildungsbereich weg von der Chancengleichheit und hin zu einem Bildungssystem für die, die es sich leisten können. Sie kritisierte insbesondere die Studiengebühren, die, wie sie sagte, ohne Strukturreformen eingeführt worden seien und durch ihre Zeitkomponente vor allem berufstätige Studenten benachteiligen würden. Diese Maßnahme sei aus rein ideologischen und nicht aus budgetären Gründen durchgesetzt worden, vermutete Kuntzl.

Abgeordnete Mag. MIKL-LEITNER (V) hielt fest, die Regierungsparteien seien diejenigen, die Visionen hätten. Ihr zufolge fußt die Standortpolitik der Koalition auf der Wirtschaft, der Forschung und der Bildung. In diesem Sinn wies sie auf die große Bedeutung der Fachhochschulen hin und betonte, durch diese komme es zu einer Stärkung des ländlichen Raumes, was wiederum Abwanderungstendenzen verhindere. So hätte beispielsweise eine Fachhochschule in Wiener Neustadt Betriebsansiedelungen nach sich gezogen. Zufrieden zeigte sich Mikl-Leitner auch mit dem Ausbau der Donau-Universität Krems.

Abgeordnete Dr. PITTERMANN (S) befasste sich mit einem kürzlich vorgestellten Konzept zur Umgestaltung des Medizinstudiums und begrüßte die vorgesehene stärkere Praxisorientierung und den Kleingruppenunterricht. Sie gab aber zu bedenken, dass dazu mehr Geldmittel erforderlich seien. Dem Bund warf Pittermann vor, seinen Verpflichtungen zur Mitfinanzierung des AKH nicht nachzukommen und das AKH auszuhungern. Budgetsanierung dürfe aber nicht auf dem Rücken von Kranken und der wissenschaftlichen Reputation ausgetragen werden, warnte sie.

In einem von Pittermann eingebrachten Entschließungsantrag fordert die SPÖ die Unterrichtsministerin auf, einen Forschungsschwerpunkt BSE in die Wege zu leiten und die notwendigen Budgetmittel zur Verfügung zu stellen.

Abgeordneter SEVIGNANI (F) führte aus, "Bildung und Jugend sind der Rohstoff, aus dem unsere Zukunft gemacht wird". Deshalb sei es nicht nur notwendig, die für den Bildungsbereich vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu verteilen, vielmehr müsse es auch strukturelle Veränderungen geben. Als Lehrer habe er volles Verständnis für die Maßnahmen der Regierung im Bildungsbereich, betonte Sevignani, nicht jedoch für den angekündigten Streik. Niemand braucht seiner Meinung nach vor den geplanten Maßnahmen Angst zu haben. Der Abgeordnete machte geltend, dass Österreich im internationalen Vergleich ein äußerst günstiges Lehrer-Schüler-Verhältnis habe. Als Ziel nannte er ein modernes und zukunftsorientiertes Bildungssystem.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) erinnerte daran, dass Unterrichtsministerin Gehrer noch im Frühjahr gesagt habe, ein Grundstudium ohne Gebühren sei ihr ein wichtiges Anliegen. Dass durch die Studiengebühren das Leistungsangebot der Universität verbessert werden soll, stellte er in Abrede und äußerte die Vermutung, das Geld werde in Wahrheit für das Stopfen von Budgetlöchern verwendet. Posch glaubt auch nicht, dass die Leistungen der Studierenden durch die Gebühren steigen werden. Studierende würden in Zukunft mehr arbeiten müssen, diese Zeit werde ihnen als Lernzeit fehlen. Dadurch verkürzten Studiengebühren die Studiendauer nicht, sondern verlängerten sie. Posch hielte es für besser, wenn Gehrer in dieser Frage "den geordneten Rückzug antritt".

Abgeordnete LENTSCH (V) meinte, sie würde gerne über die Vielfalt des österreichischen Bildungswesens sprechen, man komme aber um das Thema Studiengebühren nicht herum. Sie machte darauf aufmerksam, dass Studiengebühren in der EU mehr die Regel als die Ausnahme seien. Nur in Österreich müsse die Bildung der SPÖ und den Grünen zufolge unentgeltlich bleiben. "Wir müssen uns endlich davon verabschieden, dass Bildung gratis ist", sagte Lentsch. Sie versicherte aber, dass durch ein Bündel von sozialen Maßnahmen niemand vom Studium ausgeschlossen wird.

Abgeordneter Dr. ANTONI (S) urgierte in einer zweiten Wortmeldung eine über die Pläne der Regierung hinausgehende soziale Abfederung der Studiengebühren. Seiner Ansicht nach sind vor allem wenig verdienende, selbsterhaltende und alleinerziehende Studierende von den Studiengebühren betroffen. Außerdem gab er zu bedenken, dass Doktoratsstudierende, die eine wissenschaftliche Laufbahn anstreben, für ihre Abschlussarbeit Zeit brauchten. Auch das müsse man berücksichtigen.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) befasste sich mit dem Denkmalschutz und verwies auf die 150-jährige Geschichte der staatlichen Denkmalpflege in Österreich. Kritisch beurteilte er die durch die Sparerfordernisse notwendige knappe Dotierung der Denkmalpflege in der Vergangenheit. Seiner Auffassung nach wird man in Zukunft wieder mehr Geld in den Denkmalschutz investieren müssen.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) erklärte, wenn man sich das Budget anschaue, werde man bemerken, dass es starke Ungleichgewichte bei der Museumsförderung gebe. So komme es zu einer beachtlichen Steigerung der Mittel für das Kunsthistorische Museum, während Sammlungen zeitgenössischer und alternativer Kunst mit Kürzungen konfrontiert seien. Gerade die zeitgenössische und moderne Kunst brauche aber eine entsprechende Vermittlung und koste damit Geld. Publikumszahlen und Qualität seien nicht ident, unterstrich Muttonen.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) setzte sich mit der Rede von Abgeordnetem Brosz auseinander und meinte "jammern ist kein Konzept". Man könne nicht einerseits einen kostenlosen und freien Zugang zur Universität und andererseits Arbeitsplatzgarantien für Lehrer fordern. Wer der Schule helfen wolle, darf sie nicht krankjammern, sondern müsse sie reformieren, umriss Schultes, und wer das Lehrerimage verbessern wolle, dürfe die Lehrer nicht unter einen Glassturz stellen. Den Entschließungsantrag von Abgeordnetem Niederwieser wird die ÖVP Schultes zufolge ablehnen.

Abgeordnete JÄGER (S) wandte sich an Unterrichtsministerin Gehrer und wollte wissen, wie sich die Ministerin angesichts der deutlichen Ablehnung des Musiktheater-Projekts in Linz fühle. "Was ist da schief gegangen in der Bildungs- und Kulturarbeit in Österreich?" fragte sie. Nach Ansicht von Jäger ist ein mutiges und innovatives Kulturprojekt abgelehnt worden. Die FPÖ missbrauche die Menschen für ihre kulturfeindlichen Zwecke.

Abgeordneter Mag. SCHENDER (F) warf der SPÖ eine unsachliche Diskussion, Skandalisierung und Verbreitung von Unwahrheiten vor. In diesem Zusammenhang zitierte er aus einem Fax des ÖGB, in dem BürgerInnen aufgerufen werden, an ihn, Schender, zu schreiben. Darüber hinaus seien vor seinem Haus Ständer aufgestellt worden, auf denen sinngemäß steht, dass er für ein unsoziales Paket gestimmt habe. Schender bezeichnete dies als „unglaublichen Gesinnungsterror“ und „Meinungsterror der Gutmenschen“. Als weitere Unglaublichkeit prangerte er die Aufforderung in dem genannten Fax an, Aktionskomitees zur Begleitung seiner Person zu gründen. In diesem Zusammenhang forderte er die höchstrangigen Funktionäre des ÖGB auf, sich davon zu distanzieren und sich bei ihm zu entschuldigen. Auch würden mit Bussen Menschen aus ganz Österreich am 5. Dezember nach Wien gebracht, um das demokratisch gewählte Parlament an seiner Arbeit zu hindern, fuhr der Abgeordnete fort. „Sie brandmarken freigewählte Abgeordnete“, „das ist politisches Mobbing erster Güteklasse“, „das ist ein demokratiepolitischer Rückfall in die 30er Jahre“, so Schender wörtlich.

Abgeordnete SCHASCHING (S) ging nicht näher auf ihren Vorredner ein und bemerkte dazu nur, dass jeder das Recht habe zu erfahren, wie MandatarInnen stimmen. Sie konzentrierte sich in ihrem Beitrag auf die geplante Zusammenführung von Kunsthistorischem Museum, Theatermuseum und dem Museum für Völkerkunde und sprach sich für die Eigenständigkeit des Theatermuseums aus. Abgesehen davon, dass dieses erst sehr kurz in die Selbständigkeit entlassen worden sei und man daher über keine Erfahrungswerte verfüge, sei es nur teilrechtsfähig, während das Kunsthistorische Museum die Vollrechtsfähigkeit besitze. Darüber hinaus könnte ihrer Ansicht nach ein Interessenkonflikt entstehen, wenn der Direktor des KHM zugleich auch den Geschäftsführer aller drei Museen in einer Person stellt.

Abgeordneter KAMPICHLER (V) replizierte nur kurz auf den S-Entschließungsantrag zu BSE und stellte fest, dass die Bundesregierung ohnehin alle erforderlichen Maßnahmen erlassen habe. Diese Aussage rief später eine tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Mag. MAIER (S) hervor, der meinte, dass es keine entsprechenden Maßnahmen gebe und ein Geheimbrief von Sickl und Molterer vom Juli existiere, der zum Ziel habe, eine Ausnahmebestimmung für die Entfernung von Risikomaterialen zu erreichen, und das sei ein Skandal.

Den Hauptteil seiner Rede widmete Kampichler jedoch dem ORF und strich die hohe Qualität von Ö1 heraus. Es wäre daher wünschenswert, Ö1 überall in Österreich empfangen zu können. Beim Fernsehen vermisste er ein entsprechendes Qualitätsangebot und sieht in der Sendung Taxi Orange einen Tiefpunkt, der die besten Sendeplätze blockiere. Damit setze der ORF auf Banalität, Voyeurismus und Ausgrenzung, um ein junges Publikum anzusprechen. Kampichler kritisierte auch die Unterbrecherwerbung und verlieh abschließend seiner Hoffnung Ausdruck, dass das neue ORF-Gesetz den Programmauftrag genauer formuliere.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) gab zu, dass man Taxi Orange banal oder auch voyeuristisch beurteilen könne, die Sendung wirke aber sicherlich nicht ausgrenzend. Denn kein anderes Programm habe für die Darstellung von Homosexuellen so viel geleistet wie dieses.

Abgeordneter HAIGERMOSER (F) kam wieder auf die von Schender angesprochenen Vorkommnisse zurück und zeigte sich auch aufgrund eigener Erfahrung überzeugt, dass das ganze System habe und auch vor Familien nicht Halt mache. Von der Einschränkung der Ausübung des freien Mandats zum Mundtotmachen sei nur ein kleiner Schritt. Er sei jedenfalls bereit, sich mit Argumenten auseinander zu setzen.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) konterte mit der Frage, ob Meinungsfreiheit auch bedeute, dass ein freiheitlicher Funktionär sagen dürfe: „Unsere Ehre heißt Treue“. Bundesministerin Gehrer ersuchte sie, im Sinne einer sinnvollen Entwicklungszusammenarbeit, Studierende aus Entwicklungsländern von vornherein von den Studiengebühren zu befreien.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) setzte die Debatte um Schender fort und stellte fest, dass auch den Abgeordneten Gaugg und Sevignani sowie einigen Wiener Abgeordneten das selbe widerfahren sei. Die Begleitung eines privaten Menschen durch Funktionäre des ÖGB, um auf dessen Abstimmungsverhalten hinzuweisen, habe mit demokratischem Verhalten nichts zu tun. Schweitzer glaubt auch daran, dass diese Aktionen von Abgeordneten des Hohen Hauses mitgetragen und mitinitiiert wurden. Anhand eines Flugzettels des ÖGB beschuldigte er diesen auch, Schüler zu motivieren, den 5. Dezember als Lehrausgang zu verwenden und beim Parlament vorbeizukommen, um sich der Menschenkette anzuschließen. Er verurteilte auch scharf die von „Checkpoint Austria“ angekündigte Verkehrsblockade in ganz Österreich und griff dabei hart die Grünen an, da diese Aktion in einer Pressekonferenz im Grünen-Klub vorgestellt werde.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) antwortete darauf, dass die Grünen keinen Einfluss darauf hätten, wenn Menschen gegen die Regierung demonstrieren, er habe aber Verständnis dafür, da die Regierung Unmut und Widerstand provoziere. Den Freiheitlichen konterte er mit dem Vorwurf, dass sie durch die Kriminalisierung einer angemeldeten Demonstration ein Grundrecht der Demokratie, nämlich das Versammlungsrecht, angriffen.

Pilz kam dann auf das Tatortvideo von Oberwart zurück und beschuldigte Abgeordneten Schweitzer, dass er dieses illegal beschaffte Video an einen ORF-Redakteur weitergegeben habe, mit dem Interesse zu verschleiern, dass dieses Attentat einen ganz klaren rechtsradikalen Hintergrund hat. Er bezeichnete dies als einen Versuch, den ORF mit zugespieltem Material in die Irre zu führen. Weiters hielt er Schweitzer vor, die Friedhofsschänder von Eisenstadt in Schutz genommen zu haben. Die Grünen würden deshalb nächste Woche abermals einen Antrag auf Untersuchungsausschuss stellen.

Abschließend widmete sich Pilz kurz dem Bildungsbudget und bezichtigte die Ministerin des Wortbruchs. Die Studierenden müssten 12 Jahre Studiengebühren bezahlen, damit die Bundesregierung die  geplanten Abfangjäger finanzieren könne.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) reagierte darauf mit einer tatsächlichen Berichtigung und stellte fest, dass er das Tatortvideo nicht auf illegale Weise bekommen habe, sondern dieses von einem Journalisten gedreht und ihm zur Verfügung gestellt worden sei, was man bereits vor vier Jahren im Magazin News nachlesen habe können. 

Es entwickelte sich dann eine kurze Geschäftsordnungsdebatte, nachdem Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) glaubte, von Abgeordnetem Schweitzer in Richtung Pilz den Ausspruch „Du bist ein Depp“ gehört zu haben und die Protokollführung darauf aufmerksam gemacht hatte. Sie begründete dies damit, dass es während der vorangegangenen Debatte viele Zwischenrufe gegeben habe, die ein Eingreifen des Präsidenten notwendig gemacht hätten. Dagegen wandte sich Abgeordnete Dr. FEKTER (V) indem sie die Unabhängigkeit der Protokollführung gefährdet sah und Petrovic eine Beeinflussung des Protokolls vorwarf. Präsident Dr. FASSLABEND kündigte an, dies in der nächsten Präsidiale besprechen zu wollen.

Abgeordneter RIEPL (S) betonte, dass Checkpoint-Austria nichts mit dem ÖGB zu tun habe. Die Bundesregierung animiere aber zu Protesten, sie fördere die Konfliktdemokratie und habe die Konsensdemokratie verlassen. Politische Information müsse auch auf der Straße erlaubt sein, es sei aber klar, dass die Privatsphäre gewahrt bleiben müsse und dies werde der ÖGB auch sicherstellen. Man werde jedenfalls alle im ÖGB unterstützen, die bestrebt seien zu informieren.

Bei der Abstimmung wurden die Kapitel Bildung und Kultur sowie Wissenschaft mit F-V-Mehrheit angenommen. Der S-Entschließungsantrag bezüglich Schulgeld im postsekundären Bildungswesen blieb mit den Stimmen von S und G in der Minderheit. Ebenso abgelehnt wurde der S-Entschließungsantrag zu BSE.

ÄUSSERES

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Abgeordneter SCHIEDER (S) meinte, an die vorangegangene Kurze Debatte über Österreichs Bild in der Geschichte anknüpfend, selten passten zwei Tagesordnungspunkte so gut zusammen. Die Lehre aus der Geschichte müsse sein, die Außenpolitik gemeinsam zu gestalten. Seine Fraktion bekenne sich dazu, doch dürfe dies keine Einbahnstraße sein. Man könne nicht nur nachher informiert, man müsse auch vorher konsultiert werden. Gemeinsame Außenpolitik müsse eben auch wirkliche Zusammenarbeit bedeuten.

Derzeit sei die Opposition nicht eingebunden, die Außenministerin informiere zwar ex post, aber sie suche nicht den Dialog, was immer wieder zu unerfreulichen Überraschungen führe. Die Sozialdemokratie erwarte sich, vor dem Hintergrund der bevorstehenden Aufgaben in die Entscheidungsfindungsprozesse involviert zu werden.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) sagte, es wäre wohl wünschenswert gewesen, die Außenpolitik besser zu dotieren, doch die Sparzwänge hätten gewisse Umschichtungen erfordert, die entsprechend sorgsam vorgenommen wurden und mitunter sogar Synergieeffekte erzielen könnten.

Sodann sprach Schweitzer zum bevorstehenden Gipfel in Nizza und ging dabei auf einige Reformvorschläge hinsichtlich der Neugestaltung der EU-Gremien ein.

Abschließend ging Abgeordneter Schweitzer noch auf das Thema Osterweiterung ein, die seiner Meinung nach eine Reform der EU-Institutionen voraussetze. Zudem seien die Ängste der Bevölkerung in den Grenzregionen ernst zu nehmen. Viele fürchten dort um ihre Arbeitsplätze und um die Löhne. Schweitzer begrüßte daher die Einrichtung einer Österreich-Plattform, wo umfassend über die Voraussetzungen diskutiert werden soll, die für eine friedliche Erweiterung der EU notwendig sind.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) bekannte sich dazu, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen, warf den Freiheitlichen aber vor, mit ihrer Volksbefragung im Burgenland ein populistisches Schaustück zu liefern und Stimmung gegen die Menschen jenseits der Grenze zu machen. Dann wandte sich die Rednerin an die Außenministerin und meinte, die 80 Mill. S, die die Bundesregierung für Werbung in eigener Sache ausgebe, sollte man besser für eine Bildungsoffensive in den Grenzregionen einsetzen.

Anerkennung zollte die außenpolitische Sprecherin der Grünen der Außenministerin für ihren OSZE-Vorsitz. Es sei ihr gelungen, die zentralasiatischen Staaten näher an die OSZE heranzuholen. Lunacek sprach die Hoffnung aus, der Außenministerin werde es als Mitglied der OSZE-Troika in Zukunft gelingen, ein besseres Verständnis mit Russland herbeizuführen. 

Kritisch kommentierte die Abgeordnete die geplanten Reduzierungen beim österreichischen Kulturinstitut im Iran und gab zu bedenken, dass es sich dabei um das einzige Kulturinstitut eines EU-Landes in diesem wichtigen Land im Mittleren Osten handle.

Bedauerlich sei, dass es der Ministerin nicht geglückt sei, die Budgetansätze für die Entwicklungszusammenarbeit aufzustocken. Außerdem beklagte Lunacek die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit auf die Regierungsebene. Die Kooperation mit den NGOs habe keine Priorität mehr, das sei nicht im Sinne eines breiten demokratischen Verständnisses von Entwicklungszusammenarbeit, kritisierte Lunacek.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) lobte die Bundesministerin, dass es ihr unter den Bedingungen eines Schuldenabbauprogramms gelungen sei, außenpolitische Schwerpunkte zu setzen. Spindelegger nannte die Kulturinstitute und würdigte die engagierte Arbeit des Außenamtes für Österreicher im Ausland.

Hervorragend bewältigt habe Ferrero-Waldner ihren Vorsitz in der OSZE, den sie für ein verstärktes Engagement im Kaukasus und am Balkan sowie für die intensivierte Suche nach Lösungen genützt habe. Der Wiener Gipfel habe einen guten Abschluss des österreichischen OSZE-Vorsitzes gebildet. Als notwendig bezeichnete Spindelegger den Aufbau strategischer Partnerschaften mit den Kandidatenländern, die in weiterer Folge zu einem mittel- und zentraleuropäischen Schwerpunkt nach dem Vorbild der skandinavischen und südeuropäischen sowie der Benelux-Länder innerhalb der größeren Union werden könnten.

Auf dem EU-Gipfel in Nizza müsse Österreich seine Interessen klar machen, sagte Spindelegger. Es bedürfe einer Balance zwischen großen und kleinen Ländern. Fragen wie Wasserresourcen, Raumordnung und Bodennutzung sollten weiter der Einstimmigkeit unterliegen, hielt Spindelegger fest.

Außenministerin Dr. FERRERO-WALDNER berichtete von einem arbeitsreichen und intensiven Jahr der österreichischen Außenpolitik. Sei das erste Halbjahr von den Maßnahmen der 14 geprägt gewesen, sei es durch Besuchsdiplomatie gelungen, im zweiten Halbjahr viel Terrain für Österreich zurückzugewinnen.

Auf dem bevorstehende Europäische Rat von Nizza werde Österreich dafür eintreten, dass jedes EU-Mitgliedsland weiterhin einen Vertreter in die Kommission entsendet, dafür sei eine maßvolle Stimmgewichtung in Kauf zu nehmen. Über eine Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen sei Österreich gesprächsbereit, mit Ausnahme von Themen, die für Österreich von besonderer Wichtigkeit sind. In der verstärkten Zusammenarbeit sollen Weichen für Verfahren gestellt werden, die es einer kleineren Gruppe von Mitgliedsländern erleichtern soll, in der Integration voranzugehen, wobei die Rechte der nachfolgenden Länder gewahrt bleiben sollen.

Als großen Schwerpunkt der künftigen österreichischen Außenpolitik sah die Ressortleiterin die Erweiterung der EU und kündigte an, die Opposition auf einer Österreich-Plattform in die Vorbereitungen für die strategische Partnerschaft ebenso einzubinden wie die Sozialpartner, die Grenzregionen und die Bundesländer. Sie hoffe, auf diesem Weg zu einem Konsens zu kommen. Die Grenzregionen haben während der vergangenen Jahre infolge der Ost-Öffnung ein um 4 % beschleunigtes Wirtschaftswachstum erzielen können, fügte die Außenministerin hinzu. Als zweite Phase der strategischen Partnerschaft kann sich die Außenministerin eine ständige Plattform mit den neuen Mitgliedsländern vorstellen, die etwa vor jedem Europäischen Rat eine Sitzung abhält, um gemeinsame Positionen zu beziehen und Allianzen zu bilden.

In ihren weiteren Ausführungen zeigte sich die Außenministerin zufrieden über die Ergebnisse ihres OSZE-Vorsitzes und wandte sich dann der positiven Entwicklung in Südtirol zu. Das Interesse Österreichs an Südtirol sei unverändert hoch, sagte Ferrero-Waldner und gab ihrer Freude darüber Ausdruck, dass Südtirol bei der jüngsten, mit Österreich abgestimmten Verfassungsreform seine Autonomie stärken konnte.

Einschränkungen wie beim Kulturinstitut in Teheran erklärte die Außenministerin schließlich mit ihrem Bemühen, die Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit trotz Sparbudgets auf dem Stand des Jahres 2000 zu belassen.

Abgeordneter Dr. EINEM (S) schickte seinen durchaus kritischen Ausführungen voraus, dass es in der Arbeit der Bundesministerin viele Punkte gebe, die positiv zu bewerten und anzuerkennen seien. Sorge bereite ihm aber, dass die Bundesregierung die Außenpolitik vielfach verwende, um Stimmung im Inneren zu machen und Freund-Feind-Verhältnisse darzustellen. Einem sprach von gezielten Vorstößen, die keinen andern Zweck haben, als ein bestimmtes Klima zu erzeugen: "Die draußen sind alle böse, wir herinnen sind alle lieb und arm, weil die draußen uns nicht verstehen." Einem befürchtete einen Abbau der Solidarität im Land durch Aufbau eines Gemeinschaftsgefühls auf nationalistischer Basis.

Einem verlangte demgegenüber eine Außenpolitik, die die österreichischen Interessen konkret verfolge und plädierte in der Frage der Avnoj-Bestimmungen und der Benes-Dekrete für eine stille Diplomatie an Stelle von innenpolitischer Stimmungsmache.

In der Frage der strategischen Allianzen mit den mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern zeigte sich Einem nicht überzeugt, dass dieses Konzept sehr weit führen könne. Er habe den Eindruck, mit dieser Zusammenarbeit wolle man es "denen in Brüssel, die schiach zu uns waren", zeigen.

Als eine Provokation, die nicht den Interessen Österreichs entspreche, wertete der Abgeordnete die zweimalige Verschiebung der Ratifikation des Amtssitzabkommens mit der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit durch die Regierungsfraktionen im Außenpolitischen Ausschuss.

Abgeordneter JUNG (F) unterstrich die Verantwortung für die Minderheiten in jenen Gebieten, in denen die Avnoj-Bestimmungen und die Benes-Dekrete noch immer Teil der Rechtsordnung seien. In dieser Frage müsse Österreich fest bleiben.

Frau Winkler von der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit genieße das Gastrecht, aber auch dieses könne man missbrauchen, wenn man den Dialog ungehörig verweigere, meinte Abgeordneter Jung. 

Die Straffung der EU-Institutionen, wie in Nizza geplant, sei notwendig und richtig, solange vitale nationale Interessen nicht unter die Räder kommen. Konkret nannte Jung die Themen Wasser, Energie, Vertragserweiterung sowie das Fremden- und Asylrecht. Hier sei weiterhin Einstimmigkeit geboten. Grundsätzlich sprach sich Jung hinsichtlich der künftigen EU für einen Staatenbund, aber gegen einen Bundesstaat aus und unterstrich dabei die Prinzipien der Regionalisierung und der Subsidiarität.

Abgeordneter PILZ (G) warf der ÖVP vor, in Sachen EU-Osterweiterung lupenreine freiheitliche Politik zu vertreten. Die Regierung laufe Gefahr, zu einem Katalysator und Organisator von nationalistischen Ressentiments gegen den europäischen Einigungsprozess zu werden, meinte er. Österreich sei durch die ÖVP-FPÖ-Koalition an den Rand Europas geraten, nur ein Regierungswechsel würde eine geachtete, neue österreichische Außenpolitik ermöglichen.

Abgeordnete GATTERER (V) würdigte die Bemühungen Ferrero-Waldners anlässlich des österreichischen OSZE-Vorsitzes und hob insbesondere die Initiative der Ministerin zur Bekämpfung des Menschenhandels in Europa hervor. Unter Hinweis auf die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe in den Niederlanden erteilte Gatterer ähnlichen Bestrebungen in Österreich eine klare Absage.

Abgeordneter Dr. HEINDL (S) rief zur Intensivierung der Kontakte Österreichs mit dem arabischen Raum auf und drängte auf weitere Hilfe für die vom Embargo betroffene irakische Bevölkerung. Die bevorstehende EU-Osterweiterung beurteilte Heindl ausdrücklich positiv.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) bezog mit scharfen Worten Stellung gegen die Benes-Dekrete in Tschechien und die Avnoj-Bestimmungen in Slowenien, die seiner Meinung nach mit einer demokratischen Wertegemeinschaft absolut nicht vereinbar seien und jeder zivilisierten Gesellschaft Hohn sprechen würden.

Ferner forderte Kurzmann eine Neuausrichtung der österreichischen Auslandskulturpolitik. Österreich sollte sich vor allem in Gegenden engagieren, die ihm aus historischen Gründen nahe liegen, meinte er und nannte insbesondere den Balkan als diesbezügliche Schwerpunktregion.

Abgeordnete JÄGER (S) bedauerte, dass Österreich bei der Entwicklungszusammenarbeit nach wie vor Schlusslicht in Europa sei, und forderte zudem in einem SP-G-Entschließungsantrag die Vorlage des Dreijahresprogrammes der Entwicklungszusammenarbeit an den Nationalrat.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) begrüßte, dass es gelungen sei, in der Entwicklungszusammenarbeit den Abwärtstrend der vergangenen Jahre zu stoppen. Nach der Budgetkonsolidierung sei es aber unabdingbar, die Mittel für die Entwicklungshilfe wieder aufzustocken, räumte sie ein. Um die Effizienz zu erhöhen, regte Hakl eine stärkere Koordinierung der Programme mit anderen EU-Staaten an. Hakl sprach sich weiters dafür aus, möglichst vielen jungen Menschen aus Entwicklungsländern in Österreich ein Studium zu ermöglichen. Sie hob in diesem Zusammenhang als positiv hervor, dass Studierenden aus Entwicklungsländern die Studienbeiträge nun rückerstattet werden.

Abgeordneter HEINZL (S) wies auf den wieder aufgeflammten Nahostkonflikt hin und forderte die Bundesregierung in einem Entschliessungsantrag auf, eine Initiative zur Wiederaufnahme des Friedensprozesses zwischen Israel und den Palästinensern auf Basis des Grundsatzes Land gegen Frieden zu setzen. Weitere zentrale Punkte eines Friedensplanes sollten demnach der Rückzug Israels aus den 1967 besetzten Gebieten, die Gründung eines palästinensischen Staates, die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt zweier Staaten sowie der Rückzug aller israelischen Siedler und Soldaten aus den besetzen Gebieten sein.

Außenministerin FERRERO-WALDNER stellte zu den Benes-Dekreten fest, Tschechien habe grundsätzlich allgemeine bilaterale Expertengespräche im Rahmen größerer Gespräche akzeptiert. Die von Österreich verfolgte Strategie des Dialogs scheine aufzugehen.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) unterstrich, der kommende EU-Rat in Nizza werde entscheidend für die EU-Institutionenreform sein. Er hält es für notwendig, dass die kleinen Länder dort ihre Interessen sicherstellen. Angesichts der Aussagen von Vertretern großer Staaten ist seiner Ansicht nach "Vorsicht am Platz". Zur EU-Osterweiterung merkte Bösch an, die Regierung erfülle hier das Regierungsübereinkommen. Sie trete unter Bedachtnahme auf österreichische Anliegen und Interessen für den Erweiterungsprozess ein.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) begrüßte es, dass Studierende aus Entwicklungsländern keine Studiengebühren zahlen werden müssen. In Bezug auf die Lage in Südost-Europa zeigte sie sich über die Rückkehr Jugoslawiens in die OSZE und in die UNO erfreut. Damit ist für sie auch die Hoffnung verbunden, dass eine neue friedliche Ära in Südost-Europa anbricht. Als Problem wertete Muttonen, dass der Nationalismus in der Region nach wie vor vorhanden sei und Ressentiments nur schwer abgebaut werden könnten. Sie forderte die Hilfe Europas ein.

Abgeordneter Dr. ZERNATTO (V) führte aus, aus dem Umfang dieses Bereichs im Regierungsprogramm werde deutlich, welche Bedeutung die Bundesregierung der EU-Erweiterung zumesse. Für ihn ist eine solche Erweiterung letztlich Friedenspolitik. Das müsse auch den Bürgern vermittelt werden. Die Aufgabe der Politik sei es nicht, Ängste zu kultivieren und zu schüren, sagte Zernatto, vielmehr gelte es berechtigte Vorbehalte auszuräumen und den Bürgern die Chancen der Erweiterung näher zu bringen. Im Zusammenhang mit den Benes-Dekreten sprach er sich dagegen aus, mit der "Junktimierungskeule" zu drohen.

Abgeordnete BURKET (F) ortet einen Streit zwischen Deutschland und Frankreich um die Vorherrschaft in der EU und meinte, die Eintracht, die es zwischen den beiden Ländern gegeben habe, als es darum gegangen sei, die "mehr  als ungerechtfertigten Sanktionen" gegen Österreich zu verhängen, werde sich nicht mehr so bald finden. Im Zusammenhang mit der geplanten Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen in der EU warnte sie davor, zu viele Rechte abzugeben. Scharfe Kritik übte Burket außerdem an der Leiterin der in Wien angesiedelten EU-Anti-Rassismus-Stelle.

Abgeordneter Dr. BRUCKMANN (V) hielt grundsätzlich fest, Hauptziel der Außenpolitik sei in seinen Augen die Erhaltung und Sicherung von Frieden und Wohlstand in Österreich und in der gesamten internationalen Gemeinschaft. Von diesem Hauptziel ausgehend könne zur EU-Erweiterung nur ein eindeutiges Ja gesagt werden. Die rapid voranschreitende Globalisierung wird nach Ansicht von Bruckmann die vermehrte Einrichtung internationaler Entscheidungsgremien erzwingen. Sich dieser Entwicklung entgegenzustellen, hielte er für töricht.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) wertete es als Aufgabe des diplomatischen Dienstes, Österreich bestmöglich darzustellen, nicht nur um Unternehmer für Investitionen zu gewinnen, sondern auch um den Tourismus zu fördern. Ihr zufolge wird seitens des Außenministeriums bereits an Optimierungen und Synergiemöglichkeiten in diesem Bereich gearbeitet.

Abgeordneter Dr. LEINER (V) sagte, die Konsolidierung des Staatshaushaltes gehöre zu den Hauptaufgaben der Regierung. Dieses Ziel dürfe aber nicht zu einer Benachteiligung der Ärmsten der Armen führen. Aus diesem Grund zeigte sich Leiner darüber erfreut, dass es der Außenministerin gelungen sei, die bilateralen Projekte der Entwicklungszusammenarbeit von Kürzungen zu verschonen. Für ihn ist die Einbeziehung der zivilen Gesellschaft in die Entwicklungshilfe ein enormer Fortschritt.

Die Beratungsgruppe III des Bundesfinanzgesetzes, die das Kapitel Äußeres umfasst, wurde vom Nationalrat mit Mehrheit angenommen. In der Minderheit blieben sowohl der S-G-Entschließungsantrag betreffend Transparenz bei der Schwerpunktsetzung bei der Entwicklungszusammenarbeit als auch der S-Entschließungsantrag betreffend Initiative für eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses im Nahen Osten.

Abschließend stimmten die Abgeordneten über den von der Koalition eingebrachten Fristsetzungsantrag ab. Das Verlangen, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den FP-VP-Antrag 324/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtarbeitschwerarbeitsgesetz und das Urlaubsgesetz geändert werden, eine Frist bis zum 13. Dezember zu setzen, wurde mehrheitlich unterstützt.

Die Budgetberatungen im Nationalrat werden kommenden Dienstag fortgesetzt.

(Schluss)