Parlamentskorrespondenz Nr. 777 vom 29.10.2004

ÜBER DIE GLEICHBEHANDLUNG IN DEN JAHREN 2001 UND 2002

Heinisch-Hosek neue Obfrau des Gleichbehandlungsausschusses

Wien (PK) - Der Gleichbehandlungsausschuss wählte heute die SP-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek zu seiner neuen Obfrau. Sie folgt in dieser Funktion auf Barbara Prammer, die im Juni in der Nachfolge Heinz Fischers in das Amt der Zweiten Präsidentin des Nationalrats gewählt worden war.

Im Anschluss daran widmeten sich der Ausschuss in einer umfassenden Debatte dem Gleichbehandlungsbericht über den Zeitraum 2001 bis 2002. Die Bundesregierung hat dem Nationalrat jedes zweite Jahr darüber zu berichten, welche Fortschritte im Bereich des Abbaus von Benachteiligungen von Frauen gemacht wurden. Im Rahmen der Erhebungen werden alle Bundesministerien, Staatssekretariate und das Bundeskanzleramt angeschrieben, um ihre jeweiligen Aktivitäten zum Abbau von gesellschaftlichen, familiären und wirtschaftlichen Benachteiligungen von Frauen darzustellen. In dem über 90 Seiten starken Bericht werden nicht nur die zahlreichen Maßnahmen angeführt, sondern auch anhand ausgewählter Kennzahlen - wie Einkommen und Pensionen - die Entwicklung der Lage der Frauen in

diesen Bereichen im Zeitvergleich dokumentiert.

Für die Jahre 2001 und 2002 zeigen die Daten u.a., dass die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern nicht bloß immer noch hoch, sondern im Betrachtungszeitraum sogar weiter angestiegen sind: Beim mittleren Nettojahreseinkommen von 33 % im Jahr 1997 auf 35 % im Jahr 2001. Der Anteil der Alterspension für Frauen ist aufgrund der steigenden Erwerbstätigkeit von 35 % (1980) auf 49 % (2000) angestiegen. Noch immer aber haben nur sechs von zehn Frauen im Alter eine eigene Pension und von jenen Frauen, die derzeit das Pensionsalter erreichen, haben etwa ein Drittel keinen eigenen Pensionsanspruch. Auch bei Höhe der Pensionen gibt es einen eklatanten Unterschied zwischen Männern und Frauen. Der Gender Gap betrug im Jahr 1993 43 % und hat sich im Untersuchungszeitraum bis 2001 - wo dieser noch immer bei 42 % liegt - kaum verändert. Eine leichte Erhöhung gab es hingegen bei der Erwerbsquote, von 61,3 % (1997) auf 62,3 % (2001). Eine leichte Verbesserung gab es hinsichtlich der Elternkarenz, auch wenn der Anteil an Männern noch immer sehr gering ist - von 0,9 % (1997) auf 1,8 % (2001). Wie die ausgewählten Kennzahlen zeigen, bestehe weiterhin Handlungsbedarf, um tatsächlich von der Erreichung der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern sprechen zu können, urteilen die Autoren des Berichts.

Zu Beginn der Debatte stellte Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) den - von den Sozialdemokraten unterstützten - Antrag, den Gleichbehandlungsbericht auch im Plenum zu debattieren und daher nicht im Ausschuss endzuerledigen. Dieser Antrag blieb in der Minderheit der Oppositionsfraktionen.

Die Debatte über den Bericht selbst wurde dann fast nur von den Abgeordneten der Oppositionsfraktionen bestritten, was von Abgeordneter Weinzinger (G) kritisch vermerkt und als "parlamentarische Verweigerung" qualifiziert wurde. In ähnlich kritischem Sinn äußerte sich auch Abgeordnete Bettina Stadlbauer (S).

Zunächst ging Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) auf das im Bericht erwähnte Kindergeld ein. Sie bezweifelte eine daraus resultierende Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen und befürchtete - gestützt auf eine Wifo-Studie - eher das Gegenteil. Kritisch bewertete sie auch, dass bei den Beziehern der Väteranteil nur bei Bauern und Selbständigen gestiegen sei. Schließlich sei im Bericht das Thema der Kinderbetreuung nicht einmal erwähnt, kritisierte die Abgeordnete.

Abgeordnete Brigid Weinzinger fragte nach den Zielen und Strategien der Politik in Richtung Gleichbehandlung und beklagte die magere Ausbeute bei entsprechenden Maßnahmen in Justizressort. Als Ziele forderte sie die Hebung der Frauen-Erwerbsquote, die stärkere gesellschaftliche Teilnahme von Frauen und die Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen ein.

 Abgeordnete Renate Csörgits (S) verwies auf die gestiegene Frauenarbeitslosigkeit; eine gleichzeitige Zunahme bei der Frauenbeschäftigung sei auf die Zunahme der Teilzeitarbeit von Frauen zurückzuführen, die ihrerseits eine Folge geänderter Öffnungszeiten im Handel sei. Frauen dürften keine bloßen "Dazuverdiener" sein, betonte Csörgits. Die Frauen-Erwerbsquote sei von 69,5 % im Jahr 2001 über 66,4 % im Jahr 2002 auf 63,3 % im Jahr 2003 gesunken, stellte sie fest.

Abgeordnete Sabine Mandak G) nannte in ihrer Wortmeldung die bessere Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit auf Frauen und Männer als weiteres Ziel. Die öffentliche Hand sollte dabei vorangehen, etwa durch die Ermöglichung qualifizierter Teilzeitarbeit in verantwortungsvollen Positionen und durch Gender-Budgeting, etwa bei der Sportförderung.

Abgeordnete Elisabeth Hlavac (S) kam auf die mangelhafte Absicherung bei der Familienhospizkarenz zu sprechen, wodurch viele Menschen dieses Angebot nicht annehmen könnten. Zu wenig, sagte sie weiter, werde auf dem Gebiet der Beratung getan, zu wenig für die Frauenförderung. - Ihr Fraktionskollege Hermann Krist kritisierte, dass Frauen vielfach in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt würden und dass es einen Druck in Richtung Pflegeberufe gebe. - Abgeordnete Anita Fleckl (S) übte Kritik an den einschlägigen Maßnahmen im Infrastrukturressort. - Ihre Fraktionskollegin Bettina Stadlbauer bekannte sich Namens ihrer Fraktion zum Ziel eines eigenständigen, selbständigen Lebens für Frauen, das nur auf der Grundlage ökonomischer Unabhängigkeit möglich sei. Die Maßnahmen der Regierung gefährdeten aber diese Grundlage, diagnostizierte sie. Insbesondere wies sie auf die sinkende Erwerbsquote bei den Frauen zwischen 20 und 30 hin.

Abgeordnete Elke Achleitner (F) wies die Kritik der Opposition als "kühn" zurück, seien doch die Mängel Folge von Maßnahmen früherer Regierungen mit SP-Bundeskanzlern. Als positiv wertete Achleitner die bessere schulische und berufliche Ausbildung von Frauen. Durch das Kindergeld sei es zum ersten Mal möglich, neben dem Bezug von Kindergeld zu arbeiten.

Abgeordnete Scheucher-Pichler diagnostizierte ein verzerrtes Bild durch den Berichtszeitraum 2001/02, seither habe sich einiges geändert. Zum Thema Teilzeit wies sie darauf hin, dass viele Frauen Teilzeitarbeit wünschten, um auch Zeit für die Kinderbetreuung zu haben. Positiv bewertete sie auch die Elternkarenz, und besonders erfreulich seien die Maßnahmen in den Bereichen Beratung, Qualifizierung und Öffentlichkeitsarbeit.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat betonte, dass die Kennzahlen für die Einkommensunterschiede weit in die Zeit sozialdemokratischer Frauenministerinnen und Bundeskanzler zurück reichten. Von 1997 auf 1999 seien die Einkommensunterschiede von 38 auf 40 % gestiegen - ein Wert, der 2001 auch nicht höher gewesen sei. Grundsätzlich wandte sich die Frauenministerin gegen das "Gejammere, dass alles schlechter geworden ist". Die Regierung wolle "selbstverständlich" die Erhöhung der Frauenerwerbsquote, betonte sie, und verwies darauf, dass dieser Wert in Österreich mit 62 % weit über dem EU-Durchschnittswert von 56 % liege. Auch die Partizipation der Frauen sei ein Ziel, das man anstrebe, ebenso die Verringerung der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Für den Zeitraum 2002/2003 stellte sie bereits die "richtige Tendenz" fest: ein Sinken der Gehaltsdifferenz - nicht der Einkommensdifferenz - von 22,2 auf 21,7 %.

Als Ursachen für die unbefriedigende Situation ortete die Frauenministerin den Berufseinstieg - einseitige Berufswahl von Frauen mit Tendenz zu schlechter bezahlten Berufen -, die Berufsunterbrechung in der Familienphase und die geringeren Karrierechancen. Rauch-Kallat kam dann auf Einzelthemen zu sprechen: Die rückläufige Erwerbsquote bei den 20- bis 30jährigen Frauen könnte auch Folge einer höheren Studentinnenquote sein. Die Regierung stehe zu den im Regierungsübereinkommen vereinbarten Zielen der Frauenpolitik, auch werde einiges für Sensibilisierung auf diesem Gebiet getan. Die Steuerreform habe man sich sehr genau hinsichtlich ihrer Gender-Aspekte angesehen. "Dazuverdienen" und Teilzeitarbeit sei vielfach als "Fuß in der Tür" zum Berufs-Wiedereinstieg zu sehen, und auch einen gewissen Druck in Richtung Pflegeberufe wollte Rauch-Kallat nicht negativ sehen. Vehement bestritt die Ministerin, dass weniger Mittel für Frauenberatung zur Verfügung stehen.

Die einzelnen Projekte, die im Bericht angeführt sind, seien durchaus positiv, räumte Abgeordnete Sabine Mandak (G) ein. Allerdings gehen die großen Weichenstellungen oft in eine ganz andere Richtung. So beklagen etwa viele Frauen an den Universitäten, dass sie keine Fixanstellung mehr bekommen und auch Aufstiegsmöglichkeiten haben.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) äußerte in einer zweiten Runde der Debatte die Auffassung, dass die Maßnahmen der blau-schwarzen Bundesregierung nicht gerade in Richtung Stärkung der Eigenständigkeit von Frauen gehen. Kritik übte sie auch daran, dass die Zuverdienstgrenze zu niedrig angesetzt wurde, denn den Frauen müsse die Möglichkeit gegeben werden, die notwendigen Beitragsjahre zu erreichen. Sie wünschte sich zudem von der Ministerin, dass näher untersucht werde, warum die Erwerbstätigkeit bei jüngeren Frauen zurückgehe.

Aus eigener Erfahrung als Pflegedirektorin wisse sie, dass viele Frauen längere Zeit bei den Kindern bleiben wollen, erklärte Abgeordnete Maria Grander (V). Es seien natürlich auch die Betriebe und die Gemeinden gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Frauen Kinder und Beruf besser vereinbaren können. Positiv waren ihrer Ansicht nach die Auswirkungen der Familienhospizkarenz, da früher viele Frauen gezwungen waren, aus dem Beruf ganz auszusteigen.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat hob hervor, dass es bei den Pflegeberufen gelungen sei, eine dreijährige Förderung für die entsprechenden AMS-Kurse zu erhalten. Die Frauen können weiterhin Teilzeit arbeiten und bekommen das entfallene Entgelt ersetzt. Positiv sei auch, dass es nun mehr ein freiwilliges Pensionssplitting gebe, um die Frauen besser abzusichern.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Fortsetzung)