Parlamentskorrespondenz Nr. 532 vom 04.06.2008

Schenkungs-Meldepflicht, 15 % mehr für Pendler, Stiftungsdebatte (2)

Abgeordnete und Experten über Vor- und Nachteile von Stiftungen

Wien (PK) - Die Debatte über die die Einführung einer Meldepflicht bei Schenkungen, über Anpassungen bei der Besteuerung von Stiftungen sowie über die Erhöhung des Pendlerpauschales um 15 % und des Kilometergeldes um 12 % führten die Mitglieder des Finanzausschusses auf der Basis eines Regierungsentwurfs für ein  "Schenkungsmeldegesetz" (549 d.B. und Zu 549 d.B.). Dazu kam ein von Abgeordnetem Johannes Jarolim (S) eingebrachter V-S-Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage, mit dem die Rückerstattung der Eingangssteuer von Stiftungen zurückgenommen, der Eingangssteuersatz von 5 % auf 2,5 % gesenkt und zugleich sicher gestellt wurde, dass die Gründung von Substiftungen nicht zu missbräuchlichen Zwecken eingesetzt werden kann. Im inhaltlichem Zusammenhang mit dem Schenkungsmeldegesetz legte Abgeordneter Jarolim einen V-S-Antrag zur Änderung der Reisegebührenvorschrift vor, der eine Erhöhung des Kilometergeldes um 12 % enthielt. Zur Debatte wurden die Experten Werner Doralt, Otto Farny und Peter Quantschnigg beigezogen.

Werner Doralt gab gegenüber den vorgesehenen Änderungen bei der Stiftungsbesteuerung zu bedenken, dass die generationenübergreifende Struktur der bisherigen Stiftungen beeinträchtigt werde, weil es sich nun rechne, eine Stiftung für zehn Jahre zu gründen und sie dann aufzulösen. Unternehmer würden gezwungen, "sich selbst zu entmündigen", um die Steuerbegünstigungen einer Stiftung auszunützen. Doralts Kritik lautete, Stiftungen würden gegenüber Kapitalgesellschaften bevorzugt.

Otto Farny erinnerte, das Schenkungsmeldegesetz sei notwendig geworden, weil man darauf verzichtet habe, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Erbschafts- und Schenkungssteuer zu reformieren, was aus systematischen Gründen seiner Ansicht nach richtig und notwendig gewesen wäre. Den Abänderungsantrag hielt Farny für eine Verbesserung gegenüber der Regierungsvorlage.

Peter Quantschnigg bezeichnete das Thema Stiftungsbesteuerung als hochsensibel. Um Unternehmen vor der Zerschlagung zu bewahren, habe man ein spezielles Steuerrecht für Menschen geschaffen, die sich dazu entschließen, ihr Kapital auf hundert Jahre jedem Zugriff zu entziehen. Gegenüber Werner Doralt hielt Quantschnigg fest, es sei wesentlich schwieriger, aus einer Stiftung herauszukommen, als er dies dargestellt habe. Die Stiftungsbesteuerung sei ausgewogen konstruiert, sagte der Experte und warnte davor, dieses gute österreichische Instrument schlecht zu reden.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter bezeichnete es als notwendig, legistisch auf die neue Situation zu reagieren, die es einem Stifter ermögliche, den Begünstigten steuerfrei zu beschenken. Wozu soll jemand künftig noch eine Stiftung gründen, wenn er das Kapital dem Begünstigten steuerfrei zuwenden könne, lautete Matznetters rhetorische Frage. 

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) machte darauf aufmerksam, dass die geplante Rückerstattung durch den Abänderungsantrag entfalle und missbräuchliche Substiftungen künftig ausgeschlossen werden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) verteidigte Stiftungen, die es ermöglichen, ein Unternehmen vor einer Zerschlagung durch die Erben zu bewahren. Die Rednerin wies außerdem auf die Kapitalertragsteuer hin, die die Begünstigten einer Stiftung zahlen müssen.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) machte zugunsten von Stiftungen geltend, das dort ausländisches Kapital investiert werde, 60 % der Anteile österreichischer Unternehmen von Stiftungen gehalten werden und in diesen Unternehmungen 400.000 Menschen arbeiten. 

Abgeordneter Josef Bucher (B) fragte, ob die vorliegende Gesetzesänderung nicht mit den Bundesländern hätte verhandelt werden müssen und erkundigte sich nach dem zu erwartenden Steuerausfall durch die Senkung des Eingangssteuersatzes für Stiftungen.

Abgeordneter Jakob Auer (V) erinnerte, dass in seinem Bundesland Oberösterreich 46 % der Unternehmer über fünfzig Jahre alt seien und keine Nachfolger hätten. Stiftungen geben diesen Unternehmern die Möglichkeit, Firmen und Arbeitsplätze zu erhalten.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) wollte wissen, ob Stiftungen durch die Änderungen besser oder schlechter gestellt seien, und warf der SPÖ vor, wieder einmal umgefallen zu sein.

Werner Doralt antwortete auf die Fragen der Abgeordneten, er halte die bisherige Besteuerung der Stiftungen für ausgewogen, nach den vorgesehenen Abänderungen sei sie aber nicht mehr ausgewogen, da durch die Steuervorteile der Stiftungen Kapitalgesellschaften diskriminiert würden. Es stelle sich die Frage, warum steuerliche Begünstigungen nur für große Vermögen gelten sollen, nicht aber auch für kleine Vermögen. Durch die Änderungen werden Stiftungen künftig deutlich besser gestellt, sagte der Experte und warnte vor Steuerausfällen. Volkswirtschaftliche Argumentationen und Hinweise auf Arbeitsplätze lehnte Doralt ab. Die meisten dieser Unternehmungen habe es bereits vor der Einführung von Stiftungen gegeben.

Peter Quantschnigg verteidigte hingegen das Instrument Stiftung und sprach von einem fairen Stiftungssteuerrecht. Es sei nicht unfair, jemandem Steuervorteile einzuräumen, der auf die Verfügung über sein Vermögen verzichte. Quantschnigg wies auf das Gesamtkapital der Stiftungen von 60 Mrd. € hin, sprach von einer Erfolgsstory und erinnerte daran, dass Doralts Prognosen für Steuerausfälle infolge des Stiftungsrechts nicht eingetreten seien.

Otto Farny hielt die Besteuerung von Stiftungen gegenüber anderen Gesellschaftsformen für sehr lukrativ, sprach von einem beträchtlichen Steuerentgang und meinte, die volkswirtschaftlichen Nachteile der Stiftungen würden deren Vorteile deutlich überwiegen.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter erläuterte die Änderungen bei der Stiftungsbesteuerung als Anpassung an die durch die Aufhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer geschaffene Situation und wies die Ansicht zurück, es würden dadurch neue Begünstigungen geschaffen. Den Einnahmenentfall durch die Senkung der Stiftungseingangssteuer bezifferte der Finanzminister mit 5 Mill. €. Die diesbezüglichen Verhandlungen mit den Bundesländern seien bereits im Rahmen des Finanzausgleichs geführt worden. Fragen der steuerlichen Berücksichtigung gemeinnütziger Zwecke oder des Sponsorings will der Staatssekretär im Rahmen der Steuerreform behandeln.

Auf weitere Fragen des Abgeordneten Bruno Rossmann (G) führte Werner Doralt aus, auch er verstehe nicht, warum der Wegfall der Erbschafts- und Schenkungssteuer einen Kapitalabfluss ins Ausland auslösen solle. Doralt hielt die Diskriminierung von Kapitalgesellschaften gegenüber Stiftungen für nicht verfassungskonform und die hohen Strafen bei Verstößen gegen die Meldepflicht bei Schenkungen für "exzessiv".

Otto Farny gab Doralt recht und meinte, die Steuerbegünstigungen der Stiftungen seien schwer zu rechtfertigen.

Peter Quantschnigg sah Österreich bei der Besteuerung der Stiftungen auf dem richtigen Weg. Beim Gesetzesvollzug sollte man darauf achten, ob allenfalls weitere Vorkehrungen gegen Missbräuche notwendig seien.

Abgeordneter Werner Kogler (G) meinte, der Abänderungsantrag bringe eine Verbesserung gegenüber der Regierungsvorlage, insgesamt werde der Status quo aber verschlechtert. Die ÖVP-Abgeordneten könnten jedenfalls froh darüber sein, dass die Regierungsvorlage abgeändert wurde, denn in ihrer ursprünglichen Form könnte man sie keinem Wähler erklären. Für völlig unverständlich hielt es Kogler, wie der Bundeskanzler eine Debatte, die zur Verbesserung einer Regierungsvorlage im Ausschuss geführt habe, als unsachlich habe  bezeichnen können.

Erhöhung von Pendlerpauschale und Kilometergeld   

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) erinnerte, die Kostensteigerungen rund um das Auto haben in den letzten Jahre 80 % betragen. Die Treibstoffpreise seien innerhalb eines Jahres um 25 bis 30 % gestiegen. Die vorgesehene Erhöhung des Pendlerpauschales und des Kilometergeldes sei daher völlig unzureichend, kritisierte der Abgeordnete.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) erneuerte seine grundsätzliche verteilungspolitische und ökologische Kritik am Pendlerpauschale, das die Benützer öffentlicher Verkehrsmittel diskriminiere und die Zersiedelung begünstige.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) sah im Pendlerpauschale kein "Allheilmittel", hielt die vorgesehene Erhöhung aber für notwendig, um Kostensteigerungen für Menschen auszugleichen, die aus beruflichen Gründen nicht auf ihr Auto verzichten können.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter bezifferte die zu erwartenden Ausgaben für die Erhöhung des Pendlerpauschales mit insgesamt 275 Mill. €. Dazu komme im Jahr 2009 die Auszahlung der diesbezüglichen Negativsteuer. Vergleiche mit Regelungen anderer europäischer Länder seien schwierig, weil dort meist Vollkostenabgeltungen bestehen. Aus Gründen der wesentlich einfacheren Administration sei die Pauschalregelung klar zu bevorzugen, sagte der Finanzstaatssekretär. (Fortsetzung)