Parlamentskorrespondenz Nr. 370 vom 23.05.2003

EUROFIGHTER-DEBATTE AUCH IM RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS

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Wien (PK) - Eigentlich hätte am Beginn des heutigen Rechnungshofausschusses über den Tätigkeitsbericht 2001 nur die Frage behandelt werden sollen, wie gut das Bundesheer seinen Verfassungsauftrag zum umfassenden Umweltschutz erfüllt. Tatsächlich stellten die Abgeordneten der Opposition, allen voran Günter Kräuter (S) und Werner Kogler (G), den geplanten Abfangjägerkauf in den Mittelpunkt der Beratungen, wofür Verteidigungsminister Günter Platter aber ausdrücklich Verständnis zeigte und ausführlich auf die vielen Fragen einging, handelt es sich bei diesem Geschäft doch um die größte militärische Beschaffung der Zweiten Republik, so der Ressortleiter. Die Typenentscheidung sei rechtlich einwandfrei erfolgt, zeigte sich der Minister gegenüber den Bedenken von SPÖ und Grünen überzeugt und untermauerte die Abfangjäger-Nachbeschaffung sowohl mit sicherheitspolitischen als auch mit wirtschaftlichen Argumenten. Um die von der Opposition heftig in Zweifel gezogenen Gegengeschäfte transparent zu machen, werde er ein "virtuelles Konto" einrichten, stellte der Minister in Aussicht.    

Abgeordneter Günther Kräuter (S) erinnerte eingangs an die Kritik des Rechnungshofes an den hohen Vorbelastungen in den Budgets des Verteidigungsressorts und leitete damit zum Thema Eurofighterkauf über. Kräuter kritisierte, dass der Bundesminister mit Gutachten vorgeprescht sei, ohne das Gutachten des Rechnungshofes abzuwarten. "Wozu bedarf es privater Gutachten zum Vergabeverfahren, wenn bereits der Rechnungshof als unabhängige Stelle damit beauftragt wurde, ein Gutachten abzugeben?"

Die aus seiner Sicht notwendige Neubewertung der Typenentscheidung für den Eurofighter begründete Kräuter mit den veränderten Bedingungen, der Reduzierung der Zahl der Flugzeuge von 24 auf 18, mit der Verschiebung des Lieferbeginns von 2005 auf 2007 und mit Bedenken wegen der hohen Vorbelastungen. Eine Neuausschreibung könnte Einsparungen in der Höhe von 1 Mrd. € bringen, sagte Kräuter und riet zu einem Blick über die Grenze nach Deutschland, wo der Rechnungshof eine Verschiebung der Anschaffung empfohlen habe, weil der Eurofighter, beim Systemzuschlag, bei der Wartung und bei der Bewaffnung "ganz schlecht" abschneide. Schließlich machte Kräuter auf die Aussage des Budget- und Finanzsprechers der FPÖ, Prinzhorn, aufmerksam, der sich für eine Neuausschreibung ausgesprochen habe. 

Abgeordneter Eugen Bösch (F) führte gegen Kräuter ins Treffen, er habe kein einziges neues Argument zum Thema Nachbeschaffung der Abfangjäger anführen können.

Verteidigungsminister Günther Platter betonte sein Interesse an einer sauberen und transparenten Abwicklung der Eurofighter-Beschaffung. Sein Amtsvorgänger Scheibner habe sich für ein bewährtes Verfahren entschieden und dieses sehr sorgfältig abgewickelt. Um die rechtliche Sicherheit zu gewährleisten, seien höchste Autoritäten auf dem Gebiet des Vergabewesens beauftragt worden, Gutachten zu verfassen. Die Behauptung des Abgeordneten Kräuter, bei den Gutachten zweier Professoren handle es sich um "Gefälligkeitsgutachten" wies der Minister mit aller Entschiedenheit zurück. Bei dem rechtlich einwandfreien Verfahren habe es sich um eine "freihändige Vergabe im Wettbewerb" gehandelt, in deren Rahmen eine 33-köpfige Kommission den Bestbieter ermittelt habe.

Das Rechnungshofgutachten habe er deshalb nicht abgewartet, weil begleitende Kontrollen nicht zum Wesen des Rechnungshofes gehören. Diese Aufgabe obliege der internen begleitenden Kontrolle seines Ressorts. Das Eurofighter-Angebot von EADS erfüllt die Kriterien eines Bestbieters, für das ein spezielles Ankaufsgesetz die rechtliche Grundlage schaffen werde.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) wollte wissen, ob der Prüfauftrag an den Rechnungshof dem Ankauf von 24 oder von 18 Abfangjägern gilt.

Bundesminister Günther Platter erklärte Unterschiede zwischen den Gutachten, die von seinem Ressort in Auftrag gegeben wurden, und einem Gutachten, das im Auftrag eines Mitbieters entstanden sei. "Die Gutachter haben nicht dieselben Voraussetzung gehabt", sagte Platter.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler schilderte zunächst die Vorgeschichte für den RH-Prüfauftrag von Verteidigungsminister Scheibner: Nach dem Beschluss des Ministerrates im Juli 2002, 24 Kampfflugzeuge vom Typ "Eurofighter" zu kaufen, seien in der Öffentlichkeit eine ganze Reihe von Verdachtsmomenten diskutiert worden. Diese Verdachtsmomente auszuräumen oder zu bestätigen sei der Auftrag von Bundesminister Scheibner an den Rechnungshof. In diesem Zusammenhang zitierte der Rechnungshofpräsident aus einem Schreiben des Finanzministers aus dem Jahr 2001, zu prüfen, ob nicht doch mit nur 18 Flugzeugen das Auslangen gefunden werden könnte. Auch in jenem Bericht des Verteidigungsministers, den der Ministerrat am 2. Juli 2002 zur Kenntnis nahm, sei die Stückzahl als ein Verhandlungsgegenstand genannt wird. Die Stückzahl 18 sei für den Rechnungshof daher nicht unerwartet aufgetaucht. - Der Bericht des Rechnungshofes zur Typenentscheidung werde im Frühsommer vorliegen, kündigte der Rechnungshofspräsident an.

Abgeordnete Ruth Pecher (S) wollte wissen, welchen Auslieferungstermin die Ausschreibungsunterlagen vorsahen und welche Auswirkungen die Lieferverzögerung von 2005 auf 2007 für den Preis haben werden.

Abgeordneter Werner Kogler (G) ersuchte den Verteidigungsminister um Klarstellung hinsichtlich der "anderen Vorraussetzungen", die der Rechtsgutachter des Mitbieters bei der Beurteilung der "freihändigen Vergabe im Wettbewerb" gehabt haben soll.

Bundesminister Günther Platter bekräftigte, er habe keinerlei Interesse daran, einen Vertrag zu unterzeichnen, der rechtliche Probleme nach sich ziehen könnte, daher habe er sich rechtlich abgesichert.

Das bewährte Verfahren, das zum Einsatz kam, bestehe aus einem Wettbewerbsteil und einem Verhandlungsverfahren. Ziel des Wettbewerbsteiles sei die Entscheidung für den Bestbieter, mit dem dann über die Details des Geschäfts und seine Abwicklung verhandelt werde. Die veränderten Rahmenbedingungen werden keine Preiserhöhungen nach sich ziehen, erklärte der Minister.

Abgeordneter Stefan Prähauser (S) erinnerte, gegen die F-16 habe gesprochen, dass die Kompensationsquote nur 100 % betragen habe. Wobei man aktuellerweise sagen müsse, es wäre ein Vorteil, die jetzt einbrechenden US-Exporte zu stützen und die USA zu veranlassen, mit Euro bei österreichischen Firmen einzukaufen. Der "Gripen" sei hingegen vom Ressort befürwortet worden. Beim Eurofighter wurde eine Finanzierung durch eine Wirtschaftsplattform in Aussicht gestellt, von der man aber schon lange nichts mehr gehört habe. 

Bundesminister Günther Platter bekundete die Absicht, die Eurofighter-Beschaffung rechtzeitig durchzuführen und den Vertrag bis Ende Juni zu unterzeichnen. Er sehe den Eurofighter in Übereinstimmung mit der Bewertungskommission nach wie vor als das beste Gerät an. Der Eurofighter sei kein "Phantom", er sei bereits in mehreren Armeen im Einsatz. Insgesamt seien 620 Eurofighter für Europa bestellt worden. Den Vorwurf, der Eurofighter sei ein "Kampfflugzeug" und kein "Abfangjäger", wies Platter mit dem Hinweis darauf zurück, dass auch die Typen "F-16" und "Gripen" Kampfflugzeuge darstellten. Der Eurofighter sei das jüngste und technisch ausgereifteste Gerät, für das unter anderem spreche, dass es über zwei Triebwerke verfüge, was die Sicherheit der Piloten stark erhöhe. Die Plattform für die Gegengeschäfte existiere und es gebe auch keinen Ausfall bei den Kompensationen. Er werde ein "virtuelles Konto" einrichten, um auch bei den Gegengeschäften für Transparenz zu sorgen. Während es sich beim Eurofighter um ein europäisches Produkt mit einem entsprechenden Wertschöpfungsanteil in Österreich handle, würden beim Kauf von F-16 oder Gripen große Teile des Kaufpreises in die USA fließen.

Abgeordneter Christian Puswald (S) listete die Bedenken seiner Fraktion auf, indem er auf die mangelnde Berücksichtigung von Vorbelastungen, die verspätete Lieferung und die Tatsache hinwies, dass vom Lieferanten gar nichts zurückfließe, kein einziger Gegengeschäftspartner und kein einziger Gegengeschäftsvertrag bekannt sei. Grundsätzlich, gab der Abgeordnete zu bedenken, sei es schwer nachvollziehbar, in der Mitte eines Europas, dessen Grenzen von 620 Eurofightern geschützt werden, "noch einmal einen Zaun aufzustellen, den man mit 18 Eurofightern verteidigen möchte".

Abgeordneter Günther Kräuter (S) warf Minister Platter vor, eine Beschaffung mit Gutachten zu stützen, die das Ressort selber in Auftrag gegen habe. Er wäre gut beraten, auf den Bericht des unabhängigen Rechnungshofes zu warten und die Erkenntnisse des deutschen Rechnungshofes zum Eurofighter genau zu beachten.

Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) wies die Unterstellungen Kräuters gegen die Gutachter zurück und unterstrich die Notwendigkeit, Abfangjäger zu kaufen. Dies erforderten die staatliche Souveränität und die Neutralität.

Abgeordneter Werner Kogler (G) wies darauf hin, dass große Kostenbestandteile aus dem Angebot ausgeblendet worden seien und hielt es für ein rechtliches Problem, wenn die Kosten für die Zwischenlösung nur bei einem Anbieter ausgeblendet werden. "Die Beurteilung der Kosten für die Zwischenlösung ist maßgeblich und aufklärungsbedürftig", sagte Werner Kogler. Eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse spreche nicht so "eindeutig" für den Eurofighter, wie dies der Minister darzustellen versuche.

Bundesminister Günther Platter erklärte einmal mehr, dass das geplante Ankaufsgesetz als rechtliche Grundlage für die ab 2007 eintretenden Vorbelastungen dienen soll.

Die Eurofighter-Entscheidung erfolge trotz veränderter Bedingungen auf der Grundlage von Gutachten und Berichten der internen Kontrolle, wobei der Ressortleiter darauf aufmerksam machte, dass die Betriebskosten nicht Gegenstand der Bewertung seien. Er räumte ein, dass das Ergebnis knapp ausgefallen sei, der Bundesminister sei der Empfehlung der Bewertungskommission gefolgt und habe sich für den Eurofighter entschieden.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler stellte zum Verfahren fest, es habe keine Verpflichtung bestanden, eine Ausschreibung durchzuführen. Eine freihändige Vergabe wäre aber weder kostengünstig noch politisch durchsetzbar gewesen. Mit der Wahl des zweistufigen Verfahrens habe sich das Ministerium aber rechtlich selbst gebunden. In der Frage der Finanzierung sei von Anfang an klar gewesen, dass bei dieser Beschaffung eine Sonderfinanzierung außerhalb des Verteidigungsbudgets Platz greifen soll. Er habe nicht den geringsten Anhaltspunkt gefunden, dass eine Wirtschaftsplattform den Abfangjäger vorfinanzieren soll, stellte Präsident Fiedler fest.

Abgeordneter Puswald (S) erkundigte sich nach der Absicherung der Gegengeschäfte und wollte wissen, wie das "virtuelle Konto" aussehen werde.

Abgeordneter Werner Kogler (G) kritisierte, dass ein korrektes Ausschreibungsverfahren in der Entscheidungsphase einen "verschwommenes" Ende gefunden habe.

Bundesminister Günther Platter informierte die Abgeordneten schließlich darüber, dass eine Reduktion der Flugstunden möglich sei, weil dem Bundesheer ein hervorragender Flugsimulator zur Verfügung stehe. In den Jahren 2005 bis 2007 werden österreichische Piloten mit angemieteten Jets befreundeter Nachbarstaaten, die das österreichische Hoheitszeichen tragen werden, für die Luftraumüberwachung sorgen. Der Kaufpreis für die 18 Abfangjäger betrage 1,337 Mrd. €, inklusive Finanzierungskosten. Rechnet man Zusatzkomponenten dazu, erhöhe sich der Betrag auf 1,969 Mrd. €.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler stellte klar, dass bei Änderung von Vergabebedingungen eine Gleichbehandlung aller Bieter gewährleistet sein müsse, was aber nicht eine Neuausschreibung bedeute.

UMWELTSCHUTZ IM BUNDESHEER

Vorweg anerkannte der Rechnungshof in seinem Tätigkeitsbericht 2001 die Bemühungen des Bundesheeres zum Schutz der Umwelt, wobei er die zahlreichen Initiativen des Heeres, etwa bei Bauten, im Vergabewesen und in der Munitionsentsorgung lobend hervorhob.

Ungeachtet dessen ortete der Rechnungshof bei seiner Prüftätigkeit von Mai bis August 2001 im Ministerium und in ausgewählten Heereseinrichtungen (Maria–Theresien–Kaserne in Wien, Martinek–Kaserne in Baden, Hessen–Kaserne in Wels und Heeresmunitionsanstalt Stadl–Paura) aber auch Schwächen, etwa bei der Abfallentsorgung. Verbesserungen seien in der Ausbildung in Umweltangelegenheiten sowie bei der Einteilung der Abfallbeauftragten wünschenswert. Als veraltet beurteilten die Prüfer des Rechnungshofes umweltrelevante Planungsdokumente und sie kritisierten die unterschiedlich strukturierten Abfallwirtschaftskonzepte für die Liegenschaften. Mängel sieht der RH in der zentralen Abfallstatistik, die nicht für Controllingmaßnahmen zur Verringerung der Abfallmengen eingesetzt wurden. Zudem fehlten Konzepte für die umweltbewusste Nutzung von Übungsplätzen und für den Einsatz von Alternativenergien, heißt es im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes.

In seinen Empfehlungen sieht der Rechnungshof das Bundesheer vor folgenden Aufgaben stehen: Bereinigung der organisatorischen Strukturmängel auf territorialer Ebene, Erstellung einer Gesamtanalyse, Neuregelung der Kompetenzen, Verbesserung der Ausbildung und der Motivation der Bundesheerangehörigen. Umweltrelevante Planungsdokumente (Grundsatzkonzept, Verwaltungsregelungen zur Abfallbewirtschaftung) sollen aktualisiert und die Abfallwirtschaftskonzepte einheitlich geregelt, Abfallmengen durch Kennzahlenberechnungen verringert, ein Ökologiekonzept und ein Umweltmanagementsystem für militärische Liegenschaften umgesetzt werden. Anregungen aus bereits vorliegenden Studien zur umweltbewussten Nutzung der Übungsplätze sollen in die Konzepte und Benützungsordnungen aufgenommen und ein Gesamtkonzept für die Nutzung von Alternativenergien erarbeitet werden.

Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) befasste sich mit der Umweltschutzausbildung des Kaderpersonals, dem heeresinternen Transportkonzept und den Einsatzmöglichkeiten alternativer Energieträger im Bundesheer. Detailfragen des Redners galten dem Umweltschutz auf den Truppenübungsplätzen sowie der Reduzierung der Küchenabfälle beim Heer.

Bundesminister Günther Platter informierte über die Zuerkennung von Umweltpreisen an das Bundesheer und über erfolgreich verlaufende Pilotprojekte für den Einsatz von Alternativenergien beim Heer. Umweltschutz ist ein Teil der Kaderfortbildung, gab der Ressortleiter bekannt, strich die Tätigkeit der Abfallbeauftragten heraus und ging auf die Fachausbildung für Umweltbeauftragte im Bundesheer ein. Er lege größten Wert auf einen hohen Umweltschutzstandard beim Bundesheer. Weiters kündigte der Minister die Entwicklung eines Logistik- und Informationssystems für das Heeres-Transportwesen an, das seinen Betrieb im Jahr 2004 aufnehmen soll.

Zu den Umweltschutzbemühungen des Heeres werde er künftig jährlich berichten und auch die Herstellung eines speziellen Informationsfilms in Auftrag geben. Sehr sorgfältige Untersuchungen von Ökologen haben laut Platter gezeigt, dass Truppenübungsplätze Rückzugsgebiete seltener Tier- und Pflanzenarten darstellen.

Ein Pilotversuch bei der Verpflegung der 300.000 Bundesheerangehörigen habe zu einer beachtlichen Reduktion der Küchenabfälle geführt, teilte der Ressortleiter abschließend mit. (Schluss)