Parlamentskorrespondenz Nr. 700 vom 23.10.2001

EIN HAUCH VON HERZMANOVSKY-ORLANDO

Nationalrat beschließt Bundes-Ehrenzeichengesetz

Wien (PK) - Ein Hauch von Herzmanovsky-Orlando wehte in den Abendstunden durch das Hohe Haus: Auf der Tagesordnung standen ein Antrag der Koalitionsfraktionen betreffend ein Bundesgesetz über die Verleihung von Bundesehrenzeichen  und eine im Zusammenhang damit stehende Novelle des Bundesgesetzes über die Schaffung eines Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und eines Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) erinnerte daran, dass es in Österreich 341 verschiedene Orden gibt und sah deshalb keinen Grund für das neue Bundesehrenzeichen, das er als "Khol-Westenthaler-Ehrenzeichen" bezeichnete. Sämtliche großen Leistungen seien bereits durch bestehende Auszeichnungen abgedeckt, das Bundesehrenzeichen verfolge mit seinem Hinweis auf die Bürgergesellschaft bloß ideologische Gründe und werde darüber hinaus auch hohe Kosten verursachen, bemerkte Posch.  

Staatssekretär Franz MORAK berichtete, er überreiche gerne Ehrenzeichen an Künstler und Wissenschaftler, weil er als Staatssekretär erstens die Erfahrung gemacht habe, dass in diesem Land viele verdienstvolle Menschen leben, die ihre Leistungen oft unter den Scheffel stellen und weil er zweitens erlebt habe, dass Menschen vor Rührung weinen, weil man darauf aufmerksam macht, was sie für dieses Land geleistet haben.

Abgeordneter Dr. Michael KRÜGER (F) sprach von einen peinlichen Schauspiel des Abgeordneten Posch, der mit seinen Ausführungen seine persönliche Inkompetenz unter Beweis gestellt habe. Ihm sei kein Abgeordneter bekannt, der einen Orden ausgeschlagen habe. Es sei - noch dazu im UNO-Jahr der freiwilligen Arbeit - völlig unverständlich, wenn Menschen verächtlich gemacht werden, denen für Leistungen im Rahmen freiwilliger Organisationen ein Ehrenzeichen verliehen werden soll.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) wies auf das Problem hin, dass in Österreich bereits über 300 Orden und eine Reihe zusätzlicher Preise verliehen werden und stellte daher die Frage: "Warum brauchen wir ein neues Bundesehrenzeichen?" - Öllinger vermutete die Gründe in der Rivalität zwischen Bundeskanzler und Bundespräsident. Öllinger unterstrich die Bedeutung der Frauen und ihrer Leistungen für die Zivilgesellschaft und klagte darüber, dass diese Leistungen mit keinem Orden und keinem Ehrenzeichen gewürdigt werden. Genugtuung äußerte der Abgeordneter hingegen über die neue Möglichkeit, Ehrenzeichen zurückzunehmen, wenn die Vorrausetzungen nicht mehr zutreffen und erwähnte dabei den Fall Gross.

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) sprach von einer Verhöhnung verdienstvoller Menschen durch den Abgeordneten Posch und hielt gegenüber dem Abgeordneten Öllinger fest, dass es für die Volkspartei darum gehe, die Leistungen von Menschen ohne Ansehen des Geschlechts zu würdigen. Donabauer forderte Posch und Öllinger auf, den Menschen, die sich in freiwilligen Organisationen für ihre Mitmenschen einsetzen, die Hand zu reichen, statt sie zu verhöhnen. Er, Donabauer, bekenne sich dazu, Menschen in geeigneter Form für ihre Leistungen auszuzeichnen. "Nichts würde auf dieser Welt gelingen, gäbe es nicht Menschen, die mehr tun als sie müssten." Mit diesen Worten Hermann Gmeiners schloss Abgeordneter Donabauer.

Auch Abgeordnete Dr. Sylvia PAPHAZY (F) hielt es für angebracht, Menschen für ihre freiwilligen Leistungen um das Gemeinwohl danke zu sagen. Aufgrund des neuen Bundesehrenzeichengesetzes können hervorragende Leistungen auf vielen Gebieten der Gesellschaft gewürdigt werden. Dabei denke der Staat keineswegs daran, seine Leistungen zu Lasten freiwilliger Dienste zu reduzieren. Er muss aber den Sozialstaat so strukturieren, dass er für die Zukunft erhalten werden könne. Das neue Ehrenzeichen werde dazu dienen, Menschen vor den Vorhang zu bitten, die für die Gesellschaft freiwillig und unentgeltlich hervorragende Leistungen erbringen.

Abgeordneter Dr. Martin GRAF (F) warf Abgeordnetem Posch mangelnden Respekt vor der Republik und den Menschen dieses Landes vor. Und Abgeordneter Öllinger sollte sich in seiner Freude über die neue Möglichkeit, Ehrenzeichen abzunehmen, daran erinnern, dass es sozialistische Minister waren, die dem Herrn Gross Ehrenzeichen verliehen haben und dabei ganz genau gewusst haben, wer er war. Gross wurde von den Sozialisten in einer Zeit reingewaschen, als Abgeordneter Öllinger selbst der SPÖ angehörte.

Abgeordneter Mag. Werner KOGLER sprach von einem eigenartigen Verlauf der Debatte und hielt die Reaktionen der Regierungsparteien auf die Ausführungen des Abgeordneten Posch nicht für gerechtfertigt. Den Vorwurf der "Mittäterschaft" in der Causa Gross gegenüber Öllinger wies Kogler scharf zurück. Niemand wolle Leistungen von Mitmenschen heruntermachen. Dass die jahrzehntelange Ordensverleihungspraxis durch den Bundespräsidenten aber plötzlich nicht mehr gut genug sein soll, sondern auch Bundeskanzler und Minister Orden verleihen können sollen, konnte Abgeordneter Kogler nicht nachvollziehen. Neu regieren bedeute offenbar: Der Bundespräsident verleiht seine Orden und die Regierung die ihren.

Bei der Abstimmung wurde das Bundes-Ehrenzeichengesetz mit Mehrheit, die Änderung des Bundesgesetzes über die Schaffung eines Österreichischen Ehrenzeichens und eines Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst einstimmig angenommen.

(Schluss Ehrenzeichen/Forts. NR)