Parlamentskorrespondenz Nr. 600 vom 22.06.2006

Im Nationalrat kommt die Landesverteidigung zum Wort

Militärbefugnis- und Wehrrechtsänderungsgesetz beschlossen

Wien (PK) - Die Grüne Fraktion werde den Vorlagen nicht zustimmen, da sie mit der Stellung des Rechtsschutzbeauftragten nicht zufrieden sei, stellte Abgeordneter Dr. PILZ (G) in der Debatte über den V-F- Antrag zur Änderung des Militärbefugnisgesetzes und über den V-F-Antrag betreffend Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 fest. "Wir brauchen Rechtsschutzbeauftragte, die sich der Minister nicht selbst wählt", betonte er. Die Unabhängigkeit werde nicht dadurch gewährleistet, indem sich der Nationalrat ein einziges Mal mit einer Zweidrittelmehrheit dafür ausspricht. Eine echte Unabhängigkeit sei nur dann gewährleistet, wenn der Rechtsschutzbeauftragte als Organ des Nationalrates installiert wird. Das sei aber alles nichts gegen die zahlreichen Probleme, die es derzeit im Landesverteidigungsressort gibt, urteilte Pilz. Als Beispiele führte er u.a. die Causa Eurofighter, die nicht umgesetzte Bundesheerreform, die Probleme beim Kasernenverkauf, die fehlenden finanziellen Mittel, die schlechte Ausrüstung des Bundesheeres sowie die internen Streitereien an.

Es gehe heute um zwei Konsensmaterien, die zum Teil auf recht langwierige Verhandlungen zurückgehen, meinte Abgeordneter MURAUER (V). Es sei natürlich nicht so, dass der Minister sich einfach einen - weisungsfreien und unabhängigen - Rechtsschutzbeauftragten aussucht. Die Vorgangsweise sei genau geregelt und sehe die Einbeziehung des Nationalratspräsidenten und des Bundespräsidenten vor. Sodann ging Murauer noch darauf ein, welche Akzente der Verteidigungsminister im Laufe der EU-Präsidentschaft gesetzt hat. Er gratulierte Platter, dass er die Sicherheit der Menschen am Balkan in den Fokus gerückt habe; dies wurde auch von internationalen Medien anerkannt. Sehr positiv sei auch, dass der zivilen und militärischen Zusammenarbeit und Koordination ein entsprechender Stellenwert eingeräumt wurde.

Auch Abgeordneter GAAL (S) ging näher auf die Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten ein, der umfassende Befugnisse erhalten soll sowie unabhängig und weisungsfrei agieren kann. Er zeigte sich erfreut darüber, dass den SPÖ-Forderungen bezüglich des Rechtsschutzes vollinhaltlich Rechnung getragen wurde. Hervorgehoben wird auch die formale Stellung der Bundesheerbeschwerdekommission (in Hinkunft "Parlamentarische Bundesheerbeschwerdekommission"), die als Beratungsorgan und Serviceeinrichtung für alle Soldatinnen und Soldaten fungiert. Außerdem wird das Präsidium der Kommission auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und der Zuständigkeitsbereich ausgeweitet. Er würde sich jedoch noch wünschen, dass dem Vorsitzenden der Kommission ein Rederecht im Landesverteidigungsausschuss eingeräumt wird. Schließlich brachte er noch einen V-S-F-Abänderungsantrag zum Militärbefugnisgesetz ein, der die Umbenennung in "Parlamentarische Bundesheerbeschwerdekommission" zum Inhalt hat.

Abgeordneter FAULAND (F) widersprach dem G-Mandatar Pilz und stellte mit Nachdruck fest, dass die Bundesheerreform auf vorbildliche Weise umgesetzt werde. Volle Zustimmung signalisierte er zur Einrichtung eines Rechtsschutzbeauftragten, der überall einzubinden ist und unabhängig und weisungsfrei arbeiten kann. Positiv beurteilte er auch die Änderungen hinsichtlich der Bundesheerbeschwerdekommission, weil damit die Leistungen dieses Organs unterstrichen werden. Es sei sehr gut, dass Soldatinnen und Soldaten auch außerhalb des Dienstweges die Möglichkeit haben, sich mit ihren Problemen an eine Stelle zu wenden. Für ganz wichtig erachtete er auch die Schaffung eines Milizbeauftragten. Zum Schluss brachte er noch einen V-S-F-Abänderungsantrag ein, bei dem es neben redaktionellen Korrekturen um eine nochmalige Änderung des Heeresversorgungsgesetzes gehe.

Verteidigungsminister PLATTER unterstrich die Bedeutung des Rechtsschutzbeauftragten als unverzichtbares Instrument und meinte, es sei ein langer und steiniger Weg zum breiten Konsens gewesen. Platter dankte insbesondere den Sozialdemokraten für ihre Zustimmung, während er an die Adresse des Abgeordneten Pilz gerichtet bemerkte, je näher der Wahltermin rücke, desto mehr würden sich die Grünen von der Landesverteidigung verabschieden.

Mit Nachdruck begrüßte Platter im Einzelnen die Weisungsfreiheit des Rechtsschutzbeauftragten im Verfassungsrang, aber auch die gesetzliche Installierung des Milizbeauftragten sowie die Regelung bezüglich der Milizmedaille für besondere Verdienste. Die Heeresreform wiederum bezeichnete der Minister als "absolute Erfolgsstory".

Abgeordneter DI REGLER (V) zeigte sich ebenfalls erfreut über den nunmehr mit der SPÖ gefundenen Konsens in Sachen Weisungsfreiheit des Rechtsschutzbeauftragten und betonte zudem, der jährlich zu erstellende Bericht des Rechtsschutzbeauftragten an das Parlament sichere die Rückkoppelung an den Nationalrat.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) bezeichnete es als Ausdruck eines modernen Heeres, dass die Milizmedaille nunmehr nicht nach Funktion, sondern nach der Leistung vergeben wird. Weiters würdigte sie in ihrer Wortmeldung die Tätigkeit der parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission.

Abgeordneter LICHTENEGGER (F) hob auch seinerseits die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes als positiv hervor und setzte sich darüber hinaus kritisch mit der Haltung und der Ausschussarbeit des Abgeordneten Pilz (G) auseinander.

   

Abgeordnete STADLER (V) sah in der Einführung des Milizbeauftragten ein Zeichen der Wertschätzung und der Bedeutung der Miliz für das österreichische Bundesheer.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) kritisierte, es habe sechs Jahre gedauert, bis die Regierung dem Rechtsschutzbeauftragten jene Rechte gab, die dieser braucht. Hinsichtlich der parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission erinnerte Kummerer, heute werde fast wortwörtlich ein Antrag der SPÖ aus dem Jahr 2001 beschlossen.

Abgeordneter FREUND (V) begrüßte insbesondere die Einführung der Milizmedaille für besondere Verdienste und fügte ferner an, die ÖVP werde auch weiterhin mit aller Vehemenz für die innere und äußere Sicherheit Österreichs eintreten.

Abgeordnete SCHASCHING (S) verglich die Bedeutung der parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission mit jener der Volksanwaltschaft und des Rechnungshofs und schlug vor, der Kommission ein Rederecht im Hohen Haus einzuräumen.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) nahm seine Wortmeldung zum Anlass, den Sicherheitskräften und dem Bundesheer für deren Mitwirkung an der reibungslosen Abwicklung des gestrigen EU-USA-Gipfels zu danken.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) wies mit Nachdruck die an ihn gerichteten Vorwürfe des Abgeordneten Lichtenegger zurück. Er appellierte zudem an die Abgeordneten des BZÖ, im Vorfeld der Wahlen gemeinsam mit den Grünen und der SPÖ für eine Aufklärung der Eurofighter-Beschaffung zu sorgen.

Abgeordneter PRÄHAUSER (S) begrüßte den breiten Konsens über die Beschwerdekommission und meinte, gerade die Häufung der Beschwerdefälle in den letzten Jahren zeige, wie sehr dieses Gremium an Bedeutung und Akzeptanz gewonnen hat.

Abgeordnete MAREK (V) würdigte die Leistung der Frauen im Bundesheer und brachte weiters einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Harmonisierung des sozialen Entschädigungsrechtes ein.

Abgeordnete PFEFFER (S) sah mit der heutigen Beschlussfassung der Weisungsfreiheit des Rechtsschutzbeauftragten die Forderungen der SPÖ in diesem Bereich erfüllt.

Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) schloss sich dem Chor der zustimmenden Wortmeldungen betreffend Rechtsschutzbeauftragter und Milizbeauftragter an und trat für ein modernes und schlagkräftiges Bundesheer ein.

Abgeordneter LACKNER (S) kommentierte die heutige Beschlussfassung mit den Worten, immer dann, wenn die SPÖ ihre Verfassungsmehrheit zur Verfügung stellen müsse, steige die Qualität der Gesetze beträchtlich.

In einem SP-Entschließungsantrag auf Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechtes verlangte er die Einführung einer Versehrtenrente im Kriegsopfergesetz, im Impfschadengesetz und im Opferfürsorgegesetz analog zum Heeresentschädigungsgesetz.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) wies den Vorwurf der Grünen betreffend Parteienfinanzierung beim Eurofighterkauf als "kläglich, schäbig und unhaltbar" zurück.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) unterstützte in seinem Debattenbeitrag die Einführung der Weisungsfreiheit des Rechtsschutzbeauftragten.

Abgeordnete Mag. STADLBAUER (S) zeigte sich erfreut darüber, dass nunmehr bei der Verleihung der Milizmedaille in Gold, Silber und Bronze nicht mehr nach Diensträngen, sondern nach der Leistung unterschieden wird.

Abgeordneter NEUDECK (F) kündigte an, der "Hilferuf" der Grünen an das BZÖ bezüglich Eurofighter werde ungehört verhallen.

Bei der Abstimmung wurden die Änderungen des Militärbefugnisgesetzes sowie das Wehrrechtsänderungsgesetz in dritter Lesung in Fassung des Zusatz- bzw. Abänderungsantrages mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen. Einstimmig beschlossen wurde der Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechtes; keine Mehrheit fand hingegen der diesbezügliche S-Entschließungsantrag. 

Präsident Dr. KHOL berichtete eingangs seiner Vorsitzführung über die Präsidialkonferenz im Zusammenhang mit Zwischenrufen bei der Fragestunde und appellierte an die Abgeordneten, bei ihren Wortmeldungen die im Hause üblichen Mindeststandards einzuhalten und Bemerkungen zu unterlassen, die als sexistisch ausgelegt werden könnten. (Forts.)