Parlamentskorrespondenz Nr. 195 vom 20.03.2002

LICHT UND SCHATTEN DER AKTUELLEN KONJUNKTURLAGE

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Wien (PK) - Mehr als 30 Redner hatten sich auf die Rednerliste zu den beiden ersten Punkten der Tagesordnung setzen lassen, als der Nationalrat mit einer Debatte zur Konjunktursituation begann. Unter einem wurden das Konjunkturbelebungsgesetz und die Änderung des Fremdengesetzes sowie des Bundesfinanzgesetzes verhandelt.

Noch vor Eintritt in die Debatte kündigte Präsident Dr. FISCHER für 15 Uhr die Behandlung einer Dringlichen Anfrage der Grünen an den Bundeskanzler betreffend Abfangjäger an. Im Anschluss daran wird sich das Plenum auf Verlangen der SPÖ mit einer Anfragebeantwortung der Infrastrukturministerin betreffend betriebs- und volkswirtschaftliche Bewertung der Maßnahmen bei der Post befassen.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) machte als erster Redner der Konjunkturdebatte die Politik der Bundesregierung für die seiner Meinung nach schlechten Wirtschaftsdaten und die niedrige Reallohnentwicklung verantwortlich und warf der Koalition vor, nichts gegen den Konjunktureinbruch unternommen zu haben. Er forderte die rasche Durchführung von Infrastrukturvorhaben, eine Steuerreform zur Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen sowie die Einführung eines Investitionsfreibetrages. Außerdem sollte durch Umschulungen auf den Strukturwandel reagiert werden. Die Regierung aber kürze die Mittel des AMS, kritisierte Gusenbauer. Es gehe auch nicht an, Österreicher nicht auszubilden und dafür billige Saisoniers ins Land zu holen.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) erwiderte auf Gusenbauer, Österreich liege bei den Wachstumsprognosen deutlich besser als die USA, Japan oder Deutschland und habe darüber hinaus die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der EU. Wichtig sei es nun, den Aufschwung zu unterstützen und bei den Schwächen des bisherigen Systems anzusetzen, ohne in die Politik des Schuldenmachens der SPÖ zu verfallen. Mitterlehner begrüßte in diesem Sinn den Forschungsfreibetrag, die Forschungsprämie und den Bildungsfreibetrag und meinte, die SPÖ würde sämtliche Maßnahmen immer nur an den Kosten, nicht aber an ihren Auswirkungen und ihrer Nachhaltigkeit messen.

Abgeordneter KOGLER (G) unterstützte die Passagen des Gesetzes betreffend Forschung und Bildung, bemängelte aber, das ganze Paket komme zu spät und sei unzureichend. Mit scharfen Worten übte Kogler Kritik am geplanten Abfangjägerkauf und meinte, die dafür vorgesehenen Mittel seien ein Vielfaches dessen, was zur Konjunkturbelebung ausgegeben werde, das Vorhaben stehe zudem im krassen Widerspruch zur Ankündigung, keine neuen Schulden mehr einzugehen.

Abgeordneter BÖHACKER (F) bezichtigte die Opposition der Panikmache und bemerkte, die Rezepte der SPÖ würden bloß darin bestehen, Budgetmilliarden in die Nachfrage zu pumpen und Schulden zu machen. Auch wollten die Sozialdemokraten, wie der Redner vermutete, österreichische Arbeitnehmer durch billige Arbeitskräfte aus dem Ausland ersetzen. Die Regierung biete mit diesem Paket, aber auch mit dem Kindergeld und der geplanten Abfertigung neue Lösungen an, während die Opposition jegliche Antworten schuldig bleibe, lautete das Fazit Böhackers.

Finanzminister Mag. GRASSER zeichnete ein positives Bild von der Wirtschaftsentwicklung in Österreich und warf der Opposition vor, sie wolle bloß wieder in die Staatskasse greifen und durch Deficit Spending neue Schulden machen. Im Gegensatz dazu gehe es der Regierung darum, durch Deregulierung, Liberalisierung, Privatisierung und Schwerpunktsetzungen bei Forschung und Entwicklung die Wettbewerbsfähigkeit und den Wirtschaftsstandort zu verbessern. Das vorliegende Programm sei modern und finanzierbar und leiste einen dauerhaften Beitrag zur Erhöhung der Beschäftigung. Intelligente Wirtschafts- und Finanzpolitik sei heute Strukturpolitik, betonte Grasser, wobei er insbesondere auf die Investitionen in die Bereiche Forschung und Bildung hinwies.

Abgeordneter EDLINGER (S) sprach hingegen von Sozialdemontage, geringem Wachstum und Steuerwucher und qualifizierte Grasser als Meister der Schönrednerei. Die Koalition habe auf die schlechten Wirtschaftsdaten nicht reagiert, die alleinige Orientierung auf das Nulldefizit sei in Rezessionszeiten völlig falsch, kritisierte Edlinger. Als Ergebnis dieser Politik gehen in Österreich nach dreißig Jahren permanenten Aufschwungs heute die Realeinkommen zurück, stellte der Redner resümierend fest.

Die politische Botschaft der Opposition bestehe nur aus Schwarzmalerei und düsteren Prophezeiungen, monierte Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V). Obwohl versucht wurde, die Wirtschaft krank zu jammern, sei es anders gekommen. Im zweiten Halbjahr konnte ein positives Ergebnis erzielt werden, Österreich weise die niedrigste Inflation im Euro-Land auf und die Experten des Wifo sind der Meinung, dass die Talsohle erreicht ist. Dies sei ein Erfolgsnachweis für die zukunftsweisende Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die auf langfristige und nachhaltige Strategien setzt. Mit diesem Konjunkturbelebungspaket soll nun durch Investitionen in die Forschung, steuerliche Verbesserungen bei Bildungsausgaben, Maßnahmen für die Bauwirtschaft, Förderung von Betriebsneugründungen etc. der Aufschwung unterstützt werden. Denn von einer Wirtschaftspolitik, die sich mit bloßem Geldausgeben begnügt und unseren Kindern in die Tasche greift, müsse man sich endgültig verabschieden, meinte sie in Richtung Opposition.

Auch wir wollen keine Politik, die zukünftige Generationen belastet, unterstrich Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G); deshalb seien die Grünen auch gegen die Anschaffung von Abfangjägern. Das Konjunkturbelebungspaket bezeichnete die Rednerin als eine Mogelpackung, da darin Maßnahmen enthalten sind, etwa die Verschärfungen bei der Ausländerbeschäftigung, die nichts mit einer Wirtschaftsbelebung zu tun haben. Außerdem halte sie das Programm für phantasielos, da etwa im Bereich der Infrastruktur steuerliche Entlastungen nur für den Neubau, aber nicht für die Altbausanierung gelten. Die österreichische Wirtschaft habe ihrer Meinung nach einen großen Nachholbedarf in all jenen Bereichen, die technologie- und wissensorientiert sind. Die Grünen fordern daher eine Anhebung der Forschungsquote sowie eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommen. Schließlich kam sie noch auf das Sozialstaats-Volksbegehren zu sprechen, das eine Reaktion auf die soziale Entrechtung und die negativen Entwicklungen am Arbeitsmarkt darstelle.

Er sei froh, dass die Ideen der Grünen in Österreich nicht umgesetzt werden, meinte Abgeordneter GAUGG (F). Die Wortmeldung seiner Vorrednerin, die von sozialer Entrechtung gesprochen hat, war nämlich ein Offenbarungseid und habe bewiesen, dass sich die Grünen ständig am Rande der Anarchie bewegen. Was die Sozialdemokraten angeht, so habe er den Eindruck, dass sie beleidigt sind, dass die Wirtschaftsdaten so gut sind. "Der Schulden-Rudi hat uns wieder die Welt erklärt", viel gepoltert und nichts gesagt, sagte Gaugg. Er sei überzeugt davon, dass die jetzige Bundesregierung die schwierige Situation, die nach dem 11. September entstanden ist, wesentlich besser gemeistert hat, als dies der SPÖ gelungen wäre. Er stehe zum Ziel des Nulldefizits, erklärte Gaugg, da nur eine funktionierende Wirtschafts- und Finanzpolitik der Garant dafür sei, dass auch in Zukunft soziale Leistungen finanzierbar sind.

Die Redner der Regierungsparteien haben anscheinend nicht wirklich realisiert, was der Europäische Rat am Wochenende in Barcelona beschlossen hat, meinte Abgeordnete Mag. KUBITSCHEK (S). Die Regierungschefs forderten nämlich Maßnahmen zur Konjunkturbelebung, eine Steuersenkung für niedrigere Einkommen und Anreize zur Investitionsförderung; dies habe die SPÖ seit Monaten von der Regierung eingefordert. Nicht die SPÖ liege falsch mit ihren Programmen, sondern die Bundesregierung, die die Ziele Wachstum und Beschäftigung durch das Null-Defizit ersetzt hat, gab Kubitschek zu bedenken. Das habe nämlich dazu geführt, dass Österreich in nur zwei Jahren bei allen Wirtschaftsdaten weit zurückgefallen ist. Und dies sei nicht das Ergebnis einer internationalen Krise, sondern das Resultat der nationalen Wirtschaftspolitik. Das vorliegende Gesetz sei ihrer Ansicht nach eine krasse Themaverfehlung, denn es sei keine einzige Maßnahme vorgesehen, die eine kurzfristige Konjunkturbelebung nach sich ziehen könnte. Sodann brachte sie noch einen SPÖ-Entschließungsantrag betreffend ein Wachstumsprogramm für Österreich ein, das v.a. eine Steuersenkung in der Höhe von 3 Mrd. Euro für die niedrigeren Einkommensbezieher enthält.

Aus gutem Grund habe man auf die Wiedereinführung des Investitionsfreibetrages verzichtet, da nämlich die Mitnahmeeffekte zu groß sind, erwiderte Bundesminister Dr. BARTENSTEIN seiner Vorrednerin. Zudem wurde eine noch nie dagewesene Initiative im Forschungssektor gesetzt, wo 1 Mrd. mehr zur Verfügung stehen werden. Auch die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik habe man auf dem selben Niveau belassen, unterstrich Bartenstein. Der Standort Österreich befinde sich trotz eines sehr schwierigen Umfeldes in einer guten Verfassung, führte der Minister weiter aus, und verwies darauf, dass die Firma Baxter 200 Mill. Euro in Krems investieren möchte und General Motors ein neues Getriebewerk in Wien errichten will. Die Regierung werde ihren erfolgreichen Weg weitergehen und sicher nicht die Fehler der deutschen Wirtschaftspolitik begehen, wo eine mittelstandsfeindliche Politik zu einer Rekordarbeitslosigkeit und einer hohen Budgetverschuldung geführt haben. Der Aufschwung sei in Sicht, war Bartenstein überzeugt, und sobald es möglich ist, werde man die Lohnnebenkosten für die mittelständischen Betriebe und die Unternehmenssteuern reduzieren.

Was die Kritik an der Sozialpolitik betrifft, so wies Bartenstein darauf hin, dass keine Bundesregierung zuvor derart viele Maßnahmen zugunsten der Arbeitnehmer gesetzt habe. Es wäre in den letzten Jahrzehnten möglich gewesen, die betriebliche Mitarbeitervorsorge zu verwirklichen, den einheitlichen Arbeitnehmerbegriff oder mehr Gerechtigkeit für Österreichs Familien herbeizuführen; nur wurde es nicht gemacht.

Der Entschließungsantrag der Sozialdemokraten stehe für eine überholte und antiquierte Politik, kritisierte Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V), denn sie basiere auf einem Finanzierungskonzept, das die zukünftigen Generationen belastet. Wenn wir heute das vorliegende Paket beschließen, dann gehe es dabei nicht nur um eine Konjunkturbelebung sowie um Strukturreformen, sondern um ein Programm der Verlässlichkeit sowie um ein Signal des Vertrauens in die Bundesregierung. Dieses Land sei bei dieser Regierung in guten Händen, denn Österreich sei Europameister in der Preisstabilität und die Bürger könnten sich darauf verlassen, dass keine neuen Schulden gemacht werden.

In einer tatsächlichen Berichtigung widersprach Abgeordneter VERZETNITSCH (S) Aussagen von Minister Bartenstein, wonach die Sozialdemokratie die Neuregelung der Abfertigung verhindert habe. Wahr sei vielmehr, dass die ÖVP die Abfertigung in eine Pensionskasse umwandeln und damit abschaffen wollte.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) kam zunächst auf diverse sexistische Entgleisungen in der Debatte zu sprechen und verurteilte derartige Äußerungen als deplaziert und würdelos. Was den konkreten Verhandlungsgegenstand anbelangt, so frage sie sich, was diese Maßnahmen mit einer Konjunkturbelebung zu tun haben. Denn im wesentlichen regle das Gesetz zwei Materien, und zwar die Kompetenzen der Arbeitsinspektion und der Zollwache sowie die Arbeitslosenversicherungspflicht von älteren Arbeitnehmern. Dringend notwendig wären ihrer Ansicht nach Unterstützungsmaßnahmen für die kleinen Gewerbetreibenden, die z.B. durch die Lohnfortzahlungen für die erkrankten Mitarbeiter massiv belastet werden.

Die Opposition negiere einfach die Fakten und versuche mit allen Mitteln eine Rezession herbeizureden, bemängelte Abgeordnete HALLER (F). Wahr sei vielmehr, dass es etwa im Jahr 2001 den höchsten Stand aller unselbständig Beschäftigten gegeben hat. Einen dramatischen Anstieg bei den Arbeitslosen habe es nur Wien gegeben, was ein Beweis dafür sei, dass die Sozialdemokraten eine verfehlte Arbeitsmarkt-, Zuwanderungs- und Strukturpolitik betreiben.

Sie verstehe schon, dass die Volkspartei ein Taferl mit der Aufschrift "vernünftig, verlässlich, vertrauensvoll" brauchen, sagte Abgeordnete BURES (S), denn kein Journalist würde dies über die ÖVP schreiben. Die Regierung habe die falschen Maßnahmen gesetzt, was dazu geführt hat, dass Österreich in vielen Bereichen Schlusslicht in Europa ist. Es sei eine verantwortungslose Wirtschafts- und Sozialpolitik, wenn die Pensionen gekürzt, die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik reduziert werden und 300.000 Menschen keinen Arbeitsplatz finden.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) sprach von einer Chaos-Opposition, die keine eigenen Vorschläge unterbreite. Auch Edlinger habe eine schlechte Vorstellung geboten und das Hohe Haus mit einem Bierzelt verwechselt. Er forderte die Abgeordneten auf, die Regierung zu unterstützen, weil sie ein geordnetes Verhältnis zum Budget habe und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen treffe. Als Beispiel nannte er die neue Saisonierregelung, die besonders für die Landwirtschaft sehr wichtig sei.

Die österreichische Bildungspolitik weise eine katastrophale Bilanz auf, stellte Abgeordneter BROSZ (G) fest. Der von Finanzminister Grasser so angepriesene Bildungsfreibetrag in der Höhe von 300 Mill. S kompensiere nur zu einem kleinem Teil jene Einsparungen (insgesamt 10 Mrd. S) die bisher vorgenommen wurden. Dies habe mit Konjunkturbelebung ebenso wenig zu tun wie die Studiengebühren, kritisierte der G-Mandatar. Ein großes Problem sei, dass in Österreich die soziale Differenzen extrem durchschlagen. Daher sollten die Mittel dafür eingesetzt werden, dass Kinder von Eltern aus bildungsfernen Schichten die gleichen Chancen erhalten. Massive Defizite gebe es auch hinsichtlich der Ausbildung von Migrantenkindern, wo Österreich im Vergleich zu zehn anderen Ländern am schlechtesten abschneide. Die 30 Mrd. für die Abfangjäger sollte man daher besser in das Bildungssystem und damit in die Zukunft investieren, forderte er.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) erläuterte die Inhalte des vorliegenden

Maßnahmenpakets zur Ankurbelung der Wirtschaft, das zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes sowie der Arbeitsplätze beitragen wird. Die Änderungen bei den privaten Arbeitsvermittlern führen seiner Ansicht nach zu keiner Schwächung des AMS, sondern dienen dem Ziel, dass Arbeitslose nicht bloß verwaltet, sondern aktiv in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Die Bundesregierung werde sicher nicht die Fehlentwicklungen der Vergangenheit fortführen, unterstrich Hofmann. Die Konzepte der Sozialdemokraten, die Schuldenmachen mit Konjunkturbelebung verwechseln, seien nicht zielführend. Dies sehe man auch in der Bundesrepublik Deutschland, wo die Politik der rot-grünen Koalition zu steigender Arbeitslosigkeit, einem wachsenden Schuldenberg und einem Pleitenrekord geführt habe.

Abgeordneter Dr. HEINDL (S) meinte, entgegen anderslautenden Botschaften gebe die heimische Wirtschaft sehr wohl Anlass zur Sorge. Im Bereich der Beschäftigung sei vieles verbesserungswürdig, und darauf hinzuweisen sei nicht Panikmache, sondern geschehe aus Sorge um das Land. Ein Kurswechsel sei nötig, um die ökonomische Situation zu optimieren, weshalb er auch das Sozialstaats-Volksbegehren unterstütze.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) vertrat die Ansicht, diese Regierung habe das Budget saniert und sei sorgsam mit den Steuergeldern umgegangen. Jetzt, wo die Konjunkturlage eine andere sei, reagiere die Regierung mit einem entsprechenden Paket, um auch für die Zukunft gewappnet zu sein. Mit diesen Maßnahmen liege die Regierung richtig und praktiziere damit richtungweisende Wirtschaftsbelebung. Weiters brachte die Rednerin einen Abänderungsantrag zur besseren Bekämpfung der Schwarzarbeit ein.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) hielt die Konzepte der Regierung für wenig geeignet, der Probleme Herr zu werden und warnte davor, sich in dieser Frage selbst zu beweihräuchern. Damit werde die Wirtschaft nicht gesunden. Österreichs Zukunft liege in der Forschung und in der Bildung, hier seien entsprechende Investitionen dringend erforderlich. Es brauche eine "Konjunktur der Ideen", und die fehlte in diesen Konzepten.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) verteidigte das heimische Beschäftigtensystem und die von der Regierung vorgesehenen Maßnahmen als wichtig für die Konjunkturbelebung. Die Kritik der Opposition könne er nicht teilen, vielmehr bedeute dieses Paket eine nennenswerte Verbesserung des Ist-Zustands. Eine Verunsicherungspolitik sei vor diesem Hintergrund entbehrlich.

Abgeordneter PARNIGONI (S) wies auf die statistisch nachgewiesene Rezessionsphase in der heimischen Wirtschaft hin, welche seine Fraktion zu Alternativen veranlasse, wie in einem Entschließungsantrag, welchen er einbrachte, nachzulesen sei. Die Politik der Regierung bereite vielen ÖsterreicherInnen finanzielle Nachteile, und dies könne kaum zum Wohle des Staates sein. Besonders betroffen seien die Menschen im Waldviertel, aber auch die Jugend, weshalb auch er in der Zeit vom 3. bis zum 10. April das Sozialstaats-VB unterschreiben werde.

Abgeordnete Mag. FRIESER (V) brachte eingangs einen Abänderungsantrag betreffend textlicher und terminlicher Details bei der Novelle zum Fremdengesetz ein. Die Pläne der Regierung auf diesem Gebiet seien klug, ausgewogen und zukunftweisend, weshalb sie unterstützt werden sollten.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) brachte ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Althaussanierung ein.

Abgeordneter BAUER (F) meinte, die Regierung habe die legitimen Sorgen der Wirtschaft rechtzeitig erkannt und dementsprechend reagiert mit einem zukunftweisenden Konjunkturprogramm, das unterstützenswert sei.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN berichtete von einer Werkschließung in der Steiermark, wodurch 700 Arbeitsplätze verloren gingen und kündigte an, man werde sich gemeinsam mit dem Land Steiermark für entsprechende Alternativen für die Belegschaft einsetzen.

Abgeordneter RIEPL (S) erinnerte an zahlreiche Maßnahmen der Regierung, die zu einer spürbaren Verschlechterung der Situation der arbeitenden Bevölkerung geführt hätten, und auch im hier vorgelegten Paket gebe es einiges, was den Arbeitnehmern zum Nachteil gereiche, weshalb es Tadel und nicht Lob durch die Sozialdemokratie gebe. Schließlich brachte der Redner einen Entschließungsantrag betreffend Bekämpfung von Schwarz-Unternehmern ein.

Abgeordnete Dr. PAPHAZY (F) vertrat die Ansicht, die Politik müsse sich in den Dienst der Wirtschaft stellen, wie sich die F-Wirtschaftspolitik in den Dienst der Wirtschaft und der Menschen stelle. Dazu diene auch das Konjunkturbelebungspaket, welches Unterstützung verdiene. Konkret plädierte Paphazy für bessere Bedingungen für das Leiharbeitsgewerbe.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) meinte, es sei nachvollziehbar, dass die Sozialdemokratie ihre Zustimmung nicht zu Verschlechterungen gebe. Davon gebe es jedoch einige in dem vorliegenden Paket, weshalb seine Fraktion hier nicht mitgehen könne. Es gehe um Standortqualität, und dazu gehöre auch soziale Sicherheit und sozialer Frieden. Dieser jedoch werde durch die Regierung immer wieder empfindlich gestört.

Abgeordneter EGGHART (F) mahnte in Richtung SPÖ-Abgeordnetem Bauer, es sei gefährlich, in der derzeitigen Situation mit dem sozialen Frieden zu spielen. Kritisch äußerte er sich zur Wiener Kommunalpolitik. Das Leistungsangebot werde trotz gegenteiliger Ankündigungen deutlich zurückgenommen, skizzierte er.

Abgeordneter KIERMAIER (S) wandte sich gegen die "Kaputtsparphilosophie" der Regierung und konstatierte, die Konjunkturbelebungsmaßnahmen kämen zu spät. Österreich könne sich zwar nicht ganz von der internationalen Entwicklung abkoppeln, räumte er ein, eine rechtzeitige nationale Gegensteuerung wäre jedoch angebracht gewesen. Besondere Kritik übte Kiermaier daran, dass für kleine und mittlere Betriebe im Rahmen des Konjunkturbelebungsprogramms nichts getan werde.

Abgeordneter NEUDECK (F) betonte, Österreich habe sich in einem volkswirtschaftlich schwierigen Umfeld gut geschlagen. So gebe es hierzulande etwa im Vergleich zu Deutschland sowohl bessere Wirtschafts- als auch bessere Arbeitsmarktdaten. Das Konjunkturbelebungsprogramm der Regierung nannte Neudeck modern und intelligent, durch das Programm und das Nulldefizit würden "die falschen sozialistischen Konzepte" endgültig "entsorgt".

Abgeordneter SCHWEMLEIN (S) erklärte dem gegenüber, das vorliegende Konjunkturbelebungsprogramm verdiene seinen Namen nicht. Seiner Meinung nach ist kein einziger konjunkturrelevanter Faktor vom Gesetz betroffen. Schwemlein vermisst beispielsweise Maßnahmen für die Tourismuswirtschaft oder zur Steigerung des Einkommens der Österreicher.

In einem von Schwemlein eingebrachten Entschließungsantrag fordert die SPÖ die Regierung auf, sicherzustellen, dass es zu keiner quantitativen Ausweitung von Saisoniers komme, da dies zu einer Verschlechterung der Arbeitssituation von österreichischen und ausländischen Arbeitnehmern in Österreich führen würde.

Das Konjunkturbelebungsgesetz 2002 wurde unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrages in dritter Lesung mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen. In zweiter Lesung hatten SPÖ und Grüne Teilen des Gesetzes - den Artikeln I bis III - ihre Zustimmung gegeben. Der Zusatzantrag der Grünen blieb in der Minderheit.

Ebenfalls mit F-V-Mehrheit verabschiedeten die Abgeordneten die Änderung des Fremdengesetzes und des Bundesfinanzgesetzes.

Sämtliche Entschließungsanträge der SPÖ - betreffend Wachstumsprogramm für Österreich, betreffend arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm, betreffend sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums und betreffend Saisonierregelung im Integrationspaket - fanden keine Mehrheit.

FÜR PREISTRANSPARENZ BEI ENERGIE UND ARZNEIMITTELN

Mit Vorlagen aus dem Wirtschaftsausschuss wurde die Debatte fortgesetzt: Die Vorlage eines Preistransparenzgesetzes und ein Antrag auf Änderung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes wurden unter einem diskutiert.

Abgeordneter MARIZZI (S) wies auf die Notwendigkeit der Preistransparenz für Energiepreise und Arzneimittel hin und kündigte in diesem Sinn die Zustimmung seiner Fraktion zur vorliegenden Änderung des Preistransparenzgesetzes an. Generell kritisierte er, dass Atomstrom hoch subventioniert sei. Die SPÖ beabsichtige daher, so Marizzi, auf EU-Ebene entsprechende Wettbewerbsklagen einzubringen.

Abgeordneter KOPF (V) machte darauf aufmerksam, dass die von der Regierung initiierte Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes den Österreichern eine jährliche Ersparnis von 10 Mrd. S bringe. Er sieht allerdings die Notwendigkeit, bezüglich der Netzzuschläge für Ökostrom bzw. umweltfreundlicher Energieträger eine Neuregelung zu finden, da das Bundesland Wien ungerechtfertigt hohe Zuschläge zur Förderung seiner Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen einhebe. In diesem Sinn habe die Koalition den Entschließungsantrag zum ElWOG eingebracht.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) führte aus, der Entschließungsantrag der Koalition greife zu kurz, deshalb würden ihm die Grünen keine Zustimmung erteilen. Nach Auffassung von Glawischnig ist ein einheitlicher Wirtschaftsraum für Ökostrom erforderlich, man müsse daher bei den Netzzuschlägen "den falsch verstandenen Föderalismus" rückgängig machen. Verständnis zeigte Glawischnig für die Einhebung gewisser Förderzuschläge für Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) verwies darauf, dass die Änderung des Preistransparenzgesetzes aufgrund von EU-Vorgaben notwendig sei. Die Gesetzesnovelle regle die Erhebung der geforderten Daten und die Übermittlung der Informationen an den Wirtschaftsminister, welcher seinerseits die EU-Kommission zu informieren habe. Der Entschließungsantrag zum ElWOG zielt Hofmann zufolge darauf ab, ungerechtfertigte und überhöhte Netzzuschläge in Wien abzuschaffen und durch maßvolle und angepasste Zuschläge zu ersetzen.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) konnte dem Entschließungsantrag zum ElWOG hingegen wenig abgewinnen und meinte, die SPÖ sei damit einer Meinung mit den Landeshauptmännern von Wien und Niederösterreich. Der Abgeordnete brachte namens seiner Fraktion einen eigenen Entschließungsantrag ein, dem zufolge der Wirtschaftsminister aufgefordert werden soll, dem Nationalrat bis 30. Juni 2002 einen Gesetzesvorschlag zu übermitteln, der einen bundesweiten Ausgleich und einheitliche Bedingungen für Ökostrom und Kleinwasserkraft, sowie Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen schaffe und einen fairen und diskriminierungsfreien Wettbewerb zulasse.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN bemängelte die hohen Netzzuschläge für Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen in Wien und klagte, solche "Wildwüchse" seien geeignet, die positiven Auswirkungen der Liberalisierung des Strommarktes wieder aufzuheben. Er sieht daher eine Gesetzesänderung für erforderlich, wobei der "Idealfall" für ihn ein österreichweit einheitlicher Ökostrom-Zuschlag wäre. Zumindest müssten aber "ungerechtfertigte Auswüchse" verhindert werden. Dass die Wiener KWK-Zuschläge auch von niederösterreichischen Kunden eingehoben würden, wertete Bartenstein als gesetzwidrig.

Abgeordneter MAINONI (F) erklärte, der Entschließungsantrag sei ein Akt der Notwehr, um Wiens Bevölkerung "vor Schaden zu bewahren". Während die Landeshauptleute der anderen Bundesländer bei der Veranschlagung der Netzzuschläge verantwortungsvoll vorgegangen seien, sei Wiens Landeshauptmann Häupl "voll von der Rolle gefallen", sagte er. Auch sonst würden in Wien zahlreiche Gebühren erhöht und soziale Leistungen eingeschränkt.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) machte geltend, dass es derzeit nur in Wien, Niederösterreich und der Steiermark Netzzuschläge für Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen gebe. Er erachtet eine bundeseinheitliche Regelung für sinnvoll und gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen besonders umweltfreundliche Kraftwerke seien und dazu beitragen würden, CO2-Emmissionen im Sinne des Kyoto-Ziels zu reduzieren. Durch den hohen Stromanteil aus KWK-Anlagen in Wien fallen Bauer zufolge in der Bundeshauptstadt lediglich 5,4t CO2 pro Kopf an, während es in Österreich 7,7t pro Kopf sind.

Abgeordneter Ing. GRAF (F) erinnerte daran, dass man sich anlässlich der Beschlussfassung des ElWOG dafür entschieden habe, auch für Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen Netzzuschläge zu erlauben, um umweltrelevante Investitionen im Sinne des Kyoto-Ziels zu fördern. In Wien sei es bei den Zuschlägen aber zu "Auswüchsen" gekommen. Eine bundeseinheitliche Lösung für Netzzuschläge hält Graf für schwierig, weil etwa Windkraftwerke im Burgenland ganz andere Vorraussetzungen hätten wie z.B. in der Steiermark.

Die Änderung des Preistransparenzgesetzes wurde vom Nationalrat mit den Stimmen der ÖVP, der FPÖ, der Grünen und Teilen der SPÖ beschlossen. Die dem Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 580/A(E) beigedruckte Entschließung zur Frage der Netzzuschläge erhielt die mehrheitliche Zustimmung der Koalitionsparteien. Abgelehnt wurde der SPÖ-Entschließungsantrag betreffend bundeseinheitliche Regelung für Zuschläge für Ökostrom, Kleinwasserkraft und Kraft-Wärme-Koppelung.

(Schluss Konjunkturdebatte/Forts. NR)