Parlamentskorrespondenz Nr. 763 vom 15.12.2000

UNO-EINSATZ AUF ZYPERN WIRD 2001 SCHRITTWEISE BEENDET

Kontroversielle Diskussion im Hauptausschuss über Abzug aus Zypern

Wien (PK) - Der Hauptausschuss trat heute unter der Vorsitzführung von Nationalratspräsident Heinz Fischer zu seiner letzten Sitzung vor Weihnachten zusammen. Auf der Tagesordnung stand ein umfangreiches Programm, das neben dem Bericht über Ausfuhrförderungen und dem Verkauf des Flugplatzes Vöslau-Kottingbrunn vor allem die Verlängerung von Entsendungen von Angehörigen des Bundesheeres und Exekutivbeamten in Krisengebiete zum Inhalt hatte.

Der österreichische UNO-Einsatz auf Zypern soll jedoch im Laufe des nächsten Jahres schrittweise beendet werden. Darüber entwickelte sich eine sehr kontroversielle Diskussion unter den Abgeordneten. Die Opposition bedauerte den Rückzug aus diesem langjährigen UN-Engagement und kritisierte, dass dieser vor dem Hintergrund einer Schwerpunktverlagerung vollzogen werde, worüber keine ausreichende außenpolitische Debatte geführt worden sei. Die SPÖ betonte insbesondere, dass es sich dabei nicht um eine Umschichtung der Mittel innerhalb der UN-Einsätze handle, sondern um eine Einsparung bei UN-Missionen zugunsten der Teilnahme an der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, wobei diese selbst nicht grundsätzlich abgelehnt werde. Man habe dieses Thema aber noch nicht ausdiskutiert. Die Regierung - Bundesministerin Gehrer vertrat heute die Außenministerin -  argumentierte, dass der Abzug der österreichischen Truppen die Mission nicht schwäche. Es gebe aber die Notwendigkeit, den Entwicklungen der EU im Sinne des "Helsinki headline-goal" Rechnung zu tragen und am Aufbau einer Bereitschaftstruppe mitzuwirken. Außerdem sei es erforderlich, verstärkt am Balkan tätig zu werden.

Am Beginn der Sitzung urgierte Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) die Verordnung des Innenministers aufgrund des Fremdengesetzes, mit der die Zuwandererquote für das kommende Jahr neu festgelegt wird. Diese müsste bereits vorliegen, um rechtszeitig vom Hauptausschuss in Verhandlung genommen werden und mit 1. Jänner 2001 in Kraft treten zu können. Niederwieser ortete als Grund dafür die Uneinigkeit der Koalition, wodurch ab Jänner die "Zwölftel-Regelung" zum Tragen komme. Präsident Fischer versprach nach einer Diskussion, an der sich auch Präsident Werner Fasslabend (V), Helene Partik-Pable (F) und Hannes Bauer (S) beteiligten, mit dem Innenminister telephonisch abzuklären, wann mit der Weiterleitung der Vorlage an den Hauptausschuss zu rechnen ist. Aufgrund einer weiteren Anmerkung von Niederwieser einigte man sich darauf, den Bericht über die Publizistikförderung 1999 auf die Tagesordnung des nächsten Hauptausschusses zu setzen.

AUSFUHRFÖRDERUNGEN IM DRITTEN QUARTAL

Am Beginn der Tagesordnung stand der Bericht des Finanzministers über die im 3. Quartal 2000 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen, der mit F-V-S-Mehrheit angenommen wurde. Auf die Frage des Abgeordneten Peter Pilz (G) nach Projekten mit dem Iran und dem Irak, antwortete Minister Grasser, dass es im dritten Quartal keinerlei Projekte mit diesen Ländern gegeben habe.

Demnach wurden zwischen dem 1. Juli und 30. September 2000 fünf Garantien übernommen, die im Einzelfall den Betrag von 96,3 Mill. S (7 Mill. €) überstiegen haben. Als Abnehmerländer werden im Bericht angeführt: Belarus (1), Indonesien (1), Italien (1) und Türkei (2). Gegliedert nach Regionen beziffern sich die Haftungsstände über 500 Mill. S (36,4 Mill €) per 30. September 2000 wie folgt (in Mill. S): Afrika - 36.237; Asien – 68.760; Amerika-gesamt: 13.100 und Europa - 127.494, davon ehemaliger Ostblock - 109.752. Der Haftungsrahmen von 481,6 Mrd. S wurde zum Quartalsultimo mit 391,3 Mrd. S ausgenützt, davon entfielen 107,9 Mrd. S auf Umschuldungskredite. Neuzusagen gab es in der Höhe von 19,9 Mrd. S. Die Entgelte, inklusive Zinsen und Kosten beliefen sich auf 784 Mill. S, Dotationen zu Zinssatzreduktionen auf 193 Mill.S. Die Schadenszahlungen betrugen 578 Mill.S. Durch Einbeziehung von Umschuldungskreditverträgen wurden 14 Mill. S umgebucht, die Rückflüsse zu Schadenszahlungen machten 303 Mill. S aus. Die Zinssatzreduktionen für Polen lagen bei 495 Mill. S, für Toronto, Trinidad, Naples, Ägypten und Lyon bei 193 Mill. S. 

FLUGPLATZ VÖSLAU-KOTTINGBRUNN WIRD AN DIE FLUGHAFEN WIEN AG VERKAUFT

Im Anschluss daran stimmten alle Mitglieder des Hauptausschusses dem Verkauf des Flugplatzes Vöslau-Kottingbrunn zu. Der Flugplatz, der aufgrund des Staatsvertrages 1955 in das Eigentum der Republik Österreich übergegangen war, wurde im Jahr 1971 vertraglich der Flughafen Wien AG zu einem Anerkennungszins verpachtet. Nun wird die Liegenschaft von der genannten Firma zu einem Barkaufpreis von rund 50 Mill. S gekauft, wobei es eine Zusicherung gibt, die ermäßigten Landegebühren und die Nutzungsrechte im bisherigen Umfang zu Gunsten der Republik Österreich bis zum Ende des Bestandsvertrages (31.3.2070) beizubehalten.

Bundesminister Grasser informierte die Abgeordneten, dass man die Sportfliegerei auf diesen Flugplatz hinverlegen werde. Angesprochen von Abgeordnetem Peter Pilz (G), meinte er, dass es aus jetziger Sicht in Vöslau-Kottingbrunn keine Frachtflüge geben werde, eine Garantie dafür könne er aber nicht geben, da dies nicht in seiner Entscheidungskompetenz liege.

Der Hauptausschuss befasste sich in weiterer Folge mit Entsendungen von Angehörigen des Bundesheeres und Exekutivbeamten zu Friedenseinsätzen in Krisengebiete.

VERLÄNGERUNG DER POLIZEIMISSION IN ALBANIEN

Um den Aufbau einer effektiven und nach den Gesetzen der Rechtsstaatlichkeit organisierten albanischen Polizei zu unterstützen, hat der WEU-Rat bereits im Mai 1997 beschlossen, das „Multinational Advisory Police Element/ MAPE“ nach Albanien zu entsenden. Die EU einigte sich im März 1999 auf eine gemeinsame Aktion zum Wiederaufbau funktionierender Polizeikräfte in Albanien unter dem Namen "extended MAPE" (MAPEXT), die ebenfalls von der WEU durchgeführt wird. Diese beendet die Mission mit 31. Mai 2001, ab diesem Zeitpunkt ist mit einer Übernahme der Operation durch die EU zu rechnen.

Österreich beteiligt sich an MAPEXT mit zwei Exekutivbeamten. Die Mitglieder von MAPEXT sind nicht mit Exekutivaufgaben beauftragt, sondern zeichnen für die Ausbildung der albanischen Polizei verantwortlich. Der Hauptausschuss genehmigte die Verlängerung der Entsendung zweier Exekutivbeamter bis Ende Mai 2001 einstimmig.

SFOR-EINSATZ IN BOSNIEN UND HERZEGOWINA WIRD NICHT GÄNZLICH BEENDET 

Die österreichische Beteiligung am SFOR-Einsatz in Bosnien und Herzegowina mit einem Transportkontingent soll mit 30. April 2001 beendet werden. Seitens der SFOR wurde Österreich jedoch angeboten, dennoch bis zu vier österreichische Angehörige des Bundesheeres in den Stab der SFOR zu entsenden. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, heimischen Offizieren eine in Österreich nicht gleichermaßen durchführbare praktische Stabsausbildung in multinationalem Rahmen anzubieten und darüber hinaus weiterhin Zugang zu Informationen über den Einsatz in Bosnien und Herzegowina, was vor allem auch für den KFOR-Einsatz im Kosovo von Bedeutung ist, zu haben.

Der Hauptausschuss beschloss einstimmig, bis zu vier Angehörige des Bundesheeres als Stabsangehörige ab dem Zeitpunkt des Abzuges des österreichischen Transportkontingents vorerst bis längsten 31. Dezember 2001 zu entsenden.

TEILNAHME AN BEOBACHTUNGSMISSION AM BALKAN WIRD FORTGESETZT

Die "European Community Monitor Mission" (ECMM) auf dem Gebiet des früheren Jugoslawien hat die Aufgabe, an die EU-Mitgliedstaaten über die politischen und sonstigen Entwicklungen im West-Balkan-Raum (Kroatien, Bosnien und Herzegowina, BR Jugoslawien, Mazedonien und Albanien) zu berichten. Österreich nimmt daran seit März 1995 teil. Die Entsendung von bis zu sieben Angehörigen des Bundesheeres soll nun bis 31. Juli 2001 verlängert werden. Die Mitglieder des Hauptausschusses stimmten dem einhellig zu.

WEITERES ENGAGEMENT IN GEORGIEN

Nach Georgien wird die Entsendung von bis zu drei Militärbeobachtern bis 31. Dezember 2001 fortgesetzt. Darauf einigten sich die Mitglieder des Hauptausschusses einstimmig. Aufgabe der UNOMIG-Mission ist es unter anderem, das Waffenstillstands- und Truppentrennungsabkommen sowie die Lagerstätten für das schwere Kriegsgerät zu überwachen, die regelmäßige Berichterstattung an den UN-Generalsekretär, die Kontaktpflege zu den Konfliktparteien sowie die Kooperation mit den in der Region stationierten Truppen der GUS. Im Antrag der Außenministerin wird in diesem Zusammenhang bedauernd festgestellt, dass trotz fortgesetzter Bemühungen in den wichtigsten Fragen zwischen den Konfliktparteien keine wesentlichen Ergebnisse erzielt werden konnten.

20 EXEKUTIVBEAMTE FÜR UNMIK IM KOSOVO

Der Hauptausschuss beschloss auch einstimmig die Verlängerung der Präsenz von zusätzlich bis zu 20 Exekutivbeamten im Rahmen von UNMIK bis zum 10. Juli 2001. Die internationale zivile Präsenz im Kosovo beruht auf vier Säulen: Der Übergangsverwaltung im engeren Sinn, geführt von der UNO, einer humanitären Komponente, dem Aufbau von Institutionen und dem Wiederaufbau. Dabei kommt dem zivilen Polizeielement in der Übergangsverwaltung eine zentrale Rolle zu, wobei sich die österreichischen Kräfte besonders bewährt haben.

ÖSTERREICHISCHER EINSATZ IN ZYPERN AB MÄRZ 2001 SCHRITTWEISE BEENDET

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde festgelegt, die Entsendung eines Kontingents von bis zu 240 Personen, das kurzfristig um fünf Personen überschritten werden darf, im Rahmen von UNFICYP bis zum 30. September 2001 fortzusetzen. Österreich nimmt seit 1964 an der UN-Mission in Zypern teil, beabsichtigt aber, die Entsendung im Laufe des Jahres 2001 zu beenden. Mit Rücksichtnahme auf die Termine der Personalrotationen ist eine unveränderte Präsenz bis März 2001 und dann die schrittweise Übergabe der Aufgaben des österreichischen Kontingents bis Ende September 2001 in Aussicht genommen. Aufgrund eines Ersuchens der UNO ist aber geplant, einzelne Stabsangehörige im Stab von UNFICYP und im Stab der bisher vom österreichischen Kontingent betreuten Sektors zu belassen.

Da sowohl SPÖ als auch Grüne die Beendigung dieses UN-Engagements ablehnten, entwickelte sich darüber eine sehr kontroversielle Diskussion.

Abgeordneter Niederwieser (S) leitete die Diskussion ein, indem er sich bezüglich des Umstandes irritiert zeigte, dass Österreich seine seit 1964 bewährte Arbeit auf Zypern beenden wolle. Präsident Fischer betonte ausdrücklich, dass er den Rückzug aus Zypern bedauere und Österreich damit nicht mehr zu den Top-Ten der Truppensteller gehöre. Ebenso wie Niederwieser vermuteten die Abgeordneten Bauer (S) und Pilz (G) eine Schwerpunktverlagerung in Richtung europäischer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, worüber, wie Abgeordneter Cap (S) bemerkte, noch zu wenig diskutiert worden sei und es daher noch keinen Konsens gebe.

Die Vertreter der Koalitionsparteien, Präsident Fasslabend (V) und Abgeordneter Jung (F) argumentierten, dass die Verhältnisse und die Lage auf Zypern zunehmend ruhiger geworden seien und man daher Prioritäten setzen müsste. Die Kräfte müssten dort eingesetzt werden, wo sie für das eigene Land und die politische Entwicklung allgemein sinnvoll seien und Österreich verfüge nur über eine beschränkte Anzahl an Truppen. Fasslabend führte weiter aus, dass eine baldige Konfliktlösung trotz ernsthafter Anstrengungen seitens der Türkei und Griechenlands und ein baldiger Abzug der UN-Truppen nicht zu erwarten sei. Österreich sei mit Abstand am längsten in Zypern stationiert gewesen und es sei auch nicht auszuschließen, dass man nach einigen Jahren wieder zurückkehre. Die UN-Mission werde nicht geschwächt, weil wahrscheinlich Rumänien die Lücke ausfüllen werde. Fasslabend erläuterte auch, dass die Refundierung der UNO-Truppen am Golan deutlich günstiger sei. Außerdem bestehe die Notwendigkeit, das Engagement am Balkan zu verstärken. Österreich müsse auch im Rahmen des Aufbaus einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Umstrukturierungen vornehmen, um eine Bereitschaftstruppe aufstellen zu können, die innerhalb von 30 Tagen einsatzbereit sei.

Bundesministerin Gehrer unterstrich diese Aussagen und ergänzte, dass durch die Einsparungen in der Höhe von 240 Mill. S innerhalb der nächsten zwei Jahre keine neuen Investitionen in Krisengebieten getätigt werden müssten und man mit den vorhandenen Mitteln das Auslangen zu finden habe. 

ÖSTERREICHER WEITER AUF DEM GOLAN

Auch die Entsendung eines Kontingents von bis zu 371 Personen im Rahmen von UNDOF, dessen maximale Stärke kurzfristig um nicht mehr als fünf Personen überschritten werden darf, soll nach einhelliger Zustimmung des Hauptausschusses bis zum 31. Mai 2001 fortgesetzt werden. Am Golan verrichten Österreicher seit 1974 ihren Dienst. Wie in der Antragsbegründung ausgeführt, hat die Funktion von UNDOF gerade in der jetzigen besonders gespannten Sicherheitssituation in dieser Region in den internationalen Bemühungen um eine Stabilisierung der Lage im Nahen Osten große Bedeutung.

Auf die Frage des Abgeordneten Niederwieser nach den unterschiedlichen Kosten pro Person auf dem Golan in der Höhe von 900.000 S und auf Zypern in der Höhe von 1,2 Mill. S wurde seitens des Verteidigungsressorts mitgeteilt, dass dies an den unterschiedlichen Refundierungsmodalitäten und an der Unterbringung liege. Durchschnittlich aber koste ein Soldat im Auslandseinsatz pro Jahr eine Million S. 

Am Ende der umfangreichen Tagesordnung fanden zwei Wahlen statt.

HARALD OFNER NEUES MITGLIED IM KURATORIUM DES NATIONALFONDS

Angeordneter Dr. Harald Ofner (F) wurde als neues Mitglied in das Kuratorium des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus einstimmig gewählt. Er ersetzt in dieser Funktion Bundesminister Mag. Herbert Haupt.

ABG. HETZL NEU IM STÄNDIGEN UNTERAUSSCHUSS DES HAUPTAUSSCHUSSES

Anstelle des Abgeordneten Harald Fischl wurde Abgeordneter Gerhard Hetzl (F) einstimmig als Mitglied des ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses gewählt. (Schluss)