Parlamentskorrespondenz Nr. 368 vom 22.05.2002

EINHELLIG FÜR FINANZSENATE UND VERLÄNGERUNG DER BUDGET-FLEXIBILIERUNG

Nationalrat beschließt Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz

Wien (PK) - Einhellig beschloss der Nationalrat in den Abendstunden die Einrichtung unabhängiger Finanzsenate sowie die Verlängerung der Flexibilisierungsklausel im Budget bis 2006. Abgeordneter Dr. HEINDL (S ) zeigte sich darüber erfreut, dass die Schaffung unabhängiger Finanzsenate heute gemeinsam mit einer Verlängerung der Flexibilisierungsklausel im Bundeshaushaltsrecht verhandelt wird. Aus diesem Grund werde die SPÖ dem Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz ihre Zustimmung geben, betonte er und ergänzte, wenn mit der SPÖ ernsthaft verhandelt werde, sei sie zur Mitarbeit bereit. Vom Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz erwartet sich Heindl eine Erhöhung der Rechtsschutzstandards und eine Vereinheitlichung der Rechtssprechung.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) wertete das vorliegende Gesetzespaket als gutes Beispiel für die Gesprächs- und Verhandlungskultur im Finanzausschuss. Er erinnerte zudem daran, dass die dritte Lesung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes vergangenen Monat vertagt worden sei, um doch noch zu einer Einigung mit der Opposition zu kommen. Die nunmehr gefundene Lösung bei der Flexibilisierungsklausel wird nach Auffassung Stummvolls dazu führen, dass in Zukunft mehr Fachressorts und Organisationseinheiten von diesem Instrument Gebrauch machen werden.

Abgeordneter BÖHACKER (F)  sprach in Zusammenhang mit der Einrichtung von unabhängigen Finanzsenaten von einem echten großen Reformwerk. Dadurch werde es zu einer wesentlichen Stärkung der Bürgerrechte kommen. Der Abgeordnete erwartet sich von der Reform außerdem eine Entlastung der Höchstgerichte.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz an. Auch die Flexibilisierungsklausel im Bundeshaushaltsrecht wird von ihm befürwortet. Allgemein sprach sich Kogler dafür aus, bei Ausgliederungen künftig differenzierter vorzugehen.

Abgeordneter EDLINGER (S) signalisierte die Zustimmung der SPÖ zu allen verfassungsrechtlichen Bestimmungen der vorliegenden Gesetzentwürfe. Verteidigt würde von ihm das Junktim zwischen der Einführung der unabhängigen Finanzsenate und der Weiterführung der Flexibilisierungsklausel im Bundeshaushaltsrecht. Die Flexibilisierungsklausel habe beachtliche Einsparungen gebracht und sei auch von Finanzminister Grasser gewünscht worden, unterstrich Edlinger.

Abgeordneter Mag. MÜHLBACHLER (V) stellte fest, alle Parteien seien mit der Tatsache, dass Budgetierung und Budgetvollzug sehr viele statische Elemente enthalten, nicht zufrieden. Mit der Flexibilisierungsklausel könne zumindest teilweise ein Ausweg gefunden werden. Mühlbachler glaubt, dass das nur der Anfang einer generellen Entwicklung ist.

Abgeordneter EGGHART (F) skizzierte, das Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz sei ein weiterer Reformschritt der Regierung und zeige, wie aktiv diese Regierung arbeite. Mehr Bürgernähe und wesentlich weniger Staat seien dabei wichtige Ziele.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) brachte ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes betreffend Art.7, Ziff.1 ein. Diese Bestimmung ist ihr zufolge abzulehnen, da sie dem Finanzminister freie Hand gebe, einzelnen Finanzämtern besondere Aufgaben zu übertragen. Hagenhofer fürchtet, dass damit den Finanzämtern in den ländlichen Regionen wichtige Kompetenzen weggenommen werden könnten und diese zu Bürgerservicestellen und Kundencenters "verkommen". Dadurch würden qualifizierte Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen verloren gehen. Die Abgeordnete brachte zudem einen Entschließungsantrag an, dem zufolge die Regierung von der SPÖ aufgefordert wird, die Schließungskonzepte für den ländlichen Raum zurückzunehmen und die Infrastruktur zu sichern.

Abgeordnete SCHOETTEL-DELACHER (F) erinnerte daran, dass Österreich - wie andere Länder auch - in Folge der Terroranschläge des 11. September 2001 - Haftungen für Luftfahrtunternehmen und Flughäfen übernommen habe. Derzeit sei diese Maßnahme bis 31. Mai 2002 beschränkt, da aber damit zu rechnen, dass die Regelung EU-weit verlängert werde, sei vorgesehen auch dem Finanzminister eine entsprechende Ermächtigung zu erteilen. Konkret soll er die eingegangenen Haftungen bei Bedarf jeweils um einen Monat verlängern können, maximal bis 31. Dezember 2002. Es müsse aber klar sein, bekräftigte Schoettel-Delacher, dass dies kein Dauerzustand sein dürfe und die Versicherungsunternehmen in absehbarer Zeit wieder die Risken übernehmen müssten.

Bundesminister Mag. GRASSER bezeichnete den Unabhängigen Finanzsenat als einen wichtigen Teil einer umfassenden Reform auf dem Weg zu einer Optimierung im Bereich der Finanzverwaltung im Interesse der Bürger und lobte dessen Vorzüge, auf die er im Detail einging, wie er auch die Grundzüge der intendierten Reform erläuterte.

Grasser erklärte, es werde kein einziges Finanzamt geschlossen, da es der Regierung um eine Stärkung der Regionen zu tun sei. Es würden sogar an die Finanzämter Kompetenzen abgegeben werden, da diese jene Institutionen seien, die den Bürgerkontakt hätten und das eigentliche Produkt schüfen. Daher seien die Finanzämter auch der Kernpunkt der Finanzreform. Dazu werde es Pilotprojekte geben, um, so diese von der Bevölkerung angenommen würden, die Reform entsprechend flächendeckend auszuweiten. Es werde Einsparungen geben, der Service werde besser und die Effizienz gesteigert, zeigte sich der Minister überzeugt.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) bezeichnete die Vorlage als einen tragfähigen Kompromiss und zeigte sich mit der Schaffung des Finanzsenats zufrieden. Konkret sei ein Vorteil für den Bürger herausgekommen, was erfreulich sei. Positiv bewertete er die Ankündigung, dass keine Finanzämter geschlossen werden würden.

Abgeordneter MÜLLER (F) befürwortete ebenfalls den Entwurf und wies darauf hin, dass die Regierung im Vorjahr einen ausgeglichenen Haushalt habe vorlegen können, was als großer Erfolg bezeichnet werden müsse. Dieser Kurs werde vom Finanzminister konsequent fortgesetzt und sei zu begrüßen.

Abgeordneter EDLER (S) unterstrich die Absicht seiner Fraktion, dem Gesetzesentwurf in dritter Lesung zustimmen zu wollen und fasste die Argumente seiner Fraktion nochmals zusammen.

Die Materien wurden einstimmig angenommen. Der S-Entschließungsantrag betreffend Finanzämter blieb in der Minderheit.

Die Fassung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes, die im April nicht in dritter Lesung abgestimmt worden war, verfehlte in dritter Lesung die erforderliche Mehrheit und wurde somit abgelehnt.

KURZDEBATTE: KEIN UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS

Abgeordnete BURES (S) begründete die Einbringung dieses Antrags mit dem Verdacht, den es in diesem Zusammenhang seit langem gebe. Die entsprechende Firma habe die militärischen Ausschreibebedingungen damals nicht erfüllt, weshalb man sie nicht in die engere Auswahl hätte nehmen dürfen. Die weitere Geschichte sei dubios, weshalb es nötig sei, diese Dinge näher in Augenschein zu nehmen. Ein Untersuchungsausschuss sei dabei das adäquate Mittel. Es müsse Licht in diese dunkle Geschichte gebracht werden, das Parlament habe die Pflicht zur Aufklärung, so Bures.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) unterstrich die Argumente seiner Vorrednerin und forderte ebenfalls die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Konkret beleuchtete der Redner die Causa aus der Sicht der ÖVP. Am Bundeskanzler dürfe auch nicht der Funken eines Verdachts hängen bleiben, und dazu müsse man diesem Ausschuss zustimmen, meinte Gassner.

Abgeordneter Dr. ZERNATTO (V) erklärte, seine Fraktion werde diesem Antrag nicht zustimmen, weil der Rechnungshof diese Dinge längst penibel und exakt untersucht habe und daher keinerlei Veranlassung bestehe, sich damit nochmals zu befassen, zumal der Rechnungshof die eben vorgebrachten Behauptungen längst widerlegt habe. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sei somit nicht zu rechtfertigen, betonte Zernatto.

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) erinnerte daran, dass seine Fraktion sich schon vor Jahren mit diesem Thema befasst habe, doch sei ihr damals just von den Sozialdemokraten versichert worden, es gebe nichts zu untersuchen und alles sei in Ordnung. In Summe gebe es also nichts zu untersuchen, so wie bei einem ähnlich überflüssigen Untersuchungsausschuss im südlichsten Bundesland, und daher solle man "die Finger davon lassen", gebe es doch keine Fakten und nichts zu untersuchen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) wandte sich der Faktenlage zu und erklärte, der Rechnungshof habe sich mit Schmiergeldzahlungen gar nicht befassen können, doch was er untersuchen konnte, sei tragisch genug gewesen. Deshalb sei es notwendig, sich in einem Untersuchungsausschuss damit zu befassen, dass Ausschreibungsrichtlinien nicht erfüllt waren und es sich nicht um den Bestbieter gehandelt habe. So böte sich die Gelegenheit, Klarheit zu erlangen.

Der Antrag wurde mit 72 zu 95 Stimmen abgelehnt. (Schluss)