Parlamentskorrespondenz Nr. 884 vom 01.12.2004

KONSENS IM JUSTIZAUSSCHUSS

Opposition beklagt Abänderungsanträge

Wien (PK) - Teils mit Mehrheit, teil einstimmig hat der Justizausschuss heute eine Reihe von weiteren Vorlagen plenumsreif gemacht. Kritisch wandten sich Vertreter der Oppositionsfraktionen (Terezija Stoisits für die Grünen, Johannes Jarolim für die SPÖ) gegen die Praxis, auf Regierungsvorlagen - gelegentlich sogar mehrfach - Abänderungsanträge folgen zu lassen, die auch oft sehr umfangreich seien. Dies sei "schlechter Stil, der in den letzten zwei bis drei Jahren eingerissen" sei, meinte Stoisits. Auch die Vorsitzende des Ausschusses, Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V), meinte, man wünsche sich "fertige" Regierungsvorlagen; im konkreten Fall sei eine Änderung aus dem Finanzressort gekommen. Justizministerin Karin Miklautsch stellte fest, Änderungen - des Handelsgesetzbuchs und der Bausparkassengesetzes im Zusammenhang mit dem Rechnungslegungsänderungsgesetz - seien im konkreten Fall erforderlich gewesen und ließen sich nicht immer vermeiden.

Vorgaben des Europarechts, vor allem EU-Verordnungen betreffend internationale Rechnungslegungsstandards ("IAS-Verordnung"), und die "Schwellenwertrichtlinie", machen es notwendig, das österreichische Rechnungslegungsrecht im Handelsgesetzbuch anzupassen und flankierend Änderungen in anderen Gesetzen wie dem Bankwesengesetz, dem Versicherungsaufsichtsgesetz und dem Nationalbankgesetz vorzunehmen. Zu den wichtigsten Neuerungen des " Rechnungslegungsänderungsgesetzes 2004" zählt die Verpflichtung kapitalmarktorientierter Gesellschaften, ihre Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre ab dem 1.1.2005 nach den an anglo-amerikanischen Bilanzierungsgrundsätzen orientierten Regeln der International Accounting Standards (IAS) darzustellen. Während der bisherige Abschluss nach dem Handelsgesetzbuch auf Gesellschafter und Gläubiger als Adressaten gerichtet ist, informieren IAS-Abschlüsse in erster Linie Investoren. Die Prinzipien der Vorsicht und des Gläubigerschutzes im Handelsgesetzbuch werden zugunsten einer besseren Information für Investoren zurückgedrängt.

Die Vorlage wurde in der Fassung der Abänderungsanträge einstimmig angenommen.

Ebenfalls einstimmig angenommen wurde - nach kurzer Debatte, in der seitens der Opposition eine Klärung im Hinblick auf lesbische und alleinstehende Frauen moniert wurde - die  Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, durch die nun auch auf jene Fälle Bedacht genommen wird, wo im Hinblick auf eine Erkrankung und die damit verbundene Therapie absehbar ist, dass der betreffenden Person künftig eine Fortpflanzung auf natürlichem Weg nicht mehr möglich sein wird. Dies ist etwa bei bestimmten Krebserkrankungen der Fall. Deshalb wurde festgelegt, dass in solchen Fällen Samen, Eizellen, Hoden- oder Eierstockgewebe nicht nur wie bisher ein Jahr, sondern bis zum Widerruf der Zustimmung oder den Tod der Person, von der sie stammen, entnommen und aufbewahrt werden dürfen. Entwicklungsfähige Zellen, deren langjährige Konservierung im Hinblick auf die hohe Missbrauchsgefahr problematischer erscheint, können zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Klar gestellt wurde auch, dass eingelagertes Gewebe und Zellen zum Zwecke der medizinisch unterstützten Fortpflanzung an hiezu befugte Ärzte und Einrichtungen weitergegeben werden dürfen.

Auch die Strafprozessnovelle 2005 fand die Zustimmung aller Fraktionen. Sie leistet Beiträge zu der Reform des Hauptverfahrens. So werden in der Strafprozessordnung die Vorschriften für die Protokollführung modernisiert und flexibilisiert. Analoge Änderungen werden im Jugendgerichtsgesetz, hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit mit den anderen EU-Staaten, im Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, im Staatsanwaltschaftsgesetz und im Bewährungshilfegesetz vorgesehen.

In einer kurzen Debatte fragte Abgeordneter Johannes Jarolim (S) nach dem aktuellen Stand der Diskussion über die Bestellung von Sachverständigen und wurde von Abgeordneter Maria Theresia Fekter informiert, dass eben diese Frage im Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen geregelt würde. Wie ein Vertreter des Justizministeriums dazu ausführte, gebe es für den Institutsleiter keine Möglichkeit, eine Gutachterbestellung durch das Gericht zu ändern; im Wege des Leiters erfolge die Bestellung bei Obduktionen.

Ein Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen mit dem das Europäische Rechtshilfe Übereinkommen ergänzt wird, fand die mehrheitliche Zustimmung des Ausschusses. Das Übereinkommen umfasst 30 Artikel und enthält sowohl Bestimmungen verfahrensrechtlicher als auch materiellrechtlicher Art und soll u.a. die Einführung neuer Formen der Rechtshilfeleistung verbessern. Auch das entsprechende Protokoll wurde mehrheitlich angenommen. Der Kundmachungsbeschluss erfolgte in beiden Fällen einstimmig.

Schließlich stimmte der Justizausschuss einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG einstimmig zu, die vorsieht, dass die Bundesländer für die Heilbehandlung von Insassen der Justizanstalten einen jährlichen Pauschalbetrag von 8 549 430,46 € an das Justizministerium überweisen. Die Vereinbarung schlüsselt diesen Gesamtbetrag auf die einzelnen Bundesländer auf; sie gilt für die Jahre 2005 bis 2008.

(Fortsetzung)