Parlamentskorrespondenz Nr. 553 vom 27.06.2005

PARLAMENT: KHOL ÜBERREICHT MARGARETHA LUPAC-WISSENSCHAFTSPREIS

Auszeichnung geht an Patricia Heindl und Team um Wolfgang C. Müller

Wien (PK) - Nationalratspräsident Andreas Khol überreichte heute Abend im Rahmen eines Festakts im Parlament den Wissenschaftspreis 2005 der Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie. Die Auszeichnung, die mit insgesamt 15.000 € dotiert ist und heuer zum ersten Mal vergeben wurde, teilen sich eine Personengemeinschaft rund um den Politikwissenschafter Wolfgang C. Müller sowie die junge Wissenschafterin Patricia Heindl. Ihre Forschungsarbeiten - eine Studie über die österreichischen Abgeordneten bzw. eine Dissertation über das Parteienrecht - waren von einer Jury unter dem Vorsitz von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner ausgewählt worden.

Nationalratspräsident Khol betonte bei der Preisverleihung, die Auszeichnung der beiden Arbeiten sei ganz im Sinne der Lupac-Stiftung. Wolfgang C. Müller und sein Team hätten auf Basis von Interviews mit allen 183 Abgeordneten ein "großartiges Buch" geschrieben, das der Demokratie und der Wissenschaft diene und dem Klischee eines Abgeordneten widerspreche. Die Dissertation von Patricia Heindl über politische Parteien habe wiederum, so Khol, bei der Gründung des BZÖ bereits eine große Rolle gespielt und den Test in der Praxis bestanden.

Die Laudatio auf die Preisträger hielt Universitätsprofessor Manfried Welan. Die Studie des Teams rund um Politikwissenschafter Wolfgang C. Müller über die österreichischen Abgeordneten sei die erste große derartige Untersuchung, skizzierte er, sie sei spannend und verständlich geschrieben und von hohem wissenschaftlichen Niveau. Unter den Abgeordneten gebe es Generalisten und Experten, Mandatare, die im Vordergrund stehen, und Hinterbänkler, "Showhorses" und Zuschauer, meinte Welan, jedenfalls sei ihre Tätigkeit aber vielfältig, dadurch entstehe eine Rollenvielfalt wie in keinem anderen Beruf. So mancher Abgeordnete habe, so Welan, als "Universaldilettant" begonnen und sei im Laufe der Zeit zum Experten für einen ganz bestimmten Bereich geworden. Das Parlament müsse als Ganzes gesehen werden, appellierte Welan, ohne Parlament und Parlamentarismus keine Demokratie.

Großes Lob äußerte Welan auch über die Dissertation von Patricia Heindl. So wie die Arbeit von Müller und seinem Team auch für Nichtpolitologen verständlich sei, so sei die Arbeit von Heindl auch für Nichtjuristen lesbar, unterstrich er. Das Ziel, die Stellung der Parteien im Verfassungsrecht umfassend zu beleuchten, sei vorbildlich erreicht worden.

ORF-Generaldirektorin Monika Lindner hielt als Vorsitzende der Jury fest, die Jury habe es sich nicht leicht gemacht. Immerhin seien 27 Einreichungen aus zahlreichen Ländern - u.a. Österreich, Italien, Deutschland und den USA - vorgelegen.

Sowohl Wolfgang C. Müller als auch Patricia Heindl zeigten sich über die Auszeichnung erfreut. Ihr Anspruch sei es nicht gewesen, alle Fragen im Zusammenhang mit der rechtlichen Stellung von Parteien zu lösen, betonte Heindl, vielmehr habe sie Problemstellungen aufzeigen und systematisieren wollen. Zwischen politischer Realität und Recht gebe es oft Divergenzen, skizzierte Heindl, unter anderem habe sie etwa interessiert, wie könne es passieren, dass jemand die Frist für die Wahlkampfkostenrückerstattung versäume und diese dennoch erhalte. Es gebe in diesem Bereich noch viel zu tun für den Gesetzgeber, mahnte Heindl, ihr Befund, dass im Parteienrecht sehr vieles ungeregelt und vieles ungenau geregelt sei und Begriffe immer wieder vermischt würden, bleibe aufrecht.

Wolfgang C. Müller verwies darauf, dass die Studie in Teamarbeit entstanden sei. Er habe im Rahmen der Arbeit sehr viel Einblick in die Abgeordnetentätigkeit erhalten, betonte er, und bewusst viele Zitate aus den Interviews in das Buch einfließen lassen, um das Amtsverständnis und die Arbeit der Abgeordneten besser zu veranschaulichen.

Die Forschungsarbeiten Heindls und des WissenschafterInnenteams rund um Wolfgang C. Müller wurden auch von Zweiter Nationalratspräsidentin Barbara Prammer positiv beurteilt. Für die Abgeordneten seien solche Studien wichtig, weil sie die Möglichkeit für Reflexionen bieten, sagte sie. Wie hilfreich die Arbeit Heindls sei, habe sich nicht zuletzt bei der Gründung des BZÖ gezeigt.

Sowohl Prammer als auch Nationalratspräsident Andreas Khol bedankten sich darüber hinaus bei der Geschäftsführerin der Margaretha Lupac-Stiftung Susanne Janistyn, ohne die es die Stiftung, wie beide meinten, möglicher Weise gar nicht geben würde. Janistyn selbst schilderte die Umstände rund um die Stiftungsgründung und erklärte, letztlich hoffe man mit dieser Stiftung, wie ein Tropfen, der ins Wasser falle, weitere Kreise zu ziehen.

Das Team rund um den Politikwissenschafter Wolfgang C. Müller - Marcelo Jenny, Barbara Steininger, Martin Dolezal, Wilfried Philipp und Sabine Preisl-Westphal - wurde für das im Jahr 2001 erschienene Werk "Die österreichischen Abgeordneten" ausgezeichnet. Die Personengemeinschaft geht darin zum einen der Frage nach, was Abgeordnete in Ausübung ihres Mandats für Tätigkeiten ausüben und welche Aufgaben sie erfüllen, zum anderen wird das Selbstverständnis der Parlamentarierinnen und Parlamentarier untersucht. Für dieses Forschungsprojekt wurden 1997 alle 183 Abgeordneten zum Nationalrat sowie der überwiegende Teil der Bundesrätinnen und Bundesräte anhand eines Interviewleitfadens befragt.

Patricia Heindl, Universitätsassistentin am Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien, hat für den Wissenschaftspreis ihre Dissertation aus dem Jahr 2002 eingereicht. Die Arbeit setzt sich mit den politischen Parteien als wichtigste Entscheidungsträger im politischen Prozess auseinander und untersucht das Spannungsverhältnis der Parteiendemokratie zum freien Mandat sowie die drei Parteiformen: politische Partei, Wahlpartei, Parlamentspartei. Der letzte Teil der Arbeit befasst sich mit der Parteienfreiheit als wesentlichem Grundrecht der Parteien.

Die Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie, die den Wissenschaftspreis alle zwei Jahre vergibt, geht auf Margaretha Lupac zurück, einer 1999 verstorbenen, durch die Geschichte geprägten Österreicherin, die ihr gesamtes Vermögen in der Höhe von rund 1,5 Mill. € der Republik Österreich für Zwecke des Parlaments vermachte. Mit diesen Mitteln wurde seitens des Nationalrats und des Bundesrats eine Stiftung mit dem Zweck eingerichtet, hervorragende Verdienste um den Parlamentarismus und die Demokratie auszuzeichnen, Forschungsarbeiten zum Thema Parlamentarismus zu unterstützen, Tagungen und Veranstaltungen durchzuführen und österreichische Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen. Den Vorsitz im Kuratorium der Stiftung führt der Nationalratspräsident. Alternierend zum Wissenschaftspreis schreibt die Stiftung alle zwei Jahre einen Demokratiepreis aus.

Detaillierte Informationen über die Preisträger, die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten und über die Margaretha Lupac-Stiftung finden sich in einer Broschüre, die auch über die Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) abrufbar ist. (Schluss)