Parlamentskorrespondenz Nr. 503 vom 20.06.2007

Heftige Diskussion im Gesundheitsausschuss vor Wahl der neuen Obfrau

Belakowitsch-Jenewein wird mehrheitlich gewählt

Wien (PK) – Heute Nachmittag fand eine Sitzung des Gesundheitsausschusses statt, die gleich einen turbulenten Beginn hatte. Nachdem die bisherige Ausschussobfrau Barbara Rosenkranz (F) ihr Amt zurückgelegt hat, nominierten die Freiheitlichen die Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein. Die Redner der übrigen Fraktionen anerkannten zwar den Anspruch der FPÖ auf den Vorsitz im Gesundheitsausschuss, übten jedoch Kritik an Aussagen und insbesondere der letzten Rede von Belakowitsch-Jenewein im Plenum, die daran zweifeln ließen, ob sie für eine Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern stehe. Nachdem die SPÖ geschlossen den Sitzungssaal verließ, wurde Belakowitsch-Jenewein mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, BZÖ und des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (sein Fraktionskollege Kurt Grünewald stimmte dagegen) mehrheitlich zur Ausschussvorsitzenden gewählt. Danach setzte der Ausschuss seine Beratungen fort und beschloss – in der Fassung eines Abänderungsantrages - mit den Stimmen der Koalitionsparteien ein neues Tiertransportgesetz, das gemäß einer EU-Verordnung Höchstgrenzen beim Transport von Nutz- und Schlachttieren vorsieht. Bundesministerin Andrea Kdolsky sprach von einem ersten großen Fortschritt, der wesentliche Verbesserungen beim Tiertransport bringe.

Die Grünen kritisierten den Entwurf, der trotz guter Intentionen "auf dem halben Weg stecken geblieben ist" und wiesen auf einige Punkte hin, die sogar der EU-Verordnung widersprechen.

Heftige Debatte über Aussagen von F-Mandatarin Belakowitsch-Jenewein

S-Abgeordnete Sabine Oberhauser erinnerte daran, dass Belakowitsch-Jenewein in ihrer letzten Rede im Nationalrat implizit forderte, Ausländern bzw. Muslimen eine schlechtere medizinische Versorgung angedeihen zu lassen. "Dies sei insbesondere aus dem Munde einer Medizinerin, die dem hippokratischen Eid verpflichtet ist, eine inakzeptable Aussage", betonte Oberhauser. Sie habe außerdem am 6.6.2007 auf der FPÖ-Homepage gelesen, dass Belakowitsch-Jenewein für eigene Krankenkassen für Ausländer eintritt, weil sie mehr aus den Sozialtöpfen nehmen als sie einzahlen. Weiters konnte man die Meldung finden, dass Muslime nichts zu Organspenden und Verschönerungsvereinen beitragen; und diese Aussagen waren nicht als Zitate gekennzeichnet.

Frau Belakowitsch-Jenewein ist für die SPÖ daher nicht geeignet, den Vorsitz ausgerechnet im Gesundheitsausschuss zu führen. Zugleich akzeptiert die SPÖ aber die parlamentarische Praxis, dass die demokratisch gewählten Parteien, zu denen auch die FPÖ gehört, das Recht haben, die ihnen zustehenden Funktionen mit jenen Personen zu besetzen, die sie dafür nominieren. Aus diesem Grund hat die SPÖ den Weg gewählt, den Ausschuss zu verlassen.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) schloss sich den Ausführungen von Oberhauser an. Auch die Grünen respektieren selbstverständlich die Geschäftsordnung sowie die parlamentarischen Minderheitsrechte. Gleichzeitig könne man aber die zweifelhaften und kritikwürdigen Aussagen von Belakowitsch-Jenewein über AusländerInnen, wie z.B. im Zusammenhang mit Organspenden, nicht akzeptieren. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hielt die Nominierung von Belakowitsch-Jenewein aufgrund ihrer Aussagen für eine Provokation. Allerdings müsse man zwischen der moralischen Bewertung und dem politischen Recht einer Fraktion, eine Vorsitzende zu nominieren, trennen.

Abgeordneter Harald Vilimsky (F) sprach von einem Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung und einer Hetzkampagne. Faktum sei nämlich, dass Belakowitsch-Jenewein in der angesprochenen Rede im Nationalrat ausschließlich einen aktuellen Bericht des ORF-Vorarlberg zum Thema Organspenden zitiert habe. Der besage, dass die Organspenden rund 10 % der Muslime zugute kommen; sie selber würden aber selten Organentnahmen zustimmen. Diese Sachlage soll nun instrumentalisiert werden, um eine Medizinerin, die dem hippokratischen Eid immer Folge geleistet hat, zu diskreditieren und zu diffamieren, entrüstete sich Vilimsky.

Es müsse in der Demokratie möglich sein, unterschiedliche Meinungen haben zu dürfen, betonte Abgeordneter Karlheinz Klement (F), seine Fraktion lasse sich den "Gesinnungsterrorismus" nicht gefallen.

Auch von Seiten der ÖVP wurde Belakowitsch-Jenewein aufgefordert, ganz klar Position zu beziehen und sich zu einer Gleichbehandlung von in- und ausländischen Patienten zu bekennen. Anderenfalls könne man dem Nominierungsvorschlag der Freiheitlichen nicht zustimmen, erklärten die Abgeordnete Maria Rauch-Kallat sowie ihre Fraktionskolleginnen Ridi Steibl und Maria Grander. Als Mandatar trage man eine besondere Verantwortung, meinte sie, weshalb man sich vor Verallgemeinerungen hüten müsse. Österreich sei ein Land, das die friedliche Koexistenz von In- und Ausländern sowie eine gute Integration der Zuwanderer zum Ziel habe. Sie gab weiters zu bedenken, dass das österreichische Sozialsystem ohne die Ausländer nicht aufrecht zu erhalten wäre. Was die SPÖ betrifft, so zeuge es nicht von Verantwortung, den Saal zu verlassen; sie sollte bei der Abstimmung Farbe bekennen.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) erklärte für ihre Fraktion, dass das BZÖ das Vorschlagsrecht akzeptiere. Auch wenn sie die Wortwahl von Belakowitsch-Jenewein nicht teile, werde sie die neue Obfrau an ihrer Vorsitzführung messen und wie sie mit den Ausschussmitgliedern umgeht.

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) stellte zunächst fest, dass sie die Absicht habe, den Ausschuss absolut objektiv zu führen. Sie habe den Eindruck, dass es sich bei der ganzen Diskussion um ein Missverständnis handle, da ihre Rede in eine Richtung gedreht werde, die man ihrer Ansicht nach nicht herauslesen könne. Außerdem habe sie nur aus einem Bericht des ORF-Vorarlberg wortwörtlich zitiert. Der Hintergrund ihrer Rede lag darin, dass sie sich – ebenso wie ihre Fraktionskollegen – gegen einen übermäßigen Zuzug von Ausländern ausspreche. Es sei für sie aber eine Selbstverständlichkeit, Inländer und Ausländer, die sich bereits in Österreich aufhalten, völlig gleich zu behandeln, unterstrich sie mit Nachdruck. Sollte jemand persönlich von ihren Aussagen beleidigt sein, dann bedauere sie dies sehr. (Fortsetzung/Tiertransport)