Parlamentskorrespondenz Nr. 54 vom 31.01.2002

REGIERUNG: KEIN BEWEIS FÜR BIOLOGISCHE SCHÄDEN DURCH MOBILTELEFONIE

FPÖ und ÖVP warnen Opposition vor Strahlenhysterie

Wien (PK) - Die Petition betreffend Mobilfunk und zwei G-Anträge zum Telekommunikationsgesetz bzw. betreffend ein Forschungsprogramm über Auswirkungen von GSM-Emissionen boten den Mandataren Gelegenheit, sich mit etwaigen Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Mobiltelefonie und mit dem Wildwuchs von Mobilmasten auseinanderzusetzen.

Für Abgeordneten EDER (S) war die Behandlung der gegenständlichen Petition im Verkehrsausschuss ein "Skandal". Die SPÖ lehne die unbefriedigende Entschließung ab, weil sie sich gegen die Industrie und gegen die Bürger gleichermaßen richte. Dagegen trete die SPÖ für den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt ein, für eine Beteiligung der Bürger sowie für ein funktionierendes UMTS-Netz. Die Regierung habe es verabsäumt, kritisierte der Redner, eine Grenzwerteverordnung zu erlassen, was einen Wildwuchs von Regelungen in den Ländern, einen Wildwuchs bei den Handymasten und die Verunsicherung der Industrie zur Folge habe. Derzeit würden mehr als 600 Bürgerinitiativen den Ausbau des UMTS-Netzes blockieren, sodass Investitionen von 50 Mrd. S in der Luft hingen und manche Firmen berlegten, vom Staat Geld zurückzufordern. Eder kritisierte die Arbeit der Ministerin auch in anderen Fragen und stellte aus seiner Sicht fest, dass die Bundesregierung den Wirtschaftsstandort Österreich gefährde.

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) bekräftigte dagegen, dass man das Thema nicht leichtfertig abgehandelt habe, weil der FPÖ die Sorgen der Bevölkerung am Herzen lägen. Die Materie hätte eben zwei Facetten, die Angst vor Gesundheitsgefährdung einerseits und den unappetitlichen Wildwuchs von Sendemasten andererseits. Bei Zweiterem sei es unseriös, Bundesministerin Forstinger dafür verantwortlich zu machen, da man in der Vergangenheit sehr salopp damit umgegangen sei. Firlinger machte jedoch deutlich, dass die Forderung nach Einführung des Salzburger Vorsorgewertes nicht umgesetzt werden könne, da dann der Mobilfunkbetrieb in Stadt und Land zum Stehen kommen würde. Er versicherte aber, die Anrainerrechte gegen Wildwuchs in Zukunft besser zu schützen, und schlug vor, die Bürgermeister mehr als bisher zu verpflichten, Vorort einen Interessensausgleich herbei zu führen. Die Debatte müsse mit Augenmaß geführt werden, so Firlinger, um nicht Verunsicherungspolitik zu betreiben. Abschließend sprach er sich für ein einheitliches Bundesemissionsgesetz aus, das alle möglichen Arten von Emissionsquellen erfasst und wobei das Umweltministerium federführend agieren solle.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) sprach von einem politischen Schauspiel bei den F, welche die gegenständliche Petition zuvor unterschrieben hätten, um nun im Plenum dagegenzustimmen. Dies zeige, dass die Anliegen von Menschen nicht ernstgenommen würden. Man habe es hier mit einer Technologie zu tun, wo noch lange nicht geklärt sei, ob diese gesundheitsgefährdend sei, weshalb sie auch weiterhin dieses Anliegen der BürgerInnen vertrete.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) verwies auf den bisherigen Verlauf dieses Diskurses, der nun schon zwei Jahre lang geführt werde, und stellte fest, dass die Sozialdemokraten vor zwei Jahren noch eine grundlegend andere Auffassung vertreten hätten, als dies heute der Fall sei. Die Forderungen der Grünen würden zum völligen Zusammenbruch der Mobilfunkkommunikation führen, und umso bedauerlicher sei der diesbezügliche Gesinnungswandel der SPÖ. Die Grünen schürten hier Ängste, und das sei der Sache nicht dienlich. Die Ängste der Bürger seien ernstzunehmen, man dürfe damit aber nicht Politik machen. Bis dato gebe es keine Untersuchung, die Gesundheitsprobleme durch Handytelefonate belege, und genau das müsse man der Bevölkerung auch sagen.

Abgeordnete Mag. WURM (S) erinnerte daran, dass mehrere Landtage einstimmige Beschlüsse zu dieser Frage gefasst hätten. Quer durch die Parteien seien sich Politiker der Problematik dieses Themas bewusst. Dennoch sei in den letzten zwei Jahren de facto nichts von dem umgesetzt worden, was man in den Diskussionen auch im Petitionsausschuss erarbeitet habe. Das Ministerium sei in dieser Frage säumig, so Wurm, die eine Langzeittechnologieforschung in diesem Bereich einmahnte.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) meinte, die seinerzeitige parlamentarische Enquete habe die wesentlichen Aspekte dieser Thematik dargelegt, doch sei man zu keinen eindeutigen Ergebnissen gelangt, da selbst die Experten zu vollkommen unterschiedlichen Resultaten gelangt seien. An dieser Sachlage habe sich seitdem nichts geändert. Der vorliegende Antrag stelle nun einen brauchbaren Kompromiss dar, der auch auf die Diskussionen bei und seit der Enquete eingehe.

Bundesministerin Dr. FORSTINGER nannte die flächendeckende Versorgung mit Infrastruktur bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Sicherheit der Bürger die wichtigste Aufgabe der Politik ihres Hauses, die man auch konsequent umsetze. Es gebe keinen wissenschaftlichen Hinweis auf biologische Schäden durch die Mobiltelephonie, weshalb es nicht angezeigt sei, vorschnell zu agieren. Man werde aber die Thematik auch weiterhin kontinuierlich untersuchen, entsprechende Berichte publizieren und diesbezüglich auf sachlicher Ebene einen Dialog führen. Die nun vorgeschlagenen Maßnahmen seien ein Schritt in die richtige Richtung, die man seitens ihres Hauses weiterverfolgen werde.

Abgeordneter PARNIGONI (S) wies ebenfalls auf den Gesinnungswandel bei der FPÖ hin und kritisierte, dass die zuständige Ministerin dieses Thema an das Umweltressort delegiert habe. Er selbst stehe zu seinen vor zwei Jahren getätigten Aussagen und sehe keinen Widerspruch zur heutigen Position seiner Partei. Der SPÖ seien Schutz und Mitbestimmung der Bürger ein Anliegen, und von dieser Erkenntnis lasse man sich auch leiten.

Abgeordnete Mag. MIKL-LEITNER (V) warf der Opposition vor, hier Ängste zu schüren. Sie appellierte an SPÖ und Grüne, mit dem Thema sorgsamer umzugehen. Man habe es mit einem sensiblen Bereich zu tun, in dem Sachlichkeit unumgänglich erforderlich sei. Weiters dürfe man nicht vergessen, dass hier seitens der bis zum Jahr 2000 zuständigen SP-Minister viel an Regelungsbedarf "verschlafen" wurde. Die nunmehrige Regierung hingegen setze Schritte in die richtige Richtung.

Abgeordneter EDER (S) verwahrte sich gegen den Vorwurf, er habe hier populistisch agiert, und verwies darauf, dass seine Vorrednerin in Niederösterreich ganz anders gesprochen habe als nun hier im Plenum.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) meinte, das allgemeine Wissen über Strahlen sei sehr gering, weshalb derartige Themata sehr leicht zum Spielball von Emotionen würden. In ihrem Fall aber sei es ihr Job, darüber Bescheid zu wissen, und sie sei gegen jede Form von Strahlenhysterie. Die beste Vorbeugung dagegen sei Wissen, wie man sich vor gefährlichen Strahlen schütze. Man müsse aber differenzieren, und es sei nicht bekannt, ob nichtionisierende Strahlung gesundheitsgefährende Effekte verursache. Daher rate sie zu Vorsicht und Wissenschaft, nicht aber zu Hysterie. Und genau von dieser Haltung lasse sich auch die Politik der Koalition leiten.

Abgeordneter KURZBAUER (V) sprach sich für entsprechende Information der betroffenen Bevölkerung aus, wie dies auch im Verkehrsausschuss angeregt worden sei. Die Notwendigkeit solcher Information illustrierte der Redner mit einem konkreten Beispiel aus seiner eigenen Gemeinde.

Abgeordneter Ing. WEINMEIER (F) nannte die Mobilfunkpetition wichtig und richtig, um das Anliegen der Bürger zu transportieren. Er stehe daher zu seiner Unterschrift, weil dieses Thema zu Zeiten großer Veränderungen auf diesem Gebiet entsprechend behandelt wurde und wird, wie die heutige Vorlage belege.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) unterstrich nochmals die Ansicht, aus den unzähligen Untersuchungen zum Thema nichtionisierende Strahlen sei nirgendwo eine Gesundheitsgefährdung ableitbar. Die von den Regierungsparteien eingeschlagene Richtung sei daher richtig. Weiters begrüßte Hakl den nun vorgelegten Generalverkehrsplan.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) unterstrich die Verantwortung der Abgeordneten, für klare Richtlinien zu sorgen. Dies gelte auch für den Mobilfunk, da niemand an Streit auf diesem Gebiet interessiert sei. Mit der vorliegenden Entschließung gebe man den Menschen Recht und ermögliche in all jenen Punkten, die noch nicht der Weisheit letzten Schluss darstellen, den sachlichen Dialog zwischen Abgeordneten und Experten aus den Ressorts fortzusetzen. Die Opposition sollte dieser Entschließung zustimmen.

Abgeordnete GATTERER (V) erinnerte daran, dass die Volkspartei die Abhaltung einer Enquete zur Frage "Gesundheitsgefährdung durch Mobiltelefone" selbstverständlich unterstützt habe - der letzte Beweis für eine solche Gefahr konnte aber trotz vieler Studien nicht erbracht werden. Gatterer wies auf die Bedeutung des Handys für den ländlichen Raum hin und machte auf den hohe Durchdringungsgrad Österreichs mit Handys aufmerksam. Wichtig sei die Kennzeichnung der Geräte und die Beachtung der Tatsache, dass das die Bestrahlung durch das Handy selbst deutlich stärker sei als durch die Sendeanlagen.

Bei der Abstimmung wurde die Ausschussentschließung mit der Mehrheit der Regierungsparteien zur Kenntnis genommen.

Sodann gelangte die Petition betreffend "Dringend dafür zu sorgen, dass schnellstmöglich die Lärmplage für die Anrainer der Inntalautobahn in zwei Erler Ortsteilen durch die Errichtung einer Lärmschutzwand gemildert wird".

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) erinnerte an die langjährigen Debatten, die notwendig waren, um für die Bewohner der Tiroler Gemeinde Erl eine Lärmschutzwand mit dem relativ bescheidenen Investitionsaufwand von 1,6 Mill. € zu erreichen. Ursache der Probleme war, dass es sich um ein Bauwerk handle, das auf deutschem Boden zum Schutz österreichischer Anrainer mit österreichischen Budgetmitteln errichtet wird. Andererseits zeige der heutige einstimmige Beschluss, was eine Petition bewirken könne, und dass es gerechtfertigt sei, Petitionen im Parlament sehr ernst zu nehmen.

Generell auf die Verkehrsprobleme im Inntal eingehend, unterstrich der Tiroler Abgeordnete die Notwendigkeit, die Bestimmungen des Transitvertrages zu erhalten und das Road-Pricing als die wichtigste Maßnahme gegen den Schwerverkehr so rasch wie möglich einzuführen.

Abgeordnete HALLER (F) erinnerte daran, dass die freiheitliche Partei schon in ihrer Oppositionszeit für den Schutz der Erler Bevölkerung vor Lärmbeeinträchtigung gekämpft habe, und zeigte Genugtuung darüber, dass dieses Anliegen nun einstimmig erledigt werden kann. Ihr Dank galt allen Abgeordneten des Hauses, der Bundesministerin Forstinger, den beteiligten österreichischen und deutschen Beamten und den Vertretern der ASFINAG. Besonders erfreulich sei, dass die Lärmschutzwand nicht nur 2,5 m hoch sein werde, sondern 3,5 m, um wirklich allen Bewohnern von Erl die Nachtruhe zu sichern.

Abgeordneter SCHWEISGUT (V) wertete die Umsetzung dieser Petition als Beweis für den gemeinsamen Willen der Tiroler und der Bayern sowie aller Fraktionen des Hauses, Europa zu leben. Schweisguts Dank galt den Erler Bürgern und den Regierungsparteien, von denen die Hauptinitiative für diese wichtige Lärmschutzwand ausgegangen sei.

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) wies den aus ihrer Sicht kontraproduktiven Versuch ihres Vorredners zurück, auch aus einem einstimmigen Beschluss des Nationalrates noch parteipolitisches Kleingeld zu schlagen. Aufgrund der Erfahrung, dass Lärmschutzwände oft nicht ausreichen, um die Bevölkerung wirksam vor Lärm zu schützen, verlangte die Rednerin, weiterhin auf Geschwindigkeitsbeschränkungen für den Schwerverkehr zu achten und der Wirtschaft entgegenzutreten, wenn sie verlange, solche Beschränkungen zurückzunehmen.

Der Bericht des Verkehrsausschusses wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Der nächste Punkt der Tagesordnung betraf das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kroatien andererseits.

Abgeordnete JÄGER (S) gab ihrer Freude über den Abschluss von Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen der EU mit Kroatien und Mazedonien Ausdruck und dankte Nationalratspräsident Heinz Fischer für dessen Vorschlag, das Übereinkommen mit Kroatien einem beschleunigten Verfahren zu unterziehen. Dieses Übereinkommen sei für die österreichische Wirtschaft wichtig, sagte Jäger und wies auf die große Rolle Österreichs als Investor in Kroatien hin. Sie hob weiters die Bedeutung des wirtschaftlichen Wohlstands für eine friedliche Entwicklung auf dem Balkan hervor und unterstrich die positive Entwicklung der politischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Auch Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) begrüßte die Beschleunigung der Ratifikation des Assoziierungsabkommens mit Kroatien und betonte, wie wichtig es sei, Kroatien durch einen Stufenplan in Richtung auf eine Freihandelszone mit der EU an Europa heranzuführen. Kroatien stehe damit auf der Schiene Richtung Europa und Österreich sei das erste EU-Land, das das Übereinkommen ratifiziert und damit die traditionell guten Beziehungen mit Kroatien weiter festige.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) richtete ihre in kroatischer Sprache formulierten Grußworte nicht nur an die Abgeordneten, sondern auch an den auf der Galerie anwesenden Botschafter Kroatiens. Auch sie zeigte sich erfreut darüber, dass Österreich das erste EU-Land sei, dass dieses Übereinkommen mit Kroatien ratifiziere, und erinnerte an die tiefen historischen Verbindungen der beiden Länder sowie daran, dass viele Kroaten während der letzten Jahrzehnte in Österreich eine neue Heimat gefunden haben und ein wichtiger Teil der österreichischen Gesellschaft geworden seien. Stoisits wies auf die dynamische wirtschaftliche und politische Entwicklung Kroatiens hin und berichtete, dass das kroatische Parlament sich kürzlich dafür ausgesprochen habe, binnen Jahresfrist einen Antrag auf Vollmitgliedschaft bei der EU zu stellen.

Abgeordneter JUNG (F) schloss sich den Ausführungen seiner Vorredner weitgehend an und machte auf den Unterschied aufmerksam, der hinsichtlich der Vergangenheitsbewältigung zwischen Kroatien und Tschechien bestehe: Kroatien habe bereits zu einem frühen Zeitpunkt nach seiner staatlichen Unabhängigkeit klar zum Ausdruck gebracht, dass die Avnoj-Bestimmungen in Kroatien keine Gültigkeit haben.

Bundesministerin Dr. FERRERO-WALDNER freute sich über die Übereinstimmung der vier Parlamentsparteien in einer wichtigen außenpolitischen Frage und untermauerte die große Bedeutung der österreichisch-kroatischen Beziehungen mit der außerordentlich lebhaften Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen, vor allem im beiderseitigen Handel, im Tourismus und in der Investitionstätigkeit. Sehr intensiv gestalten sich auch die kulturellen und die politischen Beziehungen. Die Außenministerin dankte den Abgeordneten für die Unterstützung bei der beschleunigten Ratifikation dieses EU-Abkommens mit Kroatien.

Die Zustimmung des Hohen Hauses zur Ratifikation des Abkommens erfolgte einstimmig. (Fortsetzung)