Parlamentskorrespondenz Nr. 725 vom 10.10.2007

Verkehrsausschuss diskutiert Maßnahmen zur Verkehrssicherheit

Kurze Debatte über Bahnliberalisierung

Wien (PK) – Am Beginn des heutigen Verkehrsausschusses standen drei Berichte der Bundesregierung zur Diskussion, die von den Abgeordneten einhelliges Lob erhielten und auch einstimmig zur Kenntnis genommen wurden: Tätigkeitsbericht 2006 der Bundesanstalt für Verkehr gemäß § 131 Abs. 4 Kraftfahrgesetz und § 19 Unfalluntersuchungsgesetz, Tätigkeitsbericht der Schienen-Control-GmbH - Eisenbahnregulierung 2006 und Tätigkeitsbericht des Verkehrs-Inspektorats für das Jahr 2006. Die Berichte wurden im Ausschuss enderledigt, das heißt, sie kommen nicht mehr auf die Tagesordnung einer Plenarsitzung des Nationalrats.

Faymann: Maßnahmenbündel für ungeregelte Bahnübergänge

Der Bericht der Bundesanstalt für Verkehr (BAV) (III – 67 d.B.) gibt einen Überblick über die verschiedenartigen Tätigkeiten der Anstalt im Jahr 2006, wobei die Bandbreite der Fachbereiche von der Kfz- und Verkehrstechnik über die Typengenehmigung bis hin zur Unfallforschung reicht.

So ist daraus unter anderem zu erfahren, dass im Berichtszeitraum insgesamt 65.911 LKW, Busse und Anhänger über 3,5 t kontrolliert wurden, wobei die Prüfer bei 19,5 % Gefahr in Verzug feststellten. Bei 37,2 % ergab die Kontrolle schwere Mängel, weitere 37,2 % wiesen leichte Mängel auf. Darüber hinaus mussten 67.240 Anzeigen wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder der StVO sowie wegen Nichteinhaltung der Lenk- und Ruhezeitbestimmungen erstattet und 15.548 Organmandate erlassen werden.

Eine eigene Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (UUB) ist seit dem vergangenen Jahr mit Untersuchungsverfahren betraut, deren ausschließliches Ziel die Feststellung der Ursachen der Unfälle, nicht aber, wie der Bericht betont, die Klärung von Haftungs- oder Schuldfragen ist. Als Ergebnis ihrer Untersuchungen erarbeitet die UUB Sicherheitsempfehlungen und gibt weiters eine anonymisierte Statistik der Vorfälle heraus. Der Bericht listet dabei sämtliche Vorfälle in den Bereichen Luftfahrt, Seilbahnen, Eisenbahnen und Schifffahrt auf.

Weitere Aufgaben der BAV betreffen Gefahrengutuntersuchungen und Typengenehmigungen.

Die Abgeordneten hatten dazu zahlreiche Detailfragen. So sprach etwa Abgeordnete Gabriela Moser (G) die geplante Kontrollplattform an und stellte die Frage in den Raum, was man in diesem Zusammenhang überhaupt unter Kontrolle verstehe, zumal es dafür keine Qualitätsdefinition gibt. Ihre Klubkollegin Barbara Zwerschitz (G) konzentrierte sich auf LKW-Kontrollen und wollte wissen, wie sich dort die Zahl der festgestellten Mängel entwickelt hat.

Auch Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) interessierte sich für die Anzahl schadhafter LKW und erkundigte sich nach dem Einsatz mobiler Prüfzüge.

Abgeordneter Franz Glaser (V) sprach die steigende Zahl von Unfällen an Bahnübergängen an und fragte, ob die Kommission, die zur Verbesserung der Situation Maßnahmen ausarbeiten soll, schon zusammengetreten ist.

Bundesminister Werner Faymann unterstrich in seiner Antwort die wichtige Tätigkeit der Bundesanstalt für Verkehr und betonte, dass die Kontrolle der LKW einen wichtigen Punkt der Verkehrssicherheit darstelle. Deshalb habe man auch einen zusätzlichen Prüfwagen angeschafft, sagte er. Für die mobilen Prüfzüge sei das Budget bewusst gesteigert worden.

Was die ungeregelten Bahnübergänge betrifft, so seien für jeweils ein Bundesland Arbeitsgruppen eingesetzt worden, bestehend aus je einem Mitglied des Kuratoriums für Verkehrssicherheit und der Bahn sowie einem Vertreter des jeweiligen Bundeslandes. Für die Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark hätten bereits konkrete Maßnahmen festgelegt werden können, berichtete Faymann. So würden in Zukunft die Markierungen vor den Bahnübergängen verbessert werden. Der Minister machte jedoch darauf aufmerksam, dass viele Unfälle auf Grund von Unaufmerksamkeit und Telefonieren passieren.

Faymann informierte die Abgeordneten weiters, dass 50 der gefährlichsten Bahnübergänge mit Schranken versehen werden. Gemeinsam mit den Ländern wolle man die Gemeinden dabei unterstützen. Man überlege auch, ungeregelte Bahnübergänge aufzulassen, und zwar dort, wo es in unmittelbarer Umgebung einen geregelten Bahnübergang bzw. eine Unterführung gibt. Diese Maßnahme würde der Sicherheit sehr dienlich sein, sagte Faymann, sie sei aber in den betreffenden Gemeinden äußerst umstritten.

In punkto Verkehrssicherheit gebe es bereits konkrete Vorschläge, wie höhere Strafen bei der Benützung des Handys während des Fahrens, wie die Aufnahme der Überschreitung der Promillegrenze in das Punktesystem und strengere Strafen bei Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h. Bei letzterem trat der Minister für 70 Euro Strafe im gesamten Bundesgebiet ein. Es gebe aber noch einige offene Fragen, wie jene des Mopedführerscheins oder die Erhöhung der Strafen bei mehr als 0,8 und 1,2 Promille Alkohol im Blut.

Der Leiter der Bundesanstalt für Verkehr ergänzte, dass das Prüfsystem auf drei Säulen beruhe, nämlich auf der technischen Unterwegskontrolle, auf den Inspektionen der Landeshauptleute und den Sonderprüfungen, wenn von der Exekutive Mängel festgestellt wurden. Die Definition von Kontrolle erfolge exakt nach österreichischen und internationalen Vorschriften und man überprüfe auch, ob die Mängel tatsächlich behoben wurden. Eine flächendeckende Kontrolle sei zwar unmöglich, aber, so zeigte er sich überzeugt, man sei auf dem richtigen Weg und man kontrolliere oft und intensiv.

Pro und Contra bei der Liberalisierung der Bahn

Besonderes Lob wegen seines Detailreichtums und des Aufzeigens auch kritischer Bereiche erhielt der Bericht der Schienen-Control-GmbH – Eisenbahnregulierung (III-75 d.B.). Darin ist unter anderem zu erfahren, dass das Jahr 2006 mit einem Zuwachs von 7,1 % (Bruttotonnenkilometer) ein gutes Eisenbahnjahr, sowohl in Österreich als auch international gewesen ist. Interessant aus der Sicht der Regulierungsbehörde ist vor allem, wie sich die Marktanteile jener Unternehmen entwickeln, die nicht aus der jeweiligen ehemaligen Staatsbahn hervorgegangen sind. Innerhalb eines Jahres ist der Marktanteil im Güterverkehr auf dem ÖBB-Netz von 5,9 % auf 7,7 % angestiegen, was immerhin einer relativen Steigerung von knapp einem Drittel entspricht. Der Bericht hebt insbesondere hervor, dass vom Zuwachs 2006 40 % auf das Konto dieser Privatbahnen geht.

Das vergangene Jahr war auch in rechtlicher Hinsicht von Bedeutung, zumal mit der Eisenbahngesetznovelle 2006 nicht nur das so genannte 2. Eisenbahnpaket der EU umgesetzt wurde, sondern auch eine Reihe nationaler Regelungen modernisiert wurden. Als Schwerpunkt nennt der Bericht aber die Neuregelung der Sicherheitsstrukturen, die insbesondere von allen Eisenbahnunternehmen die Einrichtung eines Sicherheitsmanagementsystems verlangt und die Verlagerung der Ausstellung der Sicherheitsbescheinigung vom Infrastrukturbetreiber ins Verkehrsministerium mit sich brachte. Gleichzeitig wurde die Führung von Fahrzeug- und Infrastrukturregistern der Schieneninfrastruktur- Dienstleistungsgesellschaft übertragen.

Breiten Raum widmet der Bericht auch den europäischen Entwicklungen auf dem Eisenbahnsektor und hält dazu fest, dass bislang Fragen der Personenverkehrsliberalisierung und der Fahrgastrechte noch nicht gelöst werden konnten.

Weitere Themen des Berichts befassen sich mit Fragen des Netzzugangs auf verzweigten Anschlussbahnen, mit der Tarifstruktur sowie mit der Tätigkeit der Schlichtungsstelle, die im Fall von Kundenbeschwerden, die vom jeweiligen Eisenbahnunternehmen nicht befriedigend gelöst wurden, angerufen werden kann.

Durch die Kompetenzen zur Einhebung statistischer Daten wurde es darüber hinaus ermöglicht, wieder auf gesicherter Basis allgemeine Daten der Eisenbahnunternehmen zu sammeln.

Neben Detailfragen entspann sich eine Diskussion über die Liberalisierung der Bahn. So meinte etwa Abgeordneter Helmut Kukacka (V), der Bericht zeige deutlich, wie notwendig die Liberalisierung sei. Nur durch sie werde die Schiene Erfolg haben. Liberalisierung diene dazu, die Schiene konkurrenzfähiger zu machen. Dass dies der richtige Weg sei bewiesen auch jene Länder, die die Bahn verstärkt liberalisiert haben, zum Beispiel Großbritannien. Dort habe der Schienengüterverkehr stark zugenommen. Dem konnte sich Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (S) in keiner Weise anschließen. Das von Kukacka präferierte englische Modell sei kläglichst gescheitert, so wie das europäische Liberalisierungsprojekt insgesamt gescheitert sei, bemerkte Haberzettl. In England seien 500.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, tausende Kilometer an Schienennetz seien nicht mehr in Verwendung. Der Güterverkehr in England sei deshalb "spottbillig privatisiert worden" weil er im Vorfeld ruiniert worden sei. Liberalisierung habe sich als ein Aussaugen der Infrastruktur auf Kosten der SteuerzahlerInnen erwiesen, so Haberzettl. Im Gegensatz dazu sei die Bahn in Österreich, Deutschland und Dänemark erfolgreich.

Dazu meinte Bundesminister Werner Faymann, in den neuen EU-Mitgliedern stelle der Staat wenig Mittel für die Schieneninfrastruktur bereit, weshalb es auch beim Ausbau der großen Korridore in Europa zu Problemen komme. Das bereite in weiterer Folge auch Schwierigkeiten bei der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene. Faymann plädierte daher dafür, die Infrastruktur auf europäischer Ebene zusätzlich zu stärken, denn nur dann könne man einen entsprechenden Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der Minister räumte jedoch ein, dass Österreich heute noch zehn Jahre hinter der Schweizer Entwicklung stehe.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) zweifelte in ihrer Wortmeldung die finanzielle Sicherheit für die Investitionen, wie sie im Rahmenplan vorgesehen sind, an. Faymann versicherte ihr jedoch, dass der Staat im vollen Umfang für die vereinbarten Projekte haften werde. Darüber hinaus könne die Bahn auch Mittel durch Querfinanzierungen auftreiben. Moser hinterfragte auch die Unterschiede beim Infrastrukturbenützungsentgelt, was der Leiter der Schienen-Control GmbH mit dem Hinweis beantwortete, dass es hier oft, wie zum Beispiel am Semmering, darum gehe, konkurrenzfähig zu bleiben bzw. zu werden. Die Spannen in Österreich seien jedoch vergleichsweise niedrig.

Abgeordnete Bettina Hradecsni (G) kritisierte, dass die Nebenstrecken oft teurer als die Hauptstrecken seien, was zu einer sinkenden Anzahl der Fahrgäste und schließlich zu Einstellungsplänen führe. Sie plädierte dafür, vor der Einstellung von Strecken private Betreiber zu suchen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) thematisierte dann die Verzögerungen im Pendlerverkehr und die Strecke Wien-Bratislava. Bundesminister Faymann begrüßte die Absicht der EU, Bahn und Flughafen miteinander zu verbinden. Grundsätzlich trat er für eine engere Verknüpfung von Wasserstraßen, Bahn und Flug ein, weil hier Synergieeffekte zu erzielen seien. In Bezug auf die Strecke nach Bratislava meinte er, hier gehe es darum, dass die Bahn gegenüber Kurzstreckenflügen konkurrenzfähig bleibt.

Die Abgeordneten Barbara Zwerschitz (G) und Karin Hakl (V) befassten sich mit der Brennerachse wobei Hakl den Grünen vorwarf, sich nicht eindeutig zum Brennerbasistunnel bekennen zu wollen.

Dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat geht die Arbeit nicht aus

Die Arbeit des Verkehrs-Arbeitsinspektorats wurde von den Abgeordneten allgemein als eine wichtige und unverzichtbare Tätigkeit beurteilt. Es betreut die ArbeitnehmerInnen der Eisenbahnen, Straßenbahnen, Seilbahnen, Österreichischen Post AG, ÖBB-Postbus GmbH, Telekommunikationsunternehmen, Flughäfen, Luftfahrtunternehmen sowie Schifffahrtsbetriebe.

Wie der Bericht über das vergangene Jahr 2006 (III-78 d.B.) ausführt, wurden dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat 4.019 Unfälle gemeldet, darunter 5 tödliche Unfälle. Gegenüber dem Berichtsjahr 2005 (4.633 Unfälle, davon 7 tödliche Unfälle) ist somit die Zahl der gemeldeten Unfälle (auch der tödlichen Unfälle) zurückgegangen. Innerhalb der letzten zehn Jahre (1996 bis 2006) ist die Zahl der gemeldeten Unfälle um 49 % und die Zahl der tödlichen Unfälle um 37 % zurückgegangen.

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (S) wies anhand der aufgelisteten Fälle darauf hin, wie notwendig das Inspektorat in Zeiten der Liberalisierung ist. So sei man vor allem hinsichtlich der Regulierung säumig geworden, sagte Haberzettl, denn die Arbeitszeit beispielsweise sei ein Problem des Gesetzgebers.

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (G) thematisierte mehrere konkrete Fälle. So sprach sie unter anderem die Probleme an, die für ArbeitnehmerInnen bei der Bahn durch die Aufsplitterung der Gesellschaften entstehen. Für verschiedene Tätigkeiten, die für eine andere Gesellschaft aufzuführen sind, gebe es dann keine entsprechende Kleidung. Wenn Lokführer gesundheitliche Probleme haben, so sei niemand auf der Strecke, der rasch ablösen könne.

In Beantwortung der Anfragen gab der Leiter des Verkehrs-Arbeitsinspektorats Abgeordneter Zwerschitz Recht. Es gebe zwischen den einzelnen ÖBB-Unternehmungen tatsächlich Abstimmungsprobleme, sagte er. Er teilte auch die Kritik Haberzettls am Arbeitszeitgesetz und betonte, dass es noch immer Bereiche gebe, wo man eingreifen müsse. Die Unternehmen könnten bei unabwendbaren und unvorhersehbaren Ereignissen die Arbeitszeit überschreiten, dies sei aber zu melden und seine Institution habe die Zulässigkeit zu kontrollieren. Im Hinblick auf die Euro 2008 machte er klar, dass man hier nicht mit dem Argument eines unabwendbaren Ereignisses argumentieren könne, sondern man werde durch entsprechende Personalaufnahmen vorsorgen müssen.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) fragte, warum es im Seilbahnbereich mehr Beanstandungen als anderswo gebe und diese folgenlos blieben. Bei den Seilbahnen gebe es sehr viele exponierte und gefährliche Arbeitsplätze, jedoch nur wenige Bürotätigkeiten, was die Unfallhäufigkeit erhöhe. Er setze jedoch große Hoffnung in die geplanten neuen Normen, weil dort Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingebaut seien, so die Antwort des Leiters des Arbeitsinspektorats.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) wiederum zeigte sich über den Rückgang der Unfälle zufrieden. (Fortsetzung)