Parlamentskorrespondenz Nr. 131 vom 01.03.2007

Wirtschaftsausschuss: Ökostrom - Erfolgsstory oder Reformbedarf?

Bartenstein belegt Erfolge, Grüne drängen auf neues Ökostromgesetz

Wien (PK) - Der Wirtschafts- und Industrieausschuss hat dem Nationalratsplenum in seiner heutigen Sitzung auf Antrag der Regierungsparteien ÖVP und SPÖ und mit Unterstützung des BZÖ eine Änderung des Ökostromgesetzes (114/A) empfohlen. Wie die Abgeordneten Kurt Eder (S) und Karlheinz Kopf (V) erläuterten, erfordere die Umsetzung der Ökostromgesetznovelle 2006 eine Korrektur der Zuständigkeitsbestimmungen; außerdem wird - einem Erkenntnis des VfGh folgend - dem Wirtschaftsminister die Kompetenz zur Erlassung der Verrechnungspreisverordnung übertragen, bislang war dafür die Energie-Control Kommission zuständig. Klargestellt wird auch der 1.7.2006 als maßgeblicher Zeitpunkt für die Qualifikation neuer Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen.

Für Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) bot diese eher formale  Vorlage Gelegenheit zu einer generellen Ökostromdebatte und zur Vorlage eines umfangreichen Abänderungsantrages für eine Totalreform des Ökostrom-Gesetzes, der bei der Abstimmung aber in der Minderheit von G und F blieb. Lichtenecker begründete ihre Initiative mit den Herausforderungen durch den Klimawandel. Es gelte die Energieeffizienz und die Bedingungen für den Einsatz erneuerbarer Energieträger zu verbessern. Zugleich sollten die Chancen der Ökostromerzeugung für den Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze in Österreich genutzt werden. Wenn das Ziel, 80 % des Stroms bis 2010 aus erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen, erreicht werden soll, müsse man das Ökostromgesetz total reformieren und vor allem die unglückliche Zählpunkte-Pauschalregelung ändern, die kleine Ökostromproduzenten massiv benachteiligt, argumentierte Lichtenecker. Zur Förderung der Energieeffizienz mahnte Lichtenecker die Koppelung der Wirtschafts- und Wohnbauförderung an Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz ein.

  

Abgeordneter Bernhard Themessl(F) lehnte den Initiativantrag der Koalitionsparteien ab und kritisierte insbesondere die "Anlassgesetzgebung" zugunsten der Wiener Wärme-Kraft-Kopplungsanlage. Deren Förderung habe seiner Meinung nach nichts in einem Ökostrom-Gesetz verloren, weil dort fossiles Erdgas verbrannt werde. Dem gegenüber bringe der Antrag der Grünen Verbesserungen für die Ökostromerzeuger, denen die Freiheitlichen zustimmen.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) erinnerte daran, dass Österreich bei der Ökostrom-Förderung schon frühzeitig einen Weg eingeschlagen habe, "um den uns andere Länder beneidet haben". Das Ökostrom-Gesetz sei allerdings so stark in Anspruch genommen worden, dass eine Novelle notwendig wurde, um die finanzielle Belastung der Konsumenten zu begrenzen. Daher enthalte die Ökostromgesetz-Novelle 2006 eine Deckelung beim Zuwachs der Förderungsmittel und eine Änderung bei der Aufbringung der Mittel. Von Anfang an sei auch vorgesehen gewesen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in die Förderung einzubeziehen.

Auf dem Weg zu einem 80 %-Anteil erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung (inklusive Wasserkraft) hat Österreich bereits 70 % erreicht. Verschlechterungen in jüngster Zeit erklärte Kopf mit dem zunehmenden Verbrauch und unterstrich daher den Schwerpunkt "Energieeffizienz" in der österreichischen Klimaschutzstrategie.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) wollte die heutige Diskussion über formale Änderungen am Ökostrom-Gesetz von der aus seiner Sicht durchaus notwendigen Diskussion über ein künftiges neues Ökostrom-Gesetz getrennt sehen. Will man das auf bis zu 30 % (ohne Großwasserkraft) geschätzte Potenzial erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung realisieren, bedürfe es zusätzlicher Finanzierungsmöglichkeiten. Diese Diskussion könne aber nicht "überfallsartig" geführt werden, darüber sei zur richtigen Zeit zu sprechen.

Abgeordneter Veit Schalle (B) stimmte den Anträgen der Koalitionsparteien zu, weil es für ihn selbstverständlich sei, Investitionshindernisse für Betriebe aus dem Weg zu räumen. Für die Zukunft der Energiepolitik hielt der Abgeordnete an der Erreichung der Kyoto-Ziele, an der Förderung erneuerbarer Energieträger und an der Nutzung von Energieeinsparungspotenzialen fest.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) räumte ein, das ursprüngliche Ökostrom-Gesetz habe zu einer Erfolgsgeschichte geführt. Diese Entwicklung sei aber 2006 mit den Verschlechterungen der Ökostromgesetz-Novelle gestoppt worden. Den Freiheitlichen gab Sburny recht, wenn sie von einer Anlassgesetzgebung zugunsten des Gaskraftwerks Simmering sprechen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) erinnerte daran, dass das Ökostrom-Gesetz seit 2004 keine Wirkung mehr hatte, weil der Kostendeckel überschritten wurde. Erst durch die Ökostromgesetz-Novelle sei es wieder möglich geworden, neue Anlagen zu fördern. Jedes neue Gesetz, auch die Ökostromgesetz-Novelle, solle geprüft werden, aber nicht schon im ersten Quartal nach dem Inkrafttreten, sagte Krainer in Richtung der Grünen, denen er aber zugleich Diskussionsbereitschaft über deren Ideen signalisierte. Konkret nachdenken will Krainer etwa über das - auf EU-Vorgaben zurückgehende - Pauschalsystem.

Gegenüber der Kritik der Grünen und der Freiheitlichen brach Krainer eine Lanze für die Kraft-Wärme-Kopplung. Das Wiener Werk sei das effizienteste Kraftwerk in Europa.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bekannte sich nachdrücklich zum Klimaschutz und betonte die Bedeutung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern. Klar sei aber, dass die Lösung der Klimaprobleme nur erfolgreich sein könne, wenn global gehandelt werde. Österreich trage dazu bei, es habe den EU-weit höchsten Ökostrom-Anteil und strebe unter Einschluss der Wasserkraft eine 80-%-Quote an. Die Zählpunktepauschale laut Ökostromgesetz stellt auch für den Minister nur die zweitbeste Lösung dar, sie sei aber EU-rechtlich geboten. Sollte sich aber herausstellen, dass sie zu Verzerrungen führe, "sollte man sich das anschauen", so Bartenstein.

Zur Illustration der Erfolgsstory Ökostrom-Gesetz unterbreitete der Ressortleiter dem Ausschuss folgende Zahlen: Mit Stand 30.6.2006 erzeugten in Österreich Windräder 1.000 Megawatt, Biomasseanlagen 235 MW und Biogasanlagen 57 MW Strom. Genehmigt war die Errichtung von Windrädern mit insgesamt 990 MW, Biomassenanlagen mit 403 MW und Biogasanlagen mit 81 MW Leistung. In den Biomasseanlagen werden demnächst 3 Million Festmeter Holz verstromt werden. Aufgrund der Ökostromgesetz-Novelle werden 200 weitere Windräder, 250 weitere Biogasanlagen und 35 zusätzliche Biomasseanlagen genehmigt werden können. (Schluss)