Parlamentskorrespondenz Nr. 877 vom 29.11.2006

Nationalrat beschließt Pensionserhöhung

Ab 1. Jänner 1,6 Prozent mehr, zusätzlich gestaffelte Einmalzahlungen

Wien (PK) – Die Pensionen steigen am 1. Jänner 2007 um 1,6 Prozent, dazu kommen gestaffelte Einmalzahlungen. Die Ausgleichzulage für Alleinstehende wird um 36 € erhöht. Einen entsprechenden Beschluss fasste heute der Nationalrat mit Mehrheit.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) meinte, er sei froh, dass ÖVP und SPÖ dem Vorstoß der Grünen gefolgt seien, die Mindestpension auf die Armutsgefährdungsschwelle zu erhöhen. Er stimme dem gerne zu, sagte er, auch wenn die Erhöhung der Mindestpension schon längst hätte erfolgen müssen.

Enttäuscht zeigte sich Öllinger allerdings über die vorgesehene Pensionserhöhung. Seiner Meinung nach wären 1,9 % gerechtfertigt gewesen. Öllinger machte geltend, dass die Pensionen in den letzten Jahren de facto durchschnittlich um 8 % gekürzt worden seien, und erinnerte zudem daran, dass sich die Parteien bei der letzten Sitzung des Nationalrats noch einig gewesen seien, die Pensionen gemäß dem Pensionistenpreisindex zu erhöhen. Die  SPÖ sei umgefallen, kritisierte er.

SPÖ-Vorsitzender Dr. GUSENBAUER wies die Kritik Öllingers zurück und betonte, dass alle Pensionistinnen und Pensionisten im kommenden Jahr zumindest einer Abgeltung der Inflationsrate von 1,6 % erhalten, ein großer Teil von ihnen sogar mehr. So bekämen Pensionistinnen und Pensionisten mit einer Pension unter 1.000 € eine Pensionserhöhung von mehr als 2 %. Die soziale Staffelung der Einmalzahlung führe dazu, dass kleine Pensionen bedeutend stärker angehoben würden als große Pensionen. "Das sind außerordentliche schöne Weihnachten für die Pensionistinnen und Pensionisten", zeigte sich Gusenbauer überzeugt.

Besonders hob Gusenbauer die in Aussicht genommene Erhöhung der Mindestpension um 36 € hervor. Damit werde die Mindestpension erstmals die 10.000-Schilling-Grenze durchstoßen, rechnete er vor. Insgesamt kostet das Gesamtpaket ihm zufolge 600 Mill. €.

FPÖ-Vorsitzender STRACHE erinnerte an die letzte Sondersitzung des Nationalrats, bei der alle Parteien geschlossen für eine Pensionserhöhung im Ausmaß von 1,9 % gestimmt hätten. Jetzt sei die SPÖ "wieder umgefallen" und unterstütze die Minderheitsregierung von ÖVP und BZÖ, klagte er. Man wolle die Pensionisten mit 1,6 % "abspeisen". Strache zufolge haben die Pensionisten in den letzten fünf Jahren ohnehin genug verloren. Zustimmend äußerte er sich zur in Aussicht gestellten Erhöhung der Mindestpension.

VP-Klubobmann Mag. MOLTERER hielt Strache entgegen, man könne heute "ein sehr gutes Ergebnis" für die österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten präsentieren. Es sei über Parteigrenzen hinweg gelungen, eine gute Lösung zu finden, wobei mit sozial gestaffelten Einmalzahlungen eine gute Balance erreicht würde. Die vorgenommene Pensionserhöhung ist nach Meinung Molterers nur deshalb möglich, weil die Koalition in den letzten Jahren "gut gewirtschaftet" und Reformen durchgeführt habe.

Generell gab Molterer zu bedenken, dass man bei der Pensionserhöhung nicht die aktiven Beitragszahler und die jungen Menschen außer Acht lassen dürfe. Er bezweifelte überdies, dass es sinnvoll sei, einen eigenen Pensionistenpreisindex zu schaffen.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) fragte sich, was VP-Klubobmann Molterer unter sozialer Symmetrie verstehe, und meinte, auch die "Euphorie" von SPÖ-Chef Gusenbauer sei für sie nicht nachvollziehbar. In den letzten Jahren habe es, so Weinzinger, reale Pensionskürzungen zwischen 5 % und 10 % gegeben. In diesem Sinn zeigte sie wenig Verständnis für die nunmehrige Pensionserhöhung von 1,6 %.

Weinzinger brachte namens der Grünen einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Pensionsanpassung für das Jahr 2007 so zu gestalten, dass Pensionen bis zur Höhe der ASVG-Höchstpension um 1,9 %, und darüber liegende Pensionen um einen Fixbetrag erhöht werden.

BZÖ-Vorsitzender Ing. WESTENTHALER gab zu bedenken, dass die vorgesehene Pensionserhöhung im Ausmaß von 1,6 % und die vorgesehenen Einmalzahlungen Beziehern kleiner Pensionen weit mehr brächten als eine Pensionserhöhung von 1,9 %. Überdies verwies er auf die in Aussicht genommene Erhöhung der Mindestpension und unterstrich, die Mindestpension sei seit dem Jahr 2000 um 20 % gestiegen . Österreich habe damit die dritthöchste Mindestpension in Europa. Auch die Steuerreform 2005 habe, so Westenthaler, wesentlich zur Entlastung der Pensionistinnen und Pensionisten beigetragen.

Das BZÖ habe auch eine Erhöhung des Pflegegeldes um 5 %, die Einführung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses und ein Müttergeld für Frauen, die Kinder großgezogen, aber keinen Pensionsanspruch erworben haben, gefordert, skizzierte Westenthaler und äußerte die Hoffnung, über diese Anträge bald eine Einigung erzielen zu können.

Abgeordneter NEUBAUER (F) warf SPÖ-Chef Gusenbauer vor, Pensionistenvertreter "schwer verraten und verkauft" zu haben. Die Pensionisten seien "über den Tisch gezogen" worden. Alle Vertreter im Senioren-Rat hätten sich, so Neubauer, gegen eine Pensionserhöhung von 1,6 % gewandt und statt dessen eine am Pensionistenpreisindex orientierte Erhöhung von 1,9 % gefordert.

In einem von Neubauer eingebrachten Entschließungsantrag der FPÖ wird die Bundesregierung ersucht, monatliche Pensionen bis 1.350 € um 1,9 %, darüber liegende Pensionen um einen Fixbetrag von 45 € zu erhöhen. Zusätzlich sollten niedrige Pensionen um 0,3 % angehoben werden.

Bundesministerin HAUBNER bezeichnete die in Rede stehende Vorlage als ein gutes Gesamtpaket, von dem die Pensionistinnen und Pensionisten profitieren würden. Man habe sich dabei auch von sozialen Gesichtspunkten leiten lassen, die aus diesem Grunde geplante Staffelung sei gerechtfertigt und zu begrüßen, zumal gerade Personen mit niedrigen Pensionen besonders begünstigt würden.

Dies sei auch ein kleines Dankeschön für die außerordentlichen Leistungen, die diese Generation erbracht habe, betonte das Regierungsmitglied. Diese Vorlage zeige die soziale Verantwortung, welche die Regierung auch im kommenden Jahr für diese Generation wahrnehme. Dieser nachhaltige Weg möge auch von einer künftigen Regierung gegangen werden, sagte Haubner, die auch die Idee eines bundeseinheitlichen Pflegeplans ventilierte, um der älteren Generation zu ermöglichen, in Würde zu altern. Schließlich unterstrich die Rednerin die Bedeutung des lebenslangen Lernens auch für die Seniorengeneration.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) übte Kritik an der Pensionspolitik der amtierenden Regierung in den vergangenen Jahren. Diese habe nicht nur zu realen Kürzungen geführt, mit der Pensionsreform 2003 sei es auch zu tiefsten und schwerwiegendsten Einschnitten für die Seniorengeneration gekommen. Dafür trügen Volkspartei und BZÖ die Verantwortung. Umso notwendiger sei die Trendumkehr gewesen, die hier nun eingeleitet werde, denn erstmals gebe es konkrete Maßnahmen, die den Pensionisten realen Gewinn bringen würden. Seine Fraktion wolle hier freilich noch grundlegende Verbesserungen durchsetzen, man müsse den nun eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen. Für diese Ziele werde sich die Sozialdemokratie weiter einsetzen, betonte der Redner.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) meinte, heute überwiege die Freude über die erreichten Verbesserungen. Dennoch müsse man hier mit Bedachtnahme vorgehen, die Forderungen der Freiheitlichen seien an dieser Stelle populistisch und in der genannten Form unfinanzierbar. Kosten müssten bestritten werden, dementsprechend beschließe man heute auch nicht das Wünschenswerte, sondern das Machbare, um die Pensionen auch für die Zukunft dauerhaft zu sichern. Hier habe man einen ausgewogenen Kompromiss gefunden, von dem alle profitieren würden und der sozial gerecht sei.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) erläuterte, man habe seinerzeit handeln müssen, um das Umlagesystem an die neuen Herausforderungen nachhaltig anzupassen und zu sichern. Man habe dabei eine akzeptable Ausgewogenheit erreicht und rechtzeitig auf die geänderten Bedingungen reagiert. Er sei froh, dass man den Regierungsantrag heute annehmen werde, denn er entspreche den Erfordernissen, während sich der Antrag der Sozialdemokratie als unzweckmäßig und unausgereift erweise. Der vorliegende Kompromiss sei mithin der richtige Weg, meinte der Redner.

Abgeordnete SILHAVY (S) erklärte, es brauche auf diesem Gebiet weitere Verhandlungen, um weitere Verbesserungen für die Pensionisten zu erzielen. Dennoch sei dies die größte Erhöhung der Pensionen seit 10 Jahren, mit der auch effiziente Armutsbekämpfung erzielt werde. Wo erhöhter Bedarf bestehe, müsse entsprechend reagiert werden, und von dieser Erkenntnis lasse man sich in dieser Debatte auch leiten, betonte Silhavy, die abschließend meinte, die Frage der Nachhaltigkeit werde an dieser Stelle dem Hause nicht erspart bleiben, sie harre nach wie vor einer Lösung. Dennoch habe man mit diesem Kompromiss einen richtigen Schritt gesetzt. Generell müsse man danach trachten, dass die Menschen in diesem Lande ein "Einkommen, mit dem sie auskommen" hätten.

Abgeordneter DONABAUER (V) bezeichnete die geplante Pensionsanpassung als ein gutes Gesetz. Diese Vorlage sei mehr als herzeigbar, denn sie beinhalte die Antwort auf die wichtigen Fragen auf dem Gebiet der Pensionssicherung, zumal auch auf das soziale Moment entsprechendes Augenmerk gelegt worden sei. Mit diesem Ergebnis könne man an die Öffentlichkeit gehen, es sei zweckdienlich und Richtung weisend. Dies sei eine sehr gute und klare Entscheidung, sie sei auch volkswirtschaftlich vertretbar, die Kritik der Freiheitlichen verfange daher nicht. Vielmehr habe man es mit einer positiven Entwicklung zu tun, die in den vergangenen Jahren initiiert worden sei.

Abgeordneter KRAINER (S) verteidigte die Idee der Indices, die es ermögliche, erfolgreiche Politik zu machen. Man solle daher gegen diese Indices nicht polemisieren, vielmehr hätten sie sich bewährt und die politische Entscheidungsfindung erleichtert. In diesem Sinn sei auch die Einführung des Pensionistenindex eine Ziel führende Idee gewesen, der auch als Leitlinie für Pensionsanpassungen heranzuziehen sei.

Abgeordnete LENTSCH (V) bezeichnete den vorliegenden Vorschlag als wohldurchdacht und meinte, die sozial gestaffelte Einmalzahlung sei im Rahmen des Möglichen der richtige Schritt. Mehr zu fordern sei möglicherweise populär, aber volkswirtschaftlich nicht vertretbar. Ihre Fraktion trete für einen Weg der Nachhaltigkeit und weiters dafür ein, die Pensionen auch für die zukünftigen Generationen sicherzustellen. Die gewählte Vorgangsweise sei positiv und daher zu begrüßen, so Lentsch, die auch auf die besonderen Maßnahmen im Interesse der Frauen hinwies.

Die S-Abgeordneten GARTLEHNER, Mag. KUZDAS und PRETTENTHALER unterstrichen den Standpunkt ihrer Fraktion. Sie betonten die Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der sozialdemokratischen Forderungen, sahen aber den vorliegenden Kompromiss als akzeptabel an, merke man anhand dieser Debatte doch, dass spürbare Verbesserungen Platz griffen und die "soziale Wärme" in diesem Land wieder Einzug halte. Man habe eine anständige Lösung gefunden, erklärte Gartlehner. Ob der dabei erzielten Ausgewogenheit könne man von einem guten Tag für die heimischen Pensionisten sprechen, sagte Kuzdas, während Prettenthaler auf den Umstand verwies, dass man erstmals eine Reallohnerhöhung für die Pensionisten erreiche, was insofern von besonderer Wichtigkeit sei, als es ein Leben in Armut zu verhindern gelte.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) warb hingegen für den Antrag seiner Fraktion und appellierte an das Haus, diesem Antrag die Zustimmung zu geben. Dies sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der Politik, meinte Graf.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen. Die beigeschlossene Entschließung fand einstimmige Zustimmung. Der G-Entschließungsantrag blieb ebenso in der Minderheit wie der F-Entschließungsantrag. (Schluss Pensionen/Forts. NR)


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