Parlamentskorrespondenz Nr. 469 vom 08.06.2005

NATIONALRAT BESCHLIESST WICHTIGE WIRTSCHAFTSGESETZE

Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, Kartellgesetz, Exekutionsordnung

Wien (PK) - Nach dem Wehrrechtsänderungsgesetz standen zunächst das Gesellschaftrsrechtsänderungsgesetz, das Kartellgesetz und die Wettbewerbsgesetznovelle auf der Tagesordnung des Nationalrats, gefolgt von der Debatte über die Exekutionsordnungs-Novelle und über einen Koalitionsantrag zur Organisation der Bezirksgerichte in Graz.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) bezeichnete die Vorlage vor dem Hintergrund der seinerzeitigen Ankündigungen als eher enttäuschend. Hier habe man eine Chance vertan, da die Vorlage auf halbem Wege stehen geblieben sei. Mit dieser Thematik müsse man sich daher weiter auseinandersetzen. Zudem wies er darauf hin, dass eine rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilte ehemalige V-Ministersekretärin nicht nur nach wie vor auf freiem Fuß sei, sondern sogar in leitender Funktion in einer großen Firma tätig sei. Hier sei Handlungsbedarf gegeben, betonte Jarolim.

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) meinte, das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz habe eine lange Vorgeschichte gehabt. Man habe bereits 2002 wichtige gesetzliche Bestimmungen verschärft, um das Vertrauen in den heimischen Finanzmarkt wieder zu stärken, und den damals eingeschlagenen Weg gehe man nun entschlossen weiter, wobei man die Bestimmungen auf die aktuellen Erfordernisse abstelle. Die Rednerin ging auf die einzelnen novellierten Bestimmungen ein und erläuterte die dahinter stehenden Intentionen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) erklärte, er könne keine wesentlichen Verbesserungen gegenüber dem Status Quo erkennen, wenngleich er nicht anstehe, zuzugeben, dass es punktuell tatsächlich zu kleinen Fortschritten gekommen sei. Doch verglichen mit den Ankündigungen müsse man festhalten, dass das Gesamtergebnis eher dürftig ausgefallen sei, vor allem, was die Transparenz anbelange. Diese Ansicht erläuterte der Redner sodann im Detail. Viele Punkte seien nur mangelhaft umgesetzt worden, manche gar nicht, sodass seine Fraktion hier die Zustimmung nicht geben könne.

Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F) zeigte sich enttäuscht von den Ausführungen seines Vorredners. Es sei klar nachvollziehbar, worin die Intentionen des Gesetzes bestünden, und man könne sehr wohl eine positive Bilanz dieser Vorlage ziehen. Man habe den Erfordernissen entsprochen und die diesbezügliche Entschließung des Nationalrats entsprechend umgesetzt. Die Vorlage weise sohin in die richtige Richtung, wie anhand konkreter Beispiele auch nachvollziehbar sei. Es sei schade, dass sich die Opposition hier einem Grundkonsens verweigere, denn dieser würde dem Wirtschaftsstandort dienen.

Abgeordneter MARIZZI (S) verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass es schwierig sei, in dieser wichtigen Frage einen Grundkonsens zu erzielen, wenn die in Rede stehenden Unternehmungen schwarze Zahlen schrieben, die Vorstände und Aufsichtsräte entsprechende Gratifikationen erhielten, die Belegschaft aber auch weiterhin abgebaut werde. Wiewohl die Unternehmen Gewinne machten, ginge ihre Steuerleistung laufend zurück, während die Arbeitnehmer jedes Jahr höhere Steuern leisten müssten. Diese Grundstimmung sei nicht akzeptabel, deshalb lehne seine Fraktion diese Vorlage ab.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) zeigte kein Verständnis für die Haltung seines Vorredners. Es gehe nicht darum, den Unternehmen dirigistisch Vorschreibungen zu machen, sondern darum, ihnen freies Wirtschaften zu ermöglichen. Dem diene diese Vorlage, sie sei daher zu unterstützen, denn die dirigistischen Wirtschaftspolitikkonzepte seien spektakulär gescheitert, gab sich der Redner überzeugt.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) sagte, Österreich hinke im internationalen Vergleich beim Kartellrecht hinterher, und auch wenn diese Vorlage kleinere Verbesserungen beinhalte, bleibe das Grundproblem auch weiterhin bestehen, weshalb ihre Fraktion diese Vorlage ablehnen müsse, brauche es hier doch eine akzeptable Weiterentwicklung. Vor allem durch Ausnahmeregelungen würde die nötige Transparenz verhindert, bedauerte die Rednerin.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) erläuterte die Ziele, die mit diesen Vorlagen erreicht werden sollten und betonte dabei vor allem die anzustrebende Sicherheit für die Anleger. Diese werde durch das vorliegende Gesetz erreicht, meinte die Rednerin. Wenngleich ihre Fraktion weitergehende Maßnahmen angestrebt hätte, weise diese Vorlage in die richtige Richtung, erklärte die Abgeordnete, die davon ausging, dass es eine Weiterentwicklung dieses Gesetzes geben werde.

Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) übte Kritik an der bereits erwähnten Causa der ehemaligen V-Ministersekretärin und kündigte an, seine Fraktion werde in dieser Angelegenheit weitere Nachforschungen anstellen. Die vorliegende Novelle sei unbefriedigend, man sei auf halbem Wege stecken geblieben. Mit dieser Vorlage sei die Regierung gescheitert, betonte der Redner.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) zeigte sich irritiert über die "Verstaatlichtennostalgie" in den Reihen der SPÖ. Hier könne es tatsächlich keinen Konsens geben, da die Opposition auch weiterhin der Maxime "mehr Staat, weniger privat" anhänge. Doch mit dieser Auffassung werde die SPÖ auch weiterhin in der Opposition bleiben. Mit dem Gesetzesentwurf zeigte sich der Redner sehr zufrieden, man habe hier ein gelungenes Gesetzeswerk geschaffen, mit dem die heimische Wirtschaft sehr zufrieden sein könne.

Justizministerin Mag. MIKLAUTSCH wies darauf hin, dass sich das vorliegende Maßnahmenpaket zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich an einer Entschließung des Nationalrats orientiere. Die Diskussion über dieses Paket sei im Vorfeld sehr kontroversiell gewesen, skizzierte sie, letztendlich sei aber ein Kompromiss gefunden worden, mit dem sie "sehr zufrieden" sei.

Das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz enthalte, so Miklautsch, maßgebliche Bestimmungen, die eine eindeutige Verbesserung gegenüber dem Status quo brächten. Unter anderem nannte sie die Begrenzung der Zahl der Aufsichtsratsmandate einer Person, die Stärkung der Rechte des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung und strenge Ausschlussgründe für Abschlussprüfer. Was die von der Opposition geforderte verpflichtende Offenlegung der Vorstandsgehälter betrifft, bestehen Miklautsch zufolge bereits derzeit Transparenzgebote.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) nahm zum Kartellgesetz 2005 Stellung und meinte, es sei grundsätzlich zu begrüßen, dass sich die kartellrechtlichen Bestimmungen in Österreich den EU-Regeln annäherten. Er bedauerte jedoch, dass Rechte von Konsumenten bei Schadenersatzansprüchen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Wittmann sprach sich zudem dafür aus, den Corporate Governance Code umfassend in das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz einzubauen.

Abgeordneter BUCHER (F) erklärte, seine Fraktion könne der Änderung des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes guten Gewissens zustimmen. Es diene der Sicherheit der Anleger, sorge für mehr Transparenz und sei im Gesamten für den Kapitalmarkt in Österreich von Bedeutung.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) führte aus, die ÖVP stimme dem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz "sehr gerne zu". Sie verstehe die Vorbehalte der Opposition nicht, sagte sie, letztendlich beziehe sich die Kritik nur auf die Frage der Offenlegung der Vorstandsgehälter. Baumgartner-Gabitzer zufolge gibt es allerdings andere Gesetze, die entsprechende Offenlegungspflichten und Transparenzbestimmungen enthalten, die ihrer Meinung nach ausreichen.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) hielt fest, vorrangiges Ziel des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes sei es, das Anlegervertrauen in den Aktienmarkt zu stärken. Was die Frage der Offenlegung von Managergehältern anlangt, meinte sie, Anleger seien mündig genug, um selbst zu entscheiden, ob sie in ein Unternehmen investierten, in denen Managergehälter nicht offen gelegt würden.

Abgeordneter LEDOLTER (V) betonte, das vorliegende Gesetz sei wichtig für die Wirtschaft und den Kapitalmarkt und diene vor allem der Standortsicherung und damit der Erhaltung von Arbeitsplätzen. Arbeitsplätze werde es nur dann geben, wenn ein entsprechendes Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Österreich bestehe, bekräftigte er. Der Opposition warf Ledolter vor, dirigistische und planwirtschaftliche Ansätze zu verfolgen.

Abgeordneter PRASSL (V) nahm zum Kartellgesetz 2005 Stellung und erklärte, dieses bringe eine weitgehende Annäherung der österreichischen Wettbewerbsregeln an die EU. Mit der Harmonisierung des Kartellrechts werde Rechtssicherheit und Klarheit für die Unternehmer geschaffen. Eine wirksame Kontrolle der Marktmacht sei unabdingbar, sagte Praßl, auch die Landwirtschaft wisse, was Marktmacht bedeute.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) appellierte an die Koalition, ein paar Punkte des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes noch einmal zu überdenken. Jeder wisse, wie viele Leute in einem Unternehmen gekündigt würden, wie viel wo gespart werden müsse, aber wie hoch die Vorstandsgehälter seien, bleibe oft geheim, klagte er.

Noch problematischer als das Verschweigen der Gehaltshöhe sei aber, so Pilz, die Nichtoffenlegung von Nebenabsprachen von Vorstandsverträgen. Ihm zufolge ist es ein großer Unterschied, ob ein Vorstand auf Grund vereinbarter Optionsrechte vor allem bestrebt sei, den Aktienkurs des Unternehmens "um jeden Preis in die Höhe zu treiben", oder ob er im klassischen Sinn an einer langfristigen Entwicklung des Unternehmens Interesse habe. Gleiches gelte für Vertragsbestandteile im Falle von Fusionen und Übernahmen. Nach Meinung von Pilz würden allein auf Grund von Optionsregelungen für Vorstände zahlreiche Menschen gekündigt und wegrationalisiert.

Der Corporate Governance Code nützt Pilz zufolge wenig, lediglich 7 % der Unternehmen hätten auf Basis dieses Kodex überhaupt Meldungen abgegeben.

Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F) wies in einer Replik auf Abgeordneten Pilz Vorwürfe zurück, die Koalition würde ausschließlich die Interessen der Vorstände vertreten. Managergehälter würden vom Aufsichtsrat beschlossen und kontrolliert, betonte er, dessen Rechte würden nun gestärkt. Auch Betriebsräte würden im Aufsichtsrat sitzen, erklärte Böhmdorfer.

Das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005 wurde vom Nationalrat mit VP-F-Mehrheit beschlossen. Dem Kartellgesetz 2005 und der Wettbewerbsgesetznovelle 2005 stimmte - in Dritter Lesung - auch die SPÖ zu. Damit erhielt das Kartellgesetz die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

EXEKUTIONSORDNUNG UND ORGANISATION DER BEZIRKSGERICHTE IN GRAZ

Abgeordneter Mag. MAIER (S) setzte sich mit der Exekutionsordnungs-Novelle 2005 auseinander und mahnte in diesem Zusammenhang ein Maßnahmenkonzept gegen die steigende Verschuldung der österreichischen Haushalte ein. 120.000 Menschen in Österreich seien hoffnungslos verschuldet, skizzierte er, zusätzliche steige die Zahl der verschuldeten Haushalte proportional zur Steigerung der Arbeitslosenrate.

Zur Exekutionsordnungs-Novelle selbst sagte Maier, diese sei in vielen Bereichen ein gelungener Kompromiss. Einerseits habe man versucht, Verfahren zu beschleunigen und die Justiz zu entlasten, andererseits würden die Rechte der Schuldner gewahrt. Kritik übte er allerdings daran, dass das vereinfachte Bewilligungsverfahren auf Exekutionen bis zu 30.000 € ausgeweitet würde.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) gab in Richtung seines Vorredners zu bedenken, dass die Anhebung der Wertgrenze für das vereinfachte Bewilligungsverfahren kein Nachteil für die Schuldner sei. Vielmehr hätten die Schuldner künftig den Vorteil, dass sie im Vorhinein erfahren, dass eine Exekution laufe. Zudem gehe es darum, den Einsatz der EDV auszudehnen und Exekutionstitel elektronisch einreichen zu können.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) konstatierte, die Exekutionsordnungs-Novelle sei durchaus positiv zu sehen und eine Verbesserung des Rechtszustandes. Die Grünen würden dem Gesetzentwurf daher in Dritter Lesung zustimmen, umriss sie, auch wenn sie bezüglich der Anhebung der Wertgrenze für vereinfachte Bewilligungsverfahren auf 30.000 € ähnliche Bedenken wie Abgeordneter Maier hätten.

Von den Grünen hingegen abgelehnt wird Moser zufolge die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz, da ihre Fraktion, so Moser, für getrennte Jugendgerichte sei.

Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F) hielt Abgeordneter Moser entgegen, es gebe für die Jugendgerichtsbarkeit eine eigene Organisation, eigene Richter, eigene Gerichtsgebäude und einen eigenen Jugendstrafvollzug. Das Einzige, "das abhanden gekommen ist", sei der Präsident. Das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz muss seiner Darstellung nach geändert werden, weil ein Gerichtsgebäude noch nicht fertig ist.

Zur Novellierung der Exekutionsordnung merkte Böhmdorfer an, ein rasches und schnelles Exekutionsverfahren diene sowohl dem Schuldner als auch dem Gläubiger. Generell sprach er sich dafür aus, die Exekutionsbereiche in der Justiz und der Finanz zusammenzulegen.

Abgeordnete FLECKL (S) übte scharfe Kritik am Bau des Bezirksgerichts Graz-West und sprach von einem "Pallawatsch sondergleichen". Der Bau sei viel zu teuer und diene einzig und allein dem Prestige eines ehemaligen Justizministers, klagte sie. Man habe sich auch nicht um billige Alternativen bemüht. Kritisch äußerte sich Fleckl zudem zur Vorgangsweise bei der Schließung von Bezirksgerichten in der Steiermark.

Abgeordneter GLASER (V) erinnerte daran, dass es bei der letzten Novelle der Exekutionsordnung gelungen sei, mehr Effizienz bei der Schuldeneintreibung zu erreichen. Dennoch seien weitere Anpassungen notwendig, wobei der Redner zwischen professionellen Schuldenmachern und Notfällen aufgrund von Leichtsinn und mangelnder Erfahrung unterschieden wissen möchte. Man dürfe sich nicht nur auf die Strenge des Gesetzes verlassen, sondern müsse Bewusstseinsarbeit leisten und bei der Kreditvergabe vorsichtiger sein, vor allem bei Jugendlichen.

    

Bundesministerin Mag. MIKLAUTSCH beschrieb die Ziele der Exekutionsordnungsnovelle für mehr Effizienz bei der Schuldeneintreibung und bemühte sich, Bedenken gegen das vereinfachte Verfahren und die dafür geltenden neuen Grenzbeträge zu zerstreuen. Die Ressortleiterin wies auf gute Erfahrungen hin und machte darauf aufmerksam, dass 60 % der Exekutionsverfahren schon bisher vereinfacht abgewickelt wurden. Eine Fristerstreckung für die Reform der Gerichtsorganisation in Graz sei wegen Bauverzögerungen beim Bezirksgericht Graz-West notwendig geworden, teilte die Ressortleiterin mit.   

Abgeordneter Mag. BECHER (S) verlangte getrennte Abstimmung hinsichtlich jener Punkte der Novelle, bei denen die SPÖ eine Verschlechterung der rechtlichen Situation von Schuldnern befürchtete. Grundsätzlich verlangte die Rednerin zwischen Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsunwilligkeit zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang warnte die Abgeordnete vor dem Entstehen von Verschuldungsspiralen, die Menschen in die Armut führen können. Bei der Lohnpfändung bat die Abgeordnete, den Missbrauch von Arbeitgebern als billigen Inkassobüros zu überdenken.

Bundesministerin Mag. MIKLAUTSCH unterstrich die Notwendigkeit, Außenstände bei Unternehmen hereinzubekommen, dies diene dem Wirtschaftsstandort und damit auch der Beschäftigung.

Die Exekutionsordnungsnovelle wurde bei der getrennten Abstimmung teils mehrheitlich, teils einstimmig angenommen. Die Änderung der Organisation der Bezirksgerichte in Graz erfolgte mit Mehrheit.

(Schluss Wirtschaftsgesetze/Forts. NR)