Parlamentskorrespondenz Nr. 825 vom 06.11.2007

Verfassungsausschuss nimmt Beratungen über Haushaltsrechtsreform auf

Oppositionsfraktionen für einheitliche Finanzverfassung

Wien (PK) - Nachdem der Budgetausschuss kürzlich Experten zu den ökonomischen und gesellschaftspolitischen Aspekten der geplanten Haushaltsrechtsreform gehört hat (Siehe PK-Meldung Nr. 747 vom 16.10.2007), nahm der Verfassungsausschuss heute den Regierungsentwurf zu den verfassungsrechtlichen Teilen der Haushaltsrechtsreform (203 d.B.) in Verhandlung, hielt dazu eine Generaldebatte mit Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter ab und vertagte die Beratungen auf Vorschlag von Ausschussobmann Peter Wittmann einstimmig. Die vorgesehenen Verfassungsbestimmungen dienen dazu, das "gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" als Zielsetzung der Haushaltsführung um den Begriff "nachhaltig geordnete Haushalte" zu ergänzen und die Verpflichtung zur Umsetzung des Gender Budgeting auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung zu verankern.

Generell sahen die Vertreter aller Fraktionen - bei differenzierter Betrachtung von Details - die Reform in die richtige Richtung gehen, wobei Abgeordnete und Staatssekretär Matznetter unisono unterstrichen, dass der Erfolg der neuen mittelfristigen Budgetplanung, des Gender Budgetings, des neuen Rücklagensystems sowie auch der wirkungsorientierten Haushaltsführung davon abhängen werden, wie Politik und Verwaltung mit den neuen Instrumenten umgehen werden. F-Abgeordneter Alois Gradauer, B-Abgeordneter Josef Bucher und G-Abgeordneter Bruno Rossmann drängten einmal mehr auf eine einheitliche Finanzverfassung, die auch die Länder und Gemeinden umfasst. Dazu meinte Abgeordneter Peter Wittmann (S), das neue Koordinationsgebot zwischen den Gebietskörperschaften werde rasch zu einer Übernahme des neuen Rechnungswesens durch die Bundesländer führen, da diese die Vorteile des neuen Systems rasch erkennen werden.    

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter leitete die Generaldebatte mit einer Darstellung und Erläuterung der Eckpunkte der geplanten Haushaltsrechtsreform ein. Dabei betonte Matznetter vorweg die große Bedeutung der Reform für das Parlament, das auf Grundlage seiner Budgethoheit den Einsatz staatlicher Ressourcen zu beurteilen und zu  steuern habe. Als EU-Mitglied müsse Österreich sein Haushaltsrecht weiterentwickeln, weil es einen mehrjährigen Stabilitätspakt umzusetzen habe. Ziel der Reform sei es daher, ein System zu finden, das das weiter bestehende Prinzip der Jährlichkeit mit dem der mittelfristigen Planung kombiniere. Künftig soll der Gesetzgeber in Form eines Bundesfinanzrahmengesetzes alljährlich im Frühjahr eine vierjährige Haushaltsplanung beschließen und im darauffolgenden Herbst in Form eines Jahresbudgets die Feinsteuerung vornehmen.

Das öffentliche Rechnungswesen soll künftig dem "Dezember-Fieber" entgegenwirken und es erlauben, im laufenden Finanzjahr nicht erfolgte Ausgaben in die Zukunft zu verschieben.

Da sich die Budgetpolitik maßgeblich auf die gesellschaftliche Entwicklung auswirke, sehe der Entwurf vor, die Gleichstellung von Mann und Frau in Form eines Gender Budgeting voranzutreiben.

Für die Ausdehnung der Reform auf andere Gebietskörperschaften sei keine Bindungswirkung vorgesehen, teilte Staatssekretär Matznetter mit. Die Zweistufigkeit bei der Umsetzung begründete er mit der enormen Komplexität des öffentlichen Rechnungswesens, die es nicht erlaube, Umstellungen "von heute auf morgen" vorzunehmen. Ab 2013 ist geplant, von der Input-Orientierung zu einer Wirkungs-Orientierung überzugehen, das öffentliche Rechnungswesen in Richtung kaufmännischer Prinzipien weiterzuentwickeln sowie dafür zu sorgen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse deutlicher als bisher abgebildet werden.

Abgeordneter Peter Sonnberger (V) erinnerte zunächst an die gemeinsamen Bemühungen aller Fraktionen um eine Haushaltsrechtsreform und strich insbesondere jene Bestimmungen als wichtig heraus, die vierjährige Ausgabenobergrenzen in fünf Rubriken vorsehen und dabei gleichzeitig die Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung ermöglichen. Zu begrüßen seien auch die Maßnahmen gegen das "Dezember-Fieber", das bislang deshalb alljährlich ausbreche, weil Ausgabenansätze im kommenden Jahr gekürzt werden, wenn budgetiertes Geld nicht verwendet werde.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) bewertete die beabsichtigte Ergebnis-Orientierung statt der bisherigen Input-Orientierung im Haushaltsrecht positiv, bedauerte aber, dass diese Neuerung erst im zweiten Schritt der Reform umgesetzt werden soll. Die Umsetzung der Reform durch Verwaltung und Politik sei wesentlich, insbesondere gelte dies für das beabsichtigte Gender Budgeting. Eine Verbesserungsmöglichkeit sah Rossmann durch eine Präzisierung des Begriffs "nachhaltig geordnete Haushalte". Für unverantwortlich hielt Rossmann, dass ein kleines Land wie Österreich auch in Zukunft auf ein einheitliches Budgetrecht verzichten wolle.

Der geplante Finanzrahmen werde die strategische Planung des Haushalts verstärken und Spielräume für eine antizyklische Budgetpolitik schaffen, zeigte sich Rossmann überzeugt. Skepsis äußerte der Abgeordnete angesichts der zeitlichen Spaltung der Budgetdebatte, weil dies die Gefahr erhöhe, die Rahmenplanung mangels Zeitnähe auf falschen Prognosen aufzubauen.

Die Verbesserung der Transparenz sei positiv, was Rossman aber fehlte, war eine Evaluierung. Der Abgeordnete schlug vor, eine Enquete mit internationalen Experten abzuhalten, einen Beirat zur Umsetzung der Haushaltsrechtsreform einzusetzen und die Information von Parlament und Öffentlichkeit zu verbessern.

Die geplante Novelle biete die Chance zur Verbesserung des Finanzmanagements, eine Reform der Finanzverfassung und des Bundesstaates sei aber unerlässlich, schloss Rossmann.

Auch für Abgeordneten Alois Gradauer (F) geht die Haushaltsrechtsreform in die richtige Richtung. Endlich würden Maßnahmen gegen das "Dezember-Fieber" ins Auge gefasst, eine Erscheinung, die in der Wirtschaft undenkbar wäre. Dort würden eingesparte Ausgaben entweder zur Erhöhung des Gewinns oder zum Abbau von Schulden eingesetzt. In diesem Zusammenhang mahnte der Abgeordnete das Nulldefizit-Ziel ein und sprach sein Bedauern darüber aus, dass es 2006 trotz Mehreinnahmen in der Höhe von 6 Mrd. € verfehlt wurde.

Auf Details eingehend schlug Gradauer vor, zu präzisieren, welche Kennzahlen der Strategiebericht enthalten soll und WIFO und IHS zur Ermittlung der Kennzahlen heranzuziehen. Präzisere Bestimmungen verlangte Gradauer auch für die Rücklagenbildung und überdies eine Kontrolle des Rechnungshofs für die Verwendung der Rücklagen. Die Ausdehnung der Reform auf die Bundesländer hielt auch Abgeordneter Gradauer für notwendig.

Abgeordneter Josef Bucher (B) zeigte Genugtuung über die Neugestaltung des Rechnungswesens und unterstrich die Notwendigkeit, das Controlling im öffentlichen Finanzwesen zu verbessern und nach privatwirtschaftlichen Maßstäben auszurichten. Die Möglichkeit einer Evaluierung der Haushaltsführung sah Bucher bei der Debatte über den Strategie-Bericht im Herbst und auch er fragte, warum es nicht gelungen sei, die Länder und Gemeinden in die Haushaltsrechtsreform einzubeziehen.

Für Abgeordneten Peter Wittmann (S) stellte der Begriff "gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht" keineswegs totes Recht dar, da er etwa die Rechtsgrundlage für die aktive Arbeitsmarktpolitik darstelle und aufrechtzuerhalten sei.

Die Haushaltsrechtsreform sei die größte Veränderung in der Haushaltsführung der Zweiten Republik, daher sei es geboten gewesen, sie sorgfältig vorzubereiten. Es gehe darum, die mittelfristige Planbarkeit der Haushalte zu verbessern und zugleich die Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung abzusichern. Das Gender Budgeting betrachtete Wittmann als einen Meilenstein, der viel für die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen bringen werde - dies würden jene Länder zeigen, die Gender Budgeting bereits anwendeten. Auch Wittmann unterstrich, dass die Umsetzung der Reform durch Politik und Verwaltung wesentlich sei. Die Reform werte das Parlament auf, das künftig nicht nur einmal, sondern zweimal jährlich über das Budget zu entscheiden haben werde.

Auf Detailfragen der Abgeordneten eingehend führte Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter schließlich aus, die Haushaltsreform werde einerseits Verwaltungskosten verursachen, er aber damit rechne, dass die Verwaltungsaufwendungen ab 2013 sinken werden, weil die Umstellung des derzeit sehr komplexen Rechnungswesens auf das kaufmännische Rechnungswesen Effizienzsteigerungen mit sich bringen werde. (Fortsetzung)